aCLT und CATLM

Professur E-Learning und Neue Medien
Institut für Medienforschung
Philosophische Fakultät
Lehren und Lernen mit Medien II
Augmented Cognitive Load
Theorie und kognitivaffektive Theorie des
Lernens mit Medien
Prof. Dr. Günter Daniel Rey
Überblick
• Augmented Cognitive Load Theorie (aCLT)
• Annahmen der aCLT
• Ziele beim Lernen
• Arten der kognitiven Belastung
• Kritik und Würdigung
• Kognitiv-affektive Theorie des Lernens mit Medien (CATLM)
• Annahmen der CATLM
• Arten von Gedächtnisspeichern
• Kognitive Prozesse und Repräsentationsformen
• Kritik und Würdigung
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Cognitive Load Theorie
• Begründer: John Sweller
• Weit verbreiteter instruktionspsychologischer
Erklärungsansatz
• Vorläuferartikel ab etwa 1982
• CLT selbst ab 1988
• Mittlerweile umfassendes, theoretisches Modell
• Empirisch gut abgesicherte Theorie
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John Sweller
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Kognitive Strukturen (z. B. Sweller, 2005)
• Unterscheidung zwischen Langzeitgedächtnis (LZG) und
Arbeitsgedächtnis (AG)
• Langzeitgedächtnis
• Sehr großes Speichervermögen
• Informationen nicht bewusst
• Sämtliche dort gespeicherten Informationen erlernt
• Lernen: Veränderung im LZG
• Ziel: Förderung „geeigneter“ Veränderungsprozesse im LZG
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Arbeitsgedächtnis (z. B. Sweller, 2009)
• Informationen bewusst
• Informationsquellen für das AG
• Langzeitgedächtnis (gelernte Informationen)
• Sensorischer Speicher (neue Informationen)
• Bewusste Verarbeitung neuer Informationen nur bei sekundärem
biologischem Wissen notwendig
• Primäres biologisches Wissen: Kein bewusstes Lernen, z. B.
Erwerb der Muttersprache
• Sekundäres biologisches Wissen: Bewusstes und mühevolles
Lernen, z. B. Erwerb der Schriftsprache
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Arbeitsgedächtnis
• Auf wie viele Elemente ist unser
Arbeitsgedächtnis beschränkt?
• A: Zwei bis vier Elemente
• B: Drei bis fünf Elemente
• C: Sieben plus/minus zwei Elemente
• D: Keine Beschränkung
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A
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B
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C
D
0
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Arbeitsgedächtnis (z. B. Sweller, 2009)
• Zwei Beschränkungen bei der Informationsverarbeitung
• Begrenzung des Speichers auf 2-4 Elemente
• Zeitliche Begrenzung auf 20-30 Sekunden
• Ziel bei der Gestaltung von Lernmaterialien: „Überwindung“ der
beiden Einschränkungen des AG
• Verständnis: Fähigkeit, die zu verstehenden Informationselemente
gleichzeitig im AG verarbeiten zu können
• Unterteilung des AG in der CLT: Modifizierte, ältere Variante von
Baddeleys AG-Modell (1992)
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Schemata (z. B. Sweller, 2005)
• Ziel beim Lernen: Ausbildung und Speicherung automatisierter
Schemata beim Lernen
• Schema: Kognitives Konstrukt, welches Informationen zur
Speicherung in das Langzeitgedächtnis schematisch organisiert
• Bereitstellung von Mechanismen für die Organisation und
Speicherung von Wissen
• Zentrale Exekutive im AG
• Senkung der kognitiven Belastung
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Beispiele für Schemata
• Buchstaben:
A A
a
A
a A A
• Geometrische Objekte:
• Restaurantbesuch:
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Kognitive Belastung (z. B. Sweller, Van
Merriënboer & Paas, 1998)
• Messmethoden
• Aufgaben- bzw. leistungsbasierte Indikatoren
• Subjektive Indikatoren
• Physiologische Indikatoren
• Verschiedene Arten der kognitiven Belastung
• Intrinsischer CL
• Extraneous CL
• Germane CL
• Meta CL
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Intrinsischer Cognitive Load (z. B. Sweller et
al., 1998)
• Belastung aufgrund der Komplexität des Lerngegenstandes
• Festlegung durch Elementinteraktivität und Lernervorwissen
• Elemente: Alle bereits erlernten oder noch zu erlernenden
Komponenten
• Elementinteraktivität auf einem Kontinuum angesiedelt:
• Hoch: Gleichzeitige Verarbeitung einzelner Elemente im AG
erforderlich
• Niedrig: Aufeinanderfolgende Verarbeitung einzelner Elemente im
AG möglich
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Extraneous Cognitive Load (z. B. Sweller et
al., 1998)
• Lernirrelevante kognitive Belastung
• Von der Art der Darbietung abhängig
• Zentrales Ziel bei der Gestaltung von Lernmaterialien: Extraneous CL
reduzieren
• Extraneous CL nach der CLT nur wichtig, wenn intrinsischer CL hoch
ist
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Germane Cognitive Load (z. B. Sweller et al.,
1998)
• Lernbezogene bzw. lernrelevante kognitive Belastung
• Von der Art der Darbietung abhängig
• Erforderlich für die Konstruktion und Automatisierung von Schemata
ins LZG
• Je größer die lernrelevante kognitive Belastung, desto besser die
Lern- bzw. Verständnisleistung
• Ziel bei der Gestaltung von Lernmaterialien: Germane CL erhöhen
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Kognitive Belastung
• Welche Aussagen zur kognitiven Belastung sind
korrekt?
• A: Das Erlernen von 10000 Vokabeln ist ein
Beispiel für eine hohe intrinsische kognitive
Belastung.
• B: Unübersichtliche Vorlesungsfolien stellen
ein Beispiel für den extraneous CL dar.
• C: Der germane CL ist unabhängig von
anderen Arten der kognitiven Belastung.
• D: Die Überprüfung des eigenen
Lernfortschritts ist kein Beispiel für den
Meta Cognitive Load.
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A
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B
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C
D
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Affektive Variablen beim Lernen
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Augmented Cognitive Load Theorie (Huk &
Ludwigs, 2009)
• Augmented Cognitive Load Theorie (aCLT) als Erweiterung der CLT
mit Berücksichtigung affektiver Variablen
• Freie AG-Kapazität, die nicht durch intrinsischen oder extraneous CL
beansprucht wird, wird nicht automatisch als germane CL genutzt
• Höhe des germane CL abhängig von kognitiven und affektiven
Variablen
• Kognitive Unterstützungsmaßnahmen zielen auf den Schemaerwerb
des Lernenden ab
• Affektive Unterstützungsmaßnahmen erhöhen das situationale
Interesse des Lernenden
• Kognitive und affektive Maßnahmen ergänzen sich und besitzen
einen additiven Effekt auf die Lernleistung
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Fazit zur CLT und aCLT
• Kritik
• Ältere Modelle und empirische Befunde als Basis
• Schwierige Trennung der CL-Arten auf Messebene
• Würdigung
• Gute experimentelle Absicherung der Gestaltungsempfehlungen
• Kontraintuitive Prognosen zum Lernen in multimedialen
Lernumgebungen
• Bei der aCLT: Berücksichtigung motivationaler und emotionaler
Faktoren (allerdings sehr unspezifisch)
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Kognitive Theorie multimedialen Lernens
• Begründer: Richard E. Mayer
• Ebenfalls weit verbreiteter
instruktionspsychologischer Erklärungsansatz
• Seit 1989 unter diversen Namen publiziert
• Bezeichnung „CTML“ seit 1996
• Empirisch gut abgesicherte Theorie
• Seit 2005 Erweiterung der CTML durch Moreno und
Mayer: Cognitive-affective theory of learning with
media (CATLM)
Richard E. Mayer
Roxana Moreno
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Grundannahmen der CTML (z. B. Mayer,
2014)
• Zwei Kanäle im Informationsverarbeitungssystem
• Visuelle / bildhafte Informationen
• Auditive / verbale Informationen
• Ziel: Aktivierung beider Kanäle bei der Informationsverarbeitung
• Begrenzte Kapazität des Arbeitsgedächtnisses
• Begrenzte Informationskapazität für jeden Kanal des AG
• Vergleiche mit Baddeley und CLT
• Ziel: Lernende kognitiv nicht überlasten
• Aktive Informationsverarbeitung
• Konstruktion kohärenter mentaler Repräsentationen durch aktive
Informationsverarbeitung der Lernenden
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Verarbeitung einer multimedialen Botschaft
nach der CTML (z. B. Mayer, 2014)
• Gedächtnisspeicher, Kognitive Prozesse & Repräsentationsformen
Multimedia
Präsentation
Wörter
Bilder
Sensorischer
Speicher
Auditiv
Visuell
Langzeitgedächtnis
Arbeitsgedächtnis
Auswahl
von
Wörtern
Auswahl
von
Bildern
Töne
Bilder
Organisation von
Wörtern
Organisation von
Bildern
Verbales
Modell
Integration
Vorwissen
Bildhaftes
Modell
Quelle: Angelehnt an Mayer (2014)
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Kognitive Theorie multimedialen Lernens
• Um diese mentalen Modelle konstruieren zu können,
muss der Lernende die zentralen Textpassagen und
Bildelemente zu einer kohärenten Repräsentation
bündeln.
• Um welche Repräsentationsformen handelt es sich?
• A: Wörter und Bilder
• B: Akustische und ikonische Repräsentationen
• C: Töne und Bilder
• D: Verbale und piktoriale Modelle
• E: Vorwissen
A
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B
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C
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D
E
0
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Zusätzliche Grundannahmen der CATLM (z.
B. Moreno & Mayer, 2007)
• Unterteilung des Langzeitgedächtnisses
• Semantisches und episodisches Gedächtnis
• Motivationale Faktoren
•
Kognitives
Motivation
Engagement
Lernleistung
• Metakognitive Faktoren
• Beeinflussung der kognitiven Regulationsverarbeitung,
Motivation und Emotion
• Lernercharakteristika
• Vorwissen und Fähigkeiten
• Des Weiteren: Taktile, olfaktorische und gustatorische
Informationsaufnahme und -verarbeitung
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Verarbeitung multimedialer Botschaften
nach CATLM (z. B. Moreno & Mayer, 2007)
• Gedächtnisspeicher, Kognitive Prozesse, Repräsentationsformen,
motivationale, affektive und meta-kognitive Prozesse
Multimedia
Präsentation
Wörter
Bilder
Sensorischer
Speicher
Auditiv
Visuell
Taktil
Langzeitgedächtnis
Arbeitsgedächtnis
Auswahl
von
Wörtern
Töne
Auswahl
von
Bildern
Bilder
Organisation von
Wörtern
Organisation von
Bildern
Semantisches
und
Verbales
Modell
Integration
Bildhaftes
Modell
Vorwissen
episodisches
Gedächtnis
Motivationale, affektive und metakognitive Prozesse
Olfaktorisch
Gustatorisch
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Quelle: Angelehnt an Moreno und Mayer (2007)
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Fazit zur CTML und CATLM (Rey, 2009)
• Kritik
• Ältere Modelle und empirische Befunde als Basis
• Zahlreiche hypothesenkonträre Befunde, die in Übersichtsartikeln
zum Teil verschwiegen werden
• Würdigung
• Gute experimentelle Absicherung der Gestaltungsempfehlungen
• Elaborierte Theorie
• Vorhersage differenzieller Effekte
• Berücksichtigung motivationaler und emotionaler Einflussgrößen
in der CATLM (allerdings sehr unspezifisch)
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Gesamtfazit (vgl. Rey, 2009)
• „Less-is-more“-Ansatz
• Relativ direktives Vorgehen bei der Wissensvermittlung
• Gute, meist experimentelle Absicherung zahlreicher, abgeleiteter
Gestaltungsempfehlungen
• (Unspezifische) Berücksichtigung motivationaler und emotionaler
Faktoren
• Genaue Informationsverarbeitungsprozesse beim Lehren und Lernen
nach wie vor zum Teil unbekannt
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Zusammenfassung
• Arbeitsgedächtnis und Langzeitgedächtnis als kognitive Strukturen in der
CLT und aCLT
• Intrinsischer, extraneous und germane CL sowie Meta CL als Arten der
kognitiven Belastung
• Berücksichtigung kognitiver und affektiver Variablen in der aCLT
• Zwei Kanäle im Informationsverarbeitungssystem, begrenzte Kapazität des
Arbeitsgedächtnisses und aktive Informationsverarbeitung bilden die
Grundannahmen der CTML und CATLM
• Weitere Annahmen der CATLM betreffen die Unterteilung des
Langzeitgedächtnisses, motivationale Faktoren, metakognitive Faktoren
und Lernercharakteristika
• Neben visueller und auditiver Informationsaufnahme zusätzliche
Berücksichtigung von taktiler, olfaktorischer und gustatorischer
Informationsaufnahme in der CATLM
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Prüfungsliteratur
• Rey, G. D. (2009). E-Learning. Theorien, Gestaltungsempfehlungen und
Forschung. Bern: Huber.
• Theorien – CLT (S. 36-49)
• Theorien – CTML (S. 49-60)
• Huk, T., & Ludwigs, S. (2009). Combining cognitive and affective
support in order to promote learning. Learning and Instruction, 19,
495-505.
• Mayer, R. E. (Ed.) (2014). The Cambridge handbook of multimedia
learning (2 ed.). Cambridge, MA: Cambridge University Press.
• Kapitel 3 (S. 43-71)
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Weiterführende Literatur I
• Sweller, J. (2005). Implications of cognitive load theory for
multimedia learning. In R. E. Mayer (Ed.), The Cambridge Handbook of
Multimedia Learning (pp. 19-30). Cambridge, MA: Cambridge
University Press.
• Beckmann, J. F. (2010). Taming a beast of burden - On some issues
with the conceptualisation and operationalisation of cognitive load.
Learning and Instruction, 20, 250-264.
• Paas, F., Van Gog, T., & Sweller, J. (2010). Cognitive load theory: New
conceptualizations, specifications, and integrated research
perspectives. Educational Psychology Review, 22, 115-121.
• de Jong, T. (2010). Cognitive load theory, educational research, and
instructional design: some food for thought. Instructional Science, 38,
105-134.
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Weiterführende Literatur II
• Kalyuga, S. (2011). Cognitive load theory: How many types of load does it
really need? Educational Psychology Review, 23, 1-19.
• Sweller, J. (2010). Element interactivity and intrinsic, extraneous, and
germane cognitive load. Educational Psychology Review, 22, 123-138.
• Mayer, R. E. (2005). Cognitive theory of multimedia learning. In R. E. Mayer
(Ed.), The Cambridge Handbook of Multimedia Learning (pp. 31-48).
Cambridge, MA: Cambridge University Press.
• Moreno, R. (2005). Instructional technology: Promise and pitfalls. In L.
Pytlikzillig, M. Bodvarsson & R. Bruning (Eds.), Technology-based education:
Bringing researchers and practitioners together (pp. 1-19). Greenwich, CT:
Information Age Publishing.
• Moreno, R., & Mayer, R. (2007). Interactive multimodal learning
environments: Special issue on interactive learning environments:
Contemporary issues and trends. Educational Psychology Review, 19, 309326.
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