Bedingte Geldstrafe: Absoluter Unsinn

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Wochenspiegel
Nr. 1
TRIBÜNE
6. Januar 2016
GASTKOMMENTAR
PRESSESCHAU
Bedingte Geldstrafe: Absoluter Unsinn
Hans Egli *
Während kleine Delikte mit einer
Busse geahndet werden, ziehen gröbere Vergehen eine meist bedingte
Geldstrafe nach sich. Betrunken fahren kostet weniger als falsch parkieren.
Kriminaltouristen, die in einer
Apotheke Parfüm im Wert von rund
3000 Franken gestohlen haben und
von der Basler Grenzwache erwischt
wurden, kamen ungeschoren davon.
Die Strafbefehle der behandelnden
Staatsanwältin umfassen eine bedingte Geldstrafe von 30 Tagessätzen
à 10 Franken und eine Verbindungsbusse von 100 Franken. Während die
bedingte Geldstrafe nicht bezahlt
werden muss, ist es zumindest fraglich, ob die 100-fränkige Busse von
den beiden in Rumänien wohnhaften
Delinquenten je bezahlt wird. Auch
ob die Busse bei Nichtbezahlung in
Rumänien eingetrieben werden kann,
darf zumindest bezweifelt werden.
Für die beiden überführten Langfinger hatte ihr Diebstahl also lediglich eine Nacht im Untersuchungsgefängnis zur Folge. Teurer ist Linksabbiegen mit dem Velo, ohne dies per
Handzeichen zu signalisieren – nämlich 30 Franken. Unbedingt. Die
Nichtgewährung des Vortritts bei
Fussgängerstreifen wird mit rund
140 Franken gebüsst. Bei Nichtbezahlung winkt eine Betreibung. Ist
von dieser kein Ergebnis zu erwarten, muss eine Freiheitsstrafe vollzogen werden. Geringe Delikte werden
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«Wenn kleine Delikte
härter bestraft werden
als schwere Straftaten,
ist etwas faul am System»
mit einer Busse geahndet, grobe Vergehen hingegen mit einer Geldstrafe.
Während eine Busse unbedingt bezahlt werden muss, wird Letztere in
der Regel bedingt ausgesprochen.
Fährt man innerorts 15 Stundenkilometer zu schnell, entspricht das
gemäss dem Strassenverkehrsgesetz
einer einfachen Geschwindigkeitsübertretung und wird mit einer Busse bis zu 260 Franken bestraft. Bei
einer Übertretung ab 25 Stundenkilometer handelt es sich um eine qualifizierte Geschwindigkeitsübertretung
und damit um ein Vergehen. Die dafür verhängte Geldstrafe muss, falls
während der Probezeit keine weiteren Straftaten begangen werden, nie
bezahlt werden.
Niemand versteht es, wenn ein
Kügelidealer nur eine bedingte Geldstrafe erhält, die er nie bezahlen
muss, die Polizei aber viel Energie in
die Ermittlung von Straftaten investiert. Es ist frustrierend, wenn Ordnungshüter am Schluss feststellen,
dass die Straftäter von der Staatsanwaltschaft wieder laufen gelassen
werden müssen.
Das heutige System hat keine Akzeptanz mehr in der Bevölkerung.
Denn wenn kleine Delikte härter bestraft werden als schwere Straftaten,
ist etwas faul und stösst bei den Bürgern begreiflicherweise auf Unverständnis. Vor allem für Kriminaltouristen hat das heutige Strafrecht keine abschreckende Wirkung. Delinquenten haben schon damit geprahlt,
dass sie ohne Strafe davon gekommen seien. Gerade Kriminaltouristen
empfinden eine bedingte Geldstrafe
nicht als Strafe. – Wie sollten sie
auch?
Bedingte Geldstrafen gehören abgeschafft, denn es ist gegenüber jedem unbescholtenen Bürger der
blanke Hohn. Für ein glaubwürdiges
Rechtssystem muss der Strafkatalog
nachvollziehbar und der Strafcharakter vorhanden sein. Gesellschaftliche
Akzeptanz erreicht das Strafrecht nur
mit Strafen, die der Straftat entsprechend ausgesprochen werden. Ich
hoffe, das neue Parlament korrigiert
diesen Lapsus endlich.
* Hans Egli, Steinmaur, ist Kantonsrat der
EDU und Parteipräsident.
Flughafen: Die Kosten für die Landungen des ehemaligen Emirs aus
Katar seien zu gering, finden Kritiker.
Derweil wurde bekannt, dass auch
sein Vater in Zürich weilt. Dies berichtet der «Tagesanzeiger».
Notlandungen sind nicht gratis. 7090
Franken kostet die Landung des Airbus 340 mit der Kennung «Amiri
One», in dem der 64-jährige Scheich
Hamad bin Khalifa Al Thani in der
Nacht auf den 26. Dezember von Marokko nach Zürich flog, um sich in
der Schulthess-Klinik an der linken
Hüfte operieren zu lassen. Der Bund
hatte dem ehemaligen Emir von Katar die Landung aufgrund des medizinischen Notfalls erlaubt, trotz
Nachtflugverbots.
Kurz nach fünf Uhr, also ebenfalls
während der Nachtruhesperre, landeten zwei weitere Maschinen mit
der Familie des Herrschers aus Katars Hauptstadt Doha an Bord. Auch
für diese stellt der Flughafen Zürich
nun Gebühren in Rechnung: 4580
Franken für den Airbus 330 und
2270 Franken für den Airbus 319.
«In den Kosten eingeschlossen sind
die Landegebühr, die zusätzliche
Lärmgebühr, die Emissionsgebühr
und die Parkgebühr pro Tag», sagte
die
Flughafen-Sprecherin
Sonja
Zöchling Stucki zum «SonntagsBlick».
Das Begleichen der Rechnung dürfte
für den reichen Scheich – sein Privatvermögen wird auf 2,5 Milliarden Euro geschätzt – kein Problem sein.
Dielsdorf/Bülach: Die Slam-Poetin
Hazel Brugger ist erst 22 Jahre alt.
Doch sie hat nicht nur ihre Kunst,
sondern auch die Medien im Griff.
Jede Form von Humor sei aggressiv,
sagt sie. Und hat recht damit. Dies
berichtet die «NZZ am Sonntag».
Die Jugend, sagt Hazel Brugger, sei
der unvermeidliche Wartesaal zwischen Flachbrüstigkeit und Gesieztwerden. Auf so eine Formulierung
muss man erst einmal kommen. Der
Slam-Poetin Hazel Brugger fallen
Pointen wie diese im Dutzend zu.
1993 ist sie auf die Welt gekommen,
im kalifornischen San Diego, als
Tochter einer deutschen Mutter und
eines Schweizer Vaters. Aufgewachsen ist sie in Dielsdorf. Tiefste AggloPampa! Am Gymnasium Bülach ist
sie zur Schule gegangen, dort kam
sie zum ersten Mal mit Poetry-Slams
in Berührung. 2013 wurde Hazel
Brugger zur Schweizer Meisterin in
dieser Disziplin gekürt.
Derzeit studiert sie Literatur und Philosophie an der Universität Zürich.
Das hilft ihr nach eigenem Bekunden,
die eigene, naturgemäss egozentrische Weltsicht zu relativieren. Daneben schreibt sie als Kolumnistin für
das «Magazin» des «Tages-Anzeigers» und moderiert eine eigene
Show im Zürcher Theater Neumarkt.
Jung ist sie, selbstbewusst, klug und
apart. Da kann es nicht gross verwundern, dass die Medien sich auf
sie stürzen. Doch Hazel Brugger lässt
sich dadurch nicht irritieren.