Arthur Lampe Bergpredigt 1: Jesus nachfolgen heisst arm sein 23. August 2015 Liebe Gemeinde In der Lesung vorhin haben wir gehört, was Jesus von seinen Jüngern erwartet. Was ging Euch wohl dabei durch den Kopf? Das was Jesus den Jüngern da gesagt hat, wird ja auch als die Bergpredigt bezeichnet. Jesus ist auf einen Berg gestiegen. Und wie es scheint, sind ihm nicht alle gefolgt. Die Jünger aber setzten sich zu ihm. Sie haben von Jesus gehört, was es bedeutet, ihm nachzufolgen. Als ich mich näher mit der Bergpredigt beschäftigt habe, habe ich festgestellt, wie wenig ich das lebe, wovon Jesus hier redet. Wie wenig radikal meine Nachfolge ist. Und ich habe gemerkt, dass es nichts hilft, wenn ich mir das schön rede, was Jesus hier sagt. Wenn ich Jesus nachfolgen will, dann muss ich das ernst nehmen, was er predigt. Dann muss das irgendwie eine Auswirkung auf meinen Alltag haben. Und ich möchte Euch bitten, mit mir zusammen einmal barfuss durch die Bergpredigt zu gehen. Das heisst, lasst Euch doch mal pieken von dem, was Jesus hier sagt, lasst es uns nicht egal sein. Und ich glaube, dass es da einiges gibt bei mir und dir, bei uns allen, wo wir sagen, da komme ich nicht mit, das verstehe ich nicht. Das ist mir zu viel. Und ich glaube auch für die Jünger war es eine Herausforderung von Anfang an. Gemeinsam möchte ich mit Euch heute das Kapitel fünf anschauen. Meistens ist es in der Bibel so, dass grössere Zusammenhänge ein gemeinsames Motiv haben. Wir wollen heute wie ein Adler über Kapitel fünf fliegen und schauen: Was ist das Grundanliegen in diesem Abschnitt. Wir wollen uns nicht auf Einzelfragen konzentrieren, sondern den Gesamtzusammenhang anschauen. Was ist das beherrschende Thema. Wie ich schon zu Anfang gesagt habe, richtet sich Jesus hier an die, die ihm nachfolgen, ihnen gilt das. Worum geht es in Kapitel 5? In Kapitel 5 geht es um eine Einladung zur Armut und zur Ohnmacht Ein Pastor umschrieb es folgendermassen: “Keiner will es. Es fühlt sich schlecht an. Aber es ist genau richtig. Unsere Ohnmacht oder auch unsere Armut öffnet uns den Himmel.“ In unserer Gesellschaft ist keiner gerne arm. In welcher Hinsicht auch immer. Hier ist es wichtig, dass wir jemand sind, dass wir wahrgenommen werden als Einzelne. Wir sollen es zu etwas bringen. Und wir definieren uns darüber, was wir wissen, was wir können, was wir schaffen. Als ich meinen Eltern sagte: Ich studiere Theologie und werde Pastor, da haben die gesagt: Lerne besser etwas Vernünftiges, werde Lehrer oder arbeite in der Verwaltung. Mein Vater sagte immer: Als Pastor bist du der Scheuerpfahl der Gemeinde. Ich komme ja aus der Landwirtschaft. Und mein Vater hatte auf dem Feld für die Rinder einen Pfahl aufgestellt, an dem sie sich reiben können. Ein Pastor ist also dazu da, um sich an ihm zu reiben, war die Philosophie. Für einen Bauern hat vermutlich der Pastor keinen wirklichen Beruf. Aber ich 1 Arthur Lampe Bergpredigt 1: Jesus nachfolgen heisst arm sein 23. August 2015 war so unvernünftig und wollte das doch machen. Aber, liebe Gemeinde, wenn es euch hilft sich an mir zu reiben, dürft ihr das gerne machen. Heute ist es wichtig, dass man gross raus kommt. Arm sein will keiner. Das arm sein, kann man aber auch missverstehen: Wir Menschen sind nichts wert, wir sind klein, zu nichts zu gebrauchen. Und das sei die richtige Lebenseinstellung. Das ist nicht gemeint. In Psalm 8 hören wir, dass wir nur ein bisschen geringer sind als Gott. Wir sind mit Herrlichkeit und Ehre gekrönt. Wir sind mit Würde, Stärke und Reichtum ausgestattet. In der Bibel gibt es immer ein sowohl als auch. Wir sind reich, aber auch arm. Jesus spricht von der Armut. Er beginnt mit der Armut. Wenn wir aber Gott nachfolgen wollen, dann gilt das was wir in V.3 hören, also ganz zu Anfang der Bergpredigt: Selig sind die, die geistlich arm sind, denn ihrer ist das Himmelreich. Nach der Basisbibel: die vor Gott bettelarm sind. Ein Theologe übersetzt es so: „Herzliche Gratulation, wenn du mit deinem Latein am Ende bist, je weniger du zu bringen hast, je mehr hat euch Gott zu geben. Deine Ohnmacht öffnet dir den Himmel“ Wollen wir das wirklich? – Pause. Die Bibel gratuliert denen, die wir eher bedauern als bewundern. Das ist Nachfolge. Das ganze Kapitel hat mit der Armut zu tun. Selig sind, die da geistlich arm sind, Selig sind die da Leid tragen, selig sind die Sanftmütigen, Selig sind, die da hungert und dürstet nach Gerechtigkeit, Selig sind, die reinen Herzens sind, Selig sind die Friedfertigen, Selig sind, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden – Jesus gratuliert hier Menschen, die wir eher bedauern als bewundern. Jesus nennt sie makarios. Im griechischen steht makarios. Das ist schwer zu übersetzen. Einige haben es übersetzt mit glücklich ist, der … Aber das trifft es wirklich nicht. Wir sind doch nicht glücklich wenn wir arm sind oder verfolgt werden etc. Wir erleben ja dann etwas, was schwierig ist. Aber du bist gerechtfertigt, du bist richtig so vor Gott wie du bist. Das trifft es. Ja wenn du so bist, bist du brauchbar für Gott. Eben zu wissen: Aus mir selbst heraus kann ich nichts tun. Aber Gott kann diese Armut füllen oder das was schwer ist zu etwas Gutem gebrauchen. Die Seligpreisungen, das sind eigentlich arme Menschen. Gott sagt: Du bist ok. So bist du ok. In V. 21 geht es immer noch um Armut. Sechs Mal wird aus der altl. Tora zitiert: Ihr wisst, dass …. Und Jesus sagt: Ich aber sage euch was anderes. 2 Arthur Lampe Bergpredigt 1: Jesus nachfolgen heisst arm sein 23. August 2015 Es geht hier um eine andere Armut. Hier geht es um Verzicht. Eine Armut, die ich mir selber auferlege, ich gehe einen anderen Weg, verzichte auf eine Möglichkeit. Bei den Seligpreisungen geht es ja um etwas, was schwierig ist im Leben. Hier geht es darum, das ich mir selbst etwas auferlege und auf etwas verzichte. Es geht hier auch um Armut, weil man hier einen anderen Weg wählt, als man es könnte. So hören wir in V. 21, dass nicht nur das Töten eines Menschen Mord ist. Sondern wir sind Mörder, wenn wir schon zum anderen sagen: Du Trottel, du Idiot. Wenn wir nicht töten wollen, dann verzichten wir auf Unversöhnlichkeit, dann gehen wir nicht mit Vorwürfen gegen andere vor. Jesus redet hier auch vom ehebrechen. Mehr auf Text Bezug nehmen. Der Ehebruch fängt aber nicht erst dort an, wo ich intim werde mit einem anderen Partner. Sondern schon da, wo ich anfange die andere Frau im Kopf zu begehren. Da wo ich mir eine Sexzeitschrift zulege und mir so andere Frauen anschaue und so tue als gehörten sie mir. Nicht ehebrechen bedeutet, darauf zu verzichten. Jesus sagt: Steig nicht aus aus deiner Beziehung. So manch einer ist äusserlich wie innerlich schon ausgestiegen. Offiziell noch verheiratet, aber eigentlich hat er sich schon vom Partner verabschiedet, vielleicht ohne das zu merken. Als nächstes hat Jesus das Schwören genannt. Wenn ich einen Handel mache, versuche ich mich vertrauenswürdiger zu machen, wenn ich schwöre. So etwas tun wir eigentlich nur, wenn wir unserer selbst nicht sicher sind. Da schwören wir halt, damit der andere uns mehr glaubt, dass etwas so ist wie ich sage. Wenn ich aber schwöre, dann stehe ich in der Gefahr, das nicht einzuhalten und es zu brechen. Und ich sollte nicht so vertrauens- unwürdig sein, dass ich es nötig habe zu schwören. Deshalb sagt Jesus: Besser du sagst nur Ja, Ja Mit dem Schwur besteht die Gefahr eine Lüge zu decken. Als Jünger braucht es keinen Schwur, weil ich doch immer in der Wahrheit sein soll. Ich kann daher auf den Schwur verzichten. Auge um Auge, Zahn um Zahn, so steht es im Alten Testament. Für etwas, was begangen worden ist, brauchte es einen Ausgleich, damit die Gerechtigkeit wiederhergestellt ist. Wie oft ist es auch bei uns so, wenn uns jemand etwas getan hat, dass wir denken: Dem anderen soll es auch mal so gehen, dass er merkt wie so was ist. Es ist ja nicht so, dass wir nicht in einem Rechtsfall etwas aufklären lassen dürfen oder auch mal die Polizei rufen … Jesus sagt aber: Leiste keinen Widerstand. Verzichte darauf dich zu rächen. Und dann gibt es ja auch noch die Situation, dass Menschen dir Böses wollen. Jesus sagt: Liebet eure Feinde. Betet für die, die euch verfolgen. Verzichte auf Hass und Verbitterung, wenn mir jemand etwas Böses angetan hat. Wir sollen also etwas nicht tun, wir sollen darauf verzichten, obwohl wir gefühlt das Recht dazu hätten. Ich strebe etwas nicht an, was ich könnte. Schliesslich sagt Jesus: Ihr sollt vollkommen sein, wie auch euer Vater im Himmel vollkommen ist. Bedeutet mit Jesus zu leben dann doch, dass ich möglichst alles so mache wie er gesagt hat, und wenn ich es nicht tue, erwartet mich Strafe. Was hat Jesus da gemeint? An diesem Satz kann man sich schon die Zähne ausbeissen. Und sogar gelehrte Leute haben sich damit schwer getan. 3 Arthur Lampe Bergpredigt 1: Jesus nachfolgen heisst arm sein 23. August 2015 Schauen wir wieder in Zusammenhang. Da ist vom Vater die Rede, der die Sonne aufgehen über die Bösen und Guten und lässt es regnen über Gerechte und Ungerechte. Er schaut nicht darauf, ob jemand ein ganz gerissener Bauer ist und sorgt dann dafür, dass seine Ernte nicht gelingt. Der Vater verzichtet auf das Recht Gerechtigkeit zu schaffen. Gott selbst macht sich arm. Vollkommen sein bedeutet also, ich mache mich arm wie der Vater, ich verzichte dem anderen etwas heimzuzahlen. Seine Liebe ist der Grund, dass er verzichtet. Um seiner Heiligkeit willen könnte er es tun. Aber nur weil er verzichtet, sind wir alle noch da. Wir alle haben Strafe verdient, aber Gott verzichtet. Es geht nicht darum moralisch perfekt zu sein. Gottes, ja Jesu Wesen selbst sich arm zu machen. Darin liegt seine Vollkommenheit. Wir sollen sein wie der Vater. Nur so kann Friede, Liebe und Gemeinschaft unter den Menschen entstehen. Armut bedeutet, nichts zu bieten zu haben. Bezug V. 3. Manchmal fühlt man sich so gesegnet. Manchmal kann man ein mühsamer Mensch sein. Ihr könnt meine Frau oder meine Kinder fragen. Die sagen bestimmt nicht: Da fällt mir im Moment überhaupt nichts ein. Ich kann Dinge super genau nehmen. Und wenn die Dinge nicht so laufen wie ich es gerne will, da kann ich sehr ärgerlich werden. Und ich sage Dinge, die mir hinterher leid tun. Aber es dauert eine Zeit lang bis ich zum anderen sagen kann: Das war nicht in Ordnung. Aber dann kommt es auch vor, dass ich dem anderen vorhalte: Du aber hast … Vielleicht geht es Dir ja manchmal auch so. Vielleicht störst Du Dich ja auch daran, dass Du bestimmte Punkte in Deinem Leben nicht überwindest, obwohl Du schon so lange Christ bist. Und dann gibt es noch die Lebenswunden, die unerfüllten Träume. Jeder hat das, die nicht überwundenen Schwächen. Wir schauen noch einmal auf Vers 3 zurück. Jesus sagt: Wenn Du Dich arm fühlst vor Gott, bist Du genau richtig. Ich werde damit fertig, du musst dich nicht abmühen. Das ist kein Verharmlosen, es ist Trost: Wo wir mit Fehlern kämpfen und unterliegen, da kann und Jesus helfen. Es gibt nur einen, der uns die Tür zu Gott verschliessen kann: Wir selbst. Wenn wir unsere Armut eingestehen, dann kann uns Gott erst helfen. Es gibt Schwächen, die sind einfach peinlich für uns. Als Kind habe ich lange damit gekämpft, dass ich gestottert habe. Wenn ich dann etwas sagen wollte, das war für mich schwierig. Aber ich bin beharrlich dran geblieben und habe mich für mich gefühlt in gefährliche Situationen gebracht. So habe ich die Hauptrolle in einem Musical übernommen. Und bei der Aufführung hat es dann geklappt. Immer wieder habe ich dann eine ähnliche Herausforderung gesucht. Ich wollte mich nicht verstecken mit meiner Schwäche. Ihr alle kennt sicher auch den Film Kings Speech. Ein englischer König, der stottert und bei einer Ansprache kaum einen Ton rausbringt. Mit Hilfe eines Therapeuten lernt er mit dieser Schwäche zu leben und kann so manche wichtige Amtshandlung dann doch erfolgreich meistern. 4 Arthur Lampe Bergpredigt 1: Jesus nachfolgen heisst arm sein 23. August 2015 Eine solche Armut zu haben, das piekt. Auch Gebrochenheiten, wo wir nicht so sind wie wir uns wünschen. Steh zu deinen Schwächen. Mach dir und anderen nichts vor. Für Gott ist das kein Problem. Die andere Armut war ja, dass ich auf etwas verzichte. In meinem Umgang mit anderen, in meinen Beziehungen. Jesus hat uns gelehrt, dass wir lieber mit Menschen umgehen als sie es verdient haben. Wir verzichten um des anderen willen. Zu liebenderen Menschen will Jesus uns machen als es der andere verdient hat. Von einem Kollegen habe ich gehört, dass er jemanden eingestellt hat. Nach einiger Zeit ist es der Mann, der ihn loswerden will. In einer Sitzung stellt sich noch ein zweiter hinter ihn. Als der Kollege zu Hause ist, ist er wutenbrannt: Wie kann der nur. Also dem zeige ich es. Nachdem er wieder runterkommt, hat er sich gefragt: Was kann ich tun, damit ich integer bleibe, auch wenn es mir nicht gefällt. Und es ihm klar geworden: Ich darf nicht alles mit mir machen lassen, aber ich darf nicht mit derselben Kanone schiessen. Männer lieben ja bekanntlich Konkurrenz. Als dieser Kollege später dann mit einem anderem Mann zusammengearbeitet hat, wollte er nicht die gleiche Situation und ist sofort auf den anderen zugegangen und hat ihm gesagt: Da wo einem von uns auffällt, dass wir uns gegenseitig ausspielen und von anderen gegeneinander ausgespielt werden, da lass uns in dem Moment aufeinander zugehen. Dass das zerstörerische Spiel keine Macht über uns bekommt. Sie haben also hier bewussten Verzicht geübt. Jesus sagt in diesem Kapitel auch, dass wir Salz und Licht sein sollen. Und ich glaube, es sind die Armen, die leuchten in dieser Welt und die die Welt würzig machen. An irgendeiner Stelle habe ich mal gehört, dass es eigentlich wir Christen sind, die die Welt noch erträglich machen, wenn wir so sichtbar sind, wie Jesus es gepredigt hat. Für die Welt ist unser Verzicht etwas Überraschendes. Deshalb: Sei kein Armleuchter, aber ein Armutsleuchter. So wird die Gegenwart von Gott in dieser Welt sichtbar. Jesus segnet die Armen und gibt ihnen sogar noch die Verheissung, nämlich dass sie Leute sind, die jetzt schon zum Reich Gottes gehören. Wenn Du dich darauf einlassen kannst, was er sagt, wirst du am Ende erfahren, dass es doch ein gesegneter Weg gewesen ist. Es geht nicht darum, dass wir die Bergpredigt besonders streng oder besonders locker interpretieren. Jesus möchte aber, dass Du ihm ganz konkret in deinem Alltag nachfolgst. Das du das Schwierige, das Ungewohnte zulassen kannst, dass du auf ein paar Impulse verzichtest. Und es anders machst11 als man es normalerweise macht mit Menschen Deshalb werde zum Friedensstifter, werde Neuanfänger Hassbegraber Bitterkeitsvernichter 5 Arthur Lampe Bergpredigt 1: Jesus nachfolgen heisst arm sein Ärgerabschüttler Racheentsorger Lasst uns Fremdgehverweigerer sein Lasst uns Ohnmachtsgenossen sein Armutsbejaher Schwachheitsanwärter. Amen 6 23. August 2015
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