Als PDF öffnen - Konrad-Adenauer

LÄNDERBERICHT
Konrad-Adenauer-Stiftung e.V.
NORWEGEN
ELISABETH BAUER
April 2016
www.kas.de/lettland
Parteitag von Høyre in Oslo
– An unconventional convention
MINISTERPRÄSIDENTIN ERNA SOLBERG UNTER TOSENDEM APPLAUS
ALS PARTEIVORSITZENDE BESTÄTIGT
Seit zwölf Jahren ist Erna Solberg bereits
legierte sowie sonstige Interessierte ohne
Vorsitzende der konservativen Regie-
Stimmrecht dabei. Da auf dem Parteitag
rungspartei Norwegens, Høyre. Am Wo-
wesentliche Themen u.a. für die im kom-
chenende wurde sie unter tosendem Ap-
menden Jahr stattfindenden Wahlen zum
plaus auf dem Parteitag per Akklamation
norwegischen Storting diskutiert wurden,
für zwei weitere Jahre wiedergewählt. Die
war der Parteitag auch für Mitglieder ohne
Möglichkeit der Wahl per Akklamation ist
Stimmrecht geöffnet.
laut den Statuten dann gegeben, wenn
sich kein Gegenkandidat zur Wahl stellt.
In ihrer Eröffnungsrede benannte die Minis-
So wurden neben Erna Solberg auch die
terpräsidentin alle aktuellen Themen, die
von der Wahlkommission vorgeschlage-
nicht nur jetzt sondern auch in den kom-
nen weiteren Mitglieder des Vorstandes
menden Jahren die norwegische Politik be-
per Akklamation gewählt. Dadurch redu-
stimmen werden. Den Anfang bildeten aber
zierte sich die für die Wahlen benötigte
eine kurzer Rückblick auf die geleistete Ar-
Zeit auf zehn Minuten und schaffte Raum
beit und der Hinweis auf die guten Umfra-
für einen intensiven Arbeitsparteitag.
gewerte überall, insbesondere die Verbesserungen in Relation zur Situation bei den
Möglichkeiten für Alle – das war das Thema,
Kommunalwahlen im letzten Jahr. Sie be-
unter welches die norwegische Regierungs-
tonte, dass es Høyre gelungen sei, sowohl
partei Høyre ihren Parteitag am Wochenen-
in der Partei als auch in die Öffentlichkeit zu
de in Oslo gestellt hatte. Das Drehbuch des
vermitteln, dass eine konservative Ausrich-
Parteitags untermauerte dieses Motto, da es
tung nicht Stillstand bedeute. Der Mut zu
den Parteitag selbst mit anderen, unge-
Wandel und Weiterentwicklung sei die be-
wohnten Möglichkeiten resp. einer anderen
sondere Stärke, die die Partei auszeichne.
Art der Darstellung und Durchführung ausstattete. Ein Höhepunkt war u.a. das Gruß-
Ihre Rede unterstrich ihren Politikansatz,
wort, das David McAllister an den Parteitag
den sie in einem Interview nach ihrer letz-
und insbesondere an Erna Solberg richtete.
ten Wiederwahl so formuliert hatte: „shaping politics to solve real issues and real
Norwegische Parteitage sind zunächst ein-
problems experienced by real people”. 1
mal eine große logistische Leistung. Delegierte aus dem ganzen Land, d.h. auch von
Spitzbergen und aus der nördlichen Finnmark – einer Entfernung, die in die andere
Richtung von Oslo bis nach Rom reichen
würde – kommen zu den Parteitagen, sodass aus diesem Grund ein Kongresscenter
in der Nähe des Flughafens von Oslo gewählt wird. In diesem Jahr waren 1.200 De-
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http://www.tnp.no/norway/politics/4477-erna-
solberg-re-elected-as-norway-conservative-leader
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Internationale Lage als Herausforderung
NORWEGEN
Mit einem sehr plastischen Bild beschrieb
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Erna Solberg die internationale Lage, die
ritime Sicherheit im Polarmeer, beim kommenden NATO-Gipfel in Warschau eine
schließlich zur Flüchtlingskrise geführt habe:
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Schlüsselrolle werde einnehmen müssen.
Wirtschaftliche Herausforderungen
Auf den Arabischen Frühling folgte kein
Sommer („Arab Spring never turned to
Der drastische Verfall des Ölpreises hat in
Summer“). Die Flüchtlingswelle sei „gleich-
Norwegen in der letzten Zeit sowohl zu ei-
sam einem Tsunami“ über Europa und eben
ner Schwächung der Norwegischen Krone
auch über Norwegen hereingebrochen. Sie
als auch zu einem rasanten Anstieg der Ar-
stellte heraus, dass Europa bis jetzt keine
beitslosenzahlen geführt. Solberg sieht in
Lösung für die Migration gefunden habe und
der Ölkrise aber auch die Chance, die Öko-
dass Norwegen seine eigene Gesetzgebung
nomie des Landes von einer „Ölwirtschaft“
an die anderer Staaten angleichen bzw. mit
zu einer „Wissenswirtschaft“ weiter zu ent-
diesen abstimmen würde. Sie betonte aber
wickeln, um die Wettbewerbsfähigkeit für
auch, dass Norwegen darauf achten müsse,
den Markt der Zukunft zu verbessern. Hier-
seine Kapazitäten für Integration, u.a. be-
für seien auch verstärkte Anstrengungen im
zogen auf Jobs, im Blick zu behalten. Dies
Bereich von Bildung und Schule erforderlich,
sei nicht zuletzt dem Umstand geschuldet,
da eine gute Ausbildung unabdingbare Vo-
dass Norwegen durch den Verfall des Öl-
raussetzung für Arbeit und Beschäftigung
preises wirtschaftliche, insbesondere ar-
sei, dies wiederum die Voraussetzung, um
beitsmarktpolitische Probleme hat.
im Wettbewerb zu bestehen.
Als positives Ereignis und Zeichen im Zu-
McAllisters Grußwort an den Parteitag
sammenhang mit der Flüchtlingskrise erwähnte sie die Geberkonferenz im Februar
Einen Höhepunkt des Parteitages markierte
in London, die auf Initiative des britischen
das Grußwort des stellvertretenden Vorsit-
Premierministers Cameron, Bundeskanzlerin
zenden der EVP, David McAllister MdEP, an
Merkel und Solberg selbst stattgefunden hat
den Parteitag und insbesondere Erna Sol-
und auf der 12 Milliarden Dollar zur Be-
berg. Er betonte dabei, wie zuvor die Minis-
kämpfung von Fluchtursachen und der Un-
terpräsidentin, die vertrauensvollen und
terstützung von Flüchtlingen in den unmit-
sehr guten Beziehungen zwischen Høyre
telbaren Nachbarländern hatten akquiriert
und der EVP und stellte ergänzend fest,
werden können.
dass Erna Solberg in aller Regel bei den
EVP-Treffen anwesend sei. Die mit diesem
In diesem Zusammenhang stellte die Minis-
Hinweis zum Ausdruck gebrachte besondere
terpräsidentin die insgesamt sehr gute und
Wertschätzung ist von großer Bedeutung,
vertrauensvolle Zusammenarbeit mit der
da in Norwegen immer wieder Diskussionen
Europäischen Union heraus.
darüber geführt werden, warum sich das
Land weitgehend Regelungen der EU an-
Ein weiteres zentrales Thema war die Si-
schließt, ohne selbst Mitglied zu sein. So
cherheits- und Verteidigungspolitik. Hier be-
sind die Norweger u.a. auch bei Frontex da-
tonte Solberg einerseits die Bedeutung der
bei.
NATO und die Bereitschaft Norwegens, für
die eigene Sicherheit, wie auch die der
„Möglichkeiten für Alle“
NATO aktiv einzutreten. Für Norwegen bedeute dies besonders im Bereich der Arktis
Die Arbeitsthemen des Parteitages waren
eine erhöhte Aufmerksamkeit. Die Verteidi-
entsprechend der großen Linien, die die Par-
gungsausgaben werden stark erhöht wer-
teivorsitzende genannt hatte, gewählt. So
den, um den gestiegenen Sicherheitsbe-
wurde das Thema der Sicherheitspolitik von
dürfnissen Rechnung zu tragen. Gleichfalls
den Ministern Børge Brende (Außen-), Ine
stellte sie heraus, dass die Stärkung der
Eriksen Søreide (Verteidigung) und Elisa-
Nordostflanke des Nordatlantikpaktes in
beth Aspaker (Europa) diskutiert. Auf die
Form einer erhöhten Konzentration auf ma-
moderierte Diskussion folgte eine intensive
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Diskussion mit den Parteitagsteilnehmern,
da insbesondere die benötigten Mehrausga-
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ben im Verteidigungshaushalt vor dem Hin-
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tergrund der derzeit stotternden Wirtschaft
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Zustimmung stoßen.
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Die „Möglichkeiten für Alle“, die Høyre bietet
zunächst nicht überall in gleichem Maße auf
und weiter bieten will, zeigen sich besonders auch im neuen Ansatz, der besagt,
dass in das Wahlprogramm für das kommende Jahr auch die Ergebnisse der Diskussionsplattform im Netz einfließen sollen,
welche nicht nur für Parteimitglieder sondern für alle Bürgerinnen und Bürger offen
steht.
Weitere zentrale Themen der Diskussion in
Arbeitsgruppen, wie auch z. T. im Plenum,
waren Immigration und Integration, Gesundheit, Arbeitsmarkt, Klima und Umwelt
sowie Bildung.
Ein interessantes Element zum Ende des
Parteitags bildete eine von der Leiterin des
norwegischen Think Tanks CIVITA, Kristin
Clemet, moderierte Diskussion zu konservativer Politik. Dazu eingeladen waren Vertreter der anderen Koalitionsparteien oder diese unterstützende Parteien.