Süddeutsche Zeitung 16.01.2016

Süddeutsche Zeitung
16.01.2016
Erscheinungsland: Deutschland | Auflage: 475.284 | Reichweite: 1.130.000 (0%) | Artikelumfang: 36.671 mm²
Seite: 60
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Thema: Döllerers Genusswelten
Autor: k.A.
LOKALTERMIN
Andreas Döllerer gilt heute
als einer der besten Köche Österreichs.
Schon vor den Lorbeeren für seinlokal
hat seine Familie das kleine Dorf Golling
zum Ausflugsort für Feinschmecker
gemacht. Das urige Herzstück ist
bis heute Döllerer's Wirtshaus,
wo Max Scharnigg die Gipfel
österreichischer Hausmannskost bestieg
Wo die Berge aussehen, wie ein gegen die Faser
aufgeschnittenes Stück Tafelspitz, liegt GollingAbtenau. Trotz Doppelnamen ist der Ort südlich
von Salzburg keine große Sache, würden hier
nicht täglich Wunder stattfinden. Zum einen
hält, einfach so, der Eurocity von München nach
Graz, was einen Ausflug in die hiesigen Berge zu
einer simplen Spazierfahrt macht. Und zum anderen hat die Familie Döllerer hier einen mehre-
re Generationen umfassenden Parcours zum
Thema Leibeswohl eingerichtet: Sagenhafter
die jetzt von einem flinken Hausburschen im
Kupfertopf angetragen werden. Die Menschen
kommen von weit her, um die weißen Würste zu
kaufen und die Würste selbst fahren auch weit,
zum Beispiel nach Wien in die Luxus-Meindl-Filiale am Naschmarkt - einer der feinsten Auftritte, den man als Wurst haben kann. Sie sehen aus
wie dünne Weißwürste, aber ein Schnitt beweist
schon, dass sie mit der derben Münchner Früh-
wurst nicht viel gemein haben, keine groben
Fettaugen, keine Petersilie, alles nur Schnitzelfleisch, zwei Drittel Kalb, ein Drittel Schwein. Ergebnis: Die Gollinger Weißwurst ist so elegant,
dass man zum ersten Mal bei einer Wurst das
Verlangen hat, sie mit dem Silberlöffel zu essen.
Beängstigend schnell schwindet in dieser
nahrhaften Umgebung das eigene Fassungsvermögen und es gäbe noch so viel auf der Karte,
was verlockend ist: Blunzn und Saibling und
auch ein echt Wiener Gulasch mit Gurken l und
Frankfurter, das von Stammgästen noch beim
Hinsetzen geordert wird. Nun, das kommt alles
beim nächsten Mal dran. Bei diesem Besuch erhält die Roulade (15,50) vom 50-zu-50-Rind halb Wag-yu, halb Jersey - den Vorzug. Auch weil
sie ebenso Furcht einflößende wie appetitlich
klingende Begleiter hat: Bergkäsepüree und
Speckfisolen. Wieder erscheint ein brachial
Weinladen, legendäre Metzgerei, Wirtshaus, Superlativ-Restaurant, Delikatessen-Versand und
Hotel gehören zu diesem kleinen Imperium.
Vorzeigekoch ist der junge Andreas Döllerer,
der im Genießerrestaurant sehr gewissenhaft
an seiner Alpine Cuisine arbeitet. Würde man in
Österreich MiChelin-Sterne vergeben, hingen
hier einer bis zwei, so sind es 18 Punkte im GaultMillau. Dieser Besuch war aber nicht dem Res-
schöner Teller Hausmannskost, mit dick glän-
taurant, sondern dem Mittagstisch im Wirtshaus der kulinarischen Familie gewidmet, das
sich im gleichen Gebäude in stimmungsvollen
gemüse hat trotzdem noch Biss und eigenen
Charakter. Jetzt aber, das Püree! Starker Käse
Gewölberäumen erstreckt, mit Blick auf die lieb-
liche Gollinger Hauptstraße. Blitzsauber ist alles in dieser Bilderbuch-Wirtschaft, es rascheln
die gestärkten Schürzen, und auch mittags sind
die Tische gänzlich reserviert. Familienoberhäupter in Loden dirigieren ihre Sippen samt
Hund und Landhaus-Kindern, um sich dann
gütlich in der Karte und dem ersten Glas vom
fair ausgepreisten Hauswein zu versenken - einem Zweigelt von Pöckl, das Achtel zu 2,50 Euro!
Wer je einen Mangel an alpenländischer HerzAnfragen für weitere Nutzungsrechte an den Verlag
nen Metzgerei direkt nebenan produziert, und
lichkeit verspürt, die schöpft man hier aus großen Töpfen. Die Karte kündet von gehobener
Wirtshausküche,iber die dampfenden Teller erzählen eigentlich vor allem von der unbändigen
Lust zu essen, die einen beim Döllerer ergreift.
Die Rindssuppe (5,50 ) mit ihrer klaren Kraft
ist der Auftakt, angereichert mit dreierlei Einlagen - Brätstrudel, Grießnockerl und Speckknödelchen. Ach, denkt man Bei jedem Löffel, hätte
man eine österreichische Großmutter, das Leben wäre ein einziger warmer Suppentopf!
Der Zwischengang für Unmäßige, mit dem
man sich aber als Kenner outet: Döllerers Frische!" So heißen die Würschtl, die Senior Raimund Döllerer nebst tollem Speck in der kleiPresseclipping erstellt am 17.01.2016 für Döllerers Genusswelten zum eigenen Gebrauch nach §42a UrhG.
zendem Schmorsud, der sich einen kleinen
Bachlauf durch das Püreegebirge bahnt. Gegen
solche Postkartenidylle lässt man schon olfaktorisch jede Pinzetten-Küche stehen. Die Roulade
ist dann auch auf der Zunge eine Benchmark in
Sachen Rindergeschmortes. Das außergewöhnliche Fleisch bröckelt nicht auseinander, sondern zergeht zart, und das eingewickelte Wurzel-
und Erdäpfel verströmen zusammen ein unvergleichliches Aroma nach warmem Kuhstall. Der
Bauch brüllt sein Verlangen nach diesem
Stampf beinahe heraus, während der Kopf da-
für einen Nährwert errechnet, der ungefähr
dem Wochenbedarf einer Familie entspricht.
Aber: Eine Wucht, ein Winteressen! Warum al-
lerdings auf der Roulade auch noch Sahne
thront, erschließt sich nicht. An weiteren Ge-
schmacksverstärkern besteht kein Bedarf.
Rundum sieht man erhitzte Gesichter, und die
Kellnerinnen tragen große Töpfe selbst eingemachter Preiselbeeren hinter goldenen Schnitzeln her - gibt es beruhigendere Prozessionen?
Weil man nun schon gänzlich ungeniert ist,
lässt man den nicht korrekten Mohr im Hemd
gegen die Mohnnudeln mit Getreideeis antreten. Die Mohnnudeln gewinnen, weil sie sich
buttersatt direkt in die Seele schlonzen. Besinnungslos steht man nach Stunden von diesem
Mittagsessen auf, zahlt einen vergleichsweise
freundlichen Betrag für so viel häusliches Glück
und reimt beim Rausgehen, specksediert: Döllerer, nie war man völlerer.
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16.01.2016
Süddeutsche Zeitung
Erscheinungsland: Deutschland | Auflage: 475.284 | Reichweite: 1.130.000 (0%) | Artikelumfang: 36.671 mm²
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Thema: Döllerers Genusswelten
Autor: k.A.
Qualität: Sm*
In einem Satz: Ein BilderbuchWirtshaus mit sehr sorgfältiger
Küche und einem gelungenen
Spagat zwischen Tradition und
Moderne.
Ambiente: so
Service:
Preis/Leistung:.....
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