Wussten Sie, dass Petra Johann promovierte Mathematikerin ist? Wie kamen Sie zum Schreiben? Zu viel Phantasie, die in geordnete Bahnen gelenkt werden muss. Was inspiriert Sie? Wie finden Sie Ihre Themen? Alles Mögliche und überall. Besonderes Interesse an ethischen Fragen/Dilemmata. Konkretere Antwort gewünscht? Gern. In meinem Roman Der Preis für kein Kind ging es um Reproduktionsmedizin. Da ich selbst keine Kinder möchte, habe ich mich mit der Frage beschäftigt, warum das bei anderen Frauen so anders ist. Darüber kam ich schnell auf die Frage, wie weit Frauen für ein eigenes Kind zu gehen bereit sind, und darüber natürlich schnell zur Reproduktionsmedizin. Besonders spannend finde ich da die Frage, ob man alles, was technisch möglich ist, auch machen/erlauben sollte. Windflüchter spielte an der Ostsee. Als ich mal dort oben war, sah ich einen Gedenkstein, der an einige Soldaten erinnerte, die im Mai 1945 am Tag nach (!) der Kapitulation der Deutschen Wehrmacht wegen Fahnenflucht hingerichtet worden waren. Danach begann ich das Thema Wehrmachtsdeserteure zu recherchieren, das in Windflüchter auch eine Rolle spielt. In Schatten der Schuld geht es um eine komplizierte Freundschaft. Zwei Freunde, deren Freundschaft auf komplizierte Weise endete, treffen sich nach drei Jahren wieder und müssen sich gemeinsam ihrer Vergangenheit stellen. Generell finde ich zwischenmenschliche Beziehungen/Konflikte sehr interessant, und ich finde es immer spannend, wenn Menschen, zwischen denen noch einiges aufgearbeitet werden muss, sich wiedertreffen. Was war bisher am schwierigsten für Sie zu schreiben? Generell finde ich Szenen, in denen ich dem Leser längere Erklärungen geben muss, schwer zu schreiben. Ich finde es schwierig, sie lebendig und interessant zu gestalten. Am besten wäre es vermutlich, solche Szenen ganz zu vermeiden, aber da meine Bücher tendenziell sehr dicht und komplex sind, schaffe ich das nicht immer. Deshalb hatte ich in Schatten der Schuld mit den Kapiteln „Schwesternliebe“ und „Das jüngste Gericht“ die meisten Schwierigkeiten. Haben Sie eine Lieblingsszene in Schatten der Schuld? Alle Szenen, in denen Charly und Mick aufeinandertreffen, besonders die, wo sie sich nach drei Jahren wiedersehen und gleich mal prügeln. Das ist so herrlich explosiv. Haben Sie eine Lieblingsfigur? Viele, besonders mag ich Jill und Simon Haffner. Generell mag ich meine Nebenfiguren immer lieber als die Hauptfiguren, weil sie weniger Ärger beim Schreiben machen. Gibt es bestimmte geographische Orte, zu denen Sie oder Ihr Buch einen besonderen Bezug haben? Meine Bücher spielen oft in Orten, an denen ich mal gelebt habe (z.B. Aachen, ein fiktives Grafing) oder an der Ostsee, weil ich die See lieber mag als die Berge. Generell finde ich Bayern kriminalistisch nicht sehr inspirierend, obwohl ich mir immer vornehme, noch ein Buch zu schreiben, das hier spielt, weil’s die Recherche leichter macht. Was lesen Sie selber gerne? Kriminalromane und spannend geschriebene gute (!) Sachbücher, z.B. gerade die Bismarck-Biografie von Erich Eyck. Ein absoluter Favorit auch Fermats letzter Satz von Simon Singh. Wer sind Ihre Lieblingsautoren? P.G. Wodehouse, Reginald Hill, Agatha Christie, Minette Walters, Tana French, ... Wer sind Ihre liebsten Romanhelden/-heldinnen? Ellie Pascoe von Reginald Hill; Jeeves von Wodehouse; Möchten Sie uns 3 Bücher für die einsame Insel empfehlen? Ein Jeeves-Buch von Wodehouse (welches ist egal, da sie alle mehr oder weniger dieselbe Handlung haben, kein Scherz!); Sturz ins Leere von Joe Simpson (für den Fall, dass man unfreiwillig auf der Insel ist und Motivation benötigt, sich aus einer ausweglos erscheinenden Situation zu befreien); Was vom Tage übrigblieb von Kazuo Ishiguro (weil ich es toll finde und weil mich als Schriftstellerin ja niemand ernst nehmen würde, wenn sich nicht wenigstens ein „anspruchsvolles literarisches Werk“ auf dieser Liste fände) Welche menschliche Leistung des letzten Jahrhunderts bewundern Sie am meisten? Solche vagen Fragen dürfen Sie Mathematikern nicht stellen. Die wollen dann erst, dass eine Auflistung sämtlicher in Frage kommender Leistungen gemacht wird und dass der schwammige Begriff „bewundern“ exakt definiert wird, und sagen dann nach reiflicher Überlegung, dass es unmöglich ist oder unverantwortlich wäre, diese Leistungen in eine Reihenfolge der Bewunderung zu bringen. Ihre Petra Johann © Verlagsgruppe Random House
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