«Träume sind nächtliche Kapriolen unseres Hirns» - Kieser

Menschen
Menschen
Traumfänger
Bruno Bötschi fragt Werner Kieser nach seinen Träumen
Witze der Woche
«Träume sind nächtliche
Kapriolen unseres Hirns»
möglichst viele Einheiten zu absolvieren.
SCHWEIZER FAMILIE: Werner
Kieser, als Kind hat man viele
Träume – erinnern Sie sich?
WERNER KIESER: Ich konnte im
Sie sagen, Joggen sei ungesund.
Ich war Sprinter, betrieb
bis 31 Wettkampfsport.
Traum fliegen – und kann es bis
heute.
Warum?
Der Mensch ist kein Lauftier.
Beim Joggen ist die Belastung
viel grösser als beim Sprinten.
Sprinten funktioniert mehr wie
ein Abheben, die Kräfte wirken
durch die Beschleunigung anders. Die Gelenke eines Joggers
dagegen sind dauerhaft Schlägen
ausgesetzt.
Mein Vater erlebte interessanterweise die gleichen Geschichten
wie ich. Ob Träume vererbbar
sind? Das wäre ein spannendes
Forschungsthema.
Wie fliegen Sie?
Ich hebe einfach vom Boden ab.
Manchmal sitze ich auch in einem Flugzeug und habe das Gefühl, wir flögen zu tief.
Sind Träume das Fitnessprogramm für den Kopf?
Nein, sie sind nächtliche Kaprio­
len unseres Hirns.
Was könnte der Traum bedeuten?
Vielleicht ist er eine Metapher für
mein Leben. Mir drohte geschäftlich mehrmals das Scheitern.
Sie sagen, der Mensch wachse
am Widerstand. Schlossen Sie
deshalb mit 66 ein Master-Studium in Philosophie auf
Englisch ab und lernen seit zwei
Jahren Schwyzerörgeli zu
spielen?
Als Vorlage dienten mir Abbildungen aus US-amerikanischen
Kraftsport-Zeitschriften. Ich kaufte vier Tonnen Alteisen, das Kilo
zu 40 Rappen, ein gebrauchtes
Schweissgerät und das Büchlein
«Elektroschweissen».
Fotos: Elisabeth Real, zvg
Sie lernten Schreiner. Wer
brachte Ihnen Schweissen bei?
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Ich las das Büchlein und brachte
es mir selbst bei.
Heute betreiben Sie 21 eigene
und über 121 lizenzierte
Fitnesscenter. Macht Sie Krafttraining glücklich?
Schweizer Familie 41/2012
Werner Kieser, 71, lernte Schreiner und war Profiboxer. 1963
eröffnete er in Dietikon AG sein erstes Fitnesscenter. Heute betreibt
die Kieser Training AG weltweit 142 Studios. Kieser machte mit 66
im Fernstudium den Bachelor in Philosophie. Er lebt mit seiner
Frau Gabriela, einer Ärztin, in Zürich. www.kieser-training.com
Das Ergebnis auf jeden Fall.
Ich sage: Kieser Training macht
keinen Spass, aber glücklich. Und
es stimuliert – wie neueste Forschungen mit Parkinson-Kranken
beweisen – die Hirntätigkeit.
Gibt es Situationen, in denen
Kraft wenig hilft?
Zum Beispiel wenn ich trauere,
weil ein geliebter Mensch gestorben ist. Obwohl ich glaube,
der Zustand der Muskeln beeinflusst auch die Psyche.
Je fitter ein Mensch ist, je besser
verkraftet er schwere Zeiten?
Ja. Es gibt eine Wechselwirkung
zwischen Körper und Psyche.
Das lässt sich nicht trennen.
Fühle ich mich schlecht, ver­
ändert sich der Muskeltonus.
Nicht umsonst sind Menschen,
die an psychosomatischen Beschwerden leiden, meist schwach
trainiert.
Wie viel trainieren Sie?
Zweimal wöchentlich. Viele Menschen trainieren zu viel, aber zu
wenig hart. Wer seine Kraft steigern will, muss im Training eine
hohe Intensität erreichen, statt
Ich werde oft gefragt: «Wieso
tust du dir das an?» Ich tue mir
aber nichts an, im Gegenteil: Ich
tue mir etwas zuliebe. Ich bin
glücklich, Zeit für Neues zu
haben.
«Spielen Sie auch Lotto?» –
«Ich? Nie im Leben, aber ich
gewinne trotzdem bei jeder
Ziehung.» – «Wie geht denn
das?» – «Ich bin Zahnarzt.»
Aus der Fotokiste
Wasserschmöcker; 1910
«Hier ist es», sagt Bruder Albin und zeigt
auf die Stelle, wo – so Gott will – bald
Wasser sprudeln wird. Der Bauer hat den
Spaten im Anschlag. Nach allem, was er
über Bruder Albin gehört hat, zweifelt er
keine Sekunde daran, dass das Unternehmen von Erfolg gekrönt sein wird. Bruder
Albin vom Kapuzinerkloster Stans ist ein
frommer Mann und mit einer besonderen
Gabe gesegnet.
Er ist per Zufall darauf gekommen, als er
sah, wie Ameisen, statt geradeaus zu mar-
schieren, einen grossen Umweg in Kauf
nahmen. Bruder Albin verstand die Ameisen, denn er spürte «etwas» und wäre
selbst auch den Umweg gegangen.
Bruder Albins Gespür für mehr ist legendär. Er stellt Stubeneinrichtungen um,
spürt Wasseradern auf. Und weil er ein
frommer Mann ist, murmelt er stets bescheiden in den Bart: «Wir werden finden
– so Gott will.»
Foto eingesandt von
Bernhard Schöb, St. Gallen
Käthy Meier, Oberrüti
Der Boxer fragt seinen Trainer:
«Was meinst du, werde ich
Charly schlagen?» – «Hundertprozentig. Wenn du weiter so
wild in die Luft schlägst, hat er
in der dritten Runde garantiert
eine Lungenentzündung.»
Sandra Leemann, Uetikon am See
Der Witz der Woche (rot) wird
mit 100 Franken prämiert.
An «Schweizer Familie»,
«Witze», Postfach, 8021 Zürich.
[email protected]
Ängstigt Sie der Tod?
Nein. Es wird wieder sein, was
vorher war.
Was war vorher?
Ich weiss nicht, was vor meiner
Geburt war. Ich war damals
noch nicht da.
Wenn Sie einen Wunsch frei
hätten …
… würde ich mir mehr Vernunft
wünschen. Nicht bloss für mich,
für alle. Die Konsumgesellschaft
lenkt uns ab. Sie führt dazu, dass
wir ausser uns sind, nicht zu uns
kommen können.
■
1960 eröffneten Sie mit 20
Ihren ersten Fitnessraum – in
der elterlichen Waschküche.
Sie schweissten sogar die
Geräte selbst zusammen.
Aushebungsarzt für die
Rekrutenschule: «Lesen Sie
bitte vor, was auf der Tafel
steht!» – «Was für eine Tafel?
Ich seh gar keine.» – «Sehr
gut, sehr gut, es gibt auch
keine: tauglich!»
James J. Frei, Horgen
Sprinten ist gut, Joggen nicht.
Die meisten Menschen hören
mit den Jahren auf, vom Fliegen
zu träumen.
Mit der Erfindung der Waschmaschine wurden Waschküchen
unnötig. Also annektierte ich den
Raum und baute ihn für meine
Freunde und mich um.
«Hey! Alfons, dich habe
ich aber eine Ewigkeit
nicht mehr gesehen.»
– «Ich … tja, ich war
ja auch sieben Jahre
weg.» – «Fabelhaft!»
– «Nein, Einzelhaft.»
Dora Widmer, Bern
Schweizer Familie 41/2012
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