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Tagblatt Online: 7. Dezember 2015, 02:40 Uhr
Maschine sucht Erreger
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Ein Nährboden. (Bild: Urs Bucher)
Die Medizin verzeiht kaum Fehler. Aber wo gehobelt wird, fallen Späne. So ist auch der Mediziner nur ein Mensch, der nicht vor einem
Missgeschick gefeit ist. Selbstverständlich werden überall viele Stufen der Qualitätssicherung durchlaufen. Die Verwechslungsgefahr in
Spitälern und Labors bleibt aber eine […] Herausforderung. Das gilt auch für das Zentrum für Labormedizin in St. Gallen.
Verwechslungen könne es auch hier geben, man stecke deshalb viele Ressourcen in die Qualitätssicherung, sagt Wolfgang Korte,
Chefarzt und CEO des Zentrums.
Es komme selten zu Verwechslungen. «Zu über 90 Prozent geschehen diese in der Labormedizin, bevor die Probe im Labor ankommt.
Um sie zu verhindern, arbeiten wir mit einem Barcode, der praktisch keine Verwechslung zulässt», erklärt Korte. Das sei einer der
wesentlichen Gründe, warum generell auf die Automation gedrängt werde – um menschliche Fehler so weit wie möglich auszuschliessen.
Genau das wird im Zentrum für Labormedizin gemacht. Denn zur Zeit wird eine Anlage mit einer Automatisierungstechnologie
aufgebaut, die im Bereich der Mikrobiologie «sicher europaweit, wahrscheinlich aber momentan sogar weltweit die modernste ist»,
erklärt Korte.
Verdacht auf Infektion
In diesem Zentrum werden Proben von Patienten mikrobiologisch und bakteriologisch untersucht, bei denen ein Verdacht auf eine
Infektionskrankheit besteht. Gefahndet wird nach einem Erreger. «Diese Arbeit galt lange als nicht automatisierbar», sagt Oliver Nolte,
Abteilungsleiter Bakteriologie, Mykologie, Parasitologie. Für die Untersuchung werden Proben aus dem Blut, Stuhl, Urin, aus
abgehustetem Auswurf und Abstrichen genommen, letztere auch, um sexuell übertragbare Krankheiten zu finden. Untersucht wird auch
Material aus dem Operationssaal des Kantonsspitals. 300 bis 400 Proben werden pro Tag mikrobiologisch nach Erregern abgesucht, die
auf einem Nährboden bei einer Temperatur von 37 Grad Celsius 18 bis 24 Stunden lang gedeihen – oder eben nicht. Bis jetzt sind das
Arbeiten, die bisher von Hand erledigt werden. Mit der neuen Automation in der Bakteriologie und Mikrobiologie übernimmt die
«Maschine» nun diese Arbeit.
Das System aus Italien erledigt alle Arbeitsschritte unter Überwachung durch geschultes Personal. Die Biomedizinische Analytikerin
braucht nur noch den Nährboden mit der Probe des Patienten aufzulegen und schon geht diese auf analytische Wanderschaft, durchläuft
einen Inkubator, einen «Brutkasten» für Erreger, und am Schluss der Kette stellt eine hochauflösende Kamera fest, ob Bakterien auf den
Kulturen gewachsen sind. Die Analytikerin bekommt diese Resultate direkt auf den Bildschirm geliefert. «Die intelligente
Bildbearbeitung zeigt, welche Nährböden gewachsen sind und welche nicht», erklärt Nolte. Der letzte Entscheid liege allerdings nicht
beim Algorithmus der Maschine, sondern beim Menschen. Daher bleiben die Analytikerinnen unverzichtbar.
Noch im Bau
Zum System gehört auch ein Modul, das mikroskopische Präparate digitalisiert, was sich vor allem bei der Erkennung sexueller
Infektionen auszahle. «Wir sind die ersten in Europa, die dieses Modul einführen», sagt Nolte. Noch wird das italienische
Automatisierungssystem aufgebaut, in das zwei Millionen Franken investiert wird, die das Zentrum selber erwirtschaftet. «Das ist ein
Technologiesprung in der bakteriellen Diagnostik», sagt Nolte. Weltweit existierten nur 28 solcher Systeme dieser Art, in St. Gallen steht
nun das Modernste, das im nächsten Frühling in Betrieb gehen soll.
Es gehe nicht darum, Biomedizinische Analytikerinnen arbeitslos zu machen, sondern die Belastung durch repetitive Arbeiten zu
reduzieren, erklärt Wolfgang Korte. Die Mitarbeiter könnten ihre Kapazität für anderes einsetzen. Dieses Konzept einer Automation
wurde bereits erfolgreich in anderen Bereichen des Zentrums umgesetzt, was sogar zu einer Vermehrung von Arbeitsplätzen geführt
habe.
Schneller und mehr
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Zudem wird es dank der Automatisierung möglich, Proben schneller zu analysieren. «Wir reduzieren die Analysezeit einer Probe um rund
24 Stunden», sagt Korte. Dieser Zeitgewinn sei gerade bei schweren Infektionen relevant. Dies habe aber auch wirtschaftliche Vorteile,
weil deshalb mehr Proben pro Tag untersucht werden könnten. «Wir können das Volumen deutlich steigern, möglicherweise bis zur
Verdoppelung», sagt Nolte.
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