Weltgebetstag 2016 – Kuba „Nehmt Kinder auf und ihr nehmt mich auf“ Renate Klingler (Kontakt: [email protected]) Ansprache zu Mk 10,13-16 (Die Ansprache ordnet sich ein anstelle oder nach dem von den kubanischen Frauen angeregten Austausch – Liturgieheft S.14.) Auf einmal waren Tränen in ihren Augen. Die Frauen hatten von ihrer Arbeit, den Aufgaben und Aktionen des Centro Cristiano de Reflexión y Dialogo (des christlichen Zentrums für Reflexion und Dialog) in Kuba berichtet, viele Rückfragen beantwortet, die Versammlung löste sich auf. Man stand noch in kleiner Runde beieinander. Und dann fragte jemand nach ihren Kindern. „Sie sind alle weg.“ „Wir hoffen so sehr, dass sich die Verhältnisse so ändern, dass sie zurückkommen können.“ „Die Kinder sind doch unsere Zukunft.“ Und dann erschütterte uns Umstehende, wie sie – unter Tränen – die abendlichen Szenen auf dem großen Platz von Cárdenas schilderten, auf dem es eine WLAN-Verbindung zu den vielen im Ausland lebenden Kindern gibt. Liebe mitfeiernden Weltgebetstagsfrauen, „Die Kinder sind doch unsre Zukunft.“ – Kinder stellen die kubanischen Weltgebetstagsfrauen heute auch hier bei uns in unsere Mitte. Sie erzählen von ihrem Glauben, ihrem Vertrauen, ihrer Freude. Sie erinnern uns daran, wie sehr wir – als Mütter oder Großmütter – Kinder prägen in ihrem Glauben, ihrem Vertrauen, ihrer Freude. Sie laden ein, dass wir uns anstecken lassen von ihrem Glauben, ihrem Vertrauen, ihrer Freude. Wehren wir heftig ab – wie die Jünger. Fürchten wir die Unruhe und den Lärm? Erschrecken wir vor dem Gedanken, so abhängig angewiesen zu sein wie ein Kind? Haben wir Angst davor, unser Planen und Sorgen aus der Hand zu geben und vertrauensvoll Glauben zu leben? Jesus reagiert aufgebracht, verärgert. „Wie könnt ihr nur? Steht doch den Kindern nicht im Weg auf ihrem Weg zu mir! Hindert sie doch nicht, zerstört doch nicht ihr Vertrauen!“ Kennen Sie das auch? Manchmal, in sorgenvoll belasteten Situationen kann es sein, dass wir am Bett eines Kindes stehen und uns dabei ihren seligen, vertrauensvollen Schlaf wünschen. Manchmal, wenn wir nicht mehr weiter wissen, kann uns ein Kind zum Lehrmeister werden in seinem unerschütterlichen Vertrauen auf unseren Heiland. Jesus schützt und stärkt die Kinder. Und darüber hinaus stellt er sie als einladendes Beispiel in unsere Mitte: „Menschen, wie ihnen gehört das Reich Gottes!“ Von diesem Reich, der neuen Wirklichkeit Gottes, erzählt Jesaja in wohltuend warmen Bildern. Die kubanischen Frauen stellen diese Vision ganz bewusst unserem Abschnitt voraus. Gerecht, sorglos, angstfrei lebt es sich im Reich Gottes. Alles ist gut. Sind wir nicht schon wieder geneigt, diese „heile Welt“ als unerfüllbare Utopie auf die Seite zu schieben? Nüchtern betrachtet lehren uns unsere Alltage, diese unsere Welt doch ganz anderes: so vieles ist nicht gut. Aus Kriegsgebieten fliehen verzweifelte Menschen, junge Leute haben in ihrer Heimat keine Perspektive und gehen fort, wir fügen einander Angst und Leid zu. Wir sind „erwachsen“ geworden. Doch Mütter und Großmütter haben in Kuba in Jahrzehnten des staatlichen Atheismus Glauben durchgehalten und weitergegeben. Menschen dort, hier und weltweit machen sich auf, Brücken zu bauen, zu helfen, Veränderungen zu bewirken. „Wir hoffen so sehr, dass sich die Verhältnisse ändern …“ Welche Vision prägt unser Handeln? Die Jesaja aufgetragene Verheißung des Reiches Gottes, seiner neuen Wirklichkeit, eines Landes „erfüllt von der Erkenntnis des Herrn“, gilt – nach wie vor, immer noch, heute und morgen! Im Kommen Jesu hat es seinen Anfang genommen. Als schwaches, verletzbares, wehrloses Kind neigt sich Gott seinen Menschen zu – mitten unter uns. Trauen wir ihm? Was antworten Sie auf die Frage „Sollte Gott etwas unmöglich sein?“? – „Wer das Reich Gottes nicht so annimmt, wie ein Kind, der wird nicht hineinkommen.“ Die kubanischen Frauen heißen uns zu beten:„Gib uns Hoffnung“, „verwandle uns“, „befreie uns“. Mit ihnen bitten wir unseren himmlischen Vater um eine andere Haltung, um ein kindliches Vertrauen, um ein unerschütterliches Zutrauen in seine Macht, in seine Größe, in seinen Willen, dieses sein Reich mitten unter uns zu bauen. Komm, Herr Jesu, kehre bei uns ein. Hoffnungsvoll, verwandelt, befreit stellen wir uns in kindlichem Vertrauen unter Gottes Segen. „Und er nahm die Kinder in seine Arme, dann legte er ihnen die Hände auf und segnete sie.“ Amen.
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