Luxemburg, den 31. März 2016 PRESSEMITTEILUNG

Luxemburg, den 31. März 2016
PRESSEMITTEILUNG 02/2016
Beschluss des Gerichtshofs in der Rechtssache E-4/15 Icelandic Financial Services Association ./.
EFTA-Überwachungsbehörde
KLAGE GEGEN GENEHMIGUNG EINER STAATLICHEN BEIHILFE AN DEN
ISLÄNDISCHEN WOHNRAUMFONDS FÜR UNZULÄSSIG ERKLÄRT
Mit heutigem Beschluss hat der Gerichtshof eine Nichtigkeitsklage der Icelandic Financial Services
Association („IFSA“) gegen eine Entscheidung der EFTA-Überwachungsbehörde als unzulässig
zurückgewiesen. IFSA vertritt alle in Island eingetragenen Finanzunternehmen.
Infolge der Nichtigerklärung einer früheren Entscheidung der EFTA-Überwachungsbehörde durch den
Gerichtshof in der Rechtssache E-09/04, in der das Finanzierungssystem des Icelandic Housing
Financing Fund („HFF“) als vereinbar mit den Bestimmungen des EWR über staatliche Beihilfen
erklärt worden war, leitete die EFTA-Überwachungsbehörde ein neues Verfahren gemäss Artikeln 17
bis 19 Teil II des Protokolls 4 des Abkommens zwischen den EFTA Staaten zur Errichtung einer
Überwachungsbehörde und eines Gerichtshofs ein. Die EFTA-Überwachungsbehörde hatte 2011
festgestellt, dass das Finanzierungssystem von HFF eine bestehende Beihilfe darstellte, die mit dem
EWR-Abkommen unvereinbar war, und schlug Island zweckdienliche Massnahmen vor. Die
isländische Regierung erklärte sich bereit, diese Massnahmen vorzunehmen. Folglich hielt die EFTAÜberwachungsbehörde mit Entscheidung vom 16. Juli 2014 („die angefochtene Entscheidung“) die
Annahme der zweckdienlichen Massnahmen durch Island fest und schloss den Fall.
IFSA erhob am 28. Januar 2015 Klage auf Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung. Die
EFTA-Überwachungsbehörde ersuchte den Gerichtshof, die Klage abzuweisen oder ganz oder teilweise
für unzulässig zu erklären.
Der Gerichtshof stellte fest, dass IFSA nachweisen müsse, dass die angefochtene Entscheidung sie
unmittelbar und individuell betreffe, da diese an Island und nicht an IFSA gerichtet war. Die Klage
eines Unternehmensverbands gegen eine an eine andere Person adressierte Entscheidung ist nur dann
zulässig, (i) wenn der Unternehmensverband für eines oder mehrere seiner Mitglieder handelt, die selbst
ein Klagerecht gehabt hätten, (ii) wenn der Unternehmensverband unter ganz besonderen, ja
aussergewöhnlichen Umständen individuell betroffen ist, weil er in seiner Eigenschaft als
Verhandlungspartner durch die Entscheidung, deren Nichtigerklärung beantragt wurde, betroffen ist,
oder (iii) wenn eine Rechtsvorschrift ausdrücklich der Unternehmensvereinigung Verfahrensrechte
zuspricht.
In Bezug auf Möglichkeit (i) stellte der Gerichtshof fest, dass IFSA gemäss ihrer Satzung ermächtigt
ist, ihre Mitglieder in Gerichtsverfahren zu vertreten. Daher war es notwendig festzustellen, ob ein
Mitglied oder mehrere Mitglieder von IFSA selbst klageberechtigt gewesen wären.
Da die Entscheidung der EFTA-Überwachungsbehörde von 2011 Island eine Frist bis 1. Januar 2012
setzte, um die vorgeschlagenen Massnahmen umzusetzen, kann die Nichtigerklärung der angefochtenen
Entscheidung keine Schäden beheben, die IFSAs Mitglieder vor dem 1. Januar 2012 erlitten hatten.
Deshalb ist die Klage für den Zeitraum vor dem 1. Januar 2012 gegenstandslos.
Hinsichtlich des Zeitraums nach diesem Datum stellte der Gerichtshof fest, dass IFSA, insbesondere
aufgrund der Bezugnahme auf unklare und widersprüchliche Informationen, nicht nachgewiesen hatte
dass die Marktposition ihrer Mitglieder erheblich von der Annahme der zweckdienlichen Massnahmen,
die Inhalt der angefochtenen Entscheidung waren, betroffen war.
Hinsichtlich (ii) stellte der Gerichtshof fest, dass, obwohl IFSA am Verwaltungsverfahren vor Erlass
der angefochtenen Entscheidung beteiligt war, ihr nur die Stellung einer in ihren berechtigten Interessen
betroffenen Dritten zukam, welche die wirtschaftlichen Interessen ihrer Mitglieder förderte. Dies war
auch nicht vergleichbar mit der klar festgelegten Rolle eines Verhandlungspartners.
Hinsichtlich (iii) stellte der Gerichtshof schliesslich fest, dass keine Rechtsvorschrift ausdrücklich IFSA
Verfahrensrechte zuspricht.
Der Gerichtshof wies deshalb die Klage von IFSA als unzulässig zurück.
Der Beschluss kann im Volltext im Internet unter www.eftacourt.int heruntergeladen werden.
Diese Pressemitteilung ist ein nichtamtliches Dokument, das den Gerichtshof nicht bindet.