Barbarabaum Teil2

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Barbarazweige kennen in
Franken die meisten - aber ein
Barbarabaum? In einer Forchheimer
Wirtschaft steht wohl das letzte
fränkische Exemplar.
BRAUCHTUM
Ebersbach, einem kleinen
Ortsteil. Als Landarzt kannte
ling! zerschellt eine silberne
Gronauer zwar viel Althergebrachtes; die Sitte, dicke Zweige
Glaskugel am Boden. "Wieder
eine von den alten", brummt
von Obstgehölz aufzustellen und mit
Glasschmuck zu behängen, war ihm
Volker Gronauer zwischen
Kisten und Kloßkartons, alle gefüllt
zunächst unbekannt. Aber der Anmit gläsernem Zubehör für die Weih- blick des grünenden und zugleich glitnachtszeit. "Das gehört auch zum Ri- zernden Gebildes reizte ihn. Erste Sputual", klärt Hubert, sein Sohn auf. ren fand er in Büchern über das NürnZwei Generationen der Familie Gro- berg des 18. Jahrhunderts. Er stieß
auch auf ein Verbot eines Bayreuther
nauer und das befreundete Ehepaar
Müller sind Anfang Dezember dabei,
Markgrafen aus denselben Jahren. Der
den Barbarabaum
zu schmücken.
untersagte seinen Untertanen das Aufstellen, weil wegen der knospenden
"Falsch, das muss Weihnachtsmaien
heißen", erklärt der Senior. Die Maien Zweige die Obstgärten über alle Masind je nach Volkskundlermeinung _ ßen geplündert wurden.
grüne Zweige oder eine alte BezeichDamals freilich, so weiß Gronauer,
nung für den Christbaum. Über die waren die Maien nicht mit Glaskugeln
halbe Decke der Wirtsstube· des geschmückt. Man hängte Äpfel und
(vergoldete) Nüsse daran, denn die
Schweizer Kellers sind die dicken
Zweige .ausgebreitet. Festgezurrt in Glasbläser konnten noch keine solch
der Ecke beim Kamin ragen sie aus ei- feinwandigen Gebilde wie heute schafnem Wassergefäß.
_
fen. "Fassen Sie die mal an!", bittet er,
Die Familie hat gewissermaßen in nachdem er tief in einer Holzkiste gekramt hat. Die Silberkugel ist erstaunletzter Minute einen alten fränkischen
Brauch wiederbelebt. Vor Jahren fiel lich schwer. ,;Das ist eine Kugel aus
dem Senior das alte Heimatbuch von dem Biedermeier. Ihre Wand ist drei
Neunkirchen am Brand, "NeunkirMillimeter dick." Der silberne Glanz
rührt von einer Schicht Blei im Innern
ehen wie es früher war", in die Hände.
Ein Foto aus den 1970er Jahren zeigte her. Damals, so Gronauer, wurden
die Wohnstube des "Spotz'n-Reas" aus Glasbläser selten älter als 35 Jahre.
VON PAULINE LlNDNER
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Diese Kugel ist im Gegensatz zu 1I
mit Stanniol und leonischen Dräht n
umwickelten Wattennuss aus Dr 'Nd n
kein Familienbesitz. Die B sch fti
gung mit den Weihnachtsmai n h t
Gronauer auch zu einem Sa hverst 11digen für alten Weihnachtllschmu 'k
werden lassen. Lange bevor 'S in Mod
kam, den Baum zuhause wi 'd ' r mit
althergebrachtem Zierrat zu s .hm
cken. "Für ein Fuffzgerlhast ein an
ze Schachtel gekriegt", erinn irt r si h
an seine Besuche bei einem Bamb r r
Trödler. Das Allermeiste stammt uu
Lauscha in Thüringen. Auch eini
Stücke aus Gablonz in Böhm n sind in
seiner Sammlung. Für sie sind in
Perle am Ende und ein Glas tift mit
dem Faden zum Aufhängen charakteristisch. Sie seien nicht ganz so
sein Geschmack, meint er.
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Jean Paul kannte die Zweige
~ Er hält sich lieber an die frän. kische Uberlieferung. Als
berühmten Zeugen beruft
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~?
er sich auf jean Paul. Der
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,
~ ..~ Bayreuther Dichter hat
.
niedergeschrieben,
wie
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die Leute am Andreastag (30.
November) große Birkenreiser schnitten; Obstholz war ja vom Markgrafen
verboten. Am Barbaratag (4. Dezember) stellte man sie in die Stube, in der
begründeten Hoffnung, dass am Heiligen Abend frischgrüne Blättlein aus
den Knospen lugten. Da der Brauch
überwiegendin den evangelischen Regionen Frankens verbreitet war, geht
Gronauer von einer Zuordnung zu den
Heiligenfesten aus. Er sieht sogar eine
Parallele zu Christophorus-DarstelIungen, bei denen sich der Riese auf einen Ast mit frischem Trieb stützt.
"Hier fließen uralte Motive zusammen", schlägt er noch einen Bogen zu
1 h n Licht- und Grünbräuh hristlicher Völker.
w i1 n sind die sechs Schmücker
zu ange. Diekahlen Zweigevon
I Vogelbeere, Ka tani , Kirsche
f I verwandeln sich langsam,
Kugel neben Kugel ger iht wird.
was gibt's auch", lacht Elsbeth
nauer, während sie in moderne
ugel mit der Aufschrift ,,1. FCN"
ris Müller hochreicht. Elsbeth und
oris' Mann Klaus sind für den Nachchub zuständig. Sie müssen sich ab
und zu tadeln lassen, wenn beim Aufhängen der dünne Silberdraht bricht
und die Kugel am Boden zerplatzt.
Da braucht der Senior nicht zu mogeln. Auch den schlichten Kugeln lässt
sich ihr Entstehungszeitraum ablesen:
am dünnen Hals. Der wurde deutlich
weiter in den 50er und 60er Jahren.
Kugeln mit dem Eisernen Kreuz drauf
aus dem Ersten Weltkrieg, aber auch
solche mit Hakenkreuz hat Gronauer
beim Stöbern in alten Beständen schon
entdeckt. Persönlich schätzt er eine Serie von zwiebelförmigen Gebilden mit
tiefen Dellen; er weiß, sie schmückten
1945 einen Christbaum.
Der Grundschmuck hängt inzwischen. Nun kommen die Schätze an dekorative Stellen: Glasrosen die aufgesteckt wurden, zapfenförmige Nikolause, traubenförmige
Kugeln mit
Blattwerk und - die Vög '1. Zierlich
wippen ihre Schwänzchen, wenn sie
Elsbeth aus dem Zeitungspapier wickelt. Frech dreht ein Kakadu seinen
bunten Schopf zur Seite und der gelbe
Kanarie trägt ein Federkleid a s Glasstaub. Sie sind allen der w htigste
Schmuck, denn zu einem bl enden
Baum gehören nun mal die g derten
Sänger. Nun müssen die Zw e nur
noch ausschlagen - das werde ie bis
Weihnachten sicher tun.
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