Presseinformation Dr. med. Axel Baumgarten Vorstand der Deutschen Arbeitsgemeinschaft niedergelassener Ärzte in der Versorgung HIV-Infizierter e.V. (dagnä) ___________________________________________________________________ München, im März 2016 Versorgungsstrukturen von HIV und Hepatitis in Deutschland: Wo sind wir gut, wo müssen wir besser werden? Die Bundesregierung arbeitet gegenwärtig an einer nationalen Strategie für HIV, Hepatitis und sexuell übertragbare Infektionen (STI). Ein solcher Aktionsplan, der Ziele und Maßnahmen definiert, ist eminent wichtig – HIV, Hepatitis und STI sind alles andere als medizinische Nischenthemen. Bei allem Erreichten: In Diagnostik, Prävention und Behandlung sind neue Wege mitunter notwendig. Sehr bewährt haben sich die Versorgungsstrukturen bei HIV/Aids: Betroffene werden in ganz Deutschland nach einheitlichen hohen Qualitätsstandards durch spezialisierte Ärzte betreut. Eine Qualitätssicherungsvereinbarung nach § 135 SGB V stellt Erfahrung und Qualifikation der Ärzte sicher, die Krankenkassen wiederum wissen, dass ihre Versicherten mit HIV/Aids von Experten betreut werden. Auch für die Schwerpunktpraxen gibt es Sicherheit, ihre Finanzierung ist gewährleistet. Der Erfolg dieser ambulanten Schwerpunktbehandlung zeigt sich etwa darin, dass sich die Aids-definierenden Erkrankungen unterproportional entwickelt haben – wohingegen die Anzahl der Menschen mit HIV in Deutschland zeitgleich insgesamt zugenommen hat. Die bestehenden Versorgungsstrukturen sind also medizinisch wie versorgungspolitisch state-of-the-art. Eine Ergänzung des klassischen Instrumentariums ist bei der Prävention sinnvoll: Die Prä-Expositionsprophylaxe (PrEP) als sehr effektive Präventionsmaßnahme sollte für Menschen mit hohem Infektionsrisiko zugelassen werden. Voraussetzung: Betroffene werden durch spezialisierte Ärzte intensiv betreut. Frankreich ist hier Vorbild. Aufholbedarf gibt es leider in der Versorgung von Menschen mit Hepatitis: Der hohe Aufwand für die Betreuung von Patienten mit chronischer Virushepatitis B, C, D und E und anderen Infektionserkrankungen ist in den Versorgungsstrukturen nur schlecht abgebildet. Eine ambulante Schwerpunktbildung nach dem Vorbild von HIV/Aids ist der richtige Schritt, um wirksam Abhilfe zu schaffen. Besonderer Behandlungsbedarf besteht bei der chronischen Hepatitis C. Zugleich gibt es hier konkrete Beispiele einer qualitätsgesicherten Optimierung der Behandlung: Durch Selektivverträge werden aktuell in einzelnen Kassenärztlichen Vereinigungen Anreize gesetzt, Betroffene vor, während und nach der Thera===== > Seite 2 pie durch Spezialisten an Qualitätsparametern orientiert zu behandeln. Solche Versorgungsprogramme mit einzelnen Krankenkassen können aber nur ein erster Schritt zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen sein. Eine rasche kollektivvertragliche Umsetzung ist notwendig, um allen Patienten eine leitliniengerechte Therapie zu ermöglichen. Die dagnä wird sich weiter für diesen Weg der Qualitätsorientierung einsetzen. Eine bisher öffentlich kaum diskutierte Frage betrifft die HIV-Schwerpunktärzte selbst: Woher kommen eigentlich die Infektiologen der Zukunft? 2013 waren bereits über 50 Prozent der Behandler über 50 Jahre alt. Europa macht es vor: Das Berufsbild des ambulant tätigen Infektiologen muss gestärkt werden, um den Nachwuchs zu interessieren und um die Versorgung von hochkomplexen Erkrankungen nachhaltig zu gewährleisten. Die bisherige Stärkung der Infektionsmedizin durch die Zusatzweiterbildung der Ärztekammern ist nicht ausreichend. Um die Versorgungserfordernisse der Zukunft zu decken, muss schnellstmöglich ein internistischer Schwerpunkt Infektiologie etabliert werden. (Es gilt das gesprochene Wort.) Die dagnä ist die zentrale Vertretung der HIV-Schwerpunktärzte und niedergelassenen Infektiologen. Sie setzt sich für die Optimierung einer qualitätsgesicherten Versorgung von Menschen mit HIV/Aids und anderen Infektionskrankheiten in Deutschland ein. ___________________________________________________________________ Dr. med. Axel Baumgarten, Facharzt für Allgemeinmedizin und Infektiologie, Berlin Vorstand der Deutschen Arbeitsgemeinschaft niedergelassener Ärzte in der Versorgung HIV-Infizierter e.V. (dagnä), Nürnberger Str. 16, 10789 Berlin, Tel.: 030 3980 193-0, Email: [email protected]
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