Umsetzung des Gemeinsamen Europäischen

Europäische Kommission - Pressemitteilung
Umsetzung des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems: EU-Kommission
geht in neun Fällen zur nächsten Verfahrensstufe über
Brüssel, 10. Februar 2016
Umsetzung des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems: EU-Kommission geht in neun
Fällen zur nächsten Verfahrensstufe über
Die Europäische Kommission hat heute in neun Fällen mit Gründen versehene Stellungnahmen wegen
unvollständiger oder mangelhafter Umsetzung des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems erlassen.
Die Beschlüsse betreffen Deutschland (2 Fälle), Estland, Slowenien (2 Fälle), Griechenland,
Frankreich, Italien und Lettland.
Die Kommission fordert Deutschland, Estland und Slowenien dringend auf, die nationalen
Maßnahmen mitzuteilen, die sie zur vollständigen Umsetzung der Asylverfahrensrichtlinie, in der
gemeinsame Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes festgelegt
sind, ergriffen haben. Deutschland ist zudem Adressat eines weiteren Beschlusses wegen
unterlassener Mitteilung von Umsetzungsmaßnahmen zu der Richtlinie über Aufnahmebedingungen, die
die Leistungen für Asylbewerber in der Zeit während der Prüfung ihres Asylantrags regelt. Am
23. September 2015 gingen Aufforderungsschreiben an diese Mitgliedstaaten, auf die sie jedoch noch
nicht reagiert haben. Die Kommission hat deshalb heute beschlossen, mit Gründen versehene
Stellungnahmen an sie zu richten.
Weitere Vertragsverletzungsverfahren laufen gegen Griechenland, Frankreich, Italien, Lettland
und Slowenien, weil der Kommission von diesen Mitgliedstaaten noch keine Mitteilung über die
vollständige Umsetzung der Richtlinie 2011/51/EU vorliegt. Mit dieser Richtlinie wurde der
Anwendungsbereich der Richtlinie über langfristig Aufenthaltsberechtigte dahin gehend erweitert, dass
er auch Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte einschließt. Die fünf Mitgliedstaaten hätten die
Umsetzungsmaßnahmen bis 20. Mai 2013 mitteilen müssen. Auf die Aufforderungsschreiben der
Kommission vom Juli 2013 hin teilten die Mitgliedstaaten Einzelheiten zu den Umsetzungsmaßnahmen
mit. Eine Prüfung dieser Maßnahmen ergab jedoch, dass die Richtlinie nicht vollständig umgesetzt
wurde bzw. nicht alle ergriffenen Maßnahmen mitgeteilt wurden. Die Kommission hat deshalb
beschlossen, wegen dieser Richtlinie mit Gründen versehene Stellungnahmen an die betreffenden fünf
Mitgliedstaaten zu richten.
Alle neun Fälle betreffen die unvollständige oder mangelhafte Umsetzung von Richtlinien, die eine
größere Konvergenz der nationalen Asylsysteme bewirken würden. Eine größere Angleichung der
nationalen Asylsysteme würde zu einer Reduzierung der Sekundärbewegungen beitragen, die auch
durch die unterschiedlichen Asylvorschriften in den Mitgliedstaaten hervorgerufen werden.
Nächste Schritte
Aufforderungsschreiben sind die erste förmliche Stufe eines Vertragsverletzungsverfahrens. Nach
Erhalt eines Aufforderungsschreibens haben die Mitgliedstaaten zwei Monate Zeit, um auf das
Schreiben zu antworten bzw. ihre nationalen Umsetzungsmaßnahmen mitzuteilen, falls noch nicht
geschehen. Fallen die Antworten nicht zufriedenstellend aus oder bleibt die Mitteilung der nationalen
Umsetzungsmaßnahmen aus, kann die Europäische Kommission beschließen, eine mit Gründen
versehene Stellungnahme zu übermitteln und somit zur zweiten Stufe des
Vertragsverletzungsverfahrens überzugehen.
Nach Erhalt der mit Gründen versehenen Stellungnahme haben die Mitgliedstaaten zwei Monate Zeit,
um der Kommission zu antworten. Dabei müssen sie mitteilen, welche Maßnahmen ergriffen wurden,
um eine vollständige Umsetzung zu gewährleisten oder die nationalen Rechtsvorschriften mit dem EURecht in Einklang zu bringen. Tun sie dies nicht, kann die Kommission den Gerichtshof der
Europäischen Union anrufen. Werden der Kommission keine nationalen Umsetzungsmaßnahmen
mitgeteilt, kann sie beim Gerichtshof die Verhängung eines Zwangsgelds beantragen.
Hintergrund
Seit den frühen 2000er Jahren hat die Kommission eine Reihe von Rechtsakten zur Schaffung eines
Gemeinsamen Europäischen Asylsystems vorgeschlagen. Die Europäische Union verfügt nun über
gemeinsame Normen für die Aufnahme von Asylsuchenden und für die Bearbeitung von Asylanträgen.
Sie hat auch gemeinsame Kriterien festgelegt, anhand deren die nationalen Behörden bestimmen
können, ob eine Person Anspruch auf internationalen Schutz hat.
Fünf verschiedene Rechtsakte bilden den Kern des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (die
Dublin-Verordnung, die Asylverfahrensrichtlinie, die Anerkennungsrichtlinie, die Richtlinie über
Aufnahmebedingungen und die Eurodac-Verordnung).
Die neu gefasste Asylverfahrensrichtlinie (Richtlinie 2013/32/EU) regelt, wie Asyl beantragt wird,
wie der Antrag geprüft wird, welche Hilfe der Asylbewerber erhält, welche Rechtsschutzmöglichkeiten
er hat und wie mit Mehrfachanträgen zu verfahren ist. Sie gilt für alle Anträge auf internationalen
Schutz, die im Hoheitsgebiet – auch an den Grenzen, in den Hoheitsgewässern oder in den
Transitzonen – der Mitgliedstaaten gestellt werden. Die Mitgliedstaaten waren verpflichtet, diese
Richtlinie bis zum 20. Juli 2015 umzusetzen und der Kommission die nationalen
Umsetzungsmaßnahmen mitzuteilen (mit Ausnahme des Artikels 31 Absätze 3 bis 5, die bis 20. Juli
2018 umzusetzen sind). Die Europäische Kommission hatte bereits am 10. Dezember 2015 wegen
Nichtumsetzung der Richtlinie mit Gründen versehene Stellungnahmen an Griechenland und Malta
gerichtet.
Die neu gefasste Richtlinie über Aufnahmebedingungen (Richtlinie 2013/33/EU) regelt die
Leistungen für Asylbewerber in der Zeit während der Prüfung ihres Asylantrags. Sie stellt den Zugang
der Antragsteller zu Unterkunft, Verpflegung, Gesundheitsversorgung und Beschäftigung sowie zu
medizinischer und psychologischer Versorgung sicher und sorgt dafür, dass jeder Gewahrsam von
Antragstellern stets mit den Grundrechten vereinbar ist und die Ingewahrsamnahme schutzbedürftiger
Personen, insbesondere Minderjähriger, beschränkt wird. Die Mitgliedstaaten hatten die Richtlinie bis
zum 20. Juli 2015 umzusetzen und die nationalen Umsetzungsmaßnahmen mitzuteilen. Am
10. Dezember 2015 hatte die Europäische Kommission wegen Nichtumsetzung der Richtlinie mit
Gründen versehene Stellungnahmen an Griechenland und Malta gerichtet.
Die Richtlinie 2011/51/EU zur Änderung der Richtlinie 2003/109/EG über langfristig
Aufenthaltsberechtigte erweitert den Anwendungsbereich der EU-Vorschriften auf langfristig
Aufenthaltsberechtigte, so dass auch Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte erfasst sind.
Flüchtlinge und Personen, die internationalen Schutz genießen, waren ursprünglich nicht von der
Richtlinie 2003/109/EG erfasst. Sie können jetzt nach einem rechtmäßigen Aufenthalt von fünf Jahren
auf ähnlicher Grundlage wie andere Drittstaatsangehörige eine langfristige Aufenthaltsberechtigung
erwerben. Anspruchsberechtigt sind Flüchtlinge im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention und
subsidiär Schutzberechtigte auf der Grundlage der Richtlinie 2004/83/EG. Flüchtlinge erhalten damit in
Europa mehr Rechtssicherheit und bessere Integrationsmöglichkeiten.
Am 13. Mai 2015 legte die Europäische Kommission ihre Europäische Migrationsagenda vor, die eine
umfassende Strategie für eine bessere Steuerung der Migration in all ihren Aspekten enthält. In diesem
Zusammenhang hat sich die Kommission verpflichtet, sich vorrangig mit der Umsetzung des
Gemeinsamen Europäischen Asylsystem zu befassen. Am 23. September 2015 hatte die Kommission –
zusätzlich zu den 34 bereits anhängigen Fällen – 40 Beschlüsse zu potenziellen oder tatsächlichen
Verstößen gegen die EU-Asylvorschriften erlassen. Am 10. Dezember ging die Kommission in 8 Fällen
zur nächsten Verfahrensstufe über.
Weitere Informationen
Zur Kontrolle des EU-Recht im Bereich Inneres.
Zu den wichtigsten Beschlüssen zu Vertragsverletzungsverfahren im Dezember 2015 siehe
MEMO/15/6223.
Zu Vertragsverletzungsverfahren allgemein siehe MEMO/12/12.
Zu Vertragsverletzungsverfahren.
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