Erfahrungsbericht: Auslandsaufenthalt als zweite Hälfte des praktischen Jahres 01.05.2015 – 31.10.2015 University of Central Lancashire – Preston Internship at UCLAN Ausbildungsstätte: University of Central Lancashire School of Pharmacy and Biomedical Sciences University of Central Lancashire Maudland Building Preston PR1 2HE UK Homepage: www.uclan.ac.uk Betreuer: Dr Mohamed Albed Alhnan Maudland Building Tel: +44 (0) 1772893590 Fax: +44 (0) 1772892979 e-Mail: [email protected] 1. Vorbereitung Zu einem Auslandsaufenthalt habe ich mich schon länger entschlossen. Die Frage war nur “wohin und in welchen Fachbereich?” Da ich als positiven Nebeneffekt meine Englischkenntnisse verbessern wollte, habe ich mich für ein englischsprachiges Land entschieden. Die Wahl fiel zwischen USA und Großbritannien. Aufgrund des recht kostspieligen Visums und der teuren Mieten in den USA habe ich mich für England entschieden. Mit der Suche nach einer Ausbildungsstätte habe ich circa ein Jahr zuvor begonnen. Zwischen einem Praktikum in der Industrie und einem Forschungsaufenthalt an einer Universität habe ich mich für Letzeres entschieden. Es war aber gar nicht so leicht wie gedacht eine passende Ausbildungsstätte zu finden. Zusammen mit einer Kommilitonin fing ich an zu recherchieren und Bewerbungen zu schreiben. Ich habe ca. 10 Universitäten angeschrieben, teilweise direkt den zuständigen Professor und teilweise seine Sekretärinnen bzw. auch Anfrageformulare ausgefüllt, die man auf manchen Internetseiten der Universitäten findet. Leider bekam ich nie eine Antwort. Wahrscheinlich wäre es am besten, wenn man direkt dort anrufen würde, dann kann die Mail nicht untergehen und man kann direkt anfragen, ob ein Praktikum dort möglich wäre. Hilfreich zu wissen ist, dass unser sogenanntes praktisches Jahr in England “preregistration year” heißt. Wie der Zufall es so wollte kam zeitgleich eine Anfrage eines englischen Dozenten per e-Mail in der Fachschaft der Universität in Erlangen an. Dr. Alhnan hat gezielt deutsche Studenten gesucht, die gerne bei ihm ein Praktikum absolvieren könnten. (Deutsche Studenten haben aufgrund der guten deutschen Ausbildung generell einen sehr guten Ruf im Ausland). Das Stellenangebot klang vielversprechend, es ging um 3D-Druck von Tabletten mit anschließender Untersuchung der Freigabeprofile sowie weiteren Qualitätskontrollen wie Zerfallszeit, Friabilität, mirkoskopische Verfahren etc. Also eine Mischung aus pharmazeutischer Technologie und Biopharmazie. Ich schrieb eine formlose Antwort per Mail und es wurde sehr schnell klar, dass auf beiden Seiten Interesse besteht. Mehrere Mails wurden ausgetauscht und es fand ein SkypeInterview zum “Kennenlernen” statt. Von der englischen Seite war lediglich mein Lebenslauf, meine Zeugnisse und ein Empfehlungssschreiben notwendig, in dem einem gute Leistungen von einem Professor bestätigt wurden. Letzteres erhielt ich ohne Probleme von dem Professor für pharmazeutische Technologie der Universtität Erlangen. Je nachdem wie viele Stipendien man beantragt bzw. genehmigt bekommt (z.B. ERASMUS+, Apothekerstiftung, Auslands-BAföG) muss dementsprechend bürokratischer Aufwand auf deutscher Seite bewältigt werden. Oftmals müssen diverse Formulare von der englischen Universität ausgefüllt werden. Das lief in meinem Fall sehr unkompliziert und reibungslos ab, da Dr. Alhnan sehr geduldig ist und schon viele internationale Studenten betreut hat und deswegen die Prozedur kennt und keine Probleme damit hat. Nicht zu vergessen ist die Vorabanerkunng des Praktikums durch das Landesprüfungsamt. Dafür benötigte ich eine Tätigkeitsbeschreibung meiner wissenschaftlichen Arbeit an der englischen Universität. Da ich dies nur auf Englisch von meinem Betreuer erhielt, musste ich noch eine staatlich anerkannte Dolmetscherin beauftragen dieses Dokument zu übersetzen, was mich etwa 70 Euro gekostet hat. 2. Anreise und Unterkunft Dadurch war alles recht schnell geklärt und es musste noch eine Wohnung gefunden werden. In einem Studentenwohnheim bekommt man leider kein Zimmer zugeteilt, da diese nur für Studenten sind und als Pharmazeut im Praktikum ist man ja bekanntlich kein Student mehr. Man findet allerdings auch private Vermieter, die einem die Universität auf einer passwortgeschützten Internetseite vermittelt. Die Miete kann variieren. Ich habe für ein recht kleines Zimmer (15qm) in einer privaten Studentenwohnung ca. 480 Euro gezahlt. Allerdings habe ich auch von Mieten beginnend bei 250 Euro bis hin zu 800 Euro gehört. Den Flug habe ich drei Monate zuvor gebucht. Dieser ist recht günstig (ca. 80 Euro) dank Billigflugairlines wie Ryan Air oder Easyjet. 3. Praktikum Die Forschungsgruppe bestand aus 3 Doktoranden und zwei ERASMUS-Studentinnen aus Polen. Zwei der drei Doktoranden beschäftigen sich mit 3D-Druck von Tabletten, der Dritte mit Polymerüberzügen. In den ersten Tagen und Wochen habe ich erst mal einige Einführungen bekommen, um das Team besser kennen zu lernen und die Geräte bedienen zu dürfen. Die meisten Geräte haben wir auch schon in Deutschland bedient wie zB. Sprühtrockner, Freisetzungsanlagen, Wirbelschichter und FT-IR-Spektroskop. Andere Geräte waren neu wie beispielsweise das SEM (Scanning electron microscope). Außerdem sollte ich sehr viele wissenschaftliche Paper lesen, um mit den Forschungsthemen dort vertraut zu werden. Bis man dann wirklich selbstständig aktiv im Labor wurde, vergingen circa 2-3 Wochen. Die Philosophie zu Beginn war: Man bekommt drei Einführungsrunden. In der Ersten bekommt man alles gezeigt und man ist passiver Zuschauer, danach bedient man die Geräte zusammen mit seinem Betreuer (Doktorand aus dem Forschungsteam) und anschließend darf man alles alleine machen unter der Aufsicht eines Betreuers. Die Idee an sich finde ich gut, da man dadurch sicher im Umgang mit dem Equipment wird. Wie bereits erwähnt sollte mein Projekt auch 3D-Druck von Tabletten sein. Leider wurde ich immer mit kleineren anderen Aufgaben vertröstet. Als fester Betreuer wurde mir ein Doktorand zugeteilt. Derjenige, der sich mit den Polymerüberzügen beschäftigt. Letztendlich war ich wie ein kleiner Helfer für ihn. Ich habe sehr viel Sprühtrocknung, als auch Tabletten überziehen und anschließende Freisetzungstests für ihn gemacht. An sich durfte man sehr viel alleine machen. Wie schon erwähnt ist der Ruf der deutschen Studenten sehr gut im Ausland und sie trauen einem auch wirklich viel zu. Mir hat eigentlich nie jemand bei der Arbeit zugesehen oder mir Anweisungen gegeben. Ich war sehr selbstständig und frei in meinen Entscheidungen und auch in meinem zeitlichen Arbeitsablauf. Der Tagesablauf gestaltete sich also je nach meinem eigenen Ermessen. Arbeitsbeginn in England ist circa 9 Uhr bis 9:30 Uhr und Arbeitsende ist gewöhnlich gegen 17 Uhr. Aber wie bereits erwähnt war ich frei in dieser Entscheidung. Es war also auch möglich früher zu kommen und früher wieder zu gehen oder auch länger zu bleiben. Die Arbeit im Labor ist sehr ähnlich zu den Praktika im Bereich der pharmazeutischen Technologie in Deutschland. Tabletten pressen, Tabletten überziehen mit dem Wirbelschichter und anschließende Tests gehörten zum Standardprogramm. Ich glaube ca hunderte Freisetzungstest gemacht zu haben und könnte die Maschine nun fast blind bedienen. Dennoch war die Arbeit abwechslungsreich, so durfte ich auch einige mir fremde Methoden anwenden wie beispielsweise das Raman-Spektroskop oder das SEM (Scanning electron microscope) und so meine Kenntnisse erweitern. Da ich nicht wirklich ein eigenes Projekt hatte, habe ich viele “kleinere Projekte” bekommen, mit denen ich den Doktoranden helfen konnte. Z.b. bei der Analyse ihrer Tabletten oder auch beim Schreiben wissenschaftlicher Artikel (Paper) durfte ich mithelfen. Unserem Gruppenleiter liegt sehr viel daran, dass seine Studenten mindestens ein Paper veröffentlichen können. Wenn man also an einem Projekt ausschlaggebend mit beteiligt war, dann wurde diese Arbeit auch anerkannt. Neben der Arbeit im Labor hatte man Meetings mit dem Gruppenleiter. Manchmal wöchentlich und manchmal täglich, um die Fortschritte in den Projekten zu besprechen. Die Gespräche fanden meistens zwischen Doktorand, ERASMUS-Student und Gruppenleiter statt, also in einem kleinen Rahmen. Ab der Mitte meines Aufenthaltes wurde damit angefangen wöchentliche Meetings abzuhalten, in denen sich die gesamte Gruppe trifft und jeweils einer seine aktuellen Forschungsergebnisse präsentiert. Sinn dahinter war, dass jeder über die Arbeit der anderen Bescheid weiß und man eventuell Ideen einbringen kann. Keine schlechte Sache an sich. Auch ich als Praktikant musste eine Präsentation vor allen anderen vortragen. Alles in allem war mein Praktikum wirklich außerordentlich gut betreut. Mein Supervisor hatte immer ein offenes Ohr für jegliche Anfragen, Anträge und Wünsche. Ein großes ABER muss ich allerdings erwähnen. Von dem eigentlichen 3D-Projekt habe ich nichts machen dürfen. Wie gesagt wurde man immer wieder vertröstet bis letztendlich die Zeit dann auch “zu knapp” war sich in den 3-D Druck einzuarbeiten. Es ist extrem ärgerlich, da ich mich ja eigentlich extra dafür beworben hatte und dementsprechend groß war dann auch die Enttäuschung. Im Nachhinein ist es so, als hätte man Äpfel auf dem Markt gekauft und stellt dann zu Hause fest, dass Birnen in der Tüte sind. Was ich sagen will ist, dass ich trotzdem viel gelernt habe, vorallem wissenschaftliche Denkansätze und Herangehensweisen, aber das dennoch das “Versprochene” gefehlt hat. Die meisten Geräte, die ich genutzt habe, kannte ich bereits aus dem Studium und waren nichts Neues für mich. Die eigentliche “Neuheit”, das 3D-Drucken durfte ich leider nicht machen. Dennoch habe ich natürlich die Doktoranden an dem Gerät arbeiten sehen und habe es mir zeigen lassen. Jeder war sehr offen und hilfsbereit und das gesamte Team der Doktoranden (auch in den anderen Arbeitsgruppen) werde ich sehr vermissen. Während der gesamten Zeit habe ich einen eigenen Schreibtisch und Computer im Büro der Doktoranden bekommen. Ca 15 Doktoranden teilten sich ein Büro zusammen. Verschiedenste Nationen waren vertreten wie Algerien, Pakistan, Indien, Zypern, Spanien, England, Polen, Irak und Nigeria. Das führte natürlich zu fast täglichem, regem interkulturellen Austausch. Ob Essen, Religion oder diverse Ansichten alles wurde diskutiert und mein “Weltblick” hat sich dadurch definitiv positiv erweitert. Alle waren sehr freundlich und immer hilfsbereit, egal mit welchen Anliegen man an sie herantrat. Natürlich gab es bei so vielen verschiedenen internationalen Hintergründen oft akzentbedingte Verständigungsprobleme. Das war zu Beginn eine kleine Herausforderung, die sich aber im Laufe der Zeit zu einer Normalität entwickelt hat und meinem Sprach- als auch Hörverständnis sehr weiter geholfen hat. Zum Ende des Praktikums bekam ich die Möglichkeit an einem Seminar für Pharmaziestudenten an der Universität von Central Lancashire zum Thema “ Rezepte prüfen und Medikamente etikettieren” teilzunehmen. Das war unglaublich interessant und aufschlussreich wie sehr sich das Studium in England von dem in Deutschland unterscheidet. Abschließend hatte ich auch noch die Möglichkeit mit meinem Betreuer (ein Doktorand) in einer öffentlichen Apotheke einen Tag lang zu arbeiten. Da man als Doktorand in England nicht bezahlt wird, sondern der Uni Geld zahlen muss (ca 9000 Pfund pro Jahr), arbeitete er nebenbei in einer Apotheke um über die Runden zu kommen. So ergab sich für mich die Möglichkeit dort hinein zu schnuppern, was eine super interessante Erfahrung für mich war. 4. Alltag und Freizeit Preston liegt ziemlich nördlich in England und man sollte sich deshalb bewusst sein, dass das Wetter, vorallem im Sommer, nicht immer so ist, wie man sich das wünschen würde. Durchschnittstemperaturen von 18 Grad im Sommer sind üblich. Wir hatten nur zwei Tage mit Temperaturen von 30 Grad oder mehr. Das war dann der “Sommer”. Aber dennoch hat man viele sonnige Tage, man darf nur keine hohen Temperaturen erwarten. Dafür war ich positiv überrascht von den Regentagen. Man erwartet irgendwie ziemlich viel Regen, zumindest hat man dieses Vorurteil im Hinterkopf. Das war aber gar nicht so schlimm wie gedacht. Natürlich regnet es vielleicht mehr als in Deutschland, dafür ist die Dauer aber nicht so lange. Es regnet mal für zwei Stunden und danach ist wieder Sonnenschein. Komplett verregnete Tage kommen eigentlich nicht wirklich vor. Preston selbst hat etwa 130 000 Einwohner und ca 30 000 davon sind Studenten. Die Stadt ist also sehr belebt während der Studienzeit. Außerhalb derer kann es einem dagegen schon mal recht ausgestorben vorkommen. Die Lage ist dahingehend gut, dass man innerhalb von einer Stunde sowohl am Meer als auch in Liverpool oder in Manchester sein kann. Auch die schottische Grenze ist innerhalb von 2-3 Stunden erreichbar. Dadurch ist das Freizeitprogramm sehr offen gestaltbar. Sowohl Zug fahren als auch Bus (Megabus) ist relativ günstig. Eine Fahrt nach London (5 Stunden mit dem Bus) hatte mich zum Beispiel nur 14 Pfund hin und zurück gekostet (circa 20 Euro). Während meinem halbjährigen Aufenthalt habe ich fast jeden Teil von Großbritannien bereisen können. Ob Schottland, Wales oder auch Irland, alles ist recht nah und gut erreichbar. Für den Flug nach Dublin habe ich sogar nur 20 Pfund hin und zurückgezahlt. Die Universität bietet viele Freizeitprogramme für ihre Studenten an, allerdings eher weniger in den Ferien. Kostenlos durfte man auch das Fitnessstudio nutzen, welches neu gebaut wurde und eine sehr sehr gute Ausstattung hat und auch viele Trainingsstunden anbietet wie Boxing exercises, Zumba, Dancing etc. Durch die Tatsache, dass Preston eine Studentenstadt ist, gibt es auch viele Pubs, Bars und Clubs hier. Das Nachtleben ist also durchaus auch eine Erfahrung wert. Trotz der Tatsache, dass Preston eine Stadt ist, gibt es viele grüne Flächen und viel Natur. Falls man der Naturmensch ist und sich einfach mal in einen Park legen möchte, kann ich den Avenham Park und Moor Park nur empfehlen. 5. Fazit Alles in allem kann ich diesen Aufenthalt guten Gewissens weiterempfehlen. Allerdings würde ich nicht noch einmal die Sommerzeit wählen. Denn das Studienjahr in England dauert von Mitte September bis Mitte Mai. Dazwischen sind komplett nur Ferien und es sind kaum Studenten in der Stadt. Teilweise ist alles wie ausgestorben und langweilig. Dafür ist das Wetter zum Reisen natürlich besser wie im Winter. Das muss jeder für sich selbst entscheiden. 6. Wichtige Ansprechpartner und Links Auslandsbafög für Großbritannien und Irland: http://www.hannover.de/Leben-in-der-Region-Hannover/Bildung/Schulen/Ausbildungsund-Auslandsf%C3%B6rderung/BAf%C3%B6G-f%C3%BCr-Ausbildung-inGro%C3%9Fbritannien-Irland Referat für Internationale Angelegenheiten der FAU: Schlossplatz 4 91054 Erlangen https://www.fau.de/international/referat-fuer-internationale-angelegenheiten/ Wohnungssuche: www.uclanstudentpad.co.uk/Accommodation
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