2015-1 Fachhochschulreife Deutsch

Fachhochschulreife Deutsch (Berufskolleg Baden-Württemberg)
Hauptprüfung 2015 – Aufgabe 1 – Freie Erörterung
„Ich mach mein Ding, egal was die anderen sagen.“
Udo Lindenberg, *1946, deutscher Rockmusiker und Künstler
Aufgabe:
Erörtern Sie diese Auffassung.
Hinweise und Tipps
r Der Operator „erörtern“ verlangt eine differenzierte, argumentative Auseinandersetr zung mit einem Thema, zu dem verschiedene Ansichten möglich sind.
r Häufig gibt die Ausgangsthese beziehungsweise das Zitat Hinweise auf gegensätzlir che Auffassungen. Dies ist hier nicht der Fall. Eine Vorabklärung der Begriffe, vor
r allem von „mein Ding“ oder „egal“, scheitert – es handelt sich nur um Leerformeln,
r die in Ihrem Aufsatz erst mit verschiedenen, kontroversen Inhalten gefüllt werden
r müssen. Das Gliederungsschema kann im Sinne einer „Pro-Kontra-Erörterung“ entr wickelt werden. Sie haben die Aufgabe, die gegensätzlichen Thesen selbst inhaltlich
r zu bestimmen und mit Argumenten und Beispielen zu untermauern.
r Allgemein ist es bei freien Erörterungen zu empfehlen, die Themen nur zu wählen,
r wenn man dazu Vorkenntnisse hat. Im vorliegenden Fall kann es vorteilhaft sein,
r wenn Ihnen der Autor des Zitats, Udo Lindenberg, bekannt ist und Sie ihn in die
r Argumentation einbeziehen. Zwingend erforderlich ist dies aber nicht.
r Das Konzept des Aufsatzes kann assoziativ durch eine Mind-Map oder durch Cluster ring erstellt werden. Notieren Sie beispielsweise alles, was Ihnen zu „mein Ding“
r einfällt – sowohl seriöse als auch „schräge“ Gedanken und Ideen.
r Wegen des Zeitverlusts ist es nicht ratsam, Aufsatzteile im Konzept fertig auszuforr mulieren und in Reinschrift zu übertragen. Schreibsicherheit erwerben Sie nur durch
r regelmäßiges Üben während des ganzen Schuljahres.
r Durchführung: Die Einleitung kann durch ein spannendes Beispiel gestaltet werr den, wie eine Persönlichkeit „ihr Ding durchgezogen“ hat und dadurch heute ber rühmt ist. Falls Sie die Absicht haben, das Zitat gründlich zu kritisieren, lohnt sich
r ein Negativbeispiel, etwa einer bekannten Person, die aus egoistischen Gründen auf
r die schiefe Bahn geraten ist.
r Im Hauptteil diskutieren Sie – am besten auf der Grundlage von verschiedenen Beir spielen –, ob bzw. inwiefern dem Zitat des Rockmusikers zuzustimmen ist. Wenn Sie
r seiner These eher ablehnend gegenüberstehen, bietet es sich an, zunächst Beispiele
r von Menschen anzuführen, die „ihr Ding gemacht“ haben und dadurch Erfolg hatten.
r Erst dann schließen sich gegenteilige Beispiele des Misserfolgs, des Scheiterns oder
2015-1
r der Kriminalität an. Die umgekehrte Reihenfolge sollten Sie wählen, wenn Sie die
r These offensiv vertreten – jeweils nach dem Motto: Die eigene Meinung steht am
r Schluss!
r Im Schlussteil wägen Sie Pro- und Kontra-Beispiele gegeneinander ab. Es zeugt von
r einem reflektierten Aufbau, wenn Sie hier die in der Einleitung angeführte Begebenr heit noch einmal im Lichte der Erörterung betrachten und dann mit einer klaren
r Schlussfolgerung enden. Mit einem abschließenden Autoritätsargument (Zitat einer
r berühmten Persönlichkeit), einem Sachargument oder einer Pointe können Sie Ihre
r Argumentation vorteilhaft abrunden.
r Sprache: Strukturieren Sie Ihren Aufsatz durch Signal- und Strukturwörter („These“,
r „Argument“, „Fall“, „Beispiel“ …), um den Argumentationszusammenhang herausr zustreichen. Vermeiden Sie nichtssagende (Hilfs-)Verben wie „haben“, „sein“, „sagen“,
r „deutlich machen“. Ersetzen Sie diese durch aussagekräftigere Verben, die über die
r Qualität Ihrer Argumentation informieren (sachlich: „argumentieren“, „widerlegen“,
r „begründen“ …; unsachlich: „lästern“, „spotten“, „polemisieren“ …). Tipp: Erstelr len Sie zur Vorbereitung auf den Deutschaufsatz eine Liste dieser Wörter samt gängir gen Redewendungen.
Lösungsvorschlag
Vor einigen Jahren, Anfang November, stand ich mit meinem kleinen Cousin staunend in Friedrichshafen am Bodensee auf dem Messegelände. In einer riesigen Halle war ein Parcours mit Sand, Erde
und Steinen aufgeschüttet. Auf diesem künstlichen Gelände bewegten sich ferngesteuert Trucks und Bagger aller Art, alle in einer
Größe von maximal 1,5 Metern. Sie krochen über holperige Pisten,
die Laster ließen sich beladen und sie waren in der Lage, ihre
Fracht viele Meter weiter wieder abzukippen. Angetrieben wurden
sie meist von kleinen, von Akkus gespeisten Elektromotoren und
hydraulischen Systemen. Die Konstrukteure bedienten lässig ihre
Fernsteuerungen, andere fachsimpelten an der Bande mit dem Publikum. Hierbei stellte sich heraus, dass die meisten einem normalen
Beruf nachgingen, aber über mehrere Jahrzehnte zigtausend Euro in
ihr Projekt gesteckt hatten. Entweder sie mussten sich teure Maschinen kaufen, um Teil für Teil ihres Modells selbst zu fräsen oder
zu stanzen, oder sie brachten sich in ihrem Modellbauklub ein und
halfen sich gegenseitig aus. Einige dieser Modellbauer haben sich
mit ihrem Know-How selbstständig gemacht und sind zu Konstrukteuren und Händlern geworden, die auf der Modellbaumesse einen
Verkaufsstand gehabt haben.
Vermutlich haben diese Menschen „ihr Ding gemacht, egal was die
anderen sagen“, so ein Zitat des Rockmusikers und Künstlers
Udo Lindenberg, das es im Folgenden zu erörtern gilt. Das stau2015-2
Einleitung
über ein
anschauliches
Beispiel
Nennung von
Zitat und Quelle