Mitteilungen der Juristischen Zentrale REGIONALCLUB Nr. 12/2016 29.01.2016 St Richtiges Verhalten bei Polizeikontrollen Sehr geehrte Damen und Herren, für die Polizei Alltag, für den Autofahrer eine Ausnahmesituation – nicht jeder weiß, welche „Spielregeln“ jetzt gelten und welches Verhalten sinnvoll ist. Der nachfolgende Überblick soll die hier geltenden Grundsätze aufzeigen. Welche Arten von Polizeikontrollen gibt es? Wenn die Polizei einen Verkehrsverstoß feststellt, so wird sie den Autofahrer anhalten, soweit es nach den Verkehrsverhältnissen möglich ist. Es erfolgt dann eine sogenannte „anlassbezogene“ Verkehrskontrolle. Die Polizei darf aber Autofahrer nicht nur dann anhalten, wenn der Wagen durch einen Fahrfehler oder einen Verkehrsverstoß aufgefallen ist. Auch ohne Anfangsverdacht darf sie eine sogenannte „allgemeine“ Verkehrskontrolle durchführen. Oftmals verbirgt sich hinter einer „allgemeinen Verkehrskontrolle“ natürlich ein mehr oder minder konkreter Verdacht; da aber beide Arten von Kontrollen zulässig sind, braucht die Polizei nicht sofort ihren Anfangsverdacht dem Autofahrer zu offenbaren. Ob anlassbezogen oder allgemein, die Polizei muss zu einer Kontrolle den Autofahrer erst einmal anhalten. Dies geschieht entweder durch Handzeichen und Polizeikelle oder per Lichtsignal des nachfahrenden oder vorausfahrenden Polizeifahrzeugs. Ein Autofahrer muss dieses Anhaltesignal in jedem Fall beachten. Dies folgt bereits aus § 36 StVO. Er muss zwar keine Vollbremsung machen, auf einer Kreuzung anhalten oder sich durch das Anhalten sonst wie in Gefahr bringen, jedoch muss er unverzüglich bei nächstmöglicher Gelegenheit anhalten. Um keine Missverständnisse gegenüber den Polizisten entstehen zu lassen, sollte man durch Verringerung der Geschwindigkeit oder/und Blinken den Polizisten signalisieren, dass man das Anhaltezeichen bemerkt hat und auch gewillt ist, diesem Folge zu leisten. 2 Eine Missachtung des Anhaltezeichens kann ein Bußgeld von 70 Euro und 1 Punkt in Flensburg zur Folge haben. Zudem hätte eine Nichtbeachtung langfristig auch kaum Erfolgsaussichten, weil ein Ignorieren des Anhaltezeichens ganz bestimmt die besondere Neugierde der Polizisten weckt. Das „Klima“ bei der nachfolgenden Kontrolle würde dadurch auch mit Sicherheit nicht verbessert werden. Wie verhält sich der Autofahrer bei der Kontrolle richtig? Der Autofahrer sollte nach dem Halten den Motor ausschalten, da dies für die Polizisten ansonsten bedrohlich wirken könnte und zudem streng genommen auch einen Verstoß gegen § 30 StVO darstellt. Bei Dunkelheit sollte die Innenbeleuchtung eingeschaltet werden. Wenn ein Polizist bei der anschließenden Kontrolle den Autofahrer zum Aussteigen aus dem Fahrzeug auffordert, sollte der Autofahrer dem nachkommen, um eine Eskalation zu vermeiden. Eine in diesem Zusammenhang oft gestellte Frage ist, ob man ohne diese Aufforderung im Fahrzeug sitzenbleiben oder stets aussteigen sollte. Man kann diese Frage nicht allgemein beantworten. Die Antwort hängt immer von der jeweiligen Situation ab. Am besten ist es, in der konkreten Situation nachzufragen. Der Autofahrer sollte sein Verhalten immer so ausrichten, dass sich der kontrollierende Polizist nicht bedroht fühlt. So ist es bei einer nächtlichen Kontrolle zumeist sinnvoller, ruhig im Wagen zu bleiben und gegebenenfalls auf Anweisungen des Polizisten zu warten. Welche Auskünfte muss oder soll der Autofahrer geben? Der kontrollierende Polizist darf dem Autofahrer „informativ“ Fragen stellen. Dabei wird er z. B. fragen, wo er herkommt und ob er Alkohol konsumiert hat. Da solche Fragen rechtlich als „informatorische Befragung“ und nicht als Beschuldigtenvernehmung gelten, muss der Autofahrer in dieser Situation nicht zuvor über seine Rechte bezüglich einer Verweigerung der Aussage belehrt werden. Es muss dem Autofahrer also nicht mitgeteilt werden, dass er nichts dazu sagen muss oder einen Anwalt einschalten kann. Erst wenn sich aus den Angaben des Autofahrers oder aus sonstigen Umständen ein Anfangsverdacht bezüglich einer Verkehrsstraftat oder Ordnungswidrigkeit ergibt, muss der Polizist den Autofahrer über seine Rechte belehren. Unterbleibt eine solche Belehrung, kann die Aussage später nicht oder nur sehr eingeschränkt gegen den Autofahrer verwendet werden. 3 Ein Autofahrer ist weder bei einer informatorischen Befragung noch bei einer Beschuldigtenvernehmung verpflichtet, auf solche Fragen überhaupt oder wahrheitsgemäß zu antworten. Eine falsche oder verweigerte Auskunft ist also straflos. Personalien müssen aber immer wahrheitsgemäß in jeder Situation gegenüber der Polizei angegeben werden. Eine unwahre Angabe hierzu stellt eine strafbare Ordnungswidrigkeit dar. Unstreitig ist aber, dass eine freundliche Auskunft manche Situation entschärft, die sonst zu einer intensiven Kontrolle führen würde. Wenn man sich durch die Beantwortung einer informatorischen Frage nicht ansatzweise belastet, sollte man durchaus eine Antwort auf die entsprechende Frage geben. Was muss der Autofahrer machen oder dulden? Der Fahrer muss der Polizei auf Verlangen den Führerschein, den Fahrzeugschein und einen Ausweis zur Überprüfung aushändigen. Zu einem weitergehenden aktiven Mitwirken ist der Autofahrer aber nicht verpflichtet. Die Polizei darf weiterhin das Fahrzeug technisch und bei einem entsprechenden Anfangsverdacht auch nach mitgeführten Gegenständen untersuchen. Der Autofahrer ist dabei aber nicht zur Mitwirkung verpflichtet, er kann passiv bleiben. Die Polizei muss also gegebenenfalls den Kofferraum selbst durchsuchen und kann kein Ausladen der Gepäckstücke durch den Autofahrer verlangen. Wie verhält man sich bei einer Alkohol- und Drogenkontrolle? Niemand ist verpflichtet, bei einer Atemalkoholmessung (Blasen in ein Messgerät) mitzuwirken oder einem Drogenschnelltest (Urinuntersuchung auf Teststreifen oder Speicheltest) zuzustimmen. Verweigert man einen solchen Test, wird die Polizei allerdings einen Anfangsverdacht hegen und den Fahrer auf die nächste Polizeiwache oder in ein nahegelegenes Klinikum zu einer Blutabnahme bringen. Eine Blutabnahme ist nach § 81a StPO nur durch einen Arzt und nie durch die Polizei direkt möglich. Die Blutentnahme verlangt rechtlich kein aktives Mitwirken des Fahrers, sondern nur ein passives Erdulden; notfalls kann die Polizei die Blutabnahme gewaltsam erwirken. Wer sich sicher ist, dass er weder unter Alkohol- noch Drogeneinfluss steht, sollte einem Schnelltest durchaus zustimmen. Die damit in Zusammenhang stehenden Fragen sind dann in Minutenschnelle geklärt. 4 Der Autofahrer erspart sich dadurch eine zeitintensive Blutabnahme. Die Ergebnisse des Vortests sind bei Gericht nicht verwertbar. Was gilt bei Fahrzeugmängeln und verbotenen Gegenständen? Gibt es Fahrzeugbeanstandungen, so kann die Polizei eine Mängelanzeige in die Wege leiten. Der Autofahrer ist dann verpflichtet, kurzfristig der Polizei die Reparatur bzw. das Abstellen des beanstandeten Mangels nachzuweisen. Zudem wird regelmäßig auch ein Verwarnungs- oder Bußgeld verhängt werden. Gibt es Fahrzeugbeanstandungen, die eine gegenwärtige Gefahr für den Verkehr darstellen, so darf die Polizei sogar die Weiterfahrt untersagen und das Fahrzeug sicherstellen. Sichergestellt werden können auch sonstige Gegenstände, die sich im Fahrzeug befinden und deren Besitz oder deren Mitführung im Fahrzeug verboten ist. Dies gilt insbesondere für Radarwarner. Welche Folgen haben Zuwiderhandlungen? Wenn die Polizei im Rahmen einer allgemeinen Verkehrskontrolle oder wegen einer anlassbezogenen Kontrolle einen Anfangsverdacht bezüglich einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit hat, muss sie dies dem Autofahrer mitteilen. Für den Autofahrer, der ja zu dem Vorwurf keine Aussage machen muss, stellt sich die Frage, ob und wenn ja, was er zu dem Vorwurf sagen soll. Auch hier ist es wieder schwierig, allgemeinverbindlich zu raten, welches Verhalten immer das Richtige ist. Dabei muss man wissen, dass die Polizei bei Verkehrsordnungswidrigkeiten – nicht aber bei Verkehrsstraftaten – ein Ermessen dahin gehend hat, ob ein Bußgeldverfahren eingeleitet wird oder nicht. Dieses sogenannte Opportunitätsprinzip gilt umso mehr, wenn es nur um geringfügige Ordnungswidrigkeiten geht. So ist die Polizei bei einem einsichtigen Autofahrer, der einen Fehler einräumt, schon mal bereit, auf ein Verwarnungsgeld wegen eines fehlenden Warndreiecks zu verzichten oder es bei einer mündlichen Verwarnung ohne Verwarnungsgeld zu belassen. Zeigt sich der Autofahrer aber nicht einsichtig oder äußert er sich nicht zu dem Vorwurf, ist dies weniger der Fall. Bei schwerwiegenderen Ordnungswidrigkeiten, die auch im Verkehrszentralregister eingetragen werden oder gar Verkehrsstraftaten, ist kaum mit Nachsicht zu rechnen; vielmehr kann eine unbedachte Einlassung zur Sache auch negative Folgen für eine spätere Verteidigung haben. 5 Hier sollte der Autofahrer höflich aber bestimmt sagen, dass er sich momentan nicht zur Sache äußern möchte und sich gegebenenfalls erst einmal juristischen Rat einholen möchte. Geschieht dies in sachlicher und ruhiger Atmosphäre, so wird die Polizei dies auch nicht falsch verstehen. Wie funktioniert das Ordnungswidrigkeitenverfahren? Niemand ist gezwungen, vor Ort sofort ein verhängtes Verwarnungsgeld zu bezahlen. Wenn der Autofahrer (bei kleineren Ordnungswidrigkeiten) vor Ort erklärt, dass er mit einer Verwarnung einverstanden ist, kann er auch noch in den nächsten Tagen zahlen. Er spart sich damit die Gebühren eines förmlichen Bußgeldverfahrens von 28,50 Euro. Wird bei kleineren Ordnungswidrigkeiten bis 55 Euro das Verwarnungsgeld nicht akzeptiert oder geht es um ein Bußgeld ab 60 Euro, so leitet die Polizei immer ein förmliches Bußgeldverfahren ein. Der Betroffene bekommt dann einige Wochen nach der Kontrolle einen Bußgeldbescheid zugeschickt. Wenn der Autofahrer den Bescheid anfechten möchte, sollte er unverzüglich juristischen Rat einholen. Wenn Sie noch weitere Fragen rund um das Thema haben, helfen Ihnen die Clubjuristen unter der Rufnummer (089) 76 76 – 24 23 gerne weiter. Mit freundlichen Grüßen Dr. Markus Schäpe Leitung Juristische Zentrale
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