Pfusch am Bau – Wie kann ich´s beweisen? Ein fast alltägliches

Pfusch am Bau – Wie kann ich´s beweisen?
Ein fast alltägliches Ärgernis: Gerade ist das Einfamilienhaus fertig und die Familie zieht
ins neue Heim. Schon nach wenigen Wochen zeigen sich Risse in den teuren
Erdgeschossfliesen. Der eilig herbeigerufene Fliesenleger weiß sofort woran es liegt: da
er ja besonders sorgfältig gearbeitet hat kann es keinesfalls an seiner Arbeit liegen. Er
lehnt jede Mängelbeseitigung ab und verweist auf Bauunternehmer und Statiker. Er
geht fest davon aus, dass ein statisches Problem vorliegt, vermutlich eine fehlende
Dehnungsfuge, die entweder nicht ordnungsgemäß geplant oder nicht entsprechend
der Planung ausgeführt wurde. Der Bauherr wendet sich an den Bauunternehmer, der
selbstverständlich ebenfalls eine schlüssige Antwort parat hat. Er hat alle Regeln der
Baukunst beachtet. Der Verlauf der Risse zeige doch eindeutig, dass das Problem im
Estrich zu suchen sei. Der Fliesenleger habe auf den noch nassen Estrich gefliest, bei
den Rissen handele es sich um Schwindrisse.
Für den geschädigten Bauherren ist guter Rat teuer. Er selbst kann natürlich nicht
beurteilen, wo die Ursachen zu suchen sind. Was nun?
Gegen alle Beteiligten zu klagen wäre für den Bauherrn mit einem hohen Risiko
verbunden, da er die Prozesskosten des nicht Verantwortlichen ebenso zu tragen hätte,
wie unter Umständen anteilige Gutachterkosten, die in Bauprozessen häufig den
Großteil der Kosten ausmachen. Der Bauherr muss deshalb zunächst ohne Prozess die
Ursachen aufklären. Hierzu stehen grundsätzlich drei Möglichkeiten zur Auswahl,
nämlich das Schiedsgutachten, das Privatgutachten und das selbständige (gerichtliche)
Beweisverfahren.
Das Schiedsgutachten wird selten weiterhelfen, da es voraussetzt, dass sich alle
Beteiligten darüber einig werden, dass die Einschätzung des gemeinsam beauftragten
Schiedsgutachters unabhängig vom Ausgang des Gutachtens für alle verbindlich sein
soll.
Das selbständige Beweisverfahren ist das eigentlich vom Gesetz vorgesehene Mittel.
Hier wird ein Antrag an das zuständige Amts- oder Landgericht gestellt, was dann
einen Gutachter beauftragt, der feststellen soll, welche Mängel vorliegen, wer diese zu
verantworten hat und was ihre Beseitigung kostet. Der Bauherr kann sich als
Anspruchsgegner den wahrscheinlichsten Verursacher herauspicken, den Antrag gegen
diesen richten und andere mögliche Verursacher im Wege einer Streitverkündung mit
ein beziehen. Hiermit wird ein Gutachtenergebnis erzielt, was in einem nachfolgenden
Prozess voll verwertet werden kann. Allerdings ist ein selbständiges Beweisverfahren
nicht nur sehr teuer, sondern kann sich auch erheblich in die Länge ziehen; je nach
Umfang der Beweisaufnahme ist eine Verfahrensdauer von mehreren Jahren nicht
selten.
Die letzte Möglichkeit ist schließlich diejenige der Einholung eines Privatgutachtens. Ein
privat vom Bauherren beauftragter Gutachter legt seine Expertise in der Regel binnen
weniger Tage oder Wochen vor, ist oft billiger, als ein gerichtlich bestellter Gutachter
und ermöglicht es so, innerhalb kurzer Zeit den Rechtsstreit gegen den wahren
Verursacher zu eröffnen. Allerdings ist ein Privatgutachten auch mit erheblichen
Unsicherheiten behaftet. Schon die Auswahl des Gutachters bringt oft große
Schwierigkeiten mit sich, da der Bauherr in der Regel nicht dazu in der Lage ist, die
Qualität eines Gutachters beurteilen zu können. Schließlich wird der vom Gutachter
ermittelte Schadensverursacher mit großer Wahrscheinlichkeit das Ergebnis des
Gutachtens anzweifeln. Im nachfolgenden gerichtlichen Verfahren hat das
Privatgutachten nicht die Qualität eines Beweismittels, wie ein gerichtlich ein zu
holendes Gutachten. Allerdings darf das Gericht auch nicht einfach über die
Feststellungen hinweg gehen, sondern muss sich sorgfältig mit den Ergebnissen des
Sachverständigen auseinandersetzen. Auch die Kosten für die Gutachteneinholung
können zumeist als Schaden im Prozess geltend gemacht werden. Letztlich ist es eine
Frage des Einzelfalls, welcher Weg der richtige ist. Der Fachanwalt für Bau- und
Architektenrecht ist hier selbstverständlich dazu in der Lage, dem Bauherren bei seiner
Entscheidung mit dem richtigen Rat zur Seite zu stehen.
Rechtsanwalt Klaus-Peter Liefländer
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
Anwaltskanzlei Dr. Dörfler & Liefländer