Wie viel Handy ist gesund? Letzte Woche in BILD am SONNTAG forderte Psychiater Manfred Spitzer von der Universität Ulm: Kinder und Jugendliche sollen VON MARIE SOPHIE KRONE kein Smartphone und keinen Computer besitzen, denn digitale Medien machen dumm, faul und süchtig. Das Thema wurde im Netz diskutiert und wir bekamen zahlreiche Leserzuschriften, alle fragen sich: Was stimmt denn nun? Wie viel Handy ist zu viel? Wir haben zu den kontroversen Thesen aus Spitzers Buch „Cyberkrank“ Experten befragt. Stimmt es, dass sich Kinder durch die ständige Ablenkung schlechter konzentrieren? F O T O S : G E T T Y, YO U R P H O T O T O DAY I L L U S T R AT I O N : D O R L I N G K I N D E R S L E Y/G E T T Y Mehr als 60 Prozent der Neunbis Zehnjährigen können sich weniger als eine halbe Stunde ohne Nutzung von digitalen Medien beschäftigen, das zeigt eine Studie der Drogenbeauftragten der Bundesregierung. Das ist aber hauptsächlich ein Problem von bildungsfernen Schichten. „Diese Kinder nutzen das Tablet eher zur Freizeitgestaltung. Und Kinder aus bildungsnahen Schichten nutzen es eher als Zusatzinstrument – um gezielt Dinge im Internet zu suchen, einen Comic anzusehen oder etwas zu lesen“, so Silke Ladel. Die Wischbewegung auf dem Tablet fördert zwar die Kinder-Intelligenz nicht, aber macht sie deshalb automatisch dumm? Stimmt es, dass es Unsinn ist, Schulen und Kindergärten mit iPads auszustatten? „Es gibt Beweise, wie sinnvoll Tablets im Kindergarten sein können“, sagt Mathematikdidaktik-Professorin Silke Ladel (38) von der Uni Saarland. Sie arbeitet mit ihrer Forschungsfirma Klee daran, wie digitale Medien in Kindergärten und Schulen genutzt werden. „Gehen Sie mit Kindern in den Wald. Suchen Sie nach Tierspuren. Fotografieren Sie sie mit dem Tablet, nehmen Sie die Geräusche des Waldes auf, während die Kinder ihnen lauschen. Zu Hause kann man zusammen die Fotos und Sprachaufnahmen analysieren.“ So ziehe man die Vorteile aus beiden Mitteln – der realen Welt und der digitalen. Diese Idee kann Stimmt es, dass Cybersucht ähnliche Auswirkungen hat wie Alkoholsucht? auch in der Schule funktionieren: „Im Mathe-Unterricht sind Kinder auf dem Tablet zum Beispiel viel kreativer. Sie können geometrische Formen leichter verändern und mit Farben arbeiten, Muster und Strukturen lassen sich hervorragend mit Apps erstellen und erklären“, sagt Silke Ladel. Internet- und Computersucht sind mittlerweile anerkannte Süchte, die therapiert werden. „Es gibt auch schon Fälle von Facebook-Sucht“, erklärt Stefan Klinga (47), Leiter des Stadtmedien Zentrums Mannheim. „Betroffen sind vor allem Mädchen, weil sie eher zum exzessiven Chatten neigen als Jungs. Diese Mädchen – noch sind es Einzelfälle – fangen zum Beispiel an zu zittern, wenn sie nicht bei Facebook sind.“ Ähnliche Auswirkungen soll auch die Smartphone-Sucht haben, von der laut Studien 8 Prozent der deutschen Jugendlichen betroffen sind. Aber: „Mit Alkoholsucht ist es trotzdem nicht zu vergleichen“, sagt DiplomPädagoge Klinga. Nur begeistert oder schon süchtig? Selbst für Experten ist es manchmal schwer zu definieren, wie viel Smartphone zu viel ist © Alle Rechte vorbehalten - Axel Springer SE, Berlin - Jede Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über http://www.axelsp Stimmt es, dass das Smartphone heute das ist, was vor 70 Jahren die Zigarette war? „Mama, jetzt hab ich dein Handy!“ Erwachsene können nicht immer Vorbild sei n, weil sie oft selbst nicht wis sen, wie ein guter Handy-Umgang funktioniert „Dieser Vergleich hinkt“, sagt Professorin Silke Ladel. „Diese Medien sind grundsätzlich nichts Schlechtes, und sie machen auch nicht jedes Kind süchtig“, ist sie sich sicher. Thomas Feibel, der Medienexperte klärt in Schulen über einen guten Umgang mit Smartphones auf, ergänzt: „Die Zigarette hat überhaupt keinen positiven Nutzen, das Smartphone hingegen schon. Es verbindet uns mit Menschen und beschafft uns Informationen.“ Aber: „Der Selbsthilfeverband Aktiv gegen Mediensucht wirbt für eine Jugendschutzregelung bei Smartphones“, so Kinderarzt Dr. Till Reckert aus Reutlingen. Was ebenfalls nur wenige wissen: „WhatsApp hat zum Beispiel eine Altersbeschränkung ab 16 in ihren Geschäftsbedingungen“, so Dr. Reckert. Daran hält sich aber keiner, die App verlangt auch keine Alterskontrolle. Stimmt es, dass man Kindern und Jugendlichen gar kein Smartphone geben sollte? „Verbote helfen nicht weiter. Das ist als wenn Sie Kindern Schokolade verbieten“, so Expertin Silke Ladel. „Der Reiz ist umso größer, und die Kinder werden sie heimlich essen. Es wird ihnen schwerfallen, dabei ein gutes Maß zu finden. Solche Verbote sind lebens- fremd und nicht zeitgemäß.“ Thomas Feibel rät: „Anstatt zu verbieten, sollten Eltern versuchen, Vorbilder zu sein. Das Problem ist aber, dass sie oft selbst nicht genau wissen, was eigentlich ein guter Umgang mit dem Handy ist.“ Silke Ladel empfiehlt für den Anfang: „Wir müssen mit den Kindern reden und klären, was sinnvoll ist, mit dem Smartphone zu tun und was nicht. Wann man beispielsweise eine Mail schreibt, wann eine SMS sinnvoll ist, wann man besser anruft und wann man sich persönlich trifft.“ Stimmt es, dass ein Umdenken erst stattfinden wird, wenn Unternehmen merken, dass guter Nachwuchs fehlt? Die These von Professor Spitzer, dass Kinder durch Smartphones verdummen und später auf dem Arbeitsmarkt weniger Leistung bringen, muss nicht stimmen. Professor Silke Ladel: „Schulen, Unternehmen, Politiker und Eltern müssen zusammenarbeiten, um Kindern einen guten Umgang zu vermitteln.“ Die 38-Jährige entwickelt gerade mit Unternehmen einen Handyführerschein für Eltern, damit die ihre Kompetenzen an Kinder weitergeben können. Stimmt es, dass die Wischbewegung auf dem Tablet dumm macht? „Die Wischbewegung ist wie ein Knopfdruck – eine sehr primitive Fingerbewegung, die die Feinmotorik wenig fordert“, stimmt Kinderarzt Till Reckert dieser These zu. „Kinder müssen Dinge begreifen, dabei ihre Handmotorik und ihr Wirklichkeitsver- pringer-syndication.de/lizenzierung/ipe_lizenzierung_1746131.html ständnis üben. Ein Kleinkind, das Fische im Aquarium wegwischen möchte, hat ein Wirklichkeitsproblem.“ Allerdings gilt auch: Die Dosis macht das Gift. Es gibt viele Lernspiele, wo Kinder aktiv mit dem Tablet arbeiten, ihr Gehirn trainieren und Neues erfahren. BILD am SONNTAG-2015-11-01-ips-3 057be240308feac2822f49ac1791e50c BILD am SONNTAG, 1. November 2015 Leben 31 Wer denken kann wie ein Mann, bekommt mehr Gehalt Und das sogar dann, wenn Sie ein Mann sind . . . Denn der Schlüssel zu einem höheren Gehalt liegt in der Fähigkeit, „typische“ männliche Denkfähigkeiten mitzubringen, erklärt Dr. Nick Drydakis, Wissenschaftler an der Anglia Ruskin University, in der britischen „Daily Mail“. Typisch für ein „männliches Gehirn“ sei analytisches Denken, während das „weibliche Gehirn“ eher Gefühle anderer erkenne. Für seine Untersuchung befragte Dr. Nick Drydakis 16 000 Frauen und Männer in Großbritannien nach Beruf und Gehalt. Die Befrag- ten sollten zudem einschätzen, ob sie eher „männlich“ oder „weiblich“ denken. Sein Ergebnis: Männer mit einem sogenannten „männlichen Gehirn“ verdienen 9,8 Prozent mehr als ihre Geschlechtsgenossen mit einem „weiblichen Gehirn“. Frauen mit einem „männlichen Gehirn“ verdienen 6,3 Prozent mehr als Frauen mit einem „weiblichen Gehirn“. Männliches Denken gilt besonders im Management, in der IT-Branche, in Ingenieurberufen oder in der Finanzwelt als große Stärke – alles Berufe, in denen tra- ditionell höhere Löhne gezahlt werden. Dagegen werden Berufe, in denen „weibliches Denken“ gefragt ist, wie zum Beispiel bei Krankenpflegern, Sozialarbeitern oder Kindergärtnern bekanntermaßen schlechter entlohnt. Die Theorie von den zwei Gehirn-Typen geht auf den Psychologen Simon BaronCohen zurück: S-Typen (männliches Gehirn) und E-Typen (weibliches Gehirn). S-Typen verstehen sich angeblich darauf, Informationen zu analysieren, während E-Typen die Emotionen von anderen gut deuten können. „Männliches“ oder „weibliches“ Gehirn – die Unterschiede Sie haben ein „männliches“ Gehirn, wenn Sie: Sie haben ein „weibliches“ Gehirn, wenn Sie: 1. schnell mit Fremden ins Gespräch kommen. 1. gern To-do-Listen schreiben. 2. spüren, dass Sie stören. 2. ehrlich auf Fragen antworten wie: „Sehe ich in diesem Kleid zu dick aus?“ 3. wenig Interesse an technischen Details von Computern, etc. haben. 3. gern Sachbücher lesen. 4. sich bei Gemälden auf deren Schönheit konzentrieren, nicht auf die Maltechnik. 4. grammatikalische Fehler entdecken. 5. schnell Landkarten lesen können. 5. wenig Interesse an historischen Ereignissen haben. ANZEIGE Lesen, was gesund macht. 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