Artikel im Newsletter von Impulse Basel / November 2015 Frag

Artikel im Newsletter von Impulse Basel / November 2015
Frag-würdig?
Wer ist für die Gleichstellung von Menschen mit Behinderung in der
Gesellschaft verantwortlich?
Diese Frage stellte Moderatorin Inés Mateos den vier geladenen Experten am letzten
Palaverloop zum Thema "Gleichgestellt leben – in der Mitte der Gesellschaft". Der
Palaverloop, ein öffentliches Podium, an dem betroffene und nicht betroffene Experten
regelmässig brennende Fragen zum Thema Behinderung diskutieren, wurde bisher von
der Fachstelle für Gleichstellung von Menschen mit Behinderung (FGMB) organisiert.
Per Ende Jahr wird die Fachstelle geschlossen – das Thema Behinderung in Basel hat
vorerst "auspalavert".
Moderatorin Inés Mateos
am letzen Palaverloop
Die Experten/Innen mit und ohne Behinderung
Martin Haug, der Leiter der FGMB
bei seiner Verabschiedung
*Diese Bilder wurden uns freundlicherweise zur Verfügung gestellt von Raphael Zehnder.
Vor diesem Hintergrund stellt sich die obige Frage umso dringlicher. Impulse Basel
hakte mit derselben Frage bei Palaverloop-Moderatorin Inés Mateos nach:
"Die Verantwortung für gesellschaftliche Veränderungsprozesse – und die Gleichstellung ist ein solcher – liegt in der Gesellschaft. Das heisst bei jedem einzelnen
Mitglied unserer Gesellschaft. Sie kann weder nur bei Menschen mit Behinderung und
deren Angehörigen, noch lediglich bei den Institutionen oder beim Staat liegen.
Allerdings bin ich der Meinung, dass der Staat hier eine bedeutende Rolle übernehmen
muss. Der Staat muss seine Institutionen und Organe fit machen für die Diversität
unserer Gesellschaft, damit Inklusion überhaupt gelebt und die Gleichstellung vorangetrieben werden kann. Das ist eindeutig staatliche Aufgabe.
Am Palaverloop betonten die geladenen Experten, dass eine Fachstelle innerhalb der
Verwaltung als Antidiskriminierungs-Drehscheibe für Knowhow und Vernetzung aus
verschiedenen Gründen sehr wichtig ist. Nicht nur als eine erste neutrale Anlaufstelle
für Menschen mit Behinderung, sondern eben auch als Koordinatorin und Impulsgeberin für die Gestaltung nötiger Massnahmen zur Gleichstellung und Umgestaltung
der Institutionen hin zu Offenheit und Inklusion. Schulen, der öffentliche Verkehr, die
Gesundheitspolitik unseres Kantons, um nur einige Beispiele zu nennen, müssen sich
weiterentwickeln, so dass sie nicht nur Sparvorgaben entsprechen, sondern vor allem,
damit sie mit Weitblick die Bedürfnisse einer immer heterogeneren Bevölkerung
sinnvoll gestalten können. Das gilt nicht nur für die legitimen Ansprüche behinderter
Menschen, sondern für die Anliegen von uns allen.
1
Ein weiterer relevanter Punkt scheint mir das soziale Design unserer Gesellschaft. Wir
werden heterogener und immer älter. Behinderung wird stärker zu einem Faktor, der
uns alle etwas angeht. Behindert sind nicht nur Menschen, die mit einer Behinderung
zur Welt kommen, es kann auch im Verlaufe des Lebens jeden treffen und spätestens
im Alter trifft es annähernd alle. Damit liegt es im Interesse von uns allen, dass wir
endlich beginnen eine inklusive Gesellschaft zu basteln; dabei geht es um bauliche
Massnahmen zur Barrierefreiheit, aber auch um den Abbau von Barrieren in den
Köpfen der Menschen – gerade in den Köpfen der Verantwortlichen in Verwaltung und
Politik bleibt weiterhin viel zu tun.
Dass der Behindertenbeauftragte hier in Basel in der Person von Martin Haug
ausserdem eine weit über die Grenzen des Kantons anerkannte Arbeit geleistet hat,
steht ausser Zweifel. Dieses über Jahre aufgebaute staatliche Wissen wegzustreichen,
entspricht in keiner Form den gesellschaftlichen Entwicklungen und ist deswegen
kurzsichtig und widersinnig. Ganz abgesehen davon, dass der Spareffekt, gemessen
am Verlust von Aufbauwissen und Wirkung der Fachstelle, sich schon bald ins
Negative verkehren wird.
Bei der Gleichstellung geht es allerdings nicht nur um eine Kosten-Nutzen-Rechnung:
Die Schweiz hat 2014 die UN-Behindertenrechtskonvention unterschrieben. Inklusion
ist ein Menschenrecht! Massnahmen zur Inklusion wie zum Beispiel Nachteilsausgleich
und Barrierefreiheit sind Rechte, die Menschen mit Behinderung zustehen. Die
Schweiz hat sich mit Recht zur Umsetzung der UN-Konvention verpflichtet. Für einen
fortschrittlichen Kanton wie Basel-Stadt scheint es deswegen besonders uneinsichtig
und befremdlich, dass gerade jetzt die Fachstelle für die Gleichstellung von Menschen
mit Behinderung geschlossen werden soll.“
Inés Mateos, Expertin für Bildung und Diversität, Basel
Licht am Horizont: Das Aktionskomitee
Behindertengleichstellung
Basel kann nicht auf die Fachstelle für Gleichstellung von Menschen mit Behinderung
verzichten. Aufgrund dieser Erkenntnis schlossen sich engagierte Menschen zum
"Aktionskomitee Behindertengleichstellung" zusammen. Das Aktionskomitee kämpft
mit konkreten Aktionen für den Erhalt der Fachstelle Gleichstellung für Menschen mit
Behinderung.
Das AK Behindertengleichstellung ist auf Ihre Unterstützungangewiesen!
Unterstützen Sie das AK Behindertengleichstellung indem Sie:
- dem Unterstützungskomitee namentlich beitreten!
- an den Aktionen, wie dem "Stammtisch" am 06. Januar 2016 teilnehmen,
mit- und aufmischen!
- das AK Behindertengleichstellung auf
Facebook: www.facebook.com/AKBehindertengleichstellung
und Twitter: www.twitter.com/AKBehGleichst supporten!
Weitere Informationen finden Sie auf www.ak-behindertengleichstellung.ch!
2