Selma Klein (1909 – 1942) Selma Klein wurde am 8. Juni 1909 in Frankfurt/Main geboren. Sie war die Tochter des Kaufmann Isaak Klein und seiner Frau Babette, geb. Reinheimer. 1910 wurde die Schwester Frieda Weingärtner, geb. Klein und 1913 die Schwester Mathilde Breitenband, geb. Klein ebenfalls in Frankfurt geboren. Der Vater betrieb bis zu dem Aufruf des Boykotts von jüdischen Geschäften 1933 einen Eiergroßhandel in Frankfurt/Main. Im Dezember 1935 musste Isaak Klein seinen Großhandel komplett aufgeben. Ab diesem Zeitpunkt war er auf die Wohlfahrtsunterstützung der Jüdischen Gemeinde angewiesen. Selmas Mutter starb am 26. August 1927 und wurde auf dem Friedhof der Israelitischen Gemeinde in Frankfurt beigesetzt. Selma Klein besuchte die Volksschule (1915 - 1924) mit mäßigem Erfolg, sie wiederholte einmal eine Klasse. Nach der Schulentlassung war sie zunächst zu Hause und dann für ein halbes Jahr in Stellung. Im Mai 1926 wurde sie das erst Mal in das Haus des Jüdischen Frauenbundes in Neu-Isenburg aufgenommen. Selma wurde im Städtischen Fürsorgeamt Frankfurt registriert. Sie arbeitete immer wieder für einige Monate bei unterschiedlichen Arbeitgebern. Meistens verschwand sie aus ihren Arbeitsstellen. Die längste Zeit befand sie sich mit verschiedenen Schaustellern auf Reisen. Selma Klein erkrankte an Gonorrhoe, einer Geschlechtskrankheit, die ansteckend ist, und musste sich einer Behandlung unterziehen. Diese Behandlungen bedurften der regelmäßigen Kontrolle. Da Selma sich diesen Kontrollen entzog, wurde sie zweimal eingesperrt. Gonorrhoe war eine meldepflichtige Krankheit. 1930 hatte Selma eine Frühgeburt im 7. Monat. Das Kind starb. 1932 kam sie ein weiteres Mal für zwei Monate in das Haus in Neu-Isenburg, aus dem sie weglief. Danach kam sie ins Monikaheim in Frankfurt, das sich in kirchlicher Trägerschaft befand. Es bleibt unklar, was die Gründe für diese Einweisung waren, denn das Haus des Jüdischen Frauenbundes bestand bis zur Zerstörung 1938. Am 4. Juli 1932 wurde Selma in die Landes-Heil und Erziehungsanstalt Hadamar eingewiesen. Die einweisende Behörde war das Städtische Fürsorgeamt Frankfurt. Dort wurde ihr bescheinigt, dass sie an Geistesschwäche leide und zudem ihre Umwelt gefährde, da sie eine „Infektions - Quelle für Geschlechtskrankheiten“ sei. Bereits im September 1932 fragte das Städtische Fürsorgeamt Frankfurt in Hadamar an, ob eine Entmündigung Selmas möglich sei, da der Vater die „Herausgabe“ seiner Tochter fordere. Die Antwort der Klinik in Hadamar lautete, dass für eine Entmündigung nicht genügend Anhaltspunkte gegeben seien. Auch sei es sinnvoll, Selma zum Vater zu entlassen. In den nächsten Jahren arbeitete Selma in unterschiedlichen Familien. Im Februar 1936 fragte das Fürsorgeamt in Hadamar nach, ob eine Sterilisationsanzeige beantragt werden könne. In der Zwischenzeit wurde Selma in der Nervenklinik in Frankfurt aufgenommen. Von Frankfurt wurde Selma als „Eilfall“ im Juli 1936 erneut in die Anstalt Hadamar aufgenommen. Inzwischen lautete ihre Diagnose: „angeborener Schwachsinn und sexuell haltlose Psychopathie." [Psychopathie: Persönlichkeitsstörung]. Am 15. September 1936 wurde der Antrag auf Sterilisation nach dem Gesetzt zur Verhütung erbkranken Nachwuchses von 1933 gestellt. Eine Woche später war dieser Beschluss endgültig und Selma Klein kam am 3. November 1936 nach Herborn zur Sterilisation. Aus dem Beschluss des Erbgesundheitsgerichts Frankfurt von 1937: „Die Intelligenzprüfung hat zwar ergeben, dass ihre intellektuellen Fähigkeiten kaum unter dem Durchschnitt liegen. Aus dem völligen Versagen im Leben, ihrer sexuellen Haltlosigkeit und der vollkommenen Einsichtslosigkeit ihrer Lebensführung gegenüber ist jedoch auf starke Intelligenzmängel zu schließen, welche die Annahme eines Schwachsinns rechtfertigen“. Zwei Wochen später wurde sie nach Hadamar entlassen, wo sie bis März 1937 blieb. Danach kam sie in die weibliche Stadtmission in Frankfurt und wurde von dort in eine Stellung vermittelt. Doch bereits Mitte Oktober wurde sie wieder per „Eilantrag“ nach Hadamar eingewiesen. In dieser Zeit bemühte sich der Vater Isaak Klein immer wieder um seine Tochter. Er versuchte alle Möglichkeiten für eine Auswanderung auszuschöpfen, jedoch ohne Erfolg. Selma Kleins letzter Aufenthalt in Hadamar dauerte vom 23. Oktober 1937 bis zum 10. Mai 1939. Im Mai 1939 fragte die Kriminalpolizei Frankfurt in Hadamar an, ob Selma Klein in Vorbeugehaft zwecks Weiterführung in ein Konzentrationslager genommen werden könne. Die Unterbringung in einem Konzentrationslager war nicht möglich für Geisteskranke und an Schwachsinn oder Epilepsie etc. leidende Personen. Selma wurde bescheinigt, dass sie voll lagerhaft- und arbeitsfähig sei. Am 10. Mai 1939 kam sie in Vorbeugehaft nach Frankfurt. Ab diesem Zeitpunkt fehlen Dokumente, die den weiteren Lebensweg Selma Kleins eindeutig belegen könnten. Das Sonderstandesamt Arolsen hat am 7. August 1959 auf Wunsch der Angehörigen das Todesdatum und -ort nachbeurkundet. Selma Klein ist demnach am 26. April 1942 in Ravensbrück gestorben. Im Jahr 1942 sind jedoch alle jüdischen Häftlinge aus Ravensbrück in der Euthanasie Tötungsanstalt Bernburg im Rahmen der Aktion 14f13 ermordet worden. Die Todesurkunden wurden allerdings immer im KZ- Ravensbrück ausgestellt. Am 16. Juni 1942 fand die Urnenbestattung auf dem Jüdischen Friedhof in Frankfurt/Main statt. Die Urnen wurden in diesen Fällen ebenfalls von Ravensbrück verschickt, nicht von Bernburg, wo Selma ermordet worden war. Der Vater Selmas, Isaak Klein, wurde am 15. September 1942 nach Theresienstadt deportiert, wo er am 21. Juni 1944 an Entkräftung starb. Selmas Schwester, Frieda Weingärtner, wurde am 5. Juli 1944 in Auschwitz ermordet. Die jüngste Schwester, Mathilde Breitenband, überlebte die NS-Zeit durch die Unterstützung der Familie ihres nicht jüdischen Ehemannes in Nordhessen. Sie starb 1996 in Offenbach.
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