INLAND 5 NORDWESTSCHWEIZ DIENSTAG, 10. NOVEMBER 2015 Anwalt sieht sich von Prinzessin betrogen Immobiliendeal Angebliche Geliebte des zurückgetretenen spanischen Königs Juan Carlos stand vor Bundesgericht VON RAMONA THOMMEN ««- Eine Maisonette-Wohnung in Villars-surOllon VD bewegt derzeit die spanischen Medien. Seit 2009 besass Corinna zu Sayn-Wittgenstein die Luxusimmobilie, bevor sie diese 2013 dem französischen Anwalt L.M.* verkaufte – der sie vor Bundesgericht wegen Betruges einklagte. Der 83-jährige Anwalt L.M. empfängt die «Nordwestschweiz» in seinem Haus am Rande von Genf. L.M.s Wohnzimmer liegt direkt am Seeufer, riesige Glasfronten lassen den Blick übers Wasser hinüber zum Genfer Flughafen zu, wo alle paar Minuten ein Flugzeug auf die Landebahn aufsetzt. L.M. leidet an Lungenkrebs, Endstadium, seine Hausangestellte – im rosa-weiss gestreiften Haushaltskleidchen mit Haube und Schürze – verantwortet seine Medikamenteneinnahme. Trotz beschränkter Lebenserwartung hat es sich L.M. zum Ziel gemacht, «bis ans Ende gegen diesen unglaublichen Beschiss von Madame zu Sayn anzukämpfen – koste es, was es wolle». Corinna zu SaynWittgenstein galt über Jahre als Mätresse des 2014 zurückgetretenen Königs Juan Carlos. In der Wohnung in Villarssur-Ollon sollen sie sich öfters getroffen haben. IMAGO, KEYSTONE, HO Titel durch zweiten Ehemann Spanier nennen die deutsch-dänische Geschäftsfrau Ende 40 seit Jahren nur noch CSW: Sie galt über Jahre als Mätresse des 2014 zurückgetretenen Königs Juan Carlos. Sie ist selbst adlig, eine Prinzessin. Den Titel erhielt sie durch ihren zweiten Ehemann Casimir zu Sayn-Wittgenstein-Sayn. Lange Zeit wohnte CSW in einer ihr zur Verfügung gestellten Luxuswohnung neben dem königlichen Zarzuela-Palast in Madrid. Sie mischte bei Juan Carlos’ Geschäften mit saudi-arabischen Scheichs ebenso mit wie bei der Organisation vieler Reisen, etwa jener schicksalbehafteten Elefantenjagd-Safari von 2012 in Botswana. CSW bezeichnet sich offiziell als «enge Freundin» des Monarchen, doch die Rolle war selbst dem spanischen Parlament und Geheimdienst nicht immer geheuer, weshalb CSW auch Gegenstand diverser staatspolitischer Untersuchungen war. Für fünf Millionen verkaufte CSW L.M. die Luxusimmobilie in Villars-surOllon, einem Bergferienort, den der russische Präsident Wladimir Putin ebenso schätzt wie Rolling-Stones-Gitarrist Keith Richards. Neben geografischer Attraktivitäten wie Les Diablerets ist die Steuersituation im Ort paradiesisch: Villars ist eines jener Städtchen, das gemäss der Initianten der Pauschalbesteuerungsinitiative als besonders attraktiv gilt für reiche Ausländer. Im Wohnungsverkaufspreis inbegriffen war die gesamte Möblierung, nicht aber diejenigen Objekte, die einen «persönlichen oder emotionalen Wert» für CSW hatten. Es waren nicht wenige, zumal sich Juan Carlos mehrmals bei ihr aufhielt, da sind sich die renommierten spanischen Journalisten von El Español» sicher. Vor seinem ersten Besuch wurde das Appartement gar auf die Monarchentauglichkeit getestet: Ein Double sprang aus dem Fenster, um den Ernstfall einer Bedrohung des Königs zu prüfen. Zugang zur Wohnung verweigert 120 000 Franken kostete L.M. diese Nähe zum spanischen Hof, so hielt er es mit CSW in einem zweiten Vertrag fest. Man unterzeichnete in der Wohnung selbst, «innert 30 Minuten war alles geregelt», sagt L.M. Allerdings, darin war man sich einig, sollte er die Wohnung erst im darauffolgenden Februar 2014 beziehen können. Ausländische Immobilienbesitzer dürfen in der Schweiz erst nach fünf Jahren weiterverkaufen. «Madame Sayn nahm es mit dem Bezugsdatum sehr genau», erzählt L.M. «All die Monate verweigerte sie mir den Zugang zur Wohnung, was unüblich war – und was mich hätte stutzig machen sollen.» Denn als L.M. seine Immobilie betrat, fiel sein Augenmerk auf die angeb- lich persönlichen Gegenstände mit emotionalem Wert: Da waren unter anderem die antiken, römischen Gefässe, ein Benzoni-Bild, Lithografien, die hinter gerahmten Jagdfotos von Juan Carlos auf dem Nachttisch standen, im Katalog unter dem Namen «Royal Collection» aufgeführt. Eine Kollektion, die nun staatspolitische Fragen aufwirft. M. liess die Objekte von Sotheby’s und einem Kunstlabor schätzen. «Ich dachte nicht einmal daran, dem Wort einer Prinzessin zu misstrauen.» L.M. Anwalt und Käufer der CSW-Wohnung Und erfuhr nach und nach deren wahre Werte. Alles zusammen kostete maximal 30 000 Franken. L.M. fasst zusammen: «Die antiken römischen Vasen – allerhöchstens 14 Jahre alt. Benzoni? Ein eher unbekannter Künstler, der noch nie ein Bild für tausend Franken verkauft hat. Die Lithografien aus der royalen Kollektion – frisch an- gefertigt und quasi wertlos.» Er forderte von Corinna zu Sayn-Wittgenstein sein Geld zurück, worauf sie antwortete: «Auch ich habe für alles sehr viel bezahlt.» Im Juni 2014 reicht L.M. Klage wegen Betruges ein. Jetzt hat das Bundesgericht entschieden, dass der strafrechtliche Tatbestand nicht eingehalten würde. Es fehle an Beweisen für die Arglist. Ein zivilrechtlicher Entscheid des Waadtländer Gerichts wird in den nächsten Wochen erwartet. «Die Verifikation der Objekte hätte ich in der halben Stunde machen können, heisst es. Doch ich dachte nicht einmal daran, dem Wort einer Prinzessin zu misstrauen», sagt L.M. «Dass sie mich nur kurz in die Wohnung liess und mir alles aus den Händen riss, was ich mir anschauen wollte, beweist genug.» Auf die Anfrage an Corinne zu Sayn-Wittgenstein zu ihrer Version der Geschichte antwortete deren Schweizer Anwalt: «Der Wert der Objekte ist der Wert, welcher der Käufer bereit ist zu bezahlen.» Weiter wollten weder er noch CSW nicht Stellung nehmen. Zwar klaffen die Meinungen von L.M. und dem Schweizer Recht stark auseinander, klar ist aber für beide: Die erkauften Gegenstände haben definitiv einen geringeren Gegenwert, als L.M. bezahlt hat. Monarchie erneut infrage gestellt In Spanien hinterlässt diese ganze Geschichte über CSW einen schalen Nachgeschmack, obschon CSW von den hiesigen Gerichten bis anhin als unschuldig befunden worden ist. Republikaner stellen erneut die Monarchie infrage. Denn oft, wenn etwas im Umfeld von Juan Carlos seltsam läuft, ist CSW daran beteiligt: Derzeit sorgt sie neben des Villars-Falls auch in konservativen Medien für Schlagzeilen, weil sie 2009 als Vertreterin des Königs einen Fonds mit saudi-arabischen Scheichs gegründet haben soll. Dieser wurde nur ein Jahr später aufgelöst, 14 Millionen sollen an CSW gegangen sein. *Name der Redaktion bekannt. Ein Einheitstarif für den Kanton Schwyz? NACHRICHTEN Steuern Schwyzer Regierungsrat will ab 2017 mit Steuererhöhung der Staatskasse bis zu 170 Mio. zusätzliche Franken zukommen lassen Sommaruga wird sich wohl bald mit Juncker treffen VON RETO LEGENA Der Schwyzer Regierungsrat will ab 2017 mit einer Steuererhöhung der Staatskasse bis zu 170 Millionen zusätzliche Franken zukommen lassen. Er möchte die Steuererhöhung mit einem Systemwechsel verbinden und die Flat Rate Tax einführen. Der Kanton Schwyz, in dem dank tiefen Steuern und der Nähe zu Zürich viele Wohlhabende leben, kämpft finanziell gegen die roten Zahlen. Das Eigenkapital ist aufgebraucht, der laufende Aufwand muss durch Schuldenaufnahmen finanziert werden – dies trotz Entlastungsmassnahmen und einer Steuererhöhung auf 2015. Als Gründe für diese Entwicklung nennt der Regierungsrat in einer Mitteilung von gestern Montag die gestiegenen Kosten und die stark gewachsenen Beiträge in den Nationalen Finanzausgleich (NFA). Rasches und nachhaltiges Handeln sei unumgänglich. 1,2 Promille: Für Vermögen ab 500 000 Franken soll der Steuersatz des Kantons Schwyz verdoppelt werden. Der Regierungsrat will, dass der Kanton sein Steuersubstrat besser ausnutzt, aber weiterhin mit tiefen Steuern glänzen kann. Der Steuerattraktivität komme eine wichtige Bedeutung zu, denn ein erheblicher Teil der Steuern stamme von einer kleinen Bevölkerungsgruppe mit hohen Einkommen und mit grossen Vermögen. Der Regierungsrat schlägt in der Vernehmlassungsbotschaft eine Erhöhung der Steuern auf grösseren Vermögen vor. Ab 500 000 Franken soll der kantonale Steuersatz auf 1,2 Promille verdoppelt werden. Zwei Varianten – eine Favoritin Bei der Einkommenssteuer gibt der Regierungsrat zwei Varianten in die Vernehmlassung. Bei der einen Variante würde der Kanton den Steuertarif erhöhen und gleichzeitig einen Drittel der NFA-Last auf die Bezirke und Gemeinden abwälzen. Der Kantonshaushalt würde total um 161 Millionen Franken entlastet. Das Herz des Regierungsrates schlägt indes für einen Systemwechsel. Neu sollen die Einkommen wie in der Zentralschweiz bereits in Obwalden und Uri einer Flat Rate Tax unterstellt werden. Der Einheitstarif, der für alle Einkommen im Kanton, in den Gemeinden und Bezirken gelten soll, wird bei 5,5 Prozent angesetzt, wobei tiefere Einkommen durch höhere Sozialabzüge entlastet werden. Die Mehreinnahmen werden total auf 170 Mio. Franken beziffert. Einziger Nachteil der Flat Rate Tax ist gemäss Regierung, dass auch mittlere Einkommen stärker belastet würden. Trotzdem sei die proportionale Einkommensbesteuerung das System der Zukunft. Es führe zu nachhaltigeren Einnahmen, vereinfache das Steuersystem und erhöhe den fiskalischen Handlungsspielraum, teilte der Regierungsrat mit. Zudem werde ein Arbeitsanreiz geschaffen, da zusätzliche Einkommen nicht stärker besteuert würden. (SDA) PERSONENFREIZÜGIGKEIT Vor dem EU-Innenministertreffen zur Flüchtlingskrise hat Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga indirekt bestätigt, dass sie in den nächsten Tagen mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker über die Personenfreizügigkeit sprechen wird. «Wenn Herr Burkhalter letzte Woche gesagt hat, das sei in den nächsten Tagen, dann stimmt das sicher», sagte Sommaruga gestern in Brüssel. (SDA) SBB Intercity hält in Bern-Wankdorf Ab dem Fahrplanwechsel wird versuchsweise täglich ein Intercity aus Zürich vor dem SBB-Sitz in BernWankdorf halten. Die SBB bestätigten eine entsprechende Meldung der «Ostschweiz am Sonntag». (SDA)
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