Klauenstände – welcher passt zu mir?

Technik
Klauenstände –
welcher passt zu mir?
Bei Klauenpflegeständen reicht das Angebot von Ramsch bis zum Profi-Model. Was beim
Kauf zu beachten ist und auf welche Ausstattungsmerkmale es bei modernen Ständen
heute ankommt, erklärt Dr. Stefan Nüske, Lehr- und Versuchsgut Oberschleißheim.
I
n einer dunklen Stallecke steht ein
rostiges Eisengestell, daran hängt ein
Eimer, in dem mehrere Klauenmesser
liegen – so oder so ähnlich sieht auf vielen Betrieben der Klauenpflegestand
aus. Dabei gehört zu einer fachlich korrekt durchgeführten funktionellen
Klauenpflege im Rinderbestand auch ein
guter und sicherer Klauenpflegestand.
Zwei Varianten:Zunächst kommt es
und Arbeiten möglich ist. Zuführende
und wegführende Treibwege für die Tiere müssen dabei berücksichtigt werden.
Große Unterschiede liegen in der Arbeitshaltung des Klauenpflegers und in
der möglichen Anwendung des Werkzeugs am Tier. So müssen am liegend
gesicherten Tier im Kippstand die Klauen seitlich beurteilt und gepflegt werden – die Körperhaltung ist etwas „verdreht“. Bei den Durchtreibeständen ist
die Arbeitshaltung besser. Zudem hat
man eine gute Sicht auf die Klaue.
Bleiben Sie aufrecht:Hinsichtlich der
Stressbelastung für das Rind gibt es dagegen keine Unterschiede zwischen den
beiden Standsystemen. Denn ein geübter Pfleger schneidet in der Regel fünf
bis acht Tiere pro Stunde, die Verweildauer des Tieres im Stand ist also nor-
Bei Kippständen lassen sich zwar alle vier Klauen gleichzeitig behandeln, allerdings
ist die Körperhaltung beim Pflegen etwas verdreht.
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Foto: Heil
Foto: Greil
darauf an, einen geeigneten Standort
für den Klauenpflegestand im Betrieb
zu finden. Dieser sollte für das Tier gut
zu erreichen, hell, übersichtlich und
leicht zu reinigen sein. Ideal sind im
Stall integrierte und überdachte Pflegeplätze, die immer einsatzbereit und
ohne großen Aufwand erreichbar sind.
Außerdem kommt es darauf an, für
welche Art von Pflegestand Sie sich ent-
scheiden. Grundsätzlich gibt es zwei
unterschiedliche Systeme: den Kippoder den Durchtreibestand.
Am Kippstand wird das Tier stehend
befestigt und dann auf die Seite gelegt.
So sind alle vier Klauen gleichzeitig zugänglich und werden einzeln fixiert. Im
Durchtreibestand wird das Tier stehend
gesichert. Die zu pflegenden Gliedmaßen können einzeln oder paarweise aufgehoben und behandelt werden.
In einem guten Klauenpflegestand jeden Typs kann sowohl die routinemäßige
Pflege als auch eine Operation der Klauen durchgeführt werden. Begrenzende
Faktoren in der Eignung des Standes sind
vielmehr die Fähigkeiten und Vorlieben
des Klauenpflegers sowie der zur Verfügung stehende Platz. Es sollte mindestens soviel Platz um den Pflegestand
sein, dass ein gefahrloses Herumgehen
Leichte Stände ohne Boden bieten nur
unzureichende Fixiermöglichkeiten.
Foto: Höner
Für die routinemäßige Pflege muss es nicht gleich solch ein Profi-Klauenstand sein. Dennoch machen einige Merkmale wie
automatische Winden, Kabel-Galgen oder integrierte Beleuchtung auch beim gelegentlichen Einsatz Sinn.
malerweise sehr kurz. Dauert es länger,
kann ein im Kippstand abgelegtes Tier
durch Ausbleiben des Ruktus (Rülpsen)
deutlich aufgasen, was wiederum zu
Unruhe und Unwohlsein führen kann.
In Arbeitsposition sollte der Klauenpflegestand stets fest und wackelfrei
aufgestellt sein. Auch ein Umkippen
durch unruhige Rinder im Stand muss
ausgeschlossen sein. Zum einen wird
dies durch einen ebenen Untergrund erreicht, zum anderen verbessert sich bei
Ständen mit Boden die Standsicherheit
bereits durch das Eigengewicht des Tie-
res. Bereits am Stand integrierte Auflageflächen oder das Anbringen seitlicher
Kippsicherungen bringt zusätzliche Sicherheit.
Leichte mobile Stände ohne Boden, die
auf Liegeboxen oder Standflächen aufgesetzt werden, haben sich in der Praxis
daher nicht bewährt. Außerdem können
die Gliedmaßen hier nur unzureichend
befestigt werden, womit bereits eine elementare Anforderung an einen Klauenpflegestand nicht erfüllt ist: Er muss eine
sichere Fixierung des Tieres vor und
während der Pflege, aber auch eine jederzeit sichere Handhabung der Werkzeuge
an der Klaue gewährleisten.
Foto: Nüske
Erst fixieren, dann behandeln:Die
Bei der Pflege mit dem Winkelschleifer muss die Klaue immer fest fixiert sein. Daher
sollte der Stand auch für die hinteren Klauen über eine Fixierstange verfügen.
Kühe in den Stand zu treiben ist stets
einfacher als sie zu führen. Fixe oder
mobile Treibwege sind daher von Vorteil. Kühe treten einfacher in den Stand
ein, wenn der Zugang eben und rutschfest ist. Stufen beim Eintreten oder
„scheppernder“ Untergrund führen zum
Erschrecken und zur Umkehr des Tieres. Gummiauflagen im Stand haben
sich bewährt.
Viele Stände haben Selbstfangvorrichtungen ähnlich wie in Fressgittern.
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Foto: Heil
Foto: Nüske
wegklappbar, um das Verletzungsrisiko
für den Pfleger zu minimieren.
Bei der Fixierung der Vorderklauen ist
zwischen Stangen sowie Holzklötzen
und Halteschalen, auf die die Klaue gelegt wird, zu unterscheiden. Stangen bieten in Durchtreibeständen die einfachste Möglichkeit zur Fixierung der Klaue.
Bei unterschiedlich großen Tieren ist die
Klaue jedoch nur noch eingeschränkt
zugänglich. Die Auflageböcke der Vordergliedmaßen sollten seitlich schwenkbar sein, sodass die Klaue nicht zu dicht
am Tierkörper anliegt und für die Behandlung gut zugänglich ist.
Holzklötze sind eine gute Auflage für die
zu behandelnden Klauen.
Drehbare Arbeitsarme mit Werkzeug-Aufnahme sind nützliches Zubehör.
Damit ist bereits die erste Fixierung des
Rindes gegeben. Zusätzliche Sicherungen wie Bauchgurte verhindern nun das
Ablegen im Stand bzw. die freie Bewegung der Gliedmaßen. Sämtliche Sicherungen müssen leicht und gefahrlos zugänglich und auch schnell wieder lösbar
sein („Panikverschluss“).
Grundsätzlich muss eine mit dem
Winkelschleifer gepflegte Gliedmaße
immer fest gesichert sein. Freie oder
leicht bewegliche Klauen können bei
Abwehrbewegungen des Tieres zu
schweren Verletzungen auch beim
Klauenpfleger führen. Andererseits darf
die Klaue auch nicht zu eng oder in verdrehter Stellung fixiert werden, da sonst
nicht ausreichend Platz für die Pflege
oder Beurteilung vorhanden ist.
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Winden sind Trumpf:Winden zum
einfachen und gefahrlosen Anheben der
Klauen sind unverzichtbare Ausstattungsmerkmale eines guten Klauenstandes. Für die Klauenpflege „zwischendurch“ reicht die mechanische Aus­
führung. Diese müssen allerdings
rückschlagsfrei sein. Werden dagegen
viele Tiere in kurzer Zeit im Stand behandelt, sollten Sie in den Komfort
durch elektrische oder hydraulische
Winden investieren, um dauerhafte körperliche Überlastungen zu vermeiden.
Idealerweise sind Kurbeln und Winden
Nützliches Zubehör:Bei elektrischen
oder hydraulischen Winden wird eine
Stromzufuhr zum Pflegestand benötigt,
die möglichst sicher sein sollte: Frei hängende Kabel sind Stolperfallen und führen häufig zu vermeidbaren Unfällen!
Doch auch ohne dieses Zubehör sollten Sie auf eine vernünftige Stromzufuhr am Klauenstand achten. Eine gute
Möglichkeit bieten über dem Stand
schwenkbare Arbeitsarme, an denen
Scheinwerfer und Winkelschleifer sicher und einfach angebracht werden.
Zudem hat die Stromversorgung „über
Kopf“ den Vorteil, dass sie außerhalb der
Reichweite des gepflegten Tieres sowie
des Schmutzbereiches liegt.
Probieren Sie aus!Der Klauenpflege-
stand muss zum Klauenpfleger passen.
Seriöse Anbieter ermöglichen Kaufinteressenten deshalb auch den „Testkauf“:
Hier kann man sein favorisiertes Modell
in der Praxis testen und sich dann erst
entscheiden. Auch Zentren für Klauen-
Schnell gelesen
• Bei Durchtreibeständen
ist die Arbeitshaltung
ergonomischer als bei
Kippständen.
• Wichtig ist, dass sich sowohl
die Tiere als auch die Klauen
sicher und einfach fixieren
lassen.
• Dafür sind Winden oder
Kurbeln unverzichtbare
Hilfsmittel. Sie verringern
auch die Arbeitsbelastung.
Foto: Werkbild
• Nicht bewährt in der Praxis
haben sich leichte Stände
ohne Boden.
• Probieren Sie den KlauenBei schwenkbaren Arbeitswinden ist die Arbeitsposition gut. Zudem lassen sie sich
wegklappen, wenn sie nicht benötigt werden.
pflege und Ausbildung haben oft verschiedene Standmodelle im Einsatz und
bieten Interessenten die Möglichkeit,
diese Modelle im Arbeitseinsatz anzusehen und Erfahrungen auszutauschen.
Das macht durchaus Sinn, schließlich
gibt es große Unterschiede in der Handhabung und den Arbeitshöhen der angehobenen Klaue bei der Pflege. Je nach
Fabrikat und Fixierungsmöglichkeit der
Klaue kann das dazu führen, dass sich
der Pfleger stark bücken muss, was zulasten der Gesundheit und der Arbeitsqualität geht. Ideal ist bei der Klauenpflege eine Arbeitshaltung, bei der ohne
Vorbeugen oder Verdrehen des Oberkörpers gearbeitet werden kann. Je nach
Größe des Standes sind hier deutliche
Unterschiede zwischen verschiedenen
Fabrikaten möglich – probieren Sie einen
Stand deshalb aus, bevor Sie ihn kaufen!
Abhängig von der Körpergröße des Pflegers kann als Richtwert eine Arbeitshöhe
an der Klaue von 90 cm dienen.
Qualität kostet:Die Preise für einen
neuen Pflegestand variieren sehr stark.
Je nach Ausstattung sollte mit Preisen
von 3 000 bis 5 000 € für ein einfacheres
Modell gerechnet werden. Ausführungen in guter Qualität und mit mehr
Komfort kosten 5 000 € und mehr.
Grundsätzlich liegt der Preis eines
Kippstandes durch den höheren techni-
pflegestand aus, bevor Sie
ihn kaufen!
schen Aufwand über dem eines Durch­
treibestandes. Durchtreibestände in
professioneller Ausführung mit Vollausstattung kommen aber ebenfalls schnell
in Preiskategorien, die lediglich für Berufsklauenpfleger interessant sind.
Weiteres Merkmal eines „guten“ Klauenpflegestandes: Es gibt sie in modularen
Varianten. Das heißt, die Grundausstattung reicht für die „kleine Klauenpflege
zwischendurch“. Sollen zu einem späteren Zeitpunkt jedoch mehr Tiere darin
behandelt werden, lässt er sich mit Zubehör wie automatischen Winden oder
Arbeitsarmen aufrüsten. Außerdem sind
Ersatzteile auch nach jahrelangem Gebrauch noch jederzeit verfügbar.
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