War Jesus ein falscher Prophet, wie es die Moslems behaupten? Was hat die Gemeinde dazu beigetragen, dass man diese Behauptung aufstellen konnte? Im Folgenden eine Darlegung von Wolfgang Schneider Fast alle christliche Gemeinden und Gelehrten stimmen darin überein, dass die Christen in der frühen Gemeinde im 1. Jhdt. n.Chr. an ein Kommen ihres Herrn Jesus noch zu ihren Lebzeiten glaubten. Allerdings stimmen dann auch fast alle christliche Gemeinden darin überein, dass sie sagen, dieses Kommen sei jedoch nicht geschehen und habe sich nunmehr für fast 2000 Jahre - verzögert. Wie kann das sein? Was ist passiert? Wer hat sich hier geirrt? Wurden die frühen Christen etwa von Irrlehrern falsch gelehrt? Irrten sie mit ihrer Vorstellung einer Naherwartung, d.h. der Erwartung des Kommens des Herrn noch in ihrer Generation? Diese Studie nimmt Bezug auf einige Quellen, die sich mit der Naherwartung der frühen Christen beschäftigen und versucht darzulegen, wo der eigentliche Irrtum in dieser ganzen Sache liegt. Was sagen die Kritiker? Einige Gelehrte haben die Glaubwürdigkeit Christi und der Bibel als dem inspirierten Wort Gottes bezweifelt, indem sie darauf hinweisen, dass Jesus mit seinen Voraussagen und der Verheißung seines Kommens während des Lebens der Apostel und Gläubigen im 1. Jahrhundert unrecht hatte. All die verschiedenen Erklärungen und Auslegungen, die anhand des biblischen Berichts eine Rechtfertigung für das Nichtzustandekommen der gemachten Prophezeiungen bzgl. der Naherwartung geben wollen, schlagen im Grunde genommen fehl, denn sie ändern nichts an der Tatsache, dass das, was Jesus und die Apostel verkündeten, nicht so eintrat. Betrand Russell, ein Atheist, greift die Inspiration der Bibel in seinem Buch "Why I Am Not A Christian" ("Warum ich kein Christ bin") an, indem er schreibt: "I am concerned with Christ as He appears in the Gospel narrative…He certainly thought that his second coming would occur in clouds of glory before the death of all the people who were living at the time. There are a great many texts that prove…He believed that his coming would happen during the lifetime of many then living. That was the belief of his earlier followers, and it was the basis of a good deal of his moral teaching." Russell erwähnt dann, es wäre irrig, einem religiösen Führer (wie Jesus) zu folgen, wenn dieser bzgl. einer solch grundlegenden Voraussage wie seiner Ankunft [parousia] falsch lag. Übersetzung: Ich bin betroffen davon wie Christus in der evangelischen Erzählung erscheint ... Er dachte sicher, dass sein zweites Kommen in Wolken der Herrlichkeit sein würde vor dem Tod all dieser Menschen, die zu der Zeit lebten. Es gibt sehr viele Texte, die beweisen ... Er glaubte, dass sein Kommen während der Lebensdauer von vielen damals lebenden 1 passieren würde. Das war der Glaube seiner früheren Anhänger, und es war die Grundlage für ein gutes Geschäft seiner Morallehre. Albert Schweitzer faßt in seinem frühen Buch "The Quest for the Historical Jesus" das Problem der "Parousia Verzögerung" zusammen mit: "The whole history of Christianity down to the present day... is based on the delay of the Parousia, the nonoccurrence of the Parousia, the abandonment of eschatology, the process and completion of the 'deeschatologizing' of religion which has been connected therewith." Übersetzung: "Die ganze Geschichte des Christentums bis auf den heutigen Tag basiert auf der Verzögerung der Parusie (d.h. dem Erscheinen, also der Wiederkunft Christi), dem Nichteintreten der Parusie, dem Aufgeben der Eschatologie (der Lehre von der Endzeit), dem Prozess und der Vollendung der "Ent-Eschatologisierung" (also der Prozess der Streichung der Lehren der Bibel über das 2. Kommen Jesu) der Religion, der damit einhergegangen ist (oder auch: der sich daraus ergeben hat)." Bemerkenswert ist auch, was C.S. Lewis, ein anerkannter Christ und Apologetiker und Autor in einem Essay im Jahre 1960 schrieb: "'Say what you like,' we shall be told, 'the apocalyptic beliefs of the first Christians have been proved to be false. It is clear from the New Testament that they all expected the Second Coming in their own lifetime. And, worse still, they had a reason, and one which you will find very embarrassing. Their Master had told them so. He shared, and indeed created, their delusion. He said in so many words, 'this generation shall not pass till all these things be done.' And He was wrong. He clearly knew no more about the end of the world than anyone else.' It is certainly the most embarrassing verse in the Bible." Essay "The World's Last Night" (1960), aus "The Essential C.S. Lewis" (S. 385). Übersetzung: "Sag, was du willst", wird man uns sagen, "die apokalyptischen Vorstellungen der ersten Christen wurden als falsch erwiesen. Es ist klar, aus dem Neuen Testament, dass sie alle die Wiederkunft während ihres eigenen Leben erwarteten . Und, schlimmer noch, sie hatten einen Grund, und einen, den Sie sehr peinlich finden werden. Ihr Meister hatte ihnen es so gesagt. Er teilte, ja er schaffte sogar, ihre Verblendung. Er sagte, in so vielen Worten, "diese Generation wird nicht vergehen, bis dies alles geschehen ist." Und Er war falsch. Offensichtlich wusste Er nicht mehr über das Ende der Welt als alle anderen. "Es ist sicherlich der peinlichste Vers in der Bibel. " Kritiker aus dem Judentum führen an, dass Jesus seine Messias Mission nicht innerhalb des von den Propheten angezeigten Zeitrahmens erfüllte, und sie behaupten dann, dass das Christentum die Idee eines "zweiten Kommens in der fernen Zukunft" erfunden hat, um Jesu Versagen, zum vorhergesagten Zeit zurückzukommen, zu vertuschen. Für viele Juden ist diese Sache ein Hauptgrund, um das Christentum zu verharmlosen und Jesus als Messias abzulehnen. Islamische Kritiker portraitieren das Christentum als eine falsche Religion, die versagt hat. Sie erkennen an, dass Jesus ein Prophet war, aber seine Göttlichkeit und seine Glaubwürdigkeit wird abgelehnt, indem auf Irrtümer und Widersprüche im Hinblick auf sein offensichtliches Nicht-Erscheinen hingewiesen wird. Der Islam erkennt die logischen Folgen der Zeitangaben in der Bibel auf den Anspruch Jesu als Gottes Sohn und Messias. Muslime glauben, Jesus und seine Apostel hätten entweder gelogen bzgl. des nahe bevorstehenden Kommens Jesu und anderer eschatologischer Punkte, oder Jesus hätte Dinge vorausgesagt, die aber nicht zu der Zeit erfüllt wurden, zu der er ihre 2 Erfüllung ankündigte. All dies macht Jesus zu einem unzuverlässigen bzw. falschen Propheten. All diese Kritiken und Anmerkungen, selbst die Ausführungen von C.S. Lewis, sagen eigentlich aus, dass Jesus unrecht hatte im Hinblick auf die zeitlichen Angaben in seinen verschiedenen Voraussagen zu seinem Kommen. Die Kritik ist an sich stichhaltig, denn die Aussagen Jesu und der Apostel sind klar und deutlich ... und was allgemein im Christentum gelehrt wird bzgl. des Kommens Christi weist darauf hin, dass Jesus und die Apostel Fehler machten und Falsches lehrten. Das aber kann eigentlich nicht sein, und alle christlichen Lehrer werden solch eine Aussage auch sofort zurückweisen, andererseits aber weiterhin sagen, Jesu Kommen sei noch nicht geschehen. Was ist da los? Die meisten evangelikalen Christen stimmen überein und behaupten, dass Jesus nicht kam, wie und wann er es vorausgesagt hatte, nämlich in jener Generation im 1. Jahrhundert. Die gängigen Erklärungen für diese Behauptung sind, dass Jesu Kommen sich verzögerte oder der Termin verschoben wurde, obgleich biblische Berichte über sein Kommen deutlich werden lassen, dass es keine Verzögerung oder Verschiebung geben würde (vgl. Mt 24,48; Heb 10,37; 2Pe 3,9; Off 10,6). Eine andere Erklärung ist, die Zeitangaben wären nicht verstanden worden (Joh 14,26), und dass Jesus irgendwann "bald" kommen wird und seine Mission dann vollendet. Solche Ideen aber können die Kritiker nicht zufrieden stellen und bieten keine rechte auf die Schrift gegründete Erklärung. Mit diesen Erklärungsversuchen wird eher nur noch mehr Öl ins Feuer der Kritiker gegossen. Solche Ideen einer Verzögerung und eines falschen Zeitverständnisses widersprechen den klaren Aussagen der Lehren Jesu und der Apostel, und liefern den Kritikern lediglich noch mehr Munition, Jesus als falschen Propheten zu bezeichnen und sich über das Christentum lustig zu machen. Die Sache ist an sich klar: Jesus und die Apostel machten klare, deutliche und an sich einfach zu verstehende Voraussagen bzgl. des zukünftigen Kommens Christi in Herrlichkeit, und diese kamen - wie von fast allen Christen behauptet wird - nicht zustande. Für ein solches "Nichtzustandekommen" geben die gängigen Erläuterungen keine wirkliche und biblisch logische und legitime Erklärung. Falls es bislang das vorausgesagte Kommen Christi nicht gab, gibt es auf jeden Fall Irrtümer in der Schrift. Entweder haben sich Jesus und die Apostel geirrt mit ihren Voraussagen, oder die Gläubigen der frühen Gemeinde haben sich geirrt in dem, was sie verstanden und glaubten, wobei deren Irrtum aber ebenfalls wieder zumindest auf die Apostel zurückfällt, die es dann ja versäumt hätten, einen solchen Irrtum zu korrigieren. Wo liegt denn nun der Irrtum? Die einzige vernünftige und wirksame Antwort auf dieses Dilemma, welches durch das Nichtzustandekommen der Prophezeiungen verursacht wird, ist: Die Prophezeiungen sind eingetroffen! All die Behauptungen und Lehren, das Kommen des Herrn sei bisher nicht erfolgt, ist ja gar nicht, was die Bibel selbst aussagt! Das ist zwar, was die große Mehrheit des Christentums glaubt und behauptet, aber es ist nicht, was die Bibel selbst irgendwo aussagt. Die Behauptungen, dass das Kommen des Herrn nicht wie vorausgesagt eingetroffen ist, verursacht das Dilemma! Nur, warum sollten wir diesen problematischen Behauptungen glauben? Sollten wir uns nicht besser auf das verlassen, was in der Schrift selbst gesagt ist? 3 Die Antwort auf das Dilemma ist direkt vor unseren Augen: Jesus hat genau das vorausgesagt, was dann auch so eintrat! Er sagte, was er meinte! Und er meinte, was er sagte! Die Aussagen in der Schrift sind konsequent, nicht widersprüchlich, und trafen so ein, wie sie gemacht wurden. Ist es nicht merkwürdig, dass viele anscheinend kein Problem sehen, den Lehren von Menschen und traditionellen Dogmen zu glauben, die im Widerspruch zum biblischen Bericht stehen und Jesus und die Apostel im Irrtum erscheinen lassen, dann aber ein Problem darin sehen, das zu glauben, was der biblische Bericht sagt? Warum lassen wir zu, nicht das zu glauben, was wir in der Schrift als Jesu Worte und der Apostel Worte lesen? Warum erlauben wir es, dass uns die klaren und deutlichen Angaben zu zeitlichen Faktoren im Kontext des Kommens des Herrn als "falsch" oder "inkorrekt" interpretiert werden? Weitere Ausführungen, die zur Klärung beitragen sollen, im Kapitel „Die Naherwartung der ersten Christen“ in diesem Thread. 4
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