Der fatale Monotheismus

Warum die monotheistischen Religionen niemanden mehr
überzeugen können, der seinen Verstand benutzt.
Religionsvertreter diskutieren gern auf der Ebene: Glaubst du an Gott? Wenn nicht, dann bist du ein
Atheist, ein Gottesleugner. Ein Ungläubiger.
Sie versuchen, dich als abartig und sich als normal darzustellen.
Die Erwartung der Religionsgemenschaften mit monotheistischem Hintergrund ist natürlich nicht,
dass du an irgendeinen Gott glaubst, sondern an jenen, der in der Bibel, im Koran, in der Genesis
und im Talmud beschrieben ist.
Die Probe aufs Exempel: sage ihnen, du glaubst an Gott, aber nicht an die Sünde, an das
jüngste Gericht, an Verlautbarungen von Propheten und Gottessöhnen, an die Richtlinienkompetenz von Päpsten, Bischöfen, Mullahs. Nicht an einen Gott, der brutal straft und bedingungslose Unterwerfung verlangt, sondern an einen grundsätzlich wohlmeinenden Gott,
der im übrigen nicht in das individuelle Leben eingreift und keine Auflagen, Essen, Kleidung und Sex betreffend, macht. Keine Auflagen, bestimmte Rituale auszuführen, um Gott
bei Laune zu halten.
Kurz, ich glaube an Gott, aber nicht an euren.
Dann wirst du erfahren, warum es den Religionsvertretern wirklich geht.
An dieser Stelle gehen wir diesen propagandistischen Fallen nicht auf den Leim, sondern hinterfragen mal
die Prämissen des christlichen Glaubens.
Auf der Grundlage der Naturwissenschaften und der Sozialpsychologie:
Die Bibel geht davon aus, dass der Mensch mal unsterblich war, dass er durch die Sünde mit der
Sterblichkeit bestraft wurde, und dass Jesus als Fürsprecher beim „Vater“ für das ewige Leben derer
sorgen wird, die an ihn glauben.
Wir wissen heute, dass alle Vielzeller sterblich sind, der Mensch da also gar keine Ausnahme macht,
denn er ist aus derselben biologischen Substanz.
Wir wissen auch, dass Krankheiten nicht durch Sünde und Teufel, sondern durch Bakterien und Viren entstehen, oder einfach durch Altersverschleiß, der offenbar genetisch eingebaut ist. Oder durch
ungesunde Lebensweise, ganz vordergründig.
Der Tod ist ein natürlicher Vorgang wie die Geburt und hat mit Sünde und Erbsünde nichts zu tun.
Erst die Christen und Moslems haben den Tod als Strafe umgedeutet, zu einem Angstmacher, mit
dem man drohen kann. Dazu gehört auch die Vorstellung vom jüngsten Gericht, wo die Ungläubigen endgültig von Gott zum Tode verurteilt werden und die Anhänger des drei-einigen Gottes ewig
leben dürfen.
Monotheistische Religionen beruhen also auf einem historischen und irrigen Menschen- und Naturbild.
Nehmen wir uns jetzt mal als psychologischer und sozialpsychologischer Sicht die Gottesvorstellung vor.
Jahve im Alten Testament ist ein Despot.
Er bestraft die Menschen für Ungehorsam. Er hat Angst, vor der Selbständigkeit der Menschen. Er
will ständig gelobt und hofiert werden. Er kann die Menschheit nicht einmal von seiner Existenz
überzeugen und verspricht daher alles mögliche, wenn man an ihn glaubt. Das ist im Neuen Testament nicht anders. Nur wer an Jesus Christus, den Sohn Gottes, glaubt, erhält massive Privilegien,
die anderen werden in einem unfairen Prozess ohne Verteidigungsmöglichkeit zum Tode verurteilt,
nachdem man sie kurz noch mal lebendig gemacht hat, damit sie an jenem finalen Prozess teilnehmen müssen.
Jahve ist ein narzisstisch-eitler Gott.
Er stellt er in den 10 Geboten die Gottesverehrung an die erste Stelle. Erstaunlicher Weise bestätigt
er im ersten Gebot die Existenz anderer Götter! Der Rest ist ethisches Beiwerk von Selbstverständlichkeiten, oder dient dazu, die Rolle des Mannes als die eigentliche Krone der Schöpfung und der
Frau als Besitz des Mannes zu zementieren.
Jahve hat einen Sohn-Komplex.
Abraham zwingt er fast dazu, seinen Sohn zu töten, im Neuen Testament muss sich Gottes Sohn töten lassen. Auch sonst quält Jahve gern seine Anhänger, um zu prüfen, ob sie gegen jede Vernunft
auf Gedeih und Verderb gehorsam sind. Das Buch Hiob.
Jahve scheut sich auch nicht, wegen ein paar sexuellen Freuden gleich ganz Städte zu brandschatzen und ganze Landstriche zu ersäufen. Also: ein übler Despot, der die Menschen einschüchtert,
und sie zwingt ihm zu huldigen, ihm Gerechtigkeit, Güte und eine perfekte Schöpfung zu bescheinigen. Sag ihm, dass er alles gut und richtig gemacht hat, sonst wird er sehr, sehr böse.
Wenn Gott allmächtig und weise und gütig wäre und eine perfekte Schöpfung zustande gebracht
hätte, wäre die ganze Lobhudelei unnötig und ebenfalls die göttlichen Wutanfälle, wenn jemand ihn
und seinen Sohn infragestellen würde. Gott, der das ganze Universum geschaffen hat und alles
durchdringt, der soll sich über Menschen ärgern, wie ein kleiner absoluter deutscher Fürst im 18.
Jahrhundert über seine Untertanen? Was für ein erbärmliches Gottesbild.
Auf diesem Grund können die christlichen Kirchen dem Menschen auch nicht weismachen, dass
Gott unendlich gütig sei, sozusagen die Liebe selbst. Die Kirchen haben immer mit der Hölle gedroht. Sie haben sich immer wieder als aggressiv und sadistisch erwiesen, auch und gerade gegenüber ihnen anvertrauten Kindern.
Jahve verbündet sich mit einem bestimmten Volk gegen andere Völker
und lässt Verbrechen gegen andere Völker und Religionsangehörige ausdrücklich zu oder ordnet sie
sogar an. Aber wenn Gottes Volk mal in der Verehrung nachlässt, dann schickt er ihm den Feind auf
den Hals. Das Christentum hat die diese Parteinahme universalisiert: Es kommt nur noch auf das religiöse Bekenntnis, die Mitgliedschaft, an, und nicht mehr auf die Abstammung und Volkszugehörigkeit. Das stimmt im Detail dann aber auch nicht so ganz. In Spanien wurden bekehrte Moslems
trotzdem vertrieben.
Auf jeden Fall gehört zum Monotheismus ein Freund-Feind-Denken. Könige, Propheten, Heilige
flehen zu Gott, um vor den Feinden beschützt zu werden. Gott mit uns. Gott schlägt sich auf die
Seite der Guten, und die Guten sind wir.
Nur erleben wir täglich, dass sympathische Menschen krank werden, Schmerzen haben, Verbrechen
zum Opfer fallen und Schufte in Saus und Braus leben. Macht Gott das? Oder hat man dazu den
Teufel erfunden? Wozu hat Gott in seiner perfekten Schöpfung einen Teufel nötig? Oder ist das
Schicksal einzelner Menschen einfach Zufall? Ja, der Zufall ist der größte Feind Gottes, die Statistik, die Evolution, die Unberechenbarkeit.
Was haben die Juden denn angestellt, dass ihr Gott sie so furchtbar allein gelassen und dem Feind
überlassen hat? Macht nichts, sie beten weiter.
Lieber die Unberechenbarkeit eines Gottes ertragen als die Willkür des Zufalls.
Die Menschen brauchen Halt, Erklärungen für das Unsichere, Ungerechte. Und da wird auf Deubelkommheraus an Gott festgehalten. An dem christlichen oder moslemischen oder jüdischen Gott. Gegen wissenschaftliche Erkenntnisse, gegen die Alltagserfahrung. Es regnet beim päpstlichen Ostersegen. Ein Kran fällt auf die Moslems, die um die Kaaba marschieren. Na und?
Jahve kommuniziert unklar bis gar nicht.
Er kommuniziert nur mit Heiligen, Propheten, Gottessöhnen. Obwohl Millionen zu ihm beten, gibt
es keine klaren ordentlichen Antworten. Deshalb ist es auch ein Leichtes, dass die Mosesse, die Jesusse, die Paulusse, die Mohammeds uns jeden Quatsch erzählen können, dem wir Folge leisten sollen. Warum kann der Allmächtige sich nicht klar zu erkennen geben und ordentliche Gespräche und
eindeutige Anweisungen geben?
Weil es diesen Jahve/Allah/Gotttvater nicht gibt. Jahve ist eine psychologisch begründbare Märchenfigur, die Eigenschaften die ihm zugeschrieben werden, sind die eines absoluten Fürsten, der
keine Legitimation braucht. Die Religion ist daher beliebig. Damit nicht jeder etwas anderes glaubt
und um den Laden zusammenzuhalten, muss man Gewalt anwenden und/oder die Leute ungebildet
halten. oder: die Gläubigen pflegen selber die Bildungsferne, indem sie immer rituell-unkritisch ihre
heiligen Bücher studieren statt ihre naturwissenschaftliche und philosophische Bildung zu pflegen.
Bildung gilt als Teufelswerk.
Wenn Jahve oder Allah ein absoluter Fürst ist, wird auch klar, warum die Religion demokratie- und
forschritts-unverträglich ist. Wenn man sie wörtlich nimmt.
Die Christen vereinnahmen das Karitative für sich, als hätten sie die
Menschenliebe erfunden.
Kommet her, die ihr mühselig und beladen seid. Sie besetzen nicht nur dieses Thema, sie gehen sogar wo weit, dass sie uns glauben machen wollen, es würde kein ethisch verantwortungsvolles Verhalten zwischen den Menschen geben, wenn sie nicht an Jahve glauben. Wer nicht glaubt, ist gottlos, verantwortungs-los.
Das ist eine propandistische Meisterleistung, die dem monothistisch aufgwachsenen Menschen tief
im Herzen verankert wurde. Atheistisch-egoistisch. Christlich-menschenliebend.
Jedem Christen seine eigene Religion?
Nun kann man ja als evangelischer Christ sich seinen eigenen Reim auf Gott und die Welt machen.
Man kann zum Beispiel sagen: ich finde die Bergpredigt gut und viele Gleichnisse des Jesus von
Nazareth. Aber ich glaube nicht, dass dieser halbtot gefolterte und am Kreuz verreckte Mensch nach
drei Tagen wieder herumgelaufen ist, mit bestens verheilten Narben in Händen und Füßen und in
der Seite. Ich glaube, dass diese Dinge symbolisch gemeint sind.
Liebe Leute, das geht nicht, im Gottesdienst wird dir das ganz konkrete Glaubensbekenntnis abverlangt. Da kann nicht jeder seine eigene Religion machen. Dafür wurde man früher hingerichtet!
Was ist die Konsequenz?
Der propagandistische Versuch der Kirchen und Moscheen, die Moral, die Güte, die Ethik, das Gesetz exklusiv für sich zu beanspruchen, ist abzulehnen. Ebenso, einen despotischen Gott zu verehren.
Ein Gott, der wirklich allmächtig ist und substanziell anders als die Menschen, ist auf menschliches
Lob nicht angewiesen, Ignorieren oder Beleidigen durch Menschen dürfte Gott ebenso egal sein.
Wem danach ist, kann Gott loben, ein echter Gott braucht das nicht.
Religion war und ist ausschließlich diesseitig interessengeleitet. Es ging immer wieder um das Beherrschen anderer, Legitimation von Verbrechen gegen zu Feinden Erklärte, um die Legitimation
von Kriegen. Kriege sind Verbrechen. Es ging nie in erster Linie um ethische Verbesserungen im
Zusammenleben.
Ist ein Wandel möglich?
Offene Fragen statt Dogmen.
Die Menschen haben im Erkennen der Welt riesengroße Fortschritte gemacht. Aber wir wissen immer noch nicht, warum wir sind, was Bewusstsein ist, ob es eine Bewusstseinsform vor und nach
dem Tode gibt, einen Sinn in dem Ganzen. Es hilft auch nicht viel weiter, einfach zu sagen, die
Sinnfrage sei unsinnig. Warum stecke ich mein Leben lang in diesem einen Körper und erlösche
dann mit meinem Körper. Oder erlösche ich gar nicht? War ich vorher auch schon irgendwie da?
Wir wissen immer noch nicht viel über die eigentlichen Daseins-Fragen, aber das ist noch lange
kein Grund, den alten monotheistischen Märchen auf den Leim zu gehen und Antworten zu akzeptieren, die keine sind.
© Uwe Wiest, Delmenhorst, Dezember 2015