KLAUENPFLEGE KÄLBERDURCHFÄLLE Die Klauen tragen die Milch: Entstehungsweise, Therapie und Prophylaxe von Gliedmaßenerkrankungen bei Kühen Großtierpraxis 1:5, 6 – 24 (2000) von H. Kümper Hohe Milchleistungen fordern unseren Milchkühen eine Menge ab. Rinderklauen tragen heute 650-700 kg Lebendmasse und das oft auf nicht allzu gerechten Stallböden. Das Klauenhorn unterliegt dabei ständigem Wachstum, unseren Fuß- und Fingernägeln vergleichbar. Nur müssen wir Zweibeiner nicht auf unseren Nägeln laufen. Trotzdem schneiden wir sie von Zeit zu Zeit. Pediküre tut (oder besser Konjunktiv?) auch unseren Kühen gut. Lesen Sie im Folgenden, was ein Fachmann der Universität Gießen dazu zu sagen hat. Zusammenfassung Klauen- und Gliedmaßenerkrankungen gehören zu den wichtigsten Bestandsproblemen in der modernen Milchrinderhaltung. In diesem Übersichtsreferat werden zunächst einige stallbauliche Einflussfaktoren auf die Klauengesundheit im Anbindestall und im Boxenlaufstall besprochen. Es werden Richtwerte für einen tiergerechten Stall genannt. Danach wird auf die Grundprinzipien eines orthopädisch korrekten vorbeugenden Klauenschnittes eingegangen und gezeigt, wie sich Form und Belastungsverhältnisse der Klauen nach einem Korrekturschnitt mit Hilfe einer Messlehre („Klauen-Check“ Firma Demotec) prüfen lassen. Anschließend wird auf die Ätiologie einiger wichtiger Klauenerkrankungen eingegangen. Die grundlegenden Prinzipien der Lahmheitsbehandlung bei Rindern werden stichwortartig aufgeführt. Schlüsselwörter: Rind, Klaue, Klauenerkrankungen, Prophylaxe, Therapie, Klauenschnitt, Klauenpflege 6 GROSSTIERPRAXIS 5/2000 KLAUENPFLEGE The claws carry the milk: Genesis, therapy and prophylaxis of leg diseases in female bovine Summary Claw and leg diseases represent an important problem in modern dairy cattle farming. At first, this paper addresses several building constructional influence factors on claw health in tying stalls and in cubicle houses for untethered cows. Standard values are given for a building that is considered to be appropriate for animals. Subsequently, the principles of orthopaedicly correct preventive claw trimming are discussed and it is demonstrated how form and load conditions of the claws after a correction trimming can be checked by means of a slide rule (Dermotec “Klauen-Check”). Next, the aetiology of several important claw diseases is reviewed. The fundamental principles of lameness therapy in bovine are listed in form of key words. Key words: Cattle, claw, claw diseases, prophylaxis, therapy, claw trimming, claw care. Einleitung K lauenleiden stellen in der Milchrinderhaltung weltweit eines der wichtigsten Gesundheitsprobleme dar. Keine Abgangsursache ist in den letzten 20 Jahren so überproportional angewachsen wie Klauen- und Gliedmaßenschäden (Distl 1996). In Deutschland werden zur Zeit etwa 18% aller Milchkühe mindestens einmal jährlich wegen Lahmheit behandelt. Eine Behandlung leicht lahmer Kühe kostet im Durchschnitt etwa 60 DM. Tiere mit schwerer Lahmheit verursachen mehr als doppelt so hohe Behandlungskosten. Auch die Verluste aus Abgängen, Leistungseinbußen und behandlungsbedingter Milchsperre liegen bei schwer lahmen Kühen mit 438 DM viel höher als bei leicht lahmen Tieren (123 DM). Wenn es möglich wäre, Lahmheiten im Frühstadium zu erkennen und rechtzeitig zu behandeln, könnten rein rechnerisch etwa 315 DM pro Lahmheitsfall eingespart werden. Bundesweit könnte durch eine wirksame Früherkennung oder Vorbeuge von Klauenerkrankungen ein Schaden von etwa 120 Millionen DM pro Jahr vermieden werden (Zeddies 1996). Faktor Stall Die Mikroarchitektur des Klauenhornes und die dadurch bedingte Widerstandsfähigkeit gegenüber Feuchtigkeit und Abrieb sind in hohem Maße erblich (Dietz und Prietz 1980, Distl 1994, 1996), die Hornqualität wird jedoch auch, da Horn ähnlich wie Milch oder Haare ein Produkt des Stoffwechsels darstellt, durch Stoffwechselbelastungen wie Trächtigkeit und Laktation (Dietz und Prietz 1980) und durch die Fütterung beeinflusst (Dietz und Prietz 1980, Distl 1994). Die Stallumgebung stellt eine zusätzliche Belastung dar: In der Anbindehaltung führen Bewegungsmangel und überschießendes Hornwachstum zu Problemen, während im Laufstall ohne Einstreu der harte, oft nasse und rutschige Untergrund der Laufgänge die Klauengesundheit gefährdet. Gliedmaßenerkrankungen kommen nicht nur in bautechnisch veralteten Ställen vor (z.B. auf Kurzständen aus den 60er Jahren), sondern auch in modernen, auf Arbeitsrationalisierung ausgelegten Boxenlaufställen. Eine Häufung von Lahmheiten resultiert meist aus dem Zusammenwirken zahlreicher Einzelfaktoren. Die Gestaltung der Standplätze bzw. Liegeboxen, die Bodenbeschaffenheit, Schmutz, Feuchtigkeit, Management und Zuchtwahl sind wesentliche Einflussfaktoren. Moderne, großrahmige Milchkühe können beispielsweise auf den knapp bemessenen Liegeflächen älterer Ställe kaum noch bequem ruhen. Beim Hinlegen und Aufstehen brauchen sie einiges an Geschick, um Kollisionen mit der Stalleinrichtung zu vermeiden. Junge, unerfahrene oder zugekaufte Tiere sind oft in ihrem Anpassungsvermögen überfordert und ziehen sich in der ungewohnten Stallumgebung schwerwiegende Verletzungen zu. Eine Analyse des „Bestandsproblems Lahmheit“ ist oft sehr anspruchsvoll und erfordert vom Tierhalter oder vom betreuenden Tierarzt nicht selten geradezu kriminalistische Fähigkeiten. Schwere stallbauliche Unzulänglichkeiten oder gravierende Fütterungsfehler können auch durch regelmäßigen und sachkundigen Klauenschnitt nur begrenzt ausgeglichen werden. Die Auswirkungen des Stalles auf die Gliedmaßengesundheit von Kühen wurden in den letzten Jahren an der Universität Gießen in 4 Dissertationen (Weiss 1989, Zerzawy 1989, Köbrich 1993, Schlimm 1999) und einer Habilitationsschrift (Bockisch 1990) erforscht, um so Anhaltspunkte für die GestalGROSSTIERPRAXIS 5/2000 7 KLAUENPFLEGE KÄLBERDURCHFÄLLE tung eines, zumindest aus orthopädischer Sicht, tiergerechten Kuhstalls zu erhalten. Gliedmaßenschädigende Faktoren in der Anbindehaltung Eine steigende Anzahl von Kühen wird heute ganzjährig im Stall gehalten. Im Anbindestall sind diese Tiere lebenslang gezwungen, die Funktionsabläufe Stehen, Fressen und Ruhen auf ein und demselben Platz auszuführen. Die Gestaltung des Standplatzes hat daher einen ganz erheblichen Einfluss auf die Gliedmaßengesundheit. Probleme entstehen nicht nur durch direkte Verletzungen, sondern auch durch Beeinträchtigung des natürlichen Bewegungsablaufes und durch Verhaltensstörungen. Die Hintergliedmaßen werden besonders durch zu kurze Standplätze und durch eine fehlerhafte Gestaltung des Entmistungsbereiches geschädigt. In Ställen mit Schwemmentmistung und Gitterrosten, die in Landstrichen mit überwiegender Grünlandwirtschaft auch heute noch üblich sind, stehen viele großrahmige Kühe ständig auf den Rosten. Die Folge sind Klauendeformationen und punktuelle Überlastungen der Sohlenlederhaut. Beim Liegen wird besonders der Sprunggelenkbereich durch den Druck der Roste und durch Niveauunterschiede am Übergang zwischen Matten und Rosten geschädigt. Manche Landwirte versuchen auch, verschlissene Roste mit möglichst geringem Kostenaufwand zu „reparieren“: Durch Einlegen von Holzbalken, Aufschweißen von Bandeisen, das Herumdrehen von Rosten (die Kühe stehen dann auf den schmalsten Stegen) oder das Wenden durchgebogener Roste entstehen vielerlei Möglichkeiten für 8 GROSSTIERPRAXIS 5/2000 Verletzungen an Gliedmaßen und Euter. Auf zu kurzen Standplätzen mit einer hohen Kotstufe können beim Abrutschen von der Stufe Zerrungen am Ansatz der Beugesehne und Traumatisierungen bis hin zur Klauenbeinfraktur entstehen. Wenn die Kühe aus Platzmangel im Entmistungsbereich liegen müssen, sind Euter- und Sprunggelenkregion besonders gefährdet. Beim zeitweiligen oder dauerhaften Stehen im tiefliegenden Mistgang wird zuviel Gewicht auf die Hintergliedmaßen verlagert. Sohlenlederhautquetschungen und -geschwüre nehmen zu. Bei Kurzständen mit Stroheinstreu und Schieberentmistung führt das Stehen im kotverschmutzten Mistgang zusätzlich zum Aufweichen des Hornschuhs, zu Hornwachstumsstörungen und zum Aufweichen der Haut im Zehenbereich. Das Risiko für infektiöse Faktorenerkrankungen wie Zwischenklauennekrose und Dermatitis digitalis steigt. Bei ausreichend langen Standplätzen ohne Steuerungseinrichtungen wie Kuhtrainer, Nackenbügel oder Trennbügel - wird die Liegefläche oft Abb. 1. Phlegmone am linken Hinterbein einer Erstkalbin infolge ständiger Kollisionen mit der Stalleinrichtung. Ohne Wechsel der Aufstallung (eingestreute Laufbox als Krankenstall oder Weidegang) heilen solche Erkrankungen kaum aus. mit Kot und Harn verunreinigt. Feuchte und schmutzige Gummimatten ohne saugfähige Einstreu begünstigen die Entstehung von Hautschäden, Aufweichungen und Infektionen im Sprunggelenkbereich. Platzmangel und Angst vor Kollisionen mit der Stalleinrichtung oder mit dem zu tief hängenden elektrischen Kuhtrainer stören den natürlichen Bewegungsablauf beim Hinlegen und Aufstehen. Der Einsatz eines elektrischen Kuhtrainers ist aus Tierschutzgründen nicht mehr erlaubt! Erste Anzeichen für einen Konflikt zwischen Tier und Stalleinrichtung sind verlängerte Steh- und Liegephasen, Ängstlichkeit und Unsicherheit sowie wiederholt unterbrochene Aufsteh- und Ablegeversuche. Betroffene Tiere drücken sich beim Aufstehen mühsam hoch und verweilen zu lange auf den Vorderfußwurzelgelenken. Manche Tiere stehen unter beengten Raumverhältnissen sogar auf eine für Kühe völlig untypische, pferdeartige Weise auf. Als Folge der punktuellen Überlastung entstehen z.B. Hautverletzungen und Schleimbeutelentzündungen. Vermehrte Probleme treten nach abruptem Wechsel des Haltungssystems auf. Besonders gefährdet sind zugekaufte großrahmige Tiere und tragende Rinder, die nach sommerlichem Weidegang oder Haltung im Tiefstall zum Abkalben angebunden werden. Wenn solche Tiere mit ihrem neuen Standplatz nicht zurechtkommen, führen die Überlastung der Gliedmaßen und die immer wiederkehrenden Kollisionen mit der Stalleinrichtung nicht selten zu schweren Gliedmaßenphlegmonen, die sich ohne Verbesserung der Aufstallungsbedingungen (Laufbox, Stroh) nur schwer heilen lassen (Abb. 1). Es ist heute durchaus möglich, einen Anbindestall für Kühe so zu gestalten, dass die Funktionsabläufe Ste- KLAUENPFLEGE Standbreite = 2 x Sb + 5 cm Gliedmaßenschädigende Faktoren im Boxenlaufstall Elastischer Gurt Stegbreite 1,8 - 2 cm Spalten 3,5 - 4 cm 20 cm 12 cm 50 cm L = 0,922 x sR + 23 cm 80 - 100 cm Abb. 2. Moderner Anbindestandplatz. hen, Ruhen, Fressen kaum behindert werden. Wenn die Kühe auch noch Gelegenheit haben, sich mehrere Stunden am Tag auf der Weide oder in einem Laufhof zu bewegen, kann ein moderner Anbindestall durchaus als tiergerecht bezeichnet werden. Gegenüber dem Boxenlaufstall hat die Anbindehaltung sogar den Vorteil, dass es leicht möglich ist, einen Standplatz tierindividuell zu bemessen. Abb. 2 und Übersicht 1 zeigen wesentliche Anforderungen an einen modernen Kurzstand. Zu kurze und zu schmale Standplätze sind außerordentlich häufig. In 15 untersuchten hessischen Rinderbeständen standen beispielsweise 90% aller 468 Tiere auf zu schmalen und 60% auf zu kurzen Standplätzen (Weiss 1989). Eingewöhnungsphasen und ein vorbeugender Klauenschnitt 6–8 Wochen vor dem Umstallen sind daher dringend erforderlich. Übersicht 1: Mindestanforderungen für die Anbindehaltung von Kühen auf Standplätzen mit Gitterrosten (Bockisch 1990) • Vier Wochen vor dem Aufstallen Klauenschnitt bei allen Rindern • Lockere Anbindevorrichtung • Flexible Krippenbegrenzung (Krippenrückwand aus Gummi, 32 cm hoch) • Krippenniveau 12-15 cm über Standplatzniveau • Standplatzlänge 170-190 cm (tierindividuelles Idealmaß: schräge Rumpflänge x 0,922 + 23 cm; Abb. 5) • Standplatzbreiten 115 und 130 cm (tierindividuelles Idealmaß: 2 x Schulterbreite + 5 cm) • Trennbügel pilzförmig, besser elastischer Gurt • Gummimatten mit Strohmehleinstreu als Liegefläche • Gitterroste nur außerhalb der Liegefläche • Täglich 2 Stunden Auslauf auf planbefestigtem Laufhof (4 m2 Fläche je GVE) Falsch bemessene Liegeboxen führen im Boxenlaufstall, ähnlich wie zu kleine Liegeflächen in der Anbindehaltung, zu einer Beeinträchtigung des natürlichen Aufsteh- und Ablegeverhaltens. Folge sind lokale Überlastungen und Druckschäden an den Gliedmaßen. Bei der Beurteilung der Boxengrößen muss bedacht werden, dass der Liegebereich durch eine Bugschwelle, eine Streuschwelle oder einen Nackenbügel zusätzlich eingeengt wird. Dies gilt besonders, wenn solche Steuerungseinrichtungen nachträglich eingebaut wurden. Die dem Tier tatsächlich zur Verfügung stehende Liegefläche kann daher erheblich kleiner sein, als es die Außenabmessungen der Box erwarten lassen. Im Boxenlaufstall ist es besonders schwierig, Angaben zu einer optimalen Boxengröße zu machen, denn die als Bemessungsgrundlage dienende schräge Rumpflänge kann zwischen den größten und kleinsten Tieren einer Herde leicht um 30-40 cm variieren (Zerzawy 1989). Die freie Wahlmöglichkeit zwischen den Boxen macht eine tierangepasste Konstruktion zur Zeit fast unmöglich. In hessischen Boxenlaufställen muß der größte Teil aller Kühe mit zu kleinen Liegeboxen vorlieb nehmen. Etwa 75% aller untersuchten Boxen waren zu kurz, 40% zu schmal (Abb. 3). In älteren Ställen (13-20 Jahre alt) waren sogar nur 2,5% der Boxen groß genug (619 Kühe in 19 Betrieben; Köbrich 1993). Aus tierärztlicher Sicht sollte man die Boxen nach den großen Tieren einer Herde bemessen, da zu große Boxen weniger schwerwiegende Gliedmaßenschäden und Verhaltensstörungen verursachen als zu enge. Im Boxenlaufstall können sich Kühe frei bewegen. Dabei legen sie täglich GROSSTIERPRAXIS 5/2000 9 KLAUENPFLEGE KÄLBERDURCHFÄLLE Strecken von 500-700 m zurück (Bockisch 1985). Die Klauengesundheit wird daher besonders durch die Gestaltung der Laufgänge beeinflusst. Ein guter Laufgang muss eben, trocken und trittsicher sein. Hornwachstum und Klauenabrieb sollten sich die Waage halten. Diese Anforderungen werden nur selten erfüllt. Laufgänge ohne Einstreu sind oft kotverschmutzt, rutschig und nass. Stauende Nässe führt zum Aufweichen des Horns und zu erhöhtem Abrieb des Tragrandes (Dietz und Prietz 1980). Gleichzeitig wuchert das Horn im Sohlenbereich und begünstigt so die Entstehung von Lederhautquetschungen mit nachfolgenden Sohlengeschwüren. Das Horn und die Haut im Ballen-, Zwischenklauen - und Kronbereich weichen auf und werden anfällig für Infektionskrankheiten. In hessischen Laufställen hatten fast 40% der 1015 untersuchten Kühe Lederhautentzündungen an einer oder mehreren Klauen (Köbrich 1993, Schlimm 1999). Abb. 3. Ungünstig konstruierte wandständige Liegebox. Das Betreten der Box wird durch ein zu weit hinten angebrachtes Nackenrohr fast unmöglich gemacht; die Kuh muss den Kopf bereits absenken, bevor sie mit den Hinterbeinen die Box betritt. Ein viel zu geringer Kopfraum verhindert entspanntes Liegen und erschwert das Aufstehen. klüftet und stark wasserhaltig. An den Hintergliedmaßen ist die Außenklaue größer und höher als die Neben mechanischen Erkrankungen treten an derartig vorgeschädigten Klauen auch besonders oft infektiöse Faktorenerkrankungen wie Zwischenklauennekrosen und Dermatitis digitalis auf. In einer Herde der Universität München traten nach Umstellung von einem Laufstall mit TiefstreuLiegebereich auf einen Boxenlaufstall mit Spaltenboden so schwere Klauenprobleme auf, dass der Anteil klauengesunder Kühe trotz einjähriger intensiver tierärztlicher Betreuung nur von 30% auf 40% gesteigert werden konnte (Distl und Schmid 1993). Im einstreulosen Laufstall scheinen die äußere Form der Klauen und die Winkelung zwischen der Sohle und dem vorderen Tragrand von der Seite her betrachtet meist korrekt zu sein, denn das Wandhorn wird durch die Bewegung auf rauhem Betonboden kurz gehalten. Die schädlichen Einflüsse des Laufstalles werden erst bei Betrachtung der Sohlenfläche erkennbar: Das Ballenhorn ist oft zer- 10 GROSSTIERPRAXIS 5/2000 Innenklaue. Die Sohle der Außenklaue ist axial mit hartgummiartigem Horn ausgefüllt, so dass dort leicht Lederhautquetschungen mit nachfolgenden Sohlengeschwüren entstehen (Abb 4). Abb. 4. Eine typische „Laufstallklaue“ lässt sich erst am angehobenen Bein erkennen. Die Winkelung zwischen Sohle und dorsalem Wandhorn erscheint physiologisch, aber an den Hintergliedmaßen ist die Außenklaue deutlich größer als die Innenklaue und ihr kaudales axiales Sohlendrittel ist mit hartgummiartigem Horn ausgefüllt. Wenn man in diesem Bereich hohlkehlt, treten meist Verfärbungen, Blutergüsse oder, wie auch auf dieser Abbildung, Sohlengeschwüre zu Tage. Ställe mit planbefestigten Laufgängen oder Laufgängen aus Flächenspaltenelementen sind für die Klauengesundheit günstiger als Ställe mit Spaltenböden aus Einzelbalken (Schlimm 1999). Flächenelemente lassen sich einfach und dauerhaft fehlerfrei verlegen. Zwischen den einzelnen Elementen treten kaum Niveauunterschiede und Verschiebungen auf. Spaltenbreiten zwischen 2,5 und 3,5 cm und etwa 8 cm Auftrittsfläche gewährleisten eine befriedigende Sauberkeit ohne das Risiko von Hornkapselverletzungen durch Einklemmen in den Spalten. Um ein Verstopfen der Spalten zu verhindern, muss aber unbedingt eine Kotabrisskante in die Elemente integriert sein (Feßl 1991). Übersicht 2: Anforderungen an einen tiergerechten Liegeboxenlaufstall für Kühe Liegeboxen müssen ungehindertes Aufstehen, Ablegen und Ruhen ermöglichen, ohne stark zu verschmutzen. • Liegelänge = 0,922 x schräge Rumpflänge + 23 cm • Boxenlänge = Liegelänge + Kopfraum (etwa 50 cm) + Raum für Bug- bzw. Streuschwelle (je nach Boxenausführung unterschiedlich) • Liegebreite = 2 x Schulterbreite + 5 cm • Horizontale Boxenabtrennung mind. 30 und max. 40-50 cm über dem Boden, keine Stützen im Hüftbereich • Boxenabmessungen sollen sich an den großen Tieren der Herde orientieren ð Problem: freie Boxenwahl erschwert tierindividuelle Anpassung; kleine Kühe verunreinigen große Boxen Laufgänge sollen plan, trocken und griffig sein. Abmessungen: • Fressgang 3,20 - 3,50 m breit • Laufgang 2,50 m breit • Warteraum 2 m2 pro Kuh Geeignete Laufflächen bei einstreuloser Haltung: • Planbefestigte Lauffläche aus Gussasphalt ð Problem: Reinigung, stauende Nässe KLAUENPFLEGE Auf planbefestigten Laufflächen kommt es seltener zu Sohlenlederhautquetschungen als auf Spaltenböden. Allerdings treten bei dieser Lauffläche die meisten Entzündungen im Ballen- und Zwischenklauenbereich auf, ein Hinweis auf oftmals unzureichende Entmistungsverfahren mit vermehrter Nässe und Verschmutzung. Die Untersuchungen wurden allerdings nur in älteren Ställen durchgeführt (13 -20 Jahre alt). Verbesserte Materialien (Gussasphalt) und der Fortschritt in der Entmistungstechnik machen es heute möglich, einen Stall mit planbefestigtem Boden zu bauen, welcher, insbesondere wegen der geringeren Baukosten, dem Flächenspaltenboden überlegen ist. Grundsätzlich sollte jeder Stallneubau vor dem Bezug durch einen Tierarzt auf verletzungsträchtige Mängel in der Bauausführung kontrolliert werden. • Flächenspaltenelemente Boxenlaufställe mit Laufflächen aus Einzelbalken zeigen besonders oft bautechnische und alterungsbedingte Mängel. Die große Länge der Einzelbalken und ein Verschleiß der Abstandhalter führen im Laufe der Zeit zu erheblichen Niveauunterschieden und zu Verschiebungen der Balken. Auch Ausbrüche und wackelnde Balken kommen häufig vor. Ein Niveauunterschied von Schräge Rumpflänge mehr als 2 cm zwischen einzelnen (sR) Balken führt nachweislich zu einer Häufung von Sohlenlederhautquetschungen (Schlimm 1999). Spaltenbreiten von 4,5 bis über 5 cm erhöhen das Risiko für schwere Verletzungen einzelner Klauen, denn schmal gewachsene Klauen können in den Entmistungsspalt abkippen oder sich dort verklemmen. Eine Verbesserung der Sauberkeit läßt Abb. 5. Mit Hilfe der schrägen Rumpflänge (sR, gemessen vom Schultergelenk bis sich durch solche breiten Spalten zum Sitzbeinhöcker) und der Schulterbreite (Sb) lässt sich der Platzbedarf eines nicht erzielen. Wesentliche Anforderungen an einen tiergerechten Boliegenden Rindes errechnen. – Auftrittsfläche 8 cm – Spaltenbreite 2,5 cm (in Laufgängen) bis 3,5 cm (im Fressgang) – Kotabrisskante entlang der Balken GROSSTIERPRAXIS 5/2000 11 KLAUENPFLEGE KÄLBERDURCHFÄLLE xenlaufstall sind in Übersicht 2 (Seite 11) zusammengefasst. Die Liegefläche entspricht dem Platzbedarf in der Anbindehaltung. Abb. 5 (Seite 11) zeigt das Messverfahren zur Ermittlung der bereits mehrfach erwähnten „schrägen Rumpflänge“, einer einfachen Messgröße zur Beurteilung des Platzbedarfs einer Kuh. Trotz aller technischen Verbesserungen sind immer noch viele einstreulose Laufgänge nass und rutschig. Landwirte und Tierärzte wissen dies aus eigener Erfahrung und bewegen sich deshalb im Stall nur langsam und vorsichtig. Eine orthopädisch korrekte Klauenpflege muss unter solchen Bedingungen vor allen Dingen die Standfestigkeit verbessern und eine natürliche Belastung der Gliedmaßen ermöglichen, um so der Entstehung von schweren Klauenerkrankungen vorzubeugen. Die Überprüfung des Klauenzustandes und auch die Untersuchung und Behandlung lahmer Kühe sind in einem Laufstall mit gehäuften Lahmheiten eine Aufgabe für Spezialisten (dies sollte eigentlich der Tierarzt sein!) mit erheblichen Auswirkungen auf die Herdenleistung. Anhaltspunkte für ein systematisches Vorgehen zur Lahmheitsdiagnostik sind in Übersicht 3 dargestellt. Übersicht 3: Maßnahmen bei bestandsweise gehäuften Lahmheiten in Milchrinderherden • Untersuchung des Stalles auf Mängel in Bauplanung und -ausführung zur Ermittlung und Ausschaltung aller dauerhaft einwirkenden gliedmaßenschädigenden Faktoren. • Herstellung eines einheitlichen Klauenpflegezustandes in der gesamten Herde, einschließlich tragender Rinder, durch tierärztlich kontrollierten, orthopädisch korrekten Klauenschnitt. • Tierärztliche Untersuchung und individuelle Behandlung aller lahmen Tiere bis zur Ausheilung (in der Regel sind nach der Erstbehandlung mehrere Nachbehandlungen und Klauenkorrekturen notwendig). • Einrichtung eines Krankenstalles (Laufbox, Stroh) mit Melkmöglichkeit für lahme Kühe. • Möglichkeit eines zeitweiligen Weideganges erwägen. • Nach Erreichen eines einheitlichen und orthopädisch korrekten Klauenzustandes sind Klauenbäder (5% Kupfersulfat, 10% Zinksulfat oder 3-5% Formalin, mehrere Minuten Einwirkzeit) geeignet, um schädigenden Einflüssen von Feuchtigkeit sowie Infektionen des nicht verhornten Zehenbereichs wirksam vorzubeugen. • Analyse der Fütterung, um schädigende Einflüsse von chronisch latenter Pansenazidose (chronische Klauenrehe) und Vitamin-Ebzw. Selen-Mangel (schmerzhafte Muskeldegenerationen) auszuschließen. • Klauengesunde Tiere zur Zuchtwahl bevorzugen. weisen auf die Wichtigkeit dieser biomechanischen Zusammenhänge hin (Schmoldt und Heyden 1973, Schneller 1984, Bockisch 1990, Toussaint-Raven 1992, Blowey 1993, Köbrich 1993). Eine gesunde Klaue muss auf unterschiedlichem Boden sicheren Stand und rasche Flucht ermöglichen. Sie trägt dabei nicht nur das Körpergewicht, sondern muss auch die in der Bewegung auftretenden Belastungsspitzen auf das Muskel- und Skelettsystem übertragen. Das Klauenbein ist mit Hilfe von etwa 1300 Lederhautlamellen elastisch in der Horn- Falsche Klauenpflege und unsachgemäße Therapie von Klauenerkrankungen verursachen wirtschaftliche Verluste und überschreiten nicht selten die Toleranzgrenzen des Tierschutzes. Klauenpflege beim Rind Voraussetzung für einen orthopädisch korrekten Klauenschnitt ist eine funktionsorientierte Betrachtung der Klaue. Fast alle neueren Publikationen zum Klauenschnitt 12 GROSSTIERPRAXIS 5/2000 Abb. 6. Verteilung der Wandlederhautlamellen im Hornschuh. Das Klauenbein ist mit Hilfe der Wandlederhautlamellen elastisch im Hornschuh aufgehängt. Die Befestigung ist abaxial und dorsal sehr stabil. Im kaudalen, axialen Drittel des Hornschuhs sind jedoch keine Wandlederhautlamellen angelegt, so dass sich das Klauenbein hier, direkt über der Prädilektionsstelle für Sohlengeschwüre, besonders weit absenken kann. kapsel aufgehängt und wandelt so die Druckbelastung des Klauengelenks in eine Zugbelastung der Klauenwand um. Die Wandlederhautlamellen sind abaxial und dorsal wesentlich stärker ausgebildet als axial; sie fehlen im kaudalen Drittel der axialen Hornwand (Abb. 6). Die Aufhängung ist trotzdem so stabil, dass Dietz und Heyden (1990) ein Klauenbein experimentell mit 285 kp belasten konnten, ohne dass die Sohlenfläche mittragen musste. Solange alle Gliedmaßen gleichmäßig Abb. 7. Klauenmechanismus. Wenn das Klauengelenk von dorsal her statisch belastet wird, überträgt es die einwirkende Kraft mit Hilfe der Wandlederhautlamellen auf den Hornschuh. Die Druckbelastung des Klauengelenkes wird so größtenteils in eine Zugbelastung umgewandelt; eine Belastung der Sohle wird weitgehend verhindert. Wenn die Klaue bei der Fortbewegung hart aufgesetzt wird, rotiert das Klauenbein und senkt sich, besonders im kaudalen axialen Bereich, ab. Der Ballen wird komprimiert, und gleichzeitig kommt es durch den verstärkten Zug an den Wandlederhautlamellen zu einer seitlichen Verbreiterung der Klaue in den hinteren Trachtenpartien und zu einer Raumverengung im vorderen Klauenbereich. Die Elastizität des Hornschuhs hilft Stöße zu dämpfen und verhindert normalerweise, dass die Sohlenlederhaut beim Auftreten zwischen dem Klauenbein und dem Sohlenhorn gequetscht wird. Die je nach Belastung wechselnde Ausdehnung und Verengung des Hornschuhs wirken zudem auf ein parallel zum Kronsaum verlaufendes Venengeflecht ein und pumpen so vermehrt Blut in den Hornschuh. Eine gute Durchblutung der Lederhaut schafft beste Voraussetzungen für ein gesundes Hornwachstum. belastet werden, „schwebt“ das Klauenbein über der Sohle. Beim Auftreten verstärkt sich der Zug an den Lamellen. Das Klauenbein sinkt besonders im kaudalen Bereich ab und aktiviert dabei den Klauenmechanismus (Habacher 1948). Die hinteren Trachtenpartien weichen auseinander und der Raum im vorderen Klauenbereich verengt sich. Gleichzeitig wird der Ballen komprimiert und die Sohle senkt sich ab. Die je nach Belastung wechselnde Ausdehnung und Verengung des Hornschuhs wirken in erster Linie stoßdämpfend. Sie wirken aber auch auf ein parallel zum Kronsaum verlaufendes Venengeflecht ein (Greenough 1994) und pumpen so vermehrt Blut in den Hornschuh (Abb. 7). Eine gute Durchblutung der Lederhaut schafft beste Voraussetzungen für gesundes Hornwachstum. Der Schwachpunkt der Klauenbeinaufhängung liegt im kaudalen axialen Drittel des Hornschuhs. In diesem Bereich sind keine Wandlederhautlamellen angelegt, so dass das Klauenbein hier – direkt über der KLAUENPFLEGE Prädilektionsstelle für Rusterholzsche Sohlengeschwüre – besonders viel Bewegungsspielraum hat. Die Hintergliedmaßen tragen nur etwa 40% des statischen Körpergewichtes (Feßl 1968); sie verarbeiten in der Bewegung aber stärkere Belastungsspitzen als die Vorderbeine, so dass fast 90% aller Klauenerkrankungen an den Hinterbeinen auftreten (Pinsent 1981). Unter natürlichen Lebensbedingungen und als „natürliche“ Haltungsform kann bei Hausrindern nur die Weidehaltung gelten, führt der je nach Witterung und Untergrund wechselnde Wassergehalt des Hornes zu einer Abschilferung der parallel zur Sohlenfläche angeordneten Sohlen- und Ballenhornlamellen, so dass sich ein deutlich über das Niveau der Sohle hervorragender belastungsfähiger Hornrand ausbildet, der die Hauptlast des Körpergewichtes trägt (daher der Name „Tragrand“!). Solch ein leicht überstehen- a) Spitz gewinkelte "Stallklaue" b) Korrekte Winkelung (45 - 50°) Abb. 8. Belastungsunterschied zwischen spitz gewinkelten „Stallklauen“ und normal (45 - 50°) gewinkelten Klauen. Bei spitz gewinkelten Klauen liegt das kaudale Ende des Klauenbeines tiefer als die Klauenbeinspitze. Das Körpergewicht verlagert sich zunehmend auf den Ballen und auf den kaudalen Sohlenbereich und führt dort im Laufe der Zeit zu Quetschungen und Blutergüssen (Abb. 8a). Durch Überdehnung der Fessel und vermehrten Zug am Ansatz der Beugesehne können sogar Exostosen am Tuberculum flexorium des Klauenbeines entstehen, welche die Gefahr einer Sohlenlederhautquetschung noch erhöhen. Bei normal gewinkelten Klauen (Abb. 8b) verläuft das Klauenbein parallel zur Sohlenfläche, und das Körpergewicht wird durch das Zusammenwirken von Klauenbein, Wandlederhaut und Wandhorn hauptsächlich auf den Tragrand verlagert. GROSSTIERPRAXIS 5/2000 13 KLAUENPFLEGE Abb.a6 a b6b Abb. Abb. 9. Belastungsanomalie bei unterschiedlich hohen Klauen: Bei unterschiedlicher Höhe von Innen- und Außenklauen verlagert sich das Körpergewicht zunehmend auf den axialen Bereich der höheren Klaue (vorne meist die Innenklaue, hinten die Außenklaue) und führt dort zu Überlastungen und Quetschungen der Sohlenlederhaut, aus denen sich „Rusterholzsche“ Sohlengeschwüre entwickeln können (Abb. 9a). Oberstes Ziel der Klauenpflege, insbesondere auf hartem, ebenem Boden sind die Herstellung einer gleichmäßigen Lastverteilung auf Innen- und Außenklauen (Abb. 9b) und eine Entlastung des kaudalen axialen Sohlenbereichs durch Hohlkehlung. der harter Tragrand gewährt sowohl auf festem als auch auf weichem Untergrund Halt und schützt die Sohle vor Quetschungen. Die Sohle übernimmt unter diesen natürlichen Bedingungen, insbesondere in ihrem kaudalen axialen Bereich, kaum eine tragende Funktion und unterstützt, ähnlich wie beim Pferdehuf, das ela- a 7a Abb. stische und stoßdämpfende System der Zehe (Dietz und Heyden 1990, Schmoldt und Heyden 1973). Das Klauenwachstum unterscheidet sich bei aufgestallten Rindern ganz erheblich von dem eines Steppentieres. Im eingestreuten Stall nutzt sich der Tragrand kaum ab, so dass sich, b 7b Abb. Abb. 10. Entlastung der Sohle durch Hohlkehlung. Auf hartem Untergrund ist eine Entlastung des kaudalen axialen Sohlenbereichs durch Hohlkehlung (Abb. 10 b) besonders wichtig. Auf Betonboden müssen, anders als auf dem weichen Untergrund einer Weide oder eines Tieflaufstalles, alle bei der Fortbewegung, bei Kämpfen oder beim Bespringen auftretenden Belastungsspitzen vom Bewegungsapparat kompensiert werden. Eine plan geschliffene Sohle (Abb. 10 a) hat zum Boden hin keinen Spielraum, um nachzugeben, wenn sich das Klauenbein bei hartem Auftreten absenkt. 14 GROSSTIERPRAXIS 5/2000 bei einem Hornwachstum von 3-5 mm pro Monat, mit der Zeit spitz gewinkelte „Stallklauen“ bilden. Der verlängerte Hebelarm der Klauenspitze verlagert das Körpergewicht auf den Ballen und auf den kaudalen Sohlenbereich und führt zu vermehrtem Zug am Ansatz der tiefen Beugesehne, bis hin zur Exostosenbildung am Tuberculum flexorium des Klauenbeines (Feßl 1986). Dieses Problem ist seit langem bekannt (Rusterholz 1920), so dass beim Klauenschneiden grundsätzlich angestrebt wird, die Klauenspitze kurz zu halten (Abb. 8). Traditionelle Klauenpflegemethoden, wie das in den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts entwickelte „Allgäuer Verfahren“ mit Stemmeisen und Schiebemesser, dienen hauptsächlich dem Kürzen von Horn, welches im Stall bei Anbindehaltung auf Stroh übermäßig gewachsen war. Bei moderner Haltung im Laufstall ohne Einstreu auf Beton- oder Asphaltboden ergeben sich ganz anders geartete Probleme. In vielen Laufställen ist der Boden ständig kotverschmutzt und nass (Schlimm 1999). Das Horn des Tragrandes wird durch die Bodenfeuchtigkeit aufgeweicht und durch den rauhen, harten Untergrund abgerieben, so dass die gesamte Sohlenfläche Bodenkontakt bekommt (Schmoldt und Heyden 1973). Die Außenklauen der Hintergliedmaßen werden bei der Milchkuh physiologischerweise etwas stärker belastet als die Innenklauen. Die stärkere Belastung fördert das Hornwachstum und führt im Laufe der Zeit im Rahmen einer Belastungshypertrophie zu einer Größenzunahme der Außenklauen, die dann, insbesondere im axialen Bereich, übermäßig viel Gewicht tragen (Abb. 9 a). Langfristig führen Fehlbelastung und fehlende Hohlkehlung der Sohle zu Blutergüssen und Sohlengeschwüren. Der axiale Bereich der Außenklauen wird mit stark wasserhaltigem, hartgummiartigem Sohlenhorn ausgefüllt (Heyden und Dietz 1991) und hat zum Boden hin keinen Spielraum, um nachzugeben, wenn das Klauenbein bei Belastung absinkt. Daher wird die Sohlenlederhaut bei hartem Auftreten zwischen dem Klauenbein und dem Sohlenhorn gequetscht (Dietz und Heyden 1990). Solch eine plane Sohlenfläche ist im modernen Laufstall mit Betonboden eine Hauptursache für Sohlengeschwüre. Selbst wenn bereits Druckschäden der Sohlenlederhaut vorliegen, sieht die Winkelung einer derartigen „Laufstallklaue“ von der Seite her betrachtet allerdings korrekt aus, und sie scheint demnach keiner Pflege im traditionellen Sinne zu bedürfen. Eine Klauenkorrektur verfolgt daher neben der Herstellung einer korrekten Winkelung auch das Ziel, das Körpergewicht gleichmäßig auf die Innen- und Außenklauen zu verteilen (Abb. 9). Um an den Hintergliedmaßen eine gleichmäßige Lastverteilung zu erreichen, muss der Trachtenbereich von Innen- und Außenklaue gleich hoch sein. Hierzu muss in der Regel nur die Außenklaue verkleinert werden. Im Trachtenbereich der Innenklaue sollte hingegen möglichst viel Höhe erhalten bleiben. Auf hartem Boden muss der besonders gefährdete axiale Bereich der Außenklaue zusätzlich durch eine Hohlkehlung entlastet werden (Abb. 10). Diese Hohlkehlung bleibt allerdings nicht lange bestehen. Bereits 3-4 Monate nach einem korrekten Klauenschnitt ist der hohlgekehlte Bereich wieder von nachwachsendem Horn ausgefüllt worden und die Belastungsverhältnisse sind fast wieder so wie vor dem Klauenschnitt (Distl et al. 1990). KLAUENPFLEGE plizierte Sohlengeschwüre mit Beugesehnenschäden (Kippklaue) können nur durch wiederholte vorsichtige Korrekturen in gewissem Umfang gebessert werden. Der besonders gefährdete axiale Bereich der Außenklauen sollte daher an den Hintergliedmaßen 3- bis 4mal jährlich im Klauenstand kontrolliert und gegebenenfalls korrigiert werden. Eine Hohlkehlung dieses Bereiches ermöglicht es der Sohle, Stößen des Klauenbeines elastisch auszuweichen und schützt die Lederhaut auf hartem Untergrund vor Druckschäden. Wenn immer es möglich ist, sollte man Kühen Weidegang gewähren, denn neben den positiven Auswirkungen auf das Wachstum und die Abnutzung der Klauen sowie dem Trainingseffekt für die Muskulatur fördert die Weideperiode auch die Heilung von aufstallungsbedingten Druckstellen und Liegeschäden der Gliedmaßen. Besondere Probleme bereiten Klauen, welche infolge einer chronischen Erkrankung so stark deformiert sind, dass sich mit einmaligem Schnitt keine physiologische Belastung erreichen lässt. Zwangsklauen, durch Rehe missgebildete Klauen sowie Belastungsanomalien durch kom- Um Klauenleiden langfristig zu vermeiden, muss neben sachgerechter Klauenpflege und Fütterung sowie stallbaulichen Verbesserungen auch größter Wert auf eine züchterische Bevorzugung klauengesunder Rinder gelegt werden (Dirksen und Stöber 1979, Distl 1996). Klauenkontrolle und -korrektur mit Hilfe einer Klauenmesslehre Mit Hilfe einer Klauenmesslehre (Klauen-Check, Firma Demotec) läßt sich anhand von 5 Untersuchungspunkten leicht prüfen, ob bei Klauenpflegemaßnahmen eine gleichmäßige und annähernd physiologische Klauenform hergestellt wurde. Das Hilfsmittel dient für folgende Untersuchungen: 82 mm • Kontrolle des Winkels zwischen Sohle und vorderer Klauenwand (tolerierbare Werte 45° – 50°; Wert der Messlehre 48°) • Überprüfung der dorsalen Wandlänge vom Kronsaum bis zur Sohle (Durchschnittswert 75 – 80 mm; Wert der Messlehre 82 mm) 75 mm 82 mm 75 mm 50° Abb. 11. Kontrolle der Klauenform mittels Klauenmesslehre. GROSSTIERPRAXIS 5/2000 15 KLAUENPFLEGE KÄLBERDURCHFÄLLE Höhenvergleich zwischen Innen- und Außenklaue eines Fußes Die Klauenmesslehre wird am angehobenen Fuß von vorn auf die Klaue geschoben. Sie liegt im Idealfall der Sohle und dem dorsalen Wandhorn plan an (Abb. 11, rechts). Bei zu lang gewachsenen ”Stallklauen” ist der Winkel zwischen Sohle und Wand spitzer als 45° (Abb. 11, links) und das dorsale Wandhorn länger als 82 mm (Abb. 11, Mitte). Die Klauenmesslehre wird am angehobenen Fuß unter die Sohlenfläche des Ballens gehalten. Normalerweise sollten beide Ballen gleich hoch sein, Die Klauenmesslehre gibt Richtwerte für eine gleichmäßige Korrektur aller Klauen und schafft so die Voraussetzung für eine ausgeglichene Lastverteilung auf alle Zehen. Die eingestellten Werte gelten für erwachsene Deutsche Schwarzbunte Kühe. Sie wurden etwas größer gewählt als die Durchschnittswerte, um einer versehentlichen Verletzung der Klauenspitze vorzubeugen. so dass beide Klauen gleich viel an Körpergewicht tragen. In diesem Fall verläuft die Zehenachse von kaudal betrachtet rechtwinklig zu der untergelegten Platte (Abb. 12, rechts). Bei ungleicher Klauenhöhe ist entweder ein Luftspalt zwischen Platte und kleinerer Klaue erkennbar (Abb. 12, Abb. 12. Höhenvergleich zwischen Innen- und Außenklaue eines Fußes. Hier halbseitige Demotec-Anzeige 16 GROSSTIERPRAXIS 5/2000 links) oder das von der Platte nach dorsal gefällte Lot verläuft, bei ungleich hohen schräg gewachsenen Klauen, nicht parallel zur Zehenachse. Wenn die Klauen einer Zehe unterschiedlich hoch sind, trägt der axiale Bereich der höheren Klaue übermäßig viel Last. Diese einseitig vermehrte Belastung ist, vor allem in Ställen mit hartem Boden, eine Hauptursache für Lederhautquetschungen und nachfolgende Sohlengeschwüre. Kontrolle der Sohlenplanlage Bei der Klauenpflege mit einem Winkelschleifer wird die Schleifscheibe häufig unbewusst zum Zwischenklauenspalt hin verkantet, so dass von vorn betrachtet ein dach- Visuelle Kontrolle der Hohlkehlung Wird die Klauenmesslehre mit zum Ballen gerichteter Öffnung auf die Sohlenflächen beider Klauen gelegt, wird sofort erkennbar, welche Sohlenabschnitte Bodenkontakt haben (Abb. 14, rechts zeigt die pysiologischen Belastungszonen von Rinderklauen). Der V-förmige Ausschnitt gibt dabei den Blick auf das axial gelegene Sohlendrittel frei (Abb. 14, links). Dieser Bereich sollte, insbesondere bei Haltung auf hartem Boden (z.B. Beton oder Asphalt), zum Schutz vor Sohlenlederhautquetschungen hohlgekehlt sein, so dass die Sohle elastisch nachgeben kann, wenn sich das Klauenbein bei starker Belastung nach unten absenkt. Die Klauenmesslehre ermöglicht eine rasche Kontrolle, ob nach einer Klau- KLAUENPFLEGE enkorrektur im kaudalen axialen Drittel der Sohle ein ausreichender Sicherheitsabstand von etwa 5 mm zum Boden besteht. Schneiden von krankhaft veränderten Klauen Wenn man krankhaft veränderte Klauen korrigiert oder lahme Kühe behandelt, muss man zunächst wissen, welche mechanischen und funktionellen Störungen bestandsweise gehäufte Klauenerkrankungen auslösen. Im Unterschied zur vorbeugenden Klauenpflege versucht man bei der Lahmheitsbehandlung stets, die erkrankte Klaue zu entlasten und mehr Gewicht auf die gesunde Klaue zu verlagern. In den Fällen, wo sich dies nicht allein durch Klauenschnitt erreichen lässt, kann die gesunde Klaue durch einen Holz- oder Gummiklotz oder durch einen Kunststoffschuh erhöht werden. Mechanisch bedingte Klauenerkrankungen Sohlengeschwüre Manche Kühe leben in Anbindehaltung jahrelang mit extremen Stallklauen, ohne schwer lahm zu werAbb. 13. Kontrolle der Sohlenausrichtung. förmiges Sohlenprofil entsteht. Bei dieser Art des Klauenschnitts besteht erhöhtes Risiko für Lederhautverletzungen im axialen Sohlenbereich (Abb. 13, links). In der Bewegung wird das Körpergewicht zu sehr auf den abaxialen Tragrand verlagert. Wenn die Klauenlehre flach auf die Sohlenfläche beider Klauen gelegt wird, lässt sich bei Betrachtung von vorn leicht überprüfen, ob die gesamte Fläche des kranialen Sohlendrittels gleichmäßigen Bodenkontakt hat (Abb. 13, rechts). Abb. 14. Kontrolle der Fußungsfläche. GROSSTIERPRAXIS 5/2000 17 KLAUENPFLEGE KÄLBERDURCHFÄLLE den. Meistens stehen solche Kühe auf einem stark ausgebildeten, harten Tragrand, der die Sohle vor Überlastung schützt. Dynamische Belastungsspitzen bei plötzlichen Bewegungen, beim Kämpfen oder beim Aufreiten bulliger Kühe entfallen in der Anbindehaltung, so dass die negativen Auswirkungen der Fehlbelastung nicht so extrem sind wie im Laufstall. Im Laufstall sind Sohlengeschwüre eine der häufigsten mechanisch bedingten Klauenerkrankungen. Ihre Entstehungsweise wird in Übersicht 4 noch einmal stichwortartig zusammengefasst. Zur Vermeidung von mechanischtraumatischen Sohlengeschwüren muss das Körpergewicht, besonders Sohlengeschwüre sind die Folge einer monatelangen Fehlbelastung. Sie entwickeln sich von innen nach außen und können nur heilen, wenn Überlastungen der Sohlenlederhaut im erkrankten Bereich durch einen orthopädisch korrekten Klauenschnitt und durch eine angemessene Aufstallung dauerhaft verhindert werden. an den Hintergliedmaßen, auf die Innen- und Außenklauen gleichmäßig verteilt werden. Die maximale Lastaufnahme sollte im mittleren Drittel des Tragrandes erfolgen. Zusätzlich ist der axiale Sohlenbereich durch Hohlkehlung zu entlasten. Im Idealfall liegen die Sohlenflächen von Innen- und Außenklaue auf gleicher Höhe und die Zehenachse steht - von kaudal her betrachtet - senkrecht zur Auftrittsfläche (Abb. 15). Übersicht 4: Ursachen für die Entstehung von Sohlengeschwüren • An den Hintergliedmaßen werden die Außenklauen physiologischerweise etwas stärker belastet als die Innenklauen. • Als Folge dieser vermehrten Belastung wird die Hornproduktion an der Sohlenfläche der Außenklauen, insbesondere beim Laufen auf hartem Boden, verstärkt (Belastungshypertrophie). • Die Außenklauen werden deutlich höher als die Innenklauen. • Die ungleiche Klauenhöhe führt zu einer „kuhhessigen“ Gliedmaßenstellung, bei der ein Teil des Körpergewichtes auf den axialen Sohlenbereich der Außenklauen verlagert wird. • Als Folge der vermehrten Druckbelastungen kommt es in diesem Bereich zu Durchblutungsstörungen und zu Quetschungen der Sohlenlederhaut. • Die traumatisierte Sohlenlederhaut bildet minderwertiges Horn. • Unter dem Sohlenhorn entstehen Defekte und Hohlräume, die durch Schmutz und Keime von außen infiziert werden können. • Eine Infektion im kaudalen axialen Sohlenbereich kann, wenn sie das Fettpolster überwunden hat, leicht auf die tiefe Beugesehne oder auf das Klauengelenk übergreifen. • Endstadium ist eine eitrige Klauengelenkentzündung oder ein Abriss der tiefen Beugesehne mit nachfolgender Kippklaue. 18 GROSSTIERPRAXIS 5/2000 Abb. 15. Überprüfung der Belastungsverhälnisse. Nach dem Klauenschnitt sollte der Ballenbereich an Innen- und Außenklaue gleich hoch sein und die Zehenachse senkrecht zum Boden verlaufen (hier durch Unterlegung einer Platte simuliert). Endogen verursachte Klauenerkrankungen – Klauenrehe Als Klauenrehe bezeichnet man eine aseptische Entzündung der Sohlenund Wandlederhaut, die durch Überfütterung mit leicht verdaulichen Kohlenhydraten (akute oder chronische Pansenazidose), durch bakterielle Giftstoffe (Endotoxine) im Rahmen von schweren Infektionskrankheiten (z.B. Metritis oder Mastitis) oder auch durch mechanische Überlastungen, z.B. bei Wechsel vom Tiefstall auf Spaltenboden, ausgelöst wird. Im Verlauf einer Klauenrehe lockert sich die intensive Verbindung zwischen Hornkapsel und Klauenbein. Folgen sind eine stärkere Druckbelastung der Sohle, ein ungleichmäßiges Wachstum des Wandhorns (von kranial nach kaudal divergierende Reheringe) und ein Durchbiegen des Hornschuhes mit Gewichtsverlagerung auf den Ballen. Der gestörte Zusammenhalt zwischen Sohlen- KLAUENPFLEGE fenen Wunden kontraindiziert. Zur Prophylaxe von Klaueninfektionen sind nur Standbäder oder große Durchlaufbecken geeignet. Beim Klauenbad müssen mehrere Minuten Einwirkzeit gewährleistet sein! Grundprinzipien der Lahmheitsbehandlung bei Kühen Abb. 16. Pathologisches Hornwachstum bei chronischer Klauenrehe. Die bei Klauenrehe auftretende aseptische Entzündung der Sohlen- und Wandlederhaut lockert die innige Verbindung zwischen Hornschuh und Klauenbein. Das Klauenbein sinkt nach ventral ab und verstärkt die Druckbelastung der Sohle. Das dorsale und laterale Wandhom wächst nicht mehr parallel zum Klauenbein und nimmt im Laufe der Zeit eine konkave Form mit deutlichen, von kranial nach kaudal divergierenden Reheringen an. Auf der Sohlenfläche solcher chronischen Reheklauen fällt eine verbreiterte weiße Linie (auf der Abbildung gut erkennbar an der Klauenspitze) mit quer verlaufenden Rissen auf. Die Risse in der weißen Linie begünstigen das Eindringen von Infektionserregern in den Hornschuh und das Entstehen von Wandlederhautentzündungen. und Wandhorn ist am besten anhand der verbreiterten und rissigen weißen Linie erkennbar. Durch solche Risse können Keime bis zur Lederhaut vordringen und Sohlen- oder Wandlederhautentzündungen verursachen. Klauenrehe führt zu pathologischen Belastungsverhältnissen, zur Bildung von qualitativ minderwertigem Sohlen- und Wandhorn und zur Deformation des Hornschuhs (konkaves Wandhorn; Abb. 16). Die chronische Klauenrehe spielt daher eine entscheidende Rolle bei der Entstehung von mechanisch traumatischen Klauenerkrankungen (Blowey 1993). Die Therapie der chronischen Klauenrehe ist schwierig. Neben dem Abstellen von auslösenden Faktoren kann man nur durch wiederholten vorsichtigen Klauenschnitt versuchen, wieder eine normale Belastung und ein normales Hornwachstum zu erreichen. Anhaltspunkte für ein systematisches Vorgehen bei Bestandsproblemen wurden bereits genannt (Übersicht 3). Untersuchung und Behandlung einer einzelnen lahmen Kuh sollten nach dem in Übersicht 5 fixierten System erfolgen. Infektiöse Klauenerkrankungen Gehäuft auftretende infektiöse Klauen- und Gliedmaßenerkrankungen sind meist das Resultat aus mangelhafter Klauenpflege, schlechter Hygiene, stallbaulicher Unzulänglichkeiten und eines krankmachenden Keimspektrums. Dies gilt insbesondere für infektiöse Faktorenerkrankungen wie Zwischenklauennekrose bzw. -phlegmone, Dermatitis digitalis (Abb. 17) oder Ballenhornfäule. Neben einer Klauenkorrektur und lokaler oder parenteraler antibiotischer Behandlung des Einzeltieres sollten daher auch die Haltungsbedingungen der Herde überprüft und optimiert werden. Klauenbäder mit desinfizierenden Substanzen (Badeflüssigkeit 3 - 5% Formalinlösung, 5% Kupfersulfatlösung oder 10% Zinksulfatlösung) sind zur Therapie erkrankter Tiere weitgehend ungeeignet und bei Kühen mit Sohlengeschwüren oder of- Abb. 17. Die Dermatitis digitalis ist eine infektiöse Faktorenerkrankung, an deren Entstehung Spirochäten beteiligt sind . Sie befällt hauptsächlich die Haut in der Nähe des kranialen und kaudalen Endes des Zwischenklauenspaltes. Dort entstehen rundliche Hautveränderungen mit erdbeerartig zerklüfteter Oberfläche. Die Dermatitis digitalis läßt sich durch Korrektur der Klauenbelastung und durch lokale antibiotische Behandlung (z.B. mit Oxytetracyclin) am Einzeltier leicht heilen. Es ist aber schwierig, die Erkrankung aus befallenen Herden vollständig zu eliminieren. GROSSTIERPRAXIS 5/2000 19 Übersicht 5: Grundprinzipien der Lahmheitsbehandlung ✘Beurteilung von Art und Grad der Lahmheit im Stand und in der Bewegung. ✔ Art der Lahmheit (Stützbein- oder Hangbeinlahmheit?) ✔ Lahmheitsgrad (L I bis LV)? ✔ auffällige Schonhaltung ✘Betrachtung der erkrankten Gliedmaße von außen: ✔ sichtbare Schwellungen und Rötungen? ✔ Schmerzen beim Betasten bestimmter Regionen? ✔ Umfangsvermehrungen oder Fluktuation an Gelenken? ✘Untersuchung und Behandlung im Klauenstand: ✔Klauenkontrolle und vorbeugender Klauenschnitt auch an den nicht erkrankten Füßen. Bei schwerer Lahmheit auf einem Bein müssen die gesunden Klauen der anderen 3 Beine bis zu 25% mehr Gewicht tragen. Dies können sie nur dann problemlos, wenn Form und Belastungsverhältnisse optimal sind. ✔Untersuchung der erkrankten Klaue. ¿ Sorgfältige Reinigung mit Wasser und Seife. ¿ Korrektur der Klauenform, Entfernung von losem Horn, Anlegen eines frischen Schnittes an der Sohlenfläche ✘ Lokalisieren und Freilegen der lahmheitsauslösenden Klauenveränderung. ✔ Abdrücken der Klaue mit der Hufuntersuchungszange, um den genauen Sitz der Schmerzen zu lokalisieren. ✔Vorsichtiges Sondieren von Fistelöffnungen und losem Horn. ✔Vorsichtiges (!) trichterförmiges Umschneiden von Fistelöffnungen und Geschwüren. Unterminiertes Horn abtragen. Übergang vom kranken zum gesunden Horn möglichst dünn schneiden. Keine zusätzlichen Verletzungen verursachen. Geschwüre und Granulationsgewebe zunächst schonen, denn Blutungen stören die Übersicht und machen exaktes Arbeiten unmöglich! Nekrotisches Gewebe erst resezieren, wenn eine Demarkation stattgefunden hat. ✔Erkrankte Klaue so korrigieren, dass der schmerzhafte Bezirk entlastet wird; am einfachsten dadurch, daß mehr Gewicht auf die gesunde Klaue verlagert wird (wichtigster Unterschied zur vorbeugenden Klauenpflege, bei der eine gleichmäßige Gewichtsverteilung angestrebt wird). Notfalls Holz- oder Gummiklotz unter die gesunde Klaue kleben. ✔Ruhigstellen des Klauendefektes durch einen fest sitzenden, gepolsterten Druckverband (der Verband soll den defekten Hornschuh ersetzen und einen Vorfall der Lederhaut verhindern). Keine ätzenden Medikamente auf die Wunde auftragen! Antibiotische Salben oder Puder verhindern eine übermäßige Keimvermehrung im Klauenverband, ohne die Wundheilung zu stören. Verbandwechsel in höchstens einwöchigem Abstand, mit Beurteilung der Heilungstendenz, solange bis der Defekt wieder belastbar ist. ✔Ein schlechter (zu strammer oder zu lockerer) Klauenverband stört die Wundheilung und kann die Klauenerkrankungen verschlimmern. Wenn keine zu großen Sohlendefekte vorliegen und es möglich ist, die kranke Klaue durch Klauenschnitt oder durch einen Kothurn (eigentlich: hochsohliger Bühnenschuh; Anmerkung der Redaktion) unter der gesunden Klaue zu entlasten, kann auf einen Verband völlig verzichtet werden. ✘ Bei schweren Lahmheiten oder Defekten an mehreren Klauen (häufig!) Unterbringung des Patienten in einer geräumigen Laufbox auf Stroh. ✘ Während des nächsten halben Jahres Kontrolle und Korrektur der genesenden Klaue in 6- bis 8-wöchigen Abständen, um dauerhaft eine korrekte Belastung sicherzustellen. 20 GROSSTIERPRAXIS 5/2000 Was wird für Klauenschnitt und Lahmheitsbehandlung benötigt? In Übersicht 6 finden Sie eine Auflistung des notwendigen Handwerkszeuges, erforderlicher Medikamente und des Verbandsmaterials. KLAUENPFLEGE Übersicht 6: Utensilien zum Klauenschnitt und zur Lahmheitsbehandlung (Mindestausstattung) • Einhandwinkelschleifer mit 110-mm-Scheibe (spezielle, mit Hartmetallgranulat bestückte Klauenscheibe oder grobe Schleifscheibe mit 24er Körnung). • Klauenmesser li., Klauenmesser re. Auf korrekten Schliff achten! Klauenmesser dürfen nur von der konkaven Seite aus geschärft werden. • Metallsonde • Klauenuntersuchungszange • Antibiotische Salbe oder Puder • Verbandmull • Polsterwatte (etwa 1/2 m pro Verband) • Elastische Binden (Polyestergewebe, 2-3 Binden pro Verband) • Gewebeverstärktes Isolierband zur Abdeckung des Verbandes • Holz- oder Gummiklötze bzw. Klauenschuhe zur Entlastung der erkrankten Klaue. In Übersicht 7 sind die häufigsten Ursachen bestandsweise auftretender Lahmheiten aufgeführt. Übersicht 7: Häufige Ursachen bestandsweise gehäufter Lahmheiten • Gravierende stallbauliche Mängel • Managementfehler • Unterlassen von regelmäßiger Klauenkontrolle und vorbeugendem Klauenschnitt • Kein Klauenschnitt bei hochtragenden Tieren aus Angst vor Verkalbungen (gerade hochtragende Tiere müssen einen sicheren Stand haben!) • Kein rechtzeitiger Klauenschnitt vor Wechsel der Aufstallung (6-8 Wochen vorher, auch bei Rindern! Wer fängt Rinder auf der Weide ein, um ihnen rechtzeitig vor der winterlichen Aufstallung die Klauen zu schneiden?). • Kein vorbeugender Klauenschnitt, sondern nur Behandlung lahm gehender Tiere. • Abwälzen der Verantwortung für die Klauengesundheit auf den Klauenpfleger, der gerufen wurde, aber keine Zeit hat. • Fütterungsfehler (akute oder chronisch-latente Pansenazidose durch Überfütterung mit Kohlenhydraten; Klauenrehe; Vitamin-E- und Selen-Mangel; schmerzhafte Muskeldegeneration; Schwerfälligkeit; verlängerte Liegezeiten; Liegeschäden). • Falsche Zuchtwahl. Gliedmaßenstellung, Klauengröße, Hornqualität und Klauenform sind in erheblichem Umfang erblich! Züchterische Mängel können durch Klauenschnitt in gewissem Umfang kompensiert, aber nicht vollständig behoben werden. GROSSTIERPRAXIS 5/2000 21 KLAUENPFLEGE KÄLBERDURCHFÄLLE Technische Fehler bei Klauenschnitt und Lahmheitsbehandlung Klauenschnitt und Lahmheitsbehandlungen bei Kühen erfordern hohen Sachverstand und handwerkliches Können. Beides ist ausschließlich bei Spezialisten vorhanden, es lässt sich aber erlernen, wenn man ner Klinik für Wiederkäuer und Schweine (Innere Medizin und Chirurgie) wird in den letzten Jahren vermehrt eine orthopädisch unsinnige Art des vorbeugenden Klauenschnittes beobachtet: Die Sohlenfläche wird mit einem Winkelschleifer völlig plan (ohne Hohlkehlung) zugerichtet, die Höhenunterschiede zwischen Innen- und Außenklauen werden nicht korrigiert, und der Tragrand wird im vorderen Klauendrittel bis zur weißen Linie entfernt. Solch ein Klauenschnitt ohne Ver- Eine häufige Ursache von Therapiemisserfolgen ist der fehlende Wechsel der Aufstallung bei umweltbedingten Lahmheiten (z.B. Gliedmaßenphlegmonen bei Rindern). Nach dem Klauenschnitt muss ein ordentlicher Verband angelegt werden, der Schädigungen des Tieres ausschließt. Fehlermöglichkeiten sind vielfältig und sollten vermieden werden. Mögliche Fehler sind in Übersicht 9 wiedergegeben. Übersicht 8: Verletzungsursachen beim Klauenschnitt • Verkanten des Winkelschleifers mit Verletzungen im axialen (bei zu starker Neigung nach axial) oder abaxialen Sohlenbereich (beim Verkanten nach abaxial). • Eröffnung der Klauenspitze mit Winkelschleifer oder Klauenzange. Selbst kleine Verletzungen in diesem Bereich müssen unbedingt unter Verband gestellt werden, um ein Eindringen von Infektionserregern in die Klauenspitze zu verhindern • Sohle zu dünn geschliffen, so dass sie später beim Laufen ganz durchgeschliffen wird (Ausrede für nachfolgende Lahmheit: Klaue wurde durch Winkelschleifer überhitzt.) Unsachgemäße Behandlung lahmer Tiere. Ein großflächiges, blutiges Herausschneiden von Lederhautveränderungen führt oft zum Übergreifen der Entzündung auf die Beugesehne und nachfolgend zum Einbruch in das Klauengelenk. sich ausführlich mit der Materie beschäftigt. Laienhaftes Vorgehen kann sehr zum Schaden der Tiere sein. Falscher vorbeugender Klauenschnitt. Im Patientengut der Gieße- besserung der Lastverteilung begünstigt die Entstehung von Lederhautquetschungen und Sohlengeschwüren. In Übersicht 8 sind die häufigsten Ursachen von Verletzungen beim Klauenschnitt aufgeführt. Die häufigste Fehldiagnose bei der Befundung von lahmen Kühen lautet: „Panaritium“. Dies ist bedingt durch die Behandlung von lahmen Kühen mit Spritzen, Sprays oder Klauenbädern, ohne den erkrankten Fuß im Klauenstand zu untersuchen und somit ohne exakte Diagnose. Schlussbemerkung Patentlösungen für das „Bestandsproblem Lahmheit“ gibt es nicht. Neben den Faktoren Stallbau und Klauenpflege spielen die sachgerechte Therapie klauenkranker Kühe (Werkzeuge, orthopädische Kenntnisse, geeignete Medikamente, Verbandstechnik), der Umgang mit Tieren (z.B. Eingewöhnungsphasen, Krankenställe) sowie Fütterung und Zuchtwahl eine erhebliche Rolle. Übersicht 9: Falsche Verbandtechnik • Zu lockere Verbände führen zum Vorfall der Sohlenlederhaut und verhindern ein Ausheilen des Sohlendefektes. • Zu stramme oder ungenügend gepolsterte Verbände (ohne Watte) schnüren ein, oder sie bilden eine feuchte Kammer, in der die Infektion weiter fortschreitet. • Wenn keine zu großen Sohlendefekte vorliegen und es möglich ist, die kranke Klaue durch Klauenschnitt oder durch einen Kothurn unter der gesunden Klaue zu entlasten, kann auf einen Verband völlig verzichtet werden. Ein schlechter Verband schadet mehr, als er nutzt! 22 GROSSTIERPRAXIS 5/2000 Die Schaffung eines klauengesunden Bestandes erfordert spezielle Kenntnisse und ist mit jahrelangem hohem Arbeits- und Kostenaufwand verbunden. Angesichts der großen wirtschaftlichen Bedeutung des Herdenproblems Lahmheit sollten Tierhalter und Tierärzte trotzdem eine Sanierung anstreben. Klauengesunde Herden sind nicht zuletzt ein wesentlicher Beitrag zum aktiven Tierschutz. Aktuelle Bücher zum Thema Klauenpflege und Klauenerkrankungen Blowey R.: Klauenpflege bei Rindern und Behandlung von Lahmheit. Ulmer Verlag, Stuttgart (1998). Clemente C.H.: Klauenpflege beim Rind. Verlagsunion Agrar, DLGVerlag, Frankfurt (1995). Gegen Einsendung eines mit DM 3,– frankierten Umschlages an Demotec, Brentanostraße 21 in 61130 Nidderrau 1, erhalten Sie kostenlos einen Klauen-Check. Lischer C., H. Geyer, P. Ossent, K. Friedli und I. Näf: Handbuch zur Pflege und Behandlung der Klauen beim Rind. Landwirtschaftliche Lehrmittelzentrale, Länggasse 79, CH-3052 Zollikofen (1998). Toussaint-Raven, E.: Cattle footcare KLAUENPFLEGE and claw trimming. 3. Aufl., Farming Press, Ipswich (1992). AID Informationsschrift 1407/ 1999: Klauenpflege und Klauenerkrankungen beim Rind (1999). Anschrift des Verfassers: Dr. Harald Kümper, Fachtierarzt für Rinder Klinik für Wiederkäuer und Schweine (Innere Medizin und Chirurgie) Frankfurter Straße 110 · 35392 Gießen Telefon: 0641 - 9938672 · Fax: 0641 – 9938679 E-mail: [email protected] Literatur Blowey, R.: Cattle lameness and hoofcare. Farming Press, Ipswich (1993). Bockisch, F.-J.: Beitrag zum Verhalten von Kühen im Liegeboxenlaufstall und Bedeutung für einige Funktionsbereiche. Diss. TUMünchen-Weihenstephan, MEGSchrift 113 (1985). Bockisch, F.-J.: Quantifizierung von Interaktionen zwischen Milchkühen und deren Haltungsumwelt als Grundlage zur Verbesserung von Stallsystemen und ihrer ökonomischen Bewertung. Habilitationsschrift der JLU Gießen, Verlag der Ferberschen Universitätsbuchhandlung, MEG-Schrift 193 (1990). Clemente, C.H.: Klauenpflege beim Rind. 2. Aufl. Verlagsunion Agrar, DLG-Verlag Frankfurt (1989). Dietz, O., und G. Prietz: Klauenhornstatus und seine Bedeutung am lebenden Rind. Mh. Vet.-Med. 35, 342-344 (1980). Dietz, O., und H. Heyden: Zur Entstehung der Sohlenlederhautquetschung beim Rind. Mh. Vet.-Med. 45, 14-17 (1990) Dietz, O., und G. Prietz: Klauenhornqualität - Klauenhornstatus. Mh. Vet.-Med. 36, 419-422 (1981). Distl, O.: Verbesserung von Gesundheit als neues züchterisches Ziel in der Selektion auf Fundamentmerkmale beim Rind. Tierärztl. Umschau 51, 331-340 (1996). Distl, O.: Genetic improvement of claw and leg traits. Proceedings 8th Intern. Symposium on Disorders of the Ruminant Digit. Banff, Canada, 124-135 (1994). Distl, O., H. Kräusslich, A. Mayr, C. Spielmann und W. Diebschlag: Computergestützte Analyse von Druckverteilungsmessungen an Rinderklauen. 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Schneller, W.: Gesunde Klauen, leistungsfähige Rinder. Schober Verlag, Hengersberg (1984). Toussaint-Raven, E.: Cattle footcare and claw trimming. 3.Aufl. Farming Press, Ipswich (1992). Weiss, G.: Untersuchungen an Milchkühen auf adspektorisch und palpatorisch feststellbare Schäden in Abhängigkeit von der Ausführung des Anbindestalls. Vet.-med. Diss., Gießen (1989). Repetitorium 1. Welche Standplatzlängen sollten in der Anbindehaltung mindestens vorhanden sein? 2. Welche Spaltenbreiten und Auftrittsflächen sollten bei Spaltenböden eingehalten werden? 3. Welche Anforderungen müssen bezüglich der Klauengesundheit an einen tiergerechten Liegeboxenlaufstall gestellt werden? 4. Welche Maßnahmen sollten bei bestandsweise gehäuft auftretenden Lahmheiten ergriffen werden? 5. Wieviel mm Klauenwachstum pro Monat ist als normal anzusehen? 6. Was versteht man unter Hohlkehlung und wozu dient sie? 7. Wozu dient eine Klauenmesslehre? 8. Welche Ursachen für Sohlengeschwüre gibt es? 9. Welche Faktoren können Klauenrehe auslösen? 10. Welches sind die Hauptursachen für bestandsweise gehäuft auftretende Lahmheiten? 11. Wie lautet die häufigste Fehldiagnose bei Lahmheiten? Zeddies, J.: Ökonomische Effekte des Einsatzes von Tierarzneimitteln bei Rindern und Schweinen. Zitiert in Vetimpulse 5 (6), 1-2 (1996). Zerzawy, B.: Haltungsbedingte ad- spektorisch und palpatorisch erfassbare Krankheiten und Abgangsursachen von Milchkühen in Abhängigkeit von den Stallverhältnissen im Liegeboxenlaufstall. Vet.-Med. Diss., Gießen (1989). Schenken Sie Ihrem Landwirt ein Stück Lebensqualität! Ferkelproduktion nach Plan! Mit gezielter Steuerung von Belegungs- und Geburtsterminen z.B. verbringt Ihr Landwirt die Nacht im Bett – und nicht im Stall! Für termingenaue Geburt: PGF VEYX® Zur zuverlässigen Ovulationssteuerung: GONAVET® 50/DEPHERELIN® Zur physiologischen Wehenbeeinflussung: DEPOTOCIN®/HYPOPHYSIN® Zur biologischen Leistungsförderung: Der Tierarzt muß zum Produktionsfaktor werden! Wir haben das Konzept, mit dem Sie Ihren Umsatz steigern und gleichzeitig dem Landwirt bessere Erträge ermöglichen. Denken Sie darüber nach. Es lohnt sich. Detaillierte Informationen schicken wir Ihnen gerne zu. LAKTO-WEYXIN® forte Die optimale orale Eisenversorgung: BIO-WEYXIN® FeVit Veyx-Pharma GmbH Söhreweg 6 • 34639 Schwarzenborn Tel. 05686/9986-0 • Fax 05686/1489 Depherelin® Freisetzungshormon für Gonadotropine. Wirkstoff: D-Phe6-Gonadorelin (D-Phe6-LHRH). Zusammensetzung: 1 ml enthält: 50,0 µg D-Phe6-Gonadorelin (entspr. 52,4 µg D-Phe6-Gonadorelinacetat) 1,0 mg Methyl-4-hydroxybenzoat. Darreichungsform: Wässrige Injektionslösung Anwendungsgebiete: Steuerungs- und Stimulationsverfahren für die Reproduktion sowie Optimierung der Konzeptionsraten bei Schweinen. Wechselwirkungen mit anderen Mitteln: Synergistische Wirkung tritt bei kombinierter Anwendung mit FSH insbesondere bei gestörtem Puerperalverlauf auf. Eine gleichzeitige Anwendung von HCG kann zu ovariellen Überreaktionen führen. Dosierungsanleitung, Art und Dauer der Anwendung: Schwein: 0,5 - 1,5 ml i.m. oder s.c. - Ovulationssynchronisation zur terminorientierten Besamung im Rahmen eines Verfahrens zur Verbesserung der Gruppenhaltung und Optimierung der Konzeptionsrate sowie der Reproduktionsleistung (Altsauen 0,5 - 1,0 ml, Jungsauen 1,0 - 1,5 ml). Nebenwirkungen: Es sind keine bekannt. Wartezeit: Essbare Gewebe 0 Tage. Milch 0 Tage. Packungsgröße: Injektionsflasche à 10 ml, Injektionsflasche à 50 ml Packung mit 6 Flaschen à 10 ml. Verschreibungspflichtig. Reg.-Nr.: 15/04/534 Hypophysin® LA Zusammensetzung: 1 ml enthält: 0,07 mg Carbetocin, 2,00 mg Chlorobutanol. Darreichungsform: Wässrige Injektionslösung. Anwendungsgebiete: Geburt sverzögerung durch Wehenschwäche. Gegenanzeigen: Nicht anwenden bei übermäßig starker Wehentätigkeit, mangelhafter Weite, absolut oder relativ zu großer Frucht. Nebenwirkungen: Es sind keine bekannt. Wechselwirkungen mit anderen Mitteln: Es sind keine bekannt. Dosierungsanleitung, Art und Dauer der Anwendung: Schwein 1,5 - 3,0 ml i.m., s.c. (Richtdosis 0,1 ml/10 kg LM) im Rahmen der Partussynchronisation mit PGF2a 1,0 ml i.m., s.c. Wartezeit: Die Einhaltung einer Wartezeit ist nicht erforderlich. Packungsgröße: 1 Flasche à 50GROSSTIERPRAXIS ml, 5 Flaschen à 10 ml. Verschreibungspflichtig. Reg.-Nr. 00/02/213 (für Depotocin®) Sensiblex® Tocospasmolytikum. Zusammensetzung: 1 ml enthält: 40,00 mg Denaverinhydrochlorid, 0,25 ml Propylenglykol. Darreichungsform: Injektionslösung. Anwendungsgebiete: Schwein: 5/2000 Normalisierung des Geburtsablaufes und Verminderung der Zahl geburtsbedingt tot geborener Ferkel infolge verlängerter Geburtsphasen (bei Altsauen in Kombination mit Oxytocin); verzögerte Öffnung sowie Geburtsunterbrechung infolge schwacher oder fehlender Wehen (in Kombination mit Oxytocin). Gegenanzeigen: Die Verabreichung in der frühen Eröffnungsphase ist wirkungslos und sollte unterbleiben. Nebenwirkungen: Bei der Applikation können gelegentlich kurzfristige Schwellungen an der Injektionsstelle auftreten. Wechselwirkungen mit anderen Mitteln: Keine bekannt. Dosierungsanleitung, Art und Dauer der Anwendung: Hinweis: 5 - 10 Minuten nach der im. Applikation setzt die Wirkung von Sensiblex® ein und ist nach weiteren 10 Minuten voll ausgeprägt. Schwein 5 ml (evtl. mit 15 IE Oxytocin) s.c. und i.m. Injektion. Wartezeit: Null Tage. Packungsgröße: Flasche à 50 ml. Verschreibungspflichtig. Reg.-Nr. 15/04/508 24 Wenn Laien über die Tierkörperbeseitigung berichten Massentierhaltung führt zum Anfall giftiger Tierkadaver, die von gewissenlosen TBA-Betreibern schludrig aufgearbeitet werden, an Schweine und Geflügel rückgeführt werden und eine Gefahr für die menschliche Ernährung darstellen. Soweit die Quintessenz eines SPIEGEL-Artikels vom 13. März. In dem Artikel wird mehrfach unsere Kollegin Anita Idel zitiert. Einmal gar richtig; den TBA-Betreibern sei ‘‘ziemlich egal, was reinkommt. Entscheidend sei, dass nichts Infektiöses rauskommt.“ Na also! Dass sich mit der – zugegeben unappetitlichen – Tierkadaververarbeitung leicht Emotionen schüren lassen und die Auflagenzahl steigt, das weiß der SPIEGEL. Nur was ist die Alternative? Recycling wird doch sonst als so gut angesehen. Dass in TBAen unter Schonung der Umwelt hochwertige Futtermittel entstehen und nebenbei der Verbreitung von Tierseuchen vorgebeugt wird, entzieht sich den Emotionen eines unbedarften Besuchers einer TBA. Hinzu kommt die hysterische Angst vor BSE. Immerhin wird in dem Artikel aber erwähnt, dass die Verfütterung von Tierkörpermehl an Wiederkäuer verboten ist. Eines sollte uns Tierärzte an dem Artikel nachdenklich stimmen: dass die SPIEGEL-Laienschar inzwischen T61 und Eutha kennt. Wörtlich dazu: ‘‘Hersteller Hoechst schließt nicht aus, dass ein Großteil der T61-Produktion von 5000 Litern im Tiermehl landet“. Unsere Kollegen in der Pharmaindustrie und TBA-Verantwortli- FÜR SIE GELESEN chen sind deshalb aufgerufen, kurzfristig zu einer Lösung dieses Problems zu kommen. PRAXISJOURNAL NUTZEN Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft. Machen Sie Ihren „guten“ Kunden eine Freude. Rumovil-Plus Diätfuttermittel für Kälber zur Prophylaxe und unterstützenden Therapie des Kälberdurchfalles stoppt den Durchfall zuverlässig + wirtschaftlich + praxisgerecht + + bioptivet Tierarzneimittel GmbH + Co. Im Landwehrwinkel 22 • D-59073 Hamm Tel. 0 23 81 / 69 91-92 • Fax 6 33 52 GROSSTIERPRAXIS 5/2000 25
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