Schöner Schreiben im

Datum: 14.01.2016
Thema: Schöner Schreiben im Büro
Bereich: Kommunikation
Quelle: Süddeutsche Zeitung
Autor:
Von Sarah Schmidt
www.idoneum-point.ch
Schöner Schreiben im Büro
Von Sarah Schmidt
Sarah Schmidt, Jahrgang 1985, hat Wirtschaftspsychologie in Lüneburg und Ankara studiert. Bevor eine
Verkettung glücklicher Zufälle sie an die Deutsche Journalistenschule brachte, hat sie drei Jahre Führungskräfte
bei Daimler geschult. Bei Süddeutsche.de ist Sarah für das Karriere-Ressort verantwortlich. Einmal die Woche
reist sie um die Welt, meist allerdings vom Schreibtisch des Reise-Ressorts aus. Als Hamburgerin weiß sie, wo
man auch in München Franzbrötchen bekommt und trotz Isar und Bergen vermisst sie ab und an das Meer.
Sie ist die gute alte Tante der digitalen Kommunikation. Kein Social-Media-Hype, keine App konnte sie bislang
vom Online-Thron stoßen. Die E-Mail ist (und bleibt aller Voraussicht nach noch ein Weilchen) der Standard.
Privat mag man sich mit den Freunden vielleicht lieber Whatsapp-Nachrichten schicken oder den Feierabend in
der Facebook-Gruppe planen - in der Arbeitswelt führt immer noch kein Weg vorbei an der Elektro-Post.
Zwar gibt es in immer mehr Firmen Plattform-Lösungen und Chatfunktionen - aber spätestens wenn über die
Unternehmensgrenzen hinaus mit Kunden, Geschäftspartnern oder Auftraggebern kommuniziert werden soll, ist
die Mail das Mittel der Wahl. 98 Prozent der Arbeitnehmer nutzen einer Studie der Forschungsgruppe
Kooperationssysteme München zufolge täglich Mails - Instant Messenger sind bei nur halb so vielen Personen
im Dauereinsatz.
Angesichts der E-Mail-Flut, die sich jeden Tag in die Postfächer ergießt, bleibt Frust jedoch nicht aus. Mehr als
110 geschäftliche Mails sendet und empfängt der durchschnittliche Berufstätige Studien zufolge täglich.
Einerseits ist die E-Mail also Alltag, andererseits kann man sich mit einer ansprechenden Gestaltung positiv aus
der Masse der Nachrichten abheben. Was gibt es aktuell bei Anrede und Begrüßung, bei Aufbau, Länge und Stil
zu beachten?
Tipp Nummer 1: Das richtige Medium für den richtigen Zweck
"Eine E-Mail ist kein Schweizer Taschenmesser", sagt Yann Ormanns, der an der Universität Göttingen zum
Thema E-Mail-Kommunikation forscht. Nicht für jeden Zweck ist der "Elektro-Brief" das beste Medium. Gut
geeignet ist die Mail, wenn es darum geht, andere zu informieren oder einfache Sachverhalte zu kommunizieren.
Schlecht geeignet immer dann, wenn es um komplexe Themen geht, mehrere Personen beteiligt sind und
Abstimmungen oder gar Diskussionen notwendig sind. In einer Verhandlung mit mehreren strittigen Punkten sei
es viel besser, sich eine halbe Stunde an einen Tisch zu setzen, so Ormanns.
Jeder, der schon einmal versucht hat, mit mehr als drei Personen ein Treffen per Mail zu vereinbaren, weiß,
warum Terminplanungstools wie Doodle großen Erfolg haben. Auch die gemeinsame Bearbeitung eines
Dokuments erfolgt oft besser über eine für alle zugängliche Plattform, statt sich immer wieder unterschiedliche
Bearbeitungsstände hin und her zu mailen.
Und auch in der Eins-zu-eins-Kommunikation sei in vielen Fällen das persönliche Gespräch überlegen, sagt die
Kommunikationsberaterin Martina Dressel, die Ratgeber zum Thema E-Mail-Verkehr geschrieben hat. Wer
gleich zum Telefonhörer greift, erspart sich häufig Missverständnisse und komplexen Frage-AntwortMailverkehr. Gerade zur Klärung von Konflikten, so Dressel, ist die Mail ungeeignet. Viel zu leicht bekommt
man etwas in den falschen Hals, wenn man nur den geschriebenen Text liest.
Tipp Nummer 2: Keine Ironie und Sarkasmus
Ihre größte Schwäche teilt die E-Mail mit allen anderen Formen der schriftlichen Kommunikation: Es fehlen die
Ebenen der nonverbalen Kommunikation, also Betonung, Mimik, Gestik und Stimmlage. Von Ironie und
Sarkasmus ist in E-Mails daher abzuraten - da sind sich die Kommunikationsexperten einig. Viel zu groß sei die
Gefahr, dass der Empfänger den Inhalt der Nachricht ganz anders auffasst, als der Empfänger ihn gemeint hat.
Eine Möglichkeit, die nonverbalen Botschaften zu ergänzen, sind Emoticons. In offiziellen Geschäftsmails haben
die Smileys zwar nichts zu suchen, so die Kommunikationsexpertin Dressel. Doch im lockeren Austausch mit
Kollegen seien die kleinen Symbole durchaus etabliert. "Das ist jedoch Typ- und Geschmackssache",
sagt Dressel.
Tipp Nummer 3: Den Zeitaufwand des Empfängers möglichst gering halten
Pling! Jede E-Mail ist eine potenzielle Unterbrechung der Konzentration und des Arbeitsflusses.
Sozialwissenschaftler Yann Ormanns, der ein Online-Training für den Umgang mit Mails entwickelt hat, rät
daher, schon beim Verfassen einer Mail daran zu denken, dass die Nachricht nicht nur den Schreibenden Zeit
kostet, sondern auch alle Empfänger. Das bedeutet konkret, dass die Mail nur an Personen gehen sollte, für die
der Inhalt tatsächlich relevant ist. Auch Martina Dressel hält es für kontraproduktiv, ständig alle möglichen
Leute, häufig die Vorgesetzten aller Beteiligten, in CC zu setzen.
Auch die Betreffzeile sollte sinnvoll genutzt werden - kurz und knapp sollte hier klar werden, worum es geht.
Mit welchem Begriff würden Sie die Nachricht später in der Suchfunktion des Postfachs wiederfinden wollen?
Das ist ein sinnvolles Schlagwort, das in der Betreffzeile auftauchen sollte.
Auch bei der Länge einer Nachricht gilt im Zweifel: Weniger ist mehr. Wichtige Informationen sollten zu
Beginn kommen und nicht erst versteckt nach ellenlangen Ausführungen im vorletzten Halbsatz.
"Hallöchen" und "sonnige Grüße"
Tipp Nummer 4: Passen Sie den Stil an den Empfänger an
Geht "Hallo" gar nicht? Ist "Liebe/r" zu persönlich? Muss ich immer "Sehr geehrte Damen und Herren"
schreiben? Gerade beim Stil von beruflichen Mails herrscht Unsicherheit. Die schlechte Nachricht: Es gibt keine
Standardregeln. Die gute Nachricht: Es gibt Spielraum.
Kommunikationsberaterin Martina Dressel empfiehlt: "Stimmen Sie Ihre E-Mail auf den Empfänger ab und auf
den Zweck Ihrer Nachricht." Kennen Sie den Adressaten persönlich, überlegen Sie, wie Sie ihn begrüßen
würden, wenn Sie ihm im Fahrstuhl begegnen würden. Kennen Sie sich noch nicht, wählen Sie im Zweifel eine
konservativere Form. Wem "Sehr geehrter Herr XY" zu steif ist, ist mit einem "Guten Tag Herr Z" auf der
sicheren Seite.
Hier noch ein kleiner Trost: "Die perfekte Anrede gibt es nicht", sagt Dressel. "Wer sich ärgern und echauffieren
möchte, der macht das auch, egal, was Sie schreiben." Dressels eigenes Leitmotiv im Mailverkehr: "Tolerant
sein mit dem, was man bekommt, konservativ mit dem, was man sendet."
Im weiteren Mailkontakt bürgern sich oft eigene Regeln ein. Dann ist es auch einmal möglich, eine Mail mit
"Hallöchen" zu starten, ganz auf die Grußformel zu verzichten - oder gar nur über die Betreffzeile
Nachrichten auszutauschen.
Tipp Nummer 5: Menschlich bleiben, kreativ werden
Seit 2007 gelten im beruflichen Kontext für die E-Mail-Signatur dieselben speziellen Anforderungen wie für den
Geschäftsbrief. Angegeben werden müssen:



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
der vollständige Firmenname, inklusive Geschäftsform
der Sitz des Unternehmens
das Registergericht sowie die Handelsregisternummer
bei Kapitalgesellschaften die vertretungsberechtigten Personen und
bei vorhandenem Aufsichtsrat (auch Beirat oder Verwaltungsrat
Überwachungsfunktion) dessen Vorsitzende/r
mit
vergleichbarer
Über diese rechtlich geregelten Standards hinaus ist eine E-Mail jedoch eine Form menschlicher
Kommunikation. Und die darf auch menschlich und persönlich bleiben.
Kommunikationsberaterin Dressel fordert gar explizit auf, kreativ zu werden, zu variieren und zu spielen.
Beispielsweise, was die Abschiedsformulierung angeht - warum nicht, ein "erfreuliches Wochenende" oder einen
"guten Start in die Woche" wünschen oder sich mit "sonnigen Grüßen aus Berlin" verabschieden?
Tipp Nummer 6: Dem Kommunikationspartner Wertschätzung entgegenbringen
Der wichtigste Ratschlag zum Schluss: "Zeigen Sie in der E-Mail-Kommunikation Wertschätzung gegenüber
Ihrem Gesprächspartner", sagt Beraterin Martina Dressel. Das bedeute, sich zu konzentrieren, genau zu lesen,
was der andere schreibt, und einen freundlichen Ton zu wahren.
Yann Ormanns bringt seinen Studenten in diesem Kontext gern ein Zitat von Autor Elf Sternberg näher: "Guter
Ausdruck, Interpunktion und eine verständliche Formatierung sind das Online-Äquivalent des Badens." Strotzt
eine Mail nur so vor Fehlern, mache das einen "ungewaschenen Eindruck".