Wer wohnt eigentlich in meiner Nachbarschaft? Das Thema Nachbarschaft beschäftigt Christian Vollmann mittlerweile seit über zwei Jahren. Nach einem Umzug mit seiner Familie hatte er das Bedürfnis, die bis dahin noch so anonyme Nachbarschaft kennen zu lernen. Kurzerhand rief er damals ein Online-Forum für seine Straße ins Leben und konnte so Kontakte knüpfen, die bis heute bestehen. Seitdem lässt ihn das Thema Nachbarschaft nicht mehr los. Daraus entstand nebenan.de – wir haben uns mit Christian und seinem Mitgründer Till unterhalten. Till, Christian, sagt uns doch einmal in einem Satz was nebenan.de so macht. Wir vernetzen Nachbarn. Im Gegensatz zu anderen sozialen Netzwerken im Internet bringen wir viele Menschen zusammen, die sich zwar räumlich ganz „nah“ sind, aber oftmals bislang überhaupt nicht in Kontakt standen. Es wird getauscht, geliehen, verschenkt, ge- und verkauft, es werden Empfehlungen und Neuigkeiten ausgetauscht. Und Nachbarn finden über gemeinsame Interessen zusammen: Kinder, Haustiere, Sport, Spiel & Freizeit. Christian & Till von nebenan.de Ihr seid beides “alte Hasen” im Geschäft. Till hat betterplace.org aufgebaut und Christian unter anderem eDarling. So wie ich das sehe könnte die Konstellation für ein Nachbarschaftsnetzwerk nicht besser sein. “Love meets Charity” darum geht es doch in einer Nachbarschaft oder? Das Potenzial, die Gesellschaft mit dieser Plattform positiv zu beeinflussen, ist enorm. Wir sehen in unseren über 100 Nachbarschaften schon jetzt, dass die vielen alltäglichen und manchmal banal klingenden Kontakte auf der Plattform den ganz großen sozialen Herausforderungen und gesellschaftlich negativen Trends begegnen. Ein Beispiel ist die Vereinsamung von älteren Menschen: ab 2030 wird die Hälfte der über 60-Jährigen allein leben und mit dem Alter schwindet natürlich auch die räumliche Flexibilität. Man ist mehr und mehr auf sein direktes Umfeld angewiesen. Und wenn Familie und Freunde nicht in der Nähe sind, kann der Nachbar/die Nachbarin ein sehr wertvoller Ersatz sein. Oder das Thema Ressourcenverschwendung: die durchschnittliche Nutzungsdauer einer Bohrmaschine ist 14 Minuten und trotzdem hat fast jeder eine zuhause… Mit nebenan.de wollen wir die Hürde, sich einfach mal um Hilfe zu bitten, wieder abbauen. Dating und Spenden sind also zwar nicht die konkreten Ziele der Plattform, aber mit etwas mehr Liebe und Hilfsbereitschaft kann man viel erreichen. Christian, Du hast nebenan lange bei Dir in der Nachbarschaft in Berlin Mitte getestet. U.a. mit Excel Listen & Co. kannst Du uns ein wenig mehr dazu erzählen? Wie bist Du vorgegangen? Ich habe im Februar 2013 angefangen, bei meinen Nachbarn in den umliegenden Häusern der Almstadtstraße in Berlin Mitte zu klingeln und mich vorzustellen. Mann, war ich aufgeregt, als ich vor der ersten Tür stand! Völlig zu unrecht, wie sich herausstellte. Das Feedback war überwältigend. Ich erzählte von meiner Idee, eine Online-Plattform für die Straße zu starten und 19 von 20 Nachbarn gaben mir ihre E-Mail Adresse und baten um eine Einladung. Einer gab mir die von seiner Frau gleich noch dazu. Da stand ich nun mit 20 E-Mail Adressen und dachte mir: jetzt musst du es auch machen. Also almstadtstrasse.de registriert, Open Source Social Network installiert und los ging’s. Mein Nachbar Matthias war der erste Nutzer und hat gleich 30 weitere Anwohner eingeladen. Am Ende waren wir über 100 Nachbarn in einer Straße mit ca. 300 Haushalten. Da wurde mir klar: das braucht nicht nur die Almstadtstraße, das braucht ganz Deutschland! Das nebenan.de Gründerteam Es gibt da ja noch ein paar andere Nachbarschaftsnetzwerke und das Thema wurde gefühlt seit 1998 all 3-4 Jahre wieder neu von jemandem versucht. Warum ist jetzt die richtige Zeit? Wichtiger als der Zeitpunkt, sind das Konzept und das Team. Wir glauben sehr genau analysiert zu haben, warum andere Angebote gescheitert sind oder jetzt aktuell nicht so abheben, wie unser Ansatz: Zum einen setzen viele auf niedrigschwellige Apps ohne ordentliche Registrierung. Wir hingegen bieten einen geschützten Raum, der nur für echte Nachbarn zugänglich ist. Das schätzen die Menschen. Zum anderen muss das Angebot für die Nachbarn und Nachbarinnen relevant sein. Das ist es nur, wenn sie in ihrer Nachbarschaft nicht alleine sind. Wir haben einen Weg gefunden, in kurzer Zeit über 100 Menschen im engsten Umkreis in den Nachbarschaften zusammenzubringen. Ab dieser Schwelle macht es Spaß und Sinn: wer eine Schubkarre sucht, hat große Chancen, direkt eine zu bekommen. Wer sein Handy vor dem Haus verliert, kommt über unsere Plattform in Kontakt mit dem Finder. Aber möglicherweise ist die Zeit auch tatsächlich gerade gut: Viele Menschen sind von den politischen Debatten in den Medien und insbesondere auf Plattformen wie Facebook müde. Sie wollen nicht tagtäglich mit mehr oder weniger anonymen Pöblern und ihren Meinungen konfrontiert werden. Stattdessen können sie mit echten Menschen aus ihrer Nachbarschaft über ganz konkrete und reale Bedürfnisse sprechen und sich gegenseitig helfen. Überhaupt: die Leute sind wahnsinnig nett zueinander. Wir warten scheinbar auf Gelegenheiten, nett zu sein und uns gegenseitig zu unterstützen. Und hinterher ist es ein gutes Gefühl, das viel länger anhält, als die guten Taten für uns selbst, z.B. durch ein neues Paar Schuhe. Wie sieht denn so ein nebenan Nachbar aus und was macht diesen zu einem nebenan Nachbarn? Das Schöne ist die Vielfalt. Wir haben Studenten, die neu im Viertel sind, junge Familien, alt-eingesessene Nachbarn und tatsächlich auch eine große Nutzergruppe älterer Menschen, denen sich der Nutzen von anderen Social Networking Plattformen noch nicht erschlossen hat. Nebenan.de jedoch bringt ihnen einen echten Vorteil, den sie sofort erkennen. Allen Gruppen gemein ist ihre Neugier, Offenheit und Hilfsbereitschaft. Menschen, mit diesen Charakterzügen fühlen sich von unserem Angebot besonders angesprochen. Und das ist auch, was wir uns wünschen und sogar einfordern. Unsere Regeln auf nebenan.de: Sei nett, sei ehrlich, sei hilfsbereit. Ihr seid beide erfolgreiche Unternehmer. In unserer Serie “How to make it in Berlin” stellen wir viele neue junge Unternehmer vor. Was könnt Ihr diesen mit an die Hand geben wenn Ihr auf Euer bisheriges unternehmerisches Leben zurück schaut? Unternehmerischer Ehrgeiz ist gut, aber nicht hinreichend. Ich glaube, um wirklich erfolgreich zu sein, muss man ein Thema finden, von dem man so überzeugt ist, dass es einen nicht mehr loslässt. Es darf sich nicht wie Arbeit anfühlen. Aus unserer Erfahrung ist es außerdem besonders wichtig, ein Gefühl dafür zu entwickeln, welchen Menschen man vertraut und wessen Meinung man ernst nimmt, wenn man sich auf den Weg macht. Wann war das letzte Mal als ihr gefühlt habt, dass Berlin Euch liebt? Jetzt gerade. Und immer im Frühling, wenn die Menschen schon bei 5 Grad und den ersten Sonnenstrahlen im Café draußen sitzen. Gibt es sonst noch etwas was Ihr loswerden möchtet? Wir erleben gerade, dass die als gerne mal etwas ruppig geltenden Berliner sich gegenseitig lieben. Es ist ein bisschen so, als hätten sie auf eine Plattform gewartet, auf der man nett zueinander und hilfsbereit ist. Da lieben wir Berlin gleich noch mehr! — Vielen Dank Christian & Till für das Interview! Und? Hast Du etwas zu teilen? Suchst Du etwas oder hast Du Lust bekommen einfach mal zu schauen wer da so bei Dir im Umkreis wohnt? Hier geht es zu: nebenan.de im Netz nebenan.de auf Facebook nebenan.de bei Twitter
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