2 | Forum Der Landbote Samstag, 2. April 2016 Bild des Tages PSD oder brauch ich einen Hund? D ass wir uns gerade im goldenen TV-Zeitalter befinden, hat weniger mit exorbitanten Einschaltquoten zu tun, sondern vielmehr damit, dass fast jedes Gerät mittlerweile ein Fernseher ist, mit welchem man gleich staffelweise dänische oder amerikanische Serien verschlingen kann. Das bringt diverse Konsequenzen mit sich. Ich möchte hier von der sogenannten PSD sprechen, der Post-Serien-Depression (kann man natürlich auch auf Bücher, meist mit mehreren Bänden, anwenden). Der Moment, in dem Walter White und John Snow tot sind, der Moment, in dem wir in die Realität zurückkehren müssen, der Moment, in dem wir uns wünschten, nicht alles gleich auf einmal geschaut zu haben. Denn es war, als ob da nach der Arbeit ein guter Freund zu Hause auf einen gewartet hat, auf den man sich freut, mit dem man den ganzen restlichen Abend verbringen will. Einer, dem man zuhört, zusieht, einer, der keine unangenehmen Fragen stellt, der nichts von einem will. Leserbild Nicoletta Pasci, Winterthur Leserbriefe Reingefallen oder durchschaut? WINTERTHUR/ELGG Gleich zwei Aprilscherze haben sich gestern im «Landboten» versteckt. Die Schneekanone auf dem Eschenberg ist ein Jux. Und in Elgg bleibt die Kirche im Dorf und der Äschli am Aschermittwoch. Punkt 13 Uhr am 1. April auf der Gemeindeverwaltung Elgg. Ob wohl jemand den Übersichtsplan für die neuen Äschli-Daten sehen möchte? «Ich glaube nicht», sagt die Empfangsdame skeptisch. Die Elgger seien nicht so leicht aus der Bahn zu werfen. Eine weitere Dame erscheint, sie will die ID erneuern. Den Scherz in der Zeitung habe sie gesehen, sagt sie, aber natürlich «sofort» als solchen erkannt. «Am 1. August sind doch alle in den Ferien», sagt sie und muss schmunzeln. «Wissen Sie, wäre das eine wahre Geschichte, hätte es einen Tumult gegeben. Der Gemeinderat könnte das doch nicht einfach so bestimmen.» Gemeindeschreiberin Sonja Lambrigger ist auch vor Ort, sie ist die Haupturheberin des Scherzes und hat ihn der «Landbote»-Redaktion eingeschickt. So weit hergeholt sei die Geschichte nicht, sagt sie. Die in der Mitteilung erwähnten Reklamationen wegen Lärms gebe es jedes Jahr. «Im Sommer müssten die Kinder in den Strumpfhosen auch nicht immer so frieren», verteidigt sie die Augustlösung. In Elgg aber, so scheint es, gehört das zu einem richtigen Äschli eben ein wenig dazu. Kafirunde statt Infoanlass Auch im Restaurant Eschenberg ist am Vormittag niemand aufgetaucht, um sich über das Projekt einer Schneekanone für die Langlaufloipe zu informieren. Einige Gäste kamen aber trotzdem vorbei. Das Quartett der ehrenamtlichen Loipenpräparatoren, Marcel Herzig, Jürg Schärer, Mario Ferrari und Thomas Gürtler, nutzte den Aprilscherz als Gelegenheit für eine Kafirunde. «Wir waren diese Saison so selten hier oben, da kam dieser Anlass gerade recht», sagte Schärer. Unter den Fachleuten wurde bald über die Schneequalität gefachsimpelt und vom Winter 2014/2015 geschwärmt, als die Loipe drei Wochen benutzbar war. Den Scherz ausgedacht hatten sich Herbert Burren und Tom Strickler vom Sportamt. Viele Details waren zumindest halbwahr: Die Firma Aventa produziert tatsächlich Windanlagen, und das Kunstschneepulver Snowmax gibt es wirklich. Das Handy von Sportamtschef Dave Mischler klingelte während des «Informationsanlasses» im Minutentakt: Er erhielt Dutzende Rückmeldungen, von augenzwinkernden Bemerkungen bis hin zum ironischen Protest, für so eine Bieridee sei man nicht bereit, Steuern zu zahlen. nid/bä «Traglufthalle wäre eine gute Lösung» «Die angrenzenden Gemeinden sollten endlich übernehmen» Leserbrief vom 31. März Herr Westermann hat recht damit, dass es ein neues Hallenbad braucht. Wie ein gescheitertes Projekt in Basel gezeigt hat, ist dafür mit Kosten von 40 Millionen Franken zu rechnen. Auch wenn sich der «Speckgürtel» an der Finanzierung beteiligt, wird mehr als die Hälfte dafür bei der Stadt hängen bleiben. Es wird auch nicht einfach sein, private Sponsoren für diese kommerzielle Randsportart zu finden. Aber ja, packen wir es an. Bis es so weit ist, brauchen wir eine Traglufthalle als Übergangslösung. Ausnahmebewilligungen für Übergangslösungen sind möglich. Wie das Beispiel Schaffhausen zeigt, ist der Energieverbrauch einer Traglufthalle etwa 30 Prozent grösser, als für das Cabrio-Dach geplant war. Das ist immer noch deutlich weniger als für das Geisi-Hallenbad. Legt man diese Energiekosten auf die Einwohner von Winterthur um, kommt man auf 1,4 Watt pro Einwohner. Das kann wahrlich kein grosses Hindernis auf dem Weg zur 2000- «Nichts Verstaubtes mehr» Apéros wird es hier nicht geben Ausgabe vom 29. März «Wo hat man sonst die Gelegenheit, eine Schermaus, ein Igelbaby oder eine Waldohreule von nahem zu betrachten?», heisst es in dem Artikel. Im Naturmuseum, und dies schon seit vielen Jahren … Seit der Neueröffnung im Jahr 2005 gehört es zum festen Konzept des Hauses, dass möglichst viele Objekt von nahem betrachtet werden können, einige sogar angefasst werden dürfen, dass Düfte und Klänge sinnlich wahrgenommen werden können. Nicht nur das Kindermuseum Kerala, in dem alle Tiere und Objekte für unsere kleinen Besucher und Besucherinnen frei zugänglich sind, sondern auch die ganze Sammlung ist darauf ausgerichtet, interaktiv entdeckt zu werden. Zudem bieten unsere vielen spezifischen Führungen, die kreativen Nachmittage für Kinder und nicht zuletzt unsere Führung für Menschen mit Demenz die Möglichkeit, die Natur sehr sinnlich zu erfahren. Gerade unsere Besucher und Besucherinnen mit kognitiven Beeinträchtigungen sind auf diese sinnlichen Wahrnehmungen angewiesen. Gerne lade ich Sie ein, mitzuerleben, wie Besucher und Besucherinnen, die kein Wort mehr sprechen, strahlen, wenn Sie ins dichte Fell des Fuchses oder ins flauschige Gefieder des Waldkauzes greifen. Vielleicht erinnern Sie sich noch an ein Museum, wie es früher üblich war: leicht verstaubte Objekte in Reih und Glied hinter verschlossenen Vitrinen. Glauben Sie mir, dies ist längst passé! Virginie Schmutz-Flesch, Winterthur Watt-Gesellschaft sein. Das Risiko, von einer Traglufthalle erschlagen zu werden, ist null. Es ist klar, dass man die Halle sperrt, wenn die Schneelast zu gross ist. In Chur hat man auf jeden Fall nie Probleme mit der Schneelast gehabt. Ein Zusammenbruch einer Traglufthalle ist auch kein grosser Schaden. Wenn der Schnee wieder weg ist, bläst man sie einfach wieder auf. In Lugano wird schon wieder geschwommen. Markus Enz, Projektteam Traglufthalle Geiselweid, Hettlingen «Mehr Rücksicht auf betagte Fussgänger» Die Politiker wollen Fussgängern mehr Freiheit verschaffen, so soll man die Strasse auch ohne Fussgängerstreifen queren können, in genügendem Abstand zum nächsten Streifen, versteht sich. Eine total lobenswerte Verbesserung. Lobenswert wäre auch eine verstärkte Kontrolle der rasenden Velofahrer. Ein Erlebnis zeigte mir, dass Blessuren auch schmerzhaft sind, wenn man auf einem Fussgängerstreifen umgefahren wird. Autofahrer haben angehalten, nur eine ruppige Bikerin hat mich in rassigem Tempo umgefahren. Das ist auch Wochen nach dem Unfall noch zu spüren. Nicht nur mehr Freiheit für die Fussgänger, auch mehr Rücksicht auf betagte Fussgänger wäre schön. Elsy Schmid, Winterthur Könnten Serien kochen, dann wären sie mit Abstand die besseren Lebenspartner als solche aus Fleisch und Blut. Aber ja, leider haben sie eine wesentlich kürzere Lebensspanne als der Mensch – leider. Die Tage nach dem Serienfinale sind kaum zu ertragen. Plötzlich hat man wieder Zeit, aber wie soll man diese adäquat nutzen? Gut, man könnte wieder einmal rausgehen, feststellen, dass es Frühling geworden ist, andere Menschen treffen und solchen Kram. Doch dabei stellt man höchstens fest, wie langweilig die eigenen Freunde sind, weder ein korrupter amerikanischer Präsident ist darunter noch eine halb nackte Drachenzähmerin, noch ein unverwundbarer Gangster oder eine autistische Terroristenjägerin und erst recht kein selbstverliebtes Pferd in Hollywood mit Vaterkomplex, ja wenn wenigstens einer der Freunde ein Alkoholproblem hätte, aber nein. Man lässt das mit den Freunden also wieder sein und zieht sich stattdessen schlechte Makingofs der just beendeten Serienliebschaft rein und überlegt sich gar, die erste Staffel nochmals zu schauen oder die Bücher zur Serie zu lesen. Aber alles will nicht helfen, und so bleibt einem nur eines übrig: Ein Ersatz muss her, eine neue Serie. Es ist genau so, wie wenn der geliebte Hund verstorben ist, man kann sich nicht vorstellen, dass es wieder wie früher wird, aber das muss es auch nicht, es wird anders sein, anders und ebenfalls gut. Man muss sich Zeit nehmen, nach dem Richtigen suchen, und wenn man es gefunden hat, so kann das Leben weitergehen, zumindest für weitere drei mal dreizehn Episoden. Okay, das klingt total wahnsinnig und bescheuert. Vielleicht sollte ich mir doch einfach mal einen Hund besorgen. Lara Stoll, Slam-Poetin. Thema Beistände | 3 «Wo sind Ihre Träume geblieben?» Tribüne Diese beiden Höckerschwäne geniessen den Frühling im Zürichsee. Das fast weisse Gefieder zeigt, dass die Jungschwäne kurz vor Abschluss ihrer Vollmauser stehen. Der Landbote Samstag, 2. April 2016 mad DIE PROFESSIONELLE Seit über zehn Jahren ist Sandra M.* Berufsbeiständin. Sie betreut hilfebedürftige Menschen, die zum Beispiel dement, verletzt oder süchtig sind. Das Wohl der Menschen stehe bei ihrer Arbeit an erster Stelle. Aus der Gosse ins Märchenschloss hat Sandra M.* noch keinen ihrer Klienten begleitet. «Aber schöne Geschichten habe ich dennoch schon erlebt», sagt sie. Zum Beispiel als eine junge IV-Bezügerin mit starken Essstörungen Hilfe suchte und so bei der Berufsbeiständin landete. Die junge Frau hatte eine gute Ausbildung , war wegen ihrer Krankheit jedoch arbeitsunfähig. «Ich habe damals eng mit der IV zusammengearbeitet und für die Frau einen Arbeitsort gefunden, bei dem sie versuchsweise einige Stunden pro Woche im Einsatz war.» Es lief so gut, dass nach einigen Monaten aus wenigen Stunden eine Festanstellung mit 20-Prozent-Pensum entstand. Nach einiger Zeit arbeitete sie vier Tage die Woche und später als Abteilungsleiterin in der Firma. «Sie hat sich schnell so stark gefühlt, später geheiratet, Kinder bekommen, das war schön», erinnert sich M. Es komme also durchaus vor, dass Fälle abgeschlossen würden. «Die Beistandschaft ist keine Endlosschlaufe.» Ausser bei Menschen mit schweren geistigen Behinderungen oder schweren Krankheiten, die nie mehr ganz selbstständig leben könnten. Der sogenannte «Schwächezustand», sprich der Grund, weshalb die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (Kesb) eine Beistandschaft anordnet, werde regelmässig überprüft. «Die Kesb unterstützt alles, was in Richtung mildere Massnahmen geht.» Finanzen und Hausbesuche Dennoch geht der Berufsbeiständin die Arbeit nicht aus. Sie betreut mit einem 60-Prozent-Pensum 49 Klienten. Als Profi erhält sie von der Kesb die komplexeren Fälle zugewiesen, die einfacheren werden von freiwilligen Beiständen übernommen (siehe unten). Sandra M.s Klienten leiden an einer geistigen Einschränkung oder Demenz, sind psychisch krank, süchtig oder können sich nach einem schweren Unfall nicht allein um alles kümmern. Die Beiständin verwaltet oftmals das Geld dieser Personen, entscheidet, wie viel sie wann bekommen. Sie interveniert in Krisen, nimmt Erbteilungen vor, setzt Schuldensanierungen um, spricht sich mit Ärzten, Psychologen, Ämtern oder Heimen ab und macht Haus- besuche, um die Situation der Menschen einzuschätzen. «Gerade bei Menschen mit Demenz ist es schwierig, sie für einen Termin ins Büro zu bitten.» Darum geht sie bei ihnen vorbei, führt Gespräche, prüft den Zustand von Mensch und Haushalt. «Das hat viel mit Vertrauen zu tun», sagt sie. Dieses müsse sie manchmal immer wieder von vorne aufbauen, weil die Person sie beim nächsten Besuch gar nicht mehr kenne. Schlaflose Nächte Seit 2004 arbeitet die ausgebildete Sozialarbeiterin im Erwachsenenschutz – damals hiess ihr Beruf noch «Amtsvormundin». Seit Inkrafttreten des neuen Kindesund Erwachsenenschutzrechts im Jahr 2013 ist sie eine von 24 Berufsbeiständen in den Bezirken Winterthur und Andelfingen. «Die Administration hat in der Zwischenzeit zugenommen, ebenso die Fallzahlen», sagt sie. Deshalb bleibe unter dem Strich weniger Zeit für die Klienten. Es herrsche aber mehr Professionalität und die Arbeit werde besser überprüft als früher. «Die Beistandschaft ist keine Endlosschlaufe.» Berufsbeiständin Vor ihrer Laufbahn als Sozialarbeiterin engagierte sich Sandra M. schon in der Vormundschaftsbehörde ihrer Gemeinde und ehrenamtlich in sozialen Bereichen. Als ihre Kinder grösser waren, entschied sie sich für die Ausbildung an der Schule für Soziale Arbeit. Bei einem Praktikum im Jugendsekretariat wusste sie, «hier bin ich daheim». Nach ihrer Ausbildung war sie jahrelang im Kindesschutz tätig. Seit zwölf Jahren arbeitet sie mit Erwachsenen. «Die Abgrenzung fällt mir da leichter», sagt sie. «Man ist nicht mehr matchentscheidend.» Während ihrer Arbeit im Kindesschutz habe sie öfters schlaf- lose Nächte gehabt. «Wenn dem Kind etwas passiert, bist du schuld, weil du keinen Antrag auf eine Platzierung gestellt hast» – solche Gedanken quälten sie. Es sei eine enorme Herausforderung, abzuwägen, in welchem Umfang man Massnahmen beantragen solle. Für die Erwachsenen fördere das neue Gesetz die Eigenverantwortung. Die Klienten müssten möglichst weit selbst entscheiden, was sie mit ihrem Leben machen wollen. «Für uns steht das Wohl des Menschen an oberster Stelle.» Wenn sich aber eine Person mit ihrem zugeteilten Geld erst ein neues Tattoo stechen lässt, anstatt etwas zu essen zu kaufen, sei das ihre Sache. Als Beiständin sei sie zwar immer darauf bedacht, die Bedürfnisse und Wünsche ihrer Klienten wahrzunehmen. «Aber erfüllen kann ich sie nicht immer.» Geld für Alkohol und Drogen sei zum Beispiel nicht zum Wohle der Klienten. Darum ist die Beiständin auch oft mit deren Unmut konfrontiert. «Einige sind sehr fordernd und fühlen sich ungerecht behandelt.» Es gibt Vorwürfe, Beschwerden und auch Kommentare unter der Gürtellinie. «Man muss darum belastbar sein, sich abgrenzen und ein gutes privates Umfeld haben», sagt Sandra M. Toleranter geworden Die Freude an der Zusammenarbeit mit Menschen sei auch nach all den Jahren im Beruf geblieben, die Toleranz gegenüber anderen sogar gestiegen. «Ich bewerte den Lebensstil anderer Leute viel weniger.» Ihr eigenes Modell müsse nicht für jeden anderen das richtige sein. Abgestumpft oder hart zu werden, sei für sie keine Gefahr. «Vielmehr möchte ich die Ziele verfolgen, die sich meine Klienten zusammen mit mir gesetzt haben.» Dann frage sie: «Wo sind Ihre Träume geblieben?» Wenn sie diese Ziele aus den Augen verliere, habe sie ihren Job nicht gut gemacht, sagt Sandra M. «Aber da bin ich manchmal wohl etwas hart mit mir.» Dankbarkeit zu erwarten, sei fehl am Platz. Viele Klienten seien froh um die Beistandschaft. Andere hingegen fühlten sich eingeschränkt, würden lieber selber schalten und walten. «Ich möchte in meinem Beruf nur Dinge für meine Klienten erledigen, die sie selbst nicht können. Damit ist ihnen am meisten geholfen.» Ines Rütten Toleranz und Belastbarkeit: Eigenschaften, die eine Berufsbeiständin für ihre Arbeit braucht. Symbolbild / mad BEISTANDSCHAFTEN Eine Beistandschaft im Erwachsenenschutz wird errichtet, wenn ein Mensch aufgrund von geistiger, körperlicher oder psychischer Beeinträchtigung in seiner Urteilsfähigkeit eingeschränkt und deshalb nicht mehr in der Lage ist, selbstständig für sein Wohl zu sorgen. Zudem ist es den Betroffenen nicht möglich, in ihrer Umgebung oder bei privaten oder öffentlichen Beratungsstellen Hilfe zu holen. Die Kindes- und Erwachsenen- schutzbehörde (Kesb) hat bei der Anordnung einer behördlichen Massnahme eine geeignete Person als Beiständin oder Beistand zu ernennen. Dies kann einer der 24 professionellen Beistände der drei Erwachsenenschutzstellen der Region Winterthur-Andelfingen sein oder auch eine private Mandatsperson, zum Beispiel jemand aus dem Umfeld der betroffenen Person oder eine Privatperson, die sich interessiert, die Aufgaben zu überneh- men. Bei einfacheren Fällen kommt einer der 442 Freiwilligen der Fachstelle Private Mandate zum Einsatz. Häufig führen private Mandatspersonen eine Vertretungsbeistandschaft mit Vermögensverwaltung. Dabei werden sie beauftragt, sich um das soziale Wohl der verbeiständeten Person zu kümmern, für eine geeignete Wohnsituation zu sorgen und ihre administrativen und finanziellen Angelegenheiten zu erledigen. clp *Name geändert «Die Menschen wachsen einem ans Herz» DER FREIWILLIGE Hans B. * kümmert sich als privater Beistand um die Finanzen von drei Personen. Das, was seine Aufgabe interessant mache, sei aber nicht ausschliesslich die Vertretung in administrativen Angelegenheiten, sagt er. «Ich nehme mir Zeit für die Menschen.» Gerne berichtet die 55-jährige Frau von ihrem Urlaub. «Ich habe gemerkt, das hat ihr gutgetan», erzählt Hans B.*. Als Beistand der geistig und körperlich behinderten Frau hat er zusammen mit den Heimverantwortlichen diesen Entlastungsurlaub organisiert, nachdem seine Klientin wegen ihrer psychischen Beeinträchtigung wiederholt gegen ihre Mitbewohner und gegen Betreuungspersonal aggressiv geworden war. Hans B. erzählt von seiner vielfältigen und herausfordernden Aufgabe: «Meine Arbeit verläuft nie einfach nach Drehbuch.» Und er fügt an: «Das macht sie auch so spannend.» B. betreut als privater Beistand drei Personen in Winterthur und Umgebung, die aufgrund von Krankheit oder einer psychischen oder geistigen Behinderung nicht in der Lage sind, ihre administrativen und finanziellen Aufgaben selber wahrzunehmen. Er führt Buch über das Einkommen und Vermögen seiner Klienten und ist dafür besorgt, dass deren Interessen gewahrt sind. Und er besucht sie regelmässig, um sich ein Bild von ihren Bedürfnisse und ihrem Allgemeinzustand zu machen. Seit bald fünf Jahren ist Hans B. als Beistand im Einsatz. «Nach meiner Pensionierung wollte ich in irgendeiner Form weiter tätig sein», erzählt er. «Nicht auf meinem ursprünglichen Beruf im Finanzbereich. Ich wollte der Gesellschaft etwas zurückgeben.» Eher zufällig ist er auf ein Inserat für private Beistände gestossen. «Das war genau, was ich gesucht hatte», sagt er. «Zum einen konnte ich mein Fachwissen einbringen. Zum anderen ist man als Beistand aber auch auf einer menschlichen Ebene gefordert. Das hat mich gereizt.» 442 private Beistände Die Interessierten besuchen eine Schulung und übernehmen nachher in der Regel ein Mandat, das im kleinen Rahmen entschädigt wird. Seit der Reorganisation der Vormundschaftsbehörde sind die 442 privaten Beistände der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (Kesb) Winterthur-Andel- «Nach meiner Pensionierung wollte ich in irgendeiner Form weiter tätig sein und der Gesellschaft etwas zurückgeben.» Freiwilliger Beistand fingen unterstellt. Sie kommen bei einfacheren Mandaten zum Einsatz, wenn ein Fall komplizierter ist, kann die Kesb auf 24 Berufsbeistände im Bereich Erwachsenenschutz und 35 im Bereich Kinderschutz zurückgreifen. Kindesschutzmassnahmen werden in aller Regel nicht durch private Mandatspersonen geführt. Ob jemand verbeiständet wird, entscheidet die Kesb (siehe Kasten). Die Kesb arbeitet gerne mit den privaten Beiständen zusammen. «Sie können sich für ihre Klienten mehr Zeit nehmen, als es ein Berufsbeistand könnte», sagt Jürg Morger von der Fachstelle Private Mandate. Das bestätigt B.: «Die gesamten administrativen Aufgaben sind klar ein wichtiger Teil meiner Aufgabe. Für mich ist jedoch das Menschliche ebenso wichtig. Ich schenke meinen Klientinnen Zeit, die über das rein Amtliche hinausgeht.» 20 Stunden pro Monat Insgesamt nehmen seine drei Mandate B. pro Monat etwa 20 Stunden in Anspruch, die Besuche und Rechenschaftsberichte mit eingerechnet. «Ich besuche jede der drei Frauen normalerweise einmal im Monat», sagt er. Ob er in seinem Amt an Grenzen gestossen ist? B. überlegt und sagt dann bestimmt: «Nein. Ich habe bis jetzt jede Situation gut einschätzen können und konnte auch immer rechtzeitig Rat bei der Fachstelle einholen.» Wichtig sei wohl zudem, dass man sich gut abgrenzen könne, sagt er. Und räumt ein: «Aber die Personen wachsen einem natürlich schon ans Herz.» Claudia Peter * Name geändert
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