Aufbruch auf Kuba?

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Ausgabe 10 | 9. Dezember 2015
Aufbruch auf Kuba?
Oskar Hartmann
Abteilungsdirektor
­Außenhandelsfinanzierung,
Landesbank HessenThüringen (Helaba)
Der karibische Inselstaat in unmittelbarer Nachbarschaft zu den USA leidet seit mehr als 50 Jahren unter einem Handelsembargo
des nördlichen Nachbarn. Doch nun ist Bewegung in das schwierige Verhältnis der beiden ungleichen Partner gekommen. Die ersten
Lockerungen lassen US-amerikanische Firmen aufhorchen. Auch deutsche Unternehmen können von der Annäherung profitieren.
Denn die dadurch ausgelösten Investitionen und eine Verbesserung der Rahmenbedingungen kommen auch ihnen zugute.
© gustavofrazao/iStock/Thinkstock/Getty Images
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Tourismus weist den Weg: Als Urlaubsziel erfreut sich Kuba bereits großer Beliebtheit.
Es kursiert die Legende, dass Fidel Castro
1960 im Revolutionsrat fragte, ob ein Ökonom (economista) anwesend sei. Der
unaufmerksame Che Guevara verstand
„comunista“ und meldete sich. Darauf
Fidel:„Gut, dann übernimmst du die Banco
Nacional!“ Wir wissen nicht, ob es sich so
zugetragen hat. Bekannt ist, dass es 1961
zur sog. Kuba-Krise kam und dass seit
damals das US-Handelsembargo gegen
Kuba in Kraft ist.
Mehr als ein halbes Jahrhundert später, im
Dezember 2014, gaben die USA und Kuba
bekannt, dass sie den Kalten Krieg beenden wollen. Inzwischen wurden wieder
Botschafter ausgetauscht – und die Welt
schaut erneut gebannt nach Havanna:
Werden die USA ihr seit 54 Jahren geltendes Embargo aufheben, und wird das Castro-Regime im Gegenzug die Wirtschaft
liberalisieren? Wann wird der Annäherungsprozess konkret im kubanischen All-
tag spürbar sein? In Europa fragt man sich
zudem, ob die Öffnung der Inselrepublik
ein rein amerikanisches Geschäft werden
wird oder ob auch Europa partizipieren
kann.
ist die Planwirtschaft Kubas jedoch auf
Maschinen und Ausrüstungen angewiesen, die aus Industrieländern importiert
werden. Das deutsche Interesse an Kuba
konzentriert sich u. a. auf Medizin- und
Energietechnik, Pumpen, Haustechnik,
Erdbewegungsgeräte und Fahrzeuge. Die
Landesbank Hessen-Thüringen bietet seit
einigen Jahren den Hermes-gedeckten
Ankauf von Akkreditivforderungen an,
ggf. verbunden mit einer Forfaitierung.
Die Finanzierung der Lieferungen wird
häufig auf der Basis Hermes-gedeckter
Akkreditivforderungen (ABR-Deckung)
übernommen und ersetzt damit Kreditgewährungen, die auf barunterlegten oder
unbesicherten Akkreditivbestätigungen
basieren. Auch langfristige Bestellerkreditfinanzierungen unter Hermesdeckung
werden aus der Industrie wieder nachgefragt. Wir erwarten deshalb eine zunehmende Normalisierung der Finanzierungsbedingungen für Kuba.
Finanzierungen verfügbar
Auch deutsche Firmen profitieren
Kubas Haupteinnahmequellen für Devisen sind der Tourismus aus dem Ausland
und der Nickelexport. In beiden Bereichen
Gute Chancen für einen nahezu neuen
Markt sehen wir im Zusammenhang mit
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Nach unseren Erkenntnissen müssen die
kubanischen Unternehmen zurzeit noch
einen aufwendigen bürokratischen Prozess durchlaufen, bis feststeht, welche
Investitionsgüter von welchen Lieferanten und mit welcher Finanzierung im Ausland bestellt werden können. Da ist zum
einen das Unternehmen, das die Geräte
unmittelbar benötigt. Meist muss noch
„Im Idealfall führt diese Annäherung
zu einer Auflösung des Embargos
und ermöglicht der deutschen
Exportindustrie neue Investitions­
standorte und Absatzmärkte. “
eine Einkaufsgesellschaft (staatliches
Importunternehmen) zwischengeschaltet
werden. Je nach Branche sind den Unternehmen ein oder mehrere Ministerien
vorgesetzt, die sich untereinander über
den Investitionsbedarf einigen müssen.
Somit gilt der Plan erst dann, wenn die
Investition einvernehmlich im Wirt-
schaftsministerium genehmigt und für
ein Kalenderjahr fest in den Haushalt eingestellt worden ist. Im nächsten Schritt
erhält dann eine der kubanischen Banken
die Anweisung vom Ministerium, je nach
Bedarf eine kurz- oder langfristige Finanzierung für das Projekt darzustellen. Die
kubanischen Banken betonen – und das
können wir aus langjähriger Erfahrung
bestätigen –, dass am Ende jeder einzelnen Investitionsplanung zuverlässige
Plangrößen stehen, was die Sicherheit der
Kredittilgungen deutlich erhöhe.
Exportfinanzierung. Eine Limitierung bilden die Hermes-Plafonds für kurzfristige
Geschäfte (25 Mio EUR) und für langfristige Kredite (50 Mio EUR). Da beide Plafonds fast völlig erschöpft sind, müssen
deutsche Exporteure immer wieder auf
Zuteilung warten. Zu wünschen wäre,
dass der Bund die Plafonds aufstockt,
nicht zuletzt, weil die Frage der Altschulden gegenüber Deutschland geregelt ist
und die Investitionssteuerung sich in
Kuba zwischenzeitlich verlässlich an den
Einnahmen orientiert.
Korrespondenzbanken vorhanden
Exportinteresse ist ausreichend vorhanden. Ein Zeichen dafür ist die seit 1983
jährlich stattfindende Internationale
Messe in Havanna, die sich neben den
spanischen Ausstellern auch reger deutscher Mittelstandsbeteiligung erfreut.
Die kubanischen Banken sind fast alle im
Staatseigentum, und jede hat ihre besondere Aufgabe. Wettbewerb zwischen den
Instituten findet nicht statt, da sich alle
Banken an die vom Staat vorgegebene
Arbeitsteilung halten. Die traditionelle
kubanische Bank heißt Banco Nacional de
Cuba (BNC), die bis 1997 auch die Zentralbankfunktion ausübte und deshalb die
kubanischen Auslandsschulden verwaltet. Damit steht sie besonders im Fokus
des US-Embargos. Für den Ausbau der
langfristigen Importfinanzierungen (aus
deutscher Sicht Exportfinanzierung)
gründete der kubanische Staat 1999 das
Spezialinstitut Banco Exterior de Cuba
(BEC), das von den europäischen ECAs
weitgehend anerkannt wird.
Die deutsche Euler Hermes akzeptiert
derzeit ausschließlich die beiden o. a. Banken als Kreditnehmer der deutschen
Fidel Castros legendäre Frage – „Ist ein
Ökonom hier?“ – stellt sich für ganz Kuba
erneut. Wirtschaftlicher Sachverstand
wird vonnöten sein, um Kubas innere und
äußere Isolierung zu überwinden. Die
deutsche Exportwirtschaft ist hochgradig
daran interessiert, einen Aufbruch Kubas
mit zuverlässiger Technologie, Maschinen
und Anlagen sowie strategischen Investitionen zu begleiten. Deutschland genießt
in Kuba einen guten Ruf. Es soll mindestens 30.000 Kubaner geben, die aufgrund
der Beziehungen zur einstigen DDR die
deutsche Sprache verstehen und sprechen. Dieses Potential werden deutsche
Industrieunternehmen sicherlich nutzen
können.
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der Annäherung der USA und Kubas. Im
Idealfall führt diese Annäherung zu einer
Auflösung des Embargos und ermöglicht
der deutschen Exportindustrie neue
Investitionsstandorte und Absatzmärkte.
Dieser Prozess muss allerdings nachhaltig
durch eine Anpassung der kubanischen
Investitionsbedingungen und eine langfristige Steuerung der Deviseneinnahmen
flankiert werden.
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