Apotheke im Doppelpack

23.03.2016
SCHWEIZ
Apotheker erhalten größere Rx-Kompetenz
Freut sich über den Kompetenzzuwachs bei Rx-Arzneien: pharmaSuisse-Präsident
Fabia Vaucher sieht darin eine Stärkung der Rolle der Apotheker.
Berlin - In der Schweiz erhalten die Apotheker einen größeren Entscheidungsspielraum bei der Abgabe von Rx-Arzneimitteln auch ohne ärztliche Verordnung. Nach
zweijähriger Beratung haben jetzt National- und Ständerat eine entsprechende Änderung des Heilmittelgesetzes (HMG) beschlossen. Der schweizerische Apothekerverband pharmaSuisse begrüßt die erweiterten Kompetenzen der Apotheker. Die Versandapotheke Zur Rose kritisiert dagegen vehement die Einschränkungen beim
OTC-Versand.
Laut pharmaSuisse können Patienten in Zukunft „gewisse verschreibungspflichtige
Medikamente, für die es keine ärztliche Diagnose braucht, ohne Rezept in der Apotheke beziehen“. Diese individuelle, dokumentierte Medikation nach fachlicher Beratung durch den Apotheker stehe ganz im Dienste der Patienten- und Versorgungssicherheit.
Um welche Arzneimittel es sich dabei handelt, wird erst noch per Verordnung festgelegt. Laut pharmaSuisse gehe es dabei um „einfache und eindeutige Gesundheitsprobleme“, deren Medikation keine Fragen aufwirft. Schon heute können Schweizer
Apotheker „in Notfällen“ Rx-Arzneien ohne Rezept abgeben. Das geänderte HMG
erweitert nun den Entscheidungsspielraum der Apotheker. Seit 2012 ist zudem bei
leichten Erkrankungen in der Apotheker eine Erstberatung mit der Möglichkeit einer
Telekonsultation mit einem Arzt im Rahmen des Projekts „netCare“ möglich.
„Der Geist der kompetenzorientierten, interprofessionellen Zusammenarbeit in der
medizinischen Grundversorgung, wie er sich bereits in der Revision des Medizinalberufegesetzes (MedBG) niedergeschlagen hat, ist auch in der HMG-Revision zu spüren“, bilanziert pharmaSuisse-Präsident Fabian Vaucher. Die Novelle stärke zudem
die Rolle der Apotheker in der Grundversorgung weiter. Schweizer Apothekern mit
entsprechender Ausbildung ist bereits das Impfen erlaubt.
Offen ist allerdings noch, ob die Schweizer Apotheker für die neuen Leistungen honoriert werden. „In einem nächsten Schritt geht es nun darum, dass das Parlament
im Krankenversicherungsgesetz (KVG) zweckmässige, gezielte Anpassungen vornimmt“, fordert der pharmaSuisse-Präsident. Insbesondere bei präventiven Leistungen wie Impfungen sowie bei chronisch Kranken mit Betreuungsbedarf hinsichtlich
Therapietreue sei die Frage, wie die Leistungen der Apotheken abgegolten werden,
weiterhin offen.
Zudem stellt das geänderte HMG klar, dass der Versand von OTC-Arzneimittel wie
bei verschreibungspflichtigen Medikamenten nur bei Vorlage einer ärztlichen Verordnung erlaubt ist. Darin sieht die Schweizer Versandapotheke Zur Rose eine erhebliche Einschränkung. Damit habe sich die „Lobby der Ladenapotheker und Drogerien“
durchgesetzt. Zur Rose kritisiert die Rezeptpflicht als „schikanöse Voraussetzung“.
Die Geprellten seien die Patienten.
Zur Rose-Chef Walter Oberhänsli sagte dazu: „Absurd und ewiggestrig. Wenn das
geflügelte Wort vom Berg, der eine Maus geboren hat, je gestimmt hat, dann im Zusammenhang mit dieser Revision des Heilmittelgesetzes. Das neue Recht entspricht
über weite Strecken dem alten. Zu einer Modernisierung, die diesen Namen verdient,
ist es leider nicht gekommen.“
Falls gegen das geänderte HMG kein Referendum angestrengt wird, tritt die Änderung 2017 in Kraft.