150902 BDEW-Position Zertifizierung _ohne Name

BDEW Bundesverband
der Energie- und
Wasserwirtschaft e.V.
Reinhardtstraße 32
10117 Berlin
Positionspapier
Zertifizierung von Erzeugungsanlagen mit Anschluss
ans Stromverteilungsnetz
Berlin, 2. September 2015
1. Hintergrund: Stromerzeugung und Stromnetz im Umbruch
Erneuerbare Energien liefern bereits heute einen bedeutenden Beitrag zu unserer Energieversorgung. Die bestehende Netzinfrastruktur wurde jedoch ursprünglich nicht für eine zunehmend dezentrale Stromeinspeisung ausgelegt und gelangt trotz massiven Ausbaus durch
die Netzbetreiber mittlerweile an ihre Belastungsgrenze. Die schwankende Stromproduktion
und Netzauslastung flexibel an wechselnde Energiebedarfe anzupassen, bedeutet bei den
aktuellen, technischen Möglichkeiten zur Netzsteuerung eine enorme Herausforderung für die
Anlagen- und Netzbetreiber. Der zuverlässige Betrieb der dezentralen Anlagen besitzt hierbei
einen großen Stellenwert. Die Versorgungssicherheit muss jederzeit gewährleistet sein und
mögliche Netzstörungen vermieden oder lokal begrenzt bleiben. Grundpfeiler der Versorgungssicherheit ist die Netzverträglichkeit aller Stromerzeuger. Auch die dezentralen Anlagen
müssen dazu beitragen, jederzeit Spannung und Frequenz im Netz stabil zu halten. Hierfür
hat sich in der Vergangenheit die Zertifizierung der Netzverträglichkeit von dezentralen Erzeugungsanlagen, welche die Konformität mit den komplexen technischen Normen- und Regelwerken der Branche gewährleistet, als sinnvoller Standard etabliert.
Bevor Strom aus Erzeugungsanlagen in ein Mittel- oder Hochspannungsnetz der öffentlichen
Versorgung eingespeist werden kann, müssen Hersteller oder Betreiber seit 2009 durch unabhängige Prüfinstitute die Netzverträglichkeit gegenüber dem Netzbetreiber belegen lassen.
Erbracht wird der geforderte Nachweis über das projektspezifische Anlagen- und das typenspezifische Einheitenzertifikat. Mit ihnen werden die elektrischen Eigenschaften der Erzeugungseinheit und der Erzeugungsanlage belegt.
2. Handlungsempfehlung: Institutionalisierter Austausch aller Beteiligten
Der BDEW vertritt die Ansicht, dass die in Deutschland bestehende Praxis der Einheiten- und
Anlagenzertifizierung durch unabhängige Dritte weitergeführt werden sollte. In jedem Fall
können die Mitgliedsstaaten dies gemäß Network Code on Requirements for Generators
(RfG) für Erzeugungsanlagen bestimmter Größe national so fordern. Da der VDE|FNN als
regelsetzender Fachverband selbst nicht berechtigt ist, die externe Zertifizierung der Regelwerkskonformität zu verlangen, ist aus unserer Sicht eine nationale gesetzliche Vorgabe für
eine detaillierte Umsetzung der Einheiten- und Anlagenzertifizierung in den Technischen Anschlussregeln des VDE|FNN erforderlich.
Aus Sicht des BDEW ist es für einen sicheren Netzbetrieb auch in Zukunft notwendig, die
etablierte und bewährte Zertifizierungspraxis für die Inbetriebsetzung von Erzeugungsanlagen
weiterzuentwickeln. Das Verfahren sollte dabei – wie in der BDEW-Mittelspannungsrichtlinie
2008 bereits verankert – gleichberechtigt für alle Arten von Erzeugungsanlagen gelten, die
ans Stromverteilungsnetz angeschlossen sind.
Außerdem ist eine regelmäßige Überprüfung der Erzeugungsanlagen sinnvoll. Diese hat das
Ziel, die Netzverträglichkeit und Netzdienlichkeit über die gesamte Betriebsdauer der ErzeuBDEW-Positionspapier
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gungsanlage sicherzustellen. Ein sogenannter „Anlagen-TÜV“ könnte ebenfalls von den akkreditierten Zertifizierungsstellen durchgeführt werden. Die konkrete Ausgestaltung zu Umfang und Häufigkeit muss jedoch in einer volkswirtschaftlich sinnvollen Kosten-NutzenRelation stehen.
Nach Artikel 40 des RfG obliegt es dem Anlagenbetreiber, die Konformität der Anlage über
die gesamte Lebensdauer sicherzustellen und vor Modifikationen der Erzeugungsanlage die
Änderungen dem Netzbetreiber (bzw. in Deutschland der Zertifizierungsstelle) anzuzeigen
und das weitere Vorgehen abzustimmen. Bei nachträglichen Änderungen an zertifizierten
Anlagen verliert ein zuvor ausgestelltes Zertifikat seine Gültigkeit, da der geprüfte Gegenstand erloschen ist. Dies bedeutet jedoch nicht, dass grundsätzlich alle Überprüfungen wiederholt werden müssen (Sonderfall Anlagenerweiterung). Vielmehr ist zwischen Anlagenbetreiber und Zertifizierungsstelle bzw. Netzbetreiber festzulegen, welche elektrischen Eigenschaften der Erzeugungseinheit und Erzeugungsanlage von der Änderung betroffen und damit noch einmal zu überprüfen sind.
Im Rahmen eines institutionalisierten Austausches aller Beteiligten sollten Vorschläge entwickelt werden, um die Konformitätsprüfung von Erzeugungsanlagen zu volkswirtschaftlich vernünftigen Kosten sicherzustellen. Der BDEW bietet für diesen Prozess seine aktive Unterstützung an.
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