alternative Für die Kolleginnen und Kollegen im Daimler-Werk Untertürkheim Nr. 141 22. Oktober 2015 Getreu dem Motto: „das Beste oder nichts“: Gewinne rauf - Gastro-Sozialleistung runter ! In der alternative Nr. 137 berichteten wir über die Absicht des Vorstandes, die Gastronomiebereiche aller Standorte in eine Gastro-GmbH auszugründen. Anfangs wurde das Ansinnen noch mit einer deutschlandweit einheitlichen Unternehmensstruktur begründet. Sehr schnell zeigte sich aber, dass das nur ein Vorwand war. Dem Vorstand geht es damit wieder einmal nur um weitere Einsparungen zu Lasten der Belegschaft. Und alle wären davon betroffen: Die Gastronomiebeschäftigten, die Essensteilnehmer, die KollegInnen, die im Shop einkaufen und am Ende die ganze Belegschaft. Wir erklären warum: Billigerer Billiglohn für Neue Die gegenüber der übrigen Stammbelegschaft bereits schlechteren Lohn- und Arbeitsbedingungen vom Dienstleistungstarifvertrag (DLTV) genügen dem Vorstand nicht mehr. Für alle Neueinstellungen in die Gastronomiebereiche sollen entsprechend der unten stehenden Tabelle in Summe nochmals um 7% verschlechterte Konditionen gelten. Ausgerechnet diejenigen, die eh schon deutlich niedrigere Eingruppierungen haben, sollen nach Vorstellung der Manager im Alter stär- DLTV ker belastet werden und mit noch weniger Entgelt auskommen. Vielleicht sollte man die Millionengehälter der Vorstände mal eine Zeit lang auf das EG 2 - Niveau einer Küchenhilfe herabsetzen, damit sie besser einschätzen lernen, was sie anderen zumuten. Zuschuss runter — Essens- und Verkaufspreise hoch In den letzten Jahrzehnten gab es immer wieder Preiserhöhungen beim Kantinenessen. Aber immer musste die Firma dem Betriebsrat dabei entsprechend gestiegene Lebensmittelpreise nachweisen. Bislang galt nämlich folgende Regel: Michael Clauss IGM - Betriebsrat, Tel. 67977 Wasser) zum Preis von € 3,72 angeboten. Dieser Menüpreis soll zukünftig auf € 4,80 steigen. Das wäre eine Preissteigerung um ca. 30 (!) Prozent. Die Preissteigerungen bei den Einzelkomponenten würden wahrscheinlich noch deutlich höher ausfallen. Für die Verkaufshops sollen die Zuschüsse komplett gestrichen werden, das heißt die Belegschaft soll die vollen Kosten tragen. Wenn bei den bisherigen Preisen in den Verkaufsshops noch was zugeschossen wurde, dann müssen wir dort zukünftig wohl mit Apotheker- Gastro-GmbH Wochenarbeitszeit altersabhängig: < 54: 39 Std. ab 54: 37 Std ab 58: 35 Std. ab 60: 34,5 Std. ohne Altersstaffel alle 39 Std. Betriebliche Altersversorgung (Stamm ohne DLTV 100%) 96 % 50 % Tarifliches Leistungsentgelt 15 % 9% Jubilare Jubiläumsgeld kein Jubiläumsgeld Die Essensteilnehmer zahlen den reinen Warenwert, der auf den Teller kommt. Und die Firma übernimmt die sogenannten „Regiekosten“. Diesen Konsens will der Vorstand nun aufkündigen. Zukünftig sollen uns über den Essenspreis auch noch die Personalkosten abgeknöpft werden und das Unternehmen will nur noch die „Infrastrukturkosten“ (Gebäude und Ausstattung) tragen. Wucherpreiserhöhung um 30% Bisher wurde täglich ein „günstiges“ Komplettmenü (Hauptkomponente, mind. 1 Beilage und Suppe oder preisen rechnen. Außerdem wollen die Sparmanager weitere Einsparungen indem die Zahl der Shops reduziert wird. Im Betriebsrestaurant UT2 soll der Spätschichtbetrieb komplett entfallen. Ja haben die denn noch alle Tassen im Schrank? Was hat dieses Sparprogramm denn noch mit betrieblicher Sozialleistung zu tun? Das wäre definitiv nicht „das Beste“, sondern wohl doch eher „nichts.“ Fortsetzung auf Seite 2 ►►►►► ►►►►► Fortsetzung von Seite 1 Neues Outsourcing-Modell ? Aber auch diejenigen, die nicht in unseren Gastro-Bereichen arbeiten oder essen oder einkaufen, wären von der Gastro - GmbH - Idee des Vorstandes betroffen. Dieses Modell beinhaltet nämlich eine ganz neue hinterhältige Fremdvergabemethode, den sogenannten „Gemeinschaftsbetrieb“. Das Bundesarbeitsgericht definiert den Gemeinschaftsbetrieb so: Ein gemeinsamer Betrieb mehrerer Unternehmen besteht dann, wenn die in einer Betriebsstätte vorhandenen materiellen und immateriellen Betriebsmittel für einen einheitlichen arbeitstechnischen Zweck zusammengefasst, geordnet und gezielt eingesetzt werden und der Einsatz der menschlichen Arbeitskraft von einem einheitlichen Leitungsapparat gesteuert wird. Das setzt voraus, dass sich die Unternehmen zumindest stillschweigend zu einer gemeinsamen Führung rechtlich verbunden haben, die sich auf die wesentlichen Arbeitgeberfunktionen in personellen und sozialen Angelegenheiten erstreckt. Im Rahmen eines solchen „Gemeinschaftsbetriebes“ könnten die bisherigen Gastro-Stammbeschäftigten der Daimler-AG mit Beschäftigten eines anderen Arbeitgebers unter einer Leitung, aber mit völlig unterschiedlichen Lohn- und Arbeitsbedingungen zusammenarbeiten. Es läge keine Arbeitnehmerüberlassung im Sinne des Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) vor. Und somit natürlich auch keine illegale Arbeitnehmerüberlassung, wie bei der verbotenen Zusammenarbeit unter einer Leitung zwischen Daimler-Stammbeschäftigten und Werkvertragsmitarbeitern. Heute Gastro-GmbH und morgen? Wenn dieses Modell in der Gastronomie funktioniert, warum nicht auch in der Logistik? Oder in der Instandhaltung? Oder in der IT? Wenn wir nicht aufpassen, erfinden die Daimler-Manager gerade das neue Werkvertragsumgehungsmodell mit den gleichen verheerenden Auswirkungen, bezogen auf die Verschlechterung der Lohn- und Arbeitsbedingungen. Deswegen soll keiner sagen, er wäre nicht betroffen. Zusätzlich zur ganz selbstverständlichen Solidarität Nr. 141, 22. Oktober 2015 sind wir nun alle gefordert. In einer Zeit, in der ein ever-best-Monat den anderen jagt, muss Schluss sein mit weiteren Verschlechterungen bei den Arbeitsbedingungen. Ureigene Entscheidungen... Zur Gastro-GmbH oder möglichen Fremdvergabe verkündete die Daimler-Pressestelle in der öffentlichen Presse: „Grundsätzlich ist die Frage, welche Aufträge fremd vergeben werden und was selbst gemacht wird, eine ureigene unternehmerische Entscheidung.“ Wir alternative - Kollegen sagen: Wir werden unsere Kolleginnen und Kollegen der Gastronomiebereiche nicht im Stich lassen. Wir werden auch keine Wucherpreiserhöhungen beim Kantinenessen akzeptieren. Und wir werden keine neuen hinterhältigen Fremdvergabemodelle zulassen. Eines sollte der Vorstand nie vergessen: „Grundsätzlich ist die Frage, ob die Autobauer am Wochenende oder ob sie überhaupt zur Arbeit erscheinen, eine ureigene Entscheidung der Malocher.“ Aus einem Interview im Intranet mit dem Personalvorstand W. Porth: Wie binden Sie einmal gewonnene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an Ihr Unternehmen? „Die vielfältigen Sozialleistungen einschließlich einer zukunftsfähigen betrieblichen Altersversorgung haben bei unserer Belegschaft auch einen hohen Stellenwert.“ Wir meinen, Herr Porth hat Recht. Und genau deshalb lassen wir uns diese Sozialleistungen von ihm auch nicht widerstandslos abnehmen. Was sind eigentlich Sozialleistungen? Sozialleistungen haben insbesondere die Funktion, gute Leistungen zu belohnen, die Bindung an das Unternehmen zu stärken und das Betriebsklima zu verbessern. Gleichzeitig unterstützen sie das Personalmarketing. Aus sozialer Sicht dienen sie der Für- und Vorsorge. Zudem sind sie ein Instrument zur Gestaltung der allgemeinen Arbeitsbeziehungen. Nach Erlass des Bildungszeitgesetzes (BzG) Daimler veräppelt bildungswillige Mitarbeiter! In unserer alternative 139 haben wir auf das seit Juli in Kraft getretene Bildungszeitgesetz aufmerksam gemacht, Dieses - längst überfällige Gesetz bietet die Möglichkeit, euch für bestimmte Weiterbildungen bezahlt frei stellen zu lassen. In der Realität bei Daimler ist es so, dass Kolleginnen und Kollegen, die eine Meister -oder Technikerausbildung absolvieren und im Rahmen dieser z.B. ein oder mehrtägig in die Bildungseinrichtung müssen, der Antrag auf Bildungsurlaub mit der Begründung „keine geschlossene Bildungsveranstaltung gemäß § 6 Abs.1 Nr. 4 BzG“, abgelehnt und verwehrt wird. Recherchen unsererseits bei der IGMetall Rechtsstelle Stuttgart und sogar beim Regierungspräsidium Karlsruhe, der Institution, die für die Umsetzung des neuen Gesetzes mitverantwortlich ist (!!!), haben allerdings eindeutig ergeben, dass dies kein Ablehnungsgrund ist und der Bildungsurlaub zu Unrecht verwehrt wird! 2 Denkt Daimler etwa, sich hier über geltendes Recht hinwegsetzen zu können?! Sehr geehrter Herr Dr. Zetsche, sehr geehrter Herr Porth, was denken Sie, wie Mitarbeiter, die eine Weiterbildung im Sinne und Interesse des Unternehmens absolvieren und lediglich dieses GESETZ nutzen wollen, sich fühlen, wenn sie gesagt bekommen „dein Arbeitgeber verarscht dich“. Ist dies Ihre Art, Mitarbeiter zu motivieren? Wenn die Rundschreiben von Ihnen über die Wichtigkeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ernst genommen werden sollen, sorgen Sie bitte dafür, dass Daimler sich hier an geltendes Recht hält. Hans-Jürgen Butschler Betriebsrat PT/A Tel.: 67960 250000 Teilnehmer an der Anti-TTIP-Demo in Berlin und KollegInnen aus dem Werk Untertürkheim mittendrin. Mit dabei waren auch unser inzwischen sattsam bekanntes Transparent, das den Sinn von TTIP kurz und prägnant auf den Punkt bringt, ein Ritter und ein Dudelsackspieler – die Attraktion vor dem Bundeskanzleramt. Und die Polizei dort kam dadurch mächtig ins Schwitzen. Rote Karte für Abteilungsleiter Sozialkompetenz eines ganz Speziellen Während bei externen Neueinstellungen, Übernahmen von Leiharbeitern und sogar Einstellungen unserer Auszubildenden, auf die fachlichen wie auch sozialen Kompetenzen geachtet wird, spiegelt sich bei der Auswahl von leitenden Führungskräften (Abteilungsleitern/E3) in der PT/U ein anderes Bild wider. Man könnte den Anschein erhalten, dass es Abteilungsleiter gibt, die „Narrenfreiheit“ besitzen. Nicht nur, dass sie mit ihrem überzogenem Kontroll- und Überwachungswahn die Kolleginnen und Kollegen in der Produktion wahnsinnig machen…Nein, sie vergessen oftmals die gute Kinderstube und zur Begrüßung wird man nicht einmal eines Blickes gewürdigt, geschweige man hört ein „Guten Morgen“! Es gibt zwar keine Begrüßung, aber die Kommunikation zwischen unserem Abteilungsleiter und Meister/Kollegen findet trotzdem statt. Wo? Vor Ort. Wann? Zu jeder Zeit. Inhalt: mündliche Abmahnung! Das unterstreicht das Thema Wertschätzung und fairer Umgang am Arbeitsplatz! Das ist das Verständnis von unserem Abteilungsleiter Dr. Streicher. Nr. 141, 22. Oktober 2015 Soviel zum Thema Wertschätzung. Herr Dr. Streicher, haben Sie schon mal etwas von „Aktiv Grün“, dem Verhaltenskodex in der PT/U, gehört? Das ist kein grüner Apfel und man kann es auch nicht essen… man muss es leben – vor allem als treibende Kraft vorleben! Wäre das auch schon alles an Kritik könnten wir damit umgehen. Jedoch geht das Spiel noch weiter. In seinem Streich(er)-Wahn trägt der massiv dazu bei, dass in der PT/USB nicht nur die Qualität gesunken ist, sondern sogar die Motivation unserer Kollegen und Meister. Unsere Die auch für solche Fälle zuständige Vorstandsfrau Hohmann-Dennhardt wechselt zu VW. Um dort nach dem Skandal mit getürkten Abgaswerten für Ordnung zu sorgen. Wir erinnern uns: Auch zu Daimler kam sie nach diversen Skandalen bei uns im Hause. Wahrscheinlich ist es für ihr Renommee einfach besser, erst zu kommen, wenn der Skandal schon passiert ist. Und wieder weg zu sein, bevor einem der nächste einholt? 3 Motivation hat sich der Qualität angepasst. Dies ist aus meiner Sicht Störung des Betriebsfriedens. Herr Streicher dafür gibt es von uns die „Rote Karte“. Wenn unser Unternehmen die Maßstäbe so niedrig setzt um Menschen zum Abteilungsleiter zu entwickeln, ja dann bewerbe ich mich auf eine Stelle in der PT/USB als Abteilungsleiter. Somit sind Sie, Herr Dr. Streicher, auf einem guten Weg, E2 zu werden (Name ist der Redaktion bekannt) Impressum Herausgeber: Basis e.V., Cannstatter Str. 61/1, Esslingen V.i.S.d.P: Thomas Adler, Cannstatter Str. 61/1, Esslingen Verantw. Redakteur: Thomas Adler Druck: UWS, Stuttgart Wer Waffen und Militärfahrzeuge in Kriegsgebiete exportiert, wird Kriegsflüchtlinge ernten! Interview mit Jürgen Grässlin, Sprecher der Kritischen Daimler-Aktionäre und Buchautor vom „Schwarzbuch Waffenhandel“ und dem gerade erschienenen „Netzwerk des Todes“. alternative: Nach dem Rüstungsexportbericht der Bundesregierung für 2014 haben sich die Kriegswaffenexporte von 0,9 Mrd. € im Jahr 2013 auf 1,8 Mrd. € im Jahr 2014 glatt verdoppelt. Das Geschäft mit dem Tod boomt. Grässlin: Schlimmer noch, diese desaströse Entwicklung des Vorjahres wird von der CDU/CSU-SPD-geführten Bundesregierung konsequent fortgeführt. Die topaktuellen Rüstungsexportzahlen verheißen eine weitere drastische Steigerung. So sind die Waffenexportgenehmigungen für die ersten sechs Monate von 2015 erneut deutlich angehoben worden. Demnach soll die Bundesregierung allein für das erste Halbjahr 2015 Rüstungsausfuhren im Wert von rund 3,5 Milliarden Euro genehmigt haben. von Schwarz-Rot ungebrochen fortgesetzt. Damit bricht der für den Waffenexport zuständige Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel sämtliche Versprechungen einer restriktiven und an Menschenrechten orientierten Rüstungsexportpolitik, die er vor der Bundestagswahl 2013 geäußert hat. Beim Waffenhandel ist und bleibt Regierungspolitik ein verlogenes Geschäft. Der Sozialdemokrat Gabriel ist dem Druck der Rüstungsindustrie erlegen, sehr schade. alternative: Welche Rolle spielt die Daimler AG in diesem unrühmlichen Geschäft? Grässlin: Daimler kann auf eine Jahrzehnte währende Tradition der Stützung und Stärkung diktatorischer Regime durch Waffen- und Fahrzeuglieferungen zurückblicken. Auch unter der Ägide alternative: Was besagen die neuen Rüstungsexportzahlen konkret? Grässlin: Wenn diese ersten Meldungen zutreffen, dann sind die Einzelausfuhrgenehmigungen von Januar bis Juni 2015 schon jetzt nahezu so hoch wie die im Gesamtjahr 2014 – wohlgemerkt nach der Verdoppelung gegenüber 2013. Auch an Drittländer, die juristisch gesehen überhaupt nur in absoluten Ausnahmefällen beliefert werden dürfen, wurden laut Medienberichten in den ersten sechs Monaten dieses Jahren mehr Waffen transferiert. Die Bundesregierung verantwortet permanenten Rechtsbruch. Was zählt sind wirtschaftliche und politische Interessen, nicht aber Recht und Gesetz. alternative: Wohin liefert die deutsche Rüstungsindustrie Kriegswaffen und Rüstungsgüter? Grässlin: Die langjährige Tradition von Kriegswaffenlieferungen an menschenrechtsverletzende und kriegführende Staaten in den Maghreb, den Nahen und Mittleren Osten wird auch des Daimler- und Mercedes-Chefs Dr. Dieter Zetsche mischt der DaimlerKonzern bedauerlicher Weise kräftig in dem profitablen Geschäft mit dem Krieg mit, wie ich im „Schwarzbuch Waffenhandel“ umfassend belegt habe. Mercedes-Militärfahrzeuge wurden an schwerst menschenrechtsverletzende Regime geliefert, beispielsweise ActrosSattelzugmaschinen für Kampfpanzer an das diktatorische Regime in Libyen. Nr. 141, 22. Oktober 2015 Martin Bott Betriebsrat Tel. 67965 alternative: Gleichzeitig reden der Daimler-Vorsitzende Dieter Zetsche wie auch Bundeskanzlerin Angela Merkel über die Bekämpfung von Fluchtursachen. Wie glaubwürdig ist das und welche Zusammenhänge siehst du zur aktuellen Flüchtlingskrise? Grässlin: Frau Merkel und Herr Zetsche sind sich noch einig, dass Flüchtlinge in Deutschland Schutz suchen und finden sollen – gut so. Einerseits freue ich mich über entsprechende positive Äußerungen, andererseits sind diese doch schlichtweg heuchlerisch, um nicht zu sagen verlogen. Denn wer, wie Daimler in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten, Militärfahrzeuge an Repressoren und autokratische Regime geliefert hat, der schafft Fluchtgründe. Die Menschen in Libyen, Algerien, Ägypten, Syrien, Irak und vielen anderen Ländern fliehen eben auch vor dem Gewalteinsatz der zuvor an die Unterdrücker exportierten MercedesMilitärfahrzeuge. Hier besteht ein klarer Zusammenhang: Wer Waffen und Militärfahrzeuge in Kriegsgebiete exportiert, der erntet Kriegsflüchtlinge! In genau dieser Situation befindet sich Deutschland im Herbst 2015. alternative: In eurem neuen Buch „Netzwerk des Todes“ wird mit sensationell guten Insiderdokumenten und hochbrisanten Faksimiles von Schrift- und Mailwechseln die Unterstützung der Rüstungsexportkontrollbehörden belegt. Grässlin: Das stimmt, leider. Das Bundesausfuhramt (BAFA) und das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) haben – unter Mithilfe des Auswärtigen Amtes – Waffentransfers nach Mexiko ermöglicht, offenbar auch illegale. Wir verfügen über Tausende von Seiten höchst vertraulicher Dokumente. Schlimmer kann es eigentlich nicht mehr kommen. Ich kann nur hoffen, dass meine Strafanzeigen gegen das BAFA, das BMWi, das BMVg, Heckler & Koch, Carl Walther und Sig Sauer endlich zu Anklageerhebungen führen. Immerhin: Die Kieler Staatsanwaltschaft hat nach unserer Strafanzeige zeitnah verfügt, dass Sig Sauer keine Kriegswaffen mehr exportieren darf. Das Unternehmen sieht sich gezwungen, die Kriegswaffenproduktion in Deutschland ganz einzustellen – ein erster Erfolg. Buchtipp: „ Netzwerk des Todes. Die kriminellen Verflechtungen von Waffenindustrie und Behörden“; Heyne Verlag; 384 Seiten, ISBN: 978-3-453-20109-5; € 16,99; zudem als e-Book erhältlich 4
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