Entwurf des Berichtsteils zu Teil B – Kapitel 6.5.8

Geschäftsstelle
Kommission
Lagerung hoch radioaktiver Abfallstoffe
Kommission
Lagerung hoch radioaktiver Abfallstoffe
gemäß § 3 Standortauswahlgesetz
K-Drs. 200
Entwurf des Berichtsteils zu Teil B – Kapitel 6.5.8
(Sozioökonomische Potenzialanalyse)
Vorlage der AG 3 für die 24./25. Sitzung der Kommission am 4./5. April 2016
ERSTE LESUNG
BEARBEITUNGSSTAND: 30.03.2016
Diese Version ist die Weiterentwicklung der K-Drs. /AG3-100, die in der AG 3 am 23. März
2016 beraten wurde. Die Vorsitzenden der AG 3 haben die in der Sitzung besprochenen
Änderungen umgesetzt. Mit diesen Änderungen wird das Kapitel der Kommission zur Beratung
vorgelegt.
30. März 2016
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6.5.8 Sozioökonomische Potenzialanalyse
Die Kommission macht sich hinsichtlich der erforderlichen Analyse des sozioökonomischen
Entwicklungspotenzial und der hierfür zu prüfenden Indikatoren die bereits vom AkEnd 1 vorgeschlagene Methodik vom Grundsatz her zu Eigen.
Im Prozessablauf werden sozioökonomische Potenzialanalysen nach der Einengung der Auswahl auf die Ebene der Standortregionen, also mit Beginn der Phase 2, erstmals erforderlich.
Sie sind auf der Ebene all derjenigen Landkreise oder kreisfeien Kommunen durchzuführen,
die von der Ausweisung von Standortregionen zur übertägigen Erkundung unmittelbar betroffen sind.
Die sozioökonomische Potenzialanalyse dient im Prozess der Standortauswahl unterschiedlichen Zwecken. Zunächst ist sie ein Instrument zur Feststellung des sozioökonomischen Status
Quo in den betroffenen Standortregionen im Interesse der dortigen Bevölkerung gegenüber
dem Vorhabenträger. Ihre Ergebnisse sind sodann im Rahmen der Abwägung zwischen den
Standortregionen mit zu berücksichtigen. Schließlich bilden sie die Grundlage für die zukünftige Kompensation sozioökonomischer Nachteile der letztlich den Standort bereitstellenden
Region und stehen damit im Zusammenhang mit einer möglichst gerechten Verteilung der
Lasten.
In Phase 3 des Standortauswahlverfahrens werden die hiermit verbundenen sozioökonomischen Untersuchungen in denjenigen Landkreisen und kreisfreien Kommunen, die von einer
Ausweisung von Standorten zur untertägigen Erkundung dann noch betroffen sind, fortgeschrieben.
Die sozioökonomische Potenzialanalyse ist vom Vorhabenträger zu veranlassen. die jeweiligen Regionalkonferenzen (vgl. Kap. 7.3.2) sind dabei intensiv einzubinden.
Die bei der Analyse zu berücksichtigenden sozioökonomischen Kriterien fußen auf der Überlegung, dass die langfristige Entwicklung einer Standortregion durch die Errichtung eines
Endlagers keinen Schaden nehmen soll. Die einzelnen Kriterien (siehe Tabelle xxy) beziehen
sich auf die potenzielle Entwicklung des Arbeitsmarktes, der regionalen Investitionen, des
regionalen Tourismus', des Wohnungsmarktes und der landwirtschaftlichen Charakteristika
unter der Annahme, dass ein Endlager errichtet wird. Die Durchführung einer Potenzialanalyse wird die notwendigen allgemeinen und ortsspezifischen Daten gewinnen, um Abweichungen feststellen zu können.
Grundsätzlich soll das Entwicklungspotenzial einer Standortregion als das Ergebnis mentaler
und materieller Bestimmungsfaktoren verstanden werden, d. h. eine sinkende oder steigende
regionale Identität wirkt sich als mentaler Faktor, die Entwicklung der natürlichen Umwelt
oder der Verkehrsinfrastruktur als materieller Faktor auf die potenzielle Entwicklung aus.
Diese zum Teil quantifizierbaren, zum Teil auch qualitativen Faktoren, die das Entwicklungspotenzial bestimmen, sind durch eine Potenzialanalyse für die einzelnen Standortregionen zu
spezifizieren.
Grundlage bilden Entwicklungsgutachten, die von einschlägigen Instituten anzufertigen und
wissenschaftlich zu begleiten sind. Die Potenzialanalyse soll einen allgemeinen, für alle
Standortregionen standardisierten Teil enthalten, um sowohl eine Vergleichbarkeit zwischen
den untersuchten Standortregionen herzustellen als auch die Besonderheiten jeder individuellen Standortregion zu erfassen. Darüber hinaus sollen für die einzelnen Standortregionen spezifische Potenziale erfasst werden. Es könnte sich dabei um prägende historische Entwicklungen und Erfahrungen handeln, die mentale Strukturen formen. Es kann sich aber auch um
regional spezifische wirtschaftliche Sektoren handeln, wie etwa das Brauereiwesen, oder um
regionale landschaftliche Besonderheiten, die für die weitere Entwicklung von Bedeutung
sind. Ein sowohl mentale als auch wirtschaftliche Strukturen betreffendes Potenzial stellt das
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vgl. AkEnd (2002): Kap. 4.2.3
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Image einer Region dar, welches durch ein potenzielles Endlager beeinflusst wird. Bei der
Beauftragung der Forschungsinstitute, durch die die Potenzialanalysen durchgeführt werden,
ist es geboten, Einvernehmen zwischen Vorhabensträger und der betroffenen Standortregion
nach der Diskussion in der Regionalkonferenz herzustellen.
Tabelle xxy: Untersuchungsgegenstände für den standardisierten Teil der sozioökonomischen
Potenzialanalyse
Entwicklungsbereich
Arbeitsmarkt
Investitionen
Tourismus
Wohnungsmarkt
Landwirtschaft
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Indikatoren
 erwartete
Entwicklung
der Arbeitslosigkeit
 erwarteter Wanderungssaldo
 erwartete Kaufkraftentwicklung
 erwartete
Entwicklung
der Investitionen
 erwartete
Strukturstärkung oder -schwächung
durch die Entwicklung
wichtiger Branchen
 erwartete
Entwicklung
des Tourismussektors
 erwartete Auswirkung auf
den für Tourismus spezifischen regionalen Charakter
 Erwartete Belegung der
Wohnungen
 Erwartete
Entwicklung
der Baulandpreise bzw.
Pachtpreise
 erwartete
Entwicklung
der landwirtschaftlichen
Produktion und typischer
landwirtschaftlicher Erzeugnisse
 erwartete Auswirkungen
auf die Vermarktung
landwirtschaftlicher Erzeugnisse mit regionalem
Bezug
Methode
Analyse des regionalen Entwicklungspotenzials
Analyse des regionalen Entwicklungspotenzials
Analyse des regionalen Entwicklungspotenzials
Analyse des regionalen Entwicklungspotenzials
Analyse des regionalen Entwicklungspotenzials
In den Potenzialanalysen sind, soweit möglich, auch quantitative Schwellenwerte anzusetzen,
die auf positive oder negative Abweichungen in Bezug auf eine vorher vereinbarte Vergleichsregion hinweisen. Dieser Vergleich kann beispielsweise auf die durchschnittliche Entwicklung des Regierungsbezirkes, zu dem die Standortregion gehört, oder auch der des Landes oder Bundes abheben. In der Regel sollte zum Vergleich eine geographisch in der Nähe
des Standortes liegende Region herangezogen werden, z. B. der Regierungsbezirk. Aus sozi2
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alwissenschaftlichen Studien bieten sich für das Maß der Abweichung folgende Schwellenwerte an:
 signifikante Abweichung (+/-10 %)
 relevante Abweichung (+/-15 %)
 gravierende Abweichung (+/-20 %)
Die Kommission empfiehlt die Anwendung dieser Schwellenwerte.
Über die standardisierte Potenzialanalyse hinaus müssen auch die Potenziale erfasst werden,
die spezifisch für eine Standortregion sind. Die Potenzialanalyse sollte folgende Bereiche
behandeln:
 Beschreibung der sozioökonomischen Ausgangslage
 Identifizierung regional- bzw. standortspezifischer Entwicklungspotenziale
 Entwicklungsprognose des Standortes ohne Endlager
 Darstellung der positiven und negativen Faktoren, die mit einer Ausweisung als Endlagerstandort und der Errichtung des Endlagers entstehen können
 Szenario der möglichen Entwicklung in Folge einer Standortentscheidung für die Errichtung eines Endlagers
 Repräsentative Befragung der Bürgerinnen und Bürger zu ihren Vorstellungen über
eine wünschenswerte Regionalentwicklung
 Ergebnisse eines mit Bürgerinnen und Bürgern durchgeführten Workshops zu zukünftigen Entwicklungen
 Ergebnisse einer öffentlichen Diskussionsveranstaltung zu den Aussagen der Potenzialanalyse
Die Potenzialanalyse soll zu einer qualitativ gewichteten und, wo immer möglich, quantitativ
gestützten Aussage darüber kommen, ob die Realisierung eines Endlagers in der Standortregion positive, negative oder neutrale Entwicklungschancen erwarten lässt.
Die Ergebnisse der Potenzialanalyse werden von den Bürgerinnen und Bürgern und dem Vorhabensträger bewertet. Sollten diese Bewertungen stark voneinander abweichen, so schlägt
die Kommission vor, dass unter der Verantwortung
[des Rates der Regionen (vgl. Kap. 7.3.3)]
[des nationalen gesellschaftlichen Begleitgremiums (vgl. Kap. 7.3.6)]
ein weiteres Gutachten die strittigen Fragen klärt.
Damit dies nicht zu einer endlosen Reihe von weiteren Gutachten führt, sollten sowohl der
Vorhabensträger als auch die Regionalkonferenz bei der Definition der strittigen Fragen und
der Auswahl der Gutachter beteiligt werden. Kommt es dennoch zu keiner Einigung, so entscheidet
[der Rat der Regionen (vgl. Kap. 7.3.3)]
[das nationale gesellschaftliche Begleitgremium (vgl. Kap. 7.3.6)]
Verwendete Literatur
AkEnd (2002). Auswahlverfahren für Endlagerstandorte. Empfehlungen des AkEnd – Arbeitskreis Auswahlverfahren Endlagerstandorte. K-MAT 1
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