Laser-Kunststoffschweißen verändert Produktionsprozesse

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Laser-Kunststoffschweißen
verändert Produktionsprozesse
D
as Laserschweißen von thermoplastischen Kunststoffen ist etabliert. Die Technologie lässt sich etwa auf das
Jahr 2000 zurückführen – damals gründeten sich erste
Unternehmen aus dem universitären Umfeld der Universität
Erlangen-Nürnberg. Das Prinzip des Laser-Durchstrahlschweißens gilt noch heute, und es unterscheidet sich wesentlich vom herkömmlichen Schweißen. Dort wird ausgehend von
der Oberfläche eine Schmelze erzeugt und durch den oberen
Fügepartner bis in das darunterliegende Bauteil erweitert. Damit sind immer Schweißmarken auf der Oberfläche sichtbar.
Beim Laser-Kunststoffschweißen werden ein lasertransparenter und ein laserabsorbierender Werkstoff zusammengeschweißt. Die Laserstrahlung dringt durch den oberen Fügepartner in die Fügezone und wird dort vom unteren Fügepartner an dessen Oberfläche absorbiert. Der untere Teil der
Schweißnaht wird bis zum Aufschmelzen erwärmt.
Durch Wärmeübertragung übernimmt der obere Fügepartner
die Energie und erwärmt sich so weit, dass Molekülketten im
Berührungsbereich diffundieren. Nach dem Abkühlen ent-
Das Laser-Kunststoffschweißen
ist eine Erfolgsgeschichte mit
drei wesentlichen Vorteilen: Es
ist besonders wirtschaftlich, es
bietet eine gesicherte Qualität
und ermöglicht neuartige Produktlayouts und hat sich in den
letzten 15 Jahren mit den Anforderungen der Industrie stetig
weiterentwickelt.
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Beim Laser-Durchstrahlschweißen erfolgt die Plastifizierung ausschließlich in der Fügezone.
steht eine stoffschlüssige Verbindung. Die Festigkeiten einer
Laserschweißnaht sind denen im vollen Material ähnlich und
erreichen nahezu Schweißfaktor 1. Diese Technologie wird
auch als Laser-Durchstrahlschweißen bezeichnet.
Grundsätzlich lassen sich fast alle thermoplastischen Kunststoffe sicher fügen, sofern die thermischen Bearbeitungsfenster dies zulassen. Das bedeutet: Beide beteiligte Fügepartner müssen in einem ausreichend breiten gemeinsamen
Temperaturbereich aufschmelzen. Bei gleichartigen Kunststoffen ist dies selten ein Problem. Die üblichen Kunststoffe
sind in ihrer natürlichen Form meist ausreichend lasertransparent als obere Fügepartner. Farbpartikel oder Ruß, die dem
Kunststoff des unteren Fügepartners beigegeben werden, erhöhen dessen Absorptionsraten.
Die eingesetzten Laserquellen weisen üblicherweise Laserwellenlängen im Nahen Infrarotbereich (NIR) auf – zwischen
800 und 1100 µm – und Leistungen zwischen 30 und 600
Watt. Dabei haben moderne, wartungsarme Dioden- oder Faserlaser die lampengepumpten und damit anfälligen Laserquellen der Anfangsphase vollständig ersetzt.
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Da die Laserstrahlung im nicht sichtbaren Bereich liegt, können auch Kunststoffe gefügt werden, die optisch undurchsichtig erscheinen. Das erhöht die Flexibilität. In umfangreichen Messreihen wurden optimale Laserparameter für unterschiedliche Kunststoff- und Farbkombinationen ermittelt.
Laser-Durchstrahlschweißen im Vergleich mit
herkömmlichen Fügeverfahren
Alle Verfahren zum Fügen
von Kunststoffen haben individuelle Stärken und
Schwächen.
Je
nach
Stückzahl eines Produkts
fließen die Vorlaufkosten in
die
Gesamtkostenrechnung ein. Die Anschaffungskosten moderner Laserschweißsysteme nähern
sich zunehmend denen anderer Verfahren an. Das Laserverfahren punktet klar
bei den Werkzeugkosten,
Feine Schweißnähte ohne Beeinden Verbrauchsmaterialien
trächtigung der Bauteile – hier ein
und verschleißbedingten
Kunststoff-Bauteil zur präzisen
Aufwänden. Im Gegensatz
Dosierung flüssiger Medikamente.
zu Vergusstechnik und Klebetechnologien benötigt das Laser-schweißen keine Zusatzwerkstoffe und es werden keine Partikel freigesetzt. Daneben
entfallen Reinigungsaufwendungen, weil Werkzeuge nicht mit
flüssigen Werkstoffen in Kontakt kommen.
Da keine nennenswerten mechanischen, dynamischen und
thermischen Belastungen auf Fügesystem und Bauteile wirken, sind zum Beispiel die Spannwerkzeuge und Bauteilaufnahmen zumeist einfach konstruiert und lassen sich schnell
austauschen. Dies und die softwaregesteuerten Laserwege erlauben wirtschaftliche Produktionsabläufe auch bei hoher
Bauteilvielfalt.
Unter der Lupe: Links eine Schweißnaht aus dem Laser-Durchstrahlschweißen, rechts das Vibrationsschweißen in gleicher Vergrößerung
[150-fach].
Das Laser-Schweißsystem ist nahezu wartungsfrei und kann
mit Funktionen zur Prozessüberwachung ausgestattet werden. Der Vorteil: Das Lasersystem kann Unregelmäßigkeiten
im laufenden Prozess erkennen, und durch die Trennung von
Gut- und Schlechtteilen Produktionsqualität gewährleisten.
Außerdem lassen sich alle Parameter erfassen und für ein lückenloses Tracking & Tracing übernehmen.
Die geforderten Produkteigenschaften sind ein weiteres Auswahlkriterium für die Fügeverfahren. Durch eine Inline-Prozesskontrolle kann bei lasergeschweißten Bauteilen eine separate Dichtigkeitsprüfung entfallen. Ein wichtiger Aspekt für
anspruchsvolle Bauteile ist die mikrostrukturelle Qualität der
Fügezone. Beim Laser-Durchstrahlschweißen treten anders
als bei Reibverfahren keine Partikel auf, es werden keine Zusatzstoffe in die Bauteile eingebracht und die Schweißnähte
genügen höchsten optischen Ansprüchen – ein wesentlicher
Vorteil bei Schweißungen im unmittelbaren Sichtbereich.
Als Fazit kann gelten: Mit steigenden Ansprüchen an die Qualität der Schweißung und bei empfindlichen Bauteilen hat
sich das Laser-Durchstrahlschweißen eine bevorzugte Position erarbeitet. Wichtige entscheidungsrelevante Argumente
für die Laserschweißtechnologie sind die um bis zu ein Drittel
geringeren projektspezifischen Kosten, die größere Flexibilität der Anlagen, die integrierte Prozesskontrolle und die bessere Ausbeute an Gutteilen, auch bei schwankender Qualität
der Vorprodukte.
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Vertrauen ist gut.
High-End Objektive und Filter sind besser.
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Stärken und Schwächen gängiger Verfahren zum Fügen von Kunststoffbauteilen im Vergleich.
Laserschweißen für die Mikrofluidik
Vor wenigen Jahren mussten Patienten beim Arztbesuch noch
einige Tage auf Laborergebnisse waren – heute übernehmen
Mini-Labore diese Aufgabe. Ein Tropfen Blut wird auf eine
Kartusche gegeben, und das Analysegerät wertet die benötigten Daten nach wenigen Minuten aus.
Dies ist ein Anwendungsgebiet der Mikrofluidik. Bei mikrofluidischen Systemen sind
feine, hochpräzise Kanäle angeordnet. Diese Kanäle müssen abgeschlossen werden.
Für viele Anwendungen ist
transparentes Material erforderlich, weil die Auswertung
der Reaktionen optisch erfolgt. Auch dabei liefert ein
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spezielles Laser-Schweißverfahren gute Dienste. Beim LPKF
ClearJoining durchstrahlt ein Laser mit 2 µm Wellenlänge die
beiden Fügepartner und fokussiert die Laserenergie exakt in
der Schweißebene. Dann reicht der geringe Absorptionswert
des Kunststoffs für eine sichere Schweißung aus. Durch eine
spezielle Überdruck-Spanntechnik kann oft auf spezifische
Werkzeuge verzichtet werden. Diese Spanntechnik gleicht
Aufwölbungen aus, die beim Anlegen der Kanäle entstehen.
KONTAKT
LPKF Laser & Electronics AG
D-90765 Fürth
Tel.: +49 (911) 669859-0
Fax: +49 (911) 669859-77
www.lpkf.com
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