MozZETTEL 3 - April 2016

MozZETTEL 3 - April 2016
„Vom Falten bis zum Ausziehen“
Die erste Ausstellung in der Galerie Das Zimmer im Win-
Die tiefe künstlerische Verbindung zu ihrer jüngeren
Das gängige Erscheinungsbild von Personen war das Thema der
In ihrer Ausstellung „Katzen zerplatzen“ setzte sich Sa-
tersemester 15/16 fand unter dem Titel „entFalten“ von
Schwester bildete den Mittelpunkt der Ausstellung von
Ausstellung von Stephan Lippert. Die Grundlage für seine Ausstel-
rah Oswald mit der menschlichen Wahrnehmung aus-
Nadja Brunnauer statt. Die Studentin der Germanistik und
Viktória Ronis. Unter dem Titel „WAHn oder WAHr
lung „Illusion?!“ bildete der menschliche Wunsch jemand anderes
einander. Das, was meist nur unbewusst wahrgenom-
des Faches Textiles Gestalten setzte sich mit der Rolle der
– durch die Augen meiner Schwester“ zeigte die Burg-
sein zu wollen. In seinen großformatigen Fotografien porträtierte
men wird, sollte in ihrer Ausstellung sichtbar gemacht
Frau in der Gesellschaft auseinander. Ausgangspunkt für
hauserin auf Leinwand festgehaltene Mischwesen aus
sich der gebürtige Rosenheimer selbst in verschiedener Kleidung,
werden. Ein besonderer Schwerpunkt lag hier auf die
die Idee ihrer Ausstellung war das türkische Verb für fal-
Mensch und Tier. Zu sehen waren etwa ein Mann mit Zie-
unterschiedlichem Make-Up und Frisuren. Obwohl die Porträtauf-
Wahrnehmung mit dem Tastsinn und welchen Einfluss
ten, das benutzt wird, wenn ausgedrückt werden soll, dass
genohren und Hörnern. In einem Zeitungsartikel über die
nahmen alle ein und dieselbe Person zeigten, erweckten die Foto-
Oberflächenbeschaffenheit, Konsistenz und Material
eine Person unterdrückt, gedemütigt oder gefügig ge-
Ausstellung erzählte Viktória, dass die so entfremdeten
grafien zunächst den Anschein verschiedene Personen zu sehen.
verschiedener Dinge auf die Ausstellende selbst haben.
macht werden soll. Dieses symbolische Falten übersetzte
Porträts aus den gemeinsamen Überlegungen von ihr und
Durch die Gegenüberstellung geschminkter und ungeschminkter
Eine solche Auseinandersetzung mit dem Material Far-
Nadja in einen neuen Kontext und demonstrierte das in
ihrer Schwester entstammten, in denen sie phantasieren
Gesichter brachte Stephan Lippert das Verlangen nach einer an-
be zeigte sich in einer fotografischen Serie: Dickflüssige,
vielen Bereichen noch vorherrschende „[…] Kleinmachen
mit welchen Tieren sie beobachtete Menschen gleichset-
deren Identität zum Ausdruck und zeigte damit auch die Lust der
dunkle Farbe bedeckt das Gesicht von Sarah, die diesen
der Frau in und durch unsere Gesellschaft […]“ auf die
zen könnten. Neben ihren eigenen Bildern wurden auch
Menschen, neue Bilder von sich zu entwerfen und zu erproben.
Zustand mit verschlossenen Augen mit ihren Händen
Faltung von großen Leinentüchern. Im Mittelpunkt stand
drei Bilder sowie zwei künstlerische Videosequenzen von
In ihrer Diplomausstellung brachten Sarah Haitzmann und Natalie
ertastet. Ein weiteres Segment der Ausstellung bilde-
dabei nicht das Zusammenfalten der Tücher, sondern der
Viktórias Schwester, die im Juni vergangenen Jahres bei
Istenich ihre verschiedenen Arbeitsweisen unter dem Titel „Aus-
te eine Videoaufnahme, in das geräuschvolle Zerplat-
umgekehrte Prozess der Entfaltung, der Spuren in Form
einem Unfall verstarb gezeigt. In einer Installation, die
gezogen“ zusammen. Beide beschäftigten sich mit der Darstel-
zen von Polsterfolie zu sehen und zu hören ist. Dane-
von Falten hinterlässt. Auf einem leeren Blatt waren die
ein Arrangement aus einem Tisch, Flaschen, Kleidungs-
lung des unverfälschten „nackten“ Körpers, egal ob Mensch oder
Besucher_innen der Ausstellung selbst eingeladen, auf-
stücke sowie ein persönliches Spiel aus Papierkügelchen
Tier. Natalie, die sich vor allem mit der klassischen Aktzeichnung
Germanistik- und Graphikstudentin mit Sprache. Eine
zuschreiben was sie persönlich „zusammenfaltet“.
beinhaltete, spiegelte sich die Vertrautheit der Schwes-
auseinandersetzt, legte den Schwerpunkt auf die zeichnerische
Sammlung eigener und im Alltag regelmäßig verwende-
tern wieder.
Darstellung des menschlichen Körpers. „Den Reiz daran sieht
ter Wörter, wie etwa „Fatzns“ gaben ihre eigene persön-
Akt von Nathalie Istenich
sie in der minimalistischen Linie, welche allmählich
Stephan Lippert
ben zeigte sich auch die künstlerische Verbindung der
liche Sprachwelt wieder.
den Körper umschreibt und zu einem Ganzen wird. Der
menschliche, fleischliche Körper wird in wenige Striche
Victoria Hamberger
aufgelöst […]“. Neben einer Serie von Aktzeichnungen,
zeigte sie auch zwei großformatige Bilder, in denen sie
die zuvor gezeichneten Körper malerisch umsetzte.
Eine andere Interpretation von „Ausgezogen“ demonstrierte Sarah Haitzmann: In ihren Ölgemälden finden sich
auf grauem Hintergrund die Kadaver geschlachteter
Tiere wieder. Geprägt durch ihre eigenen Erfahrungen
und einem natürlichem Umgang mit dem Prozess des
Schlachtens wird das getötete Tier in ein ästhetisiertes
Motiv umgesetzt. Über mehrere Wochen beschäftigt
sich Sarah mit ihren Fotografien des getöteten Tieres,
bevor diese auf Leinwand interpretiert werden. In ihrer
exakten Malweise werden sowohl das blutige Rot der Innereien und das Äußere des Tieres zu einer malerischen
Einheit.
Nadja Brunnauer
Malerein von Viktória Ronis mit dem Video ihrer Schwester
Sarah Heitzmann und Nathalie Istenich (v.l.) vor den Malereien von Sarah
Foto aus der Serie "Zahlenperformance" von Sarah Oswald