Profunde Gründe, Datenschutz zu betreiben

RISIKEN MANAGEN
Datensicherheit und Grauzonen
Profunde Gründe,
Datenschutz zu betreiben
Interview von Michael Merz
Regelungen, die sicher und gleichzeitig ökonomisch
sein sollen, können ein Widerspruch in sich sein.
Um den neuen technologischen Möglichkeiten
gerecht zu werden, stehen sowohl Kleinunternehmen
wie auch staatliche Institutionen vor rechtlichen
Bürden. Bettina Hübscher, eine versierte Juristin
und SNV-Dozentin, über Datenschutz und
-sicherheit.
B
is August 2016 soll das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement einen Vorentwurf für eine Revision des DSG
(Abk.: Datenschutzgesetz) eingeben. Die frühesten staatlichen
Regulierungen dieses Gesetzes
wurden in Zeiten vor der «mobilen Gesellschaft» formuliert. Bettina Hübscher, Expertin für Ar-
beitsrecht, Öffentliches Recht
und Datenschutzrecht an der
Hochschule Luzern (Kompetenzzentrum «Management & Law»)
über sicherheitsrelevante Bereiche in Unternehmen.
Ich meine, dass die Kenntnis,
dass für entnommene Informationen Quel­len anzugeben sind
doch gut verbreitet ist. Das ist
nicht zuletzt auf die medialen
Plagiatsvorfälle zurückzuführen.
«Wenn wir uns nur
noch mit Bürokratie im
Datenschutz beschäftigen
müssen, haben wir
wohl das Ziel verfehlt.»
Es wäre noch besser, dass Mitarbeitende, die im Kommunikationsbereich tätig sind, sensibilisiert und diesbezüglich geschult
werden.
Letztendlich scheint es mir auch
wichtig, dass Falschmeldungen zu
verhindern sind. Ich denke da ans
Vier-Augen-Prinzip sowie an einfache Disclaimerhinweise, dass
für falsche Informationen und
Angaben auf der Unternehmensseite keine Haftung übernommen wird.
Stichwort: Smartphones in
Sprechzimmern. Könnte es hier
plötzlich mehr Klagen gegen
die private Weitergabe von
Datensätzen oder Personen­
daten geben?
Es ist heute etwa in InnovationsUnternehmen Usus, dass Smartphones bereits vor dem Sitzungszimmer abgegeben werden. Viel
gravierender würde ich die Nutzung von Geräten im mobilen
Arbeitsbereich einstufen. Wenn
ich sehe und höre, welche Informationen beispielsweise im öffentlichen Verkehr laut ausgetauscht werden, besorgt mich
das eher als das Aufsichtragen
von Smartphones in Meetings.
Würden für eine Unternehmens­
präsentation direkt Fakten
Für welche Wirtschaftssektoren,
denken Sie, sind Regelungen
Solche Negativ-Stimmen können
sich durchaus auf das Image einer
Unternehmung auswirken, können aber zugleich als Chance verwendet werden, indem diese Kritiken aufgegriffen und Optimierungen herbeigeführt werden.
Bettina Hübscher Dozentin, Projektleiterin
an der Hochschule Luzern (Wirtschaft) sowie
Juristin und Risikomanagerin im Bereich
Datenschutz­management & Compliance
Risk bei der Advokatur Sury AG, Luzern.
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Frau Hübscher, teilweise
geraten Unternehmen, die via
google & Co. heikle Daten nach
aussen kommunizieren, in
rechtliche Grauzonen. Was halten
Sie von zu ausführlichen
Unternehmensprofilen?
Als Unternehmer kann ich durch
Social Media kostengünstig ein
breites Publikum erreichen und
durchaus bei potenziellen Kunden eine grosse Aufmerksamkeit
erlangen. Die Social-Media- Plattformen können jedoch ein Risiko bezüglich Kontrollverlust mit
sich bringen, etwa dann wenn
Meinungen im Internet anders
ausfallen, als es sich die Unternehmung wünscht.
aus dem Netz kopiert und
vervielfältigt, könnten dabei
möglicherweise Immaterial­
güterrechte untergraben
werden?
Ja klar, das kann auch passieren.
– In erster Linie geht es jedoch
darum, im schnellen Gebrauch
von Social-Media-Technologien
sich nicht in einem unkoordinierten Aktionismus zu verlieren oder sich zu verzetteln.
MQ Management und Qualität 04/2016
RISIKEN MANAGEN
für einen sicheren oder
ökonomischen Umgang mit
Daten unerlässlich?
Zuerst müssen wir uns eingestehen: Eigentlich ist eine solche
Regelung, die für Sicherheit
sorgt und gleichzeitig ökonomisch sein soll, bereits ein Widerspruch in sich. Ich bin der
Ansicht, dass eine Revision des
DSG (Abk.: Datenschutzgesetz)
notwendig ist, das Gesetz aber
nicht zu einem «veradministrierten» Datenschutzrecht entwickelt werden darf.
Es ist für Branchen wie beispielsweise den Gesundheitsbereich unerlässlich, dass hier
striktere Vorschriften gelten. Jedoch ist auch hier die Abwägung
von zusätzlichen Regulierungen
zur möglichen Umsetzung im
Geschäftsalltag zu evaluieren.
Wenn wir uns nur noch mit Bürokratie im Datenschutz beschäftigen müssen, haben wir
wohl das Ziel verfehlt.
Hier braucht es zwingend die
Diskussion zwischen «der Gesetzgebung» und Wirtschaftsvertretern, um eben sichere wie
ökonomische Regelungen zu
entwickeln.
Sie plädieren für einen be­
triebsinternen Datenschutz
mit einer klar definierten,
unabhängigen Anlaufstelle.
Wie könnte so ein Stab im
vielschichtigen Arbeitsalltag
funktionieren?
Entweder haben wir eine definierte betriebsinterne Datenschutzstelle oder dann eine unabhängige Anlaufstelle, bei einer
externen Fachperson, einer Datenschutzbeauftragten.
Wenn
die Unternehmung strengen regulatorischen Vorschriften unterliegt, weil sie mit hochsensiblen Daten zu tun hat, macht die
zweite Variante durchaus Sinn.
Meiner Meinung nach gibt es
aber nicht «das eine oder das andere». Es müssen interne Res-
Gründe, heute Datenschutz zu betreiben
Kostensenkung:
–Ressourceneinsparungen durch Kontinuität
im Businessprozess
–Nutzung von praxiserprobten Vorgehensmodellen
–Verhindern von Datenschutzverletzungen/keine
Verfahren
Wettbewerbsvorteil: –Zertifizierung der Unternehmung
–Zertifizierung von Produkten
–Verbesserung Unternehmensimage
–Bessere Chancen/Transparenz im
Submissionsprozess
–Stärkung Rechtssicherheit
Sicherheit:
–Sicherheitsniveau sichert Kundenvertrauen
– Aktueller Stand Technik & Wissenschaft
–Aktualität
–Transparenz
Vertrauliche Informationen gelangen heutzutage unverzüglich aufs
Netz. Rechtliche Guidelines gehören daher in jede Betriebsordnung.
sourcen und verhandenes Knowhow differenziert werden.
Wie sollten sich heute, in
dynamischen Zeiten, Sicher­
heitsverantwortliche auf die
überall kommunizierende,
digital geprägte Businesswelt
einstellen?
Sie sollten die relevanten Risiken
und Chancen mit den zugrundeliegenden Massnahmen definieren (s. Infobox als Orientierungshilfe). Damit haben sie den wichtigsten Schritt gemacht. Sie sollten beachten, dass sich die
Schnittstellen zwischen Technik,
Management und Recht optimal
ergänzen, Prozesse adäquate
Lösungen herbeibringen. Sie benötigen übrigens alle am Prozess
Beteiligten, denn die digitale
Transformation hält so oder so
Einzug.
Letztendlich sollte man eine
eindeutige Strategie, eine unternehmerische Richtung einhalten. Darauf gründend können
sie weitere Massnahmen treffen
und Potenziale ausschöpfen. ■
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(Quelle: SNV. Unterlagen aus dem Seminar für Produktrisiko-Manager
«Risikobereich Information – Auswirkungen auf meine Arbeit»).
Die Schweizerische Normen-Vereinigung (SNV)
Die SNV führt Seminare und Veranstaltungen zu aktuellen Normungsthemen,
Richtlinien und Gesetzen bezüglich Datenschutz und anderen rechtlichen
Themen durch. Ein topaktuelles Weiterbildungsangebot aus erster Hand
finden Sie unter: www.snv.ch
MQ Management und Qualität 04/2016
Rüchligweg 101
CH-4125 Riehen
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