Ich als Managementberaterin

Ich als Managementberaterin
Da sitze ich also in der 16 nach Bad Godesberg auf dem Weg zum 3con Managment.
Eine Schülerin um halb neun. Die Leute müssen denken, ich schwänze Schule. Heute
werde ich also lernen, was eine Unternehmensberaterin macht. Ich hoffe es wird
spannend, weil ich schließlich von 9:00- 15:00 Uhr da bleiben muss. Ich steige an der
Endstation Bad Godesberg Stadthalle aus. Ich weiß, wo ich hin muss, weil mein Vater
da arbeitet. Ich laufe ein Stück und bleibe vor der Nummer 17 stehen. Da sehe ich ein
Mädchen gerade die Straße überqueren. Ist sie auch hier für den Girls' Day? Ja, sie
kommt auf mich zu. Ich lächele sie an, dann drehe ich mich um und drücke auf die
Klingel. Wir werden beide eingelassen, freundlich von vier Frauen begrüßt, von
denen zwei gleich mit uns das Projekt machen werden. Es ist zehn vor neun. Wir
beide hängen unsere Jacken auf und setzen uns gegenüber an einen Tisch mit zehn
Stühlen. Die Stühle sind ganz schwarz, aus weichem Leder, der Tisch weiß mit
verchromten Beinen. Auf dem Tisch stehen mehrere Wasserflaschen auf einem
schwarzen Deckchen, daneben, aufgereiht, sechs Gläser und eine Schale mit
Gummibärchen. Zwischen mir und dem anderen Mädchen herrscht diese peinliche
Stille, die wir alle kennen. Keiner weiß, was er sagen soll. Schließlich frage ich, wie
sie heißt, und antworte darauf mit meinem eigenen Namen. Dann verfallen wir
wieder in Schweigen. Schließlich fragt eine von uns (ich weiß nicht, ob es sie oder
ich war) auf welche Schule die andere geht. Wir nennen die Namen, dann schweigen
wir wieder. Ich weiß nicht, was ich sonst sagen soll, also betrachte ich den Raum. Am
Kopfende steht eine Notiztafel, wo „Girls' Day“ draufsteht. Hinter mir hängt ein
buntes Bild und am Tischende ist eine Glastür, dahinter ist so eine Art...Lesepavillon?
Nach und nach trudeln die anderen Mädchen, bis auf zwei, die beiden kommen
wegen der Bahn etwas später. Auch meine beiden Klassenkameradinnen sind da.
Dann stellen sich die beiden Leiterinnen vor. Die eine, eine große Frau, mit braunem,
glatten Haar, einem Kostüm und schrägen Pony, stellt sich als Talida Ruthenberg vor,
wir dürfen sie ruhig Talida nennen. Die Frau neben ihr, etwas kleiner, blonder Zopf,
Hose, Bluse, Blazer stellt sich als Sarah Müller vor. Auch sie dürfen wir duzen. Dann
sollen wir uns alle vorstellen. Name, Alter, Lieblingsfach, Schule und, das wichtigste:
Warum sind wir hier? Wir dürfen auch sagen, dass wir nur hier sind, weil der Rest
besetzt war. Es geht einmal reihum. Die meisten sind tatsächlich hier, weil nichts
mehr frei war. Dann bin ich dran. Susanne Heinrich, 14 Jahre alt,... ich rattere das
Programm durch, versuche deutlich und nicht zu schnell zu reden. „Ich bin hier, weil
ich sehen möchte, was mein Vater die ganze Zeit so macht“, beende ich meinen
Vortrag. Nachdem sich alle vorgestellt haben, sagt Talida uns, dass wir das
Namensschild nachmachen müssen, was sie nun vor uns auf den Tisch stellt. Es sieht
Ungefähr so aus:
Nur das unsere Pappe gelb und wesentlich kleiner war. Man musste es sich etwas
länger anschauen, aber schließlich haben wir es alle geschafft.
Dann fangen die beiden an, uns das Programm für heute vorzustellen. Am Vormittag
werden wir uns genau anschauen, was ein Unternehmen macht, was eine
Unternehmensberatung macht, was 3con Managment genau ist und was eine
Unternehmensberaterin können muss. Außerdem wird uns noch gezeigt, wie man ein
Beratungsprojekt und ein Interview durchführt. Die beiden fangen an zu erklären.
Ein Unternehmen macht im Prinzip diese drei Dinge:
Beschaffung - Produktion - Verkauf
Für die Beschaffung gibt es noch jede Menge Unterkategorien, wie zum Beispiel
Entwicklung, Finanzen, Marketing... Für diese Unterkategorien beauftragt die Firma
evt. sogar Extrafirmen. Talida und Sarah haben das sehr gut erklärt, man hat alles gut
verstanden und konnte sogar ein bisschen mitdenken. Übergangslos ging es zur
Unternehmensberatung. Wir haben zusammen überlegt, was eine
Unternehmensberaterin hauptsächlich macht. Sie berät entweder die Organisation
oder den Chef in verschiedenen Bereichen, nämlich in Strategie, Organisation,
Veränderungen oder Prozessen. Unternehmensberatungen selber unterscheiden sich
nur an den Themen oder an der Anzahl der Mitarbeitern. Dann kündigen sie an, dass
wir jetzt ein Experiment machen. Alle blicken von ihren Notizen auf, denn alle haben
ganz schülermäßig mitgeschrieben. Bei dem Experiment geht es um die zwei Firmen
Strukterus und Chaotikus. Beide stellen das gleiche Produkt her. Bei beiden Firmen
fallen aber immer wieder Arbeiter aus, weswegen Aushilfen einspringen müssen. Sie
kriegen in beiden Firmen nicht erklärt, wie sie das Produkt herstellen müssen,
sondern nur eine Anleitung. Allerdings hat sich, wie kann es bei den Namen anders
sein, die Firma Strukterus Unternehmensberater geholt. Wir teilen uns also
selbstständig in Gruppen auf. Das hat überraschend gut geklappt, auch wenn wir alle
noch nicht so richtig aufgewärmt miteinander waren. Ich bin zusammen mit meinen
beiden Klassenkameradinnen und zwei anderen Mädchen in der Chaotikusgruppe.
Passt zu mir. Ich bin dann auch die erste, die den Lesepavillon betritt und vor die
Anleitung gesetzt wird. Die beiden Gruppen arbeiten nämlich getrennt voneinander.
Ich betrachte stirnrunzelnd die Anleitung vor mir. Ich verstehe keine einzige
Anweisung darauf und ein Beispielmodell haben wir auch nicht gekriegt, also
interpretiere ich die Anleitung so gut es geht und bastele mein kleines...ja, was soll
das überhaupt sein? Schließlich bin ich doch fertig und gehe aus dem Pavillon raus,
überreiche Talida meine Bastelei und stelle mich wieder zu den anderen. Ich verrate
erst mal nichts, ich bin zu schadenfroh um den anderen die „Überraschung“
vorzuenthalten. Aber als dann auch die zweite und dritte wieder rauskommen und die
beiden, sehr zur meiner Erleichterung, genauso wenig verstanden haben wie ich,
tauschen wir uns über die Anleitung aus. Bei der Strukterusgruppe scheint es besser
zu laufen, bei denen ist gerade die letzte am Basteln, bei uns aber erst die vorletzte
und die sitzt da schon seit drei Minuten drin. Da kommt auch schon die letzte der
Strukterusgruppe und bei uns wird die letzte hineinbeordert. Wir all e warten und
essen nebenbei jetzt doch noch die Gummibärchen. Nachdem dem die letzte fertig
geworden ist, setzen wir uns alle und bekommen von Talida und Sarah die Modelle
vorgeführt. Alle Modelle bei „Strukterus“ sehen genau gleich aus, und, wenn man
unsre Anleitung anders interpretiert, als ich es getan habe, hätten unsere auch so
aussehen können. Bei meiner Gruppe sieht kein Teil gleich aus und auch keines sieht
aus wie eines der Strukterusbastleteile. Nun dürfen die beiden Gruppen den
Arbeitsplatz des anderen betreten. Meine Gruppe staunt nicht schlecht, als wir den
Strukterusarbeitsplatz sehen. Es gibt ein Beispielmodell, eine Anleitung mit Bildern
und jedes einzelne Basteluntensil hat seinen Platz. Von drüben höre ich ungläubiges
Lachen. Nach ausgiebiger Besichtigung setzen wir uns alle an den Tisch und
diskutieren das Projekt. Es geht im groben Sinne darum, dass die
Unternehmensberater Ordnung und Struktur (Hände hoch, wer den kapiert hat ;) ) in
eine Firma zu bringen. Als nächstes widmen wir uns dann speziell dem 3con
Managment. Die Firma gibt es seit 2002, der Firmensitz ist hier in Bonn und sie ist
mit 25 Mitarbeiter eine kleine Beratungsfirma. Sie ist speziell auf
Chemieunternehmen fokussiert und arbeitet in Europa mit dem Schwerpunkt
Deutschland. Dann besprechen wir, was eine Beraterin können muss. Besonders
wichtig fand ich die Erkenntnis, dass man kein spezielles Studium braucht, um
Unternehmensberaterin zu werden. Dann haben wir alle ein Kreuzworträtsel
bekommen, wo die fünf wichtigsten Eigenschaften versteckt waren. Abgekürzt:
A
O
K
L
R
Jeder dieser Anfangsbuchstaben steht für eine Eigenschaft. Also stand am Ende da,
als jeder, der wollte, ein Wort aufschreiben durfte:
Analysieren
Organisieren
Kreativ
Lösen
Reden
Dazu suchen wir dann zusammen einige weitere Eigenschaften aus, die auch mit auf
die Tafel kommen. Wir haben noch ein paar weitere Fragen, die wir geduldig
beantwortet bekommen. Am Ende beraten wir uns noch über den Dresscode. Es sollte
generell unauffällig sein, sowohl das Kleid oder Kostüm, als auch der Schmuck.
Dann wenden wir uns auch der Vorbereitung für den Nachmittag zu, wo wir ja ein
eigenes Projekt haben und einen „Kunden“ beraten werden. Erst einmal haben wir ein
Tafelbild, worauf zu sehen war, wie ein Beratungsprojekt aufgebaut ist, angeschaut
und abgemalt.
Daten
- Was für Probleme gibt
es ?
Das Beratungsprojekt
Lösungen finden
Lösungen umsetzen
- Was kann ich verbessern?
- Workshops
- Welche Kosten gibt es ?
- Wo können Kosten
gespart werden?
- Welche Gewinne gibt es ? Wie kann ich die Gewinne
maximieren?
- Wer arbeitet mit wem
zusammen?
- Besprechungen
- Hilfe
- Ideen von anderen
Unternehmen
Wir haben jeden dieser einzelnen Punkte genau geklärt und uns dazu verschiedene
Situationen ausgemalt. Dann kam es zum letzten Punkt, bevor es dann (endlich!)
Mittagessen geben sollte. Das Interview, heißt, man muss einen Kunden interviewen,
um das Problem seiner Firma zu ermitteln und analysieren.
Das Interview
Vorbereitung:
– Wen interviewe ich?
– Was ist das Thema?
Durchführung:
– vorstellen
– offene Fragen stellen
– Nachfragen = Warum ?
Nachbereitung:
– Punkte zusammenfassen
Aber nein, es sollte nicht sein. Es gab doch noch kein Mittagessen. Zuerst sind wir
alle noch einmal rausgegangen und haben ein Spiel gespielt. Der „gordische Knoten“.
Es funktioniert ein bisschen wie „Knotenmutter“, das bestimmt viele von euch auf
dem Schulhof gespielt haben. Wir haben uns alle in einem Kreis aufgestellt, die
Augen geschlossen, alle die Hände in die Mitte gestreckt und die beiden erstbesten
Hände genommen, die wir zu fassen bekamen. Der Sinn des Spiels war, dass wir es
hinbekommen den Knoten wieder zu einem Kreis aufzulösen. Nun, im Prinzip wäre
es gar nicht so schwierig gewesen, wenn wir es nicht immer wieder geschafft hätten
uns in zwei ineinanderhängende Kreise zu verknoten. So wurde diese Übung dann
doch sehr chaotisch, obwohl wir insgesamt vier Versuche hatten. Sogar der letzte ist
gescheitert, obwohl Sarah und Talida mitgeholfen hatten
Danach gab es endlich das langersehnte Mittagessen. Ich hatte echt Hunger. Es gab
Nudeln mit Bolognese oder, für die Vegetarier, Tomatensoße und zum Nachtisch Eis.
Wir hatten etwa eine Stunde Mittagspause, wo wir uns alle besser kennengelernt
haben und viel Spaß hatten. Dann haben wir weitergemacht mit unserem Projekt. Wir
haben uns wieder in zwei Gruppen aufgeteilt, aber dieses Mal mit anderen Mädchen.
Wir sind in zwei getrennte Räume gegangen. Meine Gruppe sollte sich erst mal einen
Namen überlegen. Es wurde dann Top Company, was ein Mädchen ganz am Anfang
vorgeschlagen hat und den ich wieder aufgegriffen habe, weil keiner eine richtige
Idee hatte. Ich hoffe sie denkt nicht, dass ich ihren Vorschlag klauen wollte.
Wir haben dann einen Kinobesitzer (Talida) beraten, die überhaupt nicht wusste, wie
man ein Kino führt. (Ich meine, wer ist schon salziges Popcorn!?) Dann haben wir
uns Lösungen für sie ausgedacht, wobei Sarah uns als „finanzielle“ Beraterin zur
Seite stand. Am Ende haben wir ein kleines Plakat mit Problemen und Lösungen
vorbereitet und abgesprochen, wer was sagt. Zuerst hat die andere Gruppe vorgestellt,
die einen Schwimmbadbesitzer (Sarah) beraten haben. Dann waren wir dran und
haben unsre Lösungen vorgestellt. Sarah und Talida haben unsere jeweiligen Gruppen
gelobt und waren von unseren vorgestellten Ideen sehr angetan und dann war es auch
schon vorbei. Am Ende haben wir alle kurz ein kleines (und positives) Feedback
gegeben und dann wurden wir auch schon verabschiedet und sind mehr oder weniger
alle gemeinsam zurückgefahren. Ich fand meinen Girls' Day sehr toll und ich kann
das Managementprojekt nur weiterempfehlen.
PS: Es sind nicht alle beteiligten Mädchen auf den Fotos zu sehen, weil nicht alle
Eltern eine Fotoerlaubnis erteilt haben.