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Research_Investitionen
Deutsche Bank_r e s u l t s
Leben wir von der Substanz?
Deutschlands Investitionen zählen zu den niedrigsten aller Industrieländer.
Bremst das das Wachstum? Eine neue Studie gibt differenzierte Antworten
FOTO: BERND ARNOLD/VISUM, INFOGRAFIKEN: PICFOUR
E
Gewebeherstellung im Ruhrgebiet: Die Textilbranche investiert
weniger am Standort Deutschland
ine wachsende Wirtschaft braucht Büros, Maschinen und
Software. Doch Deutschlands Unternehmen halten sich mit
solchen Investitionen zurück. Wirtschaftsexperten warnen
bereits vor einer „Investitionslücke“. Eine solche Lücke besagt, dass
wir deutlich mehr Produktivität, bessere Löhne und mehr Wachstum hätten, wenn investiert würde.
Während in der Diskussion meist nur die Gesamtentwicklung
beleuchtet wird, nimmt eine Studie von Deutsche Bank Research
jetzt die einzelnen Branchen unter die Lupe. Autor Eric Heymann
versteht die Besorgnis: „Es ist schon erstaunlich, dass die deutsche
Industrie in ihrer Heimat den Kapitalstock im langfristigen Vergleich nicht nur nicht ausgebaut, sondern sogar leicht verringert
hat.“ Heymanns Untersuchung ergibt aber ein differenziertes Bild.
Der Branchenvergleich illustriert grundsätzliche Verschiebungen
in der Wirtschaft. Branchen mit langfristig schlechten Aussichten
am Standort investieren weniger als Erfolgsbranchen wie die Automobilindustrie. Und Dienstleistungsbranchen stehen insgesamt
besser da – Indiz für deren steigende Bedeutung in der Zukunft.
Eine „Investitionslücke“ privater Unternehmen gibt es deshalb
(noch) nicht, glaubt der Analyst – sondern bisher nur ein Warnzeichen an die Politiker: „Wären die politischen Rahmenbedingungen
besser, würde die Privatwirtschaft mehr investieren.“
DIE STUDIE
Deutsche Bank Research: „Investitionen in Deutschland auf Branchenebene“, kostenlos downloadbar unter www.dbresearch.de
Veränderung des realen Nettoanlagevermögens in
Industrie- und Dienstleistungszweigen
2012 gegenüber 1995, Angaben in Prozent
Textil-, Bekleidungsindustrie, Leder,
Lederwaren, Schuhe
–57,7 %
Baustoffindustrie
–40,1 %
Papierindustrie
–25,1 %
Metallerzeugung/ Chemie-bearbeitung industrie
–18,1 %
–4,8 %
Verarbeitendes
Gewerbe
–1,6 %
Information,
Kommunikation
2,1 %
Metallerzeugnisse
2,4 %
Möbelindustrie,
sonstige
Waren
3,4 %
Dienstleister bauen aus
Der Vergleich der Branchen zeigt: Dienstleistungsunternehmen (blau)
steigern ihr Anlagevermögen deutlich, die Industrie baut dagegen ab.
Ohne die Pharma- und Automobilindustrie wäre die Durchschnittsentwicklung des verarbeitenden Gewerbes sogar noch deutlich schlechter.
Deutsche Bank_r e s u l t s
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Maschinen und Software
Grafik
13Steine und Beton
statt
Kapitalstock wird auf
Verschleiß gefahren
120
Das Anlagevermögen entwickelt sich in vielen Branchen
schlechter als die Produktion – ein gefährlicher Zustand.
100
Die Gesamtzahlen geben nur ein ungenaues Bild: Es wird
durchaus investiert, nur nicht in Gebäude. Kein einziger
industrieller Wirtschaftszweig hat den realen Wert seines
Gebäudebestands erhöht. Rechnet man das heraus,
sind die Zahlen deutlich positiver.
120
Veränderung 2012 gegenüber 1995 Angaben in %
Verarbeitendes Gewerbe: Reales Nettoanlagevermögen in Deutschland
Index 1995 = 100
80
100
Baustoffindustrie
100
QUELLE: STATISTISCHES BUNDESAMT
60
Papierindustrie
80
Metallerzeugung/
-bearbeitung
60
60
Grafik
14
Chemieindustrie
1995
Verarbeitendes
Gewerbe
2000
2005
2010 2012
200
–25
Nettoanlagevermögen, real
0
Dienstleistungsbereiche: Reales
Nettoanlagevermögen in Deutschland
Index 141995 = 100
Grafik
25
Inländische Produktion, real
QUELLE: STATISTISCHES BUNDESAMT, DEUTSCHE BANK RESEARCH
Wachstum ohne Kraft
Die Ausrüstungsinvestitionen in Deutschland
haben das Vorkrisenniveau von 2008 auch heute
noch nicht wieder erreicht.
Reale Ausrüstungsinvestitionen in
Deutschland
Index: 2010 = 100
QUELLE: STATISTISCHES BUNDESAMT
200
150
Großhandel
10,1 %
80
150
100
150
100
1995
2000
Ausrüstungen,
sonstige Anlagen
2005
gesamt
2010 2012
Bauten
100
120
100
80
Automobilindustrie 66,6 %
80
60
60
01.01.95
1995
Maschinenbau
10,5 %
Unternehmensdienstleister 87,7 %
100
Verkehr und
Lagerei 58,2 %
01.01.00
2000
DV-Geräte,
elektronische,
optische
Erzeugnisse
11,1 %
01.01.05
2005
Einzelhandel
24,0 %
01.01.10
2010
01.01.15
2015
Pharmaindustrie
26,9 %
Dienstleistungsbereiche
27,9 %
Industrie
Dienstleister