Wem folgen, was teilen?

16 SPEZIAL KANZLEIEN_SOCIAL MEDIA
Wem folgen, was teilen?
ÜBERBLICK. Vor vier Jahren haben wir bereits Blogger im Arbeitsrecht unter die Lupe
genommen. Seitdem hat sich einiges verändert. Es bleibt aber auch Luft nach oben.
Von Silvio Fricke A
nnähernd 1.000 juristische
Blogs führt die Online-Plattform www.jurablogs.com Anfang 2016 auf. Ein enormer
Anstieg verglichen mit dem vergangenen Jahr, wo es gerade einmal 350 Blogs
dieser Art an gleicher Stelle waren.
Und die nicht organisierten Blogs etwa
von (Einzel-)Anwälten sind da noch gar
nicht erfasst. Eine ähnliche Entwicklung
verzeichnet das juristische Informationsangebot auf Twitter, ergänzt um LinkEmpfehlungen und Blogbeiträge über
Linkedin und Xing. Was bedeutet nun
diese Zunahme an juristisch orientierten
Aktivitäten im Social Web speziell für
Leser und User im Bereich des Arbeitsrechts? Die Antwort sei bereits vorweggenommen: noch überraschend wenig.
Mehr Spreu als Weizen
Die Verlockung bis vor ein oder zwei
Jahren war groß: Die Chance, ein valides und regelmäßiges arbeitsrechtliches
Informationsangebot per Facebook, Xing,
Twitter oder dem eigenen Blogauftritt
vorlegen zu können, hat – gerade, weil
ohne große Investitionen losgelegt wer-
den kann – einige „Sender“, also Verlage,
Kanzleien oder einzelne Anwälte, dazu
inspiriert, stärker auf diesen Kanälen
präsent zu sein.
Inzwischen hat sich die Spreu vom
Weizen getrennt: Richtig gut aufbereitete, neue und vor allem nutzenstiftende
Informationen sind überschaubar. So
sind allein von den ersten zehn Suchergebnissen bei Google zum Begriffspaar
„Arbeitsrecht und Blog“ acht Blogangebote seit mindestens einem Jahr gar nicht
mehr aktiv. Und selbst wenn aktive Blogs
aufgespürt werden, sind es nur ganz wenige, die den ureigenen Charakter eines
Für kleinere Kanzleien können
Blogs interessant sein, um auf sich
aufmerksam zu machen.
spezial Kanzleien im Arbeitsrecht 2016
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Blogs – Informationsaustausch und vor
allem die fachliche Diskussion – in den
Mittelpunkt stellen. Oft beschränkt sich
der Bloginhalt auf die Aneinanderreihung klassischer Urteilsbesprechungen
oder Grundlagentexte mit möglichst
großer Publikumswirkung („Wann bekomme ich hitzefrei?“); Themen und
Formate, die im vielfältigen Angebot von
Kanzleinewslettern und -briefings, Verlagsupdates oder Verbandsrundschreiben keinen wirklichen Mehrwert bieten
und erst recht keine Diskussion in der
„Community“ auslösen.
Viel Luft nach oben
Die Frage ist, warum gerade in einem so
„wilden“ und stets mit neuen Entwicklungen befassten Rechtsgebiet wie dem
Arbeitsrecht das Angebot so dünn ist.
Mit Blick auf die Vorreiter im Web 2.0
– beispielsweise Blogangebote wie der
„Kartellblog“ von Johannes Zöttl (www.
kartellblog.de) – ist das schon sehr verwunderlich. Auch und gerade weil im
Arbeitsrecht viele (Spezial-)Verlage,
Selbst wenn aktive
arbeitsrechtliche Blogs
aufgespürt werden, sind
es nur ganz wenige, die
den ureigenen Charakter eines Blogs in den
Mittelpunkt stellen.
aber auch Kanzleien und Boutiquen am
Markt präsent sind. Diese sollten doch
ein großes Interesse daran haben, über
den Austausch zu fachlichen Informationen die eigene Reputation gerade über
den schnellen und sehr großen Multiplikatoreffekt im Web 2.0 zu vergrößern.
Selbst die Abstimmung der eingefleischten Bloganbieter und -nutzer
über die besten juristischen Blogs, die
über den bereits oben genannten „Kartellblog“ im Herbst 2015 vorgenommen
wurde, bestätigt diesen Eindruck: Gerade einmal drei (!) Nominierungen gab
es für das Rechtsgebiet „Arbeitsrecht“.
Zumal keinem der dort genannten Anbieter nun eine große arbeitsrechtliche
Bekanntheit bescheinigt werden kann.
Ein sicherlich berechtigter Einwand ist
der Hinweis auf die thematische Breite des Arbeitsrechts. Oft sind auch arbeitsrechtliche Aussagen nicht lange
haltbar, etwa weil die Rechtsprechung
oder die Gesetzgebung für – nennen
wir es – neue Perspektiven sorgt. Insofern ist es nur verständlich, wenn vor
der Zeit und sicherlich auch dem Geld,
das in ein gutes und nutzenstiftendes
arbeitsrechtliches Informationsangebot
im Social Web investiert gehört, der Res­
pekt groß ist. Auch darf nicht vergessen
werden: Alle Aktivitäten im Social Web –
beispielsweise für Verlage oder für Kanzleien ohnehin – nicht der Umsatzbringer
sind. Auch das führt dazu, maximal ein
Rumpfangebot zur Verfügung zu stellen.
Die ideale Social-Media-Welt
Es gibt genügend Anleitungen, Hinweise
und Projektpläne, wie an eine vernünftige Social-Media-Strategie heranzugehen
ist. Das ist hier auch nicht unser Thema.
Fest steht jedoch: Ein gut durchdachter
Auch größere Boutiquen tummeln sich in
der Welt der Blogs: zum Beispiel Vangard
und Kliemt & Vollstädt.
spezial Kanzleien im Arbeitsrecht 2016
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an [email protected]
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Plan ist notwendig, der vor (!) dem Auftritt im Social Web und seinen Kanälen
bestehen sollte.
Des Weiteren sollte über kommentierfähige Inhalte nicht erst nach der
Profilanlage auf Twitter oder Linkedin
nachgedacht werden. Auch Kapazitäten,
sowohl in personeller als auch in finanzieller Hinsicht, sind notwendig – und
zwar langfristig! Und bitte auch immer
zu Ende denken: Was nützt der tollste
Blog, wenn nicht die klassischen SocialMedia-Kanäle wie Twitter, Facebook,
Xing, Linkedin auf Neueinträge dort
hinführen und diese aktiv zur Diskussion stellen? Gerade im Kanzleiumfeld
ist es ein oft beobachtetes Phänomen:
Technisch (durch hohen finanziellen
Aufwand) sehr gut gemachte Blogs mit
validem Inhalt werden nicht frequentiert, weil sie keiner kennt. Wie viele
Visitenkarten oder Präsentationsunterlagen von Anwälten kennen Sie, die
aktiv auf Angebote im Social Web, Anwalts- und Kanzleiprofile oder Blogangebote hinweisen?
Nun ist es aber genug mit dem halbleeren Glas: Lassen Sie uns auf die
wenigen, aber durchaus sehr guten arbeitsrechtlichen Angebote im Social
Web schauen. Sie sind es wert, regelmäßig konsumiert zu werden. Wobei: Die
nachstehenden Hinweise sind rein subjektiver Natur und mit Sicherheit nicht
abschließend, sondern nur eine Auswahl.
Im Vordergrund steht, auf eine Art arbeitsrechtliches Grundgerüst im Social
Web aus der Verlags- und Kanzleiwelt
hinzuweisen – abseits von den unzähligen Newsletter- und Seminarangeboten.
Angebot hat sich sehr schnell gerade in
der Anwaltswelt herumgesprochen. Die
Folge: Es entstehen teilweise gute und
umfangreiche Diskussionen zu einzelnen Blogeinträgen.
Ebenfalls lesenswert ist der ArbRBBlog aus dem Otto-Schmidt-Verlag (www.
arbrb.de/blog). Hier bereiten Anwälte
aus unterschiedlichen Kanzleien regelmäßig Blogeinträge auf. Die Aktualität
der Themen ist sehr gut, die Kommunikation über die Neueinträge, etwa über
die Verlagsnewsletter, ist ebenfalls gut.
Diesem Blog sind noch mehr Kommentare und Diskussionen zu wünschen.
Blogs aus der K
­ anzleiwelt
Bei den Angeboten der Kanzleien müssen die Hinweise etwas zahlreicher werden, erneut jedoch mit dem Vermerk,
dass die Aufzählung bei weitem nicht
abschließend sein kann. Auch wichtig:
Gemeint sind reine arbeitsrechtliche
Blogs. Gute arbeitsrechtliche Blogeinträge finden sich freilich auch in großen
Wirtschaftsrechtsblogs, wie etwa bei
CMS Hasche Sigle unter „CMS bloggt“
oder im „Unternehmensblog“ von Hogan Lovells.
Aber: Der Fokus liegt an dieser Stelle
auf dem Arbeitsrecht. Einer der ersten
reinen Arbeitsrechtsblogs, der mit viel
Aufwand und gerade im gesamten Social Web und seinen Kanälen betrieben
wird, ist jener der Kanzlei Blaufelder, begründet von Thomas Blaufelder (www.
kanzlei-blaufelder.com). Auch der Blog
der Einzelkanzlei von Dr. Sandra Flämig
wird regelmäßig mit guten Texten und
Informationen bestückt (www.kanzleiflaemig.de/magazin/).
Wenden wir uns den größeren Einheiten zu, fällt im Bereich der Arbeitsrechtsboutiquen beispielsweise der noch
relativ neue Blog von Vangard (www.
vangard.de/neuigkeiten) auf. Das Angebot ist insbesondere deshalb interessant,
weil regelmäßige Blogeinträge stattfinden, die auch gezielt und überlegt über
die Social-Media-Kanäle kommuniziert
werden. Gespannt sein darf der „Konsument“ auf das erst seit 1. März 2016
bestehende neue Blogangebot der bekannten Arbeitsrechtsboutique Kliemt
Informationen liefern auch der
„Stoffels-Rolfs-Blog“ und Anwälte auf
dem Blog des Otto-Schmidt-Verlags.
Blogs aus der Verlagswelt
Betrachtet man die Verlagsangebote,
ist sicherlich der „NZA-Blog“ des BeckVerlags (http://blog.beck.de/category/
arbeitsrecht) empfehlenswert. Bei vielen Nutzern ist dieses Format auch unter dem Synonym „Stoffels-Rolfs-Blog“
bekannt, den Namen der zwei Hauptautoren, die für gute und vor allem
regelmäßige Blogeinträge sorgen. Das
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AUSWAHL
140 Zeichen Recht
Ausgewählte Nutzer, die sich bei
ihrem Gezwitscher auf arbeitsrechtliche Themen fokussieren. Die Liste ist
keinesfalls abschließend.
André Zimmermann (@zimmermannandre)
Arnd Diringer (@Arnd_Diringer)
Bernd Weller (@be_weller)
Christian Bodler (@BodlerC)
Christian Velten (@ChristianVelten)
Gunther Mävers (@gunther_mvers)
Jan Tibor Lelley (@JanTiborLelley)
& Vollstädt (www.arbeitsrecht-weltweit.
de). Dieser Blog, der sowohl zum Arbeitsrecht in Deutschland als auch zu
weltweiten Themen aufgestellt ist, wird
seine regelmäßigen User finden. Diese
Plattform wird sicherlich den „Wettbewerb“ im Bereich der arbeitsrechtlichen
Blogs gut tun.
Maria Dimartino (@RAinDimartino)
Oliver Zöll (@Oliver_Zoell)
Sebastian Maiß (@arbeitsrecht_sm)
Thomas Niklas (@RAThomasNiklas)
Till Hoffmann-Remy (@THoffmannRemy)
Kurznachrichten auf Twitter
Mit einer geschickt zusammengestellten „Timeline“ auf Twitter ist es ebenfalls möglich, arbeitsrechtlich auf dem
Laufenden zu bleiben. Empfehlenswer-
spezial Kanzleien im Arbeitsrecht 2016
te Twitter-Kanäle – etwa zu aktuellen
Entscheidungen – sind sicherlich die
Angebote von juris (@DasRechtsportal)
sowie der Fachzeitschriften „ArbeitsRechtsberater“ (@ArbRB) und „Arbeit
und Arbeitsrecht“ (@AuAZeitschrift).
Regelmäßige Hinweise auf sehr gut
aufbereitete und aktuelle Informationen aus dem breiten Themenspektrum
des Arbeitsrechts liefern das „Personalmagazin“ (@personalmagazin) oder
etwa rund um die Arbeitswelt der FAZKanal (@FAZ_BerufChance). Auch eine Vielzahl an Arbeitgeberverbänden
und Gewerkschaften sind auf Twitter
aktiv. Eher politisch neutral und auf
die arbeitsrechtliche Information an
sich bedacht sind der Twitterkanal des
Bundesverbands der Arbeitsrechtler
in Unternehmen (@DerBVAU) oder
die Kanzlei-Accounts von Vangard (@
vangard_news) und Kliemt & Vollstädt
(@kliemt_de), die auch die bereits oben
erwähnten Blogeinträge über den Kurznachrichtendienst verbreiten. Ebenfalls
sehr aktiv auf Twitter ist die Kanzlei
Michalka (@Arbeitsrecht), die Kanzlei
Ruperti (@arbeitsrecht_B) oder auch der
Bund-Verlag (@BundVerlag).
Und dann, ja dann gibt es noch jede
Menge empfehlenswerter, aktiver und in
fast allen Fällen ausschließlich auf Arbeitsrecht fokussierte Twitter-Accounts
von Arbeitsrechtlern – aus Kanzleien,
Verbänden, Unternehmen und der Wissenschaft. Eine kleine Auswahl interessanter und aktiver Twitternutzer, in
alphabetischer Reihenfolge, lesen Sie in
nebenstehendem Kasten.
Grundgerüst ja, Wolkenkratzer fehlen
Also: Einige Blogs, ergänzt um eine gezielte Auswahl an Accounts auf Twitter,
Facebook, Xing & Co. gewährleisten das
arbeitsrechtliche Know-how und informationsgetriebene Überleben auch im
Social Web. Allerdings: Da geht noch viel
mehr! Hier sollten sich die juristischen
Anbieter durchaus einmal Anregung
etwa bei den Kolleginnen und Kollegen
aus dem klassischen HR-Bereich holen.
Dort sind nämlich nicht nur Blogparaden seit Längerem gang und gäbe. Eine
regelrechte HR-Community hat sich im
Social Web gebildet. Auch zeigen einige
Kollegen dort, dass gut gemachte Blogs
und Auftritte im Social Web weit mehr
sein können als reine, einseitige Informationsvehikel. Und: Der eine oder die
andere kann inzwischen sogar richtig
gut von einem eigenen Blog leben.
Gerade die arbeitsrechtliche Community ist größer als landläufig gemeint
– sowohl auf Anbieter- als auch auf Nachfrageseite. Es wird sich zeigen, wer den
Mut aufbringt, das sicherlich vorhandene Potenzial durch geeignete und gut
gemachte Angebote auch im Social Web
zu organisieren, zu interessieren und
letztlich durch einen fachlichen Mehrwert zu inspirieren.
SILVIO FRICKE ist Geschäftsführer des Bundesverbands
der Arbeitsrechtler in Unternehmen e. V. (BVAU) und
twittert selbst unter @Silvio_Fricke.
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an [email protected]