• „Ist ein Kind mit Behinderung ein Kind oder steht bei einem behinderten Kind seine Behinderung im Vordergrund?“ (Schumacher 2013: 57) PLANUNG DER HILFE BEI PFLEGEKINDERN MIT BEHINDERUNG Studierendenkolloquium der IGfH 2015 Martin Gies, M.A. Frankfurt am Main den 19. Juni 2015 AGENDA 1. Planung der Hilfe bei Pflegekindern mit Behinderung 2. Untersuchung 3. Untersuchungsergebnisse 1. PLANUNG DER HILFE BEI PFLEGEKINDERN MIT BEHINDERUNG Jugendhilfeträger SGB VIII §§ 27 iVm 33 // 35a SGB VIII Sozialhilfeträger SGB XII § 54 Abs. 3 SGB XII erzieherischer Bedarf und/ oder körperliche und/oder geistige Zuständigkeit seelische Behinderung Behinderung Planung der Hilfe Vorgaben zum Verfahren ABER! Hilfeplan § 36 SGB VIII - Bedarfsfeststellung Beratung Beteiligte/ Beteiligung Ziele Wunsch- und Wahlrecht regelmäßige Überprüfung Gesamtplan § 58 SGB XII - früh wie möglich kein Verwaltungsakt mögliche Beteiligte - keine regelmäßige Überprüfung z.B. Mehrfachbehinderung 2. UNTERSUCHUNG Sicht von Pflegeeltern mit behinderten Pflegekindern auf Planung der Hilfe: ★ besondere Perspektive ★ Anforderungen ★ Erfahrungen ★ Wünsche ★ Vorstellungen ★ Wahrnehmung Bedarfe und Anforderung als „Konstante“ ➡ Impulse und Ideen zur Weiterentwicklung der Praxis ➡ für evtl. Neuausrichtung 2. UNTERSUCHUNG • explorative Ausrichtung • Leitfadengestützte, problemzentrierte • wörtlich Interviews (Witzel) transkribiert • inhaltsanalytische Auswertung (induktive Kategoriebildung) 2. UNTERSUCHUNG •6 Pflegefamilien aus 3 Bundesländern • Einzelfälle • 46 - nicht repräsentativ Kinder bzw. 125 Jahre Erfahrungen als Pflegeeltern • alle Kinder erhalten Hilfeplanung gem. § 36 SGB VIII • auf Dauer angelegte Pflegeverhältnisse 3. UNTERSUCHUNGSERGEBNISSE Ablauf „In 90 Prozent Schema F, wo diese klassischen Hilfeplanvorlagen sind, mit - ‚Kind formuliert eigene Ziele‘, dann ist da ein Strich. Also diese ganz klassischen Vorlagen. Es gibt keine eigene Hilfeplanvorlage für behinderte Kinder. Therapieziele, welche Therapien hat das Kind usw., gibt es gar nicht. Dort steht drin, ist die Pflege gesichert, ist die Versorgung gesichert – ja, Wohnumfeld – alles schick, die Lebensverhältnisse der Pflegefamilie – eigentlich die Standardhilfeplanung.“ (In2: 42) „Die dokumentieren das. Es wird dokumentiert und das war es.“ (In2: 50)! 3. UNTERSUCHUNGSERGEBNISSE Bewertung „Für mich ist das überflüssig. Der Herr Jung, der kommt auch, wir unterhalten uns nett über dieses und jenes. [...] In meinen Augen, für mich persönlich ist es überflüssig. Aber das liegt einfach an meinem Hintergrundwissen, das ist sicher nicht für alle so, ja.“ (In4: 109-112) „Also es ist schleppend. Also, ich habe das Gefühl, es geht nur um die Abdeckung, damit das Jugendamt bzw. der Jugendamtsmitarbeiter sein Soll erfüllt. Ich finde das sehr schleppend, man muss hinter allem selber her.“ (In6: 67) „dann hat man auch auf so einen Hilfeplan schon gar keine Lust mehr, weil der hat für einen selber eigentlich gar keine Bedeutung mehr. Das ist nur für die Akte, der Eindruck ist bei mir häufig so.“ (In6: 87) 3. UNTERSUCHUNGSERGEBNISSE Themen „Auf der anderen Seite möchte ich eigentlich erreichen, dass er zu Hause beschult wird. Weil, wie soll er in einem Stuhl sitzen? Das Thema wird binnen Kurzem kommen, und es gibt auch hier nichts Gescheites in der Gegend. Von daher hoffe ich, dass ich das irgendwie durchkriege, bis es in einem Jahr soweit ist [...] Da muss eine Lehrerin hier herkommen.“ (In4: 59) 3. UNTERSUCHUNGSERGEBNISSE Themen „Mit David ist es so, da haben wir tagtäglich Probleme. Er macht unheimlich viel kaputt. Momentan bin ich so locker und sag, was kaputt ist, ist kaputt. Es ist einfach so. Er hat eine eigene Versicherung, denn in dem Haus, was wir gemietet hatten, ist glaube ich jedes Fenster kaputt gegangen. Meine Autoversicherung hat mich rausgeschmissen, denn in meinem Auto hat er auch jede Scheibe kaputt gemacht. So, okay dann habe ich wieder neue rein gemacht. Also bei David geht es bei den Gesprächen um seine Schwierigkeiten.“ (In1: 44) 3. UNTERSUCHUNGSERGEBNISSE Ziele „Aber was plant man mit einem Kind, das traumatisiert ist und das vom Arzt den Status bekommen hat, dass er nichts lernen wird?“ (In1: 80) „Dann werden neue Ziele – vielleicht..., das ist manchmal ein bisschen an den Haaren herbeigezogen, weil bei manchen Kindern kann man keine neuen Ziele konstruieren.“ (In6: 11) 3. UNTERSUCHUNGSERGEBNISSE Kommunikation & Rollenverteilung „Ich bin ja auch Vormund von allen Kindern, also kann das Jugendamt auch nicht über mich bestimmen, es sei denn ich misshandle eines meiner Kinder. Das ist für das Jugendamt ein doofer Status, denn sie können mir nicht mal drohen. Und das ist das, was sie hier in Bundesland A mit den Familien oft machen. Das ist, was die hier oben machen, die drohen Pflegeeltern: „Wenn du das nicht machst, dann holen wir dein Kind weg.“ (In1: 70).
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