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MA-Verlag
Elektronische Zeitung Schattenblick
Freitag, 15. April 2016
Das Anti-TTIP-Bündnis - Abwicklungsdruck ...
BÜRGER / REPORT
Sand ins Getriebe der CETA­Ratifizierung!
TTIP Strategie­ und Aktionskonferenz in Kassel
- Das geplante europäisch-kanadische Freihandelsabkommen CETA (Comprehensive Economic and
Trade Agreement) gilt nicht zuletzt
als Blaupause und möglicher Türöffner für das US-amerikanisch-europäische Transatlantische Freihandelsabkommen (TTIP), dem es inhaltlich in wesentlichen Zügen
gleicht. Gibt CETA schon für sich
genommen allen Anlaß, es im Interesse der Bevölkerungsmehrheit beiderseits des Atlantiks zu Fall zu bringen, so gilt das um so mehr angesichts seiner aktuellen Schlüsselfunktion im Kontext der gesamten
Freihandelspolitik. Daß Kanada lediglich 35 Millionen Einwohner hat
und als Markt für europäische Exporte von eher nachrangiger Bedeutung ist [1], darf nicht zu der Fehleinschätzung verleiten, beim Kampf
gegen CETA handle es sich lediglich
um ein Scharmützel vor der eigentlichen Schlacht um TTIP. Da der Widerstand in vielen europäischen Ländern wächst und sich zunehmend
Gehör verschafft, werden die maßgeblichen Protagonisten des Freihandelsabkommens alles daransetzen, eine Ratifizierung durch die nationalen Parlamente der Mitgliedsstaaten vor Inkrafttreten aus dem
Feld zu schlagen. Die parlamentarische Zustimmung in allen EU-Mitgliedsstaaten wäre nicht nur zeitaufwendig, sondern böte insbesondere
Gelegenheit, das gesamte Vorhaben
an irgendeiner Stelle dieser Kette
(SB)
Das Anti-TTIP-Bündnis Ein großes Spektrum ... (1)
... an Bündnissen und Aktionsformen
TTIP Strategie­ und Aktionskonfe­
renz in Kassel
(SB) ­ Da das aktivistische Element
quasi das Wasser darstellt, in dem
sich die gegen Freihandelsabkommen protestierenden Menschen wie
Fische bewegen, sollte seine Präsentation in Kassel nicht zu kurz kommen. Nach einem Tag der Diskussionen auf dem zentralen Podium und
in den Workshops fand ein Aktionsaustausch statt ... (Seite 6)
UMWELT / REPORT
Profit aus Zerstörungskraft Augenwischerei ...
Mycle Schneider im Gespräch
5 Jahre Leben mit Fukushima ­
30 Jahre Leben mit Tschernobyl
Internationaler IPPNW­Kongreß
vom 26. bis 28. Februar 2016 in der
Urania, Berlin
(SB) ­ Mycle Schneider unter ande-
rem über das als Dekontaminierung
verklärte Hin- und Herbewegen von
Radioaktivität, die Korrosionsanfälligkeit des Akw Fukushima Daiichi
und die vielfachen Hotspots in der
Stadt Koriyama .. . (Seite 15)
auszuhebeln. CETA gilt daher nicht
allein in inhaltlicher Hinsicht, sondern auch mit Blick auf das Verfahren seiner Durchsetzung als ein Muster, dessen Verhinderung von größter Tragweite für künftige Auseinandersetzungen ist.
Um Parlamenten und Öffentlichkeit
die Wahrnehmung der brisanten Inhalte vorzuenthalten, verhandelte die
EU-Kommission seit 2009 mit Kanada unter strenger Geheimhaltung
über CETA. Hingegen gewährte man
Lobbyisten der Wirtschaft erheblichen Einfluß auf den Vertragstext,
der erst 2014 nach Verhandlungsabschluß veröffentlicht wurde. Da infolge des Abkommens ein massiver
Abbau demokratischer Standards,
öffentlicher Daseinsvorsorge und des
Umweltschutzes droht, lief die Strategie der Protagonisten stets darauf
hinaus, vollendete Tatsachen zu
schaffen. Bezeichnenderweise waren
es durchweg geleakte Informationen,
die Einzelheiten über bestimmte
Aspekte des Projekts vorab zugänglich machten. Soweit schließlich der
Text auch offiziell publiziert wurde,
geschah dies offensichtlich nicht im
Selbstverständnis erwünschter demokratischer Partizipation, sondern
war vielmehr dem Versuch geschuldet, wachsendes Mißtrauen und zunehmende Empörung in der Öffentlichkeit zu befrieden. Insofern könnte man den Versuch, CETA ohne öffentliche Mitsprache und parlamen-
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tarische Kontrolle durchzusetzen,
durchaus als einen Vorgriff auf wesentliche Ziele dieses Abkommens
ausweisen.
Da die zu befürchtenden negativen
Folgen des Freihandelsabkommens
für die meisten Sphären der Gesellschaft Legion sind, seien hier nur die
gravierendsten genannt. So ist CETA
der erste Handelsvertrag der EU, der
private Schiedsgerichte vorsieht.
Demnach können Unternehmen die
Vertragsstaaten vor Tribunalen verklagen, wenn sie ihre künftigen Profiterwartungen durch Gesetzgebungen eingeschränkt sehen. Dadurch
kommen Klagen in Milliardenhöhe
auf die Staaten zu, deren Spielraum
für eine Gesetzgebung zugunsten des
Gemeinwohls zudem erheblich eingeschränkt wird. Und da zahlreiche
große US-Firmen in Kanada Niederlassungen unterhalten, könnten sie
über CETA die EU-Staaten selbst
dann verklagen, sollte das TTIP-Abkommen scheitern.
Zudem würde CETA völkerrechtlich
bindend sein und sich kaum mehr zurücknehmen lassen. Für den unwahrscheinlichen Fall einer Auflösung
des Abkommens sieht eine Klausel
sogar vor, daß die Klagerechte für
Seite 2
Investoren noch weitere 20 Jahre erhalten bleiben. Darüber hinaus ist
CETA als ein "lebendes Abkommen"
konzipiert, das nicht zurückgenommen, wohl aber restriktiv weiterentwickelt werden kann. Demnach soll
ein nicht gewählter Regulierungsrat
Gesetzesvorhaben daraufhin prüfen,
ob sie Handelsinteressen beeinträchtigen könnten. Auf diesem Wege
könnten dann unerwünschte Gesetzesentwürfe, noch bevor Parlamente
und Öffentlichkeit davon erfahren,
aus dem Verkehr gezogen werden.
Selbst eine nachträgliche Veränderung oder Erweiterung des Vertrages
ohne demokratische Kontrolle wäre
möglich.
Anders als die meisten bisherigen
Handelsverträge listet CETA nicht
die zu liberalisierenden Bereiche auf,
sondern in einer Negativliste nur die
Ausnahmen. Folglich können alle
Bereiche der Privatisierung und Deregulierung unterworfen werden, die
nicht explizit davon ausgenommen
sind. Damit trifft man Vereinbarungen, deren Tragweite zum Zeitpunkt
des Vertragsschlusses noch gar nicht
abzuschätzen sind, zumal deregulierte Komplexe später nicht wieder zurückgenommen werden dürfen. CETA sieht keine grundsätzliche Aus-
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nahme von öffentlichen Dienstleistungen von der Liberalisierung vor
und stellt zudem ökologische und
soziale Vergabekriterien in der öffentlichen Beschaffung in Frage,
wodurch ein zentrales Element der
kommunalen Selbstverwaltung beschnitten wird.
Durch CETA sind auch die Sozialund Arbeitsstandards von Aushöhlung bedroht, die öffentliche Förderung von Kultureinrichtungen ist gefährdet, bestehende Umweltstandards werden untergraben. So wurde
das Importverbot der EU für das extrem klimaschädliche Rohöl aus kanadischen Teersanden bereits im
Laufe der Verhandlungen aufgeweicht, und künftig könnten Unternehmen auch gegen ein mögliches
Fracking-Verbot klagen. Grundsätzlich ersetzt CETA das in der EU geltende Vorsorgeprinzip durch das angeblich wissenschaftsbasierte Prinzip, potentiell gefährliche Produkte
und Technologien erst dann aus dem
Verkehr zu ziehen, wenn ihre Schädlichkeit zweifelsfrei nachgewiesen
ist. Auf diese Weise käme beispielsweise Gentechnik durch die Hintertür in die EU. [2]
Foto: © 2016 by Schattenblick
Fr, 15. April 2016
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Schiedsgericht bleibt
Schiedsgericht
Tausende bestehende Investitionsabkommen zwischen Industrie- und
Entwicklungsländern beinhalten
einen Streitschlichtungsmechanismus, der es ausländischen Investoren ermöglicht, Regierungen vor
privaten,
nicht-öffentlichen
Schiedsgerichten (ISDS) auf Schadensersatz zu verklagen. Als USA
und EU-Kommission diesen Mechanismus zu Beginn der Verhandlungen 2013 auch in TTIP etablieren wollten, löste das massive Proteste in Deutschland und anderen
EU-Ländern aus. Daraufhin sah sich
die EU-Kommission gezwungen,
einen überarbeiteten Vorschlag einzubringen, der parallel dazu seinen
Niederschlag in CETA fand. Dort
sieht das neu formulierte Kapitel
jetzt vor, einen Investitionsgerichtshof (IDS) einzurichten, der in Streitfällen zwischen Investoren und
Staaten entscheidet. Der Gerichtshof soll mit einer vorab bestimmten
Gruppe von Personen besetzt sein,
die international akkreditiert und
zum öffentlichen Richteramt zugelassen sind. Ihre Auswahl soll nach
dem Zufallsprinzip erfolgen und
nicht wie bisher durch die Streitparteien. Die Verfahren sollen öffentlich sein und es ist geplant, eine Revisionsinstanz zu etablieren.
Wenngleich CETA den Bereich Kultur im Unterschied zu TTIP weitgehend ausspart, warnt der Deutsche
Kulturrat angesichts drohender Investorenklagen vor Gefahren auch in
diesem Bereich. Was den Schutz geistigen Eigentums betrifft, hatte ein
Leak im Dezember 2009 Überschneidungen zwischen CETA und
ACTA offengelegt. In Reaktion auf
heftige Kritik erklärte die EU-Kommission im Oktober 2013, daß die
Ablehnung des ACTA-Abkommens
durch das EU-Parlament im Juli
2012 berücksichtigt werde. So seien
insbesondere das Three-StrikesPrinzip und ein Auskunftsanspruch
auf Ermittlung von IP-Adressen von
Rechtsverletzern von den CETAVerhandlungen ausgenommen worden. Nach einem Gutachten im Auftrag der Grünen enthält die ausverhandelte Version des Abkommens
tatsächlich keine Regelungen mehr,
die spezifisch ACTA entnommen
sind.
Zusammenfassend bleibt festzuhalten, daß von einer substantiellen Entschärfung CETAs ebensowenig die
Rede sein kann wie von maßgeblichen Unterschieden zu TTIP in dessen bislang bekannter Form. Das Abkommen zwischen der EU und Kanada ist mithin auch in dieser Hinsicht ein absolut ernstzunehmender
Angriff auf die Lebens- und Arbeitsverhältnisse in den betroffenen LänKritiker sehen in dieser Modifikati- dern.
on zu Recht eine lediglich kosmetische Kaschierung, zumal die eigentlichen Schutzstandards, auf die sich Werden die nationalen ParlamenInvestoren im Streitfall berufen te kaltgestellt?
können, unverändert bestehen bleiben. Der Anspruch auf "faire und Am 26. September 2014 unterzeichbillige Behandlung" und Schutz vor neten der kanadische Premierminiindirekter Enteignung ist nicht nä- ster Stephen Harper, der damalige
her definiert, eröffnet aber gerade EU-Kommissionspräsident José Madeshalb internationalen Unterneh- nuel Barroso und der EU-Ratspräsimen die Möglichkeit, Klage gegen dent Herman Van Rompuy während
Staaten zu erheben. Die unbestimm- eines EU-Kanada-Gipfels in Ottawa
ten Rechtsbegriffe tragen maßgeb- eine Erklärung zum Abschluß der
lich dazu bei, daß internationale fünfjährigen Verhandlungen über das
Schiedsgerichte einflußreichen Freihandelsabkommen. Nachdem
Wirtschaftsinteressen zur Durchset- die EU-Kommission und Kanada die
zung verhelfen.
Rechtsförmigkeitsprüfung abgeFr, 15. April 2016
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schlossen und die genannten Punkte
nachgebessert hatten, veröffentlichte die Kommission am 29. Februar
2016 die offizielle Endfassung des
CETA-Vertragstextes. Sobald dieser
in die Sprachen aller Mitgliedsländer
übersetzt ist, soll er vom EU-Rat ratifiziert und anschließend vom EUParlament abgesegnet werden, was
noch in diesem Jahr geschehen
könnte. Zudem muß er auch vom kanadischen Parlament ratifiziert werden.
Umstritten ist jedoch, ob die Zustimmung der nationalen Parlamente der
einzelnen EU-Mitgliedsstaaten notwendig ist. Nach Auffassung der EUKommission handelt es sich um ein
allein in den Kompetenzbereich der
EU fallendes Abkommen, das nicht
von den Mitgliedsstaaten ratifiziert
werden muß. Dem widersprechen
unter anderem der wissenschaftliche
Dienst des Bundestages wie auch das
Bundesministerium für Wirtschaft
und Energie mit der Begründung,
Teile des Abkommens fielen in den
Zuständigkeitsbereich der Mitgliedsstaaten, weshalb es sich um ein
sogenanntes gemischtes Abkommen
handle, dessen Vertragspartner neben
der EU auch die Mitgliedsländer
werden müßten.
Wie sehr sich die Geister an dieser
für die Durchsetzung des Abkommens so zentralen Frage scheiden,
unterstreicht ein Riß, der mitten
durch die Reihen der Sozialdemokraten verläuft. So ist der SPD-Europaabgeordnete Bernd Lange der
Auffassung, daß angesichts einer
vergemeinschafteten Handelspolitik
das Europäische Parlament Kontrollorgan sei. Bei einem gemischten
Abkommen wie CETA könnten zwar
die nationalen Parlamente mitentscheiden, jedoch erst nach Inkraftsetzung. Und selbst das sei schon ein
Zugeständnis, da es hauptsächlich
um Angelegenheiten in EU-Zuständigkeit gehe. Sobald das EU-Parlament CETA ratifiziert habe, könne
die Kommission ein vorläufiges Inkrafttreten beantragen. Theoretisch
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könnte man sogar Teile der Verträge,
die nationale Kompetenzen nicht berühren, sofort endgültig in Kraft setzen. [3]
Matthias Machnig, SPD-Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium und ebenfalls ein entschiedener
Befürworter von Freihandelsabkommen, bestätigt zwar, daß CETA tatsächlich vorläufig in Kraft gesetzt
werden soll. Das gelte für jene Teile,
die komplett im Zuständigkeitsbereich der EU liegen. Er ist jedoch im
Unterschied zu Lange der Auffassung, daß der höchst umstrittene Investitionsschutz ausdrücklich nicht
dazu gehört. Parteilinke wie Ralf
Stegner oder Marco Bülow fordern
sogar, daß kein Teil des Abkommens
in Kraft treten dürfe, bevor der Bundestag darüber abgestimmt hat, da
dieser andernfalls entmachtet würde.
Klären will die SPD ihre Haltung auf
einem Parteikonvent, der laut Machnig im Juni oder September und damit vor dem Votum des Europäischen Rats über die vorläufige Anwendung von CETA stattfinden werde.
SPD-Parteichef Sigmar Gabriel befürwortet CETA, hat aber angedeutet, daß die nationalen Parlamente
mitbestimmen, bevor Abkommen
wie CETA und TTIP in Kraft treten.
Andererseits ist inzwischen bekannt,
daß die Bundesregierung den strategischen Winkelzug eines vorläufigen
Inkrafttretens favorisiert. Offensichtlich bleibt die deutsche Sozialdemokratie also auch in dieser Frage ihrer
traditionellen Rolle treu, sich um die
Akzeptanz höchst unverträglicher
Maßnahmen verdient zu machen.
Strategische Pläne für alle
Eventualitäten
Die Einschätzung, welche Schritte
die geplante Durchsetzung von CETA mutmaßlich durchlaufen wird
und welche Konsequenzen für die
Bewegung gegen die Freihandelsabkommen daraus zu ziehen sind, war
Seite 4
Sie legte in ihrem einführenden Vortrag die Schrittfolge der Ratifizierung dar und erörterte mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern des
Workshops mögliche Gegenmaßnahmen auf jeder dieser Etappen. So
könnte beispielsweise der Konsens
unter den Mitgliedsstaaten aufgebrochen werden, zumal die rechte polnische Regierung ihre bilateralen Investorenverträge aus Kostengründen
kündigen will und die Opposition
gegen CETA in Deutschland und
Österreich besonders stark ist. In den
Niederlanden bestünde die Möglichkeit, mit Volksentscheiden in den
Ratifizierungsprozeß einzugreifen.
Maritta Strasser
Foto: © 2016 by Schattenblick
denn auch eines der zentralen Diskussionsthemen im Workshop "CETA-Ratifizierung stoppen!", der von
der Campact-Kampagnenleiterin
Maritta Strasser auf der Kasseler
Konferenz angeboten wurde. Wie
sich rasch abzeichnete, ist die
Rechtslage umstritten, zumal sich
Befürworter und Gegner auf konträre Gutachten berufen. Beispielsweise ist bei einem gemischten Abkommen laut den EU-Verträgen im Rat
eigentlich Einstimmigkeit bei der
Ratifizierung erforderlich, doch gehen andere Auffassungen insbesondere bei einer vorläufigen Anwendung von einer qualifizierten Mehrheit aus. Das ist jedoch nur eine unter mehreren Unwägbarkeiten des
Ratifizierungsprozesses, dessen Verlauf und Zeitrahmen von verschiedenen Faktoren abhängen. Wenngleich für unstrittig erachtet wurde,
daß die CETA-Befürworter die nationalen Parlamente am liebsten
kaltstellen würden, hielt man es
doch für ungewiß, ob sie sich das
tatsächlich leisten können und wollen. Die Bewegung gegen die Abkommen muß folglich verschiedene
Szenarien in Betracht ziehen, also
gewissermaßen auch einen Plan B
haben, sollte Plan A nicht greifen, so
die Referentin.
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Eine ganz wesentliche Hürde ist insbesondere das EU-Parlament. Legt
man die Abstimmung über die TTIPResolution vom Juli 2015 zugrunde,
müßten 75 Abgeordnete das Lager
wechseln, damit eine Mehrheit gegen CETA zustande kommt. Von den
deutschen Abgeordneten haben damals 24 für die Resolution gestimmt
und nur vier dagegen. Wie man insbesondere auf die sozialdemokratischen Abgeordneten einwirken könne, war Gegenstand einer ausgiebigen Diskussion, in die wie auch zu
anderen Punkten zahlreiche Vorschläge wie Netzwerke, Postkartenaktionen, persönliche Ansprache und
manches mehr debattiert wurden, da
der Workshop insbesondere den zu
ergreifenden praktischen Maßnahmen gewidmet war. Lokale Kampagnen an verschiedenen Orten brachten ihre Erfahrungen ein, die im Austausch mit anderen als sehr hilfreich
und produktiv wahrgenommen wurden.
Eine Bürgerklage vor dem Bundesverfassungsgericht ist möglich, aber
nicht einfach, da der Nachweis geführt werden muß, warum man unmittelbar in den Grundrechten betroffen ist. Das Risiko des Scheiterns
ist hoch, was wiederum ungünstig
für die Argumentation der Bewegung
und deren Wahrnehmung in der Öffentlichkeit wäre. Zur Klage Marianne Grimmensteins, die im ersten AnFr, 15. April 2016
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lauf gescheitert war und es nun mit
Prof. Dr. Andreas Fisahn als Beistand noch einmal versucht, merkte
die Referentin an, daß die dafür benutzte Plattform Change.org keine
NGO, sondern ein Unternehmen sei,
das man nicht unterstützen sollte.
Was eine Abstimmung im deutschen
Bundestag betrifft, könnte die Große
Koalition CETA problemlos durchwinken, da die zusammen 20 Prozent
der Opposition noch nicht einmal für
eine Normenkontrollklage vor dem
Bundesverfassungsgericht ausreichen. Auch hat das Ausbleiben eines
grundsätzlichen Protests gegen die
Leseräume unter den Abgeordneten
gezeigt, in welchem Ausmaß die
Bundesregierung das Parlament unter Kontrolle hat. Im Bundesrat wären die Mehrheitsverhältnisse derzeit
günstiger, würden die Grünen ihre
Schlüsselposition in den Ländern gegen CETA einsetzen. Denkt man an
den Freihandelsbefürworter Kretschmann in Baden-Württemberg und die
schwarz-grünen Perspektiven, ist allerdings Skepsis geboten. Sollte CETA nicht bis Frühjahr 2017 durchgesetzt sein, wird dieser Prozeß voraussichtlich bis nach der Bundestagswahl im Herbst verschoben werden,
um dieses brisante Thema aus dem
Wahlkampf herauszuhalten, so die
allgemeine Einschätzung.
zen, das europäische Netzwerk von
400 Organisationen aus allen EULändern auszubauen, sich auf lokaler Ebene auf Schwerpunkte zu konzentrieren, die für bestimmte Zielgruppen relevant sind, und zugleich
den Protest massenhaft auf die Straße zu bringen.
Wurde die Oktoberdemonstration
der 250.000 Menschen in Berlin von
den Medien noch in einen Mantel des
Schweigens gehüllt, so hat die Bewegung daraus gelernt. Der Aufruf
zur Kundgebung des Widerstands am
23. April in Hannover vor dem Messebesuch von Barack Obama und
Angela Merkel wurde erfolgreich in
den Leitmedien plaziert, die nicht
umhin konnten, zentrale Argumente
zu zitieren. So steht zu erwarten, daß
diese Demonstration weithin wahrgenommen wird und sich eines Zuspruchs zahlreicher Menschen erfreut, die sich bei dieser Gelegenheit
der Bewegung anschließen und sie
künftig auf noch breitere Füße stellen.
Anmerkungen:
[1] Laut EU-Kommission war Kanada 2012 mit einem Anteil von 1,8 %
am gesamten EU-Außenhandel der
zwölftwichtigste Handelspartner der
EU. Auf der Grundlage der Zahlen
Handstreich oder
von 2011 entfielen auf die EU 10,4
Verzögerungstaktik?
% des gesamten kanadischen Außenhandels, was sie zum zweitwichtigDas europäisch-kanadische Freihan- sten Handelspartner Kanadas nach
delsabkommen CETA könnte in den USA machte.
Brüssel im Handstreich vorläufig in
Kraft gesetzt und wenig später ange- [2] http://www.attac.de/ceta
wendet werden. Es könnte aber auch
in Erwartung, der Widerstand werde [3] http://www.taz.de/!5288286/
sich totlaufen, auf die lange Bank geschoben werden. Die damit verbundene Ungewißheit stellt enorme stra- TTIP Strategie­ und Aktionskonfe­
tegische Anforderungen an die Be- renz in Kassel im Schattenblick
wegung gegen CETA, TTIP und Ti- www.schattenblick.de → INFO­
SA, entlang der gesamten Kette ver- POOL → BUERGER → REPORT:
suchter Durchsetzung jeweils da anzugreifen, wo sich der Prozeß gera- BERICHT/068: Das Anti-TTIPde befindet. Inhaltlich gilt es, die Bündnis - Widerstand und Komprovolle Breite der Argumente zu nut- miß ... (SB)
Fr, 15. April 2016
www.schattenblick.de
BERICHT/069: Das Anti-TTIPBündnis - Lackmustest Verschärfung
... (SB)
BERICHT/070: Das Anti-TTIPBündnis - die Hoffnung auf Mehrheiten ... (1) (SB)
BERICHT/071: Das Anti-TTIPBündnis - die Hoffnung auf Mehrheiten ... (2) (SB)
BERICHT/072: Das Anti-TTIPBündnis - Erhalt marktregulierter
Vorherrschaft ... (SB)
BERICHT/075: Das Anti-TTIPBündnis - beim Thema bleiben ...
(SB)
BERICHT/076: Das Anti-TTIPBündnis - Freiheit säen, utopisch
ernten ... (SB)
INTERVIEW/097: Das Anti-TTIPBündnis - die Säge am Überlebensast
... Pia Eberhardt im Gespräch (SB)
INTERVIEW/098: Das Anti-TTIPBündnis - Kulturelle Errungenschaften im Ausverkauf ... Olaf Zimmermann im Gespräch (SB)
INTERVIEW/099: Das Anti-TTIPBündnis - Konsens ... Nelly Grotefendt im Gespräch (SB)
INTERVIEW/100: Das Anti-TTIPBündnis - Rechtsprechung statt Verträge ... Petra Pinzler im Gespräch (SB)
INTERVIEW/101: Das Anti-TTIPBündnis - Korrumption im Zangengriff der Basis ... John Hilary im
Gespräch (SB)
INTERVIEW/102: Das Anti-TTIPBündnis - Kontroll- und Verwertungsmotive ... Uta Wagenmann im
Gespräch (SB)
INTERVIEW/103: Das Anti-TTIPBündnis - der Kriegsführung entlehnt
... Uwe Hiksch im Gespräch (SB)
INTERVIEW/104: Das Anti-TTIPBündnis - Großer Spieler Eurozone
... Francisco Mari im Gespräch (SB)
INTERVIEW/105: Das Anti-TTIPBündnis - Betrogene Mehrheitsinteressen ... Melinda St. Louis im Gespräch (SB)
INTERVIEW/106: Das Anti-TTIPBündnis - eine globale Antwort ...
Alexis Passadakis im Gespräch (SB)
http://www.schattenblick.de/
infopool/buerger/report/
brrb0077.html
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BÜRGER UND GESELLSCHAFT / REPORT / BERICHT
Das Anti-TTIP-Bündnis - Ein großes Spektrum ... (1)
... an Bündnissen und Aktionsformen
TTIP Strategie­ und Aktionskonferenz in Kassel
(SB) ­ Da das aktivistische Element
quasi das Wasser darstellt, in dem
sich die gegen Freihandelsabkommen protestierenden Menschen wie
Fische bewegen, sollte seine Präsentation in Kassel nicht zu kurz kommen. Nach einem Tag der Diskussionen auf dem zentralen Podium und
in den Workshops fand ein Aktionsaustausch statt, der wie eine Führung
durch eine improvisierte Ausstellung
organisiert war. Auf zwei Etagen des
Veranstaltungsortes in der Universität Kassel hatten die Aktivistinnen
und Aktivisten diverser lokaler und
regionaler Initiativen Stände aufgebaut, an denen sie über ihre Arbeit
berichteten und dies auch in Bild und
Ton dokumentierten. Da die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Rundgangs zumeist selbst in verschiedene
Aktionsbündnisse eingebunden sind,
entspann sich dabei ein reger Austausch über die Erfahrungen, die mit
den jeweiligen Aktionsformen, ihrer
Resonanz in der Öffentlichkeit und
den Medien gemacht wurden.
Foto: © 2016 by Schattenblick
ne Tanzparade gegen TTIP. Mit einem Bürgerantrag hat es erreicht,
daß der Kölner Stadtrat im März
2015 mit großer Mehrheit eine Resolution gegen CETA, TTIP und TISA
verabschiedete. Köln ist mithin die
erste Millionenstadt der Bundesrepublik, die sich offiziell zur TTIPWie ein Ohrwurm gräbt sich die Me- freien Zone erklärt hat.
lodie des bekannten Schlagers ins
Gehör, der mit dem Refrain "Eiskalt
pfeifen sie aufdie Demokratie" einen
zeitgemäßen Inhalt erhalten hat. Wen
wundert es, daß sich das Kölner
Bündnis gegen TTIP [1] karnevalistisch gibt, könnten doch öffentliche
Aufzüge dieser Art nicht besser geeignet sein, auch das Anliegen politischen Protestes zu transportieren.
Doch das breite, mehrheitlich linke
Organisationen und Parteien umfassende Bündnis der Domstadt wartet
nicht nur mit köllschem Humor auf
oder verwandelt den traditionellen
Tanz in den Mai am 30. April in eiSeite 6
www.schattenblick.de
Das Trojanische Pferd, antiker Inbegriff einer mit Trug und List arbeitenden Kriegslist, hat die Attac-Regionalgruppe Hunsrück-Nahe [2]
zum Symbol ihres Kampfes gegen
Freihandelsabkommen auserkoren.
Die Aktivistinnen und Aktivisten haben das Holzpferd, das auch in Kassel auf dem Vorplatz der Universität
vor einer verdeckten Invasion transFoto: © 2016 by Schattenblick
Fr, 15. April 2016
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atlantischer Kapitalinteressen warnte, gemeinsam entworfen und erbaut.
Während der Arbeit entwickelte sich
ein Gruppenprozeß, der den Zusammenhalt der rund 20 Aktivistinnen
und Aktivisten festigte. Das Trojanische Pferd gastiert nun auf lokalen
und regionalen Märkten, auf Konzerten und anderen öffentlichen Ereignissen, wo es einen guten Anlaß
bietet, um mit den Menschen ins Gespräch zu kommen. Sogar die Kölner
Karnevalisten fragten an, um es auf
dem traditionellen "Zoch vor dem
Zoch" zu präsentieren, wo Globalisierungs- und Kapitalismuskritiker
deutlichere Worte für die soziale und
gesellschaftliche Misere finden als
auf dem Rosenmontagszug im allgemeinen üblich.
Fotos: 2016 by Schattenblick
Auch die Stadt Leipzig hat sich gegen
TTIP positioniert, und die große Resonanz aufdie Aktionen des Netzwerkes
Vorsicht Freihandel! [3] belegt, daß die
Kritik an derartigen Abkommen keine
Fr, 15. April 2016
Minderheitenmeinung ist. Als Beispiel
für gelungene Performances im öffentlichen Raum wird eine TTIP-Mauer aus
Kartons gezeigt, gegen die die Menschen anrennen, um sie schließlich umzustürzen. In einem anderen straßentheaterartigen Szenario wanken Freihandel-Zombies, schon an ihren Augenbinden, aufdenen die Großbuchstaben
der Freihandelsverträge prangen, zu erkennen, hinter ihren ausgestreckten Armen her durch Demonstrationszüge.
Dabei murmeln sie sattsam bekannte
Freihandelsparolen und zeigen so, daß
die Beendigung untoter Ausbeutungspraktiken überfällig ist. Millionäre für
TTIP protzen in Abendkleid und Smoking, das Champagnerglas in der Hand
und arrogante Sprüche aufden Lippen,
so aufdringlich mit ihrem Reichtum, daß
sich einige Menschen tatsächlich
herausgefordert
sehen und grob
werden. Auf die
Frage, wie es in
Leipzig um Legida stehe, erklärt eine Aktivistin, daß die
AfD ihnen eine
Zusammenarbeit
vorgeschlagen
habe. Dies hätte
das Netzwerk allerdings rigoros
abgelehnt, weil
es ganz andere
Gründe für den
Widerstand gegen Freihandelsabkommen habe.
Marburger Aktivist erklärt Kriti­
schen Stadtspaziergang und
Demonstration
Foto: © 2016 by Schattenblick
Es sei nicht nur auf die hessische
Universitätsstadt zugeschnitten, sondern könne in jedem Ort durchgeführt werden, erklärt der Aktivist. Bei
diesem Rundgang, an dem durchaus
um die 400 Menschen teilnehmen,
gehe es vor allem darum, die Probleme, die TTIP erzeugt, an praktischen,
die jeweilige Kommune betreffenden
Beispielen deutlich zu machen, um
die Freihandelspolitik von ihrer abstrakten Abgehobenheit auf den Boden der Tatsachen zurückzuholen. So
werden Referate an bestimmten Stationen gehalten, die spezifische Folgen etwa der Privatisierung, des Abbaus von Sozialleistungen und Kultursubventionen oder der Entdemokratisierung anschaulich machen.
Dazu werden eigens entworfene
Flyer verteilt, was in Marburg zur
Folge hatte, daß die Zahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer an den
Rundgängen am Schluß stets um einiges höher war als am Anfang.
Präsentation der Fotoaktion
Foto: © 2016 by Schattenblick
Am Stand des Marburger Bündnisses
gegen TTIP [4] wird
das Konzept "Kritischer Stadtspaziergang und Demonstration" vorgestellt.
www.schattenblick.de
Seite 7
Elektronische Zeitung Schattenblick
Blick in eine andere Welt
Foto: © 2016 by Schattenblick
Fotos: 2016 by Schattenblick
Eine Aktivistin aus Aachen hat sich
mit der Frage auseinandergesetzt,
warum so viele Menschen politisch
resignieren, anstatt sich zu wehren.
Um das Problem, das ihrer Ansicht
nach durch eine zu geringe Präsenz
des Themas TTIP in den Massenmedien und seinen zu hohen Abstraktionsgrad verursacht ist, zu beheben,
hat sie eine Fotoaktion ins Leben gerufen. Mit ihr soll dem Widerstand
ein Gesicht gegeben werden, so daß
die Menschen sich mit ihrem Anliegen nicht alleingelassen fühlen. Kurze Statements, die die Opposition zu
Freihandelsabkommen begründen,
werden zusammen mit dem Bild der
jeweiligen Person präsentiert, um zu
den Menschen, die die Fotos betrachten, einen emotionalen Bezug
herzustellen.
Am Stand der Organisation Powershift berichtet eine Aktivistin über eine Protestaktion, die anläßlich einer
Seite 8
Veranstaltung
des marktliberalen Jacques
Delors Institutes
im Allianz Kulturforum in Berlin am 28.
September 2015 stattfand. Das mit
politischer, diplomatischer und journalistischer Prominenz hochkarätig
besetzte Podium wurde von zehn
Aktivistinnen und Aktivisten mitten
in der Veranstaltung durch einen ungewöhnlichen Meinungsbeitrag aufgeschreckt. Zu diesem Zweck hatte
die Gruppe, die fünf Stunden vor
dem Gebäude in der Nähe des Brandenburger Tores ausharren mußte,
um Einlaß zu erhalten, einen französischen Protestsong umgetextet, der
nun unter anderem von Sängerinnen
des politischen Protestorchesters Lebenslaute lautstark vorgetragen wurde. Wer im Publikum den Text, in
dem die "die Wut der Basis" bekundet und "Schluß mit euren TTIP-Lügen" gefordert wurde, nicht verstand,
wußte zumindest anhand der hochwww.schattenblick.de
Am Stand von Powershift
Foto: © 2016 by Schattenblick
gehaltenen Plakate, daß es sich bei
den Protestlern um keine Freunde
des Freihandelsabkommens handelte.
Ein Politprofi wie Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel, der
weiß, wie man unvorhergesehene Interventionen an sich abperlen läßt,
war dadurch zwar nicht ohne weiteres aus der Ruhe zu bringen. Er forderte die Störer auf, mit ihm zu diskutieren, und es kam auch zu einer
Stellungnahme einer Aktivistin, doch
in einer derart auf Podium und Publikum ausgerichteten Situation
kann ein Gespräch aufAugenhöhe
und mit fairer Beteiligung aller Interessenten kaum zustandekommen.
Entscheidend war, daß ein Zeichen
gesetzt wurde, das nicht ohne weiteres ignoriert werden konnte, so daß
Fr, 15. April 2016
Elektronische Zeitung Schattenblick
es auch in dem offiziellen Zusammenschnitt der Veranstaltung [5] seinen Platz fand, der ansonsten auf
prototypische Weise jenen Duktus
und Habitus zelebriert, der auf den
Kommandohöhen in Staat und Wirtschaft gang und gäbe ist.
nem Schiff begleitet, das ebenfalls
mit einem Transparent versehen war.
Die Aktion [6] habe gute mediale Resonanz erzeugt, denn in der bundesweiten Tagesschau wie in der Hessenschau wurde über sie berichtet, zudem habe man mit der Kundgebung
viele Leute erreicht,
die sich ansonsten
nicht an Demonstrationen beteiligen.
Am 5. September 2015
fand auf dem Tempelhofer Feld, dem zu einer Freifläche für allgemeinen Nutzen umgewidmeten alten Berliner Flughafen, ein
Protestpicknick unter
Beteiligung von 1500 Menschen statt.
Es handelte sich um eine von StopptTTIP-Berlin [7] angemeldete Demonstration, bei der große Buchstaben auf
einer ehemaligen Landebahn plaziert
wurden, auf denen sich die Demonstranten mit ihren Picknickkörben niederlassen konnten. Aufeiner Strecke
von 400 Metern waren die Lettern
"STOPP TTIP CETA TISA" ausgelegt.
30 Personen hatten drei Stunden lang
die Buchstaben ausgemessen und in
eine lesbare Form gebracht, wobei sie
sich mit Megafonen verständigten.
Man holte eine Genehmigung für
einen Drohnenflug ein, um das Ganze
aus der Luft zu fotografieren, zudem
gab es eine Hebebühne für die Presse,
damit diese ihre eigenen Bilder machen konnte.
Greenpeace­Aktivistin und
­Aktivisten aus Frankfurt und Berlin
Foto: © 2016 by Schattenblick
"Wenn TTIP kommt, geht die Demokratie baden" - das Frankfurter Bündnis gegen TTIP, CETA & TISA nahm
am 18. April 2015, dem weltweiten
Protesttag gegen TTIP, ein Bad im
Main unter einer vielbegangenen
Brücke, um seine Opposition gegen
das Freihandelsabkommen zu kommunizieren. Das im Wasser treibende
und von Aktivistinnen und Aktivisten
in roten Taucheranzügen flankierte
Banner mit der Aufschrift "Save Democracy - Stopp TTIP" wurde von ei-
Drohnenperspektive der Aktion
auf Tempelhofer Feld
Foto: by stoppt­ttip­berlin.de,
freigegeben als CC BY­SA 4.0
[http://creativecommons.org/
licenses/by­sa/4.0/legalcode]
(wird fortgesetzt)
Anmerkungen:
[1] http://no-ttip-koeln.de/
[2] http://www.attac-netzwerk.de/hunsrueck-nahe/
Protestpicknick auf Tempelhofer Feld
Foto: by stoppt­ttip­berlin.de, freigegeben als CC BY­SA 4.0
[http://creativecommons.org/licenses/by­sa/4.0/legalcode]
Fr, 15. April 2016
www.schattenblick.de
[3] http://vorsichtfreihandel.blogsport.de/
Seite 9
Elektronische Zeitung Schattenblick
[4] https://marburggegenttip.wordpress.com/
[5] http://www.delorsinstitut.de/allgemein/ttip-event/
Siehe Min 10.10 und Min 12.20
[6] http://greenpeace-frankfurt.de/index.php/ttip-freihandelsabkommen?start=5
[7] http://www.stoppt-ttip-berlin.de/
TTIP Strategie­ und Aktionskonfe­
renz in Kassel im Schattenblick
www.schattenblick.de →
INFOPOOL → BUERGER →
REPORT:
BERICHT/068: Das Anti-TTIPBündnis - Widerstand und Kompromiß ... (SB)
BERICHT/069: Das Anti-TTIP-Bündnis - Lackmustest Verschärfung ... (SB)
BERICHT/070: Das Anti-TTIPBündnis - die Hoffnung auf Mehrheiten ... (1) (SB)
BERICHT/071: Das Anti-TTIPBündnis - die Hoffnung auf Mehrheiten ... (2) (SB)
BERICHT/072: Das Anti-TTIPBündnis - Erhalt marktregulierter
Vorherrschaft ... (SB)
BERICHT/074: Das Anti-TTIPBündnis - beim Thema bleiben ... (SB)
BERICHT/075: Das Anti-TTIPBündnis - beim Thema bleiben ...
(SB)
BERICHT/076: Das Anti-TTIPBündnis - Freiheit säen, utopisch
ernten ... (SB)
INTERVIEW/097: Das Anti-TTIPBündnis - die Säge am Überlebensast
... Pia Eberhardt im Gespräch (SB)
INTERVIEW/098: Das Anti-TTIPBündnis - Kulturelle Errungenschaften im Ausverkauf ... Olaf Zimmermann im Gespräch (SB)
INTERVIEW/099: Das Anti-TTIPBündnis - Konsens ... Nelly Grotefendt im Gespräch (SB)
INTERVIEW/100: Das Anti-TTIPBündnis - Rechtsprechung statt Verträge ... Petra Pinzler im Gespräch
(SB)
INTERVIEW/101: Das Anti-TTIPBündnis - Korrumption im Zangengriff der Basis ... John Hilary im
Gespräch (SB)
INTERVIEW/102: Das Anti-TTIPBündnis - Kontroll- und Verwertungsmotive ... Uta Wagenmann im
Gespräch (SB)
INTERVIEW/103: Das Anti-TTIPBündnis - der Kriegsführung entlehnt ... Uwe Hiksch im Gespräch
(SB)
INTERVIEW/104: Das Anti-TTIPBündnis - Großer Spieler Eurozone
... Francisco Mari im Gespräch
(SB)
INTERVIEW/105: Das Anti-TTIPBündnis - Betrogene Mehrheitsinteressen ... Melinda St. Louis im Gespräch (SB)
INTERVIEW/106: Das Anti-TTIPBündnis - eine globale Antwort ...
Alexis Passadakis im Gespräch (SB)
http://www.schattenblick.de/
infopool/buerger/report/
brrb0078.html
SCHACH UND SPIELE / SCHACH / SCHACH-SPHINX
Gratwanderer zwischen Opfermut und Kalkül
Von Efim Bogoljubow sind
viele kleine nette Anekdoten bekannt. Sie aufzuzählen, reichen 365
Abende nicht. Eine jedoch glänzte
durch ihre Pointenschärfe und soll
nun erzählt werden. 1932 war es zu
einem Zweikampf zwischen Bogoljubow und dem Wiener Meister Rudolf Spielmann gekommen. Spielmann, auch der letzte Ritter des Königsgambits genannt, pflegte seine
Partien oft mit scharfen Opferkombinationen zu würzen. Er war dennoch
kein blinder Hasardeur, sondern eher
ein Gratwanderer zwischen unsinnigen Opfern und vielversprechenden
Gambits. Auf dem Semmering fand
also dieses Kräfteringen statt. Bogol(SB) ­
Seite 10
jubow galt seinerzeit als einer der
stärksten Spieler der Welt, während
Spielmann seinen Zenit wohl schon
überschritten hatte. So verwunderte
es nicht, daß der Wahldeutsche, ehemalige Russe nach drei Partien mit
2,5:0,5 führte. Ein wenig übermütig
mag Bogoljubow wohl zumute gewesen sein, denn zur vierten Partien
erschien er erst arg verspätet, und
auch dann stürzte er sich nicht ans
Brett, sondern setzte sich an einem
Nebentisch und ließ sich ein üppiges
Frühstück bringen. Während der gewaltige Esser mit der einen Hand die
Figuren führte, langte er mit der anderen ordentlich zu. Doch nach dem
16. Zug schien ihm das Brötchen im
www.schattenblick.de
Halse steckengeblieben zu sein. Sein
horrender Appetit hatte ihm doch tatsächlich den Verstand vernebelt. Ein
Blick auf die Stellung überzeugte ihn
davon, daß er die Partie verloren hatte. Bis zum Ende des Wettkampfes
saß Bogoljubow artig am Brett, hatte auch keine derartigen Flausen
mehr im Kopf. Allein, für Reue war
es längst zu spät. Spielmann, einmal
in Wut gebracht, gewann den Zweikampf schließlich mit 5:4. Das heutige Rätsel der Sphinx ist aus der
fünften Wettkampfpartie entlehnt, in
der Spielmann mit den weißen Steinen auf unverwechselbare Weise gewann. Bist auch du, Wanderer, von
solch opferfreudigem Sinn erfüllt?
Fr, 15. April 2016
Elektronische Zeitung Schattenblick
EUROPOOL / BÜRGER / MELDUNG
"Die Nacht, in der wir aufstehen" eine Bewegung mobilisiert 100.000 in Frankreich
Internationale Presseagentur Pressenza ­ Büro Berlin
Nachricht aus der Redaktion London vom 14. April 2016
von Lauren McCauley, Redakteur von Common Dreams [1]
Spielmann - Bogoljubow
Semmering 1932
Paris, Frankreich / Pressenza Lon­
don ­ 14.04.2016. Ein Polizeieinsatz
wird Frankreichs aufkeimende Nuit
Debout (oder "Die Nacht, in der wir
aufstehen") Bewegung nicht verhinAuflösung des letzten
dern, die in den letzten Wochen das
Sphinx­Rätsels:
Land überschwemmt hat, so wie der
Ob sich Meister Schwarz im Grabe vereinte Ruf nach Veränderung die
umgedreht hatte, als nach 50 Jahren Proteste in über 50 Städten dieses
herauskam, daß die von ihm aufge- Wochenende anfachte.
gebene Stellung über eine zum Sieg
führende Pointe verfügte? Jedenfalls Einsatzkräfte der Polizei räumten
hätte Meister Schwarz auf 1.Sc6- früh am Montag das Camp auf dem
e7+ mit 1...Kd5-e4 2.Se7xc8 f4-f3+ Platz der Republik in Paris nach 11
3.Ke2-f2 Lg5-h4+ 4.Kf2-g1 f3-f2+ Nächten des Protestes, aber die De5.Kg1-h2 f2-f1D bequem gewinnen monstranten schworen, ihre nächtliche Mahnwache beizubehalten.
können.
Letztes Wochenende wurden in 60
http://www.schattenblick.de/
Städten und Kleinstädten überall in
infopool/schach/schach/
Frankreich Demonstrationen abgesph05806.html
halten, auch in Belgien, Deutschland
und Spanien. Nach Berichten protestierten ungefähr 120.000 Menschen
gegen Sparpolitik, Globalisierung,
wachsende Ungleichheit, Privatisierungen und die harte Anti-Migrationspolitik des Kontinents.
Liste der neuesten und
tagesaktuellen Nachrichten ...
Kommentare ... Interviews ...
Reportagen ... Textbeiträge ...
Dokumente ... Tips und
Veranstaltungen ...
http://www.schattenblick.de/
infopool/infopool.html
Fr, 15. April 2016
Was als Kritik an der Anti-Arbeitnehmerpolitik des Staates begann, ist
zu einer landesweiten Pro-Demokratie Bewegung angewachsen, welche
mit den Indignados in Spanien oder
der Occupy Bewegung in den USA
vergleichbar ist.
die Demonstrationen von Studenten
und Gewerkschaften folgte, die Präsident François Hollandes vorgeschlagene Veränderungen der Arbeitsgesetze kritisierten. Aber die
Bewegung und ihre radikale nächtliche Aktion waren bereits seit Monaten erträumt worden bei einem Treffen von linken Aktivist_innen."
"Es waren ungefähr 300 oder 400
Leute bei einem öffentlichen Treffen
im Februar und wir fragten uns, wie
können wir der Regierung wirklich
Angst machen? Wir hatten eine Idee:
beim nächsten großen Straßenprotest
würden wir einfach nicht nach Hause gehen", erzählt Michel, 60 Jahre
alt und ein ehemaliger Lieferfahrer.
"Die Protestler debattieren über Themen wie die nationale Sicherheit,
Wohnungssituation und die vorgeschlagenen Veränderungen der französischen Arbeitsgesetze."
"Am 31. März, zur Zeit der Arbeitsgesetz-Proteste, ist es dann passiert.
Es gab sintflutartigen Regen, aber
trotzdem kamen alle zum Platz.
Dann, um 21 Uhr, hörte der Regen
auf und wir blieben. Wir kamen am
nächsten Tag zurück und da wir jede
weitere Nacht zurückkommen, beginnt es der Regierung Angst zu machen, denn es ist für sie unmöglich,
dieses Phänomen in den Griff zu bekommen."
Über die Anfänge dieser Bewegung
schreibt Angelique Chrisafis vom "Es passiert etwas hier, was ich nie
zuvor in Frankreich wahrgenommen
Guardian aus Paris:
habe - all diese Leute kommen hier
"Es begann am 31. März mit einem jede Nacht zusammen, auf eigene
nächtlichen Sit-in in Paris, der auf Veranlassung und diskutieren über
www.schattenblick.de
Seite 11
Elektronische Zeitung Schattenblick
Ideen - vom Wohnen bis zu Grundeinkommen, Flüchtlinge, jedes Thema, das ihnen gefällt. Niemand hat
ihnen das gesagt, keine Gewerkschaften drängen sie dazu - sie kommen aus eigenem Antrieb."
"In einem Versuch, die meist jungen
Demonstranten zu beruhigen, kündigte die französische Regierung am
Montag an, 400 bis 500 Millionen
Euro in eine neue Studienhilfe zu
stecken, in Form von Fördermitteln
für junge Absolventen, die nach einem Job suchen, und andere Hilfen
für Auszubildende und Studenten",
berichtet Reuters.
lassungen, mehr Prekariat, wachsende Ungleichheit und die Profilierung
von privaten Interessen. Wir weigern
uns, dieser Schock-Strategie unterworfen zu werden, bemerkenswerter
Weise aufgezwungen während eines
autoritären Ausnahmezustandes.
... Diese Bewegung wurde nicht in
Paris geboren und wird hier auch
nicht sterben. Vom Arabischen Frühling zur Bewegung 15M, vom Tahrir Platz bis zum Gezi Park, zum Platz
der Republik und den vielen anderen
Plätzen, die heute Nacht besetzt sind,
äußern die Menschen dieselbe Wut,
dieselben Hoffnungen und dieselben
Überzeugungen: die Notwendigkeit
Aber das schien nicht zu reichen, da einer neuen Gesellschaft, in der Deein weiterer Protest am Montag mokratie, Würde und Freiheit keine
hohlen Worte sind."
Abend angekündigt wurde.
Seit Monaten waren die ideologischen Spannungen überall in Frankreich und Europa nahe am Explodieren, besonders wegen der unpopulären Sparpolitik der EU und, erst
kürzlich, der Anti-Migrationspolitik,
die sich festgesetzt hat inmitten des
größeren Angriffes auf Menschenrechte nach den Bombenattacken in
Brüssel und Paris.
Inzwischen setzen Beobachter den
Aufschwung von Frankreichs Linken mit ähnlichen Pro-Demokratischen Bewegungen in Verbindung,
die sich in Europa und den USA etabliert haben.
Tatsächlich liest sich eine Erklärung,
die von der Nuit Debout Bewegung
herausgegeben wurde teilweise so:
"Unsere Mobilisation zielte anfangs
darauf ab, gegen die französischen
Arbeitsgesetze zu protestieren. Diese
Reform ist nicht ein isolierter Fall, da
es als ein neues Stück der Sparmassnahmen kommt, welche bereits
unsere Europäischen Nachbarn in
Mitleidenschaft gezogen haben und
welche denselben Effekt haben werden wie die Italienischen Arbeitsgesetze oder die Arbeitsreform in Spanien. Das bedeutet konkret: mehr EntSeite 12
POLITIK / AUSLAND
Milagro Sala muss sich als
freie Bürgerin verteidigen
können
Internationale Presseagentur
Pressenza ­ Büro Berlin
von Olivier Turquet,
14. April 2016
Die Abgeordnete Giovanna Martelli war eine der ersten, die sich in
Italien für Milagro Sala, Anführerin von Tupac Amaru und seit Januar in Jujuy (Argentinien) unter
vorgeschobenen Anschuldigungen
inhaftiert, engagiert hat. Ein Fall,
"Diese Bewegung ist auch Eure", en- den Pressenza seit Beginn verfolgt.
det der Solidaritätsaufruf. "Sie hat
kein Ende, keine Begrenzung und sie
gehört allen, die Teil davon sein wol- Giovanna, woher rührt Dein Enga­
len. Wir sind Tausende und wir kön- gement für Milagro Sala?
nen Millionen sein."
Als ich von der Verhaftung Milagros
Übersetzung aus dem Englischen Jo- erfuhr, war mein erster Gedanke,
dass sie befreit werden muss. Was
hanna Heuveling
auch immer sie getan hat, es ist ihr
Recht als Bürgerin, als Frau, als soAnmerkung:
ziale Aktivistin und als Abgeordnete
[1] http://www.commondredes ParlaSur, sich in Freiheit und im
ams.org/news/2016/04/11/all-night- Besitz all ihrer ihr zustehenden
protests-sweep-france-100000-join- Möglichkeiten zu verteidigen. Mir
pro-democracy-movement
wurde zudem bewusst, dass der
Wahlsieg einer gewissen politischen
Der Text steht unter der Lizenz Crea- Richtung gewisse Personen glauben
tive Commons 4.0
lässt, es sei wieder möglich Dinge zu
http://creativecommons.org/licen- tun, die man schon lange nicht mehr
ses/by/4.0/
gesehen hat. So habe ich dann umgehend einen Appell für ihre Befreiung
*
lanciert.
Quelle:
Internationale Presseagentur
Pressenza - Büro Berlin
Johanna Heuveling
E-Mail:
[email protected]
Internet: www.pressenza.com/de
http://www.schattenblick.de/
infopool/europool/buerger/
ebme0052.html
www.schattenblick.de
Kannst Du uns die Begebenheit und
den aktuellen Stand der Dinge zu­
sammenfassen?
Milagro wurde von einer Seite ausschließlich "politischer" Vergehen
und von einer anderen Seite eher
"administrativer" Verbrechen beschuldigt. Aber weder die eine (AnFr, 15. April 2016
Elektronische Zeitung Schattenblick
stiftung zur Revolte), noch die andere Anschuldigung (Veruntreuung von
Geldern) sieht in einem Rechtsstaat
vor, den oder die Beschuldigte in
Haft zu behalten. Die aktuelle Situation scheint von Tag zu Tag mehr einer Suspension des Rechtsstaates
und Genugtuung politischer Natur zu
gleichen. Das sage nicht nur ich, sondern auch eine ganze Reihe anderer
Gruppen, von Amnesty International
bis hin zum argentinischen Klerus.
Das ist nicht akzeptabel und es ist
auch gefährlich.
Was beunruhigt Dich momentan am
meisten?
Die Rolle Argentiniens im lateinamerikanischen Kontext beunruhigt
mich. Argentinien ist ein großes
Land und muss eine feste Rolle in
diesem Lateinamerika haben, das vor
großen Veränderungen steht, wie
zum Beispiel dem Friedensprozess
in Kolumbien, der durch den Dialog
von Havanna initiiert wurde, und der
Krise der brasilianischen Regierung,
die sich auf rechtlichem Weg nicht
lösen lässt. Argentinien hat vor nicht
allzu langer Zeit eine blutige Diktatur durchlebt und wir wollen nicht,
dass die Schatten der Vergangenheit
zurückkehren. Präsident Macri, der
ja die Wahlen gewonnen hat, muss
natürlich gemäß den Ideen und Aktionen regieren, die er für richtig hält.
Aber Wahlen gewinnen bedeutet
nicht, das Recht zu haben, alles machen zu können, was man will, und
schon gar nicht, politische Oppositionelle ins Gefängnis zu stecken.
Man hat das Gefühl, dass unsere Ak­
tionen, selbst wenn sie bedacht und
korrekt sind, gegen eine Mauer der
Gleichgültigkeit und Arroganz lau­
fen: was können wir noch tun?
Mauern erschrecken uns nicht. Sie
enthüllen im Gegenteil eine tiefgehende Schwäche derer, die sie aufgebaut haben. Ich möchte die große
Ruhe und Gefasstheit der Aktivisten
Fr, 15. April 2016
von Tupac Amaru betonen, die sie
mit all denen zusammen gezeigt haben, die auf den Straßen von ganz
Argentinien gegen Inhaftierungen,
Entlassungen und finanzielle Kürzungen protestieren, die die Regierung zur Zeit durchführt.
Gewaltfreiheit ist meine Antwort, ist
unsere Antwort. Wir haben hier in
Italien einen informellen Ausschuss
gegründet, um die Causa Milagro zu
unterstützen. Es handelt sich dabei
um einen Ausschuss, der aus verschiedensten Leuten besteht, die aber
alle im Kampf für Gerechtigkeit und
Wahrheit vereint sind. Konkret versuche ich, mit all meinen Möglichkeiten die Initiativen des Ausschusses zu unterstützen, und im Moment
ganz besonders, den Dokumentarfilm "Algo está cambiando" ("Etwas
verändert sich"), den Magalí Buj und
Federico Palumbo über die Realität
von Tupac Amaru gedreht haben, so
bald wie möglich an einem offiziellen Ort zeigen zu können. Auch weil
ich glaube, dass es angebracht ist, der
großen Missinformation mit Berichterstattung und Information entgegenzutreten. Die Wahrheit siegt immer über die Lüge.
Übersetzung aus dem Italienischen
von Evelyn Rottengatter
Über den Autor
Olivier Turquet schreibt seit 40 Jahren, um die Realität zu erzählen. Er
hat mit Printmedien, Radio und elektronischen Medien zusammengearbeitet, darunter Frigidaire, Radio
Montebeni, L'Umanista, Contrasti,
PeaceLink, Barricate, Oask!, Radio
Blue, Azione Nonviolenta, Mamma!.
Er gründete die humanistische elektronische Nachrichtenagentur Buone
Nuove sowie die Lokalzeitung Le
Bagnese Times und war Pressesprecher verschiedener Veranstaltungen
wie The International Humanist, Firenze Gioca und des Weltweiten
Marsches für Frieden und Gewaltwww.schattenblick.de
freiheit. Zur Zeit koordiniert er die
italienische Redaktion von Pressenza.
Der Text steht unter der Lizenz Creative Commons 4.0
http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/
*
Quelle:
Internationale Presseagentur
Pressenza - Büro Berlin
Johanna Heuveling
E-Mail:
[email protected]
Internet: www.pressenza.com/de
http://www.schattenblick.de/
infopool/politik/ausland/
pafr0030.html
POLITIK / AUSLAND
Mexiko
Bruch zwischen CIDHExpert*innenkommission
und mexikanischer
Regierung
poonal ­ Pressedienst
lateinamerikanischer
Nachrichtenagenturen
von Gerd Goertz
(Mexiko­Stadt, 11. April 2016, npl)
­ Die Form wird noch halbwegs ge-
wahrt. Doch knapp zwei Wochen,
bevor die fünfköpfige Interdisziplinäre Gruppe Unabhängiger Expert*innen (GIEI) der Interamerikanischen Menschenrechtskommission (CIDH) am 24. April ihren
mit Spannung erwarteten zweiten
Bericht über die 43 verschwundenen Lehramtsstudenten von der
Landuniversität Ayotzinapa im
Bundesstaat Guerrero vorstellen
Seite 13
Elektronische Zeitung Schattenblick
wird, ist ihr Verhältnis zur mexikanischen Regierung am Tiefpunkt
angekommen. Mehrere Regierungsvertreter*innen haben trotz
gegenteiliger Forderungen von Familienangehörigen der Opfer, Menschenrechtsorganisationen sowie
Abgeordneter und Senator*innen
betont, eine weitere Mandatsverlängerung für die GIEI komme
nicht in Frage. Die aktuelle zweite
Mandatsperiode endet am 30.
April.
Eine lückenlose Aufklärung der Attacken von lokaler Polizei und Mitgliedern des organisierten Verbrechens gegen die Studenten in der
Nacht vom 26. auf den 27. September 2014 in der Stadt Iguala scheint
damit unwahrscheinlicher denn je.
Zu deutlich war in den vergangenen
Monaten das Bemühen der Autoritäten, den Ermittlungen keine neuen Impulse zu geben und stattdessen mit ihrem Vorgehen für weitere Verwirrung zu sorgen. Der noch
amtierende CIDH-Direktor Emilio
Álvarez Icaza, selbst Mexikaner
und wie die GIEI Zielscheibe von
Diffamierungen, hinter denen böswillig Denkende Regierungshardliner vermuten, warnte am vergangenen Wochenende vor einer Rückkehr zum "autoritären Mexiko".
Vor wenigen Wochen war es bereits
zu heftigen Meinungsverschiedenheiten über einen Kommissionsbericht zur allgemeinen Menschenrechtslage in Mexiko gekommen.
Die Regierung hatte den kritischen
CIDH-Bericht vehement zurückgewiesen.
Rückfall
in ein autoritäres Mexiko?
Erst am vergangenen Freitag wurde ein neues Zwischengutachten
der internationalen Forensiker*innen der Universität Innsbruck bekannt. Die Gutachter*innen hatten unter anderem Knochenreste auf der Müllhalde von
Cocula mit Haarproben aus den
Seite 14
Bussen verglichen, mit denen die
verschwundenen Studenten vor
den Attacken gefahren waren. Die
Proben erbrachten jedoch wegen
nicht erstellbarer genetischer Profile keine Belege für die Regierungsversion, dass die Studenten
alle noch in der Tatnacht auf der
Müllhalde verbrannt wurden.
Diese von dem ehemaligen Generalbundesstaatsanwalt Jesús Murillo Karam der Öffentlichkeit als
"historische Wahrheit" präsentierte Version wird letztendlich auch
von seiner Amtsnachfolgerin Aracely Gómez nicht aufgegeben,
obwohl die GIEI in ihrem ersten
Mandatsbericht zahlreiche wissenschaftliche Argumente dagegen aufführte.
Anfang April hatte die Generalbundesstaatsanwalt (PGR) unilateral
und ohne Absprache mit der GIEI
ein Gutachten von Brandexperten
veröffentlicht. PGR und GIEI hatte
sich Monate zuvor nach langwierigen Verhandlungen auf sechs Brandexperten und neue Untersuchungen in Cocula geeinigt. Doch das
die PGR bei der Bekanntgabe begleitende Mitglied der Gruppe war
weder von der GIEI noch seinen
Kollegen für die Sprecherrolle autorisiert. Offenbar wollte die Behörde mit ihrem Vorpreschen in der
Öffentlichkeit den Eindruck erwecken, die Studenten könnten
doch in Cocula verbrannt worden
sein. In der äußerst knappen Zusammenfassung des Gutachtens
steht, auf der Müllhalde seien die
Überreste von 17 Leichen gefunden
worden. Zudem habe es dort einen
großen kontrollierten Brand gegeben. Da Brände auf der Halde zum
einen häufig waren und zum anderem dort und in der näheren Umgebung zahlreiche Opfer von Gewalttaten verscharrt und teilweise verbrannt wurden, sind dies jedoch ohne genauere Angaben wenig hilfreiche Informationen. "Etwas bleibt
schon in der Öffentlichkeit hängen", scheint die Devise der PGR
zu sein.
www.schattenblick.de
Rolle von Armee und
Bundespolizei bleibt unklar
Gleichzeitig gelang es der PGR in
den sechs Monaten des zweiten GIEI-Mandates erfolgreich, die von
den unabhängigen Expert*innen
geäußerte Forderung von einer direkten Befragung der in Iguala in
unmittelbarer Nähe des Tatortes
stationierten Militärs unerfüllt zu
lassen. Die Rolle von Soldaten und
Bundespolizei während der Entführung und des Verschwindenlassens der Studenten ist immer noch
unklar. Mexikos Präsident hat
mehrfach durchblicken lassen, die
"bedauernswerten Vorkommnisse"
von Iguala müssten "überwunden",
der Blick "in die Zukunft" gerichtet werden. Nicht nur die Eltern der
verschwundenen Studenten werfen
der Regierung vor, auf das Vergessen zu setzen. Ende März pflanzten
sie am kleinen Denkmal für die
Studenten an der Avenida Reforma
in Zentrum von Mexiko-Stadt Vergissmeinnicht.
URL des Artikels:
https://www.npla.de/poonal/bruchzwischen-cidh-expertinnenkommission-und-mexikanischer-regierung/
*
Quelle:
poonal - Pressedienst lateinamerikanischer Nachrichtenagenturen
Herausgeber:
Nachrichtenpool Lateinamerika
e.V.
Köpenicker Straße 187/188,
10997 Berlin
Telefon: 030/789 913 61
E-Mail: [email protected]
Internet: http://www.npla.de
http://www.schattenblick.de/
infopool/politik/ausland/
pala1557.html
Fr, 15. April 2016
Elektronische Zeitung Schattenblick
UMWELT / REPORT / INTERVIEW
Profit aus Zerstörungskraft - Augenwischerei ...
Mycle Schneider im Gespräch
5 Jahre Leben mit Fukushima ­ 30 Jahre Leben mit Tschernobyl
Internationaler IPPNW­Kongreß vom 26. bis 28. Februar 2016 in der Urania, Berlin
Mycle Schneider unter anderem
über das als Dekontaminierung
verklärte Hin- und Herbewegen
von Radioaktivität, die Korrosionsanfälligkeit des Akw Fukushima Daiichi und die vielfachen
Hotspots in der Stadt Koriyama
Wenn jemand als "Berater"
bezeichnet wird, trifft die Vermutung häufig ins Schwarze, daß dies
mal wieder eine jener Jobbeschreibungen beispielsweise für ehemalige Politiker ist, die von der Industrie
angeheuert werden, weil man dort
an ihren guten Verbindungen in die
Administration interessiert ist, nicht
aber weil sie sich auf irgendeinem
Sachgebiet besonders gut auskennen würden. Das gilt jedoch nicht
für Mycle Schneider. Er ist ein weltweit gefragter Energie- und Atompolitikberater, dessen Fachwissen
von Politik, Industrie und Zivilgesellschaft gleichermaßen in Anspruch genommen wird. Er lebt seit
mehreren Jahrzehnten in Paris und
gibt jährlich den World Nuclear Industry Status Report [1] heraus, für
den er auch als Autor zeichnet. Dieser Bericht gilt als Standardwerk
und bietet einen umfassenden Einblick in den gegenwärtigen Stand
der Atomindustrie in der ganzen
Welt.
Was ist zu tun?" teil. Am Rande des
Kongresses stellte sich Mycle
Schneider dem Schattenblick für einige Fragen zur Verfügung.
(SB) ­
Er hat die EU-Kommission, die Internationale Atomenergie-Organisation (IAEO) und die Bundesregierung beraten. Als Mitglied des International Panel on Fissile Materials
(IPFM) der Princeton University in
den USA befaßt sich Schneider mit
praktischen und machbaren politiFr, 15. April 2016
"Ich halte es nach wie vor für einen
großen Fehler, daß die
Evakuierungszone von Fukushima
nicht erweitert wurde."
(Mycle Schneider,
27. Februar 2016, Berlin)
Foto: © 2016 by Schattenblick
schen Initiativen, um die Bestände an
hoch angereichertem Uran und Plutonium zu sichern und zu verringern.
Als Koordinator des Seoul International Energy Advisory Council
(SIEAC) arbeitet er an einer umfassenden Transformation der südkoreanischen Hauptstadt weg von fossilen
und atomaren Energieträgern hin zu
den Erneuerbaren sowie an Möglichkeiten der Energieeinsparung.
Auf dem internationalen IPPNWKongreß "5 Jahre Leben mit Fukushima - 30 Jahre Leben mit Tschernobyl", der vom 26. bis 28. Februar
2016 in Berlin stattfand, hielt
Schneider einen Vortrag zum Thema
"Ausstieg aus der Atomenergie in
Deutschland und Europa" und nahm
an einer Podiumsdiskussion zum
Thema "Weltweiter Atomausstieg:
www.schattenblick.de
Schattenblick (SB): Einwohner der
Präfektur Fukushima fordern die Regierung auf, die Dekontaminierung
der radioaktiv verstrahlten Wälder
nicht nur auf 20 Meter rund um ihre
Siedlungen und Infrastruktureinrichtungen wie die Verkehrswege zu begrenzen. Abgesehen von dem berechtigten Anliegen der Einwohner lassen sich Wälder überhaupt dekontaminieren?
Mycle Schneider (MS): Die japanische Regierung setzt den Begriff
"Dekontaminierung" als eine Art
Zauberwort ein. Nach dem Motto:
Damit regeln wir das Problem Fukushima. Dabei konnte ich selber
beobachten, daß Dekontaminierung
darin besteht, Radioaktivität von einer Ecke in die andere zu spritzen, zu
schaufeln oder auf andere Weise zu
bewegen. Aber es handelt sich in
keinem Fall darum, zu einem dekontaminierten Zustand im Sinne von
nicht-vorhandener Radioaktivität zu
gelangen.
Die Wälder sind natürlich ein besonderes Problem. Japan besteht zu 80
Prozent aus Bergen. Wir wissen aus
der Erfahrung von Tschernobyl, daß
sich die Radioaktivität mit Regen,
Schnee und Wind immer mehr ausbreitet. Insofern handelt es sich um
einen dynamischen Prozeß und nicht
um einen Zustand, der einmal verändert in einen anderen Zustand gebracht wird.
Seite 15
Elektronische Zeitung Schattenblick
Die Radioaktivität wandert vor allen
Dingen über Oberflächenwasser, das
von den Bergen kommt, in die Täler
und rekontaminiert dort die Oberflächen. Insofern halte ich den gesamten Ansatz für unglaublich irreführend. Daß es Dekontaminierung geben muß, darüber gibt es überhaupt
keinen Zweifel. Es stellt sich nur die
Frage, was man darunter versteht.
Wer noch Tschernobyl miterlebt hat,
wird sich erinnern, daß nach dem
Fallout auch in Deutschland beispielsweise der Sand aus den Spielplätzen
ausgewechselt wurde. Das war sicherlich sinnvoll. Zweifelsohne sollte man
so etwas auch in Japan machen. Nur
sollte das immer ins Verhältnis zu dem
gesetzt werden, was auf diese Art und
Weise überhaupt machbar ist, und
man sollte nicht der Illusion verfallen,
daß sich damit das Problem der Kontaminierung lösen läßt.
Dekontaminierung: Strahlenmateri­
al von einer Ecke in die andere
schaufeln ... Sanierungsmodellpro­
jekt in der japanischen Stadt Date,
Besuch einer IAEA­Delegation am
10. Oktober 2011
Foto: Giovanni Verlini / IAEA,
freigegeben als CC BY­SA 2.0
[https://creativecommons.org/licen­
ses/by­sa/2.0/] via Flickr
SB: Was halten Sie von der Dekontaminationsanlage ALPS, die angeblich große Mengen an Radionukliden
aus dem kontaminierten Wasser vom
Akw Fukushima herausfiltern kann? SB: Weiß man inzwischen vom Akw
Fukushima Daiichi, wo sich die geMS: Es gibt nicht nur diese eine An- schmolzenen Brennstäbe der Reaklage, sondern mehrere, die parallel toren 1 bis 3 befinden?
und teilweise auch in Konkurrenz
zueinander in Betrieb sind. Da sind MS: Nein, das weiß man nicht. Bisverschiedene kommerzielle Unter- her gibt es nur sehr vage Berechnunnehmen involviert, die diese Anlagen gen, aber noch keine visuelle Inspekverkaufen. Diesen Aspekt darf man tion. Die ist nicht möglich.
nicht unterschätzen.
SB: Wie tiefkann sich das Corium in
Keine dieser Anlagen ist bislang ohne den Boden einschmelzen?
Probleme gelaufen. Die Vorstellung,
daß diese Dekontaminierungsanlagen MS: Das ist reine Theorie, man weiß
aus dem radioaktiven Wasser sozusa- es letzten Endes nicht, weil es so
gen Trinkwasser machen, wäre falsch. einen Fall noch nicht gegeben hat.
Erstens muß das Wasser entsalzt wer- Aus der Tatsache, daß der Berstden, zweitens gibt es radioaktive Stof- schutz in allen drei Reaktoren zerfe, die sich über diese Anlagen über- stört ist, geht hervor, daß man auch
haupt nicht herausziehen lassen. Da- heute noch tagtäglich 300 bis 400
zu zählt in erster Linie Tritium, also Kubikmeter Wasser in die Reaktoren
radioaktiver Wasserstoff. Der ist ex- einspeisen muß, um sie zu kühlen.
trem schwierig zu handhaben, weil er Übrigens muß man nicht nur Wasser,
durch viele Materialien diffundiert. sondern auch inertes Gas einfüllen,
Man kann nicht mal eben irgendwo um zu vermeiden, daß es zu Wassergrößere Mengen Tritium langfristig stoffexplosionen kommt. Das ist eilagern. Das ist sehr kompliziert.
ner der Gründe, warum die gesamte
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Anlage einem Kartenhaus gleicht.
Sie ist sehr zerbrechlich und unberechenbar, weil diese Strukturen durch
Erdbeben, Tsunami, etc. stark mitgenommen sind und nun weiter verfallen.
Dazu gesellt sich noch das Problem
der salzigen Luft aufgrund der Nähe
zum Meer. Der hohe Salzgehalt führt
zu einer beschleunigten Korrosion.
Wenn über Löcher und Risse, die ja
vorhanden sind, salzhaltige Luft oder
salzhaltiges Wasser an das Metall
gerät und das zu korrodieren beginnt,
nimmt das Volumen zu und der Beton wird von innen her aufgesprengt.
Das ist nach wie vor eine extrem beunruhigende Situation.
SB: Ist das in die Reaktoren eingespeiste inerte Gas gesundheits- oder
umweltrelevant?
MS: Ich glaube, es handelt sich bei
dem Gas um Argon. Die Umweltoder Gesundheitsrelevanz anderer
Stoffe, mit denen dort umgegangen
wird, ist so unglaublich viel höher,
da ist das Argon mit Sicherheit nicht
das Problem.
SB: Wie bewerten Sie die Versuche
der Akw-Betreibergesellschaft Tepco, den Grundwasserstrom zu reduzieren, um die Menge an abgepumpten radioaktiven Wasser zu reduzieren?
Fr, 15. April 2016
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MC: Es gibt mehrere Projekte, die
parallel gefahren werden. Man muß
sich die Ausgangssituation vergegenwärtigen. Am 10. März 2011 gab
es noch eine technische Barriere,
durch die ein unterirdischer Fluß man muß wirklich Fluß sagen, denn
der Durchfluß liegt bei einer Größenordnung von rund 1000 Kubikmetern pro Tag - umgeleitet wurde.
Das Wasser wäre ansonsten direkt
unter dem Akw-Standort hindurchgeflossen. Durch das Erdbeben wurde diese Infrastruktur vollständig
zerstört. Also brechen jeden Tag 300
bis 400 Kubikmeter Grundwasser in
die Kellerräume des Akw ein. Das
hat man inzwischen mittels Fotos bestätigt.
Man steht also vor dem Problem, wie
man mit diesem einbrechenden Wasser umgeht. Ein Versuch besteht darin, einen Teil dieser Umleitungsstrukturen wieder herzustellen, damit
das Wasser gar nicht erst in die Anlage eindringt und sich dort nicht mit
dem hochradioaktiven Wasser vermischt. Das einströmende Wasser ist
zwar ebenfalls kontaminiert, aber
nur sehr schwach.
Die zweite Frage lautet, wie geht
man längerfristig mit dem restlichen
einbrechenden Wasser um. Dazu
wurde dieses ziemlich kuriose Projekt der Eiswand begonnen. Man will
das Erdreich durch Vereisung komplett verfestigen, um auf diese Weise zu vermeiden, daß weiterhin so
viel Wasser in die Kellerräume der
Reaktoren eindringt. Hier waren die
ersten Versuche fehlgeschlagen, weil
die Frosttemperaturen nicht tief genug gingen. Die Ergebnisses dieses
noch laufenden Projekts sind nicht
sehr aufschlußreich.
neuer Tank aufgebaut werden muß.
Man hat die Kapazität schon auf die
unglaubliche Menge von 700.000
Tonnen ausgeweitet.
erdbebenfest ausgelegt. Es war nie
geplant, dort ein paar hunderttausend
Kubikmeter Wasser zu lagern. Wenn
nun in einem Erdbebenfall ein Behälter kaputt geht - wer wollte seine
Es handelt sich keineswegs um Be- Hand dafür ins Feuer legen, daß die
hälter, die für diesen Zweck konzi- umliegenden Behälter das aushalten?
piert worden sind. Die Tanks haben
relativ geringe Wandstärken, und SB: Dann hat man wohl bisher Glück
viele von ihnen sind gar nicht ver- gehabt, denn es war ja schon zu
schweißt, sondern werden nur mit leichteren Beben gekommen.
Bolzen zusammengehalten, was sich
als problematisch erwies. Es gibt MS: Es traten sogar schon erhebliche
viele solcher mangelhaften techni- Beben auf. Nach dem 11. März 2011
schen Kleinigkeiten, die aber logisch hatten sie teilweise eine Stärke von
sind, wenn man drüber nachdenkt: über 6,0 auf der Richterskala. Ich haDie Bolzeneingänge führen dazu, be selber einmal in Koriyama ein
daß sich dort Wasser staut, und Salz- Erdbeben von einer Stärke über 5 erwasser, das sich dort staut, beschleu- lebt. Da wackelt die Erde schon ganz
nigt die Korrosion enorm. Das ist ei- kräftig! Erdbeben treten in Fukushiner der Gründe, warum ständig ir- ma immer wieder auf, was die Anlagendwelche Lecks auftreten.
ge noch zerbrechlicher macht. Das
ist für meine Begriffe nach wie vor
Wenn man jetzt aber weiß, daß auf einer der Problempunkte.
der einen Seite die Korrosion sehr
schnell voranschreiten kann, sich Tanks, dicht an dicht, 18. Dezember
demnach die eigentliche Infrastruk- 2012. Besuch einer IAEA­Delegati­
tur der Behälter täglich verschlechon beim Akw Fukushima Daiichi.
tert, und auf der anderen Seite immer Damals betrug die Füllkapazität der
wieder Erdbeben auftreten, kann
Tanks 240.000 Kubikmeter,
man natürlich die Befürchtung he- heute ist man schon bei über 700.000
gen, daß bei einem solchen UnterKubikmetern.
grund ein größeres Erdbeben eine Foto: Gill Tudor / IAEA, freigegeben
Art Kettenreaktion zwischen den eng als CC BY­SA 2.0 [https://creative­
beieinander stehenden Tanks auslö- commons.org/licenses/by­sa/2.0/]
sen kann. Der Untergrund ist ja nicht
via Flickr
Entscheidend ist die Frage, wie man
vermeiden kann, daß die Menge an
zu lagerndem Wasser weiter zunimmt. Denn die Größenordnung
liegt nach wie vor bei 300 bis 400
Kubikmetern pro Tag. Die Tanks fassen etwa 1000 Kubikmeter, was bedeutet, daß alle zwei bis drei Tage ein
Fr, 15. April 2016
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SB: Die japanische Regierung läßt
prüfen, ob nicht radioaktives Material aus der Fukushima-Katastrophe
15 Kilometer von der Küste entfernt
unter dem Meeresboden endgelagert
werden kann. Was halten Sie von der
Idee?
MS: Absurd, aber es wurden im Laufe der Geschichte der Atomenergienutzung schon alle möglichen Ideen
vorgebracht, wo man radioaktives
Material verpressen oder verbuddeln
kann. Eines ist dabei wichtig: Jede
Form der Lagerung sollte so gemacht
werden, daß sie auf jeden Fall rückholbar ist. Und im Meeresboden verbuddeltes Material klingt vom eigentlichen Konzept her nicht nach
Rückholbarkeit. Ich halte zum Beispiel die bloße Offenhaltung eines
geologischen Lagers für kein Konzept der Rückholbarkeit, denn wie
man aus Erfahrung weiß - siehe beispielsweise die Asse -, können Situationen entstehen, die diese Rückholbarkeit einfach ad absurdum führen.
SB: Wie bewerten Sie das vor kurzem
gemeldete Unterfangen der US-Behörden, in North-Dakota zu Testzwecken ein fünf Kilometer tiefes
Loch zu bohren und zu prüfen, ob sich
darin Atommüll versenken läßt? Ist
das ähnlich einzuschätzen wie die
Endlagerung unter dem Meeresboden?
MS: Ja, aber mit einer Ausnahme. Es
handelt sich dabei um immobilisiertes Plutonium. Ich habe mir dazu
noch keine abschließende Meinung
gebildet und halte es für zu früh, um
sich dazu zu äußern. Aber wir haben
ein riesiges Problem, denn es haben
sich große Mengen an abgetrenntem
Plutonium angesammelt. Ich halte es
für viel problematischer, dieses Plutonium, wie beispielsweise in den
Reaktoren im japanischen Akw Takahama, die wieder angefahren sind,
einzusetzen. Man kann das Plutonium in Keramik, Glas oder in irgendeiner anderen inerten Matrix immobilisieren. Wenn man dann sagt, man
bohrt ein fünf Kilometer tiefes Loch
und verpreßt das in den Untergrund,
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halte ich das zumindest im Moment
noch nicht für komplett auszuschließen. Ich bin Mitglied einer Arbeitsgruppe, die an der Princeton University sitzt und sich auch mit dieser
Möglichkeit der Lagerung befaßt.
SB: Haben Sie die Präfektur Fukushima schon mal nach der Katastrophe besucht?
Wert gemessen. Das darf man nicht
vergessen.
Es gibt sehr viele Stellen, an denen
die Meßwerte über die aus der Evakuierungszone von Tschernobyl hinausgehen. Ich finde es interessant,
daß das Verhalten der sowjetischen
Behörden damals im Grunde genommen sehr viel radikaler war als
das, was in Japan gemacht worden
ist. Denn die Anzahl der Personen,
die im ersten und zweiten Schritt
evakuiert wurden, ist ungefähr
gleich, also etwa 130.000 Einwohner. Aber in Tschernobyl hat man
noch darüber hinaus, über einen längeren Zeitraum hinweg, Leute evakuiert. Denn man hatte immer wieder Hotspots oder Gegenden gefunden, die hochbelastet sind.
MS: Ich habe den ehemaligen Gouverneur von Fukushima schon zehn
Jahre vor der Katastrophe beraten
und somit eine eigene Beziehung zu
dieser Region. Ich war schon mehrfach dort. Nach dem 11. März 2011
habe ich die Region zweimal besucht, wobei ich bis an die Evakuierungszone herangefahren bin. Allgemein habe ich viel in Japan gearbeitet und war dort zwischen 25- und
30mal.
Einige Personen wurden mehrfach
evakuiert, weil man, nachdem man
SB: Der Fallout hat sich nicht gleich- sie neu angesiedelt hatte, feststellte,
mäßig über die Präfektur Fukushima daß es dort doch heißer war, als man
verteilt. Zeigt dann das Dosimeter dachte. Wenn ich es richtig erinnere,
ständig wechselnde Werte an?
dann liegt die akkumulierte Zahl der
Evakuierten von Tschernobyl bei
MS: Genauso ist es. Wir waren damals 400.000 und ist damit viel höher als
mit einem Bus unterwegs und ich ha- im Fall von Fukushima. Dort hat
be je ein Dosimeter außen, das man man die 20-Kilometer-Zone eingevon innen lesen konnte, und eines in- richtet und so getan, als ob das genünen anbringen lassen. So hatten wir ge. Eine Ausnahme war Iitate, wo
permanent einen Innen-außen-Ver- man dann nochmals einen Fleck zur
gleich. Es war schon sehr schockie- Evakuierung ausgewiesen hat, weil
rend zu sehen, daß sich die Werte alle die Einwohner empört gesagt haben,
paar hundert Meter um den Faktor jetzt reicht es uns aber.
zehn änderten. Das ist also völlig unkalkulierbar. Genau nach dem Prinzip Ich halte es nach wie vor für einen
eines Leopardenfells von Kontamina- großen Fehler, daß die Evakuietionsflecken mit zum Teil wirklich be- rungszone von Fukushima nicht erachtlichen Werten, die weit über das, weitert wurde. Ich bin vor kurzem
was in der Evakuierungszone gemes- von einem japanischen Diplomatensen wird, hinausgingen.
berater gefragt worden, ob ich heute
aufgrund des Eingeständnisses von
Die Stadt Koriyama, die 60 Kilome- Tepco, daß sie damals die Kernter vom Akw Fukushima Daiichi ent- schmelze verheimlicht haben, das
fernt liegt, ist nicht etwa ein einziger rückwirkend betrachtet anders geseHotspot, sondern es werden dort hen, andere Empfehlungen gegeben
multiple Hotspots gemessen. Des- oder eine andere Analyse gemacht
halb muß man sich die Frage stellen, hätte. Daraufhin habe ich mir nochwas eigentlich die durchschnittliche mal meinen eigenen Kommentar,
Dosisleistung, die die Leute abbe- den ich zwölf Tage nach der Katakommen, sein soll. Man hat ja auch strophe geschrieben hatte, durchgenicht unbedingt immer den höchsten lesen und kann sagen, ich hätte kein
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Komma daran geändert. Ich hatte
nämlich schon damals geschrieben,
daß sich die Reaktoren im fortgeschrittenen Kernschmelzstadium befinden. Denn jeder, der sich ein bißchen mit dem Thema Atomenergie
beschäftigt, wußte, daß eine Kernschmelze stattfindet, sobald man
Spaltprodukte messen kann. So
kompliziert ist das dann auch nicht.
BERICHT/113: Profit aus Zerstörungskraft - kein Frieden mit der Atomkraft ... (SB)
http://www.schattenblick.de/infopool/umwelt/report/umrb0113.html
INTERVIEW/203: Profit aus Zerstörungskraft - nach unten unbegrenzt ...
Dr. Alexander Rosen im Gespräch (SB)
http://schattenblick.de/infopool/umwelt/report/umri0203.html
INTERVIEW/204: Profit aus Zerstörungskraft - Spielball der Atommächte ...
Dr. Helen Caldicott im Gespräch (SB)
http://schattenblick.de/infopool/umwelt/report/umri0204.html
SB: Vielen Dank, Herr Schneider, für INTERVIEW/205: Profit aus Zerstörungskraft - systemische Verschleierung ...
Tomoyuki Takada im Gespräch (SB)
das Gespräch.
http://schattenblick.de/infopool/umwelt/report/umri0205.html
INTERVIEW/206: Profit aus Zerstörungskraft auf verlorenem Posten ... Ian Thomas Ash und
Rei Horikoshi im Gespräch (SB)
http://schattenblick.de/infopool/umwelt/report/umri0206.html
INTERVIEW/207: Profit aus Zerstörungskraft eine ungehörte Stimme ... Prof. Dr. Toshihide
Tsuda im Gespräch (SB)
http://schattenblick.de/infopool/umwelt/report/umri0207.html
INTERVIEW/208: Profit aus Zerstörungskraft Empathie und Trauma ... Tatjana Semenchuk im Gespräch (SB)
http://schattenblick.de/infopool/umwelt/report/umri0208.html
INTERVIEW/209: Profit aus Zerstörungskraft - so was wie Diabetes ...
Liudmila Marushkevich im Gespräch (SB)
http://schattenblick.de/infopool/umwelt/report/umri0209.html
INTERVIEW/210: Profit aus Zerstörungskraft - Schlußfolgerungen verfrüht ...
Dr. Alfred Körblein im Gespräch, Teil 1 (SB)
http://schattenblick.de/infopool/umwelt/report/umri0210.html
INTERVIEW/211: Profit aus Zerstörungskraft - Schlußfolgerungen verfrüht ...
Dr. Alfred Körblein im Gespräch, Teil 2 (SB)
http://schattenblick.de/infopool/umwelt/report/umri0211.html
Anmerkung:
[1] www.WorldNuclearReport.org INTERVIEW/212: Profit aus Zerstörungskraft - Schlußfolgerungen verfrüht ...
Dr. Alfred Körblein im Gespräch, Teil 3 (SB)
http://schattenblick.de/infopool/umwelt/report/umri0212.html
Die Berichterstattung des Schatten­
blick zum IPPNW­Kongreß finden INTERVIEW/213: Profit aus Zerstörungskraft - die Faust des Bösen ...
Sie unter INFOPOOL → UMWELT Jonathan Frerichs im Gespräch (SB)
http://schattenblick.de/infopool/umwelt/report/umri0213.html
→ REPORT:
Profit aus Zerstörungskraft - den Finger in der Wunde ...
BERICHT/112: Profit aus Zerstö- INTERVIEW/214:
Dr.
Ian
Fairlie
im
Gespräch
(SB)
rungskraft - Herrschaftsstrategie http://schattenblick.de/infopool/umwelt/report/umri0214.html
Atomwirtschaft ... (SB)
http://www.schattenblick.de/infohttp://www.schattenblick.de/infopool/umwelt/report/umri0215.html
pool/umwelt/report/umrb0112.html
Auch wenn die Reaktorgebäude des
Akw Fukushima Daiichi inzwischen
von außen her den Eindruck er­
wecken, sie seien gesichert, stellen
Erdbeben nach wie vor eine Gefahr
dar. Besuch einer IAEA­Delegation
am 11. Oktober 2011.
Foto: Giovanni Verlini / IAEA, frei­
gegeben als CC BY­SA 2.0 [htt­
ps://creativecommons.org/licen­
ses/by­sa/2.0/] via Flickr
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