Zum Tätigkeitsbericht 2015 von Bundesbeauftragten Koschyk

Aus der Arbeit des Beauftragten der Bundesregierung
für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten
Hartmut Koschyk MdB
Tätigkeitsbericht 2015
Vorwort
Liebe Leserinnen und Leser,
es freut mich sehr, Ihnen nunmehr bereits zum zweiten Mal meinen Tätigkeitsbericht
als Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten vorlegen zu dürfen.
Das Jahr 2015 stand im Zeichen vieler runder Jahrestage zu erfreulichem, aber auch
traurigen Anlässen, aber stets geprägt von Mut für eine gute Zukunft.
Zum 70. Mal jährte sich der Beginn der Deportation von zivilen Deutschen vor allem
aus Südosteuropa, die als „menschliche Reparationen“ ab Januar 1945 zur Zwangsarbeit in die Sowjetunion verschickt wurden. 120.000 Deutsche waren davon betroffen;
ein Viertel von ihnen sollte nicht aus den Lagern zurückkehren. Diesem Ereignis wurde auf einer zentralen Gedenkfeier in Ulm gedacht, bei der auch der emeritierte Erzbischof von Freiburg, Dr. Robert Zollitsch, der 1944 im nordserbischen Filipova geboren
wurde und als Kind unter den Repressionen gegen die Deutschen Furchtbares erlitt,
eine ergreifende Rede über sein persönliches Schicksal hielt.
Aber auch in den jeweiligen Staaten selbst wurde der unschuldigen Opfer gedacht und
es wurden würdige Gedenkveranstaltungen durchgeführt, die vom Willen zur echten
und aufrichtigen Versöhnung geprägt waren.
Das Jahr 2015 hielt aber auch Erfreuliches bereit. Mit einem Festakt in SchleswigHolsteins Landesvertretung in Berlin wurde im Beisein der Außenminister Dänemarks und Deutschlands das 60-jährige Jubiläum der am 29. März 1955 unterzeichne-
ten Bonn-Kopenhagener-Erklärungen begangen. Diese beispielgebenden minderheitenpolitischen Dokumente bestätigen geltende Freiheitsrechte, besonders das freie
Bekenntnis zur jeweiligen Sprache und Kultur, und die Gleichbehandlung der Minderheiten. Dank dieser im Geiste von guter Nachbarschaft und echter Freundschaft
gelebten Minderheitenpolitik ist das deutsch-dänische Grenzgebiet heute eine Musterregion des Minderheitenschutzes, in das teilweise von weit her immer wieder wissenschaftlich Interessierte und politisch Verantwortliche zum Studium der dortigen
reichen Erfahrungen auf diesem Gebiet reisen.
Der Deutsche Bundestag hat im Bundeshaushalt 2016 für die Sanierung des historischen Packhauses in Flensburg insgesamt 600.000 Euro zur Verfügung gestellt und
damit die Grundlage dafür gelegt, dass das von der Dänischen Minderheit in Deutschland (Sydslesvig Forening) gemeinsam mit der Föderalistischen Union Europäischer
Volksgruppen (FUEV) geplante „Haus der Minderheiten Europas“ dort künftig eine
angemessene Heimstatt finden kann. Für die dänischen Südschleswiger wurde 1965 in
Anwesenheit des damaligen Bundeskanzlers Prof. Dr. Ludwig Erhard der erste Beratende Ausschuss für eine nationale Minderheit eingerichtet, in dem Vertreter der
Minderheiten mit Bundes- und Landespolitikern zur Erörterung anstehender Fragen
zusammenkommen. In Gegenwart des Bundestagspräsidenten Prof. Dr. Norbert
Lammert, des Botschafters des Königreichs Dänemarks, des Präsident des SchleswigHolsteinischen Landtags und den Mitgliedern des Beratenden Ausschusses wurde 50
Jahre später auf den Tag genau am 1. Juli 2015 dieses Ereignis im Rahmen eines kleinen Festaktes gewürdigt.
Am 18. März 2015 fand die konstituierende Sitzung des Beratenden Ausschusses für
die Deutschen Sinti und Roma in Berlin statt Bundesinnenminister Dr. Thomas de
Maizière hat die Sitzung persönlich eröffnet. Ich bin sehr froh, dass wir mit der Einrichtung dieses wichtigen Gremiums nunmehr für alle vier nationalen Minderheiten
über ein solches Beratungs- und Koordinierungsgremium verfügen.
Mit einer auf fünf Jahre verteilten Million Euro Projektförderung wird ab 2016 das
Russlanddeutsche Museum in Detmold erstmalig aus dem Bundeshaushalt unterstützt, wo bereits Beachtliches auf der Basis privaten Engagements geleistet worden
ist. Dies ist ein wichtiger Schritt in Richtung einer institutionellen Bundesförderung
dieser zentralen musealen Einrichtung, mit der die Geschichte und Kultur der deutschen Minderheiten aus den Nachfolgestaaten der Sowjetunion für die breite Allgemeinheit plastisch und eindrucksvoll greifbar gemacht werden.
Die Integration der Aussiedler, die seit dem Epochenjahr 1989/1990 verstärkt in die
Bundesrepublik Deutschland gekommen sind, ist insgesamt eindeutig eine Erfolgsgeschichte, wovon nicht nur große Namen wie Helene Fischer oder Miroslaw Klose zeugen, sondern etwa auch eine unter dem Durchschnitt der Gesamtbevölkerung liegende Arbeitslosigkeit sowie gute Schul- und Ausbildungsabschlüsse der jüngeren Generation. Nichtsdestotrotz muss ein Nachholbedarf bei der Anerkennung in der früheren Heimat erworbener Berufsabschlüsse konstatiert werden In der Vergangenheit
wurde hier zu viel wertvolles Potenzial verschenkt. Gemeinsam mit dem Parlamentarischen Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung, Stephan
Müller, habe ich hierzu ein erstes Fachgespräch mit Vertreterinnen und Vertretern
zuständiger Behörden, Fachexperten und Verbänden geführt.
Mit der Errichtung und personellen Ausstattung der Koordinierungsstelle der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Minderheiten in Europa (AGDM) im Bundeshaus in Berlin
wurden die deutschen Minderheiten in Europa im Sommer 2015 fest in der Hauptstadt Deutschlands etabliert. Im November folgte die Jahrestagung der AGDM in Berlin, bei der ich die führenden Repräsentanten der Selbstorganisationen der deutschen
Minderheiten in fruchtbaren Informations- und Gedankenaustauschen mit führenden Repräsentanten der bundesdeutschen Politik u.a. mit Bundesaußenminister Dr.
Frank-Walter Steinmeier, zusammengebracht habe.
Im Rahmen der AGDM-Jahrestagung fand eine hochkarätig besetzte Veranstaltung im
Bundesministerium des Innern statt. Unter dem Motto "Heimat – Identität – Glaube"
hatte ich gemeinsam mit dem Bundesminister des Innern, Dr. Thomas de Maizière,
MdB, zu einer Veranstaltung mit Repräsentanten der Aussiedler in Deutschland, der
nationalen Minderheiten in Deutschland, der deutschen Minderheiten in Europa und
den GUS-Staaten, sowie Vertretern aus Politik, Wirtschaft, der Kirchen, des Sports und
der Kultur eingeladen.
Mochte jemand diesen Veranstaltungstitel als nicht mehr zeitgemäß betrachten, wurde er spätestens durch die große Resonanz in der Öffentlichkeit vom Gegenteil überzeugt. Als Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten lege ich in meiner Arbeit immer einen Schwerpunkt auf den Dreiklang von
Heimat – Identität – Glaube. Fehlt einer dieser Laute, geht die ganze Harmonie verloren.
Ich wünsche eine anregende Lektüre meines Tätigkeitsberichts.
Mit freundlichen Grüßen
Hartmut Koschyk MdB
Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten
Inhaltsverzeichnis
Vorwort ....................................................................................................................................................................... 2
1.
Grundlagen der Aussiedler- und Minderheitenpolitik......................................................... 17
1.1.
Poltische Gespräche mit Bundesminister Dr. Müller und dem chinesischen
Botschafter S.E. Herrn Shi Mingde ................................................................................................ 17
1.2.
Zu Gast bei der Benediktiner-Abtei Maria Laach und Unterstützung für das
Roma-Hilfsprojekt Habeš in Sečovce in Slowakei ................................................................. 19
1.3.
Meinungs- und Informationsaustausch mit dem Bundesvorsitzenden der
Jungen Union, Paul Ziemiak, im BMI .......................................................................................... 21
1.4.
43. Christlicher Europatag zum Thema "Volksgruppen und Regionen - Auslaufoder Zukunftsmodell" ......................................................................................................................... 23
1.5.
AG-Vertriebene trifft Polen-Beauftragten Ministerpräsident Woidke......................... 24
1.6.
Bundesregierung gedenkt Opfern von Flucht und Vertreibung...................................... 26
1.7.
Junger Russlanddeutscher verantwortet internationale Arbeit des RCDS ................. 27
1.8.
IPS-Stipendiaten des Deutschen Bundestages zu Besuch im BMI .................................. 28
1.9.
Gedenkveranstaltung "65 Jahre Wiesbadener Abkommen" zur deutschtschechischen Verständigung und Versöhnung nach dem Zweiten Weltkrieg ...... 30
1.10. Gemeinsames Interview mit Innenminister Dr. Thomas de Maizière zum
Gedenktag der Opfer von Flucht und Vertreibung ............................................................... 33
1.11. Tag der offenen Tür 2015 ein voller Erfolg ................................................................................. 38
1.12. Gespräch mit ifa-Generalsekretär Grätz zur strategischen Zusammenarbeit ........... 40
1.13. Veranstaltung „Die Entwicklung der deutschen Minderheiten in Mittel- und
Osteuropa seit 1980/90“ des Landesverbandes Sachsen des Vereins für
Deutsche Kulturbeziehungen im Ausland e. V. (VDA) ......................................................... 42
1.14. Große Erfolge für Vertriebene, Aussiedler und nationale Minderheiten bei den
Haushaltsberatungen ........................................................................................................................... 43
1.15. Veranstaltung „Heimat-Identität-Glaube“ mit Bundesinnenminister Dr.
Thomas de Maizière MdB .................................................................................................................. 46
1.16. Innenausschuss des Deutschen Bundestages befasst sich mit den
Tätigkeitsschwerpunkten des Bundesbeauftragten und Antiziganismus in
Deutschland ............................................................................................................................................. 49
1.17. Meinungs- und Informationsaustausch mit dem Apostolischen Nuntius, S.E.
Erzbischof Dr. Nikola Eterović ........................................................................................................ 51
2.
Nationale Minderheiten in Deutschland..................................................................................... 52
2.1.
Intensive Beratungen mit dem Minderheitenrat zum künftigen Haus der
Minderheiten in Flensburg ............................................................................................................... 52
2.2.
Bundesinnenminister de Maizière konstituiert Beratenden Ausschuss für die
deutschen Sinti und Roma ................................................................................................................ 53
2.3.
60 Jahre Bonn-Kopenhagener-Erklärung ................................................................................... 55
2.4.
Interview mit deutschland.de zum Thema Regional- und
Minderheitensprachen in Deutschland ...................................................................................... 58
2.5.
Vorstellung des Kommentars zum Rahmenübereinkommen des Europarates
zum Schutz nationaler Minderheiten .......................................................................................... 61
2.6.
Beratungen über das Haus der Minderheiten in Flensburg ............................................... 62
2.7.
Vertreter der vier autochthonen nationalen Minderheiten in Deutschland zu
Gast im Innenausschuss des Deutschen Bundestages ......................................................... 63
2.8.
Beratender Ausschuss für die Angelegenheiten des Sorbischen Volkes tagt in
Berlin ........................................................................................................................................................... 64
2.9.
Beratender Ausschuss für Niederdeutsch tagt im BMI......................................................... 65
2.10. 50 Jahre Beratender Ausschuss für Fragen der dänischen Minderheit beim BMI ... 67
2.11. Startschuss für die AGDM-Koordinierungsstelle in Berlin ................................................ 71
2.12. 10-jähriges Jubiläum des Minderheitenrates und Minderheitensekretariats ............ 72
2.13. Zentralratsvorsitzender der Sinti und Roma, Romani Rose, bei Interkultureller
Woche in Bayreuth ............................................................................................................................... 74
2.14. Implementierungskonferenz 2015 ................................................................................................. 77
2.15. 50-jähriges Jubiläum des Nordfriisk Instituut in Bredstedt ............................................... 78
2.16. Beratender Ausschusses für die Angelegenheiten der Friesischen Volksgruppe ..... 80
3.
Deutsche Minderheiten im Ausland.............................................................................................. 82
3.1.
Im Gespräch mit dem ukrainischen Außenminister Pavlo Klimkin ............................. 82
3.2.
Politische Gespräche in Budapest und Teilnahme am zentralen Gedenktag zur
Erinnerung an die Vertreibung und Verschleppung der Ungarndeutschen in
Bogdan/ Dunabogdány ....................................................................................................................... 84
3.3.
Treffen mit den Minderheiten-Sachverständigen des Europarates ............................... 88
3.4.
Im Gespräch mit der AGMO .............................................................................................................. 90
3.5.
Kasachstan will "seine Deutschen" auch als "Wirtschaftsbrücke" nutzen ................... 91
3.6.
Deutsche Minderheit in Kasachstan kann weiter mit deutscher Unterstützung
rechnen ....................................................................................................................................................... 93
3.7.
Barinow neu ernannter Leiter der russischen Föderalen Agentur für
Nationalitätenangelegenheiten ...................................................................................................... 95
3.8.
Grußwort anlässlich der Eröffnung der ersten deutsch-polnischen
Fußballschule in Chronstau/Polen ............................................................................................... 96
3.9.
Deutsch-Russisches Haus in Barnaul kann seine Arbeit fortsetzen ............................... 97
3.10. Die deutsche Minderheit als "Brückenbauer" zwischen Deutschland und
Russland ..................................................................................................................................................... 99
3.11. Deutschland wird die Ukraine-Deutschen weiterhin unterstützen............................ 105
3.12. Rede bei der Ungarischen Vereinigung Berlin e.V. .............................................................. 107
3.13. Deutsch-Polnischer Runder Tisch in Warschau mit neuer Dynamik ........................ 108
3.14. Zusammenarbeit mit Kasachstan auf gutem Weg ............................................................... 111
3.15. Bundesaußenminister Steinmeier besucht Rumänien im Gedenken an 70 Jahre
Deportation der Rumäniendeutschen in die ehemalige Sowjetunion ...................... 113
3.16. Meinungsaustausch mit dem Ministerpräsidenten der Deutschsprachigen
Gemeinschaft Belgiens ..................................................................................................................... 119
3.17. Gespräch mit Polnisch-Deutscher Parlamentariergruppe .............................................. 121
3.18. Ausstellung "Deutsche in der Geschichte Kirgisistans" ..................................................... 122
3.19. Im Gespräch mit Dietrich Brauer, Erzbischof der Evangelisch-Lutherischen
Kirche in Russland.............................................................................................................................. 123
3.20. Im Gespräch mit dem stellvertretenden russischen Kulturminister Schurawski 125
3.21. Interview mit der Moskauer Deutsche Zeitung .................................................................... 126
3.22. Feierliche Namensverleihung „Johann Wolfgang von Goethe“ an die bilinguale
Schule der Bildungsgesellschaft Cosel-Rogau ...................................................................... 130
3.23. Fachveranstaltung des Evangelischen Freundeskreises Siebenbürgen, der
Gemeinschaft evangelischer Siebenbürger Sachsen und der Evangelischen
Kirche A.B. in Rumänien ................................................................................................................. 133
3.24. Sitzung der Assemblee des Volkes Kasachstans .................................................................... 134
3.25. Südtirol ist entscheidender Impulsgeber in Fragen des Minderheitenschutzes ... 137
3.26. Ukrainisches Ministerkabinett löst Amt des Regierungsbeauftragten für
ethnonationale Politik auf.............................................................................................................. 139
3.27. FUEV-Kongress 2015 in Komotini/Griechenland ............................................................... 141
3.28. Gemeinsames Gespräch mit Parlamentarischem Staatssekretär Dr. Günter
Krings MdB und Vertretern des DFDR und der KAS ......................................................... 144
3.29. Informationsaustausch zu Fragen der deutschen Minderheit in Polen mit VdGVorsitzendem Gaida .......................................................................................................................... 146
3.30. Stabwechsel bei der der Sozial-Kulturellen Gesellschaft der Deutschen im
Oppelner Schlesien - Nachfolger von Norbert Rasch ist Rafał Bartek ...................... 148
3.31. Wissenschaftliche Konferenz des VdG auf dem St. Annaberg ....................................... 149
3.32. Heimattage der Deutschen im Banat vom 29. bis 31. Mai 2015 in Temeswar ........ 151
3.33. Unterausschuss für Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik zur Hilfenpolitik
der Bundesregierung für deutsche Minderheiten............................................................... 154
3.34. Spitze der Deutschen Minderheit in Polen und im Oppelner Land zu Gast im
Deutschen Bundestag ....................................................................................................................... 156
3.35. Deutschlandtreffen der Schlesier ................................................................................................. 157
3.36. Ausbau der Kooperation zwischen Deutschland und Österreich beim
Minderheitenschutz .......................................................................................................................... 158
3.37. Im Gespräch mit der Verbandsspitze des Rates der Deutschen in der Ukraine
und den Vorsitzenden der regionalen Verbände der Deutschen Minderheit ....... 160
3.38. Vor-Ort-Gespräche in Transkarpatien ...................................................................................... 161
3.39. Gespräch mit Regierungsvertretern und Parlamentariern der Slowakischen
Republik in Pressburg/Bratislava................................................................................................ 163
3.40. Treffen mit dem ehemaligen slowakischen Staatspräsident Rudolf Schuster ....... 165
3.41. Impressionen vom 20. Kultur- und Begegnungsfest der Karpatendeutschen in
Käsmark .................................................................................................................................................. 167
3.42. Gaida und Galla werden mit dem Verdienstorden der Bundesrepublik
Deutschland ausgezeichnet ........................................................................................................... 169
3.43. Deutschsprachige Gemeinschaft in Belgien erfolgreichstes Modell für
modernen Minderheitenschutzes in Europa......................................................................... 170
3.44. Im Gespräch mit Vertretern der deutschen Minderheit zur Ausarbeitung der
Schwerpunkte für das Jahr 2015 .................................................................................................. 172
3.45. Neues ifa Büro in Temeswar/Rumänien .................................................................................. 173
3.46. Fachkonferenz der Konrad Adenauer Stiftung "Minderheiten in Europa Herausforderungen und Perspektiven" in Temeswar....................................................... 175
3.47. Informationsaustausch zur Jugendförderung, Sprachbildung, Traditionspflege
und Glaubensfragen in Nordmähren ........................................................................................ 177
3.48. 18. Sitzung der Deutsch-Rumänischen Regierungskonferenz für die
Angelegenheiten der deutschen Minderheit in Rumänien ............................................ 180
3.49. Bildungsstrategie der Deutschen Minderheit bleibt Topthema des deutschpolnischen Runden Tisches ........................................................................................................... 182
3.50. Abkommen der West-Universität Temeswar mit der Hochschule Karlsruhe und
Besuch von Sanktanna gemeinsam mit dem baden-württembergischen
Innenminister, Reinhold Gall MdL ............................................................................................ 184
3.51. Feierliche Segnung der restaurierten Wallfahrtsbasilika Maria Radna ..................... 186
3.52. Im Gespräch mit der Wirtschaftsstiftung BANATIA und Besuch der Gemeinden
Großsanktnikolaus und Tschanad ............................................................................................. 189
3.53. Nitzkydorf feiert 230. Gemeindejubiläum ............................................................................... 192
3.54. Besuch des Banater Berglandes, Rumänien ............................................................................ 194
3.55. Kolping als Vorreiter der dualen Ausbildung im Tourismus in Rumänien ............. 196
3.56. Besuch der historischen Tempelanlagen Sarmisegedusa, Rumänien ........................ 197
3.57. Im Gespräch mit Erzbischof Jakubinyi im Bistum Alba Iulia ......................................... 198
3.58. Deutscher Automobilzulieferer auf Erfolgskurs ................................................................... 199
3.59. Restauration des Pfarrhauses in Wurmloch ........................................................................... 201
3.60. Im Gespräch mit dem siebenbürgischen Pfarrer und Schriftsteller Eginald
Schlattner ............................................................................................................................................... 202
3.61. Besuch in Mediasch/Siebenbürgen ............................................................................................. 203
3.62. Hermannstadt: Ein Kinderhospiz entsteht .............................................................................. 204
3.63. Haferlandwoche 2015 ........................................................................................................................ 206
3.64. Eröffnung der deutschen Fußballschule in Kroschnitz/Polen ...................................... 210
3.65. Besuch der Stadt Eger/Cheb ........................................................................................................... 212
3.66. Treffen mit Vertretern der Deutschen Minderheit in der Deutschen Botschaft,
Prag ............................................................................................................................................................ 214
3.67. 25-jähriges Jubiläum der Gebietsgesellschaft der Deutschen "Wiedergeburt"
Pawlodar ................................................................................................................................................. 217
3.68. Interview zur Lage der deutschen Minderheit in der Ukraine ....................................... 219
3.69. 250-Jahrfeier der deutschen Gemeinde Billed im Banat................................................... 220
3.70. 10. Deutsch-Kirgisische Regierungskommission in Berlin .............................................. 223
3.71. Antrittsbesuch bei der AGDM-Koordinierungsstelle in Berlin ..................................... 228
3.72. Denkmal für die 1945 hingerichteten sudetendeutschen Bürger in
Spindlermühle/Špindlerův Mlý .................................................................................................. 229
3.73. Deutsch-Usbekische Regierungskommission erfolgreich abgeschlossen ................ 230
3.74. 20-Jahre ifa-Entsendeprogramm ................................................................................................. 233
3.75. Deutschsprachiger Kindergarten „Kinderwelt“ in Temeswar feiert sein 15jähriges Jubiläum ................................................................................................................................ 234
3.76. II. Festival der deutschen Kultur im Hultschiner Ländchen vom 15. bis 19.
September 2015 ................................................................................................................................... 236
3.77. Diskussion mit deutsch-ukrainischer Jugendgruppe im Bundesministerium des
Innern....................................................................................................................................................... 238
3.78. V. Kulturfestival der Deutschen Minderheit in Polen ein voller Erfolg ..................... 239
3.79. Kulturelle Großveranstaltung der Landesversammlung der Deutschen in
Böhmen, Mähren und Schlesien im Kulturzentrum Novodvorská ........................... 242
3.80. 13. Sitzung der Deutsch-Kasachischen Regierungskommission .................................. 245
3.81. Deutsches Unternehmerengagement in Kasachstan ......................................................... 251
3.82. Im Gespräch mit Angehörigen der deutschen Minderheit in Usun-Agasch und
Kaskelen .................................................................................................................................................. 253
3.83. Informationsaustausch mit den Regionalvorsitzenden der Assoziation der
gesellschaftlichen Vereinigungen der Deutschen Kasachstans 'Wiedergeburt"
und dem Akim von Almaty, Bauirschan Bajbek .................................................................. 256
3.84. Arbeitsgespräch mit dem ukrainischen Botschafter, S.E. Dr. Andrij Melnyk ......... 258
3.85. Ryzsard Galla erneut für die Deutsche Minderheit im polnischen Sejm .................. 260
3.86. Antrittsbesuch von Emil Hurezeanu, Botschafter der Republik Rumänien in
Berlin ........................................................................................................................................................ 261
3.87. Deutscher Minderheit in Polen und ostdeutschen Landsmannschaften im
Gespräch ................................................................................................................................................. 262
3.88. Web 3.0 & Mutimediale Vernetzung: Neue Perspektiven und
Herausforderungen für deutsche Medienmacher in MOE, SOE und GUS.............. 264
3.89. Innenminister Reinhold Gall MdL empfängt Vertreter deutscher Minderheiten
in der Landesvertretung Baden-Württemberg..................................................................... 267
3.90. Empfang für AGDM in der Botschaft Ungarns...................................................................... 269
3.91. Fruchtbarer Gesprächsaustausch der AGDM mit Haushaltsberichterstattern für
das Innenministerium und das Auswärtige Amt ................................................................ 271
3.92. AGDM im Gespräch mit BKM-Gruppenleiter Ansgar Hollah ........................................ 274
3.93. Intensive Diskussion über deutsches Auslandsschulwesen auf der AGDMJahrestagung.......................................................................................................................................... 276
3.94. Arbeitsgemeinschaft Deutscher Minderheiten zu Gast beim Vizepräsidenten
des Deutschen Bundestages ........................................................................................................... 277
3.95. Arbeitsgemeinschaft Deutscher Minderheiten im Gespräch mit der OttoBenecke-Stiftung ................................................................................................................................ 278
3.96. AGDM & ifa treffen Bundesaußenminister Dr. Frank-Walter Steinmeier ............... 279
3.97. Gespräch mit dem Generalsekretär des Verbandes der altösterreichischen
Landsmannschaften in Österreich, Norbert Kapeller ....................................................... 282
3.98. Pater Berno Rupp SDS erhält Bundesverdienstkreuz ........................................................ 283
3.99. Antrittsbesuch des neuen Botschafters der Republik Ungarn in Berlin, S.E. Dr.
Peter Györkös ....................................................................................................................................... 284
3.100. Besuch der Delegation der Kommission des rumänischen Parlaments für die
Auslandsrumänen .............................................................................................................................. 286
3.101. Besuch von S.E. Dr. phil. habil. Andrzej Czaja, Bischof von Oppeln/Opole, in
Berlin ........................................................................................................................................................ 287
3.102. Im Dialog mit jungen Politiker, Wissenschaftlern und Journalisten aus der
Ukraine und der Republik Moldau............................................................................................. 289
3.103. Meinungs- und Informationsaustausch mit Vertretern der deutschen
Minderheit nach der Parlamentswahl in Polen ................................................................... 290
3.104. Im Gespräch mit dem kirgisischen Botschafter Otorbaev ............................................... 292
3.105. Wiederaufnahme der Arbeit der deutsch-russischen Regierungskommission ..... 293
4.
Spätaussiedler und Vertriebene .................................................................................................... 296
4.1.
THW leistet einen wichtigen Beitrag zur Aussiedlerintegration .................................. 296
4.2.
Im Gespräch mit dem Sprecher der Landsmannschaft Ostpreußen .......................... 297
4.3.
In Erinnerung an das Deportations-Schicksal der Deutschen aus Südosteuropa
vor 70 Jahren ......................................................................................................................................... 298
4.4.
Gedenkfeier der Sudetendeutschen Landsmannschaft zum Tag des
Selbstbestimmungsrechts in Stuttgart ..................................................................................... 300
4.5.
Rede beim Berliner Landesverband der Vertriebenen e.V. .............................................. 301
4.6.
Tag der Wirtschaft Kasachstans in Frankfurt am Main ..................................................... 302
4.7.
Einladung des Vereins Freundschaft-Druschba e. V. im Landkreis Lippe ................ 303
4.8.
Im Gespräch mit Helene Fischer im Deutschen Bundestag ............................................ 305
4.9.
Jahresempfang des Bundes der Vertriebenen mit Bundeskanzlerin Dr. Angela
Merkel ...................................................................................................................................................... 307
4.10. Informationsaustausch mit Stephan Rauhut im BMI ........................................................ 309
4.11. BdV-Präsident Fabritius MdB feiert 50. Geburtstag ............................................................ 310
4.12. Prof. Dr. Manfred Kittel wird mit dem Menschenrechtspreis der
Sudetendeutschen Landsmannschaft ausgezeichnet ........................................................ 311
4.13. 66. Sudetendeutscher Tag in Augsburg ..................................................................................... 313
4.14. 66. Heimattreffen der Deutschhauser und Mauzendorfer am 6. Juni 2015 in
Lichtenfels .............................................................................................................................................. 314
4.15. Erzbischof Brauer beim Evangelischen Kirchentag in Stuttgart ................................... 315
4.16. Gewinner des Wettbewerbs „Lebendige Brücken“ .............................................................. 316
4.17. Bundesinnenminister trifft BdV-Präsident Fabritius ........................................................ 317
4.18. Im Gespräch mit dem Vorsitzenden der Landsmannschaft und des Hilfswerkes
der Banater Schwaben ...................................................................................................................... 318
4.19. Spätaussiedlerbeirat tagt in Berlin............................................................................................... 320
4.20. Im Gespräch mit dem Bundesvorsitzenden der Landsmannschaft der
Oberschlesier, Klaus Plaszczek ..................................................................................................... 321
4.21. Bundesverwaltungsamt veröffentlicht Jahresstatistik 2014 über „Spätaussiedler
und ihre Angehörigen“ .................................................................................................................... 323
4.22. 32. Bundestreffen der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland ..................... 324
4.23. Egerlandtag im Egerland-Kulturhaus in Marktredwitz .................................................... 325
4.24. Grundsatzurteil zum Bundesvertriebenengesetz zur Frage der sog.
"Höherstufung" .................................................................................................................................... 326
4.25. Engagement für Integration für zugewanderte Neubürger in Goslar ........................ 327
4.26. Gedenken an Herbert Hupka zum 100. Geburtstag............................................................. 329
4.27. Besuch mit Bundesinnenminister Dr. Thomas de Maizière im
Grenzdurchgangslager Friedland................................................................................................ 331
4.28. Tag der Heimat 2015 in Leverkusen ........................................................................................... 333
4.29. Besuch des Oberschlesischen Landesmuseums in Ratingen .......................................... 335
4.30. Begegnungstag für Aussiedler der ev. luth. Landeskirche Sachsens in
Schneeberg am 12.9.2015 ................................................................................................................ 337
4.31. "Ostdeutscher Markttag" am Tag der Heimat 2015 in Bonn ........................................... 339
4.32. Filmpremiere "Poka – Heißt Tschüss auf Russisch" in Berlin ........................................ 340
4.33. Anerkennung der Berufsabschlüsse von Aussiedlern weiterhin auf der
politischen Tagesordnung .............................................................................................................. 342
4.34. Tag der neuen Heimat in der Düsseldorfer Staatskanzlei ................................................ 349
4.35. Podiumsdiskussion der Deutschen Gesellschaft e.V. bei der Veranstaltung „70
Jahre nach Kriegsende - Russlanddeutsche gestern und heute“ .................................. 352
4.36. Zum 100. Geburtstag von Dr. Herbert Hupka ........................................................................ 354
4.37. Treffen im Sudetendeutschen Haus in München mit dem Sprecher der
Sudetendeutschen Volksgruppe und dem Bundesvorsitzenden der
Sudetendeutschen Landsmannschaft ....................................................................................... 356
5.
Weiterführende Informationen ................................................................................................... 359
Impressum ............................................................................................................................................................ 360
1. Grundlagen der Aussiedler- und Minderheitenpolitik
1.1.
Poltische Gespräche mit Bundesminister Dr. Müller und
dem chinesischen Botschafter S.E. Herrn Shi Mingde
Gemeinsam mit dem Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Dr. Gerd Müller, habe ich Ende Januar 2015 den außerordentlichen und bevollmächtigten Botschafter der Volksrepublik (VR) China in der Bundesrepublik
Deutschland, S.E. Herrn Shi Mingde, getroffen, um über aktuelle politische Fragen in
den bilateralen Beziehungen zu sprechen.
v.l.n.r.: BA Hartmut Koschyk MdB, BM Dr.
Gerd Müller MdB, S.E. Herrn Shi Mingde,
Außerordentlicher und Bevollmächtigter
Botschafter der Volksrepublik China in der
Bundesrepublik Deutschland, Botschaftsrat Weige Zhu
Quelle: BMI
Bundesminister Müller besuchte im Oktober vergangenen Jahres die VR China zu politischen Gesprächen. Ich hatte während des Peking-Aufenthalts den Bundesminister
für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Dr. Gerd Müller, bei dessen
Begegnung mit dem chinesischen Handelsminister Hucheng Gao begleitet. Dabei vereinbarten beide Minister eine Kommission mit leitenden Beamten beider Ministerien,
welche Vorschläge für eine neue Ausrichtung der Zusammenarbeit beider Länder im
Bereich der wirtschaftlichen Zusammenarbeit erarbeiten soll.
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Schwerpunkt der deutsch-chinesischen Zusammenarbeit in dieser Hinsicht sollen die
Themen Klimaschutz, Welternährung und nachhaltige urbane sowie ländliche Entwicklung bilden. Bereits im Vorfeld des Besuches von Bundesminister Müller in der
VR China hatten er und sein chinesischer Amtskollege bei den deutsch-chinesischen
Konsultationen in Berlin ein Abkommen unterzeichnet, das eine neue Partnerschaft
mit China im Bereich globaler Zukunftsherausforderungen vorsieht.
Während meines Besuches in Peking hatte ich mit dem Vizeminister der Kommission
des Chinesischen Staatsrates für nationale Minderheiten, Li Zhao, ein ausführliches
Gespräch zur Minderheitenpolitik in Deutschland und der VR China geführt. Dabei
diskutierte man auch das Spannungsfeld von weitreichender Teilhabe und Entfaltung
nationaler Minderheiten in Staat und Gesellschaft einerseits und einem entsprechenden Loyalitätsverhältnis der Minderheiten gegenüber Staat und Gesellschaft andererseits. Zum Abschluss der Begegnung wurde ein gegenseitiger Besuchsaustausch vereinbart, um in Minderheitenfragen intensiver zusammen zu arbeiten. Es herrschte
Übereinstimmung hinsichtlich der präventiven Wirkung einer umfassenden Minderheitenpolitik sowohl für ein friedliches innerstaatliches Zusammenleben als auch für
ein gutnachbarschaftliches Verhältnis zwischen den Staaten, die von wechselseitigen
Minderheitenfragen betroffen sind.
Im Nachgang zu dem Besuch von Bundesminister Dr. Müller und meinem Besuch in
der VR China tauschte man sich über Fortschritte bei der Umsetzung der im Oktober
vergangenen Jahres getroffenen Vereinbarungen aus. Die VR China hat eine beachtliche wirtschaftliche Entwicklung vorzuweisen. Ökologische und soziale Fragen werden deshalb für eine nachhaltige Entwicklung immer wichtiger. Hier will Deutschland
eng mit der VR China zusammenarbeiten und neue Innovationspartnerschaften beim
Klimaschutz, in der Umwelt- und Energietechnik, aber auch in der Ernährungssicherung ausloten. Für das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung ist die neue Rolle der VR China als globaler Entwicklungspartner Chance
und Herausforderung zugleich. Chinas entwicklungspolitisches Engagement kann die
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Bemühungen zur Erreichung der globalen Entwicklungsziele voranbringen und hierbei neue Perspektiven eröffnen. Daher kommt es darauf an, dass die VR China zukünftig noch stärker in die Lösung globaler Entwicklungsfragen und in internationale
Verantwortungssysteme eingebunden wird.
Hinsichtlich der Minderheitensituation und Minderheitenpolitik in beiden Ländern
sind sowohl Parallelen als auch Unterschiede erkennbar. So verfügt die VR China über
55 ethnische Minderheiten neben der hanchinesischen Mehrheitsbevölkerung. In
Deutschland sind 4 nationale Minderheiten und die Sprechergruppe der Niederdeutschen anerkannt. Die chinesische Minderheitenpolitik ist von den Verfassungs- und
Gesetzesvorgaben der VR China bestimmt, die deutsche Minderheitenpolitik basiert
auf den Vorgaben der zwei minderheitenrechtlichen Vereinbarungen des Europarates,
deren Einhaltung von den zuständigen Institutionen des Europarates überwacht wird.
Übereinstimmungen gibt es in den Förderinstrumenten, was die Wahrung von Sprache, Kultur und Traditionen nationaler Minderheiten in beiden Staaten anbelangt. In
China gibt es eine sehr ausgeprägte und lange Tradition der Erforschung der angestammten ethnischen Minderheiten, in Deutschland ist dieser Forschungsbereich eher bescheiden entwickelt.
1.2.
Zu Gast bei der Benediktiner-Abtei Maria Laach und Unterstützung für das Roma-Hilfsprojekt Habeš in Sečovce
in Slowakei
Bei meinem Besuch der Benediktiner-Abtei Maria Laach Ende Februar 2015 habe ich
den Einsatz der Ordensgemeinschaft und der Kölner Obdachlosen-Initiative “Kellerladen” für die Roma-Siedlung Habeš in Sečovce in der Slowakei gewürdigt und sagte
meine weitere nachhaltige Unterstützung für das Projekt zu.
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Lubo Baca,Verein „Freundschaft“
in Sečovce, Martin Köller
,Vorstandsmitglied des Vereins
“Kellerladen”, Jan Pavlovcak,
Verein „Freundschaft“ in Sečovce,
Frater Lukas Ruegenberg, der
Bürgermeister von Sečovce Jozef
Gamrát´, Bundesbeauftragter
Hartmut Koschyk MdB und und
Michael Lingenthal vom Verein
“Kellerladen” Köln
Quelle: BMI
Ich war durch den Präsidenten des Zentralrats der Sinti und Roma in Deutschland,
Romani Rose, auf dieses beispielgebende Projekt aufmerksam gemacht worden. Bei
meinem Besuch in der Slowakei im November vergangenen Jahres habe ich die Habeš-Siedlung besucht. Dabei wurde ich von Frater Lukas Ruegenberg von der Benediktiner-Abtei Maria Laach und den Vorstandsmitgliedern des Vereins „Kellerladen”
Sabine von Klösterlein und Michael Lingenthal begleitet.
Durch Hilfstransporte in die Ukraine wurde der von dem Maria Laacher Benediktiner-Frater Lukas Ruegenberg mit ins Leben gerufene, gemeinnützige Verein „Kellerladen” aus Köln auf die menschenunwürdigen Verhältnisse in der Roma-Siedlung
Habeš in der Slowakei aufmerksam.
Beeindruckendes ist inzwischen von Deutschland aus für die Roma-Siedlung Habeš
geleistet worden: Brunnen mit frischem, vor allem sauberen Wasser wurden gebaut.
Eine Sozialstation wurde eingerichtet, in der Roma-Kinder bis zu sechs Jahren täglich
eine warme Suppe erhalten und ein Team engagierter Sozialarbeiter tätig ist. Des Weiteren ist ein Gewächshaus entstanden. Auch eine aus Deutschland eingeführt kleine
Schafherde gibt es zur Freude der Roma-Kinder. Frater Lukas hat mit den Roma in-
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mitten der Siedlung zudem eigenhändig eine Kapelle gebaut und diese selbst wunderbar künstlerisch ausgemalt. In der Kapelle finden regelmäßige Gottesdienste statt, sie
ist zum spirituellen Zentrum der Habeš-Siedlung geworden.
Im Zentrum des gemeinsamen Gespräches mit Frater Lukas Ruegenberg, dem Prior
der Benediktinerabtei Maria Laach, Pater Albert Sieger, dem langjährigen Abt Dr.
Adalbert Kurzeja, Sabine von Klösterlein, Michael Lingenthal und Martin Köller, vom
Kölner Verein „Kellerladen” sowie dem Bürgermeister von Sečovce Jozef Gamrát und
Marian Rozman sowie Jan Pavlovcak und Lubo Baca von dem Verein „Freundschaft“
in Sečovce stand die Fertigstellung der Schreinerwerkstatt im Roma-Lager Habeš und
Planungen für einen Ausbildungsbetrieb, in dem Roma-Jugendliche das SchreinerHandwerk erlernen.
Ich erklärte, dass ich in dieser Angelegenheit mit Vertretern der slowakischen Regierung und deutschen Institutionen im engen Kontakt stehe. Es ist mir wichitg, dass der
Lehrbetrieb in der Schreinerwerkstatt alsbald beginnen kann. Das Roma-Hilfsprojekt
Habeš in Sečovce ist „beispielhaft” und ich sicherte der Ordensgemeinschaft der Benediktiner in Maria Laach und der Kölner Obdachlosen-Initiative „Kellerladen” zu,
dieses Roma-Hilfsprojekt in der Ost-Slowakei auch weiterhin persönlich nachhaltig
zu unterstützen.
1.3.
Meinungs- und Informationsaustausch mit dem Bundesvorsitzenden der Jungen Union, Paul Ziemiak, im
BMI
Anfang März 2015 habe ich den Bundesvorsitzenden der Jungen Union, Paul Ziemiak
im Bundesministerium des Innern empfangen. Im Vordergrund des Gesprächs standen Fragen der Integration und der Identitätsstärkung von Aussiedlern und Angehörigen nationaler Minderheiten in Deutschland sowie deutschen Minderheiten im Ausland.
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Bundesbeauftragter Koschyk
mit Paul Ziemiak
Quelle: BMI
Paul Ziemiak selbst wurde im pommerschen Stettin geboren und ist als Kleinkind mit
seinen Eltern nach Deutschland ausgesiedelt. Ziemiak berichtete mir, wie er diese Zeit
erlebt und wie ihn diese Erfahrung geprägt hat.
Ziemiak und ich waren uns einig, dass vor allem jungen Aussiedlern frühzeitig Zukunftsperspektiven aufgezeigt werden müssen. Neben der guten familiären Struktur,
die Aussiedlerfamilien grundsätzlich kennzeichnet, sind die Möglichkeiten des
Spracherwerbs sowie Bildung und Beruf richtungsentscheidend. Insbesondere ist es
für junge Aussiedler und Angehörige nationaler Minderheiten wichtig, dass sie gleichermaßen im familiären, schulischen und freundschaftlichen Umfeld bei Ihrer Identitätswahrung unterstützt werden und ihre Zugehörigkeit mit Selbstbewusstsein leben
können. Dafür ist aber auch gesellschaftliche und politische Verantwortung notwendig. Für mich ist in allen drei Feldern meines Aufgabenbereichs – Aussiedler, nationale
Minderheiten in Deutschland und deutsche Minderheiten in Mittel- und Osteuropa –
der Dreiklang von "Heimat, Identität und Glaube" von zentraler Bedeutung. Auch JUVorsitzender Paul Ziemiak betonte die Bedeutung einer religiösen Bindung für erfolgreiche Integration.
Ich bin deshalb der festen Überzeugung, dass der Politik die besondere Rolle zukommt, mit entsprechender Unterstützung für die Belange der Aussiedler und natioSeite 22
nalen Minderheiten die Suche nach der eigenen Identität, die Pflege der Kultur und
die Integration in die jeweiligen Gesellschaften zu fördern. Ich bin mir sicher, dass die
Junge Union mit Paul Ziemiak einen Bundesvorsitzenden gefunden hat, der die politische Debatte zum Thema Zuwanderung, Integration und Minderheitenschutz mit
seinen Erfahrungen bereichern wird.
Ich dankte Ziemiak auch für sein Engagement für die deutsch-polnischen Beziehungen, gerade was seine Heimatstadt Stettin anbelangt.
1.4.
43. Christlicher Europatag zum Thema "Volksgruppen
und Regionen - Auslauf- oder Zukunftsmodell"
Im Bibliothekssaal in Kloster Andechs fand am 22. März 2015 der „43. Andechser Europatag“ der Paneuropa-Union Deutschland statt. Er stand unter dem Motto „Volksgruppen und Regionen – Auslauf- oder Zukunftsmodell?“
Bundesbeauftragter Koschyk bei seiner Rede
Quelle: Klaus Brähmig MdB
Die Paneuropa-Union, die 1922 von Graf Richard Coudenhove-Kalergi gegründet
wurde, ist die älteste europäische Einigungsbewegung. Seit mehr als 75 Jahren ist sie
als überparteiliche Organisation in fast allen Ländern Europas einschließlich der Staaten Mittel- und Osteuropas vertreten. Zu ihren Mitgliedern zählten nach 1922 Albert
Einstein , der französische Außenminister Aristide Briand als Ehrenpräsident, Schriftsteller wie Thomas Mann und Franz Werfel , der junge Kölner Oberbürgermeister
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Konrad Adenauer und der Wiener Student und spätere österreichische Bundeskanzler
Bruno Kreisky , damals als Vorstandsmitglied der Paneuropa-Union Wien; nach dem
Krieg gehörten die Bayerischen Ministerpräsidenten Alfons Goppel und Franz Josef
Strauß , der französische Staatspräsident Georges Pompidou, der französische Ministerpräsident Raimond Barre und der spanische Philosoph Salvador de Madariaga zu
den herausragenden Mitgliedern. Amtierender deutscher Paneuropa-Präsident ist der
Sprecher der Sudetendeutschen Volksgruppe und Bundesvorsitzender der Sudetendeutschen Landsmannschaft, Bernd Posselt MdEP a.D.
Mein Redebeitrag konzentrierte sich auf das Thema „Volksgruppen in Gefahr“ und die
Zusammenarbeit der Paneuropa-Union mit der Sudetendeutschen Landsmannschaft,
die beim Thema Volksgruppenrechte in Europa an eine eigene, sehr verdienstvolle
Tradition anknüpft. Es war der große Paneuropäer, langjährige Bayerische Ministerpräsident und bei den ersten freien Europawahlen 1979 ins Europäische Parlament
gewählte Alfons Goppel, der 1984 einen Bericht zu den Rechten der Volksgruppen
und Minderheiten in der Europäischen Gemeinschaft vorlegte, der die Grundlage zu
einem Entschließungsantrag führte, unter dessen Unterzeichnern sich so namhafte
Paneuropäer wie Otto von Habsburg oder der Südtiroler Joachim Dalsass finden.
Meinen vollständigen Redebeitrag finden Sie hier:
http://www.aussiedlerbeauftragter.de/SharedDocs/Reden/AUSB/DE/klosterandechs-christlicher-europatag.html
Zur Internetseite der Paneuropa-Union Deutschland gelangen Sie hier:
http://de.paneuropa.org/index.php
1.5.
AG-Vertriebene trifft Polen-Beauftragten Ministerpräsident Woidke
Im Rahmen der Sitzung der Gruppe Vertriebene, Aussiedler und deutsche Minderheiten der CDU/CSU-Bundestagsfraktion bin ich mit dem Koordinator der BundesregieSeite 24
rung für die deutsch-polnische Zusammenarbeit, dem brandenburgischen Ministerpräsidenten Dr. Dietmar Woidke, zusammengetroffen.
Dr. Dietmar Woidke
(Mitte) mit Hartmut
Koschyk MdB, Heiko
Schmelze MdB, Klaus
Brähmig MdB, Dr.
Silke Launert MdB
Quelle: Klaus Brähmig MdB
Im Zentrum der Beratungen standen die deutsch-polnischen Beziehungen mit Blick
auf den 25. Jahrestag des Nachbarschaftsvertrages im nächsten Jahr.
Ministerpräsident Woidke, der Vorsitzende der AG Vertriebene, Klaus Brähmig MdB,
und ich stimmten darin überein, dass die bilaterale Zusammenarbeit sowohl auf der
Regierungsebene, als auch im Bereich der regionalen grenzüberschreitenden Kooperation noch nie so gut gewesen sei wie heute. Dringenden Verbesserungsbedarf gebe
es allerdings beim Eisenbahnverkehr zwischen beiden Ländern, hier habe sich die Situation in den letzten Jahren sogar verschlechtert.
Ich berichtete bei dieser Gelegenheit über die Verhandlungen des jüngsten "Runden
Tisches" in Warschau Ende Februar 2015, der für die Förderung der deutschen Minderheit in Polen und der polnischstämmigen Bürger und Polen in Deutschland eine
neue Dynamik entwickelt hat. Eine wichtige Rolle spielen hierbei beispielsweise der
weitere Ausbau des muttersprachlichen Kindergarten- und Schulwesens für die deutsche Minderheit sowie die Sanierung des "Dom Polski" ("Polnisches Haus") in Bochum, das bereits seit 1922 Sitz des Bundes der Polen in Deutschland ist.
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1.6.
Bundesregierung gedenkt Opfern von Flucht und Vertreibung
Im August 2014 hat das Bundeskabinett beschlossen, jährlich am 20. Juni der Opfer
von Flucht und Vertreibung zu gedenken.
Ich begrüße diesen Beschluss ausdrücklich und sehe ihn als wichtiges Zeichen der
Verbundenheit mit den deutschen Heimatvertriebenen.
Gruppenaufnahme mit Bundesinnenminister
Thomas de Maizière
Quelle: Henning Schacht
Am 20. Juni 2015 hat die Bundesregierung erstmals den Gedenktag mit einer Gedenkstunde im Schlüterhof des Deutschen Historischen Museums begangen, an dem ich in
meiner Funktion als Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten teilgenommen habe.
Die Pressemitteilung des BMI finden Sie hier:
http://www.aussiedlerbeauftragter.de/SharedDocs/Kurzmeldungen/DE/2015/06/ged
enktag-fuer-die-opfer-von-flucht-und-vertreibung.html?nn=3791990
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1.7.
Junger Russlanddeutscher verantwortet internationale
Arbeit des RCDS
Im Bundesministerium des Innern habe ich den stellvertretenden Bundesvorsitzenden des Ringes Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS) und Sprecher des Landesverbandes Nordrhein-Westfalen der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland, Dietmar Schulmeister, zu einem Gespräch empfangen.
Harmut Koschyk mit Dietmar Schulmeister
Quelle: BMI
Dietmar Schulmeister wurde 1991 im russischen Woronesch geboren. Sein Großvater
war im Zweiten Weltkrieg von der Wolga in das sibirische Tscheljabinsk deportiert
worden. 2000 siedelte die Familie in die Bundesrepublik Deutschland aus.
Neben seinem Studium der Politikwissenschaften an der Universität Duisburg-Essen
in Duisburg engagiert sich Schulmeister in der Kommunalpolitik, beim Deutschen
Roten Kreuz, beim RCDS und der Landsmannschaft der Deutschen in Russland. 2014
wurde er zum stellvertretenden Bundesvorsitzenden des RCDS gewählt, seit 2013 ist
Sprecher der Landsmannschaft in Nordrhein-Westfalen.
Im RCDS auch für die internationale Arbeit zuständig, hält Dietmar Schulmeister engen Kontakt zu demokratischen Studentenverbänden in Russland, Belarus und der
Ukraine.
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Gemeinsam mit Schulmeister besprach ich bei unserem Informations- und Gedankenaustausch u.a., wie das Thema "Deutschlands Rolle in der internationalen Politik"
in den Kreisen von Spätaussiedlern russlanddeutscher Herkunft besser verankert
werden kann, sowohl im Rahmen von Maßnahmen der Integration als auch bei der
politischen Bildung.
1.8.
IPS-Stipendiaten des Deutschen Bundestages zu Besuch
im BMI
Zum Ende ihres Stipendiums im Deutschen Bundestag besuchten die jungen Hochschulabsolventen aus 41 Nationen am 2. Juli 2015 das Bundesministerium des Innern
zu einem Gespräch mit dem Pressesprecher des Bundesinnenmisters, Dr. Johannes
Dimroth, und mir als Beauftragten der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und
nationale Minderheiten.
Im Vordergrund des Gesprächs standen Innenpolitische Fragen des BMI und Minderheitenpolitische Fragen der Bundesregierung.
IPS-Stipendiaten im BMI
Quelle: BMI
Pressesprecher Dr. Dimroth tauschte sich mit den Stipendiaten zu den aktuellen
Themen Flüchtlingspolitik, Cybersicherheit und Terrorismus aus. Diskussiongrundlage waren dabei die nationalen, europäischen und internationalen Aspekte einer Zusammenarbeit und die Erfahrungen der Stipendiaten zu diesen Themen in ihren
Heimatländern.
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Besonders deutlich machte Dr. Dimroth die Aspekte der Cybersicherheit. Dimroth:
"Wir registrieren täglich tausende ungezielte Angriffe auf das Regierungsnetz und arbeiten gemeinsam mit dem BSI an erforderlichen Maßnahmen. Besonders die sogenannten kritischen Infrastrukturen wie Energieanbieter oder Telekommunikationsdienstleister müssen hier besonders gut geschützt sein. Ein wichtiger Schritt war in
diesem Zusammenhang die Verabschiedung des IT-Sicherheitsgesetztes im letzten
Jahr. Neben der Pflicht zur Einhaltung von Mindeststandards sieht das Gesetz auch die
Pflicht zur Meldung von erheblichen IT-Angriffen vor. Das BSI wird auf Grundlage
dieser Meldungen ein nationales Lagebild erstellen und die so gewonnenen Erkenntnisse wiederum der Wirtschaft zur Verfügung stellen, damit diese sich besser schützen
kann."
Mit Blick auf das Interesse der Stipendiaten zu einer europäischen Zusammenarbeit
führte Dimroth weiter das Engagement des Bundesministeriums des Innern in den
europäischen Standardisierungs-Arbeitsgruppen aus.
Im Dialog mit dem Pressesprecher und Bundesbeauftragten
Quelle: BMI
Im Anschluss an das Gespräch mit Dr. Dimroth stand ich den Stipendiaten Rede und
Antwort. Schwerpunkt war hierbei der Russland-Ukraine Konflikt und die Lage der
Bevölkerung vor Ort sowie die Situation der Muslime in Deutschland.
Ich berichtete von meinem kurz vor diesem Gespräch erfolgten Besuch in der Ukraine
und meinen Bemühungen um einen intensiven Kontakt zu den Deutschen Minder-
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heiten sowohl in Russland als auch in der Ukraine, seit Ausbruch des RusslandUkraine-Konfliktes.
Von den 116 Stipendiaten stammten vier aus der Ukraine und acht aus der Russischen
Föderation. Im Dialog wurde neben der politischen Bedeutung des Themas insbesondere die Sorge um das eigene Land und die eigene Familie deutlich.
Ich betonte dazu, dass in meinen Gesprächen mit Vertretern der Deutschen Minderheit in der Ukraine und der Russischen Föderation mir gegenüber immer wieder betont wurde, dass die Menschen an einer friedlichen und diplomatischen Lösung interessiert und für die Vermittlungen Deutschlands sehr dankbar sind.
Weitere Themen, die gemeinsam besprochen wurden, waren die Mehrsprachigkeit
von Aussiedlerinnen und Aussiedeln, die Förderung der Minderheitensprachen und
die Lage von Sinti und Roma in Deutschland und Europa.
Der Deutsche Bundestag vergibt mit der Freien Universität Berlin, der HumboldtUniversität zu Berlin sowie der Technischen Universität Berlin jährlich etwa 120 Stipendien für junge Hochschulabsolventen aus 41 Nationen. Das IPS (Internationales
Parlaments-Stipendium) dauert jedes Jahr vom 1. März bis zum 31. Juli. Während dieser Zeit absolvieren die Teilnehmer- und Teilnehmerinnen ein Prktikum bei einem
Bundestagsabgeordneten.
1.9.
Gedenkveranstaltung "65 Jahre Wiesbadener Abkommen" zur deutsch-tschechischen Verständigung und
Versöhnung nach dem Zweiten Weltkrieg
Am 16.07.2015 fand eine feierliche Gedenkveranstaltung in Wiesbaden statt, zu der
auch ich geladen wurde. Leider war mir meine persönliche Teilnahme nicht möglich
und ich übermittelte meine Grüße schriftlich:
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„Den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der heutigen Gedenkveranstaltung zum 65.
Jahrestag des Wiesbadener Abkommens vom 4. August 1950 übermittle ich auf diesem
Wege meine herzlichen Grüße. Ich bedauere sehr, dass mich eine andere Verpflichtung an einer meiner persönlichen Teilnahme hindert.
Das Wiesbadener Abkommen vom 4. August 1950 ist das erste gemeinsame deutschtschechische Dokument der Verständigung und Versöhnung nach dem Zweiten
Weltkrieg. Es steht in einer engen zeitlichen und auch politischen Beziehung zur
Charta der deutschen Heimatvertriebenen, die am Tag darauf feierlich verabschiedet
wurde. In diesem Schlüsseldokument der deutschen Nachkriegsgeschichte haben die
deutschen Heimatvertriebenen einerseits ihr Recht auf die angestammte Heimat gewahrt, andererseits aber auch die Hand zur aufrichtigen Versöhnung mit den neuen
östlichen Nachbarn ausgestreckt. Das klare Bekenntnis der Charta zu einem vereinten
Europa in Frieden und Freiheit findet ebenfalls seine Entsprechung im Wiesbadener
Abkommen:
"Beide Teile betrachten eine demokratische Ordnung der Verhältnisse im böhmischmährisch-schlesischen Raum als einen Teil des Kampfes für ein einheitliches Europa“.
Ich meine, man sollte die Wiesbadener Erklärung auch im Kontext mit einem anderen
historischen Dokument betrachten. Am 23. Juni 1950 war von Walter Ulbricht und
Antonín Zápotocký als Ministerpräsident der ČSSR das sog. "Prager Protokoll" unterschrieben worden, mit dem die Vertreibung der Sudetendeutschen als "unabänderlich,
gerecht und endgültig" bezeichnet worden war. Bezeichnenderweise wurde gleichzeitig in einem Geheimabkommen die Zusammenarbeit von ČSSR-Geheimpolizei und
DDR-Staatssicherheit bei der Bekämpfung von "Staatsfeinden" beschlossen. Wie sehr
hebt sich doch das Wiesbadener Abkommen von den Unrechtsstaaten DDR und ČSSR
ab, wenn es formuliert:
"Beide Teile lehnen die Anerkennung einer Kollektivschuld und des aus ihr fließenden Rachegedankens ab, Sie verlangen aber die Wiedergutmachung der Schäden, die
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das tschechische Volk und das sudetendeutsche Volk erlitten haben und die Bestrafung der geistigen Urheber und der ausführenden Organe der begangenen Verbrechen."
Knapp ein Jahr nach Unterzeichnung des Wiesbadener Abkommens hielt General Lev
Prchala, einer der beiden Unterzeichner auf tschechischer Seite, auf einer Europatagung in Königsstein im Taunus, zu der die Ackermann-Gemeinde eingeladen hatte,
eine bemerkenswerte Rede, die gerade in den Kreisen der Sudetendeutschen viel
Aufmerksamkeit und Widerhall gefunden hat und die der Kirchenhistoriker Prof. Dr.
Rudolf Grulich völlig zu Recht als einen „Meilenstein der deutsch-tschechischen Aussöhnung“ bezeichnet hat. General Prchala führte dort u.a. wörtlich aus:
"Allen Schwierigkeiten zum Trotz ist es unsere heilige Pflicht, auch weiterhin für die
Freiheit der Menschen, für das Recht der Völker auf ihr Selbstbestimmungsrecht, für
eine freiwillige Föderation der Völker Europas und damit für eine freie und glückliche
Heimat zu kämpfen. Unseren Kampf führen wir im Geiste tausendjähriger christlicher
Tradition und Verpflichtung nicht nur unseres Volkes, sondern des gesamten Abendlandes. In Europa haben wir Platz genug, wenn wir nur als Europäer denken und
wenn wir wie zivilisierte Menschen handeln. Jedem das Recht auf seine Heimat anzuerkennen, ist eine der ersten Vorbedingungen eines solchen Denkens und Handelns.
Denn das ist Recht und das ist Moral. Und wo Moral und Recht herrschen, dort wird
auch Frieden sein. Frieden unter den Menschen, Frieden unter den Völkern."
Heute gehören Deutschland und die Tschechische Republik als freiheitlichdemokratische Staaten und gute Nachbarn der Europäischen Union und dem nordatlantischen Bündnis an. Die freundschaftlichen Verbindungen zwischen den Völkern
werden von Jahr zur Jahr besser und enger. Mit dem Wiesbadener Abkommen hatten
Sudetendeutsche und Exiltschechen 1950 den Boden für eine echte Aussöhnung und
Verständigung bereitet, auf dem ab dem Epochenjahr 1989 freundschaftliche Beziehungen zwischen Tschechen und Deutschen wachsen konnten. Gerade in diesem Jahr
sind weitere, wichtige Schritte auf diesem schwierigen, teilweise schmerzhaften Weg
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gegangen worden. Im Februar dieses Jahres hat die Sudetendeutsche Landsmannschaft durch die Änderung Ihrer Satzung sowie durch ihre heimatpolitische Grundsatzerklärung Anlässe zu Missverständnissen ausgeräumt. Am 30. Mai 2015 wurde von
offiziellen Vertretern der Stadt Brünn und sudetendeutschen Heimatvertriebenen
gemeinsam der Opfer des „Brünner Todesmarsches“ gedacht. Wenige Tage zuvor hatte sich mit dem per Videobotschaft zugeschalteten stellvertretenden Ministerpräsidenten Pavel Bělobrádek erstmals in der Geschichte der Sudetendeutschen Tage ein
Mitglied der Regierung der Tschechischen Republik an die in Augsburg versammelten
Teilnehmer gewandt.
Das alles sind Zeichen der Ermutigung. Ein ebensolches Zeichen der Ermutigung und
Zuversicht ist die Anwesenheit von Frau Ministerin Michaela Marksová bei der heutigen Gedenkveranstaltung für das Wiesbadener Abkommen, für die ich ganz herzlich
danken möchte.
Ich danke dem Sudetendeutschen Rat und der Sudetendeutschen Landsmannschaft
für die Ausrichtung dieser Veranstaltung sowie dem Hessischen Ministerpräsidenten
Volker Bouffier für die Übernahme der Schirmherrschaft. Ich freue mich, dass das
Bundesministerium des Innern die Teilnahme eines Geschichts-Leistungskurses der
Elly-Heuss-Schule Wiesbaden und die Durchführung eines Fachgesprächs mit Heimatvertriebenen und Gästen aus der Tschechischen Republik durch eine Förderung
unterstützen kann.“
1.10. Gemeinsames Interview mit Innenminister Dr. Thomas
de Maizière zum Gedenktag der Opfer von Flucht und
Vertreibung
57. Jahrgang/ Nr. 03/2015 Deutscher Ostdienst - Das Nachrichtenmagazin des Bundes der Vertriebenen: Im Gespräch zum Gedenktag der Opfer von Flucht und Vertreibung
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Herr Minister de Maizière, Herr Bundesbeauftragter, mit dem Beschluss des Bundeskabinetts vom 27. August 2014, ab 2015 immer am 20. Juni der Opfer von Flucht und
Vertreibung zu gedenken, hat die Bundesregierung eine Initiative des Bundesrates in
die Tat umgesetzt, für die der BdV lange geworben hat. Sie haben sie gleich am Beginn dieser Legislaturperiode mit in den gemeinsamen Koalitionsvertrag aufgenommen. Wie kam es dazu?
Minister: Dieses Anliegen steht schon seit längerer Zeit auf der politischen Agenda.
Der Bundesrat hat die Bundesregierung bereits im Jahr 2003 in einer Entschließung
zur Einrichtung eines Gedenktags für die Opfer von Flucht und Vertreibung aufgefordert. Im Jahr 2013 hat sich der Bundestag dann auf Betreiben der Union für einen solchen Gedenktag ausgesprochen. Vor diesem Hintergrund ist es gelungen, in Umsetzung des Koalitionsvertrags einen entsprechenden Beschluss des Bundeskabinetts
herbeizuführen. Mit dem Beschluss der Bundesregierung, den Gedenktag für die Opfer von Flucht und Vertreibung am 20. Juni, also am Weltflüchtlingstag, zu begehen,
wollen wir Brücken bauen und einen Beitrag zur Versöhnung leisten.
Bundesbeauftragter: Mit der Wahl des 20. Juni, der ja zugleich schon der Weltflüchtlingstag der Vereinten Nationen ist, wird die besondere Bedeutung der Einführung
des Gedenktages für die deutschen Opfer von Flucht, Vertreibung und Deportation
keineswegs relativiert. Wir erhalten aus den Reihen der Vertriebenenverbände viel
Zustimmung, u.a. mit dem Argument, dass sich gerade durch die Wahl des 20. Juni der
Hypothese einer Kollektivschuld der Deutschen, die so tragisch ihre Heimat verloren,
von vorneherein entgegengestellt wird.
Otto Schily hat am 29. Mai 1999 im Berliner Dom gesagt, "Die politische Linke hat in
der Vergangenheit zeitweise über die Vertreibungsverbrechen, über das millionenfache Leid, das den Vertriebenen zugefügt wurde, hinweggesehen, sei es aus Desinteresse, sei es aus Ängstlichkeit vor dem Vorwurf, als Revanchist gescholten zu werden."
Beobachten Sie eine dauerhafte Wiederzuwendung des gesamten demokratischen
Spektrums zur gesamten Opfergruppe?
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Bundesbeauftragter: Ich nehme bei meinen vielen Besuchen sowohl bei den deutschen Heimatvertriebenen als auch bei den in der Heimat verbliebenen Deutschen im
östlichen Europa eine zunehmende Sensibilisierung in allen demokratischen Parteien
in Deutschland wahr. Das kann man z.B. festmachen an zahlreichen Schirmherrschaften und Grußworten für Veranstaltungen von Vertriebenenverbänden oder auch an
persönlichen Bekenntnissen zur eigenen Familiengeschichte.
Minister: Das Thema ist in der Tat sehr stark präsent. Zum einen haben die Flüchtlingskatastrophen insbesondere im Mittelmeer den Fokus insgesamt stark auf Flucht
und Vertreibung gelenkt. Zum anderen beobachte ich in letzter Zeit über Parteigrenzen hinweg eine Entspannung in Bezug auf den Umgang mit dem speziellen Komplex
der Aufarbeitung der Vertreibungsgeschichte der Deutschen. Mir ist es wichtig, dieses
Thema wachzuhalten und zu betonen, dass es dabei nicht um Revanchismus oder um
das Ausspielen verschiedener Schicksale gegeneinander geht. Die alten Schlachten
voller Vorurteile sind vorbei. Das ist gut.
Am "Gedenktag für die Opfer von Flucht und Vertreibung" wird künftig der weltweiten Opfer von Flucht und Vertreibung und "insbesondere der deutschen Vertriebenen" gedacht. Wird hier eine Grundlinie der Bundesregierung deutlich?
Minister: Angesichts der täglichen Meldungen im Zusammenhang mit dem Thema
Flucht und Vertreibung wollen wir das Gedenken an die deutsche Vertreibungsgeschichte mit einem Blick auf aktuelle Geschehnisse verbinden. Wenngleich die Situation der heutigen Flüchtlinge nicht vergleichbar mit derjenigen der Vertriebenen
nach 1945 ist, liegen die Schicksale und das persönliche Erleben der Betroffenen gar
nicht so weit auseinander: Der Verlust der Heimat, des gewohnten sozialen Umfeldes,
der Kultur und die Schwierigkeiten des Neubeginns werden hier wie dort empfunden.
Das auch vom BdV vertretene Anliegen, dass die Erinnerung an das Schicksal der
deutschen Flüchtlinge und Vertriebenen als Mahnung dienen möge, dass sich solche
Geschehnisse nicht wiederholen dürfen, wird hier konkret. Gleichzeitig kann die große Aufbau- und Integrationsleistung der deutschen Heimatvertriebenen auch Vorbild
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für die heute in Deutschland anerkannten Flüchtlinge sein, sich aktiv in die weitere
Entwicklung unseres Landes einzubringen. So war es nach Ansicht der Bundesregierung ein logischer Schritt, einen Gedenktag an diesem 20. Juni einzurichten – nicht
zuletzt, weil auch der am gleichen Tage stattfindende, von den Vereinten Nationen
eingerichtete Weltflüchtlingstag ein Gedenktag für alle Flüchtlinge weltweit ist.
Bundesbeauftragter: Das ist tatsächlich eine Grundlinie der Bundesregierung. In einer
Rede im Sommer 2014 hat auch Bundeskanzlerin Merkel die Zukunftsdimension des
Gedenktages unterstrichen: "Ich bin sicher, dieser Gedenktag wird dazu beitragen,
Schicksal und Kultur der deutschen Heimatvertriebenen vielen Deutschen in Erinnerung zu rufen, denen dieses Thema nicht oder nicht mehr bekannt ist."
Der vormalige Bundespräsident, Christian Wulff, hat vor Jahren die letzten Wolfskinder, jene deutschen Kriegswaisen, die in den Wäldern Ostpreußens und des Baltikums überlebten, zu sich ins Schloss Bellevue eingeladen. Es erscheint heute von tiefgreifender Bedeutung, dass Bundespräsident Joachim Gauck nun auch bei dieser
Gedenkveranstaltung der Bundesregierung sprechen wird. War es schwierig, das
Staatsoberhaupt für die Veranstaltung zu gewinnen?
Minister: Nein, im Gegenteil. Der Herr Bundespräsident war gerne bereit, bei der Veranstaltung eine Rede zu halten, und hat das umgehend zugesagt.
Es sprechen der Bundespräsident, Dr. h.c. Joachim Gauck, Frau Asma Abubaker Ali,
ein Flüchtling aus Nordafrika, Frau Dr. Edith Kiesewetter-Giese, eine Vertriebene aus
dem Sudetenland, und Dr. Bernd Fabritius, der Präsident des Bundes der Vertriebenen. Eine hochrangige und weit gespannte Rednerliste, man darf vermuten, dass dies
sehr bewusst so symbolhaft ausgewählt wurde?
Minister: Ja, wir wollen mit dieser Auswahl die Bedeutung und Würde des Gedenkens
hervorheben und den weiten thematischen Bogen dieses Gedenktages füllen.
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Bundesbeauftragter: Neben den eindrucksvollen Zeugnissen, welche Frau Abubaker
Ali und Frau Dr. Kiesewetter-Giese beitragen werden, kommen in der aktiven Teilnahme des Herrn Bundespräsidenten und des Präsidenten des BdV zwei weitere wichtige Aspekte zum Ausdruck: die Bedeutung des Themas Flucht und Vertreibung in der
Bundesrepublik Deutschland sowie die Stellung des Bundes der Vertriebenen als die
zentrale Vertretung der deutschen Heimatvertriebenen in Politik und Gesellschaft.
Inwiefern sind unsere europäischen Nachbarn, die gemeinsam Frieden und Freiheit
wahren, bei der Planung und Durchführung dieses Tages eingebunden?
Minister: Dies ist uns ein großes Anliegen. Bereits vor der Beschlussfassung zur Einführung des Gedenktages haben wir Vertreter der Regierungen der Republik Polen
und der Tschechischen Republik eingebunden. Zur Gedenkstunde sind neben dem
diplomatischen Corps auch offizielle Vertreter und engagierte Bürger aus Nachbarstaaten mit eigener Vertreibungs- oder Vertriebenengeschichte geladen.
Bundesbeauftragter: Insgesamt ist in den letzten Jahren ein zunehmendes Bewusstsein hinsichtlich der Vertreibungsgeschichte bei unseren Nachbarn deutlich wahrnehmbar geworden. In Ungarn hat das Parlament 2012 einstimmig einen Gedenktag
zur Erinnerung an die Deportation und Vertreibung der Ungarndeutschen proklamiert. Rumänien zahlt Deportationsopfern eine Entschädigungsrente. Besonders eindrucksvoll war die jüngste "Deklaration der Versöhnung und gemeinsamen Zukunft"
des Stadtrats von Brünn, mit der er sich für die Opfer beim berüchtigten "Brünner
Todesmarsch" vom Mai und Juni 1945 entschuldigt hat. Die Aufnahme dieser Versöhnungsbotschaft bei den Sudetendeutschen war sehr bewegend und mit keinerlei Forderungen verbunden. Nicht zuletzt wurde das gegenseitige Vertrauen gestärkt. Hier ist
ein Prozess in Gang gekommen, der nach meiner Einschätzung künftig an Dynamik
noch zunehmen wird.
Haben Sie ein ganz persönliches Anliegen, das Sie den Lesern des DOD mit auf den
Weg geben wollen?
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Bundesbeauftragter: Die deutschen Heimatvertriebenen haben einerseits über Jahrzehnte hinweg bis heute beharrlich und unermüdlich für das Recht auf die angestammte Heimat gestritten, andererseits von Beginn an Gewaltverzicht und den
Wunsch nach echter Versöhnung und Verständigung mit den neuen Bewohnern ihrer
Heimatgebiete ausgesprochen, wie es in der Charta der deutschen Heimatvertriebenen vom 5. August 1950 eindrucksvoll niedergelegt ist. Damit haben sie maßgeblich
dazu beigetragen, dass Vertreibungen und Umsiedlungen gegen den Willen der Betroffenen heute in Europa allgemein geächtet sind. Das ist ein bis heute noch unzureichend bekannter Beitrag der deutschen Heimatvertriebenen zum Frieden und zur
Versöhnung in Europa. Immer wieder aufbrechende ethnische Konflikte in Europa
sowie die Instrumentalisierung von Minderheitenfragen durch Nachbarstaaten wie
derzeit in der Ukraine zeigen, dass dieser Weg noch nicht zu Ende gegangen ist. Auch
hierfür halte ich die weitere Mitarbeit der deutschen Heimatvertriebenen für unverzichtbar.
Minister: Mein Dank und meine Hochachtung gelten der großen Integrations- und
Aufbauleistung der Vertriebenen und ihrer Nachfahren. Ihre Bemühungen, die Erinnerung an dieses dunkle Kapitel deutscher Geschichte wachzuhalten und Lehren daraus zu ziehen, sind nicht nur für die Aufarbeitung, sondern
auch für die heutigen Überlegungen zum Umgang mit den Herausforderungen von
Flucht und Vertreibung überall auf der Welt besonders wertvoll.
*** Das Gespräch für den dod führte Dr. Gunnar Digutsch. ***
1.11. Tag der offenen Tür 2015 ein voller Erfolg
Am Tag der offenen Tür der Bundesregierung, der am 29. und 30. August in Berlin
stattfand, stellte auch ich als Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen
und nationale Minderheiten meine Amtstätigkeit im Bundesministerium des Innern
vor.
Seite 38
BA Koschyk MdB, BdV-Präsident
Dr. Fabritius und Zertik MdB mit
der Tanzgruppe Crailsheim, Mitgliedern des Bundesvorstandes der
Banater Schwaben, dem stellv.
Vorsitzenden des Verbandes der
Siebenbürger Sachsen und der
Landesvorsitzenden Berlin/Neue
Bundesländer sowie Vertretern des
Minderheitenrates und der FUEV
Quelle: BMI
Nachdem im Vorjahr die Landsmannschaft der Deutschen aus Russland ihre Arbeit
beim Tag der offenen Tür vorstellen konnte, hatte ich für 2015 mit dem Verband der
Siebenbürger Sachsen, der Landsmannschaft der Banater Schwaben und der Landsmannschaft der Sathmarer Schwaben drei Organisationen eingeladen, die die Interessen der aus Rumänien stammenden Deutschen vertreten und ihr jeweiliges kulturelle
Erbe heute in Deutschland bewahren und pflegen.
Die Banater Schwaben begeisterten die Besucherinnen und Besucher mit dem Auftritt
einer Tanzgruppe in traditioneller Tracht aus dem württembergischen Crailsheim. Die
Banater Schwaben hatten vor zwei Jahren einen neuen, im Guinness-Buch verzeichneten Weltrekord im Polka-Tanzen aufgestellt, indem sie mit 401 Paaren, komplett in
traditioneller Tracht gekleidet, am 29. Juli 2013 insgesamt sechs Minuten und 18 Sekunden diesen beliebten Tanz aufführten. Begeistert von dem Auftritt waren auch die
beiden Bundestagsabgeordneten Dr. Bernd Fabritius, selbst in Siebenbürgen geboren
und aufgewachsen und heute Präsident des Weltverbandes der Siebenbürger Sachsen
und des Bundes der Vertriebenen, sowie der aus Kasachstan stammende Heinrich Zertik.
Kleine Besucher konnten sog. "Ulmer Schachteln" aus Papier basteln, mit deren historischen Vorbildern die Vorfahren der Banater Schwaben ab dem späten 17. JahrhunSeite 39
dert die Donau hinabtreibend in ihre neue Heimat, das Banat, kamen. Die alte historische Region Banat ist heute zwischen Rumänien, Serbien und Ungarn aufgeteilt.
Unmittelbar neben dem Stand des Beauftragten präsentierten die vier autochthonen
nationalen Minderheiten in Deutschland – die Dänen, die Friesen, die Sorben sowie
die deutschen Sinti und Roma –, der Minderheitenrat sowie die Föderalistische Union
Europäischer Volksgruppen (FUEV) ihre Arbeit, gaben Informationen über die Minderheiten, luden hierzu zu einem Quiz ein und boten – nicht zuletzt – kulinarische
Köstlichkeiten aus ihren Heimatregionen an.
Ich durfte auf dem Tag der offenen Tür auch den Vorsitzenden des Verbandes deutscher Sozial-Kultureller Gesellschaften in Polen, Bernard Gaida, sowie den Regionalvorsitzenden im Oppelner Schlesien, Rafał Bartek, begrüßen.
Am darauffolgenden Sonntag besuchte auch Bundesinnenminister Dr. Thomas de
Maizière die beiden Stände und ließ sich Details der historischen Tracht der Banater
Schwaben erklären. Eine ebenso herzliche Aufnahme fand er beim Stand des Minderheitenrates und der FUEV.
1.12. Gespräch mit ifa-Generalsekretär Grätz zur strategischen Zusammenarbeit
Im Oktober 2015 habe ich Ronald Grätz, Generalsekretär des Instituts für Auslandsbeziehungen (ifa), zu einem strategischen Meinungs- und Informationsaustausch im
Bundesministerium des Innern getroffen. Ifa-Abteilungsleiter, Urban Beckmann, zuständig für den Bereich Dialoge, hat ebenfalls an dem Gespräch teilgenommen.
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v.l.n.r.: ifa-Abteilungsleiter Beckmann, BA Koschyk MdB
und ifa-Generalsekretär Grätz
Quelle: BMI
Einen Schwerpunkt der Zusammenarbeit bilden Maßnahmen der verständigungspolitischen und grenzüberschreitenden Aussiedler- und Minderheitenpolitik. Das ifa fördert den Kunst- und Kulturaustausch in Ausstellungs-, Dialog- und Konferenzprogrammen. Als Kompetenzzentrum der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik vernetzt es Zivilgesellschaft, kulturelle Praxis, Kunst, Medien und Wissenschaft. Es initiiert, moderiert und dokumentiert Diskussionen zu internationalen Kulturbeziehungen.
Von öffentlicher Seite wird das ifa aus Mitteln des Auswärtigen Amtes, des Landes
Baden-Württemberg und der Stadt Stuttgart finanziert.
Als Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten unterstütze ich u.a. die partnerschaftliche Zusammenarbeit, insbesondere mit
Blick auf die Synergieeffekte zwischen Mittlerorganisationen, Einrichtungen der deutschen Minderheiten sowie staatlichen Behörden zur Förderung und Verbesserung der
Minderheitenarbeit in Europa und den GUS-Staaten.
Im Rahmen der bevorstehenden Medientage des ifa, die vom 8. bis 11. November 2015
in Berlin stattfinden, wird das ifa auch den strategischen Dialog mit den Minderheitenvertretern fortsetzen. Das Jahrestreffen der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Minderheiten (AGDM) unter dem Dach der Föderalistischen Union europäischer Volksgruppen (FUEV) findet zeitgleich in Berlin statt.
Seite 41
Es werden ca. 50 Vertreterinnen und Vertreter der deutschen Minderheiten aus ganz
Europa und den GUS-Staaten erwartet. Im Rahmen der Medientage werden die Minderheitenvertreter mit dem ifa die neuen Herausforderungen und die Perspektiven
für deutsche Medienmacher in Mittel-, Ost- und Südosteuropa sowie in den Nachfolgestaaten der früheren Sowjetunion erörtern und die Arbeit vor Ort weiterentwickeln.
1.13. Veranstaltung „Die Entwicklung der deutschen Minderheiten in Mittel- und Osteuropa seit 1980/90“ des Landesverbandes Sachsen des Vereins für Deutsche Kulturbeziehungen im Ausland e. V. (VDA)
In Dresden fand im Sächsischen Landtag am 7. November 2015 eine Veranstaltung des
Landesverbandes Sachsen des Vereins für Deutsche Kulturbeziehungen im Ausland
e.V. (VDA) zum Thema „Die Entwicklung der deutschen Minderheiten in Mittel- und
Osteuropa seit 1980/90“ statt.
VDA-Ehrenvorsitzender Bundesbeauftragter Hartmut
Koschyk MdB (5.v.l.), VDA-Bundesvorsitzender Klaus
Brähmig MdB (7.v.l.) und der Vorsitzende des VDALandesverbandes Sachsen Peter Bien (2.v.l.) gemeinsam
mit, Dr. Kolomann Brenner, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Minderheiten in der Föderalistischen Union Europäischer Volksgruppen (6.v.r.), Andrea Dombois MdL, 1. Vizepräsidentin des Sächsischen
Landtages und der Europäischen Bewegung Sachsen
e.V. (5.v.r.), Bernard Gaida, Vorsitzender des Verbandes
der deutschen Sozial-Kulturellen Gesellschaften in
Polen(6.v.l.), Martin Dzingel, Präsident der Landesversammlung der Deutschen in Böhmen, Mähren und
Schlesien (3.v.l.), VDA-Bundesgeschäftsführerin Petra
Meßbacher (3.v.r.) und VDA- Bundesschatzmeisterin
Ilona Mosler-Biadacz (1.v.l.)
Quelle: VDA
Mit Blick auf das Motto der Veranstaltung erklärte ich in meinem Impulsvortrag, dass
es der politische Wandel in Deutschland und Europa in den Jahren 1989/90 – vor allem aber die Fortentwicklung des Schutzes nationaler ethnischer Minderheiten in den
Staaten Mittel- und Osteuropas und in der ehemaligen Sowjetunion- war, der der ArSeite 42
beit des VDA eine neue Bedeutung gegeben hat. Heute gilt es nicht mehr, in der Abgrenzung deutscher Gemeinschaften, sei es in Mittel- und Osteuropa, im westlichen
Europa oder anderenorts in der Welt, Schutz zu suchen. Vielmehr gilt es, Offenheit
und Integrationswillen zu zeigen. Integration darf aber nicht zur Assimilation führen.
Denn mit der Assimilation stirbt die kulturelle Vielfalt, auf die sich besonders der europäische Kontinent zu Recht stützt. Durch seine Tätigkeit leistet der VDA einen
wichtigen Beitrag zur Verständigungsarbeit in Europa. Ich habe daher meine Teilnahem an der Veranstaltung auch dazu genutzt, um den Vereinsmitgliedern sehr herzlich zu danken und dem VDA noch viele erfolgreiche Jahre fruchtbaren Wirkens zu
wünschen.
Den vollständigen Impulsvortrag finden Sie hier:
http://www.aussiedlerbeauftragter.de/SharedDocs/Reden/AUSB/DE/vdadresden.html
1.14. Große Erfolge für Vertriebene, Aussiedler und nationale
Minderheiten bei den Haushaltsberatungen
Die Beratungen des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages für den Bundeshaushalt 2016 sind mit großen Erfolgen in den Politikbereichen Vertriebene, Aussiedler und nationale Minderheiten abgeschlossen worden.
Die aus der ehemaligen Sowjetunion stammenden Aussiedler dürfen sich über den
Beginn einer Bundesförderung aus dem Etat der Beauftragten der Bundesregierung
für Kultur und Medien für das Museum für russlanddeutsche Kultur in Detmold freuen, wo bereits Beachtliches auf der Basis privaten Engagements geleistet worden ist.
Für Haushaltsjahr 2016 sind 200.000 Euro Förderung vorgesehen, für die folgenden
Jahre wurde eine Verpflichtungsermächtigung über noch einmal 800.000 Euro festgeschrieben. Das Ostpreußische Landesmuseum in Lüneburg wird für eine neue Ausstellung 1 Mio. Euro erhalten.
Seite 43
Mit Mitteln der BKM wird in den kommenden vier Jahren auch der Bau des Museums
Friedland im Grenzdurchgangslager Friedland in gefördert. Der Bund wird die Hälfte
der auf 20 Millionen Euro geschätzten Kosten übernehmen, die andere Hälfte trägt
das Land Niedersachsen. Damit entsteht an einem zentralen Ort gesamtdeutscher
Nachkriegsgeschichte eine angemessene Einrichtung.
Mit der Bereitstellung von 600.000 Euro aus dem Titel "Allgemeine Investitionen" der
Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien für die Sanierung des historischen Packhauses in Flensburg wurde die Grundlage dafür gelegt, dass das von der
Föderalistischen Union Europäischer Volksgruppen (FUEV) gemeinsam mit der Vertretung der Dänischen Minderheit in Deutschland (Sydslesvig Forening) geplante
„Haus der Minderheiten Europas“ dort künftig eine angemessene Heimstatt finden
kann.
Auch im Etat im Bundesministerium des Innern wurden erhebliche Verbesserungen
erreicht. Mit einer Erhöhung des Bundeszuschusses um 1,1 Mio. Euro wird die Fortsetzung der erfolgreichen Arbeit der Stiftung für das Sorbische Volk auch für die Zukunft abgesichert. Einmalig erhält die Stiftung Projektmittel in Höhe von 765.000 Euro zur Förderung der Anwendung der beiden sorbischen Sprachen in den digitalen
Medien. Das Institut für Niederdeutsche Sprache wird in 2016 eine zusätzliche Projektförderung von 70.000 Euro erhalten.
Die Belange der deutschen Minderheiten im östlichen Europa und in den Nachfolgestaaten der früheren Sowjetunion werden künftig ebenfalls stärker berücksichtigt. Der
Titel "Allgemeine Hilfen" im Einzelplan des Bundesministeriums des Innern wächst
von 18,4 Mio. Euro um weitere zwei Mio. Euro. Damit ist insbesondere der Einstieg in
die Absicherung der Fortsetzung der erfolgreichen Arbeit der über 500 Einrichtungen
der deutschen Minderheit in der Republik Polen getätigt. Sie wurde bislang hauptsächlich aus Erträgen und dem Kapitalstock der Stiftung für die Entwicklung Schlesiens finanziert, deren Mittel aber 2017 zu Ende gehen werden.
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Der Dachverband der nationalen Minderheiten in Europa, die Föderalistische Union
Europäischer Volksgruppen (FUEV), wird 2016 für Maßnahmen im Zusammenhang
mit dem deutschen OSZE-Vorsitz im Jahr 2016 sowie zur Förderung der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Minderheiten (AGDM) zusätzliche Mittel in Höhe von 400.000
Euro erhalten. Damit ist auch der Fortbestand der im Sommer 2015 eingerichteten
Koordinierungsstelle der AGDM gesichert. Die Bundesregierung ist aufgefordert zu
prüfen, ob die FUEV ab 2017 aus dem Haushalt des Auswärtigen Amtes institutionell
gefördert werden kann.
Ehemalige deutsche Zwangsarbeiter, die als Zivilpersonen aufgrund ihrer deutschen
Staats- oder Volkszugehörigkeit während des Zweiten Weltkrieges und danach zur
Zwangsarbeit herangezogen werden, erhalten einen einmaligen Anerkennungsbetrag.
Hierfür werden insgesamt 50 Mio. Euro im Haushalt des BMI bereitgestellt.
Im Etat des Auswärtigen Amtes werden die Beihilfen zur Lehrerbesoldung im weltweit einzigartigen deutschsprachigen Schulwesens in Rumänien von 750.000 Euro auf
1 Mio. Euro im Jahr erhöht.
Ich würdigte die Ergebnisse der Haushaltsberatungen als bedeutende Erfolge für Vertriebene, Aussiedler und deutsche Minderheiten. Es hat sich gezeigt, dass das deutsche
Parlament deren berechtigten Anliegen besonders verbunden ist. Ich dankte allen Unterstützern und insbesondere den zuständigen Berichterstattern der Koalitionsfraktionen für die Etats der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien,
Rüdiger Kruse MdB und Johannes Kahrs MdB, des Bundesministeriums des Innern,
Dr. Reinhard Brandl MdB und Martin Gerster MdB, sowie des Auswärtigen Amtes,
Alois Karl MdB und Doris Barnett MdB.
Die Abgeordneten Martin Gerster, Dr. Reinhard Brandl , Doris Barnett und Alois Karl
hatten sich noch zweit Tage zuvor auf der Jahrestagung der Arbeitsgemeinschaft
Deutscher Minderheiten über aktuelle Förderanliegen informiert.
Seite 45
1.15. Veranstaltung „Heimat-Identität-Glaube“ mit Bundesinnenminister Dr. Thomas de Maizière MdB
Unter dem Motto "Heimat – Identität – Glaube" haben der Bundesminister des Innern, Dr. Thomas de Maizière, MdB, und ich am 12.11.2015 zu einer gemeinsamen
Veranstaltung mit Repräsentanten der Aussiedler in Deutschland, der nationalen
Minderheiten in Deutschland, der deutschen Minderheiten in Europa und den GUSStaaten, sowie Vertretern aus Politik, Wirtschaft, der Kirchen, des Sports und der Kultur eingeladen.
BA Hartmut Koschyk MdB, Petra Rosenberg,
BM Thomas de Maiziére MdB, Erzbischof
Dietrich Brauer und Klaus Brähmig MdB
Quelle: BMI
In seiner Eröffnungsrede ging Bundesinnenminister Dr. Thomas de Maizière zum Teil
sehr persönlich auf seine Empfindung für Heimat, Identität und Glaube ein. De Maizière zitierte den Kulturwissenschaftler Heinz Schilling, der Heimat als "eine Sehnsuchtslandschaft der Gefühle" beschreibt. Er ging weiter darauf ein, wie sich Heimat
verändern und wie man eine alte und neue Heimat erleben kann und welche gesellschaftliche Verantwortung er in diesem Zusammen sieht, gerade auch jetzt, wo Millionen Menschen auf der Flucht sind. De Maizière schloss seine Rede mit den Worten:
"Auf eine gewisse Weise haben Sie, die Aussiedler, die deutschen Minderheiten und
die nationalen Minderheiten in Deutschland diese Auseinandersetzung mit Identität,
Tradition und Sprache vorgemacht."
Seite 46
Die Rede von Bundesinnenminister Dr. Thomas de Maizière finden Sie hier:
http://www.aussiedlerbeauftragter.de/SharedDocs/Downloads/AUSB/DE/rede-bmde-maiziere-glaube-identit%C3%A4t-heimat.html?nn=3791990
Anna Ronin, Redakteurin des oberschlesischen deutschsprachigen "Radio Mittendrin"
in Ratibor/Racibórz, Polen, und Danko Handrick, MDR-Chefreporter und Angehöriger der sorbischen Minderheit in Deutschland führten die Teilnehmer durch eine
Deutschland-, GUS-, und Europareise.
Der rumänische Präsident, Klaus Johannis, selbst Angehöriger der deutschen Minderheit seines Landes, übermittelte für die Veranstaltung sein persönliches Grußwort, das
vom Botschafter der Republik Rumänien in Deutschland, Emil Hurezeanu, verlesen
wurde.
Das Grußwort des rumänischen Staatspräsidenten Johannis finden Sie hier:
http://www.aussiedlerbeauftragter.de/SharedDocs/Downloads/AUSB/DE/gru%C3%9
Fwort-johannis-rum-praesident.html?nn=3791990
Eindrucksvoll berichteten prominente und interessante Persönlichkeiten aus Politik,
Wirtschaft, der Kirchen, des Sports und der Kultur von Ihren Erfahrungen und Ihrer
persönlichen Bedeutung zu "Heimat, Identität und Glaube".
Bundesinnenminister de Maizière und ich begrüßten dazu:

Olga Hoffmann, Miss Germany 2015, geboren in der Ukraine, aufgewachsen in
Deutschland

Ina Menzer, Box-Weltmeisterin, gebürtig aus Kasachstan

Heinrich Zertik MdB, aus Kasachstan stammend

Dr. Bernd Fabritius MdB, Rumäniendeutscher, BdV-Präsident und Landsmannschaftsvorsitzender der Siebenbürger Sachsen

David Statnik, Vorsitzender des sorbischen Dachverbandes Domowina
Seite 47

Karin Evers-Meyer MdB, Mitglied im Beratenden Ausschuss der Niederdeutschen Sprachgruppe

Petra Rosenberg, Vorsitzende des Landesverbandes Deutscher Sinti und Roma
in Berlin-Brandenburg

Jette Waldinger-Thiering MdL, Landtagsabgeordnete des SSW und Vertreterin
der dänischen Minderheit

Erzbischof Dietrich Brauer, Evangelisch-Lutherische Kirche in Russland

Lene Dej, Redakteurin Sender Tyssa , deutsche Berichterstattung in der Ukraine

Kinga Gáspár, AGDM/Jugendvertretrin der deutschen Minderheit in Ungarn

Gwyn Nissen, Chefredakteur Nordschleswiger

Jakob Petker, Russlanddeutscher Unternehmer
BA Hartmut Koschyk MdB, Box-Weltmeisterin
Ina Menzer, Bundesvorsitzender der Landsmannschaft Schlesien Stephan Rauhut, MdB Heiko
Schmelze und Miss Germany 2015, Olga Hoffmann
Quelle: BMI
Musikalisch umrahmt wurde die Veranstaltung von Chansons von Norma Schulz in
friesischer und deutscher Sprache. Norma Schulz ist eine junge Sängerin von der Insel
Föhr, die mit 17 nach Hamburg zog um ihren eigenen musikalischen Weg zu finden.
Angefangen hat aber alles auf der Insel und das hört man auch immer wieder in ihren
Liedtexten, in denen es auch um die Liebe zur Heimat geht.
Seite 48
BA Hartmut Koschyk mit Anna Ronin, Norma Schulz
und Danko Handrick
Quelle: BMI
In meiner Funktion als Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und
nationale Minderheiten und auch persönlich habe ich mich sehr gefreut, dass ich gemeinsam mit dem Bundesinnenminister eine so erfahrungsreiche Veranstaltung
durchführen konnte und Vertreter der Aussiedler in Deutschland, der nationalen
Minderheiten in Deutschland, der deutschen Minderheiten in Europa und den GUSStaaten so zahlreich begrüßen konnte. Als Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen lege ich in meiner Arbeit immer einen Schwerpunkt auf den Dreiklang
von Heimat - Identität - Glaube. Fehlt einer dieser Laute, geht die ganze Harmonie
verloren.
1.16. Innenausschuss des Deutschen Bundestages befasst sich
mit den Tätigkeitsschwerpunkten des Bundesbeauftragten und Antiziganismus in Deutschland
Für den 16. Dezember 2015 wurde ich in den Innenausschuss des Deutschen Bundestages eingeladen, um zu meinen Tätigkeitsschwerpunkten sowie zum Antiziganismus
in Deutschland zu berichten.
Ich gab den Ausschussmitgliedern umfassend Auskunft zu meinen Hauptaufgaben:
der Aufnahme und Integration von Spätaussiedlern aus den Nachfolgestaaten der
früheren Sowjetunion, der Lage der nationalen, autochthonen Minderheiten in
Seite 49
Deutschland (Dänen, Friesen, Sorben sowie deutsche Sinti und Roma) sowie zu den
deutschen Minderheiten in Mittel-, Ost- und Südosteuropa und in den GUS-Staaten.
Bundesbeauftragter Hartmut Koschyk MdB, Parlamentarischer Staatssekretär Dr. Ole Schröder, Ausschussvorsitzender Ansgar Heveling
Quelle: BMI
Diskriminierung und sogar tätliche Gewalt gegen in Deutschland lebende Sinti und
Roma sind nach wie vor eine traurige und beschämende Realität, wie erst Mitte Oktober die Schändung des zentralen Denkmals für die von den Nationalsozialisten ermordeten Sinti und Roma mitten in Berlin deutlich gemacht hat.
Ich stellte die Maßnahmen der Bundesregierung gegen Antiziganismus im Bereich der
politischen Bildung, aber auch in der Kriminalitätsbekämpfung vor. Das Bundesministerium des Innern hat sich auf Arbeitsebene mit den Innenministerien der Länder
darauf verständigt, ab 2017 antiziganistische Straftaten ebenso wie islam- bzw. christenfeindliche Straftaten als eigenständiges Unterthema des Themenfeldes "Hasskriminalität" zu erfassen. Dieser Beschluss bedarf noch der Bestätigung der Innenministerkonferenz.
Den ausführlichen Bericht an den Innenausschuss finden Sie als Publikation auf meiner Homepage unter:
http://www.aussiedlerbeauftragter.de/SharedDocs/Downloads/AUSB/DE/koschykbericht-im-innenausschuss.pdf?__blob=publicationFile
Seite 50
1.17. Meinungs- und Informationsaustausch mit dem Apostolischen Nuntius, S.E. Erzbischof Dr. Nikola Eterović
Am 15. Dezember 2015 hatte ich die Gelegenheit, mich erneut mit dem Apostolischen
Nuntius in Deutschland, S.E. Erzbischof Dr. Nikola Eterović, zu einem ausführlichen
Informations- und Gedankenaustausch zu treffen. Diesem Treffen war ein Gespräch
im Februar 2015 vorausgegangen.
Bundesbeauftragter Hartmut Koschyk und
S.E. Erzbischof Dr. Nikola Eterović
Quelle: BMI
In meiner Funktion als Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und
nationale Minderheiten berichtete ich dem Vertreter des Heiligen Stuhls von meinen
jüngsten Reisen in die Karpatenukraine, nach Süd- und Nordkorea sowie nach Kamerun. Außerdem konnte ich mich mit S.E. Eterović über die politische Lage nach den
Parlamentswahlen und der daraus folgenden Regierungsneubildung in Polen beraten,
insbesondere über die Auswirkungen auf die nationalen Minderheiten in Polen, über
die ich mich erst jüngst mit dem Oppelner Bischof Dr. Andrzej Czaja beraten hatte.
Besonders ausführlich wurde bei dem Gespräch die Lage der katholische Kirche in der
Karpatenukraine erörtert, der auch fast alle Mitglieder der deutschen Minderheit in
dieser Region angehören; Erzbischof Dr. Eterović war von 1999 bis 2004 Apostolischer
Nuntius in der Ukraine. Ich selbst hatte in diesem Jahr die ukrainische Oblast
Transkarpatien besucht und war dort mit Diözesanbischof Anatol Majnek zusammengetroffen.
Seite 51
Auch die von mir dargelegte Intensivierung der Einbeziehung der katholischen und
der evangelischen Kirche in den Prozess der innerkoreanischen Annäherung wurde
vom Nuntius mit großem Interesse zur Kenntnis genommen.
Von ungebrochener Aktualität für Fragen des Minderheitenschutzes ist nach unserer
gemeinsamen Auffassung nach wie vor die Botschaft von Papst Johannes Paul II. zum
Weltfriedenstag 1989, die unter den Titel "Frieden schaffen, Minderheiten achten!"
gestellt wurde und nach der die Achtung der Minderheiten "[…] als der Prüfstein für
ein harmonisches gesellschaftliches Zusammenleben und als Beweis für die von einem Land und seinen Einrichtungen erreichte gesellschaftliche Reife angesehen werden [müsse]."
2. Nationale Minderheiten in Deutschland
2.1.
Intensive Beratungen mit dem Minderheitenrat zum
künftigen Haus der Minderheiten in Flensburg
In Berlin bin ich Ende Februar 2015 mit den Vertretern des Minderheitenrates zusammengetroffen.
Bundesbeauftragter Koschyk MdB mit den Vertreterinnen und Vertretern des Minderheitenrats
Quelle: BMI
Seite 52
Der Minderheitenrat der vier autochthonen nationalen Minderheiten und Volksgruppen Deutschlands befasst sich mit grundsätzlichen Angelegenheiten der vier autochthonen nationalen Minderheiten: der Dänen, Friesen, der deutschen Sinti und Roma
sowie der Lausitzer Sorben. Er setzt sich für deren Förderung und Schutz ein und vertritt gemeinsam die Interessen der vier Minderheiten gegenüber der Bundesregierung
und dem Deutschen Bundestag.
Einen Schwerpunkt der Beratungen bildete die Realisierung eines „Hauses der Minderheiten“ in Flensburg. Entscheidende Voraussetzung für einen dauerhaften Betrieb
ist die Sanierung des historischen „Packhauses“ in Flensburg, das im Eigentum der
Selbstorganisation der dänischen Minderheit, des Sydslesvigsk Forening (SSF), steht
und unter dessen Dach auch das „Haus der Minderheiten“ eine Bleibe finden soll.
2.2.
Bundesinnenminister de Maizière konstituiert Beratenden Ausschuss für die deutschen Sinti und Roma
Bundesminister des Innern, Dr. Thomas de Maizière, hat im März 2015 den Beratenden Ausschuss für die deutschen Sinti und Roma beim Bundesministerium des Innern
konstituiert, welcher von mir in meiner Funktion als Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten geleitet wird.
Der Bundesinnenminister unterstrich die Bedeutung des Gremiums durch seine persönliche Anwesenheit und übernahm auch die Sitzungsleitung zu Beginn der Beratungen.
Der Beratende Ausschuss ermöglicht den deutschen Sinti und Roma den regelmäßigen Austausch mit der Bundesregierung, dem Deutschen Bundestag und den Landesregierungen. Nachdem es für die übrigen in Deutschland autochthone nationalen
Minderheiten – die Dänen, Friesen und Sorben – bereits seit längerer Zeit Beratende
Ausschüsse gibt, hatte ich mich seit meinem Amtsantritt im Januar 2015 konsequent
Seite 53
für die Einrichtung eines solchen Gremiums auch für die deutschen Sinti und Roma
eingesetzt.
Bundesinnenminister de Maizière und
Beauftragter Koschyk bei der konstituierenden Sitzung im BMI, Berlin
Quelle: BMI
Die deutschen Sinti und Roma waren durch Delegationen des Zentralrats deutscher
Sinti und Roma sowie der Sinti-Allianz vertreten, die durch ihre jeweiligen Vorsitzenden Romani Rose und Manja Schuecker-Weiss angeführt wurden. Eine große Beteiligung von Vertretern des Bundestages und der Bundesländer bezeugte eindrucksvoll
die Solidarität der deutschen politischen Öffentlichkeit mit dieser seit Jahrhunderten
in Deutschland ansässigen Minderheit, die in letzter Zeit wieder verstärkt schlimmen
Anfeindungen ausgesetzt ist.
Die Sitzung des Beratenden Ausschusses wurde auch für einen Informationsaustausch zur Lage der Roma im östlichen Europa genutzt. Im Bundesministerium des
Innern ist auch die deutsche "Nationale Kontaktstelle" im Rahmen der "RomaStrategie der Europäischen Union" angesiedelt.
Ich berichtete auch von meinem Einsatz für die Verbesserung der Lebensqualität in
der Roma-Siedlung Habeš in der Ostslowkai.
Seite 54
2.3.
60 Jahre Bonn-Kopenhagener-Erklärung
Mit einem Festakt in Schleswig-Holsteins Landesvertretung in Berlin wurde das 60jährige Jubiläum, der am 29. März 1955 unterzeichneten Bonn-KopenhagenerErklärungen, am 26. März 2015 begangen.
v.l.n.r.: Ministerpräsident Torsten Albig, Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier
MdB, Bundesbeauftragter Hartmut Koschyk
MdB, Hinrich Jürgensen vom Bund deutscher
Nordschleswiger
Quelle: BMI
Bereits im Vorfeld der Festveranstaltung haben Bundesaußenminister Frank-Walter
Steinmeier und sein dänischer Amtskollege Martin Lidegaard eine „Gemeinsame
Deutsch-Dänische Erklärung zum 60. Jahrestag der Bonn-Kopenhagener Erklärungen“ unterzeichnet. Darin wird hervorgehoben, dass diese Erklärung die Grundlage
für eine erfolgreiche und engagierte Minderheitenpolitik sei, die heute weltweit Anerkennung findet.
Vor 60 Jahren unterzeichneten Bundeskanzler Konrad Adenauer und der dänische
Ministerpräsident Hans Christian Hansen die Bonn-Kopenhagener Erklärungen. Sie
bestätigen geltende Freiheitsrechte, besonders das freie Bekenntnis zur jeweiligen
Sprache und Kultur, und die Gleichbehandlung der Minderheiten.
In seiner Rede erklärte Bundesaußenminister Steinmeier, dass das, was man vor 60
Jahren nur hoffen konnte, heute Realität geworden sei: Die Erklärungen wurden der
Ausgangspunkt einer tiefen Verständigung und Freundschaft zwischen Deutschen
und Dänen. Heute sei Flensburg drauf und dran, die erste zweisprachige deutschSeite 55
dänische Stadt in Deutschland zu werden. Und der Südschleswigsche Wählerverband
ist nicht nur im Landtag, sondern mit Anke Sporendonk auch in der Landesregierung
vertreten, so Bundesaußenminister Steinmeier.
Bundesaußenminister Steinmeier: "Sie haben bei sich im Norden innerhalb der letzten 60 Jahre bewiesen, wie positiv sich eine erfolgreiche Minderheitenpolitik auswirken kann. Das leben Sie auf beiden Seiten der Grenze. Und dazu entwickeln Sie Konzepte, die über Deutschland und Dänemark hinaus wirken. Denn Flensburg hat sich
zu einem Zentrum für internationale Minderheitenfragen entwickelt. Hier sitzt das
European Centre for Minority Issues, das das Thema seit bald 20 Jahren erforscht und
Konflikte etwa in Georgien und im Kosovo zu entschärfen hilft. Und Flensburg ist
auch Sitz der Föderalistischen Union Europäischer Volksgruppen, die sich für die
Rechte von rund 300 nationalen Minderheiten in Europa einsetzt."
Bundesaußenminister Steinmeier beendete seine Festrede mit dem Zitat des Kabarettisten Wolfgang Neuss: "Gut geht es Dänen und denen, denen Dänen nahestehen."
Auch der dänische Außenminister Martin Lidegaard würdigte "den fantastischen Erfolg" im Hinblick auf eine nachhaltige Minderheitenpolitik seit Unterzeichnung der
Bonn-Kopenhagener Erklärungen vor 60 Jahren. Die zurückliegenden 60 Jahre haben
nicht nur gezeigt, dass sich Herausforderungen im Zusammenhang mit nationalen
Minderheiten lösen lassen, sondern auch bewiesen welches "Potential" in den nationalen Minderheiten liege, die beiderseits der deutsch-dänischen Grenze zum wirtschaftlichen Wohlstand einen nachhaltigen Beitrag leisten. Vor dem Hintergrund aktueller Minderheitenkonflikte, wie beispielsweise in der Ukraine, könne die BonnKopenhagener-Erklärungen eine "Inspiration zur Konfliktlösung" darstellen, so Außenminister Lidegaard.
"Däne ist, wer Däne sein will, und Deutscher ist, wer Deutscher sein will." Mit diesen
Worten haben laut Ministerpräsidenten Torsten Albig deutsche und dänische Politiker einen "Gordischen Knoten" geschlagen. Deutschland und Dänemark haben daSeite 56
mals den Weg der Toleranz eingeschlagen und die Konsequenzen aus einem Jahrhunderte dauernden Grenzkonflikt gezogen, so Ministerpräsident Albig. Seit Unterzeichnung der Bonn-Kopenhagener-Erklärungen vor 60 Jahren wurden diese zwischenmenschlich und institutionell mit Leben gefüllt. So wurde beispielsweise jeweils das
Amt eines Minderheitenbeauftragten geschaffen, von wo aus nachhaltige Impulse für
eine moderne Minderheitenpolitik gesetzt wurden.
Im Rahmen des Festaktes fand auch eine Podiumsdiskussion mit Hinrich Jürgensen
vom Bund deutscher Nordschleswiger, Jon Hardon Hanson vom Sysdslesvigsk Forening und mir statt. Geleitet wurde die Diskussion vom Journalisten des Norddeutschen Rundfunks, Ernst Christ.
Ich erklärte, dass man gerade im andauernden Russland-Ukraine Konflikt sehen könne, dass eine nachhaltige Minderheitenpolitik stets auch aktive Friedenspolitik sei. Bei
den zurückliegenden Feierlichkeiten anlässlich des 65. Jährigen Bestehens der Föderalistischen Union Europäischer Volksgruppen (FUEV) in Flensburg im Mai vergangen
Jahres waren die Minderheitenvertreter aus der Ukraine tief beeindruckt von der
deutsch-dänischen Zusammenarbeit im Bereich der Minderheitenpolitik, die friedensstiftenden Charakter habe. Auch der Minderheitenbeauftragte der Ukraine, Gennadiy Druzenko, hatte auf meine Vermittlung die deutsch-dänische Grenzregion besucht und sich dort von der Miderheitenschutz-Kompetenz der FUEV, aber auch vom
Europäischen Zentrum für Minderheitenfragen (European Centre for Minority Issues
/ECMI) überzeugen können.
Hinrich Jürgensen vom Bund deutscher Nordschleswiger erklärte, dass seit Unterzeichnung der Bonn-Kopenhagener-Erklärungen diese von der dänischen und deutschen Minderheit in Nord- und Südschleswig mit Leben erfüllt wurden. Dabei habe
gerade die dänische und deutsche Minderheit auch die Möglichkeit aufgegriffen darauf hinzuweisen, was jenseits der Grenze vielleicht "besser läuft" und damit Impulse
für die politischen Entscheidungen im eigenen Land gesetzt.
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Auch Jon Hardon Hanson vom Sysdslesvigsk Forening verwies auf die Erfolgsgeschichte der deutsch-dänischen Minderheitenpolitik in Nord- und Südschleswig. Neben der Ausnahme von der Sperrklausel bei politischen Wahlen und der gegenseitigen
Anerkennung von Schulabschlüssen, sei insbesondere die "Bekenntnisfreiheit" der
jeweiligen Minderheit der Schlüssel des Erfolges in den zurückliegenden 60 Jahren
gewesen.
Die vollständige Rede von Bundesaußenminister Dr. Steinmeier finden Sie hier:
http://www.auswaertigesamt.de/DE/Infoservice/Presse/Reden/2015/150326_BM_Bonn_Kopenhagener_Erklae
rung.html
Die Gemeinsame Deutsch-Dänische Erklärung zum 60. Jahrestag der BonnKopenhagener Erklärungen finden Sie hier: http://www.auswaertigesamt.de/DE/Infoservice/Presse/Meldungen/2015/150326_Dt_Daen_Erklaerung.html
2.4.
Interview mit deutschland.de zum Thema Regional- und
Minderheitensprachen in Deutschland
F: Herr Koschyk, Sie setzen sich als Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten auch für das kulturelle Erbe von Regional- und
Minderheitensprachen in Deutschland ein. Welche dieser Sprachen werden in
Deutschland überhaupt gesprochen?
Bundesbeauftragter: Aufgrund der entsprechenden Abkommen des Europarates werden die vier in Deutschland anerkannten nationalen Minderheiten – die dänische
Minderheit, das sorbische Volk, die friesische Volksgruppe sowie die deutschen Sinti
und die deutschen Roma und deren Sprachen - das Dänische, das Ober- und das Niedersorbische, das Nord- und das Saterfriesische sowie das Romanes - geschützt. Die
Angehörigen nationaler Minderheiten pflegen in Deutschland jahrhundertealte Sitten
und Gebräuche. Ihre Sprache bedeutet für sie kulturelle Identität, die sie an ihre KinSeite 58
der und Enkel weitergeben wollen. Gleiches gilt für die Sprecher der Regionalsprache
Niederdeutsch/Platt. Auch diese Regionalsprache wird in Deutschland geschützt.
F: Warum ist es wichtig, diese Sprachen zu fördern?
Bundesbeauftragter: Schutz und Förderung der geschichtlich gewachsenen Minderheiten, ihrer Sprachen sowie der Regionalsprache Niederdeutsch tragen zur Erhaltung
und Entwicklung kulturellen Reichtums in Deutschland bei. Kulturelle Vielfalt wiederum fördert Toleranz und Akzeptanz, welche unabdingbar für eine gelebte pluralistische Demokratie ist.
F: Die Anerkennung von Regionalsprachen ist sicher eine wichtige symbolische Geste
– welche praktische Bedeutung hat sie?
Bundesbeauftragter: Die Tätigkeit meines Amtes erstreckt sich neben den nationalen
Minderheiten auch auf Schutz und Förderung der Regionalsprache Niederdeutsch.
Auch für die Niederdeutsch-Sprecher wurde ein Beratender Ausschuss beim Bundesministerium des Innern eingerichtet. Dieser sichert den Sprechern der Regionalsprache den Kontakt zur Bundesregierung, dem Deutschen Bundestag sowie den acht
Ländern, in denen Niederdeutsch gesprochen wird. Außerdem wird die niederdeutsche Sprachgruppe durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien
finanziell gefördert.
F: Wie möchten Sie den Sprachen mehr Geltung verschaffen?
Bundesbeauftragter: Die Konferenz "Charta-Sprachen in Deutschland – Ein Thema
für alle!" unter der Schirmherrschaft von Bundestagspräsident Professor Dr. Lammert
ist der Auftakt zu einer vertieften Auseinandersetzung mit den Sprechern der Regional- und Minderheitensprachen. Ziel der Konferenz ist es, vor allem im parlamentarischen Raum für den Schutz und die Pflege der Regional- und Minderheitensprachen
zu werben.
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F: Deutschland gehörte 1992 zu den ersten Staaten, die eine „Charta der Regionalund Mindersprachen“ des Europarats unterzeichneten. Was hat diese Charta bisher
bewirkt, was soll sie in Zukunft leisten?
Bundesbeauftragter: Mit der Charta sollen die traditionell in einem Vertragsstaat gesprochenen Minderheiten- und Regionalsprachen als bedrohter Aspekt des europäischen Kulturerbes geschützt und gefördert werden. In vielen Regionen sind die Minderheiten- und Regionalsprachen für die Öffentlichkeit sichtbar. Sie finden sie auf
Ortsschildern, die Sprachen können zum Teil sogar bei Gericht und im Kontakt mit
der öffentlichen Verwaltung verwendet werden. Gleichwohl besteht für die Zukunft
nach wie vor Handlungsbedarf: Eine zentrale Aufgabe ist es hierbei vor allem, die junge Generation für den Fortbestand und die Weiterentwicklung der Regional- und
Minderheitensprachen zu gewinnen.
F: Wie werden die Angehörigen der nationalen Minderheiten in Deutschland konkret
unterstützt?
Bundesbeauftragter: Eine finanzielle Förderung der nationalen Minderheiten findet
sowohl durch die Bundesregierung als auch durch die Länder und Kommunen statt.
Die nationalen Minderheiten in Deutschland sind in einem Minderheitenrat zusammengeschlossen und unterhalten gemeinsam ein Minderheitensekretariat in Berlin.
Daneben bestehen zahlreiche Gremien, welche die nationalen Minderheiten unterstützen: So hat die Bundesregierung einen Beauftragten für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten berufen, der auf Bundesebene Ansprechpartner für alle Belange
der nationalen Minderheiten ist. Beim Deutschen Bundestag besteht ein Gesprächskreis Minderheitenfragen und die Bundesregierung hat Beratende Ausschüsse für die
anerkannten nationalen Minderheiten und die Sprachgruppe des Niederdeutschen
eingerichtet.
F: Wie eng arbeitet Deutschland in Minderheitenfragen mit anderen Ländern zusammen?
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Bundesbeauftragter: Deutschland unterstützt die Maßnahmen des Europarates, der
EU und der OSZE in Minderheitenangelegenheiten und hat auf diese Weise zahlreiche
bilaterale Kontakte mit anderen Staaten. Bei meinen Reisen zu den deutschen Minderheiten im Ausland vereinbare ich immer auch Termine mit Regierungsmitgliedern
und Parlamentariern, die für Minderheitenfragen zuständig sind. Gerade mit der Ukraine habe ich die Kontakte in Fragen des Minderheitenschutzes in diesem Jahr sehr
intensiviert.
***erschienen im April 2015 auf Deutschland.de***
2.5.
Vorstellung des Kommentars zum Rahmenübereinkommen des Europarates zum Schutz nationaler Minderheiten
In der Vertretung des Freistaates Sachsen in Berlin wurde der Kommentar zum Rahmenübereinkommen des Europarates zum Schutz nationaler Minderheiten vorgestellt.
Hartmut Koschyk MdB
Quelle: BMI
In meinem Grußwort begrüßte ich ausdrücklich die vorliegende Kommentierung, die
von Herausgebern und Autoren aus den vier Gebieten, in denen Deutsch Amtssprache
bzw. Staatssprache ist, verfasst wurde.
Der Kommentar soll sowohl Angehörigen nationaler Minderheiten, als auch dem Gesetzgeber, der Verwaltung, der Justiz, der Wissenschaft und der Zivilgesellschaft als
Seite 61
praktischer Leitfaden dienen und mehr Rechtssicherheit in Bezug auf minderheitenrechtliche Fragen herstellen. Insbesondere den Vertretern der Kommunen, die mit der
Umsetzung bestimmter Vorgabe des Rahmenübereinkommens zum Schutz nationaler Minderheiten befasst sind, wird hierdurch eine detaillierte Interpretation des Inhalts der einzelnen Artikel des Rahmenübereinkommens ermöglicht und der Bekanntheitsgrad des Abkommens in den Kommunen insgesamt gesteigert.
Ich erklärte, dass es mich sehr freut, dass nach dem Kommentar zur Sprachencharta
nunmehr auch ein entsprechendes Werk zu dem für den Minderheitenschutz grundlegenden Rahmenübereinkommen des Europarates zum Schutz nationaler Minderheiten entstanden sei.
Mein vollständiges Grußwort finden Sie hier:
http://www.aussiedlerbeauftragter.de/SharedDocs/Reden/AUSB/DE/vorstellungkommentar-rahmen%C3%BCbereinkommen.html
2.6.
Beratungen über das Haus der Minderheiten in Flensburg
(v.l.n.r.): Oberbürgermeister Simon Faber
(Flensburg), Eico Wenzel (Flensburg), Jon
Hardon Hansen (SSF), Jens A. Christiansen (SSF), Paul Dieter Küssner (FUEV),
Heinrich Hansen (FUEV), Bettina Hagedorn MdB, Dr. Sabine Sütterlin-Wack
MdB, BA Hartmut Koschyk MdB, Ulrike
Adamsky-Metz (BMI), Anne Nilges (Kulturministerium Schleswig-Holstein),
Rosa Schmitt-Neubauer (BKM)
Quelle: BMI
Zu einem gemeinsamen Gespräch habe ich die beiden Bundestagsabgeordneten Bettina Hagedorn und Dr. Sabine Sütterlin-Wack, den Flensburger Oberbürgermeister
Simon Faber mit seinem Mitarbeiter Eico Wenzel, den Präsident der Föderalistischen
Union Europäischer Volksgruppen Heinrich Hansen mit Vizepräsident Paul Dieter
Küssner, Jon Hardon Hansen und Jens A. Christiansen vom Sydslesvigsk Forening
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(SSF) als Vertreter der dänischen Minderheit in Deutschland und schließlich Vertreter
der Bundesregierung und der Landesregierung von Schleswig-Holstein ins Bundesministerium des Innern in Berlin eingeladen, um über die Möglichkeiten der zügigen
Realisierung eines "Hauses der Minderheiten Europas" in Flensburg zu sprechen.
Entscheidende Voraussetzung hierfür ist die Sanierung des historischen "Packhauses"
in Flensburg, das im Eigentum der Selbstorganisation der dänischen Minderheit, des
Sydslesvigsk Forening (SSF), steht und unter dessen Dach auch das "Haus der Minderheiten Europas" eine Bleibe finden soll.
2.7.
Vertreter der vier autochthonen nationalen Minderheiten in Deutschland zu Gast im Innenausschuss des Deutschen Bundestages
Im Innenausschuss des Deutschen Bundestages waren die Vertreter der vier autochthonen nationalen Minderheiten in Deutschland – der Sorben, der Friesen, der Dänen
sowie der Sinti und Roma – in dessen fraktionsübergreifenden "Gesprächskreis Minderheitenfragen" zu Gast. Mit dabei war ich in meiner Funktion als Beauftragter der
Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten.
Nationale Minderheitenvertreter beim Gesprächskreis Minderheitenfragen
Quelle: BMI
In der vom stellvertretenden Vorsitzenden des Innenausschusses, Frank Tempel MdB,
geleiteten Sitzung wurde zunächst ein Rückblick auf die im November 2014 durchgeführte Konferenz "Charta-Sprachen in Deutschland – ein Gewinn für alle" sowie auf
den Festakt in der Landesvertretung Schleswig-Holsteins für das 60-jährige Jubiläum
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der am 29. März 1955 unterzeichneten Bonn-Kopenhagener-Erklärungen, an dem
auch die Außenminister Deutschlands und Dänemarks, Frank-Walter Steinmeier und
Martin Lidegaard, teilnahmen, vorgenommen. Intensiv erörtert wurde die in den letzten Jahren zunehmende rechtsextremistische Hetze, Bedrohung und Gewalt gegen die
Angehörigen nationaler Minderheiten in Deutschland, wobei das Internet eine immer
größere Rolle spielt. Minderheitenvertreter und Politiker warnten einhellig vor einer
Verharmlosung dieser Vorfälle und forderten den Rechtsstaat auf, diesen Angriffen
auf die Menschenwürde entschieden entgegenzutreten.
Die anwesenden Abgeordneten vereinbarten, an den Innenausschuss mit der Bitte um
Initiierung einer Bundestagsdebatte zu den sich aus der Sprachenkonferenz 2014 ergebenden Schlussfolgerungen heranzutreten. Es wurde beschlossen, dass ich als Beauftragter im Innenausschuss über meine Arbeit in den Bereichen Spätaussiedleraufnahme und -integration, nationale Minderheiten in Deutschland und deutsche Minderheiten in Europa berichte.
2.8.
Beratender Ausschuss für die Angelegenheiten des Sorbischen Volkes tagt in Berlin
In Berlin ist der Beratende Ausschuss für die Angelegenheiten des Sorbischen Volkes
am 26. Mai 2015 zu seiner jährlichen Sitzung zusammengetreten, dem neben Vertretern der Sorben auch Mitglieder des Deutschen Bundestages und der Landesregierungen von Brandenburg und Sachsen angehören. Die Leitung dieses einmal jährlich tagenden Gremiums obliegt qua Amt dem Beauftragten der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten.
Der Vorsitzende der Domowina – Bund Lausitzer Sorben e.V., David Statnik, stellte in
seinem Bericht die Weiterentwicklung der Sprachförderung in den beiden Sprachen
Nieder- und Obersorbisch in den Mittelpunkt. Dem seit einigen Jahren spürbaren
Mangel an qualifizierten, in den jeweiligen Sprachen kompetenten Lehrern müsse
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durch geeignete Maßnahmen begegnet werden. Um an der rasanten Entwicklung
beim Einsatz elektronischer Medien bei den Angeboten zum Erlernen von Sprachen
teilzuhaben, werden derzeit die Möglichkeiten für den Aufbau und die Weiterentwicklung von Sprachkorpora für die beiden sorbischen Sprachen ausgelotet, um
baldmöglichst über eine Grundlage für die Entwicklung entsprechender Anwendungen zu verfügen.
V.l.n.r.: Bernhard Ziesch (Domowina), Maria Michalk
MdB, Stephan Kühn MdB, Caren Lay MdB, Marko Suchy
(Stiftung f. das Sorbische Volk), BA Hartmut Koschyk
MdB, David Štatnik (Domowina), Měto Nowak (Brandenburg), Jan Budar (Stiftungsrat Stiftung für das Sorbische Volk), Judith Walde (Domowina), Stanisław Brežan
(Sachsen), Kito Eller (Domowina), Ulrike Adamsky-Metz
(BMI), Ulrike Meffert-Weber (BMI), Inga Stricker (BMI)
Quelle: BMI
Weitere Themen waren die nach wie vor bestehenden Defizite im deutschen Namensrecht in Bezug auf die Möglichkeit für sorbische Frauen, dem Familiennamen die traditionellen Endungen anzuhängen, sowie die nicht vorhandene Zweisprachigkeit auf
Autobahnschildern im Siedlungsgebiet der Sorben. Ich sicherte den Sorben zu, mich
hier für Verbesserungen einzusetzen.
2.9.
Beratender Ausschuss für Niederdeutsch tagt im BMI
Im Bundesministerium des Innern fand am 17. Juni 2015 die turnusgemäße Sitzung
des Beratenden Ausschusses für Fragen der niederdeutschen Sprachgruppe statt, die
ich in meiner Funktion als Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen
und nationale Minderheiten geleitet habe.
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Koschyk leitet Beratenden Ausschuss für Niederdeutsch
Quelle: BMI
Niederdeutsch (Platt) ist in Deutschland als Regionalsprache im Sinne der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen anerkannt. Von den Minderheitensprachen unterscheidet es sich dadurch, dass die Platt Sprechenden keine nationale Minderheit bilden. Zuhause ist Niederdeutsch in den Ländern Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein sowie in
den nördlichen Teilen von Brandenburg, Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt.
Auf ganz Deutschland bezogen beherrschen gut 12 Prozent das Niederdeutsche aktiv,
wie das Institut für niederdeutsche Sprache in einer repräsentativen Umfrage im Jahr
2007 ermittelt hat.
Dem Beratenden Ausschuss gehören neben Mitgliedern des Bundestages und Vertretern der acht Bundesländer, in den Platt gesprochen wird, Vertreter des Bundesrates
für Niederdeutsch (Bundesraat för Nedderdüütsch) an.
Die Mitglieder des Beratenden Ausschusses erörterten u.a. die Lage und die Perspektiven für das Niederdeutsche Theater, für das sich in über 4000, größtenteils ehrenamtlich geführten Bühnen rund 50.000 Mitbürger aktiv beteiligen und das 2014 in die Liste der deutschen UNESCO-Kommission für das Immaterielle Kulturerbe aufgenommen wurde sowie über Bildungsstrategien für das Erlernen des Niederdeutschen.
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Ich hob die besondere Stellung hervor, die das Niederdeutsche nach der Europäischen
Charta der Regional- oder Minderheitensprachen genießt. Gemeinsam mit der anwesenden Bundestagsabgeordneten Karin Meyer-Evers kündigte ich politische Initiativen an, damit sich Bundestag und Bundesrat im Nachgang der erfolgreichen ChartaSprachen-Konferenz im November 2014 im Deutschen Bundestag in eigenen Debatten mit den Fragen der Minderheiten- und Regionalsprachen in Deutschland befassen.
Der Sprecher des Bundesrates für Niederdeutsch und Geschäftsführer des Instituts für
Niederdeutsche Sprache, Dr. Reinhard Goltz, dankte mir für mein Engagement für die
Regionalsprache Niederdeutsch und hob dabei insbesondere meinen Einsatz für den
Erhalt der Arbeitsstelle Niederdeutsch an der Universität Magdeburg hervor, dessen
Fortbestehen im niederdeutschen Sprachgebiet nunmehr gesichert zu sein scheint. Er
bedankte sich mit der gerade erschienenen, nunmehr fünften Ausgabe des "Asterix"
auf Plattdeutsch, zu dessen Übersetzerteam auch Dr. Goltz selbst gehört.
2.10. 50 Jahre Beratender Ausschuss für Fragen der dänischen
Minderheit beim BMI
Auf den Tag genau vor 50 Jahren wurde am 1. Juli 1965 in Bonn der Beratende Ausschuss für Fragen der Dänischen Minderheit beim Bundesministerium des Innern im
Beisein des damaligen Bundeskanzlers Ludwig Erhard konstituiert.
Dieses Jubiläum nahm ich als Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen
und nationale Minderheiten, dem die Leitung des Gremiums qua Amt obliegt, zum
Anlass, die diesjährige Sitzung genau auf den Jubiläumstag zu legen und anschließend
zu einem Festakt einzuladen, für den ich als Hauptredner Bundestagspräsidenten
Prof. Dr. Norbert Lammert gewinnen konnte.
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Gruppenaufnahme mit Bundestagspräsident Dr. Norbert Lammert MdB
Quelle: BMI
Während der Arbeitssitzung hob Jon Hardon Hansen als Vorsitzender der Selbstorganisation der dänischen Minderheit, des Sydslesvigsk Forening (SSF), die fortwährende
Bedeutung der Bonn-Kopenhagener Erklärungen hervor, deren Unterzeichnung sich
im März dieses Jahres zum 60. Mal jährten. Er begrüßte, dass durch einen fraktionsübergreifenden Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Landtages die finanzielle
Gleichstellung der dänischen Schulen in Schleswig-Holstein mittlerweile in der Landesverfassung festgeschrieben ist. Die Minderheitenbeauftragte des schleswigholsteinischen Ministerpräsidenten, Renate Schnack, informierte die Teilnehmer des
Beratenden Ausschusses über den kürzlich beschlossenen "Handlungsplan Sprachenpolitik" der Landesregierung im Kontext von Regional- und Minderheitensprachen.
Der Generalsekretär des SSF, Jens A. Christiansen, berichtete über den Stand beim
Vorhaben „Haus der Minderheiten Europas“ in Flensburg. Entscheidende Voraussetzung hierfür ist die Sanierung des historischen "Packhauses" in Flensburg, das im Eigentum der Selbstorganisation des SSF steht und unter dessen Dach auch das "Haus
der Minderheiten Europas" eine Bleibe finden soll. Einer der Mieter soll die Föderalistische Union Europäischer Volksgruppen (FUEV) werden.
Aufgabe des Beratenden Ausschusses ist es auch, einen kontinuierlichen Austausch
zwischen der Dänischen Minderheit und dem Deutschen Bundestag sicherzustellen.
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Von Seiten des Parlaments nahmen daher an der Sitzung die von ihren jeweiligen
Fraktionen benannten Bundestagsabgeordneten Dr. Sabine Sütterlin-Waack und Ingbert Liebing von der CDU/CSU-Fraktion, Franz Thönnes von der SPD-Fraktion sowie
Cornelia Möhring von der Fraktion "Die Linke" teil.
In seiner Ansprache beim anschließenden Festakt verwies Bundestagspräsident Prof.
Dr. Norbert Lammert darauf, dass am Anfang der Bismarckschen Einigungskriege der
deutsch-dänische Krieg von 1864 gestanden hätte. Durch die Volksabstimmungen
gemäß dem Versailler Vertrag wurde die bis heute gültige deutsch-dänische Grenze
festgelegt. Der Zweite Weltkrieg mit der Besetzung des neutralen Dänemarks durch
das nationalsozialistische Deutschland stellte eine schwere Hypothek für die deutschdänischen Beziehungen und insbesondere für die deutsche Minderheit in Nordschleswig und die dänische Minderheit in Südschleswig dar. Wenn sich heute die
durch die Bonn-Kopenhagener Erklärungen eingeleitete deutsch-dänische Kooperation in den Minderheitenfragen so unauffällig gestaltet, sei das wohl zuallererst ein
Zeichen dafür, dass diese so gut funktioniert. Gerade mit Blick auf die schwelenden
Minderheitenkonflikte in Europa und die Kampfhandlungen in der Ostukraine betonte der Bundestagspräsident: "Für eine einvernehmliche Regelung von Konflikten ist
kein Aufwand zu groß."
Der Botschafter des Königreichs Dänemark hob in seinem Grußwort drei wesentliche
Prinzipien der Bonn-Kopenhagener Erklärungen hervor, die bis heute nichts von ihrer Aktualität verloren hätten. Erstens sei festgeschrieben worden, dass das Bekenntnis zur jeweils deutschen und dänischen Nationalität und Kultur frei ist und von
staatlicher Seite nicht bestritten oder überprüft werden darf. Zweitens sei den Minderheiten das Recht zugestanden worden, Schulen in eigener Trägerschaft zu unterhalten und die Schulprüfungen in eigener Zuständigkeit abzunehmen. Drittens würde
die politische Partizipation der Minderheiten durch die Befreiung von der 5-ProzentHürde bei den Wahlen zum Schleswig-Holsteinischen Landtag und durch ein kommunales Sonderwahlrecht in Nordschleswig gewährleistet.
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Der Präsident des Schleswig-Holsteinischen Landtags, Klaus Schlie, nannte als wesentliche Voraussetzung für den Erfolg der Bonn-Kopenhagener Erklärungen von
1955 den "Geist des Vertrauens" zwischen Minderheits- und Mehrheitsbevölkerung,
der auf der Grundlage von 1955 aufbaute und 1965 dann einen sichtbaren und folgerichtigen Erfolg durch den Beratenden Ausschuss im Bundesministerium des Inneren
fand. Waren bis vor einigen Jahrzehnten etwa Kontakte zwischen der dänischen und
der deutschen Minderheit kaum denkbar gewesen, so seien beide Minderheiten heute
enge Partner in einer Minderheitenarbeit, die die nationalen Grenzen schon längst
hinter sich gelassen hat. Mittlerweile sehen sich beide Minderheiten als verlässliche
Bündnispartner.
Der Vorsitzende des Südschleswigschen Wählerverbandes und Abgeordnete des
Schleswig-Holsteinischen Landtags, Flemming Meyer, zog einen persönlichen Rückblick auf die 50 Jahre seit der Einrichtung des Beratenden Ausschusses im Jahre 1965.
Er habe damals als Dreizehnjähriger miterlebt, wie die Reise seines Vaters, des SSWLandtagsabgeordneten Karl Otto Meyer, zur Konstituierung des Beratenden Ausschusses nach Bonn und seine Begegnung mit dem damaligen Bundeskanzler Ludwig
Erhard als ein ganz besonderes Ereignis angesehen wurde. Er habe als Kind einen unbeschwerten und spielerischen Umgang mit seinen deutschen Altersgenossen gehabt,
von denen besonders viele Flüchtlinge und Vertriebene aus Ostpreußen gewesen seien. Heute sei die anfängliche Zurückhaltung, ja teilweise sogar Gegnerschaft der deutschen Mehrheitsbevölkerung gegenüber ihren dänischen Mitbürgern einer Kultur der
Offenheit und Akzeptanz gewichen.
Ich wertete es in seinem Schlusswort als ein gutes Zeichen, dass heute auf den Sitzungen des Beratenden Ausschusses für die Fragen der dänischen Minderheit vielmehr
über die Zukunft als über die Vergangenheit gesprochen wird. Ich warb noch einmal
nachdrücklich um politische Unterstützung für das Vorhaben, im von dem Sydslesvigsk Forening erworbenen Packhaus in Flensburg ein "Haus der Minderheiten" einzurichten.
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Mein Grußwort finden Sie hier:
http://www.aussiedlerbeauftragter.de/SharedDocs/Reden/AUSB/DE/koschyk-rede50-jahre-beratender-ausschuss-d%C3%A4n-minderheit.html
2.11. Startschuss für die AGDM-Koordinierungsstelle in Berlin
In Europa gibt es in mehr als 20 Staaten deutsche Minderheiten, deren Zusammenwirken eine grenzüberschreitende und medienübergreifende Zusammenarbeit erfordert.
v.ln.r.: Jens Krumsieg (BMI),
Susann Schenk (Generalsekretärin FUEV), Benjamin Józsa (Geschäftsführer
Demokratisches Forum der
Deutschen in Rumänien),
Olga Martens (Vizepräsidentin FUEV), Bundesbeauftragter Hartmut Koschyk MdB, Kolomann
Brenner (Sprecher AGDM),
Éva Pénzes (Leiterin Koordinierungsstelle), Bernard
Gaida (Vorsitzender Verband deutscher SozialKultureller Gesellschaften
in Polen)
Quelle: BMI
Auf Initiative des Bundesministeriums der Innern wurde daher bereits 1991 die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Minderheiten (AGDM) unter dem Dach der Föderalistischen Union europäischer Volksgruppen (FUEV) gegründet.
Für die organisatorische und inhaltliche Optimierung der Arbeit der AGDM ist jetzt
eine zentrale Koordinierungsstelle eingerichtet worden. Sie soll zukünftig die Vernetzung und den Austausch unter den Mitgliedern der AGDM unterstützen und so für
eine besser abgestimmte und effizientere Minderheitenarbeit beitragen.
Seite 71
Ich hatte mich intensiv für die Einrichtung der AGDM-Koordinierungsstelle eingesetzt. Auch mit Blick auf die gegenwärtigen unvorhersehbaren, komplexen Entwicklungen in Osteuropa ist eine Koordinierungsstelle der Arbeitsgemeinschaft Deutscher
Minderheiten (AGDM) ein dringend notwendiges Instrument zur Stärkung der Minderheitenarbeit. Die Vertreter deutscher Minderheiten sehen in der Vernetzung innerhalb der AGDM eine wichtige Stärkung ihrer Stellung in den jeweiligen Heimatstaaten.
2.12. 10-jähriges Jubiläum des Minderheitenrates und Minderheitensekretariats
Anlässlich des 10-jährigen Jubiläums haben der Minderheitenrat und das Minderheitensekretariat zu einem parlamentarischen Frühstück eingeladen. In meiner Funktion
als Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten habe ich folgendes persönliches Grußwort gesprochen:
Minderheitenrat und Minderheitensekretariat setzen sich seit dem Jahr 2005 für den
Schutz und die Förderung der vier autochthonen nationalen Minderheiten ein und
vertreten deren Interessen gegenüber Parlament und Regierung, aber auch in der
breiten Öffentlichkeit. Dies tun sie mit Nachdruck und Beharrlichkeit!
Ein herausragendes Ereignis unserer Zusammenarbeit war die vielbeachtete Konferenz „Charta-Sprachen in Deutschland – Ein Thema für alle!", im November letzten
Jahres, ebenfalls hier in den Räumen der Deutschen Parlamentarischen Gesellschaft.
Ergebnis der Konferenz ist das gemeinsame Papier des Minderheitenrates und des
Beauftragten der Bundesregierung "Charta-Sprachen in Deutschland - Gemeinsame
Verantwortung". Das Papier umfasst Grundsätze und gemeinsame Zielsetzungen. Es
wurde feierlich an den Schirmherrn der Veranstaltung, Herrn Bundestagspräsidenten
Prof. Dr. Lammert wie auch stellvertretend für die Bundesländer an Frau Anke Spoorendonk, Ministerin für Justiz, Kultur und Europa des Landes Schleswig-Holstein und
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Frau Dr. Eva-Maria Stange, Staatsministerin für Wissenschaft und Kunst im Freistaat
Sachsen übergeben. Dieses wichtige Dokument deutscher Minderheitenpolitik ist
nicht Abschluss eines Prozesses, sondern vielmehr ein Startschuss.
v.l.n.r.: BA Hartmut Koschyk MdB, FUEV Präsident Hans Heinrich Hansen, Judith Walde, Leiterin des Minderheitensekretariats
und Karl-Peter Schramm, Vorsitzender des Minderheitenrats
Quelle: BMI
Wie Sie wissen, haben wir uns in den kommenden Monaten einiges vorgenommen.
Wir wollen gemeinsam eine Bundestagsdebatte zu den Charta-Sprachen in Deutschland anstoßen und damit die Anliegen aus dem Charta-Sprachen-Papier weiter voranbringen. Als Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale
Minderheiten unterstütze ich dieses Vorhaben mit großem Nachdruck. Ich meine, wir
sollten auch in Zeiten, in denen der Fokus der öffentlichen Wahrnehmung fast nur
noch auf die Herausforderungen in der Flüchtlingsfrage gerichtet zu sein scheint, zugleich auch solche anderen Aspekte beleuchten, die für unser Zusammenleben in
Deutschland ebenfalls von großer Bedeutung sind. Dies gilt auch und gerade für die in
Deutschland lebenden nationalen Minderheiten, ihre Sprachen, Kulturen und Traditionen.
Meines Erachtens sollten wir den 10-jährigen Geburtstag von Minderheitenrat und sekretariat dabei als Startpunkt und Motivation für unsere weiteren Bemühungen
begreifen. In diesem Zusammenhang freut es mich sehr, dass das Minderheitensekretariat erst kürzlich seine neuen Büros im Bundeshaus beziehen konnte. Wie mir berichtet wurde, hat dies zu einer erheblichen Verbesserung der dortigen Arbeitsbedingungen geführt.
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Alle im Minderheitenrat zusammengeschlossenen nationalen Minderheiten sind auch
in der Föderalistischen Union Europäischer Volksgruppen. Ich begrüße diese Vernetzung ausdrücklich, das gilt übrigens auch für die in der FUEV bereits als Arbeitsgemeinschaft Deutscher Minderheiten zusammengeschlossenen deutschen Minderheiten. Auch für die AGDM konnte kürzlich ein Büro im Bundeshaus eingerichtet werden. Ich bin der Meinung, dass die FUEV sich längst als der einzige zentrale Dachverband nationaler Minderheiten in Europa etabliert hat und auch organisatorisch auf
höchstem Niveau arbeitet. Deshalb unterstütze ich nachdrücklich die Aufnahme der
FUEV in die institutionelle Bundesförderung.
Ebenso müssen wir beim Haus der Minderheiten Europas in Flensburg vorankommen! Die Bereitschaft der Stadt Flensburg, des Landes Schleswig-Holstein sowie sogar
des Königreichs Dänemark die Restaurierung des historischen Packhus‘ finanziell zu
unterstützen, sollte auch den Bund zu einem wirksamen Beitrag motivieren.
Zehn erfolgreiche Jahre liegen bereits hinter uns. Ich bin mir sicher, dass zahlreiche
weitere folgen werden. Ich selbst werde Sie in meiner Funktion als Beauftragter der
Bundesregierung für nationale Minderheiten gerne auch weiterhin mit Engagement
und Tatkraft auf Ihrem Weg begleiten. Und auch die Teilnahme der heute so zahlreich
erschienenen Abgeordneten aller im Deutschen Bundestag vertretenen Fraktionen
zeigt deutlich, dass Ihre Anliegen damals wie heute Gehör im politischen Berlin finden.
Ich freue mich auf die weitere Zusammenarbeit!
2.13. Zentralratsvorsitzender der Sinti und Roma, Romani
Rose, bei Interkultureller Woche in Bayreuth
Als Bedrohung, nicht nur für Minderheiten, sondern für die gesamte Demokratie hat
der Zentralratsvorsitzende der Sinti und Roma in Deutschland, Romani Rose, die vielen populistischen Bestrebungen der Gegenwart bezeichnet. "Wir sind derzeit Zeugen
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davon, dass Flüchtlingsheime brennen", sagte Rose bei einem Vortrag im Rahmen der
Interkulturellen Wochen in Bayreuth am 2. Oktober 2015. Die Verteidigung demokratischer Werte sollte deshalb Aufgabe der Gesamtgesellschaft sein.
Hartmut Koschyk mit Romani Rose
Quelle: Stephan Herbert Fuchs
Der Zentralratsvorsitzende zeigte sich aber trotzdem überzeugt davon, "dass unsere
gefestigte Demokratie auch die aktuellen Herausforderungen bewältigen wird. Es gebe
eben nicht nur brennende Flüchtlingsheime, sondern auch eine große Welle der
Hilfsbereitschaft nahezu unzähliger haupt- und ehrenamtlicher Helfer." Höchsten
Respekt zollte Rose auch Bundeskanzlerin Angela Merkel für ihre von Menschlichkeit
und Hilfsbereitschaft getragene Haltung.
Rose beklagte aber auch die rassistische Gewalt gegen Sinti und Roma in vielen Ländern Europas. Wie keine andere Minderheit seien Sinti und Roma rassistischen Angriffen ausgesetzt. "Rassismus gegenüber unserer Minderheit ist noch immer an der
Tagesordnung", sagte er. Dieser allgegenwärtige Antiziganismus werde weder von der
Politik noch von der Gesellschaft hinterfragt.
Aufgrund all dieser Vorkommnisse sei es wichtig, Aufklärungsarbeit zu leisten und
dem Klischee die Wirklichkeit entgegenzusetzen. Dies sei unter anderem durch die
Gründung des Zentralrats der Sinti und Roma 1982, durch die Einrichtung des Dokumentations- und Kulturzentrums Deutscher Sinti und Roma in Heidelberg und durch
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das Denkmal für die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma Europas in
Berlin nahe des Reichstages geschehen.
"Uns geht es nicht um Schuldzuweisungen, sondern um Wahrhaftigkeit, gesellschaftliche Aufklärung und historische Erinnerung", sagte Rose. "Wir wollen aus der Opferrolle raus und selbstverständlicher Teil der Gesellschaft sein." Ausgrenzung dürfe keinen Platz mehr in der Gesellschaft haben. Allerdings gebe es noch immer kein ausreichendes Bewusstsein für die Verbrechen an Sinti und Roma. Über 500.000 Sinti und
Roma, die teilweise seit Generationen in Deutschland verwurzelt waren, sind erfasst,
entrechtet, gettoisiert und schließlich ermordet worden. Der NS-Staat habe den Angehörigen der Sinti und Roma kollektiv das Lebensrecht abgesprochen, sagte Rose,
dessen Großeltern und elf weitere nahe Familienangehörige in Konzentrationslagern
ermordet wurden.
Weder politzisch, noch historisch habe nach dem Krieg eine Aufarbeitung dieser Verbrechen stattgefunden, noch 1956 seien Entschädigungen höchstrichterlich abgelehnt
worden mit den gleichen Argumenten und der gleichen demagogischen Hetze wie
von Seiten des Nationalsozialismus.
Auch Sinti und Roma sind während des Naziregimes systematisch ermordet worden.
Das aber ist im breiten Bewusstsein der Bevölkerung noch nicht verankert. Ich räumte
ein, dass es lange gedauert hat, bis die Bundesrepublik ein entsprechendes Abkommen
zur Anerkennung nationaler Minderheiten unterzeichnet hat und nannte es eine gesamteuropäische Verantwortung, die Lebenssituation von zehn bis zwölf Millionen
Sinti und Roma in ihren angestammten Ländern in und außerhalb von Europa zu
verbessern.
Neben Dänen, Friesen und Sorben gelten Sinti und Roma in Deutschland als anerkannte Minderheit. Sinti und Roma sind gleichzeitig die größte nationale Minderheit
in Europa ohne "Mutterland". Der Begriff Sinti bezeichnet die Angehörigen der Volksgruppe vor allem in Westeuropa, der Begriff Roma hingegen in Osteuropa. Etwa 90
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Prozent der Sinti und Roma sind katholisch, der Rest protestantisch. In Bayreuth leben nach den Worten des zweiten Bürgermeisters Thomas Ebersberger rund 40 Sintiund Roma-Familien, darunter ein großer Teil Jugendlicher.
Der Vortrag von Romani Rose im "Zentrum" in Bayreuth wurde musikalisch umrahmt von der jungen Sopranistin Scarlett Adler Rani aus Bayreuth, einer Schülerin
der Opernsängerin Barbara Baier, die begleitet von Hans-Martin Gräbner am Klavier
Lieder und Arien von Nicholas Brodszky, Theo Mackeben und Giacomo Puccini aufführte.
Meinen Redebeitrag finden Sie hier:
http://www.aussiedlerbeauftragter.de/SharedDocs/Reden/AUSB/DE/interkulturellewochen-in-bayern.html?nn=3791990
2.14. Implementierungskonferenz 2015
Bereits seit 1998, dem Jahr des In-Kraft-Tretens des Rahmenübereinkommens des
Europarats zum Schutz nationaler Minderheiten, lädt das Bundesministerium des Innern jährlich zur sogenannten Implementierungskonferenzen ein.
Die Konferenzen leisten einen wichtigen Beitrag zur Erstellung der von der Bundesregierung an den Europarat zu übergebenen Staatenberichte zum Stand der Implementierung des Rahmenübereinkommens sowie der Europäischen Charta der Regionaloder Minderheitensprachen und werden vom Beauftragten der Bundesregierung für
Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten geleitet.
In dieser Funktion habe ich die Sitzung am 26. November 2015 eröffnet.
Zur Berichterstattung gelangen Sie hier:
http://www.aussiedlerbeauftragter.de/SharedDocs/Reden/AUSB/DE/implementieru
ngskonferenz-2015.html
Seite 77
2.15. 50-jähriges Jubiläum des Nordfriisk Instituut in
Bredstedt
Zum 50jährigen Bestehen des Nordfriisk Instituut im schleswigschen Bredstedt am 5.
Dezember 2015 habe ich meine Glückwünsche im Namen der Bundesregierung als
schriftliches Grußwort übermittelt:
Bereits im 19. Jahrhundert wurde das sprachliche und kulturelle Eigenbewusstsein
breiter Schichten in den von Friesen besiedelten Gebieten geweckt. Wichtige Träger
für die Arbeit der friesischen Bewegung in Nordfriesland sind die friesischen Vereine.
Der 1902 gegründete Nordfriesische Verein und die 1923 als Friesisch-Schleswigscher
Verein gegründete Friisk Foriining wirken für ganz Nordfriesland. 1948 wurde der
Verein Nordfriisk Instituut gegründet, dessen unermüdliche Arbeit sich schließlich
1964 mit der Einrichtung des Nordfriisk Insituut manifestierte. Ich freue mich, dass
der heute zu übergebene Erweiterungsbau auch mit einer Bundesförderung in Höhe
420.000 Euro ermöglicht werden konnte.
Heute sprechen noch rund 10.000 Menschen in Nordfriesland die schöne alte friesische Sprache, rund 50.000 fühlen sich der Friesischen Volksgruppe zugehörig. Das ist
mit Blick auf die letzten zwei Jahrhunderte eine dramatische Abnahme von aktiven
Sprechern. Das darf uns allerdings nicht resignieren lassen, muss uns vielmehr zu
noch größeren Anstrengungen antreiben.
Aufnahme vom Nordfriisk Instituut in Bredstedt
Quelle: www.nordfriiskinstituut.de
Seite 78
Mit der Ratifizierung der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen hat sich die Bundesrepublik Deutschland verpflichtet, die traditionell auf ihrem Gebiet gesprochenen Sprachen als bedrohten Aspekt des europäischen
Kulturerbes zu schützen und zu fördern. Mit der Charta sollen traditionell in einem
Vertragsstaat gesprochene Sprachen als bedrohter Aspekt des europäischen Kulturerbes geschützt werden. Regionalsprache im Sinne der Charta ist in Deutschland das
Niederdeutsche. Als Minderheitensprachen werden die Sprachen der nationalen Minderheiten der Dänen, Sorben (Nieder- und Obersorbisch), Friesen (Nord- und Saterfriesisch) und der deutschen Sinti und Roma (Romanes) geschützt. Für diese Gruppen
ist die Benutzung ihrer Sprachen identitätsstiftend.
Damit diese Sprachencharta in Zukunft mit noch mehr Leben erfüllt wird, haben im
November letzten Jahres die im Minderheitenrat zusammengeschlossenen nationalen, autochthonen Minderheiten in Deutschland auf einer ausgesprochen gelungenen
Veranstaltung, für die der Bundestagspräsident die Schirmherrschaft übernommen
hat, das Grundsatzpapier "ChartaSprachen in Deutschland – Gemeinsame Verantwortung" vorgestellt und übergeben. Ich bin derzeit gemeinsam mit weiteren Kollegen im
Deutschen Bundestag und unterstützt vom Minderheitenrat und Minderheitensekretariat dabei, auf eigene Debatten über die Empfehlungen der Sprachenkonferenz vom
November letzten Jahres in beiden legislativen Verfassungsorganen der Bundesrepublik Deutschland, im Bundestag wie im Bundesrat, hinzuwirken.
Das Nordfriisk Instituut ist für die Pflege und den Erhalt der in Nordfriesland und auf
der Insel Helgoland gesprochenen Sprachvarietäten des Friesischen unverzichtbar,
weil professionelle Spracharbeit immer auch einer soliden wissenschaftlichen Fundamentierung bedarf. Gerade durch die Beschäftigung mit sogenannten „kleinen
Sprachen“ gelingt es, eine besondere Sensibilität für die Eigenart und den Eigenwert
nationaler Minderheiten zu entwickeln und diese gewinnbringend in die Diskussion
über in einem größeren Zusammenhang stehenden Fragen einzubringen. Dieses ist
dem Nordfriisk Instituut in Zusammenarbeit mit der Ferdi-nand-Tönnies-
Seite 79
Gesellschaft, dem Friesenrat, der Schleswig-Holsteinischen Universitätsgesellschaft
sowie Alpen-Adria-Universität Klagenfurt mit dem erst vor wenigen Wochen "9. Internationalen Ferdinand-Tönnies-Symposium 2015" unter dem Titel "Nationale Minderheiten in Europa" wieder einmal eindrucksvoll gelungen.
Politik wie Wissenschaft können beim Erhalt und der Pflege der Sprache und Kultur
von Minderheitensprachen nur begleiten und unterstützen. Entscheidend ist darüber
hinaus, dass die Menschen sich zu Ihrer Tradition und ihrer Sprache bekennen, sie
aktiv gebrauchen und auch an die nächste Generation weitergeben. Wenn dieses gelingt, so ist das immer auch ein Gewinn für die sogenannte Mehrheitsbevölkerung.
So hat etwa junge, eindrucksvolle Sängerin Norma Schulz am 12. November 2015 im
Bundesministerium des Innern den Bundesminister des Innern und die Besucher der
Veranstaltung "Heimat – Identität – Glaube" ebenso begeistert wie schon im vorherigen Jahr beim dortigen Tag der Offenen Tür.“
2.16. Beratender Ausschusses für die Angelegenheiten der
Friesischen Volksgruppe
In Berlin ist der Beratende Ausschuss für die Angelegenheiten der Friesischen Volksgruppe zu seiner jährlichen Sitzung zusammengetreten, dem neben Vertretern der
Friesen auch Mitglieder des Deutschen Bundestages und Vertreter der Bundesländer
Schleswig-Holstein und Niedersachsen, angehören. Die Leitung dieses einmal jährlich
tagenden Gremiums obliegt qua Amt dem Beauftragten der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten.
Seite 80
Bundesbeauftragter Koschyk mit dem beratendenAusschuss für die Angelegenheiten der Friesischen Volksgruppe
Quelle: BMI
Zur Lage der Friesischen Volksgruppe berichteten Ilse Johanna Christiansen (Friesenrat), Bahne Bahnsen (Friesischer Verein), Gudrun Fuchs (Nordfriesischer Verein), Prof.
Dr. Thomas Steesen (Nordfriisk Instituut) und Karl-Peter Schramm (Seelter Bund).
2014 hat die UNESCO das Biikebrennen in das nationale Verzeichnis der Immateriellen Kulturgüter aufgenommen und damit der identitätsstiftenden Bedeutung dieser
spezifisch friesischen Tradition Rechnung getragen. Mit dem European Minority Film
Festival, das 2014 bereits zum 5. Mal in Husum/Hüsem ausgerichtet wurde, hat die
Friesische Volksgruppe erfolgreich eine Präsentationsplattform für Filmschaffende
aus allen nationalen Minderheiten Europas geschaffen.
Das Nordfriisk Instituut in Bredstedt/Bräist als wissenschaftliches Zentrum in Nordfriesland erhält mit einem Diplom-Bibliothekar und einem Sprachwissenschaftler
eine deutlich bessere Personalausstattung. Der vom Bund mit 420.000 Euro geförderte
Anbau schafft erstmals auch Unterbringungsmöglichkeiten für die wertvollen Bücher- und Archivbestände nach modernen technischen Standards. Mit dem 9. Wissenschaftlichen Ferdinand-Tönnies-Symposium, das unter das Thema "Minderheiten in
Europa" gestellt war, hat sich die Friesische Volksgruppe in den wichtigen gesamteuropäischen Diskurs um einen modernen Minderheitenschutz eingebracht.
Auf Anregung der aus dem ostfriesischen Leer/Lier stammenden Bundestagsabgeordneten Gitta Connemann sollen künftig auch ein Vertreter der Sektion Ost des Friesen-
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rats sowie der jeweilige Präsident des Interfriesischen Rates zu den Sitzungen des Beratenden Ausschusses eingeladen werden.
Die Minderheitenbeauftragte des Ministerpräsidenten des Landes Schleswig-Holstein,
Renate Schnack, die neben dem niedersächsischen Landtagsabgeordneten Holger
Heymann die beiden Bundesländer mit friesischer Bevölkerung vertrat, sprach über
die Nordseekooperation. Die entsprechende Strategie müsse analog zur Ostseestrategie dringend um eine zivilgesellschaftliche Komponente ergänzt werden. Mit Verweis
auf die historische Bezeichnung der Nordsee – mare frisicum – machte sie sich für die
feste Einbindung der Nord-, Ost- und Westfriesen in diese Kooperation stark.
Die friesische Volksgruppe in Deutschland lebt an der schleswig-holsteinischen Westküste und im nordwestlichen Niedersachsen sowie im Kreis Cloppenburg. In Nordfriesland gibt es nach eigenen Angaben der Volksgruppe noch etwa 10.000 Sprecher
des Nordfriesischen, das Ostfriesische hingegen ist hingegen ist nur noch bei den
Sprechern des Saterfriesischen lebendig. Die Volksgruppe der Westfriesen lebt auf
dem Staatsgebiet der Niederlande.
3. Deutsche Minderheiten im Ausland
3.1.
Im Gespräch mit dem ukrainischen Außenminister Pavlo Klimkin
Im Rahmen der Klausurtagung 2015 der CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag
in Wildbad Kreuth habe ich den Außenminister der Ukraine, Pavlo Klimkin, getroffen.
Vor seiner Berufung zum Außenminister der Ukraine war Klimkin lange als Diplomat
in Bonn und Berlin tätig. Zuletzt war Klimkin Botschafter seines Landes in Deutschland und es gab mehrere Treffen, bei denen wir uns u.a. über die Anliegen der Deutschen Minderheit in der Ukraine austauschten.
Seite 82
Dobrinth, Klimkin, Hasselfeldt und Koschyk
(v.l.n.r.)
Quelle: BMI
Thema des Gespräches mit Außenminister Klimkin in Wilbad Kreuth war die Wiedereinsetzung der "Deutsch-Ukrainischen Regierungskommission in Angelegenheiten
der in der Ukraine lebenden Personen deutscher Abstammung". Bereits 1997 wurde
das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Ukraine über die
Zusammenarbeit in Angelegenheiten der in der Ukraine lebenden Personen deutscher
Abstammung geschlossen. Gemäß Abkommen wurden die Durchführung des Regierungsabkommens sowie die Abstimmung gemeinsamer Vorhaben und Maßnahmen
der Deutsch-Ukrainischen Regierungskommission für Angelegenheiten der deutschen Minderheit übertragen. Die Deutsch-Ukrainische Regierungskommission hatte
sich bereits im Februar 1992 konstituiert. Die letzte Kommissionssitzung fand 2001 in
Wildbad Kreuth statt.
Außenminister Klimkin betonte, dass die Wiederbelebung der Deutsch-Ukrainischen
Regierungskommission in Angelegenheiten der in der Ukraine lebenden Personen
deutscher Abstammung ganz oben auf der politischen Agenda der ukrainischen Regierung stehe und sich die ukrainische Regierung uneingeschränkt zu dem 1997 geschlossenen Abkommen bekennt. Ebenfalls werde die Ukraine alle Vereinbarungen
des Europarates zum Minderheitenschutz in der Ukraine voll implementieren.
Bereits im November vergangenen Jahres hatte ich im Bundesministerium des Innern
den Beauftragten der ukrainischen Regierung für ethnonationale Politik, Gennadi
Seite 83
Druzenko, zu einem Informations- und Meinungsaustausch empfangen. Dabei sicherte ich Druzenko weitere Unterstützung bei dem Ziel zu, eine an europäischen Standards ausgerichteten Minderheitenpolitik in der Ukraine weiter zu entwickeln.
3.2.
Politische Gespräche in Budapest und Teilnahme am
zentralen Gedenktag zur Erinnerung an die Vertreibung
und Verschleppung der Ungarndeutschen in Bogdan/
Dunabogdány
In der ungarndeutschen Gemeinde Bogdan/Dunabogdány fand in diesem Jahr die
zentrale Gedenkfeier zum Gedenken der vertriebenen und verschleppten Ungarndeutschen statt. Im Dezember 2012 hatte das ungarische Parlament einstimmig beschlossen, den 19. Januar zum jährlichen nationalen Gedenktag für die Vertreibung
und Verschleppung der Ungarndeutschen zu erklären.
In diesem Jahr fand der Gedenktag in der ungarndeutschen Gemeinde
Bogdan/Dunabogdány statt. Hauptredner bei der Gedenkfeier waren der für Minderheitenangelegenheiten zuständige Minister für Humanressourcen Zoltán Balog, der
der Vorsitzende der Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen, Otto Heinek, und
ich in meiner Funktion als Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen
und nationale Minderheiten. Der ungarische Staatspräsident János Áder übermittelte
ein sehr eindrucksvolles Grußwort. Auch die Vereinigung der jüdischen Gemeinden
Ungarns hatte eine Solidaritätsbotschaft zu diesem ungarndeutschen Gedenktag
überbracht.
Meinen vollständigen Redebeitrag finden Sie hier:
http://www.aussiedlerbeauftragter.de/SharedDocs/Reden/AUSB/DE/rede-koschykzentraler-gedenktag-budapest.html?nn=3791990
Seite 84
Meine Teilnahme an der zentralen Gedenkfeier zur Erinnerung an die Vertreibung
und Verschleppung der Ungarndeutschen in Bogdan/Dunabogdány nutzte ich auch
für politische Gespräche in Ungarns Hauptstadt Budapest.
v.l.n.r.: Dr. Jens Waibel, Imre Ritter,
Dr. Erzsébet Sándor Szalayné, BA
Hartmut Koschyk MdB, Frank
Spengler
Quelle: BMI
In der deutschen Botschaft erörterte ich mit dem Gesandten der Bundesrepublik
Deutschland in Ungarn, Klaus Riedel, und dem Botschaftsreferenten für Kultur und
Bildung, Dr. Jens Waibel, die Förderpolitik zugunsten der deutschen Minderheit in der
Republik Ungarn. Ich war erfreut, dass durch die Entscheidung des Bundestages hinsichtlich des Haushaltes 2015 die Unterstützung der deutschen Minderheit in Ungarn
auch im Jahr 2015 auf dem gleichen Förderniveau fortgeführt wird.
Auch traf ich mit der stellv. Ombudsfrau für die Rechte der Nationalitäten in Ungarn,
Dr. Erzsébet Sándor Szalayné, zusammen. Mit ihr diskutierte ich die Einschätzung
über die ungarische Wahlgesetzgebung, die zwar Erleichterungen für den Einzug von
Minderheitenvertretern ins ungarische Parlament vorsieht, bei den letzten Parlamentswahlen jedoch nicht ermöglichte, dass Vertreter der 13 nationalen Minderheiten in Ungarn ein vollwertiges Abgeordnetenmandat erreichten, sondern lediglich
sogenannte Sprecher entsenden konnte. Der an dem Gespräch teilnehmende Sprecher
der Ungarndeutschen in der Ungarischen Nationalversammlung, Imre Ritter, berichtete jedoch über eine intensive Diskussion im ungarischen Parlament, die WahlgeSeite 85
setzgebung zu Gunsten der nationalen Minderheiten für künftige Wahlen zu verbessern. Die stellv. Ombudsfrau für die Rechte der Nationalitäten in Ungarn kündigte an,
die religiös-seelsorgerische Situation der nationalen Minderheiten, sowie deren Bildungs- und Kultureinrichtungen in diesem Jahr eingehender zu untersuchen. Ich vereinbarte mit Frau Dr. Erzsébet Sándor Szalayné eine Intensivierung der Zusammenarbeit, gerade was den Erfahrungsaustauch über die Minderheitenpolitik in beiden Ländern anbelangt.
Gruppenaufnahme in der der
Ungarischen Nationalversammlung
Quelle: BMI
In der ungarischen Nationalversammlung traf ich mit dem Parlamentsvizepräsidenten und stellv. Vorsitzenden der Ungarn-Deutschen Parlamentariergruppe, Dr. Gergely Gulyás, zusammen. Auch mit ihm erörterte ich im Beisein des Sprechers der Ungarndeutschen in der Ungarischen Nationalversammlung, Imre Ritter, und dem Vorsitzenden der Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen, Otto Heinek, Verbesserungen der Wahlgesetzgebung zu Gunsten der nationalen Minderheiten in Ungarn.
Dr. Gergely Gulyás begleitet auch das Amt des Legislativausschusses der Ungarischen
Nationalversammlung, der eine zentrale Rolle bei der Verabschiedung von Gesetzen
durch das ungarische Parlament spielt. Weitere Gesprächspunkte mit dem Parlamentsvizepräsidenten waren der Russland-Ukraine Konflikt, die Minderheitensituation in der Ukraine, insbesondere die Lage der ungarischen und deutschen Minderheit
dort sowie Stand und Perspektiven der deutsch-ungarischen Beziehungen.
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Im Haus der Ungarndeutschen nahm ich an der Präsentation des Projektes über die
Digitalisierung des Erbes der Ungarndeutschen teil, das von der Bundesregierung gefördert worden ist. Im Rahmen des Projekts sollten Ausstellungsobjekte aus ungarndeutschen Museen beziehungsweise Heimatstuben digitalisiert und im Internet verfügbar gemacht werden. Das Projekt umfasste von Beginn an auch eine entsprechende Fortbildung ungarndeutscher Museumsmitarbeiter und Leiter von Heimatstuben.
So wurden diese beispielsweise im Bereich Objektfotografie und dem entsprechenden
Computerprogramm zur Digitalisierung geschult. Für das Digitalisierungsprojekt
konnten die Heimatstuben von Császártöltés, Dunaharaszti, Himesháza, Somberek
und Vecsés als Partner gewonnen werden. Daneben schlossen sich die Sammlungen
von Budaörs, Budakeszi, Budafok und Nagytétény an das Digitlalisierungsprojekt an.
Die Projektpartner befinden sich in unterschiedlichen Regionen von Ungarn,
wodurch sich ein entsprechend repräsentatives Bild über die Objektvielfalt der ungarndeutschen Heimatstuben ergibt. Insgesamt wurden bislang 978 Museumsobjekte
digitalisiert.
Abschluss meines Aufenthalts in Budapest bildete eine gemeinsame Veranstaltung der
Konrad-Adenauer-Stiftung Budapest und der Landesselbstverwaltung der Deutschen
in Ungarn, bei der der ungarische Staatssekretär für Nationalitätenfragen Miklós
Soltész und ich über die Bemühungen beider Regierungen zur Förderung der jungen
Generation der deutschen Volksgruppe in Ungarn berichteten. So hat der ungarische
Staat die Fördermittel für die muttersprachliche und kulturelle Identitätswahrung der
jungen Ungarndeutschen erheblich ausgeweitet. Ich machte deutlich, dass die Förderung der Kinder- und Jugendarbeit der Ungarndeutschen einen Schwerpunkt der Unterstützungsleistung der Bundesregierung für die Ungarndeutschen darstellt.
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Gruppenaufnahme im Rahmen der
gemeinsamen Veranstaltung der
Konrad-Adenauer-Stiftung Budapest und der Landesselbstverwaltung der Deutschen in Ungarn
Quelle: BMI
Der Leiter der Konrad-Adenauer-Stiftung in Budapest, Frank Spengler, berichtete,
dass die Konrad-Adenauer-Stiftung einer Führungskraft der ungarndeutschen Jugendorganisation ein Stipendium für ein Studium an der deutschsprachigen Andrássy
Universität in Budapest gewährt habe. Der Vorsitzende der Landesselbstverwaltung
der Ungarndeutschen, Otto Heinek, legte die Maßnahmen der Ungarndeutschen dar,
verstärkt Jugendliche an "Führungsaufgaben" der Landesselbstverwaltung heranzuführen. Bei der Veranstaltung stellten junge Vertreter der Ungarndeutschen verschiedene Maßnahmen zur Förderung der Kinder- und Jugendarbeit vor.
Von der Nachwuchsarbeit der Ungarndeutschen war ich sehr beeindruckt. Durch die
Maßnahmen der Kinder- und Jugendarbeit, die von beiden Regierungen maßgeblich
unterstützt werden, werden jetzt die Weichen für eine dauerhafte Zukunft der deutschen Volksgruppe gestellt!
3.3.
Treffen mit den Minderheiten-Sachverständigen des
Europarates
In Berlin bin ich Ende Januar 2015 mit dem Sachverständigenausschuss des Europarates zur Implementierung des Rahmenübereinkommens zum Schutz nationaler Minderheiten zusammengetroffen.
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Zuvor hatte der Ausschuss, dem neben der Vertreterin des zuständigen Sekretariats
des Europarats Sarah Burton der Finne Eero J. Aarnio, der Armenier Grigor Badiryan
sowie Neven Andjelic aus Bosnien-Herzegowina angehören, Beratungen mit Vertretern der Länder Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Brandenburg, Hessen, BadenWürttemberg und Rheinland-Pfalz geführt.
Die Mitglieder des Sachverständigenausschusses des
Europarates zur Implementierung des Rahmenübereinkommens
zum
Schutz nationaler Minderheiten Sarah Burton, Vertreterin des zuständigen
Sekretariats des Europarats, der Finne Eero J. Aarnio, der Armenier Grigor
Badiryan sowie Neven
Andjelic aus BosnienHerzegowina
Quelle: BMI
In meinem Redebeitrag hob ich die große Bedeutung übernationaler Vereinbarungen
zum Schutze nationaler Minderheiten hervor, wie es in Europa das Rahmenübereinkommen und die ebenfalls vom Europarat verabschiedete Europäische Charta der
Regional- oder Minderheitensprachen sind. Ich verwies darauf, dass in Deutschland
bei den jüngsten Haushaltsberatungen die Ansätze für die nationalen Minderheiten
wie auch für deren Dachverband der Föderalistischen Union Europäischer Volksgruppen (FUEV) trotz des allgemeinen Haushaltsziels der „Schwarzen Null“ nicht nur
gehalten, sondern teilweise sogar erhöht werden konnten.
Meinen vollständigen Redebeitrag finden Sie hier:
http://www.aussiedlerbeauftragter.de/SharedDocs/Reden/AUSB/DE/sachverstaendig
enausschuss-europarat.html?nn=3791990
Seite 89
3.4.
Im Gespräch mit der AGMO
In Berlin bin ich mit dem Vorsitzenden der "AGMO e.V. – Gesellschaft zur Unterstützung der Deutschen in Schlesien, Ostbrandenburg, Pommern, Ost- und Westpreußen", Dr. Tobias Körfer, sowie seinem Stellvertreter Tilman Asmus Fischer zusammengetroffen.
v.l.n.r: Bundesbeauftragter Koschyk mit den AGMOVertretern Körfer und Fischer
Quelle: BMI
Die 1980 gegründete AGMO setzt sich für die in der Republik Polen verbliebenen
Deutschen und hierbei insbesondere für das Bewahren bzw. das Wiederbeleben der
deutschen Muttersprache und Identität im Einklang mit dem nationalen polnischen
sowie internationalen Minderheitenschutz ein.
Ich erörterte mit meinen Gästen intensiv die Lage des deutschsprachigen Unterrichtsangebots für die Angehörigen der deutschen Minderheit in Polen. Ich berichtete hierzu von meinen Besuchen in verschiedenen Schulen bei meiner Reise nach Oberschlesien im Mai 2014. Ich konnte den AGMO-Vertretern versichern, dass der Aufbau eines
deutschsprachigen Bildungssystems für die Angehörigen der deutschen Minderheit
ein Kernanliegen für die Bundesregierung ist und sie diese im Rahmen der Rundtischgespräche "Bilanz und Perspektiven des deutsch-polnischen Nachbarschaftsvertrages
von 1991 – Förderung der deutschen Minderheit in Polen und der polnischstämmigen Einwohner Deutschlands" zwischen beiden Ländern nachdrücklich vertrete.
Seite 90
Die AGMO-Vertreter und ich waren uns darüber einig, dass deutschsprachige Bildungsangebote immer auch der polnischen Mehrheitsbevölkerung zur Verfügung
stehen sollten. Ich verwies auf die höchst erfolgreichen deutschen Schulen in Rumänien, die über die deutsche Minderheit hinaus nicht nur bei der rumänischen Mehrheitsbevölkerung, sondern auch bei anderen Minderheiten wie den Ungarn und den
Roma höchste Popularität genießen. Dadurch sind die deutschen Minderheiten auch
echte Brückenbauen in Europa geworden.
3.5.
Kasachstan will "seine Deutschen" auch als "Wirtschaftsbrücke" nutzen
Kasachstan will die rund 200.000 noch in dem zentralasiatischen Aufsteigerland lebenden und die von dort in die Bundesrepublik Deutschland ausgesiedelten ca.
800.000 Russlanddeutschen in Zukunft verstärkt auch als "Wirtschaftsbrücke" nutzen.
BA Koschyk MdB und Zertik MdB mit Jegor
Kappel und Tulsch Kenzhin und Dr. Herz
Quelle: Deutsche Botschaft Astana
Diese bereits bei der 12. Sitzung der Deutsch-Kasachischen Regierungskommission für
Angelegenheiten der Deutschen Minderheit im November des vergangenen Jahres in
Berlin deutlich gewordene Haltung des Landes wurde erneut bei meinem Arbeitsbesuch in Astana, den ich gemeinsam mit dem aus Kasachstan stammenden Bundestagsabgeordneten Heinrich Zertik, wahrgenommen habe, deutlich.
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Unsere Gesprächspartner betonten, dass man die weitere wirtschaftliche, technologische und bildungspolitische Entwicklung des Landes in enger Partnerschaft mit
Deutschland vorantreiben will und dabei besonders auf das "Humankapital der Kasachstan-Deutschen" setzt.
Unsere Gesprächspartner in Kasachstans Metropole Astana waren der Vizeminister
für Investitionen und Entwicklung, Albert Rau, der selbst Deutscher ist, sein Staatssekretär Beibut Atamkulov, der ebenfalls zur deutschen Minderheit gehörende Abgeordnete des kasachischen Parlaments Jegor Kappel, der Vize-Vorsitzende der "Assemblee des Volkes Kasachstans", Yeraly Tugzhanov, der Vizeaußenminister und mein
Verhandlungspartner in der gemeinsamen Regierungskommission Dr. Alexej Volkov
sowie der außenpolitische Berater des Staatspräsidenten Nazarbayev und langjährige
kasachische Botschafter in Berlin, Nurlan Onzhanov.
Zertik und ich waren sehr beeindruckt von dem hohen Stellenwert, den die kasachische Regierung der deutschen Minderheit im Lande und den Kasachstan-Deutschen
in Deutschland beimisst. Immer wieder war bei den Gesprächen von kasachischer Seite von "unseren Deutschen" die Rede, die nicht nur auf dem Gebiet von Sprache und
Kultur, sondern auch auf den Feldern der Wirtschaft, Technologie und Bildung eine
"entscheidende Brückenfunktion" einnehmen sollten.
Dass es der kasachischen Regierung Ernst mit der Einbeziehung der deutschen Minderheit und der Kasachstan-Deutschen in Deutschland in den Wirtschaftsaustausch
ist, zeigte ein Treffen, zu dem Vizeminister Rau im März in Deutschland aus Kasachstan stammende russlanddeutsche Unternehmer einladen hat, um diese für ein stärkeres wirtschaftliches Engagement in Kasachstan zu gewinnen. Auch hat man MdB
Heinrich Zertik gebeten, weitere Projekte im Bereich der beruflichen Bildung zu vermitteln, bei denen russlanddeutsche Unternehmer beteiligt sind.
Auch wurden wir zur nächsten Vollversammlung der "Assemblee des Volkes" im April
dieses Jahres nach Astana eingeladen, um dort mit den Vertretern der deutschen MinSeite 92
derheit und der kasachischen Regierung Maßnahmen für eine Intensivierung der
"Brückenfunktion" der Kasachstan-Deutschen zu erörtern. Dieses jährliche Treffen
der Repräsentanten aller 120 ethnischen Minderheiten in Kasachstan wird von Präsident Nazarbayev persönlich geleitet.
Bei unseren Gesprächen wurden wir vom Deutschen Botschafter in Kasachstan, Dr.
Guido Herz begleitet, der sich ebenfalls sehr stark für die Belebung der Tätigkeit der
deutschen Minderheit in Kasachstan gerade in den Bereichen, Wirtschaft, Technologie
und Bildung engagiert.
Ein weiteres Thema der Gespräche mit Vertretern der kasachischen Regierung war die
im Jahr 2017 in Astana stattfindende EXPO-Weltausstellung, die auch Gelegenheit
bietet, die vorbildliche Zusammenarbeit beider Länder in Sachen Minderheitenpolitik
darzustellen.
3.6.
Deutsche Minderheit in Kasachstan kann weiter mit
deutscher Unterstützung rechnen
Im Rahmen meines Arbeitsbesuches in Kasachstan habe ich den Vertretern der im
Land lebenden Deutschen Minderheit versichert, dass die Bundesregierung ihre Unterstützung auch in Zukunft unvermindert fortsetzen wird.
Ich würdigte dabei auch die Arbeit des Bundestagsabgeordneten Heinrich Zertik, der
in Kasachstan geboren ist und 25 Jahre nach seiner Aussiedlung in die Bundesrepublik
Deutschland erstmals sein Geburtsland besuchte. Zertik ist im Bereich der AussiedlerIntegration in Deutschland vorbildlich engagiert und setzt sich intensiv für eine lebendige Brückenfunktion der in Kasachstan lebenden und aus Kasachstan stammenden Deutschen ein.
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Gruppenaufnahme im Deutschen
Begenungszentrum
Quelle: BMI
Die Führungsspitze der Regionalorganisation der Deutschen im Gebiet der Hauptstadt
Astana unter ihrem Vorsitzenden Igor Berg hatten Zertik und mir im Deutschen Begegnungszentrum Astana einen Überblick über die deutsche Sprach- und Kulturarbeit, über die sozialen Aktivitäten, das vielfältige Programmangebot des Begegnungszentrums und die umfangreiche Kinder- und Jugendarbeit vermittelt. Wir waren beide sehr beeindruckt von den umfangreichen Aktivitäten der Deutschen in der kasachischen Hauptstadt, vor allem über die dort geleistete vorbildliche Sprach- und
Jugendarbeit. Im Deutschen Begegnungszentrum trafen wir auch erfolgreiche mittelständische Unternehmer aus dem Bereich der Kasachstan-Deutschen.
Die Rolle der deutschen Minderheit bei der wirtschaftlichen Entwicklung Kasachstans
stand auch im Mittelpunkt einer Begegnung mit dem Generaldirektor des erfolgreichen Agrarunternehmens "Rodina" unweit von Astana, Ivan Sauer, das als Pilotprojekt
für die Privatisierung der Landwirtschaft in Kasachstan gilt.
Im kasachischen Ministerium für Kultur und Sport erörterten wir mit führenden Beamten die Förderschwerpunkte des Ministeriums für die deutsche Minderheit im Jahr
2015.
Seite 94
Zum Abschluss unseres Besuches in Astana konnte ich die bilaterale Zusammenarbeit
Deutschlands und Kasachstans zugunsten der im Land lebenden Deutschen als "beispielhaft" bezeichnen. Kasachstan hat den ernsten und ehrlichen Willen, mit Deutschland bei der Schaffung von dauerhaften Zukunftsperspektiven für die ca. 200.000
Deutschen eng und vertrauensvoll zusammen zu arbeiten. Auch sieht Kasachstan die
positive Rolle, welche die aus Kasachstan stammenden Russlanddeutschen in den bilateralen Beziehungen spielen, und möchte dieses Potential in Zukunft noch intensiver genutzt wissen. So bilden die in Kasachstan lebenden und die aus Kasachstan
stammenden Deutschen eine lebendige Brücke zwischen beiden Ländern!
3.7.
Barinow neu ernannter Leiter der russischen Föderalen
Agentur für Nationalitätenangelegenheiten
Ende April 2015 konnte ich dem neu ernannten Leiter der russischen Föderalen Agentur für Nationalitätenangelegenheiten, Igor Barinow, zu seiner Ernennung gratulieren
und ihm für seine Amtsführung viel Erfolg wünschen.
Die Föderale Agentur für Nationalitätenangelegenheiten in der Russischen Föderation
war Ende März 2015 durch einen Erlass Präsident Putins geschaffen worden. In ihr
werden jetzt die bisher auf verschiedene Ressorts verteilten Kompetenzen in den Fragen nationaler Minderheiten zentral gebündelt.
Der 1968 geborene Igor Barinow war vor seiner Ernennung zum Leiter der Föderalen
Agentur Mitglied des russischen Parlaments, der Staatsduma. Zuletzt war er dort stellvertretender Leiter des Verteidigungsausschusses.
Ich brachte in meinem Gratulationsschreiben den Wunsch nach einem baldigen persönlichen Gespräch zum Ausdruck.
Seite 95
3.8.
Grußwort anlässlich der Eröffnung der ersten deutschpolnischen Fußballschule in Chronstau/Polen
Zur Eröffnung der ersten deutsch-polnischen Fußballschule übermittelte ich dem
DFK Chronstau und allen Projektbeteiligten meine herzlichen Grüße und Glückwünsche sowie nachfolgendes Grußwort:.
Da ich die Geburtsstunde dieses Projektes begleiten durfte, bedauere ich es sehr, dass
ich heute aus terminlichen Gründen leider nicht persönlich bei der Eröffnungsfeier
dabei sein konnte.
Von Anfang an hat mich die Idee, die deutsche Sprache mit der Freude am Fußball zu
verknüpfen, begeistert und ich freue mich, dass sie so schnell realisiert werden konnte. Ich bin mir sicher, dass es für den DFK Chronstau eine Erfolgsgeschichte werden
wird.
Fußball verbindet weltweit so viele Menschen unterschiedlicher Kulturen wie kein
anderer Sport. Gerade für Kinder und Jugendliche ist der gemeinsame Teamsport
wichtig, denn er fördert das gegenseitige Verständnis und stärkt die soziale Kompetenz. Mit Freunden in einer Mannschaft laufen, kämpfen und Tore schießen – das ist
Fußball. Der Erfolg als Mannschaft steht an oberster Stelle. Jeder Spieler ist Teil dieser
Mannschaft. Mit Spaß, Fairness und vielen Toren möchte man jedes Spiel gewinnen.
Und dass man dabei auch noch spielerisch eine Sprache erlernt, macht das Ganze umso attraktiver.
Die Förderung der deutschen Sprache in der angestammten Heimat der deutschen
Minderheiten hat für mich eine Schlüsselfunktion für deren Identität. Genau deshalb
ist es mir eine Herzensangelegenheit dass die deutsche Sprache schon im Kindesalter
erlernt und dadurch Möglichkeiten für die Zukunft eröffnet werden. Diese Möglichkeiten – und natürlich der Fußball – sind auch Anreiz für polnische Kinder, die deutsche Sprache zu erlernen.
Seite 96
Den Organisatoren der Fußballschule wünsche ich für Ihr Projekt gutes Gelingen.
Ganz besonders danke ich dem Projektverantwortlichen Rafał Nocoń und seinen Kollegen in der Deutschen Bildungsgesellschaft in Oppeln, der Woiwodschaft Oppeln,
dem Niedersächsischen Fußballverband, persönlich Herrn Präsidenten Karl Rothmund ganz besonders, dem Deutschen Fußball-Bund und dem Goethe Institut.
Ich wünsche uns allen sehr, dass sich das Konzept durchsetzt und Partner und Investoren für weitere Fußballschulen gefunden werden können.
Euch Kindern wünsche ich viele Tore auf dem Sportplatz und viel Spaß und Erfolg
mit der deutschen Sprache.
Informationen zur Deutschen Fußballschule finden Sie hier:
http://www.fussballschule.pl/
3.9.
Deutsch-Russisches Haus in Barnaul kann seine Arbeit
fortsetzen
Das Deutsch-Russische Haus in der westsibirischen Stadt Barnaul, um das es in den
letzten Monaten Schließungsgerüchte gegeben hat, darf seine erfolgreiche Tätigkeit
fortsetzen. Wie aus der Administration der Region Altai zu vernehmen ist, sind derartige, mit haushalterischen Sparzwängen begründete Ideen endgültig vom Tisch.
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Das Deutsch-Russische Haus in Barnaul
Quelle: IVDK
Das historische Gebäude im Stadtzentrum von Barnaul ist Ende der 1990er Jahre mit
etwa paritätischen Finanzierungsanteilen der deutschen und der russischen Regierung von je rd. 400.000 € umfangreich saniert und ausgestattet worden, um als Zentrum der deutschen Kultur für die über 50.000 Russlanddeutschen der Region Altai zu
dienen. Auch das gesamte kulturelle Angebot von über 40 weiteren, eng mit dem Haus
zusammen arbeitenden Begegnungsstätten für die zahlreichen Russlanddeutschen in
der Region Altai wäre durch eine Schließung nachhaltig beeinträchtigt worden.
Ich dankte den Mitgliedern des Unterausschusses für auswärtige Kulturpolitik der
Deutschen Bundestages, die sich im Dezember 2014 unter dem Vorsitz von Dr. Peter
Gauweiler mit dem Kulturausschuss der Staatsduma der Russischen Föderation in
Moskau zu Konsultationen getroffen und hierbei auch die Situation des DeutschRussischen Hauses in Barnaul ausgiebig erörtert hatten. Auch dankte ich dem deutschen Botschafter in Moskau, Dr. Rüdiger von Fritsch, für sein beharrliches Engagement in dieser Angelegenheit. Ich selbst hatte mich in die Diskussion eingeschaltet
und namens der Bundesregierung Kontakt mit den verantwortlichen Stellen aufgenommen, so auch mit dem Gouverneur der Region Altai, Professor Alexander Karlin.
Besonders würdige ich den Einsatz des Vorsitzenden des Kulturausschusses der
Staatsduma, Stanislaw Goworuchin, sowie der beiden weiteren Duma-Abgeordneten
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Marija Maksokowa-Igenbergs und Denis Woronenkow, die sich im parlamentarischen
Raum und mit Schreiben an die staatliche Administration der Region Barnaul für den
Erhalt der erfolgreich zum Nutzen der dort lebenden deutschen Minderheit und der
deutsch-russischen Verständigung insgesamt arbeitenden Einrichtung eingesetzt hatten.
3.10. Die deutsche Minderheit als "Brückenbauer" zwischen
Deutschland und Russland
Interview: Moskauer Deutsche Zeitung, Ausgabe Nr.1 (392), Januar 2015
Im Interview mit der Moskauer Deutschen Zeitung blickte ich auf meine bisherige
Arbeit als Bundesbeauftragter für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten zurück und erklärte, wie die Angehörigen der deutschen Minderheit als „Brückenbauer“
zwischen Deutschland und Russland fungieren können.
Was bedeuten deutsche Minderheiten für die Bundesregierung. Sind deutsche Minderheiten ein Begriff für die deutschen Bürger?
Die deutschen Minderheiten in der Russischen Föderation, in den Staaten der ehemaligen Sowjetunion und in Europa haben für die deutsche Bundesregierung einen besonderen Stellenwert. Dies zeigt sich auch in der Koalitionsvereinbarung zur jetzigen
Legislaturperiode Dort ist ausdrücklich festgehalten, dass die die Bundesregierung
tragenden Parteien zu den eingegangenen Vereinbarungen europäischer Minderheitenpolitik stehen und sich weiterhin zur Förderung der deutschen Minderheiten in
Mittelost- und Südosteuropa und den Nachfolgestaaten der Sowjetunion verpflichtet
sehen. Diese Verpflichtung zur Hilfe ist auch für mich Ausdruck einer besonderen
moralischen Verantwortung gegenüber den deutschen Minderheiten in diesen Ländern. Es geht dabei auch um die Solidarität mit den deutschen Minderheiten, die wegen ihrer Volkszugehörigkeit während und nach Ende des 2. Weltkrieges für die Verbrechen des nationalsozialistischen Deutschlands in der ehemaligen Sowjetunion beSeite 99
sondere Lasten zu tragen hatten. Ausdruck dieser Pflicht ist auch die Tatsache, dass es
uns gelungen ist, die auch für das Haushaltsjahr 2015 die Unterstützung in diesem
Bereich trotz der Haushaltskonsolidierung auf dem bisherigen finanziellen Niveau
fortzusetzen. Ich bin sicher, dass sich auch die überwiegende Mehrheit der bundesdeutschen Bevölkerung dieser Verantwortung stellt und den Hilfen für die deutschen
Minderheiten positiv gegenübersteht.
Was meinen Sie zu dem oft ausgesprochenen Gedanken, deutsche Minderheiten seien
ein großes Potenzial und ein Gewinn für die deutsche Wirtschaft und die deutsche
Gesellschaft beim Brückenbau in die jeweiligen Länder?
Gerade vor dem Hintergrund aktueller politischer Herausforderungen können die
deutschen Minderheiten im Ausland wegen ihres Verständnisses der Kultur des Landes, in dem sie leben, und in Kenntnis der wesentlichen Elemente deutscher Kultur,
die sie über Jahrhunderte bewahrt haben, eine bedeutende Mittlerrolle übernehmen.
Wer sonst als die rund 4 Millionen ethnischen Deutschen beispielsweise aus den
Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion, insbesondere aus der Russischen Föderation und aus Kasachstan, von denen inzwischen über 2 Millionen in Deutschland
leben, könnte kompetenter und überzeugender diese Verbindung zwischen unseren
Kulturen bilden? Diese Mitbürger sind zum größten Teil in beiden Kulturen aufgewachsen und tragen sozusagen zwei Herzen in Ihrer Brust. Gerade die in den letzten
Jahren aufgebauten Partnerschaftsbeziehungen zwischen Organisationen der Deutschen in der Russischen Föderation, in Kasachstan und anderen Nachfolgestaaten der
früheren Sowjetunion und der nach Deutschland ausgesiedelten Deutschen geben
heute ein lebendiges Zeugnis dieser Brückenfunktion zwischen unseren Staaten ab.
Sie knüpfen die ersten Kontakte, z. B. über Kulturprojekte auf örtlicher oder regionaler Ebene, und diesem Startschuss folgen weitere Verbindungen auf anderen gesellschaftlichen oder administrativen Ebenen bis hin zu wirtschaftlichen Beziehungen,
die zusätzlich durch gezielte Aktivitäten von Unternehmerverbänden flankiert wer-
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den können. Solche Aktivitäten gibt es ja bereits in der Russischen Föderation und in
Kasachstan.
Das ist gemeint, wenn wir von einem großen Potenzial der Angehörigen der deutschen Minderheiten für den Aufbau von Brücken zwischen den Gesellschaften der
Herkunftsstaaten und Deutschland sprechen. Sie beginnen auf der kulturellen gesellschaftlichen Ebene und entwickeln sich zu einer festen Größe auch für die wirtschaftlichen und politischen Beziehungen Deutschlands mit vielen Staaten. Dieses Potenzial
wird nach meiner Überzeugung bisher erst ansatzweise genutzt.
Sie haben in Ihrer neuen Funktion schon mehrere deutsche Minderheiten besucht.
Vor kurzem waren Sie auch zu Besuch der bei deutschsprachigen Gemeinde in Belgien. Die zwei größten deutschen Minderheiten in Russland und Kasachstan warten
auch auf Ihren Besuch. Stehen schon die Termine fest?
Leider ist es aufgrund der aktuellen politischen Situation bislang noch nicht zu einer
persönlichen Begegnung zwischen mir und der bisherigen russischen KoVorsitzenden Frau Staatssekretärin Iwanowa gekommen. Zwischenzeitlich habe ich
Kenntnis davon erhalten, dass durch Präsidialerlass vom 8. September 2014 das Ministerium für Regionale Entwicklung der Russischen Föderation aufgelöst wurde und
seine minderheitenpolitischen Zuständigkeiten dem Ministerium für Kultur der Russischen Föderation übertragen wurden.
Ich bitte um Verständnis dafür, dass ich in meiner amtlichen Funktion erst dann in
die Russische Föderation reisen kann, wenn die politische Lage dies zulässt und eine
erste offizielle Begegnung mit dem von der Regierung der Russischen Föderation
nunmehr neu zu benennenden Ko-Vorsitzenden möglich geworden ist. Mit den verantwortlichen Führungspersönlichkeiten der deutschen Minderheit in der Russischen
Föderation stehe in ständigem Kontakt im Rahmen von deren regelmäßigen Besuchen in Deutschland. Was die Republik Kasachstan anbelangt, so tagte gerade die
deutsch-kasachische Regierungskommission in Berlin, wo wir unter Beteiligung der
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Deutschen in Kasachstan und der landsmannschaftlichen Organisationen in Deutschland zwischen beiden Regierungen harmonisch und zielgerichtet die weitere Zusammenarbeit vereinbart haben. Das verabschiedete Kommuniqué zwischen beiden Seiten dokumentiert dieses hohe Maß an Übereinstimmung und Zukunftsfähigkeit.
Sie sind 9 Monate im Amt des Beauftragten für Minderheiten: was bleibt nachhaltig?
Gibt es auch neue Akzente in der Hilfenpolitik für die Russlanddeutschen?
Selbstverständlich werde ich die erfolgreiche Arbeit meiner Amtsvorgänger in deren
Geiste fortsetzen. Insbesondere sehe ich mich in der Kontinuität des ersten Beauftragten der Bundesregierung für Aussiedlerfragen, Herrn Dr. Horst Waffenschmidt, den
ich bei Reisen zu den deutschen Landsleuten als damals junger Bundestagsabgeordneter vielfach begleitet habe. Zwar haben sich die Förderschwerpunkte seit seiner Zeit
verändert und weiter entwickelt, die Verantwortung der Bundesrepublik Deutschland
gegenüber den Russlanddeutschen und deren besonderem Kriegsfolgenschicksal wird
sich weder heute noch in der Zukunft ändern. Jeder neue Beauftragte in dem Amt hat
sich selbstverständlich vorbehalten, neben der Kontinuität in der Hilfenpolitik auch
neue Akzente zu setzen. Dies gilt auch für meine Arbeit. Neben der Konsolidierung
und Weiterentwicklung der Jugendarbeit liegt mein vorrangiges Interesse in der Verringerung des Verwaltungsaufwandes und damit der in diesem Bereich anfallenden
Ausgaben. Dabei geht es mir selbstverständlich nicht um die Erzielung von Einsparungen zur Reduzierung des Haushaltsansatzes, sondern ich möchte, dass so viel Geld
wie möglich vor Ort bei den deutschen Minderheiten ankommt. Jeder Euro, den wir
im Rahmen der Verwaltungsausgaben einsparen, kommt der Minderheitenarbeit unmittelbar durch zusätzliche Fördermaßnahmen zugute. Einsparungen dienen daher
nicht zur Konsolidierung des deutschen Bundeshaushaltes, sondern werden für zusätzliche Projektmaßnahmen verwendet.
Nur noch ganz wenige Politiker in Deutschland und in Russland können sich als
Zeugen des Aufbaus der deutschen Nationalen Rayons bezeichnen. Sie gehören zu
den ganz wenigen, die Anfang der 90er Jahre mit dabei waren. Haben Sie die EntSeite 102
wicklungen dieser deutschen “Inseln der Hoffnung” in Sibirien beobachtet? Planen
Sie auch einen Besuch des deutschen Nationalkreises in der nächsten Zeit?
Gerne erinnere ich mich an die Anfänge der deutschen Förderung in den 90er Jahren
mit dem damaligen Aussiedlerbeauftragten Dr. Horst Waffenschmidt. Gerade nach
der Neu- bzw. Wiedergründung der beiden Deutschen Nationalen Rayons Halbstadt
und Asowo sah sich die Bundesregierung in der Verantwortung, die wirtschaftliche
Situation dieser Regionen durch eine Vielzahl von Infrastrukturmaßnahmen insbesondere im Bereich des Wohnungsbaus und der Ansiedlung von Gewerbebetrieben zu
verbessern. Alle Maßnahmen haben jedoch nicht verhindern können, dass auch in
diesen Kerngebieten der Russlanddeutschen der Anteil der Deutschen an der Gesamtbevölkerung in den letzten 25 Jahren kontinuierlich auf nunmehr unter 30% zurückgegangen ist. Ungeachtet dieser Entwicklung sind beide Rayons selbstverständlich
auch künftig Schwerpunkte der deutschen Hilfen und werden mir immer besonders
am Herzen liegen. Schon von daher ist es für mich eine Selbstverständlichkeit, beide
Rayons auch baldmöglichst zu besuchen. Ich bitte allerdings um Verständnis, dass ich
in meiner Funktion als Beauftragter der Bundesregierung erst dann in die Russische
Föderation reisen kann, wenn die politische Lage dies zulässt. Ich bitte daher noch um
ein wenig Geduld. Aber wie heißt das alte deutsche Sprichwort: Aufgeschoben ist
nicht aufgehoben.
Eine sehr komplizierte Frage ist die der Rehabilitierung der Russlanddeutschen. Dieses Jahr scheint eine positive Bewegung in der Frage zu kommen. Seitens der Selbstorganisation der Russlanddeutschen wurden der russischen Regierung einige Vorschläge unterbreitet. Wie können Sie diese Arbeit einschätzen und wie ist die Position
der Bundesregierung in dieser Frage.
Jede Regierung der Bundesrepublik Deutschland hat sich uneingeschränkt zur Solidarität mit dem besonderen Schicksal der Russlanddeutschen bekannt. Dabei hat die
Frage der Rehabilitierung immer eine zentrale Rolle eingenommen. Das "Protokoll
über die Zusammenarbeit zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland
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und der Regierung der Russischen Föderation zur stufenweisen Wiederherstellung der
Staatlichkeit der Russlanddeutschen" von 1992, das nach wie vor Grundlage unserer
Fördermaßnahmen in der Russischen Föderation ist, gibt den Stellenwert der Rehabilitierung der Russlanddeutschen als Leitmotiv unserer Zusammenarbeit mit der russischen Regierung besonders deutlich wieder. Natürlich können und wollen wir dabei
nicht außer Acht lassen, dass die Situation der Russlanddeutschen in der Russischen
Föderation heute eine andere ist als noch in den 1990er Jahren. Und die Rolle der
Bundesregierung konnte und kann bei der Behandlung der Frage der Rehabilitierung
immer nur eine begleitende und unterstützende sein. Die Lösung dieser Frage bleibt
zuallererst eine innerstaatliche Angelegenheit zwischen der Regierung des russischen
Staates als Rechtsnachfolgerin der Sowjetunion und ihrer unstreitig repressierten
Volksgruppe der Bürger deutscher Abstammung.
An dieser Grundhaltung der deutschen Seite hat sich nichts geändert und sie wird
auch weiterhin Richtschnur für die von Deutschland finanzierten Unterstützungsleistungen für die Russlanddeutschen in der Russischen Föderation bleiben. So konnten z.
B. die im Jahr 2011 sehr intensiv geführten Verhandlungen über ein neues bilaterales
Abkommen über die Zusammenarbeit bei der Unterstützung der Russlanddeutschen
in der Russischen Föderation unter anderem auch deshalb nicht erfolgreich abgeschlossen werden, weil die Frage der Rehabilitierung der Russlanddeutschen in diesem Abkommen aus unserer Sicht nicht ausreichend Berücksichtigung finden sollte.
Die jüngsten Aktivitäten der russlanddeutschen Selbstorganisation, die Frage der Rehabilitierung in Bezug auf die Gesamtheit der deutschen Minderheit in der Russischen
Förderation erneut auf Regierungsebene zu thematisieren, stehen offenkundig im
Zusammenhang mit den mit Erlass des russischen Präsidenten vom 21.04.2014 angekündigten Rehabilitierungsmaßnahmen zugunsten der Angehörigen repressierter
Völker auf der Krim, die auch die deutsche Volksgruppe dort ausdrücklich einbeziehen. Diese Entwicklung verfolgen wir sehr aufmerksam. Ich weise allerdings darauf
hin, dass die deutsche Bundesregierung die Annexion der Halbinsel Krim durch die
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russische Regierung als einen völkerrechtswidrigen Akt bewertet und somit auch alle
weiteren Maßnahmen und Initiativen Russlands dort in diesem Lichte zu betrachten
sind.
3.11. Deutschland wird die Ukraine-Deutschen weiterhin unterstützen
Den Vertretern der deutschen Minderheit in der Ukraine habe ich bei meinem Besuch
Ende Februar 2015 weitere kontinuierliche Unterstützung durch die Bundesregierung
zugesichert. In der ukrainischen Hauptstadt Kiew traf ich gemeinsam mit dem Kulturreferenten der Deutschen Botschaft, Dirk Lechelt, mit dem “Rat der Deutschen in der
Ukraine (RDU)” unter dessen Vorsitzendem Wladimir Leysle zusammen.
In der ukrainischen Hauptstadt Kiew: Koschyk gemeinsam mit dem Kulturreferenten der Deutschen Botschaft, Dirk Lechelt, mit dem “Rat der Deutschen in der
Ukraine (RDU)” und dessen Vorsitzendem Wladimir
Leysle
Quelle: RDU
Ich hob die in diesem Jahr angestiegene Förderung aus dem Haushalt des Bundesministeriums des Innern für die Unterstützungsmaßnahmen zugunsten der ca. 30.000
Angehörigen der deutschen Minderheit in der Ukraine hervor. Gerade durch die Erhöhung der Haushaltsmittel für soziale und humanitäre Hilfsmaßnahmen wolle man
der besonderen Situation der im Osten der Ukraine lebenden Angehörigen der deutschen Minderheit Rechnung tragen.
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Deutschland steht in dieser existentiellen Krisenlage an der Seite der Ukraine. Der unermüdliche Einsatz von Bundeskanzlerin Merkel und Bundesaußenminister Steinmeier für Frieden und Stabilität der Ukraine macht dies deutlich. Unsere Solidarität
gehört dabei auch insbesondere den in der Ukraine lebenden Angehörigen der deutschen Minderheit, die eine wichtige Brückenfunktion zwischen beiden Ländern haben!
Ich erinnerte an die erst im Herbst 2014 durchgeführte Konferenz des GoetheInstitutes Kiew mit dem Ziel, die Ukraine-Deutschen bei ihrer sprachlichen und kulturellen Identitätswahrung zu unterstützen. Hierbei leistete auch das Auswärtige Amt
wertvolle Hilfe.
Ich berichtete dem “Rat der Deutschen” über meine Begegnung, die gemeinsam mit
Kulturreferent Dirk Lechelt und dem Ratsvorsitzenden Wladimir Leysle mit der zur
Fraktion des Präsidenten Poroschenko gehörenden Rada-Abgeordneten Iryna Friz
stattgefunden hat, die selbst deutscher Abstammung ist und zugesagt hat, die Wiederbelebung der gemischten Regierungskommission nachhaltig zu unterstützen.
Mit den Vertretern des “Rates der Deutschen in der Ukraine” erörterte ich die Frage,
wie zur Ausreise in die Bundesrepublik Deutschland entschlossene Deutsche aus den
umkämpften Ostregionen des Landes das Aufnahmeverfahren nach dem Bundesvertriebenengesetz durchlaufen können. Hierbei gibt es ein enges Zusammenwirken zwischen der Deutschen Botschaft Kiew und dem zuständigen Bundesverwaltungsamt in
Köln, das sich auch in der jetzigen Krisensituation bewährt habe. Ich verwies auf ein
Arbeitsgespräch, das ich zu diesem Thema gemeinsam mit dem Ratsvorsitzenden
Leysle und leitenden Mitarbeitern der Deutschen Botschaft geführt habe.
Wir werden die Situation gerade im Osten der Ukraine weiterhin sehr aufmerksam
beobachten und sind in der Lage, bei einer Verschärfung der Situation im Hinblick auf
das Ausreiseverfahren entsprechend zu reagieren! Niemand, der die Voraussetzungen
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zur Aufnahme in Deutschland erfüllt, muss daher befürchten, aufgrund der angespannten Situation nicht an dem entsprechenden Verfahren teilnehmen zu können!
Ratsvorsitzender Leysle und die weiteren Vertreter der deutschen Minderheit in der
Ukraine äußerten ihre Dankbarkeit für die gestiegene Förderung des Bundesministeriums des Innern für die Ukraine-Deutschen sowie für den Einsatz der Bundesregierung für die Wiederbelebung der gemischten deutsch-ukrainischen Regierungskommission für die Anliegen der deutschen Minderheit. Den intensiven Kontakt mit mir
als Beauftragten der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, der Deutschen Botschaft Kiew und der Fachebene des Bundesinnenministeriums
nannte Leysle ein wichtige “Vertrauensgrundlage” angesichts der angespannten Lage
in der Ukraine.
3.12. Rede bei der Ungarischen Vereinigung Berlin e.V.
In meiner Funktion als Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und
nationale Minderheiten hielt ich am Abend des 25. Februars 2015 vor der Ungarischen
Vereinigung Berlins eine Rede zum Thema "Ungarns Beitrag für Freiheit, Menschenrechte und Einheit in Europa".
Ich würdigte dabei die Schlüsselbedeutung Ungarns für die friedliche Umgestaltung
in Mittel- und Osteuropa in den Jahren 1989 bis 1991 und ging dabei auch auf seine
letzten Reisen nach Ungarn ein, die ihn mit Vertretern der deutschen Volksgruppe in
Ungarn sowie mit für Minderheitenfragen zuständigen Politikern zusammengebracht
hatten.
Die Ungarische Vereinigung Berlin e.V. wurde 1990 gegründet. Sie verfolgt mit ihren
über 90 Mitgliedern den Zweck, die ungarische Sprache und Kultur zu fördern und zu
pflegen sowie ein Gemeinschaftsleben der in Berlin lebenden Ungarn zu unterstützen.
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Meinen vollständigen Redebeitrag finden Sie hier:
http://www.aussiedlerbeauftragter.de/SharedDocs/Reden/AUSB/DE/redeungarische-vereinigung.html
Informationen zur Ungarischen Vereinigung Berlin e.V. finden Sie hier:
http://www.ungarn-in-berlin.de/
3.13. Deutsch-Polnischer Runder Tisch in Warschau mit neuer Dynamik
v.l.n.r.: Rolf Nikel, Hartmut Koschyk, Dr. Günter
Krings, Władysław Bartoszewski, Andrzej Halicki,
Henryka Mościcka-Dendys Staatsekretär, Stanisław
Huskowski
Quelle: Aussenministerium Polen/Karolina SiemionBielska
Am 26.02.2015 kam der Runde Tisch zu Fragen der Förderung der deutschen Minderheit in Polen und der polnischstämmigen Bürger und Polen in Deutschland in Warschau zusammen. Das klare Signal der Verhandlungen: Beide Regierungen arbeiten
mit den zivilgesellschaftlichen Gruppen partnerschaftlich zusammen und stärken sie
in ihrer Brückenfunktion zwischen Deutschland und Polen.
Parlamentarischer Staatssekretär Dr. Günter Krings betonte für die Bundesregierung,
dass beide Bevölkerungsgruppen einen lebendigen und dynamischen Teil der
deutsch-polnischen Beziehungen bilden. Ich zitierte Johannes Paul II.: „Um Frieden zu
schaffen, Minderheiten achten!“ Der Runde Tisch ist dafür ein einmaliges Format.
Auch der polnische Minister für Verwaltung und Digitalisierung, Andrzej Halicki, un-
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terstrich, dass es wenige Beispiele gebe, wo aus einer vergleichbar schwierigen historischen Situation ein solch offener und aufgeschlossener Dialog eingeleitet wurde.
Der Runde Tisch besteht seit 2010. Richtschnur seiner Arbeiten ist eine Gemeinsame
Erklärung vom 12.06.2011.
Neben PStS Dr. Krings MdB und mir in meiner Funktion als Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten setzte sich die deutsche
Verhandlungsdelegation aus dem Deutschen Botschafter in Polen, Rolf Nikel, sowie
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des BMI, des AA, der BKM zusammen.
Die polnische Regierungsdelegation wurde von Andrzej Halicki, Minister für Verwaltung und Digitalisierung, geleitet. Minister Halicki wurde vom Staatssekretär Huskowski und der Unterstaatssekretärin Mościcka-Dendys, dem stellvertretenden Botschafter der Republik Polen in Berlin, Janusz Styczek, und Mitarbeitern verschiedener
Ministerien in Polen begleitet.
An den Verhandlungen haben auch Vertreter der deutschen Minderheit in Polen sowie Vertreter der Polen und polnischsprachigen Bürger in der Bundesrepublik
Deutschland teilgenommen.
In Warschau entstand dazu folgende
ERKLÄRUNG
zum Stand der Umsetzung der Beschlüsse der Gemeinsamen Erklärung des
Runden Tisches zu Fragen der Förderung der deutschen Minderheit in Polen und
der polnischstämmigen Bürger und Polen in Deutschland nach dem deutschpolnischen Vertrag über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit
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Während der Plenarsitzung des Runden Tisches zu Fragen der Förderung der deutschen Minderheit in Polen und der polnischstämmigen Bürger und Polen in Deutschland haben die am 26. Februar 2015 in Warschau versammelten Vertreter beider Regierungen sowie gesellschaftlichen Partner Bilanz gezogen, inwieweit die Verpflichtungen, die in der am 12. Juni 2011 unterzeichneten Gemeinsamen Erklärung enthalten sind, umgesetzt wurden.
Die bisherigen Resultate des Prozesses des Runden Tisches wurden positiv bewertet.
Von den Projekten, die sich an die polnischstämmigen Bürger und Polen in Deutschland richten, sind insbesondere hervorzuheben:

die Aufnahme der Tätigkeit der Dokumentationsstelle zur Kultur und Geschichte der Polen in Deutschland „Porta Polonica“, die einen multimedialen
„Atlas der Erinnerungsorte“ erarbeitet hat;

die Einrichtung einer Geschäftsstelle der Polonia in Berlin und eines zweisprachigen Internetportals „Polonia Viva“, das Ereignisse präsentiert, die für die
polnische Gemeinschaft in Deutschland wichtig sind;

die Benennung von Beauftragten für die Zusammenarbeit mit polnischstämmigen Bürgern und Polen in Deutschland in allen Bundesländern;

die Fortsetzung der Förderung von Projekten zur polnischen Kultur und Geschichte in Deutschland.
Von den Projekten, die sich an die deutsche Minderheit in Polen richten, sind insbesondere hervorzuheben:

die Veranstaltung einer internationalen wissenschaftlichen Konferenz "Die
kommunistischen Behörden gegenüber der deutschen Bevölkerung in Polen in
den Jahren 1945-1989";

die Bewilligung eines Zuschusses für das Haus der Deutsch-Polnische Zusammenarbeit in Gleiwitz im Zusammenhang mit der Verpflichtung, im Rahmen
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der Organisationen der deutschen Minderheit eine Stelle einzurichten, die auf
wissenschaftlicher Basis Forschungen zur deutschen Minderheit, deren Geschichte und kulturellem Erbe in die Wege leiten und koordinieren könnte;

die Benennung von Beauftragten für die Angelegenheiten nationaler und ethnischer Minderheiten in allen Woiwodschaften;

die Erhöhung der Zuschüsse, die Organisationen der deutschen Minderheit in
Polen als institutionelle Förderung gewährt werden, insbesondere dem Haus
der Deutsch-Polnischen Zusammenarbeit in Gleiwitz.
Während der Sitzung wurde auch der Stand der Umsetzung der Punkte der Gemeinsamen Erklärung diskutiert, die weitere Maßnahmen erfordern. Der im Jahr 2016 anstehende 25. Jahrestag des deutsch-polnischen Vertrags über gute Nachbarschaft und
freundschaftliche Zusammenarbeit stellt einen guten Bezugspunkt für eine Bilanzierung der Arbeit im Rahmen des Runden Tisches dar.
3.14. Zusammenarbeit mit Kasachstan auf gutem Weg
Im Bundesministerium des Innern bin ich Anfang März 2015 mit dem Botschafter der
Republik Kasachstan, S.E. Herrn Bolat Nussupov, zusammengetroffen um bilaterale
Kooperationsprojekte zu erörtern. An dem Gedanken- und Meinungsaustausch nahm
auch der russlanddeutsche, aus Kasachstan stammende Bundestagsabgeordnete Heinrich Zertik teil.
v.l.n.r.: BA Koschyk MdB, S.E. Botschafter Bolat Nussupov,
Heinrich Zeritk MdB
Quelle: BMI
Seite 111
Botschafter Nussupov dankte Zertik und mir, dass wir Anfang Februar 2015 in die kasachische Hauptstadt Astana gereist sind, was vor Ort große Beachtung gefunden habe. Botschafter Nussupov erneuerte die Einladung zu "Assemblee des Volkes Kasachstans".
Das Gespräch diente u.a. der Vorbereitung der nächsten gemeinsamen DeutschKasachischen Regierungskommission für die ethnischen Deutschen der Republik Kasachstan. Nachdem auf der vorangegangenen Kommissionssitzung im November
2014 in Berlin und bei den Beratungen Anfang Februar 2015 in Astana Fragen der
wirtschaftlichen Zusammenarbeit einen der wesentlichen Schwerpunkte der Beratungen bildeten, sollte die nächste Kommissionssitzung zeitlich mit den "Tagen der
Deutschen Wirtschaft in Kasachstan" verbunden werden.
Auf der Kommissionssitzung im November 2014 hatten der kasachische VizeAußenminister Alexei Volkov und ich vereinbart, künftig bei der Zusammenarbeit auf
dem Gebiet der beruflichen Bildung verstärkt sowohl die Angehörigen der deutschen
Minderheit als auch die in den letzten Jahrzehnten aus Kasachstan nach Deutschland
ausgesiedelten Deutschen einzubinden. Ich berichtete Botschafter Nussupov über das
Deutsch-Argentinische Hochschulzentrum (DAHZ), das ich bei meiner Reise nach
Argentinien im Januar 2015 kennengelernt hatte. Durch dieses höchst erfolgreiche
Gemeinschaftsprojekt konnten bereits in den ersten beiden Jahren nach seiner Gründung mehrere binationale Studiengänge angebahnt und gefördert werden. Diese Studiengänge werden gemeinsam von je einer deutschen und einer argentinischen Hochschuleinrichtung angeboten und haben einen in beiden Ländern anerkannten Doppelabschluss zum Ziel. Der kasachische Botschafter nahm diese Anregung sehr interessiert auf und wird nun die Möglichkeit einer ähnlichen bilateralen Hochschulkooperation zwischen Kasachstan und deutschen Hochschulen prüfen.
Auch erörterten Zertik und ich mit dem kasachischen Botschafter Kooperationsprojekte in Bereichen der beruflichen Bildung und auf dem Gebiet der Landwirtschaft.
Am 20. März findet in Frankfurt ein Treffen der zur deutschen Minderheit in KasachsSeite 112
tan gehörenden stellv. Wirtschaftsministers Albert Rau mit russlanddeutschen Unternehmern statt, die aus Kasachstan stammen und die verstärkt in die bilaterale Wirtschaftszusammenarbeit einbezogen werden sollen.
3.15. Bundesaußenminister Steinmeier besucht Rumänien im
Gedenken an 70 Jahre Deportation der Rumäniendeutschen in die ehemalige Sowjetunion
Am 7. März 2015 bin ich gemeinsam mit Bundesaußenminister Steinmeier zu politischen Gesprächen nach Bukarest und zur 25-Jahresfeier des Demokratischen Forums
der Deutschen in Rumänien (DFDR) in Hermannstadt gereist.
Bundesaußenminister Steinmeier wurde in diesem Rahmen auch die Ehrenbürgerschaft der Stadt Hermannstadt, in der Präsident Klaus Johannis, Angehöriger der
deutschen Volksgruppe in Rumänien, bis zu seiner Wahl zum Präsidenten im November 2014 Oberbürgermeister gewesen ist, verliehen.
Bundesaußenminister Steinmeier hob bei der Verleihung der Ehrenbürgerwürde seine Erinnerungen an den Jahreswechsel 2006/2007 hervor, den er in Hermannstadt
erlebt hatte. Zu diesem Zeitpunkt wurde Rumänien Mitglied der Europäischen Union
und Hermannstadt wurde zeitgleich europäische Kulturhauptstadt. Die nahe den
Südkarpaten gelegene Kreisstadt Hermannstadt/Sibiu wurde 1150 unter der ungarischen Krone von deutschen Siedlern gegründet. Sie entwickelte sich zu einer wichtigen Handelsmetropole und wurde zum politischen Zentrum der sogenannten Siebenbürger Sachsen.
Seite 113
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier
erhält von der Hermannstädter Bürgermeisterin
Astrid Fudor den symbolischen Stadtschlüssel als
äußeres Zeichen der Ehrenbürger-Würde von Hermannstadt.
Quelle: BMI
Am Abend nahm ich gemeinsam mit Bundesaußenminister Steinmeier an der Festveranstaltung "25 Jahre Demokratisches Forum der Deutschen in Rumänien" teil. Das
Forum ist ein Zusammenschluss der deutschen Minderheiten in Rumänien. Ehemaliger Vorsitzender des Forums, das auch im Parlament vertreten ist und welches beim
Reformprozess in Rumänien eine wichtige Rolle gespielt hat, ist der jetzige Präsident
Klaus Johannis. Im Rahmen der Festveranstaltung wurde die Ausstellung zum 25jährigen Bestehen des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien eröffnet.
In seiner Rede sprach Bundesaußenminister Steinmeier von der "herausragenden Bedeutung" der Integration von Minderheiten. "Minderheiten bereichern die Mehrheit.
Sie bereichern mit Ihrer Kultur und Ihren Traditionen die rumänische Gesellschaft",
so Bundesaußenminister Steinmeier. Darüber hinaus sei die deutsche Minderheit ein
"aktiver Teil des politischen Lebens in Rumänien". "In Rumänien scheine zu funktionieren, was man sich mit Blick auf die internen Konflikte innerhalb vieler anderer
Gesellschaften wünschen mag", so Bundesaußenminister Steinmeier.
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Bundesbeauftragter
Hartmut Koschyk
MdB, der Landesvorsitzenden des Demokratischen Forums
der Deutschen in
Rumänien, Dr. PaulJürgen Porr, Staatspräsident Klaus
Johannis, Bundesaußenminister FrankWalter Steinmeier
MdB und BdVPräsident und Vorsitzender der Siebenbürger Sachsen,
Bernd Fabritius MdB
Quelle: BMI
Für eine "deutsche Identität innerhalb rumänischer Nationalität" stehe beispielhaft
der neue Staatspräsident Klaus Johannis, der bis Ende 2014 Oberbürgermeister in
Hermannstadt war. Bundesaußenminister Steinmeier zitierte Staatspräsident Johannis mit den Worten: "Ich bin rumänischer Staatsbürger, also Rumäne; und ich bin
ethnisch Deutscher. Mein Deutschtum hat nichts mit der Bundesrepublik als Staat zu
tun, sondern mit der Sprache und der Kultur." Als weitere Beispiele für die "kulturelle
Schaffenskraft der eigenen Sprache" nannte Bundesaußenminister Steimeier die Literaturnobelpreisträgerin Herta Müller, den Romanautor Eginald Schlattner und den
Musiker Peter Maffay. Bundesaußenminister Steinmeier ermutigte dazu, die deutsche
Sprache in Rumänien weiter zu fördern. In Rumänien gibt es nach Regierungsangaben
rund 80 deutschsprachige Schulen.
In seiner Rede hat Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier auch dazu aufgerufen, in Deutschland mehr für die Integration von Minderheiten zu tun, deren Integration "von herausragender Bedeutung für die Zukunft unserer Gesellschaft" sei. Er
spreche dabei nicht nur über die anerkannten Minderheiten wie die Sinti und Roma,
Dänen, Friesen oder Sorben, sondern auch über jene Menschen, die erst innerhalb der
letzten Jahrzehnte und Jahre nach Deutschland gekommen sind. Minderheiten bereicherten die Mehrheit, so der Bundesaußenminister. Dem Umgang mit Minderheiten
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schrieb er politisch eine bedeutende Rolle zu. Innenpolitisch sei es bedeutsam, weil
nur eine Nation, die die Vielfalt der Identitäten schütze und einbinde in der modernen
Welt erfolgreich sein könne. Außenpolitisch sei es entscheidend, weil nur Staaten, die
die Vielfalt innerhalb ihrer Grenzen schützten, friedlich mit anderen Nationen zusammenleben könnten, so Bundesaußenminister Steinmeier.
Zur Rede von Bundesaußenminister Steinmeier gelangen Sie hier:
http://www.auswaertigesamt.de/DE/Infoservice/Presse/Reden/2015/150309_BM_Nationalitaet_Identitaet.htm
l?nn=385808
Den Abschluss des Besuches von Bundesaußenminister Steinmeier bildete ein Abendessen mit Mitgliedern der deutsch-rumänischen Parlamentariergruppe sowie mit
deutschen Wirtschaftsvertretern.
Vor seinem Besuch in Herrmannstadt/Sibiu führte Bundesaußenminister Steinmeier
in der Hauptstadt Bukarest politische Gespräche. In der rumänischen Hauptstadt traf
Bundesaußenminister Steinmeier zunächst mit Staatspräsident Klaus Johannis zusammen.
Im Anschluss sprach Steinmeier auch mit Ministerpräsident Victor Ponta und Außenminister Bogdan Aurescu. In einer anschließenden Pressekonferenz der beiden
Außenminister betonte Steinmeier, dass die deutsch-rumänischen Beziehungen in
den letzten Jahren "immens gewachsen" seien und äußerte große Anerkennung für
das, was Rumänien in den letzten Jahren geleistet hat. Die rund 350.000 Rumäninnen
und Rumänen in Deutschland gehörten zu den "am Besten in den Arbeitsmarkt integrierten Ausländern", so Steinmeier mit Blick auf eine aktuelle repräsentative Studie.
Der deutsche Außenminister bestärkte die rumänische Regierung zudem in ihrem
politischen Reformkurs in Bezug auf noch bestehende Defizite bei Rechtssicherheit
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und Transparenz. Auf einen Schengen-Beitritt werde man weiter hinarbeiten, so die
Botschaft.
Ich besprach mit Vize-Außenminister George Ciamba, der für die gemeinsame Regierungskommission beider Länder für die Angelegenheit der deutschen Minderheit zuständig ist, die Schwerpunkte der in diesem Jahr stattfindenden Kommissionssitzung
in Temeswar.
Bundesbeauftragter Hartmut Koschyk mit VizeAußenminister George Ciamba
Quelle: BMI
Auch der Ukraine-Konflikt war Thema in den Gesprächen in Bukarest. Mit Blick auf
die nun rund einen Monat alten Minsker Vereinbarungen sprach Steinmeier davon,
dass jetzt "deutlich ein Anfang gemacht" sei: "Wir haben eine signifikante Reduzierung
der Gewalt"
Die Ausweitung der Befugnisse der OSZE nannte Steinmeier einen entscheidenden
Beitrag, dennoch werde der Konflikt die Politik noch lange beschäftigen.
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Neben dem politischen Austausch bot der Besuch von Außenminister Steinmeier
auch die Möglichkeit, die wirtschaftlichen Beziehungen zu besprechen. Deutschland
ist für Rumänien Handelspartner Nummer eins und das Land wickelt ein Fünftel seines Außenhandels mit der Bundesrepublik ab. Deutsche Unternehmen gehören zu
den größten Investoren und Arbeitgebern in Rumänien: "Deutsche Investoren schätzen Rumänien", betonte Steinmeier in Bukarest.
Ein Beispiel ist die Deutsche Bahn-Schenker AG. Gemeinsam mit dem Vorstandsvorsitzenden Rüdiger Grube eröffnete Außenminister Steinmeier das "Global Account
Shared Service Center" in Bukarest. Hiermit wird die Buchhaltung aller europäischen
DB-Standorte außerhalb Deutschlands in Bukarest konzentriert.
Ich erörterte mit Staatssekretär Alexandru Nastase von der Stabstelle für ausländische
Investitionen beim rumänischen Ministerpräsident, deren Direktor Viorel Ciocolu
und Wirtschaftschaftsattaché der Deutschen Botschaft Bukarest, Sebastian Gromig,
die Unterstützung der rumänischen Regierung für deutsche Unternehmensansiedlungen.
Denkmal „In Memoriam“
Quelle: Demokratisches Forum der Deutschen im Banat
Am Sonntag, den 8. März 2015 habe ich in Temeswar bei der Gedenkveranstaltung des
Vereins der ehemaligen Russland-Deportierten e.V. anlässlich 70 Jahre Deportation
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der Rumäniendeutschen in die Sowjetunion für die Bundesregierung gesprochen. Im
Jahr 1945 begann die Deportation eines großen Teils der Rumäniendeutschen in die
sowjetischen Arbeitslager. In Gedenken an dieses Leid, das mit Verlust der Heimat,
Trauer und Tod verbunden war, wurde anlässlich der Gedenkveranstaltung vor dem
Adam-Müller-Guttenbrunn-Haus in Temeswar das Denkmal "In Memoriam" eingeweiht, das an dieses Schicksal erinnert.
Meinen vollständigen Redebeitrag finden Sie hier:
http://www.aussiedlerbeauftragter.de/SharedDocs/Reden/AUSB/DE/rede-koschykgedenkveranstaltung-temeswar.html?nn=3791990
Ein weiterer wichtiger Programmpunkt war meine Teilnahme an der Konferenz "Die
Deportation im kollektiven und individuellen Gedächtnis" in Hermannstadt, die von
der Deutschen Gesellschaft e.V. organisiert wird. Die Konferenz der Deutschen Gesellschaft e.V. wurde in Kooperation mit dem Demokratischen Forum der Deutschen in
Rumänien und der Evangelischen Kirchengemeinde A.B. Hermannstadt durchgeführt
und auch vom Bundeministerium des Innern gefördert. Im Vordergrund der Konferenz stand es, die Erinnerungskultur mit politischen, religiösen und geschichtlichen
Aspekten weiterzuentwickeln.
Meine Rede finden Sie hier:
http://www.aussiedlerbeauftragter.de/SharedDocs/Reden/AUSB/DE/rede-koschykgedenkveranstaltung-hermannstadt-deutsche-gesellschaft.html
3.16. Meinungsaustausch mit dem Ministerpräsidenten der
Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens
Im Bundesministerium des Innern bin ich Ende März 2015 mit dem Ministerpräsidenten der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens, Oliver Paasch, zu einem Informations- und Gedankenaustausch zusammengetroffen.
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v.l.n.r.: Olaf Bodem, Oliver Paasch, Hartmut
Koschyk
Quelle: BMI
Der Ministerpräsident erwiderte damit meinen Besuch in der ostbelgischen Stadt Eupen im September 2014. Paasch wurde vom Leiter der gemeinsamen Delegation der
Deutschsprachigen Gemeinschaft, der Französischen Gemeinschaft und der Wallonischen Region in Berlin, Olaf Bodem, begleitet.
Zu Beginn des Treffens stellte ich mein Aufgabengebiet für die Bundesregierung dar.
Ich sprach dabei meine Anerkennung für die in Belgien gefundene Lösung des Minderheitenschutzes für die deutschsprachige Bevölkerung aus und empfahl sie als ein
sehr gutes Beispiel in Europa. Paasch hob seinerseits die gute Vernetzung der Deutschsprachigen Gemeinschaft mit anderen Regionen in Europa hervor; nur durch den gegenseitigen Erfahrungsaustausch könne der nur 77.000 Einwohner zählende Gliedstaat des Königreichs Belgien seine umfangreichen Aufgaben wahrnehmen.
Breiten Raum nahm in der Unterredung die von der Föderalistischen Union Europäischer Volksgruppen (FUEV) 2013 initiierte Europäische Bürgerinitiative "Minority
SafePack" ein, die von der Europäischen Kommission vorerst nicht angenommen
worden ist. Sowohl Ministerpräsident Paasch als auch ich sprechen sich für einen Prozess des Dialogs anstelle eines Verfahrens vor dem Europäischen Gerichtshof aus und
riefen die Europäische Kommission auf, auf die FUEV mit einem konkreten Gesprächsangebot zuzugehen.
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Beide Regierungspolitiker vereinbarten, den Informations- und Gedankenaustausch
fortzusetzen und künftig auch Vertreter des Deutschen Bundestages und des Parlaments der Deutschsprachigen Gemeinschaft einzubeziehen. Die Deutschsprachige
Gemeinschaft Belgiens ist ein Teil des Gebiets, das 1920 in der Folge des Versailler Vertrages von Deutschland an Belgien abgetreten wurde, und umfasst heute die neun
Gemeinden, in denen vorwiegend Deutsch gesprochen wird. Im Zuge der Umwandlung des belgischen Einheitsstaates in einen Bundesstaat ab den 1970er Jahren konnte
auch die heutige Deutschsprachige Gemeinschaft ihre Autonomie ausbauen. Heute
besteht sie in Belgien gleichberechtigt als Teilstaat mit Gesetzgebungshoheit neben
den anderen im bundesstaatlichen Gefüge (d.h. der Französischen Gemeinschaft, Wallonischen Region, Flandern und der Region Brüssel) und hat zwischenzeitlich im Zuge
von insgesamt sechs Staatsreformen bedeutende Selbstverwaltungsrechte erworben.
Zu den verfassungsmäßigen Zuständigkeiten der Deutschsprachigen Gemeinschaft
zählen neben den kulturellen Angelegenheiten und dem Bildungs- und Ausbildungswesen auch die Arbeitsmarkt-, Gesundheits- und Sozialpolitik.
3.17. Gespräch mit Polnisch-Deutscher Parlamentariergruppe
Koschyk im Gespräch mit Polnisch-Deutscher Parlamentariergruppe
Quelle: BMI
Im Deutschen Bundestag bin ich mit der Polnisch-Deutschen Parlamentariergruppe
zusammengetroffen. An dem Gespräch nahmen Vertreter beider Kammern des Parlaments, des Sejms und des Senats, teil. Der von Senator Aleksander Świeykowski geleiteten Delegation gehörten Mitglieder sowohl der damaligen Regierungspartei BürSeite 121
gerplattform als auch von Oppositionsparteien an. Gastgeber auf deutscher Seite war
der Vorsitzende der Deutsch-Polnischen Parlamentariergruppe im Bundestag,
Thomas Nord MdB.
Delegationsleiter Świeykowski erinnerte daran, dass mit dem deutsch-polnischen
Freundschaftsvertrag von 1991 eine gute Grundlage für eine Annäherung und eine
gute Zusammenarbeit der beiden Völker geschaffen worden sei. Es gelte aber nach wie
vor, diesen Vertrag mit Leben zu erfüllen, insbesondere müssten die Menschen auf
beiden Seiten den Geist dieses Vertrages verinnerlichen und noch stärker zu einem
guten Miteinander beitragen.
Ich, selbst Mitglied der deutsch-polnischen Parlamentariergruppe im Deutschen Bundestag, berichtete von dem deutsch-polnischen Runden Tisch zu Fragen der Förderung der deutschen Minderheit in Polen und der polnischstämmigen Bürger und Polen in Deutschland (Polonia), der am 26. Februar 2015 in Warschau tagte. In der dort
abgegebenen Erklärung sind die für die nächste Zukunft vorgesehenen Vorhaben aufgeführt.
Mitglied der Delegation war auch Ryszard Galla, der als Kandidat der deutschen Minderheit in den polnischen Sejm gewählt worden ist und bislang an allen Gesprächen
im Rahmen des Runden Tisches teilgenommen hat. Er stellte eine neue, positive Qualität der Zusammenarbeit insbesondere zwischen der deutschen Minderheit in Polen
und der Polonia in Deutschland fest.
3.18. Ausstellung "Deutsche in der Geschichte Kirgisistans"
In den Räumlichkeiten der Deutschen Gesellschaft in Berlin wurde die Wanderausstellung über die Geschichte und Kultur der Kirgisiendeutschen im April 2015 gezeigt.
Die Ausstellung gab einen Überblick über die Integration der Deutschen in Kirgisistan
mit vielen Exponaten.
Seite 122
Leider konnte ich aus terminlichen Gründen nicht an der Eröffnung teilnehmen und
habe mein persönliches Grußwort übermittelt:
http://www.aussiedlerbeauftragter.de/SharedDocs/Reden/AUSB/DE/ausstellungdeutsche-in-kirgisistan.html
Aus Anlass dieser Ausstellungseröffnung habe ich betont: Das Tor nach Deutschland
bleibt für die heute noch in den Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion lebenden Deutschen offen. Auf die Bundesregierung ist diesbezüglich Verlass. Aber die Entscheidung zu einer Ausreise muss frei getroffen werden können. Deshalb wird die
Bundesregierung ihre bisherige Politik unverändert fortsetzen, um die Lebensperspektiven für die Deutschen in diesen Ländern weiter in partnerschaftlicher Zusammenarbeit mit den Regierungen vor Ort zu verbessern und so deren Bleibewillen zu
stärken.
3.19. Im Gespräch mit Dietrich Brauer, Erzbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Russland
Im Rahmen meiner Teilnahme an der Sprachkonferenz der Russlanddeutschen in
Moskau bin ich mit dem Erzbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Russland,
dem aus einer russlanddeutschen Familie stammenden Theologen Dietrich Brauer, zu
einem ausführlichen Gedankenaustausch zusammengetroffen.
Koschyk mit Dietrich Brauer, Erzbischof der EvangelischLutherischen Kirche in Russland
Quelle: BMI
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Der 32-Jahre junge evangelische Geistliche ist seit März 2011 Bischof der EvangelischLutherischen Kirche im europäischen Russland und seit September 2014 Erzbischof
der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Russland. Damit ist er "Geistlicher Leiter" des
Bundes der Evangelisch-Lutherischen Kirchen in Russland, der Ukraine, in Kasachstan, Mittelasien und im Südlichen Kaukasus. Ich traf mit Erzbischof Brauer in der
Evangelisch-Lutherischen St. Peter und Paul-Kathedrale in Moskau zusammen und
erörterte das Verhältnis der Evangelisch-Lutherischen Kirche Russlands zu Staat und
Gesellschaft, zur Russisch-Orthodoxen Kirche sowie die Bedeutung des christlichen
Bekenntnisses für die Identitätswahrung der Russlanddeutschen.
Ich bin mir mit Erzbischof Brauer einig, dass neben der deutschen Sprache und Kultur
gerade auch der christliche Glaube für die Russlanddeutschen ein wesentliches Identitätsmerkmal darstellt, das bewahrt werden muss. Bei der Förderpolitik der Bundesrepublik Deutschland für die Russlanddeutschen nimmt für die Bundesregierung auch
die religiöse Bindung der Volksgruppe einen hohen Stellenwert ein. Gleiches gilt für
die Integration der in die Bundesrepublik Deutschland ausgesiedelten Russlanddeutschen.
Erzbischof Brauer und ich vereinbarten, unseren Gedankenaustausch in Zukunft fortzusetzen. Ich besuchte in Moskau auch die jüdische Haupt-Synagoge, die ChoralSynagoge, um mich über jüdisches Leben in Moskau zu informieren. Mit dem Deutschen Botschafter in Moskau, Rüdiger Freiherr von Fritsch, und weiteren Botschaftsmitarbeitern besprach ich die aktuellen Fördermaßnahmen der Bundesregierung zugunsten der Russlanddeutschen. Bei der Sprachkonferenz der Russlanddeutschen in
der Gesellschaftlichen Kammer der Russischen Föderation traf ich auch mit dem für
die Russlanddeutschen zuständigen stellv. russischen Kulturminister Alexander
Schurawski zusammen.
An der Konferenz nahmen auch Vertreter der koreanischen Minderheit und der koreanischen Botschaft in der russischen Föderation teil.
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Im Deutsch-Russischen Haus in Moskau besuchte ich die Musikalisch-Literarische
Theateraufführung "Briefe aus der Vergangenheit in die Zukunft", die sich mit brieflichen Zeugnissen russlanddeutscher Lebensschicksale befasst und bei der Erwin Haas,
ein in Russland bekannter Künstler russlanddeutscher Herkunft Regie führt.
Zum Gedenken an den im Februar ermordeten russischen Oppositionspolitiker Boris
Nemzow legte ich an der Stelle unweit des Kremls ein Blumengebinde nieder, an der
Nemzow gewaltsam zu Tode kam.
Den Redebeitrag zur 4. Internationalen wissenschaftlich-praktischen Sprachkonferenz in Moskau finden Sie hier:
http://www.aussiedlerbeauftragter.de/SharedDocs/Reden/AUSB/DE/koschyk-redesprachkonferenz-moskau.html?nn=3791990
Den Scherpunkt meines Vortrages legte ich auf die Vermittlung der deutschen
Sprache für die Volksgruppe der Russlanddeutschen in der Russischen Föderation
und deren strategische Ausrichtung, bei der es vor allem darum geht, die Ausgangslage zu berücksichtigen.
3.20. Im Gespräch mit dem stellvertretenden russischen Kulturminister Schurawski
Im Rahmen meiner Teilnahme an der Sprachkonferenz der Russlanddeutschen in
Moskau am 31. März 2015 bin ich auch im russischen Kulturministerium mit dem
stellvertretenden Kulturminister der Russischen Föderation, Alexandr Schurawskizusammen getroffen.
Im Rahmen unserer Begegnung erörterte ich mit Schurawski die aktuellen Förderprojekte beider Regierungen zugunsten der Russlanddeutschen im laufenden Jahr. Auch
die Frage der Durchführung der nächsten Sitzung der Deutsch-Russischen Regie-
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rungskommission für die Angelegenheiten der Russlanddeutschen wurde ausführlich
diskutiert.
Bundesbeauftragter Koschyk mit dem stv. russischen
Kulturminister Shurawskij, Mitarbeitern der Deutschen
Botschaft Moskau und Mitarbeitern der russischen Regierung
Quelle: BMI
Zuvor war ich im Deutsch-Russischen Haus in Moskau mit der Führungsspitze der
Selbstorganisation der Russlanddeutschen zusammengetroffen, um den Stand und die
Perspektiven der deutsch-russischen Regierungszusammenarbeit zugunsten der Russlanddeutschen zu beraten. Ebenfalls im Deutsch-Russischen Haus in Moskau traf ich
Mitarbeiter der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), die
in der Russischen Föderation für das Bundesministerium des Innern als Mittlerorganisation für Förderprojekte zugunsten der Russlanddeutschen tätig ist.
3.21. Interview mit der Moskauer Deutsche Zeitung
Interview mit dem Beauftragten der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und
nationale Minderheiten Hartmut Koschyk MdB über die Russlanddeutschen.
Sie gehören zu beiden Ländern: Die Russlanddeutschen sind sowohl eine der Volksgruppen Russlands als auch eine der deutschen Minderheiten im Ausland. Für Berlin
vertritt Hartmut Koschyk als Beauftragter für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten ihre Interessen auch gegenüber Moskau. Jetzt ist es erstmals seit Jahren
wieder zu offiziellen Gesprächen mit der russischen Seite gekommen.
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F: Herr Koschyk, Sie haben jetzt bei Ihrem ersten Moskaubesuch nach über einem
Jahr im Amt auch erstmals mit russischen Vertretern der Minderheitenpolitik gesprochen. Um was geht es in diesem Bereich, grob gesagt, eigentlich?
Bundesbeauftragter: Es kommt immer auf den ehrlichen Willen einer Regierung an,
Bürgern, die nicht zur Mehrheitsbevölkerung gehören und die sich als ethnische Minderheit definieren, alle Rechte einzuräumen, um als Minderheit mit einer eigenen
Kultur, Sprache und religiöser Identität zu überleben. Unser Verständnis dabei ist, dass
der Staat minderheitenbedingte Nachteile durch eine Art positive Diskriminierung
ausgleicht. Und dass das Land, in dem sie leben, und das Land, mit dem sie kulturell
verbunden sind, möglichst gut zusammenarbeiten.
F: Braucht Russland hier überhaupt Ratschläge? Es ist doch, anders als Deutschland,
seit Jahrhunderten ein Vielvölkerstaat.
Bundesbeauftragter: Wir drängen uns nicht mit Ratschlägen auf. Russland hat das europäische Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten unterzeichnet und ratifiziert. Ob Russland seine entsprechenden Verpflichtungen erfüllt, das
sollen die Experten des Europarates überprüfen. Für jeden Staat ist es wichtig, dass die
eigenen nationalen Minderheiten zufrieden sind.
F: In der deutsch-russischen Zusammenarbeit auf diesem Gebiet dient noch immer
das Regierungsprotokoll von 1992 als Grundlage. Darin ist auch von einer eigenen
Republik der Deutschen in Russland die Rede, was man hier für illusorisch hält. Die
Russen wünschen sich eine Neufassung des Protokolls.
Bundesbeauftragter: Wir sind bereit, darüber zu reden, was davon überholt ist und
was vielleicht neu bedacht werden muss. Dabei lassen wir uns von unseren Erfahrungen und unseren Prinzipien leiten, wie sie in anderen bilateralen Vereinbarungen betreffend deutscher Minderheiten festgelegt sind.
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F: Der Knackpunkt für das neue Protokoll scheint zu sein, dass sich Moskau für alle
Russlanddeutschen im Ausland zuständig sieht.
Bundesbeauftragter: Wir haben ja nicht nur mit Russland eine Zusammenarbeit über
russische Bürger deutscher Herkunft, sondern auch zum Beispiel mit Kasachstan. Natürlich kann man argumentieren, dass die Deutschen, die heute in Kasachstan leben
beziehungsweise von dort nach Deutschland ausgesiedelt sind, einst auf dem Gebiet
der heutigen Russischen Föderation ansässig waren. Und dass man deswegen eine Art
der Verantwortung oder Zuständigkeit für sie ableitet. Ich teile diese Argumentation
nicht. Vielleicht ist nämlich für die Betroffenen selbst ihre Familiengeschichte in Kasachstan wichtiger als die im früheren Russland.
F: Was ist der deutsche Standpunkt?
Bundesbeauftragter: Wir unterstützen jeden Deutschen, der zu uns kommt, bei seiner
Integration, egal aus welchem Teil der ehemaligen UdSSR. Sie sollen ihre Identität
behalten können, wie auch immer diese von ihnen verstanden wird. Das ist kaum vereinbar mit der Sichtweise, dass jeder Bürger, der aus dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion zu uns gekommen ist, eine russische Identität hat und daher auch von Russland "betreut" werden muss.
Bis heute ist das Protokoll "zur stufenweisen Wiederherstellung der Staatlichkeit der
Russlanddeutschen" von 1992 die Grundlage für die Zusammenarbeit von Berlin und
Moskau in Fragen der deutschen Volksgruppe in Russland. Die "Staatlichkeit" bedeutete damals die Wiederherstellung der "Republik der Wolgadeutschen" in der Gegend
um Saratow. In den vergangenen Jahren gab es immer wieder Versuche, ein neues
Protokoll zu formulieren, die aber bisher an zwei Fragen scheiterten: ob Moskau die
Russlanddeutschen wirklich vollständig rehabilitiert hat und ob es der Ansprechpartner für die Bundesregierung für alle Aussiedler aus der ehemaligen UdSSR sein kann.
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F: Wenn diese Menschen aber die russische Sprache und Kultur als wesentlich für
ihre Identität ansehen, ist dann nicht tatsächlich eher Russland der Ansprechpartner
als etwa Kasachstan?
Bundesbeauftragter: Diese Frage müssen die Menschen für sich selbst beantworten,
sie muss nicht Teil des Regierungsprotokolls sein. Ich weiß um die große Strahlkraft
der russischen Sprache und Kultur. Wir könnten uns darüber Gedanken machen, was
wir in Deutschland für die Verbreitung der russischen Sprache und Kultur machen
können, wenn wir die kulturelle Dimension unserer Beziehungen etwa in einem Kulturabkommen definierten.
F: Oft wird die "Brückenfunktion" der Russlanddeutschen beschworen. Wie könnten
sie die Länder konkret besser verbinden?
Bundesbeauftragter: Ich will ein Beispiel nennen. Wir haben mit Heinrich Zertik einen engagierten Russlanddeutschen im Deutschen Bundestag. Er bringt dort wichtige
Themen ein wie die Integration der Aussiedler und die Kooperation mit den Ländern,
in denen Russlanddeutsche heute leben. Es würde dieser Brückenfunktion helfen,
wenn Abgeordnete russlanddeutscher Herkunft auch in der Staatsduma so offen auftreten würden wie Heinrich Zertik bei uns. Im Bereich der Wirtschaft können wir sicherlich auch noch besser zusammenarbeiten und dabei auf russlanddeutsche Brückenbauer setzen.
F: Gerade in der Wirtschaft läuft es doch auch ohne ethnische „Brücken“ traditionell
ganz gut zwischen beiden Ländern …
Bundesbeauftragter: Ja, aber da geht noch mehr. Mir jedenfalls ist keine organisierte
Zusammenarbeit von russlanddeutschen Unternehmern in beiden Ländern bekannt.
Und haben wir wirklich eine breite Kooperation unter kleinen und mittelständischen
Betrieben? Dabei gibt es in Deutschland sehr erfolgreiche Unternehmer aus dem Be-
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reich der Russlanddeutschen. Ob sie in Russland einen Partner finden, scheint mir
bisher eher aus technischen Gründen schwierig.
F: Wie könnten die Russlanddeutschen beim gegenseitigen Verständnis der Länder
insgesamt helfen?
Bundesbeauftragter: Man darf die Russlanddeutschen nicht überfordern. Wir haben
auf beiden Seiten, bei den Russlanddeutschen sowohl in Deutschland wie in Russland,
einen Prozess der Selbstfindung und der Herausbildung der Strukturen. Auch 25 Jahre
nach dem Ende der Sowjetunion ist dieser Prozess noch nicht abgeschlossen. Wenn
man über eine Brücke, deren Pfeiler nicht solide konstruiert wurden, gleich einen
LKW schickt, stürzt sie ein. Deshalb müssen wir uns stark auf das Fundament der Brücke konzentrieren und nicht schwere politische LKWs darüber schicken und uns dann
wundern, dass die Brücke einstürzt.
***Das Interview führte: Bojan Krstulovic***
erschienen am 24. April 2015: http://www.mdz-moskau.eu/%E2%80%9Ewir-drangenuns-nicht-mit-ratschlagen-auf/
3.22. Feierliche Namensverleihung „Johann Wolfgang von
Goethe“ an die bilinguale Schule der Bildungsgesellschaft Cosel-Rogau
Am 15. April 2015 wurde der bilingualen Schule in Cosel-Rogau feierlich der Name
"Johann Wolfgang von Goethe" verliehen. Die "Bildungsgesellschaft Cosel-Rogau" hat
die bestehende und von der Schließung bedrohte Grundschule mit Unterricht im
Fach Deutsch als Muttersprache in ihre Trägerschaft übernommen.
Bereits vor einigen Jahren haben alle Lehrer begonnen, intensiv Deutsch zu lernen.
Die "Bildungsgesellschaft Cosel-Rogau" hat die Schule damit nicht nur vor einer
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Schließung bewahrt, sondern setzt auch das Konzept der mehrsprachigen Ausbildung
um.
Ich danke der Bildungsgesellschaft Cosel-Rogau für das Engagement und übersendete
zur feierlichen Namensverleihung mein persönliches, schriftliches Grußwort:
Ich bedauere es sehr, dass ich Ihrer freundlichen Einladung zur feierlichen Namensverleihung nach Cosel-Rogau nicht folgen konnte.
Ich kann die "Bildungsgesellschaft Cosel-Rogau" nur dazu beglückwünschen, dass sie
mit dem Schuljahr 2012/13 die bereits bestehende und von Schließung bedrohte
Grundschule mit Unterricht im Fach Deutsch als Muttersprache in ihre Trägerschaft
übernommen hat. Das ist gelebte Bürgerverantwortung, ein wichtiges Grundprinzip
der Demokratie, das auch in der Minderheitenpolitik Geltung besitzen sollte.
Der Unterricht an der Grundschule ist zweisprachig und steht allen Kindern der Umgebung, den deutschen ebenso wie den polnischen, offen. Die jungen Menschen, die
hier ihre Ausbildung erhalten, werden in zwei Sprachwelten zuhause sein und diese
Zweisprachigkeit als ganz normal empfinden. Das ist ein kleiner, aber wichtiger Beitrag zur Rückkehr Europas zu einer kulturellen Verfassung, die es früher schon einmal
gegeben hat: Mehrsprachigkeit ist die Regel und typisch europäisch!
Eine mehrsprachige Ausbildung bereits im Kindergarten und in der Grundschule
schafft auch Vorteil beim späteren Erwerb weiterer Sprachen. Somit erhalten hier die
Kinder optimale Voraussetzungen, später ein berühmtes Wort des Namensgebers Johann Wolfgang von Goethe unter Beweis zu stellen: "Wer fremde Sprachen nicht
kennt, weiß nichts von seiner eigenen."
Die Gründung von Schulen in eigener Trägerschaft durch eine Selbstorganisation der
Minderheit – in Ihrem Falle der Bildungsgesellschaft Cosel-Rogau – ist eine wichtige
Möglichkeit, den verbrieften Rechtsanspruch von Angehörigen einer nationalen Minderheit auf Schulunterricht in der Muttersprache zu erfüllen. Die polnische Regierung
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hat also richtig gehandelt, als sie hierfür die rechtlichen Voraussetzungen geschaffen
hat. Allerdings wäre der guten Absicht nicht entsprochen, wenn die Eigeninitiative
von Eltern von der staatlichen Seite als Vorwand genutzt würde, sich der Verantwortung gegenüber den Kindern zu entziehen. Der Staat muss die schulische Ausbildung
aller Kinder gleichermaßen fördern, ganz gleich ob sie in einer staatlichen oder privaten Schule unterrichtet werden. In diesem Zusammenhang freue ich mich auch, dass
das Bundesministerium des Innern Ende 2013 die Ausstattung für den Informatikunterricht mit 5.000 Euro unterstützen konnte.
Für den heutigen Festtag wünsche ich Ihnen allen, insbesondere aber Euch, liebe Kinder, einen fröhlichen und unbeschwerten Tag. Ich würde mich freuen, wenn ich bei
einer meiner nächsten Reisen nach Oberschlesien wieder nach Cosel-Rogau kommen
kann, um Kindergarten und Schule in Augenschein zu nehmen.
Der Vorsitzenden der "Bildungsgesellschaft Cosel-Rogau", Frau Róża Kerner, und dem
Direktor der Schule, Herrn Tadeusz Urbańczyk, aber auch allen weiteren aktiven Mitstreitern, danke ich von ganzen Herzen für diese großartige Gemeinschaftsleistung,
die dem heutigen Festakt vorausgegangen ist.
In herzlicher Verbundenheit verbleibe ich
Hartmut Koschyk MdB
Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten
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3.23. Fachveranstaltung des Evangelischen Freundeskreises
Siebenbürgen, der Gemeinschaft evangelischer Siebenbürger Sachsen und der Evangelischen Kirche A.B. in
Rumänien
Im Rahmen der Fachveranstaltung im “Heiligenhof“ in Bad Kissingen, die in Zusammenarbeit mit dem Evangelischen Freundeskreis Siebenbürgen, der Gemeinschaft
evangelischer Siebenbürger Sachsen und der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien
stattfindet, habe ich eine Rede zum Thema "Was bedeutet es, dass ein (evangelischer)
Deutscher Präsident Rumäniens ist? Innen und Außenansichten" gehalten.
Die Bildungs- und Begegnungsstätte „Der Heiligenhof“ in Bad Kissingen steht seit
rund 60 Jahren für kulturelle und politische Tradition, Gastfreundschaft und Toleranz.
Träger des Heiligenhofs ist die Stiftung Sudetendeutsches Sozial- und Bildungswerk.
In meiner Rede erklärte ich, dass die Wahl von Klaus Johannis sicherlich sehr positive
Auswirkungen auf das deutsch-rumänische Verhältnis hat:
Mir ist es aber wichtig zu betonen, dass sich durch diese Wahl die Beziehungen Rumäniens nicht nur zur Deutschland, sondern zu ganz Europa noch weiter verbessern
dürften. Die Existenz nationaler Minderheiten mit ihren spezifischen Kulturen und
Sprachen ist nämlich seit jeher ein entscheidendes Charakteristikum der europäischen Kultur – jeder zehnte Bürger der Europäischen Union gehört einer nationalen
Minderheit an. Wann immer jetzt in Europa von Akzeptanz und Integration nationaler Minderheiten die Rede sein wird – der Blick wird immer auch nach Rumänien gehen. Ein Grund für den ebenso überraschenden wie historischen Wahlerfolg von
Klaus Johannis sind sicherlich die Charaktereigenschaften, für die er steht.
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Meinen vollständigen Redebeitrag finden Sie hier:
http://www.aussiedlerbeauftragter.de/SharedDocs/Reden/AUSB/DE/fachveranstaltu
ng-heiligenhof-bad-kissingen.html
3.24. Sitzung der Assemblee des Volkes Kasachstans
Gemeinsam mit dem aus Kasachstan stammenden russlanddeutschen Bundestagsabgeordneten Heinrich Zertik habe ich Ende April 2015 an der diesjährigen Sitzung der
Assemblee des Volkes Kasachstans teilgenommen.
Hartmut Koschyk und Heinrich Zertik mit
Abgeordneten des Kasachischen Parlaments
Die Einladung hierzu wurde an uns beide während unsers Besuches in der kasachischen Hauptstadt Astana im Februar dieses Jahres ausgesprochen, als wir die Assemblee des Volkes Kasachstans besucht und mit deren Vizevorsitzenden Yeraly Tugzhanov zusammengetroffen sind. Bereits bei dieser Begegnung hatte Vizepräsident
Tugzhanov den aus Kasachstan stammenden Bundestagsabgeordneten Heinrich Zertik eingeladen, bei der Vollversammlung der Assemblee des Volkes Kasachstans ein
Grußwort zu sprechen.
Die Assemblee des Volkes Kasachstans bietet den 130 im Land anerkannten Minderheiten die Möglichkeit zur Teilhabe am politischen und gesellschaftlichen Leben und
wählt neun der 107 Abgeordneten des kasachischen Unterhauses (Mashilis). Die Assemblee wurde auf Initiative des kasachischen Präsidenten Nasarbajew 1995 ins Leben
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gerufen, der selbst Vorsitzender dieses Verfassungsorgans ist und auch die diesjährige
Vollversammlung leitete.
Der Assemblee des Volkes Kasachstans gehören auch alle Regionalvorsitzenden der
Deutschen Minderheit sowie deren Landesvorsitzender Alexander Dederer und der
Vorsitzende der Jugendorganisation Ruben Bachmann sowie die russlanddeutschen
Parlamentsabgeordneten Jegor Kappel und Olga Kilenko an. Einer der Pioniere der
Selbstorganisation der Deutschen Minderheit, der über 90-jährige Leo Schick, wurde
von Präsident Narsabajew für seine engagierte Mitarbeit in der Assemblee des Volkes
Kasachstans bei der diesjährigen Sitzung ausgezeichnet.
Präsident Nasarbajew würdigte in seiner Ansprache vor der Assemblee des Volkes Kasachstans auch das soziale Engagement der Deutschen Minderheit in Kasachstan, das
u.a. in den von der Bundesregierung geförderten Sozialstationen zum Ausdruck
kommt. Heinrich Zertik betonte in seinem Grußwort vor den Mitgliedern der Assemblee der Völker Kasachstans die Brückenfunktion sowohl der in Kasachstan lebenden als auch der in die Bundesrepublik Deutschland ausgesiedelten Russlanddeutschen.
Unsere Teilnahme an der Vollversammlung der Assemblee des Volkes Kasachstans
nutzen wir auch für Gespräche mit Vertretern der Deutschen Minderheit, Mitgliedern
des Kasachischen Parlaments sowie der Kasachischen Regierung. Diese Gespräche
dienten auch der Vorbereitung der diesjährigen Sitzung der jährlich tagenden
Deutsch-Kasachischen Regierungskommission bezüglich der Angelegenheiten der
Deutschen Minderheit, die im Oktober dieses Jahres in Kasachstan tagen wird.
Am Rande der Vollversammlung der Assemblee des Volkes Kasachstans hatten wir
auch Gelegenheit zu einem Meinungsaustausch mit dem Erzbischof der Katholischen
Erzdiözese Astana, Tomasz Bernard Peta, der aus der Woiwodschaft Kujawien in
Pommern stammt. Der Weihbischof der Erzdiözese Astana, Athanasius Schneider,
entstammt einer russlanddeutschen Familie, die in den Ural verschleppt wurde.
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Weihbischof Schneider selbst wurde 1961 in Kirgisien geboren und siedelte mit seiner
Familie 1973 nach Deutschland aus. Er wählte dann die Berufung als Ordenspriester,
studierte in Brasilien Theologie und Philosophie. Nach einem weiteren Studium und
der Dissertation in Rom entschied er sich für eine Rückkehr nach Kasachstan, wo er
das Priesterseminar in Karaganda leitete. 2006 wurde Schneider von Papst Benedikt
XVI. zum Weihbischof ernannt.
Zum Abschluss der Vollversammlung der Assemblee des Volkes Kasachstans fand eine
beeindruckende Kulturgala statt, bei der ein künstlerischer Beitrag eindrucksvoll an
das Deportationsschicksal der Russlanddeutschen erinnerte.
Neben unserer Teilnahme an der Assemblee des Volkes Kasachstans trafen wir bei
unserem Kasachstan-Aufenthalt auch mit dem russlanddeutschen Unternehmer Alexander Lorenz zusammen, der 1995 aus Kasachstan in die Bundesrepublik Deutschland ausgesiedelt ist. Dort wählte Lorenz alsbald die unternehmerische Selbstständigkeit, aus der heraus er seit 2006 mit einem kasachischen Partner in Kasachstan sehr
erfolgreich tätig ist. Lorenz hat in beträchtlichem Umfang in 11 Agrarunternehmen
verschiedener Art in Kasachstan investiert. Wir besuchten Lorenz in einem seiner Unternehmen in Akmol (ehemals Malinowka) in der Nähe von Astana. Dort befand sich
eine sehr erfolgreiche Landwirtschaftskolchose, die zu sowjetischen Zeiten von dem
russlanddeutschen Agrarfachmann Scharf geleitet wurde, der auch Mitglied des
Obersten Sowjet war. Scharf ergriff bereits in den 80er Jahren die Initiative, im damaligen Malinowka eine Gedenkstätte einzurichten, die an das Leid stalinistischer Deportationsopfer, darunter zahlreiche Russlanddeutsche, in einem Straflager in Malinowka erinnerte. Daraus entwickelte sich im heutigen Akmol ein eindrucksvolles Museum.
Zertik und ich waren sehr beeindruckt von dem unternehmerischen Engagement des
russlanddeutschen Alexander Lorenz, vor allem auch von seinem sozialen und gesellschaftlichen Engagement in Kasachstan.
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3.25. Südtirol ist entscheidender Impulsgeber in Fragen des
Minderheitenschutzes
Ende April 2015 bin ich zu einem Meinungs- und Informationsaustausch nach Bozen
gereist. Ich kann die bedeutende Rolle der Autonomen Provinz Bozen-Südtirol in Fragen des europäischen und globalen Minderheitenschutzes würdigen und sagen, dass
Südtirol ein entscheidender Impulsgeber in Fragen des Minderheitenschutzes ist.
Das Gebäude des Südtiroler Landtages
Ich war in Bozen mit dem Südtiroler Landeshauptmann Arno Kompatscher, der Landesrätin für Gesundheit, Sport, Sozialwesen und Arbeit, Martha Stocker, in ihrer
Funktion als Vizepräsidentin der Föderalistischen Union Europäischer Volksgruppen
(FUEV), dem Fraktionsvorsitzenden der regierenden Südtiroler Volkspartei (SVP) im
Südtiroler Landtag, Dieter Steger, sowie dem Präsidenten der Europäischen Vereinigung von Tageszeitungen in Minderheiten- und Regionalsprachen (MIDAS) und Chefredakteur der führenden Südtiroler Tageszeitung "Dolomiten", Toni Ebner, zusammengetroffen.
Des Weiteren habe ich die Europäische Akademie Bozen (EURAC) besucht und mich
dort mit Wissenschaftlern der Institute für Minderheitenrecht sowie Fachkommunikation und Mehrsprachigkeit ausgetauscht. Schließlich war ich auch mit führenden
Vertretern des Amtes für Sprachminderheiten der Autonomen Region TrentinoSüdtirol zusammengetroffen.
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Im Mittelpunkt der Gespräche mit Landeshauptmann Kompatscher, FUEVVizepräsidentin Stocker und dem SVP-Fraktionsvorsitzenden Steger standen die aktuelle Entwicklung des Südtiroler Autonomiestatuts, die Frage der konzeptionellen
Weiterentwicklung des europäischen Minderheitenschutzes sowie der weitere Ausbau
der Zusammenarbeit in Fragen des Minderheitenrechts. Landeshauptmann Kompatscher informierte mich über Inhalt und Tragweite des jüngst abgeschlossenen Finanzabkommens zwischen der Südtiroler Landesregierung und der Italienischen Zentralregierung, das eine entscheidende Weiterentwicklung und Stärkung des Autonomiestatuts darstellt. Gemeinsam mit dem Südtiroler Landeshauptmann und FUEVVizepräsidentin Stocker stellte ich Überlegungen an, wie die FUEV-Initiative für eine
Stärkung des Minderheitenschutzes im Bereich der Europäischen Union "Minority
Safepack" noch besser unterstützt werden kann.
Ich dankte den Vertretern der Autonomen Provinz Bozen-Südtirol sowie der Autonomen Region Trentino-Südtirol für die konzeptionelle sowie praktische Unterstützung deutschsprachiger Minderheiten in Europa, z. B. beim Aufbau eines deutschen
muttersprachlichen Unterrichts für die deutsche Minderheit in Ungarn. Landeshauptmann Kompatscher äußerte die Bereitschaft, auch in Zukunft deutschsprachige
Minderheiten bei deren Bemühungen um muttersprachliche und kulturelle Identitätswahrung zu begleiten. Mit dem SVP-Fraktionsvorsitzenden Steger diskutierte ich
die Zukunft von Minderheitenschutz-Modellen wie des Südtiroler Autonomiestatuts
unter den Herausforderungen einer fortschreitenden Globalisierung und deren Folgen wie steigender Zuwanderung und Sprachvereinheitlichung.
Der Präsident der Europäischen Vereinigung von Tageszeitungen in Minderheitenund Regionalsprachen (MIDAS), Toni Ebner, informierte mich über den oftmals zu
führenden Existenzkampf von Minderheiten-Tageszeitung, gerade auch im Hinblick
auf die neuen elektronischen Medien. Ich dankte dem MIDAS-Präsidenten für die
Unterstützung von Minderheiten-Zeitungen in Deutschland wie "Flensborg Avis" der
dänischen Minderheit und "Serbske Nowiny" des sorbischen Volkes, aber auch
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deutschsprachiger Minderheiten-Tageszeitungen wie "Allgemeine Deutsche Zeitung"
in Rumänien und "Der Nordschleswiger" in Dänemark.
Mit den Mitarbeitern der beiden Institute für Minderheitenrecht sowie für Fachkommunikation und Mehrsprachigkeit unter dem Dach der Europäischen Akademie Bozen (EURAC) sowie mit der Amtsspitze des Amtes für Sprachminderheiten der Autonomen Region Trentino-Südtirol erörterte ich deren Arbeitsschwerpunkte sowie
Möglichkeiten einer verstärkten Zusammenarbeit.
Im Hinblick auf eine Intensivierung der Zusammenarbeit lud ich den Südtiroler Landeshauptmann Arno Kompatscher zu einem Besuch in Berlin ein, um einerseits den
in Bozen begonnenen Gedankenaustausch fortzusetzen sowie andererseits Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat über die aktuelle Entwicklung des Südtiroler Autonomiestatuts aus erster Hand zu informieren.
Mein Interview mit der deutschsprachigen Zeitschrift "Dolomiten" in Bozen/Südtirol
finden Sie hier:
http://www.aussiedlerbeauftragter.de/SharedDocs/Kurzmeldungen/AUSB/DE/kosch
yk-interview-dolomiten.html?nn=3791990
3.26. Ukrainisches Ministerkabinett löst Amt des Regierungsbeauftragten für ethnonationale Politik auf
Mit großem Bedauern habe ich die Entscheidung des ukrainischen Ministerkabinetts
zur Kenntnis genommen, dass das erst im Juni 2014 geschaffene Amt des Beauftragten
der ukrainischen Regierung für ethnonationale Politik Anfang Mai 2015 aufgelöst
wurde.
Ich sprach dem bisherigen Amtsinhaber, Gennadiy Druzenko, meine Anerkennung
für seine im Amt geleistete Arbeit aus.
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Gennadiy Druzenko wurde am 18. Juni 2014 zum ukrainischen Regierungsbeauftragten ernannt und war damit für die Angelegenheiten der nationalen Minderheiten in
der Ukraine zuständig.
v.l.n.r.: BA Hartmut Koschyk MdB, Gennadi Druzenko
(Beauftragter der ukrainischen Regierung für ethnonationale Politik) und seine Mitarbeiterin Viktoria
Luganska sowie Dr. Alexander Schumacher (BMI)
Quelle: Archiv BMI
Nicht zuletzt die Zusammenarbeit mit der deutschen Minderheit in der Ukraine gestaltete sich sehr gut, aber auch die Initiativen Druzenkos für die Minderheit der Roma, die vor allem in den ukrainischen Karpaten siedeln, waren sehr bemerkenswert.
Druzenko und ich trafen uns erstmals am Rande der gemeinsame vom GoetheInstitut Kiew und dem Rat der Deutschen der Ukraine ausgerichteten Fachkonferenz
"Deutsch als Minderheitensprache" im Oktober 2014 und im November 2014 unternahm Druzenko auf Einladung des Auswärtigen Amtes und mir eine minderheitenpolitische Informationsreise nach Deutschland wahr.
Ich schloss mein Schreiben an Gennadiy Druzenko mit folgenden Worten: Ich bin
überzeugt, dass Sie auch in einer anderen Funktion Ihrem Land sehr gut dienen und
damit auch weiterhin ein überzeugender Botschafter der neuen Ukraine sein werden.
Ich wünsche Ihnen jedenfalls für Ihre weitere politische und persönliche Zukunft alles
Gute und Gottes reichen Segen!
Seite 140
3.27. FUEV-Kongress 2015 in Komotini/Griechenland
Der 60. Kongress der Föderalistischen Union Europäischer Volksgruppen (FUEV) fand
vom 13. bis 17. Mai 2015 in Komotini, Griechenland, statt.
Der Kongress wurde in Zusammenarbeit mit den FUEV –Mitgliedsorganisationen, der
Föderation der West-Thrakien Türken in Europa (ABTTF ), der West-Thrakien Minority Hochschulabsolventen Assoziation ( BTAYTD ) und der DEB Partisi, durchgeführt.
Hauptthemen des Kongresses war die Minderheitennsituation in Europa und in Griechenland, die Lage in der Ukraine und die Zusammenarbeit zwischen den Minderheitenorganisationen auf europäischer Ebene. Insgesamt besuchten mehr als 150 Gäste
aus 20 Ländern den Kongress.
Ich übermittelte anlässlich des Kongresses mein persönliches Grußwort:
Vor ziemlich genau einem Jahr hatte ich die Ehre, der Föderalistischen Union Europäischer Volksgruppen in Flensburg zu Ihrem 65. Geburtstag zu gratulieren. An die Feierlichkeiten im Mai vergangenen Jahres denke ich noch heute gerne zurück. Umso
mehr bedauere ich es, beim diesjährigen FUEV-Kongress 2015 im schönen Komotini
nicht teilnehmen zu können.
Im letzten Jahr habe ich betont, dass die FUEV ein "Leuchtturm" des Minderheitenschutzes in Europa werden muss. In meinem Amt als Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten habe ich dieses Ziel zu jeder
Zeit und mit großem Nachdruck unterstützt. Ich freue mich deshalb sehr, dass es für
2015 gelungen ist, den für die FUEV vorgesehenen Mittelansatz im Bundeshaushalt
auf 100.000 Euro zu erhöhen. Letztendlich sehe ich aber die Notwendigkeit einer institutionellen Förderung der FUEV aus dem Bundeshaushalt und sehe hierfür auch zunehmende fraktionsübergreifende Zustimmung im Deutschen Bundestag.
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Mit den derzeit vorgesehenen Mitteln aus dem Bundeshaushalt können u.a. der jährlich stattfindende FUEV-Kongress, ein Seminar der Arbeitsgemeinschaft Deutscher
Minderheiten sowie ein Oster- und ein Herbstseminar der Jugend Europäischer
Volksgruppen gefördert werden. Erstmalig stehen auch Bundesmittel für die Einrichtung eines Kontaktbüros in Brüssel bereit. Das ist ein wichtiger Fortschritt. Die geförderten Veranstaltungen und Einrichtungen sind - jede für sich - wichtig, um Erfahrungen auszutauschen, Netzwerke zu bilden und für den Minderheitenschutz in Europa Flagge zu zeigen. Die FUEV vertritt und organisiert dabei die Interessen der verschiedenen Volksgruppen gegenüber der Öffentlichkeit, den staatlichen Stellen sowie
den internationalen Organisationen. Und dies mit Nachdruck und Beharrlichkeit.
Nicht anders darf es sein.
Langfristig reicht dies allerdings noch nicht aus. Als Beauftragter der Bundesregierung
für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten ist es mir wichtig, dass übergreifende minderheitenpolitische Fragen auch übergreifend gelöst werden. Deshalb unterstütze ich auch die Idee eines Hauses der Minderheiten in Flensburg. Hier sind wir im
Vergleich zum vergangenen Jahr bereits deutlich vorangeschritten. So unterhalten wir
uns heute nicht mehr über das "ob" einer Projektförderung sondern sind bereits in die
Stufe der konkreten Projektausgestaltung eingetreten. In wenigen Tagen wird ein Gespräch zu den relevanten Finanzierungsfragen in Berlin stattfinden, um in der Sache
einen weiteren Schritt voran zu kommen. Ich bin zuversichtlich, dass dadurch eine
Anlaufstelle für Minderheitenanliegen in Flensburg etabliert werden kann.
Und auch zwei andere Punkte möchte ich gerne hervorheben: Ich habe mich in den
vergangenen Monaten dafür eingesetzt, die Tätigkeit der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Minderheiten mit der Einrichtung einer Geschäftsstelle in Berlin auf eine solide
Grundlage zu stellen und bin auch hier zuversichtlich, dass diese sehr bald eingerichtet werden kann. Zum anderen unterstütze ich mit großem Nachdruck die Bürgerinitiative "Minority Safepack", die von der FUEV gemeinsam mit der Südtiroler Volkspartei, der Demokratischen Allianz der Ungarn in Rumänien sowie der Jugend Euro-
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päischer Volksgruppen initiiert wurde. Ich habe dieses Thema in den vergangenen
Monaten bereits im Kreise meiner Kolleginnen und Kollegen im Deutschen Bundestag sowie im Europäischen Parlament beworben. Bei meinem kürzlich erfolgten Besuch in Bozen konnte ich gemeinsam mit dem Südtiroler Landeshauptmann Arno
Kompatscher und der FUEV-Vizepräsidentin Martha Stocker gemeinsam erörtern,
wie die FUEV-Initiative für eine Stärkung des Minderheitenschutzes im Bereich der
Europäischen Union "Minority Safepack" noch besser unterstützt werden kann. Ich
werde mich in den kommenden Wochen auch bei dem Vizepräsidenten der EUKommission, Herrn Timmermans, persönlich für dieses Anliegen einsetzen.
Der Russland-Ukraine Konflikt hat deutlich aufgezeigt, dass das Versäumnis einer
nachhaltigen Minderheitenpolitik, die die Rechte der nationalen Minderheiten
schützt und um einen Ausgleich zwischen den Volksgruppen bemüht ist, zu gewaltsamen Spannungen führen kann, wie es sie seit den Schrecken zweier Weltkriege und
des Zerfalls Jugoslawiens zu Beginn des Jahres 1991 in Europa nicht mehr gegeben hat.
Gleichzeitig erleben wir, dass Minderheitenfragen als Vorwand für Völkerrechtsverletzungen missbraucht werden.
Ich denke außerdem an die menschenunwürdigen Lebensbedingungen tausender
Roma in verschiedenen Staaten Europas. Die Situation dieser Menschen in ihren
Heimatländern zu verbessern muss ein wichtiges Ziel der EU sein. Dies ist mir ein besonderes Anliegen. Daher thematisiere ich die Notwendigkeit einer umfassenden Politik zu minderheitenpolitischen Fragen derzeit regelmäßig auch bei all meinen Terminen mit ausländischen Gesprächspartnern.
Ich hoffe sehr, dass wir es am Ende schaffen werden, einen wirksamen Minderheitenschutz auch auf der Ebene der Europäischen Union zu verankern.
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Mein besonderer Dank gilt Ihnen allen, die Sie sich in verschiedenster Weise und in
unterschiedlichsten Funktionen für den Erhalt, den Schutz und die Förderung ihrer
jeweiligen Volksgruppe einbringen. Sie können versichert sein, dass auch ich mich
weiter mit großem Engagement für den Schutz und die Förderung der Minderheiten
einsetzen werde.
Mein Wunsch und meine dringende Bitte an Sie ist: Bleiben Sie der stete Wächter und
Anwalt gerade für diejenigen Minderheiten, die in Europa noch nicht gleichberechtigt
zur Mehrheitsbevölkerung stehen, deren Stimme in der demokratischen Willensbildung bislang noch nicht gehört wird und die sich nach wie vor Diskriminierungen
ausgesetzt sehen! Diese Minderheiten brauchen tatkräftige Unterstützung. Sie sollen
mit der FUEV auch weiterhin einen starken Partner an Ihrer Seite wissen.
Mein Grußwort in englischer Sprache finden Sie auf meiner Homepage:
http://www.aussiedlerbeauftragter.de/SharedDocs/Downloads/AUSB/EN/koschykgru%C3%9Fwort-fuev-kongress-2015-ENG.html?nn=3791990
3.28. Gemeinsames Gespräch mit Parlamentarischem Staatssekretär Dr. Günter Krings MdB und Vertretern des
DFDR und der KAS
Im Rahmen der von der Konrad-Adenauer-Stiftung e.V. (KAS) organisierten Besuchsreise mit dem Demokratischen Forum der Deutschen in Rumänien (DFDR) haben der
Parlamentarische Staatssekretär im Bundesministerium des Innern, Dr. Günter Krings
MdB, und ich die Vertreter des DFDR und der KAS Ende Mai 2015 im neuen Gebäude
des Bundesministerium des Innern in Berlin empfangen.
Ich dankte den Delegationsleitern der KAS und des DFDR, Sven-Joachim Irmer und
Dr. Paul Jürgen Porr, für die gute und erfolgreiche Zusammenarbeit, die sich in Rumänien zwischen der KAS und dem DFDR etabliert hat.
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Im Vordergrund des Gesprächs mit mir war die bevorstehende Deutsch-Rumänische
Regierungskommission, die am 7. und 8. Juli 2015 in Temeswar stattfand.
PSt Dr. Günter Krings
MdB und BA Hartmut
Koschyk MdB mit den
Vertretern des DFDR
und der KAS im BMI
Quelle: BMI
Besonders erfreut war ich darüber, dass im Anschluss an die Sitzung der Regierungskommission die KAS ein Fachseminar organisierte, das Seminar wird die Ergebnisse
der Regierungskommission aufgriff. Neben deutschen und rumänischen Regierungsvertretern nahmen Vertreter der Deutschen Minderheit in Rumänien sowie der ungarischen Minderheit auch Vertreter der Deutschen Minderheit in Ungarn teil.
Ziel ist es, den Ansatz des Dialoges bezüglich Minderheitenfragen zwischen Rumänien
und Ungarn weiter auszubauen und im europäischen Sinne fortzuführen. Neben der
geographischen Verbundenheit beider Länder sind die Belange der deutschen Minderheiten in beiden Ländern gleichgelagert und Lösungsansätze können grenzüberschreitend verbunden werden oder sich ergänzen.
Beide Seiten waren sich weiterhin einig, die bestehenden und künftigen Projekte für
die deutsche Minderheit in Rumänien konzeptionell weiterzuentwickeln, damit die
Hilfenpolitik der Bundesregierung konsequent und zielgerichtet fortgeführt werden
kann.
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Die Rolle Rumäniens in Europa und damit verbundene nachhaltige Reformen für eine
mögliche Schengenvollanwendung besprachen die Vertreter des DFDR und der KAS
im Anschluss mit dem Parlamentarische Staatssekretär im Bundesministerium des
Innern, Dr. Günter Krings MdB.
Krings würdigte die Anstrengungen und Erfolge, die Rumänien bereits erreicht habe,
insbesondere bei Justizorganen und Integritätseinrichtungen. Er betonte, dass es auch
im Interesse der gesamten EU sei, dass Rumänien weiter engagiert an der zügigen und
konsequenten Umsetzung in allen Bereichen arbeitet, die die EU im Rahmen des Monitorings dokumentiert.
3.29. Informationsaustausch zu Fragen der deutschen Minderheit in Polen mit VdG-Vorsitzendem Gaida
Im Bundesministerium des Innern bin ich am 21. Mai 2015 mit dem Vorsitzenden des
Verbandes der deutschen sozial-kulturellen Gesellschaften in Polen (VdG), Bernard
Gaida, sowie dessen Mitarbeiterin Anna Giza zusammengetroffen. An dem Gespräch
nahmen auch der zuständige Unterabteilungsleiter Dr. Thomas Herzog und DavidTobias Bambeck als zuständiger Referent teil.
(v.l.) Dr. Thomas Herzog (BMI), Anna
Giza (VdG), Vorsitzender Bernard
Gaida (VdG), Bundesbeauftragter
Hartmut Koschyk MdB, David-Tobias
Bambeck (BMI)
Quelle: BMI
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Ich informierte die Vertreter der Selbstorganisation der deutschen Minderheit in Polen über den Fortgang der deutsch-polnischen Beratungen zu Fragen der deutschen
Minderheit in Polen und der polnischstämmigen Bürger und Polen in Deutschland in
Folge des Runden Tisches am 26. Februar 2015 in Warschau.
Es ist Ziel der Bundesregierung, mit Blick auf den 25. Jahrestages des deutschpolnischen Nachbarschaftsvertrages im Jahr 2016 mit der polnischen Regierung zu
entsprechenden Fortschritten der offenen Punkte der gemeinsamen Erklärung zu
gelangen, die am 12. Juni 2011 von meinem Vorgänger Dr. Christoph Bergner, und
dem seinerzeit für Minderheitenfragen zuständigen polnischen Innen-Staatssekretär,
Tomasz Siemoniak, unterzeichnet worden war .
Vorsitzender Gaida und ich waren uns einig, dass die Förderpolitik der Bundesregierungen gegenüber der deutschen Volksgruppe in Polen nicht nur Fragen der Bewahrung der deutschen Muttersprache und Identität betrifft, sondern darüber hinaus
auch die Brückenfunktion der in ihrer angestammten Heimat verbliebenen Deutschen bei der Erhaltung und Pflege des kulturellen Erbes, auch im Verbund mit den
im Bundesgebiet lebenden deutschen Heimatvertrieben und Aussiedler, gestärkt werden muss. Hierbei ist das Westpreußische Landesmuseum im westfälischen Warendorf, das über eine Außenstelle in dem kaschubischen Dorf Krockow (polnisch Krokowa, kaschubisch Krokòwò) verfügt, ein besonders gelungenes Beispiel.
Ich sicherte der deutschen Minderheit in Polen meine Unterstützung für eine Stärkung der Rolle der in der Heimat verbliebenen deutschen Volksgruppen bei der Vertriebenenkulturarbeit und deren Einbeziehung bei der Weiterentwicklung der Förderkonzeption nach § 96 des Bundesvertriebenengesetzes zu.
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3.30. Stabwechsel bei der der Sozial-Kulturellen Gesellschaft
der Deutschen im Oppelner Schlesien - Nachfolger von
Norbert Rasch ist Rafał Bartek
Nachdem der seit 2007 amtierende Vorsitzende der Sozial-Kulturellen Gesellschaft
der Deutschen im Oppelner Schlesien, Norbert Rasch, bei den Wahlen im Mai 2015
nicht erneut angetreten war, haben die Delegierten Rafał Bartek zu dessen Nachfolger
gewählt.
Aufnahme vom Gespräch über die deutsche Minderheit in Polen
im April 2014
Quelle: BMI
Norbert Rasch begründete seinen Verzicht mit der gestiegenen Bedeutung der Fraktion der Deutschen Minderheit im Regionalparlament der Woiwodschaft Oppeln, dem
Sejmik, und damit verbunden mit seiner Inanspruchnahme als Fraktionsvorsitzender.
Rasch bleibt dem Verband der Deutschen Sozial-Kulturellen Gesellschaften in Polen
jedoch auch weiterhin als Mitglied des Gesamtvorstandes sowie als Mitglied des Vorstandes der Oppelner SKGD erhalten.
Der neue Vorsitzende Rafał Bartek ist 37 Jahre alt und hat sich bisher als Geschäftsführer des Hauses für Deutsch-Polnische Zusammenarbeit in Gleiwitz sowie als KoVorsitzender der Gemeinsamen Kommission der polnischen Regierung und der nationalen Minderheiten in Polen den Ruf als kompetenter Sachwalter der Anliegen der
deutschen Minderheit in Polen erworben. In seiner Bewerbungsrede kündigte er die
Jugendarbeit als einen Schwerpunkt seiner künftigen Amtsführung an, wofür er auch
die Neuen Medien noch stärker als zuvor einsetzen will.
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Ich dankte Rasch für seine geleistete Arbeit und beglückwünschte Bartek zu seiner
Wahl.
3.31. Wissenschaftliche Konferenz des VdG auf dem St. Annaberg
Auf dem St. Annaberg, dem geistig-kulturellen Zentrum Oberschlesiens, führte der
Verband der deutschen Sozialkulturellen Gesellschaften in Polen (VdG) am 29. und 30.
Mai eine wissenschaftliche Konferenz zur Geschichte der deutschen Minderheit nach
1945 durch.
Hier sollten v.a. neue Aspekte des Themas aufgezeigt und vor allem die jüngere Generation der deutschen Minderheit informiert werden. Die Konferenz wurde durch das
Auswärtige Amt gefördert.
Ich übermittelte zu diesem Anlass mein schriftliches Grußwort:
Zur Konferenz "Konferenz Deutsche in Polen – Das Leben der deutschen Minderheit
in der neuen Situation nach dem Jahr 1945" des Verbandes der deutschen sozialkulturellen Gesellschaften in Polen (VdG) grüße ich alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer sehr herzlich und übermittle Ihnen die besten Wünsche der Bundesregierung.
Ich wäre sehr gerne heute selbst zu dieser hochkarätigen wissenschaftlichen Veranstaltung gekommen, weil ich weiß, wie sehr die Erlebnisgeneration ebenso wie die
nachgeborenen Angehörigen der deutschen Minderheit die Ereignisse von damals
auch heute noch emotional berühren. Leider macht mir eine seit Langem geplante
Dienstreise nach Ostasien eine Teilnahme nicht möglich.
Das Jahr 2015 steht ganz im Zeichen des Gedenkens an das Ende des Zweiten Weltkrieges vor 70 Jahren. Dieser Jahrestag markiert auch den Beginn der in der heutigen
wissenschaftlichen Konferenz zu behandelnden Epoche, in der die Existenz der deutschen Minderheit in Polen schlichtweg geleugnet wurde. Diese Zeiten sind gottseiSeite 149
dank vorüber, dank mittlerweile freundschaftlicher und vertrauensvoller Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Polen, aber natürlich auch Dank des beharrlichen
Einsatzes der deutschen Minderheit für ihre verbrieften Rechte.
Der VdG hat als wichtiges Bindeglied zwischen Deutschland und Polen bereits seit
seiner Gründung eine entscheidende Rolle für die bilateralen Beziehungen eingenommen, indem er die Rahmenbedingungen der polnischen Demokratie, des polnischen Minderheitengesetzes und des deutsch-polnischen Nachbarschaftsvertrages in
den Jahren seither intensiv genutzt hat, um die muttersprachliche und kulturelle
Identität der deutschen Volksgruppe in der Republik Polen zu wahren, ihre Organisationsstrukturen aufzubauen und zu verfestigen sowie an der politischen Willensbildung auf kommunaler-, regionaler- und Landesebene durch politische Mandatsträger
aktiv mitzuwirken. Längst ist er zu einem wichtigen Ansprechpartner für deutsche
und polnische Institutionen geworden.
Es war eine absolute Selbstverständlichkeit, dass der VdG im Februar dieses Jahres am
Runden Tisch zu Fragen der Förderung der deutschen Minderheit in Polen und der
polnischstämmigen Bürger und Polen in Deutschland in Warschau teilnahm.
Die Bundesregierung ist sich Ihrer besonderen Verantwortung für die deutsche Minderheit in Polen bewusst, was sich auch an einer umfassenden finanziellen Förderung
durch den Bund wiederspiegelt. Diese Verantwortung schließt auch die Erhaltung und
Pflege von Sprache und Kultur der deutschen Minderheit in Polen ein, hierzu zählt
auch die Pflege des Geschichtsbewusstseins. Ich freue mich also, dass das Auswärtige
Amt die heutige Konferenz finanziell fördert.
Ich schätze deshalb den VdG sehr als verlässlichen Kooperationspartner und freue
mich auf die weitere Zusammenarbeit.
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3.32. Heimattage der Deutschen im Banat vom 29. bis 31. Mai
2015 in Temeswar
Vom 29. Bis 31. Mai 2015 fanden die Heimattage der Deutschen im Banat in Temeswar
statt. In 2015 standen die Heimattage unter dem Zeichen des 25. Jubiläums des Banater Forums. Die Heimattage der Deutschen im Banat werden alle zwei Jahre - abwechselnd mit dem Treffen der Banater Schwaben in Ulm – in Temeswar organisiert. Organisatoren sind das Demokratische Forum der Deutschen im Banat und das Deutsche Forum der Banater Jugend. Leider konnte ich bei den Heimattagen nicht persönlich anwesend sein und übermittelte ein schriftliches Grußwort:
Als Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten freue ich mich sehr, dass die Heimattage der Deutschen im Banat eine Tradition
von nunmehr 24 Jahren haben. Gerne wäre ich zu diesem traditionell-feierlichen Anlass wieder zu Ihnen nach Temeswar gereist. Ich darf Ihnen meine Anerkennung dafür aussprechen, dass Sie es immer wieder schaffen, so viele unterschiedliche Themen:
Heimat, Tradition, Identität und Glaube sowie Vergangenheit und Gegenwart einzigartig in einer Veranstaltung zu verbinden.
Bei meinen Besuchen in Rumänien habe ich immer wieder positive Lebenskraft und
den Selbstbehauptungswillen der deutschen Volksgruppe gespürt, die ihr Wirken zum
Nutzen und Wohle der gesamten Bevölkerung entfaltet. Die deutsche Volksgruppe in
Rumänien hat nicht nur eine wichtige Brückenfunktion zu Deutschland, sondern
sieht ihre Zukunft in der rumänischen Gesellschaft und bringt sich insbesondere über
das Demokratische Forum der Deutschen in Rumänien in das wirtschaftliche, gesellschaftliche, kulturelle und politische Leben in Rumänien ein. Damit leisten die Rumäniendeutschen als Botschafter der guten deutsch-rumänischen nachbarschaftlichen
Beziehungen in einem Europa der Vielfalt einen aktiven, ganz konkreten Beitrag zum
europäischen Einigungsprozess.
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In diesem Zusammenhang möchte ich auch an meinen Besuch im März dieses Jahres
anknüpfen und meine guten Wünsche für den "Verein der ehemaligen Russlanddeportierten" sowie dem Demokratischen Forum der Deutschen im Banat ganz herzlich
zu ihrem 25-jährigen Bestehen wiederholen. Meine Glückwünsche sind verbunden
mit einem herzlichen Dank. Mit einem Dank an all diejenigen, die sich im Verlauf dieser 25 Jahre für die Belange der deutschen Volksgruppe in Rumänien eingesetzt haben.
Ich möchte heute besonders an die großartige Arbeit Ihres Ehrenvorsitzenden Dr. Karl
Singer erinnern und danke dem Banater Forum dafür, ihn mit der Ehrennadel postum
auszuzeichnen. Ich habe Dr. Singer in vielen Begegnungen, zuletzt im März dieses Jahres, sehr schätzen gelernt und darf auf eine gute, fruchtbare Zusammenarbeit mit ihm
zurückblicken. Sein engagiertes Wirken und sein unermüdlicher Einsatz für die Belange der deutschen Minderheit als Vorstandsvorsitzender und zuletzt als Ehrenvorsitzender des Demokratischen Forums der Deutschen im Banat werden mir unvergessen bleiben und ich darf Ihnen versichern, dass auch ich ihm stets ein ehrendes Andenken bewahren werde.
Die Gelegenheit für dieses Grußwort möchte ich auch nutzen, Ihnen die Grüße und
besten Wünsche der gesamten Bundesregierung und Frau Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel zu überbringen.
Auch möchte ich der Gemeinde Sackelhausen zu Ihrem 250-jährigen Jubiläum herzlich gratulieren und der Heimatsortsgemeinschaft und Banater Jugend für die aktive
Beteiligung und Unterstützung für die Feierlichkeiten danken.
In meiner Funktion als Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und
nationale Minderheiten betone ich immer wieder zwei Themen, die mir sehr am Herzen liegen:
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Zum einen ist es mir ein großes Anliegen, den Ansatz des Dialoges bezüglich Minderheitenfragen in Europa grenzüberschreitend weiter auszubauen und im europäischen
Sinne fortzuführen. Ich danke Ihnen allen deshalb sehr, dass Sie alle, vertreten im Forum, den Heimatsortsgemeinschaften und Landsmannschaften, diese grenzüberschreitende Brücke aufrechterhalten und weiterbauen. Ohne Ihr aller persönliches
Engagement wäre das nicht möglich!
Ein zweites, sehr wichtiges Anliegen, das ich mir auch zu einem Schwerpunkt meiner
Arbeit gemacht habe, ist die Jugendförderung. Ich denke immer wieder mit Ihnen
gemeinsam darüber nach, wie die Jugend der deutschen Minderheit noch stärker gewonnen und auch die landsmannschaftliche Arbeit noch attraktiver gemacht werden
kann.
Im letzten Jahr habe ich eine unglaubliche Steigerung in der Jugendarbeit erlebt und
aus Ihrer Beschreibung für die Heimattage sprudelt förmlich das Engagement der Jugendvertreter. So konnte ich das Wort "Jugend" zweimal auf nur einer DIN A 4 Seite
finden und zwar bei der Gesamtverantwortung für die Heimattage und die Jubiläumsfeierlichkeiten in Sackelhausen. Das ist wirklich beeindruckend und ich freue mich
sehr über die gelungene und engagierte Jugendarbeit im Banat.
In diesem Zusammenhang möchte ich auf die Jahrestagung der Arbeitsgemeinschaft
deutscher Minderheiten (AGDM) aufmerksam machen, die am 10. und 11. November
2015 in Berlin stattfindet. Ich war mir im letzten Jahr mit allen Teilnehmerinnen und
Teilnehmern einig, auf eine Stärkung der Jugendarbeit hinzuarbeiten. Für das diesjährige Treffen werden folgerichtig auch Jugendvertreter und Jugendvertreterinnen der
deutschen Minderheiten eingeladen und ich würde mich freuen, einige von Ihnen im
November in Berlin begrüßen zu dürfen.
Gleichzeitig darf ich zwei Besuche bei Ihnen ankündigen: Ich freue mich sehr, dass wir
mit der rumänischen Seite einen Termin für die Sitzung der Regierungskommission
für die Belange der Deutschen Minderheit in Rumänien gefunden haben und diese
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nunmehr am 7. und 8. Juli 2015 in Temeswar stattfinden wird. Im Anschluss an die
Sitzung der Regierungskommission wird die Konrad Adenauer Stiftung mit einem
Fachseminar zur Minderheitenpolitik in Ungarn und Rumänien anknüpfen.Weiterhin
werde ich im August dieses Jahres ins Banat und nach Siebenbürgen reisen. Ich freue
mich sehr, zu Beginn meines Aufenthaltes an den Feierlichkeiten anlässlich des Abschlusses der Renovierungsarbeiten des Gnadenortes Maria Radna teilzunehmen.
In diesem Sinne darf ich auf erfolgreiche Tage im Banat im März zurückblicken und
mich auf weitere, wichtige und gute Termine im Banat in diesem Jahr freuen.
3.33. Unterausschuss für Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik zur Hilfenpolitik der Bundesregierung für deutsche
Minderheiten
Auf Einladung des Bundestags-Unterausschusses für Auswärtige Kulturpolitik berichtete ich im Parlament über meine Arbeit für die deutschen Minderheiten im östlichen
Europa und in der ehemaligen Sowjetunion.
Ich hob dabei hervor, dass die Hilfenpolitik der Bundesregierung für die deutschen
Minderheiten seit jeher in engster Abstimmung mit dem Auswärtigen Amt, insbesondere den Botschaften und Konsulaten vor Ort, erfolge. Das Auswärtige Amt war auf
der Sitzung durch den Leiter der Abteilung Kultur und Kommunikation, Dr. Andreas
Görgen, vertreten.
Auf der vom Vorsitzenden des Unterausschusses Dr. Bernd Fabritius geleiteten Sitzung ging ich mit dem Beispiel der Förderung der deutschen Sprache auf einen der
vielen Berührungspunkte zwischen der Hilfenpolitik für deutsche Minderheiten in
Zuständigkeit des Bundesministeriums des Innern und der vom Auswärtigen Amt
durchgeführten Kultur- und Bildungspolitik im Ausland ein. Hier hat sich in letzter
Zeit das Goethe-Institut sehr verdienstvoll eingebracht, das etwa im Herbst 2014 in
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Zusammenarbeit mit dem Rat der Deutschen in der Ukraine in Kiew die vielbeachtete
Konferenz "Deutsch als Minderheitensprache" durchgeführt hat.
Koschyk im Bundestags-Unterausschuss für Auswärtige
Kultur- und Bildungspolitik
Quelle: BMI
Ich dankte dem Unterausschuss für Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik für seine
Unterstützung für das deutsche Schulwesen in Rumänien mit seiner jahrhundertealten Tradition. Mit einer Förderung aus Mitteln des Auswärtigen Amtes werden 2015
erstmals Maßnahmen zur Bindung von deutschsprachigen Lehrkräften, die auf dem
freien Arbeitsmarkt sehr umworben sind, an deutschen Schulen unterstützt. Hierfür
hatte sich insbesondere mein Vorgänger Dr. Christoph Bergner MdB eingesetzt.
In der anschließenden Aussprache entwickelte sich mit Abgeordneten aller Fraktionen eine rege Diskussion über eine künftig noch bessere Koordination von Minderheitenpolitik und Auswärtiger Kultur- und Bildungspolitik. Die Parlamentarier berieten dabei unter anderem über eine Zusammenarbeit mit der Parlamentarischen Versammlung des Europarats auf den Gebieten Minderheitenschutz und Förderung der
Muttersprache sowie über Wege zur Verstetigung des Nutzens von Fördermaßnahmen für deutsche Minderheiten im östlichen Europa.
Ich wies auf die große Bedeutung eines wirksamen Minderheitenschutzes für die Außen- und Sicherheitspolitik hin. Der Russland-Ukraine-Konflikt zeigt uns, dass Versäumnisse in der Minderheitenpolitik als Vorwand für Volksrechtsverletzungen missbraucht werden. Deswegen ist eine wirksame, nachhaltige Minderheitenpolitik heute
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mehr denn je von Bedeutung. In meinen Augen ist es gerade zu unerlässlich, dass wir
gemeinsam es schaffen müssen, einen wirksamen Minderheitenschutz zu gestalten.
3.34. Spitze der Deutschen Minderheit in Polen und im Oppelner Land zu Gast im Deutschen Bundestag
Auf Einladung der Gruppe der Vertriebenen, Aussiedler und deutsche Minderheiten
der CDU/CSU-Bundestagsfraktion kamen der Vorsitzende des Verbandes der deutschen Sozial-Kulturellen Gesellschaften in Polen (VdG), Bernard Gaida, sowie der neugewählte Vorsitzende der deutschen Minderheit in der Woiwodschaft Oppeln und
langjährige Geschäftsführer des Hauses für deutsch-polnische Zusammenarbeit in
Gleiwitz, Rafał Bartek, zu einem Gespräch in den Deutschen Bundestag, an dem auch
ich in meiner Funktion als Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen
und nationale Minderheiten teilgenommen habe.
Im Zentrum des Informations- und Gedankenaustausch standen u.a. die aktuelle politische Lage in Polen nach den Präsidentschaftswahlen, die Lage des Bildungswesens
für die deutsche Minderheit sowie die Möglichkeiten der Zusammenarbeit zwischen
den Landsmannschaften der deutschen Heimatvertriebenen und den in der angestammten Heimat verbliebenen Angehörigen der deutschen Minderheit.
Gruppenaufnahme im Deutschen Bundestag
Quelle: Koschyk
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Die beiden Minderheitenvertreter waren sich mit den anwesenden Abgeordneten darin einig, dass ungeachtet des Wahlergebnisses die neue Dynamik, die von dem letzten
Runden Tisch zu Fragen der Förderung der deutschen Minderheit in Polen und der
polnischstämmigen Bürger und Polen in Deutschland ausging, weiter zu Fortschritten
bei den offenen Punkten der gemeinsamen Erklärung, die am 12. Juni 2011 von meinem Vorgänger Dr. Christoph Bergner, und dem seinerzeit für Minderheitenfragen
zuständigen polnischen Innen-Staatssekretär, Tomasz Siemoniak, unterzeichnet worden war, genutzt werden sollte.
3.35. Deutschlandtreffen der Schlesier
Unter dem Motto "Gemeinsam für Schlesien!" fand vom 19.6.2015 bis zum 21.6.2015
das Deutschlandtreffen der Schlesier in Hannover statt.
Bundesbeauftragter Koschyk gemeinsam mit der niedersächsischen Landesbeauftragten für Migration und Teilhabe Doris Schröder-Köpf
Quelle: Koschyk
Als Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten habe ich dort ein Grußwort gesprochen.
In meiner Rede hob ich hervor, dass in den letzten 25 Jahren die deutsche Volksgruppe in Schlesien, aber auch in ganz Polen, wieder viel neue Kraft entwickelt hat, die
Traditionen bewahrt, aber auch Neues geschaffen hat. Die Aufgabe der Schlesier ist
aber keineswegs erledigt, sondern muss fortgeführt werden. Dazu braucht es unbedingt den Beitrag der beiden schlesischen Landsmannschaften.
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Meinen Redebeitrag in voller Länge finden Sie hier:
http://www.aussiedlerbeauftragter.de/SharedDocs/Reden/AUSB/DE/gru%C3%9Fwor
t-schlesiertreffen-hannover.html
3.36. Ausbau der Kooperation zwischen Deutschland und Österreich beim Minderheitenschutz
In Wien habe ich am 22. Juni 2015 politische Gespräche mit Vertretern des Bundeskanzleramtes, des Ministeriums EUROPA/INTEGRATION/ÄUSSERES der Republik
Österreich sowie des Verbandes der deutschen altösterreichischen Landsmannschaften in Österreich (VLÖ) geführt und spreche mich für eine stärkere Kooperation beider Länder in Fragen des Minderheitenschutzes und der Förderung deutschsprachiger/altösterreichischer Volksgruppen in Mittel-, Ost- und Südosteuropa aus.
Ich war mit Experten für Menschenrechte, Minderheitenschutz, auswärtige Kulturpolitik, Angelegenheiten der Auslandsösterreicher, der Staaten Mittel-, Ost- und Südosteuropas und der Belange der autochthonen Volksgruppen in Österreich des Bundeskanzleramtes und des österreichischen Bundesministeriums EUROPA/INTEGRATION/ÄUSSERES zusammengetroffen, hatte das "Haus der Heimat", den
Sitz des Verbandes der deutschen altösterreichischen Landsmannschaften in Österreich (VLÖ) in Wien besucht und führte mit dem Hohen Repräsentanten für Bosnien
und Herzegowina, Dr. Valentin Inzko, einen Meinungs- und Informationsaustausch.
Koschyk im Gespräch mit Vertretern des Bundeskanzleramtes und des österreichischen Bundesministeriums EUROPA /
INTEGRATION / ÄUSSERES
Quelle: Koschyk
Seite 158
Meine politischen Gespräche in Wien waren von der Österreichischen Botschaft in
Berlin und der Deutschen Botschaft in Wien intensiv vorbereitet worden. Bei meinen
Gesprächen wurde ich vom Deutschen Gesandten Stefan Krawielicki begleitet.
Ich sehe zahlreiche Möglichkeiten einer stärkeren Zusammenarbeit der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich sowohl bei der Entwicklung der autochthonen Minderheiten in beiden Ländern, bei der Frage der konzeptionellen Weiterentwicklung des Minderheitenschutzes auf der Ebene des Europarates, der Europäischen Union, der OSZE und der Vereinten Nationen sowie bei der Förderung der kulturellen und muttersprachlichen Identität deutschsprachiger/altösterreichischer
Minderheiten in Mittel-, Ost- und Südosteuropa.
Als positives Beispiel kann ich mehrere gemeinsame öffentliche Auftritte der Botschafter Deutschlands und Österreichs bei Veranstaltungen der Deutschen Minderheit
in der Tschechischen Republik nennen. Auch im Hinblick auf die kulturellen und
muttersprachlichen Anliegen der deutschsprachigen/altösterreichischen Volksgruppe
in Slowenien gibt es Berührungspunkte.
Schließlich sind auch beide Länder in Fragen des Minderheitenschutzes engagiert und
könnten auf europäischer und internationaler Ebene stärker zusammenarbeiten. In
diesem Zusammenhang tauschte ich mich mit den österreichischen Regierungsvertretern auch über die "Minority-Safepack"-Initiative der Föderation Europäischer
Volksgruppen (FUEV) aus.
Auch der Verband der deutschen altösterreichischen Landsmannschaften in Österreich (VLÖ) sprach sich durch seinen Generalsekretär Norbert Kapeller für eine stärkere Zusammenarbeit beider Länder in Vertriebenen- und Volksgruppenfragen aus und
will diesbezüglich auch mit dem Bund der Vertriebenen und den Landsmannschaften
in der Bundesrepublik Deutschland intensiver kooperieren.
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Mit Dr. Valentin Inzko, dem Hohen Repräsentanten für Bosnien und Herzegowina,
einem verdienten österreichischen Spitzendiplomaten, der selbst Kärtner Slowene ist,
erörterte ich die aktuelle Lage in der Balkanregion sowie die konzeptionelle Weiterentwicklung des Minderheitenschutzes auf europäischer und internationaler Ebene.
Valentin Inzko hatte für seine Verdienste um die Volksgruppenrechte und den Minderheitenschutz den diesjährigen Europäischen Karlspreis der Sudetendeutschen
Landsmannschaft erhalten.
3.37. Im Gespräch mit der Verbandsspitze des Rates der Deutschen in der Ukraine und den Vorsitzenden der regionalen Verbände der Deutschen Minderheit
Seit Ausbruch des Russland-Ukraine-Konfliktes bin ich um einen intensiven Kontakt
zu den Repräsentanten der Deutschen Minderheiten sowohl in Russland als auch in
der Ukraine bemüht.
In der ukrainischen Oblast Transkarpatien bin ich Ende Juni 2015 mit der Verbandsspitze des Rates der Deutschen in der Ukraine (RDU) unter dessen Vorsitzenden Wladimir Leysle und den Vorsitzenden der regionalen Verbände der Deutschen Minderheit aus der gesamten Ukraine zusammengetroffen.
Koschyk mit Vertretern der Deutschen Minderheit aus allen Regionen der Ukraine in Transkarpatien
Quelle: Koschyk
Einen Schwerpunkt der Beratungen nahm die Lage der Angehörigen der Deutschen
Minderheit in den umkämpften Regionen im Osten der Ukraine ein, deren Vertreter
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sich besonders für die Intensivierung der humanitären Hilfe aus Deutschland, aber
auch für die Förderung von Erholungsmaßnahmen von traumatisierten Personen in
befriedeten Regionen der Ukraine bedankten. Auch die administrativen Erleichterungen für ausreisewillige Angehörige der Deutschen Minderheit aus den Kriegsgebieten.
3.38. Vor-Ort-Gespräche in Transkarpatien
In der ukrainischen Oblast/Bezirk Transkarpatien habe ich die großen Anstrengungen
der dort lebenden ca. 4.000 Angehörigen der Deutschen Minderheit gewürdigt, mit
der sie ihre deutsche Muttersprache und kulturelle Identität erhalten.
Gruppenaufnahme im deutschen Kultur- und Begegnungszentrum; v.l.n.r: Wladimir Leysle, RDUVorsitzender, Valeriya Osovska, Regionalvorsitzende
der dt. Minderheit in Transkarpatien, Jurii Ryabokon, RDU-Finanzvorstand, Katharina Bisaga, Leiterin des dt Kultur- und Begegnungszentrums in Pausching/Pawscheno, Bürgermeister Peter Pupasch,
Hartmut Koschyk MdB, Diana Liebert, Vorsitzende
der Jugendorganisation der Deutschen Minderheit in
der Ukraine, Bürgermeister Victor Legeza
Quelle: Koschyk
Gemeinsam mit dem Vorsitzenden des Rates der Deutschen in der Ukraine, Wladimir
Leysle, und der Regionalvorsitzenden der Deutschen Minderheit im Oblast Transkarpatien, Valeriya Osovska, hatte ich die Gemeinden Pausching/Pawscheno, Schönborn/Schenborn sowie die Stadt Munkatsch/Mukatchewo, in denen es Kultur- und
Begegnungseinrichtungen der Deutschen Minderheit gibt, besucht.
Ich war tief beeindruckt von der Kinder- und Jugendarbeit und dem hohen Niveau
beispielsweise der Tanzgruppen und des Chores im deutschen Kulturzentrum "Palanok" in Munkatsch/Mukatchewo. Aber auch in Begegnungsstätte in der Pausching/Pawscheno wird aktive Kinder- und Jugendarbeit geleistet. Die jeweiligen Bürgermeister in den von mir besuchten Gemeinden machten deutlich, dass sie in der
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Deutschen Minderheit vor Ort eine kulturelle und gesellschaftliche Bereicherung sehen und deren Kultur- und Spracharbeit auch von kommunaler Seite finanziell und
ideell unterstützen.
Auch von kirchlicher Seite erfahren die Angehörigen der Deutschen Minderheit in
Transkarpatien wertvolle Unterstützung. So sind in der Region Mukatschewo seit fast
20 Jahren die beiden katholischen Priester Josef Trunk und Martin Landwehr seelsorgerisch und caritativ tätig. Ich dankte beiden Geistlichen für die vielfältigen Impulse,
die diese nicht nur im religiösen, sondern auch im gesellschaftlichen Bereich vermittelt haben. So hat Pfarrer Josef Trunk in dem Ort Sinyak den Neubau der dortigen Kirche und einer Tagungs- und Begegnungsstätte angestoßen, in Pausching/Pawscheno
eine Schneiderwerkstatt eingerichtet und weitere Initiativen gestartet, um den Gemeindemitgliedern Arbeitsmöglichkeiten zu schaffen. In Pausching/Pawscheno sind
die dort lebenden Roma auch in das kirchliche Leben gut integriert. Pfarrer Martin
Landwehr leitet in Schönborn/Schenborn ein religiöses Zentrum, das vor allem Familien beisteht, deren Angehörige seelische Probleme haben.
Aber auch mit den Folgen der Ausreise vieler Angehöriger der Deutschen Minderheit
aus Transkarpatien in die Bundesrepublik Deutschland wurde ich konfrontiert: so
musste die Begegnungsstätte der Deutschen Minderheit in Schönborn/Schenborn
wegen der starken Abwanderung vieler Angehöriger der Deutschen Minderheit geschlossen werden. Die verbliebenen Deutschen haben jedoch die Möglichkeit, im örtlichen Gemeinschaftshaus ihre Begegnungen durchzuführen. Auch der alte Friedhof
mit den Gräbern der ersten Generation deutscher Neusiedler um 1740 verfällt zunehmend, da die Gemeinde mit dem Erhalt des Friedhofs zunehmend überfordert ist.
Trotz der starken Aussiedlung nach Deutschland habe ich bei den verbliebenen Deutschen in Transkarpatien den festen Willen verspürt, ihre Gemeinschaft weiter zu pflegen sowie die deutsche Muttersprache und kulturelle Identität zu erhalten und an die
junge Generation weiterzugeben.
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Dies ist aber nur möglich, wenn die gemeinsame Unterstützung von ukrainischer und
deutscher Regierungsseite weiter geleistet und ausgebaut wird. In Transkarpatien ist
man besonders für die die Hilfe von öffentlicher und privater Seite aufgrund der Partnerschaft mit dem Bezirk Oberfranken dankbar.
3.39. Gespräch mit Regierungsvertretern und Parlamentariern der Slowakischen Republik in Pressburg/Bratislava
In der slowakischen Hauptstadt Pressburg/Bratislava habe ich am 23. Juni 2015 Gespräche mit Vertretern der slowakischen Regierung und des slowakischen Nationalrats, dem Parlament der Slowakei, geführt.
Ich wurde dabei vom Deutschen Botschafter in der Slowakischen Republik, Dr.
Thomas Götz und dem Deutschen Gesandten Dr. Lorenz Barth begleitet. Ebenfalls in
Pressburg traf ich mit dem Vorsitzenden der Karpatendeutschen in der Slowakei, Dr.
Ondrej Pöss, zusammen, der auch Initiator, geistiger Vater und Direktor des Karpatendeutschen Museums in Pressburg ist, das ich ebenfalls besuchte und von dessen
Konzeption und Gestaltung ich sehr beeindruckt war.
Den Auftakt der politischen Gespräche in der slowakischen Hauptstadt bildete der
Meinungsaustausch mit Staatssekretär Igor Slobodník im slowakischen Außenministerium, bis vor kurzen slowakischer Botschafter in Berlin. Wir erörterten die gerade zu
Ende gegangene Präsidentschaft der Slowakei innerhalb der Visegrad-Staaten (Slowakei, Polen, Tschechien und Ungarn), den Russland-Ukraine-Konflikt, die aktuellen
Herausforderungen der EU (Euro, Zuwanderung) sowie die Minderheitenpolitik der
Slowakei. Staatssekretär Slobodník betonte in diesem Zusammenhang die Brückenfunktion der Karpatendeutschen in der Slowakei zwischen beiden Ländern und
wünschte sich deren weitere Entfaltung sowie eine Intensivierung der Zusammenarbeit beider Länder bei der Förderung der Deutschen Minderheit in der Slowakischen
Republik.
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Gedankenaustausch im Außenministerium der Slowakischen Republik
Quelle: Koschyk
Die Menschenrechtslage sowie die Situation der nationalen Minderheiten in der Slowakei stand im Mittelpunkt der Begegnung mit dem Vorsitzenden des Ausschusses
für Menschenrechte und nationale Minderheiten im slowakischen Nationalrat, Rudolf
Chmel, der früher stellvertretender Ministerpräsident der Slowakei mit dem Schwerpunkt Menschenrechte gewesen ist. Chmel sprach sich für weitere Anstrengungen der
Slowakischen Republik im Bereich der Menschen- und Minderheitenrechte aus, vor
allem im Hinblick auf die Lage der Roma. Auch im Hinblick auf die Deutsche Minderheit in der Slowakei sieht Chmel noch Entwicklungsmöglichkeiten.
Die Lage der Roma-Minderheit in der Slowakischen Republik diskutierte ich mit dem
Roma-Beauftragten der Slowakischen Regierung Peter Pollák und dessen Abteilungsleiter Jan Hero. Mit beiden Regierungsvertretern stehe ich bereits seit längerem in
Kontakt, um die Lage in der Roma-Siedlung Habeš in der ostslowakischen Gemeinde
Sečovce zu verbessern. Ich hatte gemeinsam mit Frater Lukas Ruegenberg von der
Benediktiner-Abtei Maria Laach und Vertretern des Kölner Sozialvereins "Kellerladen
e.V." im vergangenen Jahr die Roma-Siedlung gemeinsam mit dem Bürgermeister von
Sečovce, Josef Gamrát, besucht, um Maßnahmen zu beraten, wie die Situation der dort
lebenden Roma in den Bereichen Gesundheit, Bildung, und soziale Lage verbessert
werden kann. Roma-Beauftragter Pollák kündigte mir gegenüber an, dass die nachhaltige Entwicklung der Roma-Bevölkerung in Sečovce einer der Schwerpunkte der
Roma-Strategie der slowakischen Regierung darstellt und dankte für die langjährige
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Unterstützung für dieses Roma-Projekt durch die Benediktiner-Abtei Maria Laach
und den Kölner Verein "Kellerladen e.V.".
Koschyk mit der Beauftragten für nationale Minderheiten der Slowakischen
Republik
Quelle: Koschyk
Zum Abschluss meiner politischen Gespräche in Pressburg traf ich mit der slowakischen Regierungsbeauftragten für nationale Minderheiten, Mária Jedličková, und deren Mitarbeiterinnen zusammen, um eine Intensivierung der Zusammenarbeit beider
Länder bei der Förderung der Deutschen Minderheit in der Slowakei zu vereinbaren,
vor allem was die Bereiche deutsche Muttersprache und kulturelle Identität anbelangt. Ich lud die slowakische Minderheiten-Beauftragte zur Vertiefung der künftigen
Zusammenarbeit zu einem Besuch in Deutschland ein. Gedacht ist an künftige jährliche Begegnungen, um sich über die Maßnahmen beider Regierungen zugunsten der
Karpatendeutschen in der Slowakei regelmäßig auszutauschen.
3.40. Treffen mit dem ehemaligen slowakischen Staatspräsident Rudolf Schuster
Im Anschluss an meine Teilnahme am 20. Kultur- und Begegnungsfest der Karpatendeutschen in der Slowakei in Käsmark (s.u.) bin ich mit dem ehemaligen Staatspräsident der Slowakei, Rudolf Schuster, zusammen getroffen.
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Schuster, der der Deutschen Minderheit in der Slowakei angehört, war von 1999 bis
2004 der zweite Staatspräsident der Slowakischen Republik und hat entscheidend zur
Integration des Landes in die EU und die NATO beigetragen.
Ich traf Schuster in Kaschau/Kosice, wo Schuster lange Jahre Oberbürgermeister gewesen ist.
Bundesbeauftragter Koschyk mit dem
ehemaligen slowakischen Staatspräsident Rudolf Schuster
Quelle: Koschyk
Ich berichtete dem tief in seiner karpatendeutschen Herkunft verwurzelten Politiker
über den erfolgreichen Verlauf des 20. Kultur- und Begegnungsfestes seiner karpatendeutschen Landsleute in Käsmark, worüber sich Schuster sehr erfreut zeigte.
Wir tauschten uns über die aktuelle politische Lage in der Region sowie in Europa aus,
an der Präsident Schuster noch regen Anteil nimmt. Besonders der Bundesrepublik
Deutschland fühlt sich Schuster nach wie vor verbunden. In wenigen Tagen bricht der
über 80-jährige Staatsmann zu einer Expedition nach Spitzbergen auf, über die er wie
über alle seine zahlreichen Reisen einen Foto-Band sowie einen Filmbeitrag für das
slowakischen Fernsehen erstellen wird.
Rudolf Schuster arbeitet derzeit an der Herausgabe seiner Lebenserinnerungen, die
sowohl in slowakischer, englischer und deutscher Sprache erscheinen sollen. Darin
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wird er auch über das Schicksal seiner Familie und seiner karpatendeutschen Landsleute in der Kriegs- und Nachkriegszeit berichten.
Von der geistigen Frische, körperlichen Vitalität, sowie dem lebendigen Interesse
Schusters am aktuellen Zeitgeschehen war ich tief beeindruckt.
3.41. Impressionen vom 20. Kultur- und Begegnungsfest der
Karpatendeutschen in Käsmark
Von der erfolgreichen Durchführung des 20. Kultur- und Begegnungsfestes der Karpatendeutschen in der Slowakei war ich tief beeindruckt.
Dieses nunmehr zum 20. Mal durchgeführte Kultur- und Begegnungsfest des Karpatendeutschen Vereins in der Slowakei zeugt vom Selbstbehauptungswillen und der
Zukunftsgewandtheit der Deutschen Minderheit in der Slowakei.
Dieses Ereignis verbindet die Generationen der Karpatendeutschen in der Slowakei
und stärkt deren Zusammenhalt. Vor allem die mitwirkenden Kinder- und Jugendgruppen dokumentieren, dass das muttersprachliche und kulturelle Erbe erfolgreich
an die nachfolgende Generation weitergegeben wird.
Auch die Verbundenheit der Karpatendeutschen in der Slowakei mit ihren Landsleuten in Deutschland und Österreich, aber auch mit den benachbarten deutschen Minderheiten in der Tschechischen Republik und der Republik Polen sowie mit anderen
Minderheiten in der Slowakei und in Österreich wurden bei diesem Kultur- und Begegnungsfest deutlich spürbar.
Ich bin dem neu gewählten Oberbürgermeister von Käsmark, Jan Ferencak, aber auch
den Mitarbeiterinnen der Slowakischen Regierungsbeauftragten für nationale Minderheiten sehr dankbar, dass sie durch ihre Teilnahme am, aber auch die materielle
Unterstützung des 20. Kultur-und Begegnungsfestes der Karpatendeutschen ein wich-
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tiges Zeichen der Verbundenheit und Solidarität gesetzt haben. Gleiches gilt für die
Teilnahme der Bundesvorsitzenden der Karpatendeutschen Landsmannschaft in
Deutschland, Brunhilde Reitmeier-Zwick, der Vertreter der Deutschen Minderheit in
Polen und der Tschechischen Republik, Bernhard Gaida und Martin Dzingel, des
stellv. Deutschen Botschafter in der Slowakei, Dr. Lorenz Barth sowie der Burgenländischen Kroaten aus Österreich. Die Teilnahme des Österreichischen Botschafters in
Pressburg, Helfried Carl, am 20. Kultur- und Begegnungsfest in Käsmark hat deutlich
gemacht, dass auch die Republik Österreich sich den altösterreichischen Volksgruppen in Mittel- Ost-, und Südosteuropa eng verbunden fühlt.
Bundesbeauftragter Hartmut Koschyk
MdB mit dem Oberbürgermeister von
Käsmark, Jan Ferencak (links von
Koschyk) und dem Vorsitzenden des
Karpatendeutschen Vereins in der
Slowakei Dr. Ondrej Pöss sowie weiteren Ehrengästen des 20. Kultur- und
Begegnungsfestes der Karpatendeutschen in der Slowakei im Innenhof der
Käsmarker Burg
Quelle: Koschyk
Dr. Ondrej Pöss und seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowohl aus der Geschäftsstelle, aber auch dem Karpatendeutschen Rat haben mit dem nunmehr zum 20.
Mal stattfindenden Kultur- und Begegnungsfest eine lebendige Tradition geschaffen,
die aus dem Leben der Karpatendeutschen in der Slowakei nicht mehr wegzudenken
ist!
Meinen Redebeitrag finden Sie in Gesamtlänge hier:
http://www.aussiedlerbeauftragter.de/SharedDocs/Reden/AUSB/DE/gru%C3%9Fwor
t-k%C3%A4smark.html?nn=3791990
Seite 168
3.42. Gaida und Galla werden mit dem Verdienstorden der
Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet
Ich gratulierte dem Vorsitzenden des Verbandes deutscher Sozial-Kultureller Gesellschaften in Polen (VdG), Bernard Gaida, und dem Abgeordneten Ryszard Galla, Vertreter der deutschen Minderheit im polnischen Parlament, zur Auszeichnung mit dem
Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland. Gaida und Galla haben den Verdienstorden für Ihren Einsatz zur Förderung der deutschen Volksgruppe in Polen im
Juni 2015 erhalten.
Ich freue mich sehr, dass Gaida und Galla für Ihre großen persönlichen Verdienste um
die Bewahrung des sprachlichen und kulturellen Erbes der Deutschen in Polen diese
gebührende Auszeichnung seitens der Bundesrepublik Deutschland erhalten haben.
Im Woiwodschaftsamt Oppeln: Abgeordneter Ryszard Galla, Konsul Peter Eck, Marek
Mazurkiewicz (Woiwodschaftsamt Oppeln),
Bundesbeauftragter Hartmut Koschyk
MdB, Woiwode Ryszard Wilczyński, Benedikt Praxenthaler (Persönlicher Referent des
Bundesbeauftragten), VdG-Vorsitzender
Bernard Gaida, Norbert Rasch (Vorsitzender der Fraktion der Deutschen Minderheit
im Sejmik, dem Regionalparlament der
Wojewodschaft Oppeln und Vorsitzender
der Sozial-Kulturellen Gesellschaft der
Deutschen im Oppelner Schlesien), Maria
Therese Müller (BMI), Leonard Malcharczyk
(Deutsches Konsulat Oppeln)
Quelle: BMI
Ich dankte beiden für Ihren Einsatz, der auch für die positive Entwicklung der
deutsch-polnischen Beziehungen maßgeblich ist.
Ich sicherte weiterhin meine volle Unterstützung für die deutsche Volksgruppe in
Polen zu und hob die damit verbundene Wichtigkeit der guten Zusammenarbeit mit
dem polnischen Parlament und dem VdG hervor.
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3.43. Deutschsprachige Gemeinschaft in Belgien erfolgreichstes Modell für modernen Minderheitenschutzes in Europa
Anfang Juli 2015 war ich Gast in der Deutsch-Belgisch-Luxemburgischen Parlamentariergruppe des Deutschen Bundestages.
Ich berichtete von meiner Reise zur Deutschsprachigen Gemeinschaft in Belgien Ende
September 2014 sowie von meinem Gespräch mit Ministerpräsident Oliver Paasch im
März 2015.
Im Mittelpunkt der Beratungen stand die Deutschsprachige Gemeinschaft in Belgien,
die heute als eines der erfolgreichsten Modelle eines modernen Minderheitenschutzes
in Europa gilt. Die vom Bundestagsabgeordneten Patrick Schnieder geleitete Parlamentariergruppe diskutierte mit mir auch die Frage, inwieweit diese guten Erfahrungen in Ostbelgien auch auf andere Gebiete übertragbar sind, in denen nationale Minderheiten nicht einen europäischen Standards genügenden Schutz genössen. Die Abgeordneten und ich waren uns darüber einig, dass gerade den Minderheiten in Grenzregionen eine Schlüsselrolle bei den Beziehungen zwischen den jeweiligen Staaten
zukomme. Als zahlenmäßig eher kleinere Einheiten würden sie bei praktischen Fragen von Anfang an auch überregionale Lösungsansätze suchen und einbeziehen. Dieses habe bei vielen Minderheiten zu einer Weltoffenheit geführt, von der Europa insgesamt nur profitieren kann. Diese Erfahrungen, so unterstrich die SPDBundestagsabgeordnete Dr. Daniela De Ridder, die selbst einen Teil Ihrer Kindheit
und Jugend im deutschsprachigen Gebiet Belgiens verbracht hatte, sollten auf ihre
Verwendbarkeit in der internationalen Arbeit geprüft werden. Der CDUBundestagsabgeordnete Prof. Dr. Heribert Hirte hob die Verzahnungsfunktion der
Deutschsprachigen Gemeinschaft mit den deutschen Bundesländern NordrheinWestfalen und Rheinland-Pfalz hervor.
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v.l.n.r.: Dr. Michael Schwarz, Prof. Dr. Heribert Hirte MdB, Gruppenvorsitzender Patrick Schnieder MdB, Bundesbeauftragter
Hartmut Koschyk MdB, Dr. Daniela De Ridder MdB, Christine
Schmatloch
Quelle: BMI
Die Vertreter der Parlamentariergruppe und ich beschlossen, die Deutschsprachige
Gemeinschaft in Belgien und auch die belgische Hauptstadt Brüssel zu besuchen, um
das belgische Modell des Minderheitenschutzes besser kennenzulernen und aktuelle
minderheitenpolitische Frage mit den dortigen politischen Verantwortlichen zu diskutieren.
Die knapp 77.000 Einwohner zählende Deutschsprachige Gemeinschaft ist ein Teil des
Gebiets, das 1920 in der Folge des Versailler Vertrages von Deutschland an Belgien
abgetreten wurde, und umfasst heute die neun Gemeinden, in denen vorwiegend
Deutsch gesprochen wird. Im Zuge der Umwandlung des belgischen Einheitsstaates in
einen Bundesstaat ab den 1970er Jahren konnte auch die heutige Deutschsprachige
Gemeinschaft ihre Autonomie ausbauen. Heute besteht sie in Belgien gleichberechtigt
als Teilstaat mit Gesetzgebungshoheit neben den anderen im bundesstaatlichen Gefüge (d.h. der Französischen Gemeinschaft, Wallonischen Region, Flandern und der Region Brüssel) und hat zwischenzeitlich im Zuge von insgesamt sechs Staatsreformen
bedeutende Selbstverwaltungsrechte erworben. Zu den verfassungsmäßigen Zuständigkeiten der Deutschsprachigen Gemeinschaft zählen neben den kulturellen Angelegenheiten und dem Bildungs- und Ausbildungswesen auch die Arbeitsmarkt-, Gesundheits- und Sozialpolitik.
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3.44. Im Gespräch mit Vertretern der deutschen Minderheit
zur Ausarbeitung der Schwerpunkte für das Jahr 2015
Im BMI bin ich Anfang Juli 2015 mit Vertretern der FUEV (Föderalistische Union Europäischer Volksgruppen) zusammengetroffen, um die inhaltliche Ausarbeitung der
Schwerpunkte für das Jahr 2015 zu konkretisieren und entscheidende Schritte für
2016 vorabzustimmen.
Insbesondere ging es in dem Gespräch um die Jahrestagung der Arbeitsgemeinschaft
Deutscher Minderheiten (AGDM), die vom 10. bis 11. November 2015 in Berlin stattfand.
Für die organisatorische und inhaltliche Optimierung der AGDM, die unter dem Dach
der FUEV organisiert ist, wurde eine eigene Koordinierungsstelle etabliert. Schwerpunkte der vom BMI projektgeförderten Arbeit liegen dabei in der Vernetzung und
dem Austausch von Modellen für eine vorbildliche und gute Minderheitenvertretung
in den jeweiligen Ländern.
Weitere Themen waren das Haus der Minderheiten, zu dessen Realisierung ich meine
volle Unterstützung weiter bekräftigte.
Gruppenaufnahme im BMI
Quelle: BMI
Weiterhin kündigte die FUEV ihre nächste Jahrestagung an, die vom 18-22. Mai 2016
in Breslau/Polen stattfinden wird.
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Die FUEV ist mit über 90 Mitgliedsorganisationen in 32 europäischen Ländern der
größte Dachverband der autochthonen, nationalen Minderheiten / Volksgruppen in
Europa und vereint u.a. slawische, türkische und deutsche Minderheiten.
Im weiteren Austausch hatten die Minderheitenvertreter Gelegenheit mit Vertretern
des Auswärtigen Amtes, der Zentralstelle für Auslandsschulwesen, der Kultusministerkonferenz und des Weltverbandes Deutscher Auslandsschulen das Thema "Lehrerund Referendariats-Austausch an deutschen Schulen in MOE und GUS Staaten" zu
besprechen.
Mit Blick auf den anhaltenden und steigenden Lehrkräftemangel an deutschen Schulen der Deutschen Minderheiten wurden hier erste Schritte gemeinsam besprochen.
Alle Teilnehmer und Teilnehmerinnen waren sich einig, zunächst den tatsächlichen
Bedarf zu ermitteln. Insbesondere sollen auch die rechtlichen Vorgaben überprüft
werden und Stiftungen, die bereits solche Programme etabliert haben, in den Prozess
eingebunden werden. Es soll Nachhaltigkeit erreicht und eine notwendige Prioritätenliste erstellt werden.
In einem ersten Schritt wird das Thema in die nächste Bund-Ländergruppe MOE eingebracht. Ein Folgetreffen mit den Vertretern der Deutschen Minderheiten wurde im
Rahmen der AGDM-Jahrestagung vereinbart.
3.45. Neues ifa Büro in Temeswar/Rumänien
Am Rande der 18. Sitzung der Deutsch-Rumänischen Regierungskommission haben
Staatssekretär George Ciamba, Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten und ich
das neue Büro des Instituts für Auslandsbeziehungen (ifa) in Temeswar eröffnet.
Vor zwei Jahren ist das Büro von Hermannstadt nach Temeswar umgezogen und hat
heute feierlich sein neues, größeres Büro, in dem die Projektarbeit für die Länder Rumänien, Serbien und Ungarn koordiniert wird, eröffnet.
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Das ifa engagiert sich weltweit für ein friedliches und bereicherndes Zusammenleben
von Menschen und Kulturen. Es fördert den Kunst- und Kulturaustausch in Ausstellungs-, Dialog und Konferenzprogrammen.
Ifa-Bereichsleiterin Karoline Gil und die Büro-Regionalkoordinatorin Monica Kovats
begrüßten die deutschen und rumänischen Vertreter herzlich und stellten ihre Arbeit
vor.
v.l.n.r erste Reihe: ifa-Regionalkoordinatorin
Kovats, BdV-Präsident Dr. Fabritius MdB, BA
Koschyk MdB, Botschafter Lauk, Staatssekretär
Ciamba, Botschafter Hurezeanu, ifaBereichleiterin Gil hintere Reihe: Jozsa (DFDR), Dr.
Porr (DFDR), Leber (Landsmannschaft Banater
Schwaben) und Konsul Maruhn, dt. Konsulat
Temeswar
Quelle: BMI
Unter anderem begleitet das ifa eng die Initiative zur Direktvermarktung regionaler
Produkte und arbeitet mit einem Café in Temeswar zusammen, das regionale Produkte lokaler Bauern anbietet. Aktuell zeigt das ifa in dem Café in Temeswar auch eine
Ausstellung mit den Bildern, die im Rahmen des Jugendprojekts Analog-Fotografie in
Seligenstadt und Bekokten entstanden sind.
Neben Staatssekretär Ciamba und mir sprachen auch BdV-Präsident Dr. Bernd Fabritus MdB, der deutsche Botschafter in Bukarest, Werner Hans Lauk, Emil Hurezenau,
jetzt Botschafter Rumäniens in Berlin, sowie Dr. Paul-Jürgen Porr, Vorsitzender des
DFDR, ihre persönlichen Grußworte.
Dem ifa wurde insbesondere für seine vorbildliche, grenzüberschreitende Arbeit und
Förderung der jungen Generation gedankt.
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Ich dankte darüber hinaus dem deutschen Parlament, das eine Förderung dieser „lebendigen Brückenfunktion“ überhaupt ermöglicht und die notwendigen Haushaltsmittel bereitstellt. BdV-Präsident Fabritius MdB überbrachte die Grüße des Unterausschusses für Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik. Botschafter Lauk, der in der Kulturabteilung der Dt. Botschaft in Bukarest seine erste Auslandsverwendung hatte,
dankte dem ifa für die langjährige und gute Zusammenarbeit.
ifa und DFDR arbeiten Hand in Hand und ergänzen ihre Arbeit seit langem. Dafür
dankten sich Gil und Dr. Porr und sicherten sich ihre weitere gegenseitige Unterstützung zu.
Die deutschen und rumänischen Vertreter wünschten dem ifa alles Gute in den neuen
Räumen mit guten Projektideen.
3.46. Fachkonferenz der Konrad Adenauer Stiftung "Minderheiten in Europa - Herausforderungen und Perspektiven" in Temeswar
Bogdan Aurescu, Minister für Auswärtige Angelegenheiten und ich haben die Fachkonferenz der Konrad-Adenauer-Stiftung am 8. Juli 2015, die diese gemeinsam mit
dem rumänischen Außenministerium, dem Demokratischen Forum der Deutschen in
Rumänien und der Stiftung Deutsche Kultur im östlichen Europa, organisiert, eröffnet.
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Podiumsdiskussion zum Thema „Minderheiten in
Europa – Dialog als Mittel der Förderung der Rechte
von Angehörigen nationaler Minderheiten“ mit BA
Koschyk MdB, Staatssekretär Ciamba, Dr. Fabritius
MdB, dem DFDR-Vorsitzendem Dr. Porr, dem rum.
Abgeordneten Ovidiu Ganț und dem Leiter des KASAuslandsbüros in Rumänien, Irmer
Quelle: BMI
Mit der Veranstaltung haben es die Organisatoren geschafft, die Vertreter der Minderheiten in Mittel- und Osteuropa zusammenzubringen, um über die aktuelle Situation
der Jugendorganisationen und über die strategische Entwicklung ihrer Tätigkeiten zu
diskutieren.
Meine Rede finden Sie hier:
http://www.aussiedlerbeauftragter.de/SharedDocs/Reden/AUSB/DE/koschyktagung-minderheiten-in-europa.html?nn=3791990
Im Rahmen der Konferenz, die im Adam Müller-Guttenbrunn Haus stattfand, fand
auch die Ausstellungseröffnung "Die deutsche Minderheit in Rumänien - Geschichte
und Gegenwart im vereinten Europa" statt, die Bundesaußenminister Steinmeier in
Hermannstadt im März dieses Jahres eröffnete.
Im Gedenken an den Beginn der Deportation der Rumäniendeutschen vor 70 Jahren
haben Außenmister Aurescu und ich einen Kranz am Denkmal "In Memoriam" niedergelegt. Das Denkmal wurde im Rahmen der Gedenkfeier, an der auch ich teilgenommen hatte, im März 2015 eingeweiht.
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3.47. Informationsaustausch zur Jugendförderung, Sprachbildung, Traditionspflege und Glaubensfragen in Nordmähren
Am 13. Juli 2015 habe ich die Region Nordmähren in der Tschechischen Republik besucht. Den Auftakt meines Besuches bildete ein Gespräch mit Vertretern des Verbandes der Deutschen in Nordmähren-Adlergebirge in deren Begegnungszentrum in
Mährisch Schönberg/Sumperk.
Das Begegnungszentrum, das mit Förderung der Bundesregierung und der tschechischen Regierung errichtet wurde, befindet sich im historischen Geschaderhaus im
Stadtzentrum von Mährisch Schönberg/Sumperk.
Zu dem Regionalverband Nordmähren-Adlergebirge gehören sieben Ortsgruppen in
Mährisch Schönberg/Sumperk, Freiwaldau/Jesenik, Grulich/Králiky, Neutitschein/Novy Jicin, Römerstadt/Rymarov, Sternberg/Sternberk und Rokitnitz/Rokytnice. Vorsitzende des Regionalverbandes ist Frau Gertrude Polcakov.
Das Begegnungszentrum wird von Erika Vosáhlo geleitet, die auch Vizepräsidentin
der Landesversammlung der Deutschen in Böhmen, Mähren und Schlesien ist. Zu den
Zielen der in Nordmähren und im Adlergebirge lebenden Deutschen gehören die
Pflege der Deutschen Muttersprache, durch Sprachkurse, Musik-, Literatur- und
Theaterveranstaltungen, Brauchtumsfeste, aber auch deutschsprachige Gottesdienste.
Aber auch im Bereich der Dokumentation der Geschichte der Region und der
deutsch-tschechischen Verständigung ist der Regionalverband sehr aktiv.
Seite 177
Vor dem Begegnungszentrum der Deutschen in Nordmähren – Adlergebirge in Mährisch Schönberg/Sumperk
Quelle: BMI
Bei meinem Besuch im Begegnungszentrum Mährisch Schönberg/Sumperk wurde ich
vom Präsidenten der Landesversammlung der Deutschen in Böhmen, Mähren und
Schlesien, Martin Dzingel, von der Referentin für Bildungskooperation Deutsch des
Goethe-Instituts Prag, Dr. Christiane Günther und dem Leiter der Abteilung Dialoge
des Instituts für Auslandsbeziehungen, Urban Beckmann begleitet.
In Mährisch Schönberg/Sumperk führte ich auch Gespräche mit Bürgermeister
Zdenek Broz und Vizebürgermeister Tomas Spurny. Bürgermeister Broz ist auch Mitglied des Tschechischen Senates in Prag und dort stellv. Vorsitzender des Ausschusses
für Internationale Beziehungen. Die beiden Bürgermeister sind sehr für die Entfaltung
der deutschen Minderheit sowie für den Dialog mit den Heimatvertriebenen aus Mährisch Schönberg engagiert.
So hat sich aus der Patenschaft der Stadt Bad Hersfeld für die heimatvertriebenen
Mährisch Schönberger eine Städtepartnerschaft mit dem heutigen Mährisch Schönberg/Sumperk entwickelt. Bürgermeister Broz und Vizebürgermeister Spurny unterstützen auch den Wiederaufbau des Heidebrünnl im Altvatergebirge. Hierbei handelt
es sich um ein beliebtes Wanderziel mit Wallfahrtskapelle und Schutzhütte in der Nähe der Quelle der Rauschenden Tess. Bei der letzten Wallfahrt vor der Vertreibung der
Deutschen am Himmelfahrtstag 1946 wurde das Kirchlein nach einem Blitzschlag
zerstört. Eine Bürgergesellschaft für den Erhalt des kulturellen und geschichtlichen
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Erbes des Tess-Tales setzt sich seit längerem für die Wiedererrichtung des Heidebrünnl ein.
Mit den Bürgermeistern Broz und Spurny sowie mit den Vertretern der Landesversammlung der Deutschen in Böhmen, Mähren und Sudetenschlesien besprach ich
auch Möglichkeiten, wie in Mährisch Schönberg/Sumperk noch stärker an den dort
1931 geborenen CSU-Politiker Hans "Johnny" Klein erinnert werden kann, der seiner
Heimatstadt bis zu seinem Tod 1996 engstens verbunden war.
Ich war bei seinem Besuch in Mährisch Schönberg/Sumperk von den in den letzten 25
Jahren erfolgten Sanierungsmaßnahmen des historischen Stadtkerns sehr beeindruckt. Am sichtbarsten wird diese Anstrengung durch die Wiederherstellung der
1990 vor dem Verfall stehenden ehemaligen Dominikanerkirche Mariä Verkündigung,
für deren Sanierung sich auch viele heimatvertriebene Mährisch Schönberger engagiert haben. Auch die Wiederaufstellung der Büste von Friedrich Schiller und Kaiser
Franz Josef im historischen Stadtzentrum kann ich als Zeichen eines unbefangenen
Umgangs mit der Stadtgeschichte würdigen.
In Reitendorf/Rapotin traf ich mit den verantwortlichen Projektleitern/innen und
Sprachlehrern/innen des Sommercamp 2015 des Goethe-Instituts und des Instituts
für Auslandsbeziehungen zusammen, an dem junge Angehörige deutscher Minderheiten aus Tschechien, der Slowakei, Polen, Rumänien und der Ukraine teilnehmen. Gemeinsam mit dem für Minderheitenfragen zuständigen tschechischen Minister für
Menschenrechte und Legislative, Jiri Dienstbier, hatte ich für diese Veranstaltung, die
unter dem Motto "Europa verbinden-Jugend begegnen" steht, die Schirmherrschaft
übernommen.
Dieses Sommercamp fand zum ersten Mal im vergangenen Jahr in Polen statt. Ziel der
Maßnahme ist es, die Jugendlichen in ihrer muttersprachlichen Kompetenz, aber auch
in ihrer Identität zu stärken sowie ihnen wichtige gesellschaftliche Themen wie Toleranz, Umweltbewusstsein und Medienvielfalt zu vermitteln.
Seite 179
Mein Grußwort finden Sie auf meiner Homepage unter:
http://www.aussiedlerbeauftragter.de/SharedDocs/Reden/AUSB/DE/koschykgru%C3%9Fwort-jugendcamp.html?nn=3791990
Besonders beeindruckt war ich von dem Besuch der Gedenkstätte für das nach der
Vertreibung der Deutschen zerstörte Dorf Stollenhau im Altvatergebirge unweit von
Mährisch Schönberg/Sumperk. Nachdem der in Mährisch Schönberg/Sumperk lebende tschechische Bürger Igor Vychopen auf einer Bauschutthalde zufällig den
Christus-Corpus der zerstörten Kirche von Stollenhau gefunden hatte, startete er gemeinsam mit der Tess-Tal Bürgergesellschaft die Initiative, im Bereich der zerstörten
Kirche und des verfallenen Friedhofs von Stollenhau eine Gedenkstätte zu errichten,
an der in diesem Jahr am Fest St. Peter und Paul (29. Juni) zum zweiten Mal ein Gottesdienst in tschechischer und deutscher Sprache mit ehemaligen Bewohnern von
Stollenhau stattfand, um an deren Vertreibung und die Zerstörung des Ortes zu erinnern. Die Stollenhauer Kirche war den Aposteln Petrus und Paulus geweiht. Ich würdigte das tschechische Bürgerengagement für die verschwundene Ortschaft Stollenhau als wichtigen Beitrag zur Verständigung und verwies auf zahlreiche weitere diesbezügliche Initiativen in der gesamten Tschechischen Republik.
Zum Abschluss meines Besuches in Nordmähren besichtige ich das RenaissanceSchloss sowie das historische Heilbad in Groß Ullersdorf/Velké Losiny. Das Schloss ist
hervorragend saniert. Im Bereich des Heilbades entsteht derzeit eine moderne Thermenlandschaft.
3.48. 18. Sitzung der Deutsch-Rumänischen Regierungskonferenz für die Angelegenheiten der deutschen Minderheit
in Rumänien
Am 7. und 8. Juli 2015 fand die 18. Sitzung der Deutsch-Rumänischen Regierungskommission für Angelegenheiten der deutschen Minderheit in Rumänien statt.
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Bundesbeauftragter Hartmut
Koschyk MdB und George Ciamba, Staatssekretär im Ministerium für auswärtige Angelegenheiten von Rumänien bei der
Unterzeichnung des Protokolls
Quelle: BMI
Geleitet wurde die Sitzung vom rumänischen Vorsitzenden, George Ciamba, Staatssekretär im Ministerium für auswärtige Angelegenheiten von Rumänien, und mir, als
deutschem Vorsitzenden in meiner Funktion als Beauftragter der Bundesregierung
für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten.
Basis der jährlich stattfindenden deutsch-rumänischen Gespräche auf Regierungsebene ist der Vertrag vom 21. April 1992 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und
Rumänien über freundschaftliche Zusammenarbeit und Partnerschaft in Europa.
Die Sitzung findet abwechselnd in Deutschland und in Rumänien statt.
Mit der 18. Sitzung wird die langjährige und freundschaftliche Zusammenarbeit zwischen der rumänischen und deutschen Regierung zur Unterstützung der Deutschen
Minderheit in Rumänien fortgeführt.
Die Ergebnisse der Regierungskonferenz wurden in einem Protokoll festgehalten. Das
Protokoll finden Sie in der deutschen und rumänischen Fassung auf meiner Homepage unter:
http://www.aussiedlerbeauftragter.de/SharedDocs/Kurzmeldungen/AUSB/DE/dtrum-regierungskonferenz.html
Seite 181
Im Anschluss an die Protokollunterzeichnung gaben Staatssekretär Ciamba und ich
eine Pressekonferenz. In dieser betonten wir beide die außerordentlich gute Zusammenarbeit bei allen die deutsche Minderheit betreffenden Fragen.
Ich hob hervor, dass die Kommission sich nicht im Theoretischen verloren hat, sondern ganz konkrete Themen wie die Stärkung des deutschsprachigen Schulwesens in
Rumänien, die Förderung der dualen Berufsbildung und des dualen Studiums besprochen hat.
Die nächste Sitzung findet im April 2016 in Deutschland statt.
An der Kommissionssitzung haben auch der Deutsche Botschafter in Rumänien,
Werner Hans Lauk, der Abgeordnete des Deutschen Bundestages, Präsident des Bundes der Vertriebenen und Vorsitzender des Verbandes der Siebenbürger Sachsen, Dr.
Bernd Fabritius, der Vertreter der deutschen Minderheit im rumänischen Parlament
Prof. Ovidiu Ganț und der Bundesvorsitzende der Landsmannschaft der Banater
Schwaben, Peter Dietmar Leber, teilgenommen. Der rumänischen Delegation gehören
auch Repräsentanten der deutschen Minderheit, vertreten durch den Vorsitzenden
des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien, Dr. Paul-Jürgen Porr, und
Vertreter von Präfekturen an.
3.49. Bildungsstrategie der Deutschen Minderheit bleibt Topthema des deutsch-polnischen Runden Tisches
Am Sitz des Verbandes der deutschen Sozial-Kulturellen Gesellschaften in Polen in
Oppeln / Opole habe ich am 28. Juli 2015 mit dem Vorsitzenden des Verbandes, Bernard Gaida, ein ausführliches Arbeitsgespräch zu aktuellen Anliegen der Deutschen
Minderheit in Polen geführt.
Bernard Gaida berichtete mir über den Stand der Vorbereitungen für das 5. Kulturfestival der Deutschen Minderheit am 26. September in Breslau, für das die AußenminisSeite 182
ter Polens und Deutschlands, Grzegorz Schetyna und Dr. Frank-Walter Steinmeier, die
Schirmherrschaft übernommen hatten und an dem ich später als Vertreter der Bundesregierung teilnahm.
Weiterer Schwerpunkt des Gespräches in Oppeln / Opole waren die laufenden Verhandlungen des Runden Tisches zu Fragen der Förderung der deutschen Minderheit
in Polen und der polnischstämmigen Bürger und Polen in Deutschland. Nach den Gesprächen in Warschau am 26. Februar 2015 fand in Berlin ein Treffen zwischen Bundesminister Dr. Thomas de Maizière MdB und dem polnischen Minister für Verwaltung und Digitalisierung Andrzej Halicki statt. Derzeit werden auf Arbeitsebene Gespräche geführt.
Bernard Gaida und Hartmut Koschyk vor dem Oppelner Dom
Quelle: BMI
Bernard Gaida und ich stellten übereinstimmend fest, dass bei den Verbesserungen
des muttersprachlichen Unterrichts in deutscher Sprache erhebliche Fortschritte erzielt werden müssen und hierfür durch die Bildungsstrategie der Deutschen Minderheit in Polen eine hervorragende Grundlage geschaffen wurde, auch für die Verhandlungen des Runden Tisches.
Außerdem informierte Bernard Gaida über die Vorbereitungen der Deutschen Minderheit bezüglich der Teilnahme bei den Parlamentswahlen in Polen im Herbst dieses
Jahres.
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3.50. Abkommen der West-Universität Temeswar mit der
Hochschule Karlsruhe und Besuch von Sanktanna gemeinsam mit dem baden-württembergischen Innenminister, Reinhold Gall MdL
Unmittelbar nach meiner Ankunft im Banat habe ich den Innenminister des Landes
Baden-Württemberg, Reinhold Gall MdL, mit einer Delegation zur Unterzeichnung
des gemeinsamen Abkommens zwischen der West-Universität Temeswar und der
Hochschule Karlsruhe für das Doppelabschlussprogramm in Wirtschaftsinformatik
begleitet.
Die Unterzeichnung fand in den Räumlichkeiten der West-Universität Temeswar unter Leitung des Rektors Prof. Dr. Marilen Pirtea und des Dekans der Fakultät, Dr. Ovidiu Megan, statt. Neben Innenminister Gall waren auch der Oberbürgermeister der
Stadt Karlsuhe, Dr. Frank Mentrup, Vertreter der Hochschule Karlsruhe (Prof. Dr.
Karl-Heinz Meisel, Dr. Joachim Lembach, Prof. Franz Nees, Prof. Dr.-Ing. Franz Quint)
und der Deutschen Wirtschaft im Banat anwesend. Karlsruhe ist mit Temeswar durch
eine Städtepartnerschaft verbunden; außerdem ist Baden-Württemberg das Patenland der Banater Schwaben.
Das Doppelabschlussprogramm beinhaltet die gegenseitige Abschlussanerkennung
beider Hochschulen und verbindet einzigartig das Zusammenspiel von Städtepartnerschaft, Hochschulkooperation und Wirtschaft beider Länder.
Deutsche Unternehmen, die im Wirtschaftsclub Banat zusammengeschlossen sind,
unterstützten mit Stipendien und tragen somit unmittelbar zur Nachwuchsförderung
ihrer Unternehmen bei. Das erste Stipendium wurde im Rahmen der Abkommensunterzeichnung an eine Studentin aus der Region Moldau im Nordosten Rumäniens verliehen.
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Gruppenaufnahme vor dem Deutschen Konsulat Temeswar
Quelle: BMI
Gemeinsam mit Innenminister Gall und dessen Delegation habe ich anschließend die
traditionelle Banater Kirchweih in Sanktanna besucht. Auftakt des Besuchs war der
Empfang durch Bürgermeister Tomuta in seinem Rathaus. Beide Seiten sicherten sich
ihre gegenseitige Unterstützung zu und dankten einander für das jeweilige Engagement. Besonderer Dank galt Innenminister Gall, der im Rahmen seines Besuchs ein
Feuerwehrauto an die Gemeinde übergeben hat.
Nach dem traditionellen Einzug der Kirchweihpaare in die St-Anna-Kirche zum Gottesdienst konnte ich gemeinsam mit Innenminister Gall auch die deutsche Schule und
das von der Adam-Müller-Guttenbrunn-Stiftung geführte Altenheim besuchen.
Abgerundet wurde das Besuchsprogramm von einem herzlichen Empfang des Vaters
des aus Sankt Anna stammenden Chemienobelpreisträgers Prof. Dr. Stefan Hell, der in
das Elternhaus des Wissenschaftlers einlud. Bei der Sankt Anna Kirchweih freute ich
mich sehr auch den ehemaligen Visitator der Banater Schwaben, Monsignore Andreas
Straub, und Pfarrer Josef Hell zu treffen, die aus dem Banat stammen und in meinem
Wahlkreis Bayreuth als Seelsorger tätig sind.
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Auf dem Rückweg von Sanktanna nach Temeswar bekam die Delegation einen Einblick in die Erfolgsgeschichte der Firma BARUM, eines familiengeführten badenwürttembergischesn Unternehmens, das Komponenten für den Maschinenbau und
Präzisionsteile u.a. für die Automobilbranche fertigt. Geschäftsführer und Inhaber
Barth erläuterte der Delegation seine Unternehmens- und Innovationsphilosophie
und gewährte im Rahmen des Firmenrundgangs genaue Einblicke in die Produktion.
Zur Delegation von Innenminister Gall gehörte auch der Bundesvorsitzende der
Landsmannschaft der Banater Schwaben, Peter-Dietmar Leber. Auch der Deutsche
Botschafter in Bukarest, Werner Hans Lauk, und der deutsche Konsul in Temeswar,
Rolf Maruhn, begleiteten Innenminister Gall bei seinen Besuchsterminen im Banat.
3.51. Feierliche Segnung der restaurierten Wallfahrtsbasilika
Maria Radna
Maria Radna gehört zu den meistbesuchtesten Wallfahrtsorten Südosteuropas. Die
Basilika ist zwischen 1725 und 1826 entstanden und wurde in den letzten Jahren umfangreich saniert und erstrahlte am 2. August 2015 in neuem Glanz.
Die Wallfahrt entstand um das Gnadenbild Mariens, das über dem Hochaltar von einem großen Siberrahmen umgeben wird.
Zur Segnung der Renovierungsarbeiten hatte Papst Franziskus Joachim Kardinal
Meisner, den emeritierten Erzbischof von Köln, als seinen außerordentlichen Gesandten - missus extraordinarius - delegiert.
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Konsul Rolf Maruhn, Botschafter Hans Werner Lauk, Innenminister Gall, Generaldenkan Matthias Dirschel, Bundesbeauftragter Hartmut Koschyk MdB
Quelle: BMI
Die Eröffnung wurde von S.E. Bischof Roos, Bistum Temeswar, vorgenommen, die mit
den Worten „Viele Augen und Herzen sind heute auf Maria Radna gerichtet“ begann.
An den Eröffnungsfeierlichkeiten nahmen zahlreiche Bischöfe aus ganz Europa teil.
Auch Baden-Württembergs Innenminister Gall, zahlreiche Banater Schwaben mit
ihrem Bundesvorsitzenden Peter-Dietmar Leber und der deutsche Botschafter Werner Hans Lauk und Konsul Rolf Maruhn besuchten die Feierlichkeiten. Auch der Abgeordnete der deutschen Minderheiten im rumänischen Parlament Ovidiu Gants, der
sich sehr für eine Förderung der Sanierungsarbeiten aus Mitteln der Europäischen
Union eingesetzt hatte, war anwesend. Der rumänische Präsident Klaus Johannis hatte
einen persönlichen Beauftragten nach Maria Radna entsandt.
Die multiethnische und multireligiöse Situation kam beim Gottesdienst dadurch zum
Ausdruck, dass neben Vertreter der römisch-katholischen Kirche auch Vertreter der
griechisch-katholischen und rumänisch-orthodoxen, serbisch-orthodoxen und der
evangelisch reformierten Kirche vertreten waren.
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Der Gottesdienst fand weitgehend in rumänischer, ungarischer und deutscher Sprache statt. Ich hielt die Lesung in deutscher Sprache, ein Abgeordneter der ungarischen
Minderheit in ungarischer Sprache.
Der Gedanke der grenzüberschreitenden Verbindung, gegenseitigen Schätzung und
Anerkennung stand im Zeichen der gelungenen Renovierungsarbeiten.
Im Mittelpunkt der Festpredigt von Kardinal Meisner stand die Bedeutung von Wallfahrtsorten wie Maria Radna und die christliche Gebetskultur, die unabdingbar für die
religiöse Erneuerung Europas - gerade nach den geistigen Zerstörungen durch die
kommunistische Diktatur - ist. Diese religiöse Wiederbesinnung Europas dürfe sich
nicht mit nur mit „Ach und Krach“ vollziehen, sondern solle mit „Glanz und Gloria“
geschehen, wofür die wiedererstrahlte päpstliche Wallfahrtsbasilika Maria ein wichtiges Symbol sei. Im persönlichen Gespräch nannte Kardinal Meisner die interethnische
und interreligiöse Vielfalt, die gerade im Banat ein wichtiges Beispiel für ein friedliches Zusammenleben in Europa sei.
Dem feierlichen Pontifikalamt in Maria Radna war eine vorabendliche Begegnung im
Temeswarer Bischofshaus auf Einladung von Diözesanbischof Martin Roos vorangegangen, der sich ein Orgelkonzert des in München lebenden Banater Künstlers Dr.
Franz Metz im Temeswarer St. Georg Dom anschloss. Dr. Franz Metz ist auch Vorsitzender des Gerhardsforums (http://www.gerhardsforum.de), der Vereinigung katholischen Banater Schwaben.
Bei diesem Konzert kamen Komponisten verschiedenen Epochen aus allen Teilen des
Banats zu Gehör, u.a. der im serbischen Vernichtungslager Rudolfsgnad gestorbene
Anton Horner.
Bei der musikalischen Ausgestaltung im Temeswarer Dom und in Maria Radna wirkte
auch der Vorsiztende des DFDB (Demokratisches Forum der Deutschen im Banat), Dr.
Johann Fernbach als Violinsolist mit.
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Hinweis: Zur Kritik des Journalisten Dale-Harris in der Zeitung "The Telegraph" zur
Sanierung der Wallfahrtsbasilika und der Klosteranlage von Maria Radna habe ich
eine Gegendarstellung veröffentlicht. Diese finden Sie in deutscher und rumänischer
Sprache hier:
http://www.aussiedlerbeauftragter.de/SharedDocs/Kurzmeldungen/AUSB/DE/kosch
yks-erklaerung-zur-kritik-the-telegraph.html
3.52. Im Gespräch mit der Wirtschaftsstiftung BANATIA und
Besuch der Gemeinden Großsanktnikolaus und Tschanad
Mit dem Banater Verein für internationale Kooperation (BANATIA) bin ich in Temeswar zu einem Meinungs- und Informationsaustausch zusammengetroffen.
Im Vordergrund des Gesprächs standen sowohl die bisherige Entwicklung des Vereins
sowie aktuelle Projektplanungen. In einem offenen Gedankenaustausch diskutierten
die Mitarbeiter der BANATIA mit mir offen den Gedanken, einen möglichen Schwerpunkt des Vereins auf die Tourismuserschließung zu legen.
Im Anschluss an dieses Gespräch wurde ich in Großsanktnikolaus von Bürgermeister
Danut Groza in seinem Rathaus empfangen. Begleitet wurde ich u.a. vom Bundesvorsitzenden der Banater Schwaben, Peter-Dietmar Leber, und dem deutschen Vizekonsul Siegfried Geilhausen.
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Bundesbeauftragter Koschyk mit Delegation und Bürgermeister Danut Groza sowie dem stv. Bürgermeister
Radu Asaftei
Quelle: BMI
Einleitende Worte fand Bürgermeister Groza mit der positiven Entwicklung der Stadt.
Großsanktnikolaus zeichnet sich durch ein gelungenes, freundliches Stadtbild aus und
kann Vollbeschäftigung vorweisen. Bürgermeister Groza betonte dabei auch den positiven Einfluss der deutschen Minderheit, die sich auch durch die gute Verbindung zur
Landsmannschaft, der Heimatsortsgemeinde und der Städtpartnerschaft Burgkirchen
an der Alz in Bayern auszeichnet.
Im anschließenden Stadtrundgang hat mir Bürgermeister Groza das Zentrum der
Stadt mit seinen Statuen und Kirchen vorgestellt. Ich bekam Einblicke in die älteste
Kirche der Stadt, die serbisch-orthodoxe Kirche, außerdem in die römischkatholische, wo mich der katholische Priester Ando Attila zu einem informativen
Rundgang einlud. Weiter ging es zur rumänisch-orthodoxen Kirche, wo die Delegation von Pfarrer Gheorghe Sutac empfangen wurde, abschließend weiter zur evangelischen und zur griechisch-katholischen Kirche.
Stark beeindruckt von der Multireligiösität hatte ich abschließend noch die Gelegenheit für einen Besuch des katholischen Friedhofs von Großsanktnikolaus mit der
Grabstätte der Vorfahren von Bela Bartok und der Gefallenengrabstätte. Auch das
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Grab von Egon Brandenburg, der beim Fluchtversuch an der rumänisch-ungarischen
Grenze im November 1989 ums Leben gekommen ist, befindet sich Großsanktnikolaus.
Weiterhin konnte ich auch das Deutsche Forum in Großsanktnikolaus besuchen.
Die Sozialstation Großsanktnikolaus wurde 1994 eröffnet. Hier werden 20 Personen in
ambulanter Pflege betreut, sie bekommen täglich eine warme Mahlzeit, die mit "Essen
auf Rädern" in ihr Heim geliefert wird.
Die Sozialstation Großsanktnikolaus wird von Dietlinde Huhn koordiniert. Weiter
unterstützt die Deutsche Abteilung intensiv die Förderung des deutschen Sprachunterrichts und der deutschen Kultur.
Im Gespräch betonten die anwesenden Schüler und Lehrer die damit verbundene positive Prägung und Identitätsentwicklung. Besonders herzlich berichtete eine rumänische Absolventin von der persönlichen Bereicherung, die sie persönlich als "Rumänin
mit deutscher Identität" empfinde.
Abgerundet wurde das Programm mit einem Besuch in Tschanad, das ca. 8 km von
Großsanktnikolaus entfernt ist. In Tschanad wurde ich vom deutschstämmigen Bürgermeister Nikolaus Craciun, dem katholischen, aus Bulgarien stammenden Pfarrer
Petru Velciov, und dem Vorstand der Heimatortsgemeinde Josef Lutz und Pauline
Huschitt, sowie dem Vorsitzenden des Vereins Valores, Johann Kerner, empfangen.
Der Altar der Kirche steht auf dem Sarkophag des Heiligen Gerhard, erster Bischof der
Diozöse Tschanad, aus der dann die Diözese Temeswar hervorging. Vor der Kirche
steht ein Denkmal des Heiligen Gerhard sowie ein Gedenkstein für die 20.000 Deutschen, die in den letzten 250 Jahren in Tschanad gelebt haben.
Ausklang des Tages bildete die Zusammenkunft im "Schwabenhaus" in Alexanderhausen mit Mitgliedern der Landsmannschaft der Banater Schwaben, Mitgliedern des
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Bundesvorstands und großer Heimatsortsgemeinschaften der Landsmannschaften im
Banat, die sich durch die Feierlichkeiten im Banat zusammengefunden haben.
3.53. Nitzkydorf feiert 230. Gemeindejubiläum
Die Feierlichkeiten zum 230. Geburtstag der Banater Gemeinde Nitzkydorf/Nițchidorf
wurden zu einem deutsch-rumänischen Freundschaftsfest.
Gruppenaufnahme beim traditionellen Kirchweihfest in
Nitzkydorf
Quelle: BMI
Nach Hissen der rumänischen, deutschen und der Europa-Flagge sowie Abspielen der
Hymnen beider Länder setzte sich ein Trachtenzug mit 30 Paaren in Banater Trachten
aus Deutschland und Rumänien mit hunderten Besuchern aus Deutschland vom Rathaus zunächst zur rumänisch-orthodoxen Kirche, wo sie von Geistlichen dieser Kirche sehr warmherzig und zum Teil auch in deutscher Sprache "in der Heimat" willkommen geheißen wurden, in Gang.
Dem schloss sich ein feierlicher Gottesdienst in der katholischen Kirche, zelebriert
vom Kanzler der Diözese Nikola Laus und dem Ortspfarrer, an.
Nach dem Gottesdienst wurde die Gedenktafel zur Würdigung des früheren Diözesanbischofs Sebastian Kräuter, seines Bruders, dem Pfarrer und promovierten Theologen Dr. Franz Kräuter und des Banater Abgeordneten im rumänischen Parlament Dr.
Franz Kräuter, durch die Vorsitzende der Heimatortsgemeinschaft Nitzkydorfs, Dr.
Hella Gerber, eingeweiht.
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Daran schloss sich die feierliche Kranzniederlegung für die Opfer der beiden Weltkriege am Mahnmal für die Opfer des ersten Weltkrieges an.
Im Rahmen des Kirchweihfestes wurde der traditionelle Kirchweihtanz mit 30 Trachtenpaaren aus Deutschland und Rumänien zelebriert, bei dem aus Rumänien sowohl
Angehörige der deutschen Minderheit, aber auch Angehörige der rumänischen Mehrheitsbevölkerung mitwirkten.
Grußansprachen hielt der Bürgermeister von Nitzkydorf, Ioan Mascovescu, die Vorsitzende der HOG Nitzkydorf, Dr. Hella Gerber, der Vorsitzende der Landsmannschaft
der Banater Schwaben, Peter-Dietmar Leber, und ich in meiner Funktion als Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten.
Meinen Redebeitrag finden Sie hier:
http://www.aussiedlerbeauftragter.de/SharedDocs/Reden/AUSB/DE/koschykgru%C3%9Fwort-nitzkydorf.html
Auch die aus Nitzkydorf stammende Nobelpreisträgerin, Herta Müller, hatte ihre
Grüße zu diesem Anlass übermittelt. Das Elternhaus von Herta Müller war auch Ziel
der Spaziergänge im Ort.
Lehrer Prof. Buhna-Dariciu Tiberiu setzt sich für die Vermittlung der Heimatkunde
der Banater Schwaben an seine rumänischen Schüler ein. Zum Jubiläum von Nitzkydorf hat er eine umfangreiche Monographie über die Schule von Nitkydorf vorgelegt.
Weiterhin habe ich mit Bundesvorsitzendem Leber und Konsul Maruhn die Pater
Paulus Farm der Caritas der Diözese Temeswar besucht, wo Menschen aus der Obdachlosigkeit in einen vorbildlichen landwirtschaftlichen Betrieb und einer Schreinerwerkstatt integriert werden.
Der Besuchstag klang mit einem Besuch des Altenheim Bakowas aus, das vor fast 25
Jahren gegründet wurde und das neben der Heimstätte für ältere Mitbürger auch eine
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Anlaufstelle für Kinder und Jugendliche ist, die dort ein tägliches Mittagessen erhalten.
Ehepaar Weinschrott hat uns herzlich im Altenheim begrüßt. Das Bundesministerium
des Innern fördert die Einrichtung seit ihrer Gründung. Auch der Vorsitzende des
Hilfswerks der Banater Schwaben e.V., Nikolaus Rennon, hat an diesem Termin teilgenommen.
3.54. Besuch des Banater Berglandes, Rumänien
Im Rahmen meines Besuchs im Banat/Rumänien habe ich das Banater Bergland besucht.
Beeindruckt von der wundervollen Landschaft und Gepflegtheit des Banater Berglands wurde ich vom Vorsitzenden des Demokratischen Forums der Banater Berglanddeutschen (DFBB), Erwin Josef Tigla, herzlich in Reschitza empfangen.
In einem persönlichen Meinungs- und Informationsaustausch mit Vorsitzendem Tigla, seinem Stellvertreter Christian Paul Chioncel, den Vorstandsmitgliedern und Mitgliedern des DFBB wurde mir die Forumsarbeit im "Alexander Tietz Jugend-Dokumentations- und Kulturzentrum" vorgestellt.
Neben einer sehr herzlichen Begrüßung mit musikalischem Empfang des Militärorchesters konnte ich mich von aktuellen Kunstprojekten, der hauseigenen Bibliothek
und traditionell-musikalischen Einlagen überzeugen.
Besonders gerührt war ich von der Überraschung Tiglas, der anknüpfend an meine
vorherige Funktion als Zoll-Staatssekretär im BMF, anlässlich meines ersten Besuchs
im DFBB und in Reschitza einen eigenen Poststempel entwarf, mit dem alle aus Reschitza ausgehenden Postsendungen an diesem Tag gestempelt wurden.
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Abgerundet wurde das Kulturprogramm mit einem Besuch des Ferienlagers "Deutsch
mit Spaß" in Wolfsberg. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer stammen aus verschiedenen Tanzgruppen des gesamten Berglandes. In traditioneller Tracht wurden
mir Volkstänze auf der Bühne des renommierten Wolfsberger Jazz-Festivals präsentiert.
Der Vorsitzende des Demokratischen Forums der Banater Berglanddeutschen (DFBB), Erwin Josef TiglaTigla
ehrt Bundesbeauftragten Hartmut Koschyk MdB
Quelle: BMI
Im Rahmen meines Besuchs in Reschitza legte ich auch einen Kranz in Gedenken an
70 Jahre Deportation am Denkmal der Russlanddeportierten, das 1995 errichtet wurde, nieder.
Ebenfalls besuchte ich das Diaconovici-Tietz-Lyzeum in Reschitza zu einem persönlichen Meinungs- und Informationsaustausch mit Direktor Prof. Boris Vatzulik, der
Leiterin der Deutschen Abteilung und weiteren Lehrerinnen und Lehrern des Gymnasiums. Mir wurden in einem intensiven Gespräch aktuelle Projekte und Partner, der
Unterricht in deutscher Sprache und Austauschprojekte nach und mit Deutschland
und Österreich vorgestellt. Besonders gedankt wurde mir stellvertretend für die bewilligten Haushaltsmittel des Deutschen Bundestages für 2015.
Bei meinem Besuch im Banater Bergland wurde ich von Konsul Rolf Maruhn und
dem Vorsitzenden des Hilfswerks der Banater Schwaben, Peter-Dietmar Leber, begleitet. Auch der Geschäftsführer der BANATIA, Norbert Hansmann, hat an dem Besuchsprogramm teilgenommen.
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3.55. Kolping als Vorreiter der dualen Ausbildung im Tourismus in Rumänien
Ich bin selbst langjähriges Mitglied der Kolpingfamilie und habe auch deshalb gerne
im Rahmen meines Besuchs im Banat das Kolping Ausbildungshotel in Karansebesch
besucht.
Gruppenaufnahme vor dem Kolping-Ausbildungshotel in
Karansebesch
Quelle: BMI
Bei meinem Besuch wurde ich von Konsul Rolf Maruhn und dem Vorsitzenden der
Landsmannschaft der Banater Schwaben, Peter-Dietrich Leber, begleitet.
Kolping unterstreicht mit seinem Konzept sehr wichtige Ansätze für die duale Ausbildung im Hotel- und Gaststättenbereich in Rumänien. Im Herbst dieses Jahres wird das
Kolpinghotel in Kronstadt in Zusammenarbeit mit staatlichen Schulen mit dem dualen Ausbildungsangebot beginnen.
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Im Kolping-Ausbildungshotel in Karansebesch werden Nachwuchsköche ausgebildet
und es wird sozialen Aspekten Rechnung getragen, u.a. arbeiten im Kolpinghaus Karansebesch junge Menschen mit Behinderung, vorrangig in der hauseigenen Gärtnerei.
Bei unserem Besuch wurden wir im Haus herzlich empfangen. In einem intensiven
Meinungs- und Informationsaustausch mit dem Geschäftsführer Kolpings für Rumänien, Eduard Dobre, der Vorsitzenden Daniela Barbulesco und Denis-Dan DogaliaBauer, Kolping Karansebesch, ging es vorrangig um die Tourismusentwicklung des
Banats.
Ich bin fest vom Entwicklungspotenzial des Banats überzeugt und habe mich deshalb
auch während meiner Reise intensiv diesem Thema gewidmet. Gemeinsam mit den
Kolping-Verantwortlichen wurden erste konzeptionelle Ideen besprochen und Maßnahmen entwickelt. Das Kolping-Hotel in Kronstadt dient als Vorbild. Weiterhin hat
Kolping Rumänien enge Kooperationen mit Einrichtungen in Deutschland und Südtirol, die es weiter auszubauen gilt. Ich sicherte den Kolping-Verantwortlichen meine
weitere Unterstützung zu.
3.56. Besuch der historischen Tempelanlagen Sarmisegedusa,
Rumänien
Im Rahmen meiner Rumänienreise Anfang August 2015 hatte ich zunächst Termine
im Banat wahrgenommen und bin anschließend nach Siebenbürgen gereist. Bei meinen Terminen im Banat hatte mich Konsul Maruhn begleitet, in Siebenbürgen Frau
Konsulin Urban.
Gemeinsam mit Konsul Maruhn und Konsulin Urban, die die Bundesrepublik
Deutschland in den beiden Amtsbezirken Banat und Siebenbürgen vertreten, habe ich
die historische Ausgrabungsstätte Sarmisegedusa, die am Rande von Siebenbürgen hin
zum Banat liegt, besucht.
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Gruppenaufnahme beim gemeinsamen Besuch der historischen Tempelanlagen
Quelle: BMI
Die ehemalige dakische Siedlung wurde seit dem 18. Jahrhundert ausgegraben. In
Sarmisegedusa wurden dabei bedeutende Tempelanlagen freigelegt.
Seit 1995 besteht eine Kooperation zwischen dem Althistorischen Institut der Universität zu Köln und seitens Rumäniens dem Nationalmuseum der Geschichte Transsilvaniens und der Babeș-Bolyai-Universität Cluj.
3.57. Im Gespräch mit Erzbischof Jakubinyi im Bistum Alba
Iulia
Im Rahmen meines Rumänienbesuchs habe ich am ersten Tag in Siebenbürgen das
Erzbistum Alba Iulia besucht.
Gemeinsam mit Konsulin Judith Urban wurde ich herzlich von Erzbischof GyörgyMiklós Jakubinyi im Bistum Alba Iulia, einem Ort rumänischer Geschichte, empfangen.
Persönlich hat mich Erzbischof Jakubinyi in der Kathedrale St. Michael empfangen
und mir während des Rundgangs die Geschichte und Elemente der Kathedrale Sankt
Michael erläutert.
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St. Michael ist eine dreischiffige Basilika mit Querhaus und enthält überwiegend romanische Formen. In der Kathedrale sind zahlreiche künstlerisch bedeutende Grabmäler. Von der Ausstattung sind vor allem zwei romanische Reliefs des Erzengels Michael, eine gotische Pietà sowie Kanzel und Chorgestühl aus dem Barock bemerkenswert.
Erzbischof Jakubinyi, Konsulin Urban und
Bundesbeauftragter Koschyk in der Kathedrale
St. Michael
Quelle: BMI
Im Anschluss an den Rundgang durch die Kathedrale St. Michael empfing uns Erzbischof Jakubinyi in seinen privaten Räumen des Erzbistums zu einem persönlichen
Meinungs- und Informationsaustausch.
3.58. Deutscher Automobilzulieferer auf Erfolgskurs
Im Rahmen meines Besuchs in Siebenbürgen habe ich die Deutsche Firma Star
Transmission (STC), eine Tochtergesellschaft der Daimler AG, in Mühlbach/Sebes in
Siebenbürgen besucht.
STC ist ein internationaler Automobilzulieferer insb. spezialisiert auf die Herstellung
von Getrieben und hat mittlerweile über 2.000 Beschäftigte an den Siebenbürgischen
Standorten Mühlbach und Cugir, die etwa 20 km von einander entfernt liegen.
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Geschäftsführer Bernd Krottmayer hat mich am Standort Mühlbach/Sebes empfangen und Einblicke in die Unternehmensphilosophie, Produktpalette und Unternehmensentwicklung gegeben.
STC ist derzeit bei der finalen Fertigstellung der neuen Produktionshalle für das neue,
innovative 9-Gang-Automatikgetriebe für Mercedes Benz, von der ich mir, begleitet
von Konsulin Urban, persönlich einen Eindruck machen konnte.
Gemeinsam mit Geschäftsführer Krottmayer in der Produktionshalle
Quelle: BMI
Im Gespräch mit Geschäftsführer Krottmayer ging es mir neben der Innovationsfähigkeit und Firmenentwicklung vor allem um die soziale Verantwortung von STC.
Bei STC hat sich ein Talent-Programm und eine gezielte Nachwuchsfördung etabliert.
Weiterhin wird an dem zielgerichteten Ausbau der dualen Ausbildung und der Realisierung von Kindergärten in der Umgebung gearbeitet.
Insbesondere zeugt STC von einer geringen Fluktuations- und Krankheitsrate.
Ich war tief beeindruckt von der Unternehmensinnovation sowie dem positiven Erscheinungs- und Stimmungsbild, das ich während meines Rundgangs erleben durfte.
Ich dankte Krottmayer für seine Mitarbeiterfördung und seinen Einsatz zur Erarbeitung eines nachhaltigen dualen Ausbildungssystems.
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3.59. Restauration des Pfarrhauses in Wurmloch
Im Rahmen meines Besuchs in Siebenbürgen, Rumänien im August 2015 habe ich
Wurmloch (rumänisch: Valea Viilor) besucht, um mich über den Stand der Restaurierungsarbeiten der Kirchenburg und des Pfarrhauses zu informieren.
Ich hatte Wurmloch zuletzt im September 2014 besucht und einen Scheck über 10.000
Euro zur Restaurierung des Pfarrhauses als Ausbildungs- und Begegnungsstätte übergeben.
Im Gespräch mit Bürgermeister Ilie-Avram Pinte ging es um das gemeinsame Interesse, das Pfarrhaus der Kirchenburg von Wurmloch, das UNESCO-Weltkulturerbe ist,
baldmöglichst als Begegnungsstätte nutzen und für den Tourismus in Wurmloch öffnen zu können.
Gemeinsam mit der evangelischen Pfarrerin, Bettina Kenst, die das Projekt leitet, ging
es um die Entwicklung einer nachhaltigen Projektkonzipierung, um die Arbeiten im
nächsten Jahr abzuschließen.
Das Pfarrhaus in Wurmloch
Quelle: BMI
Seit September 2015 wurde weiter am Innenausbau für 4 Gästezimmer, 2 Bädern, einer Küche, einem großen Projektraum und einem Arbeitszimmer gearbeitet. Auch die
Außenfassade des Pfarrhauses wurde erneuert.
Seitens des Instituts für Auslandsbeziehungen (ifa) hat die Regionalkoordinatorin
Monika Kovats teilgenommen. Das ifa fördert den Kunst- und Kulturaustausch in
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Ausstellungs-, Dialog und Konferenzprogrammen und kann sich gut vorstellen, das
Pfarrhaus Wurmloch als Tagungsort zu nutzen.
Bei meinem Termin wurde ich von Konsulin Urban, die sich ebenfalls stark für die
Restaurierung einsetzt, begleitet. Kurator Michael Weber von Wurmloch, der viel für
den Ausbau leistet und in engem Austausch mit der Heimatsortsgemeinschaft Wurmloch steht, war ebenfalls anwesend.
3.60. Im Gespräch mit dem siebenbürgischen Pfarrer und
Schriftsteller Eginald Schlattner
Eginald Schlattner ist evangelischer Pfarrer und der bekannteste deutschsprachige
Schriftsteller Siebenbürgens. Anlässlich meines Besuchs in Siebenbürgen hat er diesen
zu einem persönlichen Gespräch in seinem Pfarrhaus in Rothberg empfangen.
Aufnahme in der Kirche von Rothberg
Quelle: BMI
Besonders beeindruckt war ich, dass mich Pfarrer Schlattner persönlich in der Kirche,
in der er auch nach seiner Pensionierung tätig ist, zu einer Andacht empfangen hat.
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Im anschließenden Gespräch tauschte ich mich mit Pfarrer Schlattner intensiv über
die Geschichte der Siebenbürger Sachsen, die deutsche Minderheit in Rumänien und
das Interesse der rumänischen Mehrheitsbevölkerung an der deutschen Sprache und
Geschichte aus.
Eginald Schlattner liegen auch nach seiner Pensionierung die Themen Gefängnisseelsorge und Romainklusion sehr am Herzen. Für beide Themen engagiert er sich nach
wie vor und gibt Betroffenen starke seelsorgerische und persönliche Unterstützung.
Seine drei bisher erschienenen Romane behandeln das Leben der Volksgruppen, besonders aber der deutschen Volksgruppe, im Raum Siebenbürgen (teilweise auch Banat, Schwarzmeerküste) zwischen den Jahren 1943 und dem Ende der 1950er Jahre.
3.61. Besuch in Mediasch/Siebenbürgen
Eine persönliche Führung bekam ich bei meinem Besuch in Mediasch von Pfarrer
Servatios-Depner, Evangelische Kirche A.B. in Mediasch.
Bundesbeauftragter Koschyk mit
Pfarrer Servatios-Depner, Müller
(DFDR), Konsulin Urban und Studentin Schiller
Quelle: BMI
Das geistliche Leben mit Gottesdiensten und Andachten sowie Kinder- und Jugendarbeit stellen Prioritäten des Gemeindelebens dar. Während der Führung habe ich auch
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Dorothea Schiller kennengelernt, die Touristengruppen durch die Kirche führt.
Dorothea Schiller hat das Stephan Ludwig Roth Gymnasium in Mediasch besucht und
wird Deutsch und Englisch an der Universität Hermannstadt studieren. Mit großer
Begeisterung führt sie interessierte Kirchenbesucher durch die Kirche und informiert
über die Geschichte, Traditionen und das Leben der Kirchengemeinde.
Ich war sehr beeindruckt von diesem Engagement und vieler weiterer Jugendlicher,
die sich mit viel Engagement in Mediasch einbringen.
Im weiteren Meinungs- und Informationsaustausch mit Werner Müller ging es um
die Forumsarbeit und das Leben der deutschen Minderheit in Mediasch. Insbesondere
steht das traditionelle Sachsentreffen, das dieses Jahr in Mediasch stattfinden wird,
bevor. Müller kündigte mir außerdem das große Sachsentreffen für August 2017 an,
das dann in Hermannstadt stattfinden wird.
Bei meinem Besuch in Mediasch wurde ich von Konsulin Judith Urban begleitet.
3.62. Hermannstadt: Ein Kinderhospiz entsteht
Als Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten habe ich den Spatenstich für den Beginn der Umbaumaßnahme der FriedrichMüller-Schüler zu einem Kinderhospiz im Rahmen meines Besuchs in Hermannstadt
gemacht.
Die Idee, die vor zwei Jahren entstand, habe ich ausdrücklich begrüßt.
Der ursprüngliche Gedanke aus dem Jahr 2001, eine Schule für Alten- und Heilerziehungspflege zu etablieren, konnte nicht mit Leben gefüllt werden, so dass die Schule
ihre Tätigkeit seit geraumer Zeit aufgegeben hat.
Im Sinne eines Drei-Generationen-Pflegekonzeptes aus Altenheim, Erwachsenenhospiz entsteht nun auch ein Kinderhospiz des Trägervereins "Dr. Carl Wolff".
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Die Evangelische Kirche A.B. in Rumänien, der das Gebäude gehört, hat sich gerne
bereit erklärt, dem Carl-Wolff-Verein das Gebäude zu diesem Zweck zur Verfügung zu
stellen.
Koschyk, Bernd und Uwe Fabritius beim
Spatenstich
Quelle: BMI
Das Bundesministerium des Innern fördert jährlich zu großen Teilen das Altenheim
und Erwachsenenhospiz. Mit dem neuen Kinderhospiz werden Synergieeffekte erzielt,
da vorhandene Infrastrukturen mitgenutzt werden können (Wäscherei, Küche etc.).
Die Umwidmung erfolgt in Abstimmung mit dem Bayerischen Staatsministerium für
Arbeit und Soziales, das die Schuleinrichtung damals mitfinanziert hat.
Aktuelle Spenden der "Sternstunden des bayrischen Rundfunks", der Bavariastiftung
durch Bernd und Uwe Fabritius, des Vereins "Helft uns Leben" und der Kirchengemeinde St. Petri aus Hannover ermöglichten den Startschuss für die Baumaßnahme.
Altbischof Dr. Christoph Klein hat den Baubeginn mit seiner Segnung eröffnet.
Ortrun Rhein, Leitern der Einrichtungen, war beim Beginn der Baumaßnahme mit
ganzem Herzen dabei: "Es wird ein Haus entstehen, in dem Kinder und Eltern, die unter dem Druck des unabwendbaren Ereignisses stehen, Geborgenheit und Trost erfahren. Ein Kinderhospiz ist vieles, aber sicher nicht nur ein Ort zu Sterben."
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Gesegnet von Altbischof Klein, wünschte auch ich von Herzen alles Gute, verbunden
mit einem herzlichen Dank für das große soziale und persönliche Engagement aller
Beteiligten, ganz besonders an Ortrun Rhein.
3.63. Haferlandwoche 2015
Im Rahmen meiner Rumänienreise Anfang August 2015 habe ich als Schirmherr an
der 3. Kulturwoche Haferland teilgenommen.
Botschafter Lauk mit Ehefrau,
Initiator Michael Schmidt mit
Ehefrau, Bischof Guib, Konsulin
Urban und Beauftragter Koschyk
Quelle: BMI
Auch der Deutsche Botschafter in Rumänien, Werner Hans Lauk, und die Konsulin
der Bundesrepublik Deutschland in Hermannstadt, Judith Urban, waren Gäste der 3.
Haferlandkulturwoche.
Initiatoren der Kulturwoche Haferland sind der berühmte, aus Siebenbürgen stammende Musiker Peter Maffay, der ebenfalls aus Siebenbürgen stammende Geschäftsmann Michael Schmidt (BMW Rumänien) und Caroline Fernolend des Mihai Eminescu Trusts, die sich gemeinsam im Haferland für dessen kulturelles Erbe, der nachhaltigen Restaurierung von Kulturdenkmälern, aber auch der Weiterentwicklung der vorhandenen Bildungs- und Sozialstruktur einsetzen und dafür soziale Verantwortung
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übernehmen. Im Juli 2012 haben sie die Veranstaltungsreihe "Kulturwoche Haferland"
ins Leben gerufen, die nun zum dritten Mal vom 6. bis 10. August 2015 stattfand.
Die Veranstaltung wird von Partnern, die vorwiegend im Haferland ansässig sind, unterstützt. Es wurden Kulturgut, Bräuche und Handwerk vorgestellt. U.a. gab es ein Orgelkonzert mit wunderbarerer Akustik in der Kirche von Deutschkreuz unter der Regie von Steffen Schlandt in Begleitung der Gruppe Quartetto Brassovia.
Mit einem Festgottesdienst mit Zelebrant und Prediger Bischof Reinhart Guib der
Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien wurde die Kulturwoche Haferland in der restaurierten Kirchenburg von Deutsch-Kreuz/Criț feierlich eröffnet.
Bischof Guib machte deutlich, dass trotz der starken Aussiedlung der Deutschen aus
Rumänien nach dem politischen Umbruch Anfang der 90er Jahre gute Zukunftsaussichten für die Deutsche Minderheit und die evangelische Kirche in Rumänien bestehen.
Das anschließende Festprogramm wurde von Veranstalter Michael Schmidt und
durch die persönlichen Grußworte der hochrangigen Vertreter aus Deutschland und
Rumänien eröffnet.
In meiner Rede versicherte ich, dass die Bundesregierung gemeinsam mit der rumänischen Regierung die Deutsche Minderheit vor Ort auch in Zukunft nachhaltig unterstützen wird.
An der 3. Haferlandkulturwoche nahmen auch der Leiter der Präsidialkanzlei von
Klaus Johannis, Dan Mihalache, sowie Sorin Mihai Cimpaenu, Bildungs- und Forschungsminister Rumäniens, Dr. Bernd Fabritius MdB, Präsident des Bundes der Vertriebenen und Bundesvorsitzender der Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen,
Dr. Paul Porr, Vorsitzender des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien,
und Mircea Palasan, Bürgermeister Bodendorf/ Buneşti (zu dem die Dörfer Deutschkreuz, Radeln u.a. gehören) teil.
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Im Rahmen der Veranstaltung wurde in der Kirchenburg in Deutschkreuz auch die
Ausstellung über das deutschsprachige Schulwesen in Rumänien im Rahmen des „Jahres der Bildung“ eröffnet. Die evangelische Kirche A.B. in Rumänien hat 2015 als Jahr
der Bildung ausgerufen. Gemeinsam mit Bischof Guib und Minister Cimaenu, M.
Schmidt habe ich die Ausstellung eröffnet.
Im Dorf Radeln/Roades, das nur wenige Kilometer von Deutschkreuz entfernt liegt,
unterstützt die Peter Maffay Stiftung mit sozialen Projekte und Einrichtungen traumatisierte Kinder und Jugendliche. Dafür hat Peter Maffay das alte Pfarrhaus neben
der denkmalgeschützte Kirchenburg aus dem 14. Jahrhundert zu einem Ferienhaus
umgebaut. Außerdem betreibt die Stiftung gemeinsam mit der BayWa-Stiftung einen
Bio-Bauernhof, der direkt neben dem Ferienhaus liegt.
Im Rahmen der Haferlandwoche fand in Radeln das Fest mit hausgemachtem Kuchen, selbstgepresstem Saft und traditionellen Gerichten für ein fröhliches Zusammensein statt. Peter Maffay und seine Mitarbeiter der Peter Maffay Stiftung und der
Tabaluga Stiftung empfingen mehrere hundert Gäste in der Einrichtung.
Ich konnte mich von den Zielen der Stiftung mit Blick auf Sozial- und Umweltverträglichkeit sowie Nachhaltigkeit überzeugen. Peter Maffay hatte mich zu einem
Rundgang durch den Ort und die Einrichtungen eingeladen, dem ich gerne gefolgt
bin.
Peter Maffay mit dem deutschen Botschafter
Lauk, Bundesbeauftragtem Koschyk u.a. auf dem
Balkon des Ferienhauses in Radeln.
Quelle: BMI
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Gemeinsam mit Peter Maffay, Caroline Fernolend, Abgeordnetem Mihai-Aurel Donţu
(Angehöriger der PNL, zu der auch Präsident Johannis gehört) und Bürgermeister Palasan habe ich auch das neue Kulturhaus in Radeln eröffnet. Mit dem frisch renovierten Kulturhaus wird den Einwohnern von Radeln ein Ort für Begegnungen und des
Austausches ermöglicht. Im Rahmen der Einweihungsfeierlichkeiten konnte die neu
eingestellte Sozialpädagogin mit den Kindern aus Radeln und Jugendlichen Schäßburg das Publikum mit Tanz- und Singspielen für ein fröhliches Miteinander begeistern.
Am Wochenende der Kulturwoche Haferland konnte Peter Maffay auch eine neue
Werkstatt eröffnen und das erste Haus im Dorf wurde mit einem Wasseranschluss
versorgt. Außerdem wurde der Schule in Kronstadt, die Peter Maffay besucht hat, der
Name "Peter Maffay" verliehen.
In einem ausführlichen Gespräch erläuterte mir Peter Maffay gemeinsam mit dem
Geschäftsführuer Albert Luppart, und Konsulin Judith Urban die in der Zukunft geplanten Projekte in Radeln.
Besonders am Herzen liegt Peter Maffay, und ich kann das nur unterstützen, die Restaurierung der eindrucksvollen Kirchenburg in Radeln, die sich in das Gesamtbild und
den Gedanken einer "Schutzburg", den Peter Maffay mit seinen Projekten für Kinder
und Jugendliche in Radeln verfolgt, harmonisch einfügt. Im Sinne der Erhaltung dieses wertvollen Kulturdenkmals wünschen sich Peter Maffay und auch ich, dass die
Kirchenburg im Rahmen einer nächsten Fördertranche mit EU-Mitteln restauriert
werden kann.
Die Peter Maffay Stiftung unterstützt mit ihren Projekten und Einrichtungen auch die
Verbesserung der Lebenssituation der Bewohner von Radeln, die überwiegend der
Roma-Minderheit angehören. Als Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten bin ich in Deutschland für die hier lebende nationale Minderheit der Sinti und Roma zuständig und setzte mich gerade auch in den
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Mittel- und Südosteuropäischen Staaten für die Verbesserung der dort lebenden Roma ein. Ich vereinbarte mit Peter Maffay eine intensivere Zusammenarbeit, was die
Situation der Romabevölkerung in Radeln angeht.
Ich bin sehr froh, dass ich mir von den Projekten und Einrichtungen der Michael
Schmidt Stiftung, der Peter Maffay Stiftung und Caroline Fernolend vom Mihai
Eminescu Trust ein eigenes Bild machen konnte. Was diese drei Institutionen gemeinsam mit weiteren Institutionen in dieser Region Siebenbürgens leisten, ist eindrucksvoll und zeugt von einem wahren europäischen Geist. Die Bundesregierung wird die
Arbeit dieser Einrichtungen im Rahmen Ihrer Möglichkeiten gerne unterstützen, stellen Sie doch einen wichtiger Beitrag gelebter deutsch-rumänischer Zusammenarbeit
und Freundschaft dar.
3.64. Eröffnung der deutschen Fußballschule in
Kroschnitz/Polen
Am Sonntag, den 16. August 2015 wurde die Miro Deutsche Fußballschule in
Kroschnitz/Polen eröffnet. Zu diesem Anlass übermittelte ich mein persönliches
Grußwort. Das Grußwort wurde von Konsulin Sabine Haake verlesen. Die erste deutsche Fußballschule wurde im Februar 2015 in Chronstau eröffnet.
„Ich bedauere sehr, dass bei der feierlichen Eröffnung der Miro Deutschen Fußballschule Kroschnitz nicht persönlich anwesend sein kann. Ich darf deshalb dem Gemeindevorstand der SKGD, den Gründern der Deutschen Fußballschule und allen
Projektbeteiligten, Organisatoren und Sponsoren meine herzlichen Grüße, Glückwünsche und einen herzlichen Dank für das große Engagement übermitteln.
Im Herbst 2014 hatte ich von der Idee der deutschen Fußballschule erfahren. Ich kann
mich noch gut an den ersten Termin dazu in Berlin erinnern. Von Anfang an war ich
von dem Konzept überzeugt. Dass Sie es aber schaffen, in so kurzer Zeit bereits die
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zweite Deutsche Fußballschule zu eröffnen, hätte ich tatsächlich nicht für möglich
gehalten. Dafür möchte ich Ihnen allen meine Anerkennung aussprechen.
Aufnahmen der Fußballkinder mit Trikot in der
ersten Deutschen Fußballschule Chronstau
Quelle: Miro Deutsche Fußballschule
Die deutsche Sprache ist ein zentrales Element der Identität der deutschen Minderheit. Der Wunsch der deutschen Minderheit, die deutsche Sprache zu beherrschen,
um sich mit der eigenen Kultur und Geschichte befassen zu können, ist nach wie vor
lebendig. Auch oder insbesondere die Enkelgeneration hat diesen Wunsch.
In meiner Funktion als Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und
nationale Minderheiten setzte ich mich deshalb stark dafür ein, dass die deutsche
Sprache schon im Kindesalter erlernt und dadurch viele Möglichkeiten für die Zukunft eröffnet werden. Diese Möglichkeiten - und natürlich der Fußball - sind auch
Anreiz für polnische Kinder, die deutsche Sprache zu erlernen. Ich freue mich sehr,
dass Sie es schaffen, nicht nur Sprache und Sport zu verbinden sondern auch die deutsche Minderheit mit der Mehrheitsbevölkerung zusammenwachsen zu lassen.
Fußball verbindet weltweit so viele Menschen unterschiedlicher Kulturen wie kein
anderer Sport. Die gemeinsame Sprache ist dabei der Baustein gesellschaftlicher Verständigung und des Zusammenhalts.
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Wie beim Fußball ist es auch in der Sprache. Am Anfang ist es oft hart, den Ball zu
kontrollieren oder die ersten Sätze zu sprechen. Hat man aber die ersten Grundzüge
erlernt, scheint es plötzlich ganz einfach und man wird immer besser.
Miroslav Klose hat anlässlich der Fußball-WM 2010 einmal gesagt: "Ich wusste immer
was ich kann. Ich wusste, dass ich auf den Punkt fit bin. Ich wollte es nur mir beweisen."
In diesem Sinne wünsche ich euch, liebe Kinder, viel Freude und Selbstvertrauen für
den Fußball, die Sprache und das gemeinsame Kämpfen in der Mannschaft.
Ich wünsche Ihnen heute fröhliche Stunden, gute Gespräche und bestimmt gibt es
auch Gelegenheit gemeinsam ein paar Bälle zu Kicken!“
3.65. Besuch der Stadt Eger/Cheb
Am 18. August 2015 habe ich gemeinsam mit dem Deutschen Botschafter in der
Tschechischen Republik, Dr. Arndt Freiherr Freytag von Loringhoven, sowie dessen
Kulturreferenten Thomas Motak die nordwesttschechische Stadt Eger/Cheb besucht.
Auch der Präsident der Landesversammlung der Deutschen in Böhmen, Mähren und
Schlesien, Martin Dzingel, sowie der Bundesgeschäftsführer der Sudetendeutschen
Landsmannschaft, Christoph Lippert, waren mit mir und dem deutschen Botschafter
nach Eger/Cheb gekommen.
Erste Besuchsstation war das Rathaus in Eger/Cheb, wo Bürgermeister Petr Navratil
und Vizebürgermeister Pavel Hojda die Gäste willkommen hießen. Auch der erst vor
Kurzem neu gewählte Vorsitzende des Bundes der Deutschen in der Landschaft Egerland, Michael Pospíšil, der auch Mitglied des Stadtrates von Eger/Cheb ist, nahm an
der Begegnung teil.
Themen des in sehr freundschaftlicher Atmosphäre geführten Meinungsaustausches
waren die deutsch-tschechischen Beziehungen im Allgemeinen, die grenzüberschreiSeite 212
tende Zusammenarbeit zwischen Bayern und Tschechien gerade im Egerland, die Frage der Elektrifizierung der Eisenbahnverbindung zwischen Nürnberg und Prag über
Eger/Cheb sowie die Rolle der deutschen Minderheit in der Landschaft Egerland, die
in Eger/Cheb mit Unterstützung der Bundesregierung über das Balthasar-NeumannBegegnungszentrum verfügt.
Zum Abschluss der Begegnung im Rathaus von Eger/Cheb lud Bürgermeister Navratil
mich und Botschafter Dr. Arndt Freiherr Freytag von Loringhoven, ein, sich in das
Goldene Buch der Stadt einzutragen.
Weitere Besuchsstation war das Balthasar-Neumann-Begegnungszentrum in Eger/Cheb, das sich im historischen Stadtarchiv von Eger/Cheb befindet. Das Begegnungszentrum verfügt über großzügige Veranstaltungsräume, eine umfangreiche Bibliothek und einen repräsentativen Ausstellungsraum. An dem Treffen im BalthasarNeumann-Begegnungszentrum nahm auch die neu gewählte Vizevorsitzende des
Bundes der Deutschen in der Landschaft Egerland, Rita Skalová, teil, die auch das Bürgermeisteramt in der Gemeinde Wildstein/Skalná bekleidet. Auch die langjährige Geschäftsführerin des Balthasar-Neumann-Begegnungszentrums, Krista Hrubá, sowie
die Vertreterin des Bundes der Egerländer in Deutschland, Helga Burghart, begleiteten
die Besuchergruppe.
Die Führungsspitze des Regionalverbandes der deutschen Minderheit in der Landschaft Egerland war erst vor Kurzem neu gewählt worden. Mit Stadtrat Michael
Pospíšil und Bürgermeisterin Rita Skalová verfügt der Regionalverband jetzt über
zwei auch in der tschechischen Kommunalpolitik anerkannte Persönlichkeiten der
deutschen Minderheit.
Botschafter Dr. Arndt Freiherr Freytag von Loringhoven und ich sicherten den Repräsentanten der deutschen Minderheit in der Region Egerland unsere volle Unterstützung zu. Der Bundesgeschäftsführer der Sudetendeutschen Landsmannschaft, Chris-
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toph Lippert, dankte Rita Skalová und Michael Pospíšil, dass sie sich für diese Ehrenämter zur Verfügung gestellt haben.
Außerdem würdigte ich die Zusammenarbeit zwischen der deutschen Minderheit im
Egerland und ihren Egerländer Landsleuten in Deutschland und Österreich.
3.66. Treffen mit Vertretern der Deutschen Minderheit in der
Deutschen Botschaft, Prag
Auf Einladung des deutschen Botschafters, Dr. Arndt Freiherr Freytag von Loringhoven, fand am 19. August 2015 in der Deutschen Botschaft Prag, die ihren Sitz im
Palais Lobkowicz hat, ein Treffen mit Vertretern der Deutschen Minderheit in der
Tschechischen Republik statt.
Es waren insgesamt ca. 100 Vertreter der Landesversammlung und des Kulturverbandes anwesend. Auch die vor Ort vertretenden deutschen Mittlerorganisationen waren
anwesend. Seitens des Bundesministeriums des Innern hat die für die deutsche Minderheit in der Tschechischen Republik zuständige Referatsleiterin teilgenommen.
Ich übersendete zu diesem Anlass mein schriftliches Grußwort:
„Es wäre mir eine große Freude gewesen, als Beauftragter der Bundesregierung für
Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten an dem heutigen Treffen - hier im geschichtsträchtigen Palais Lobkowicz - teilzunehmen. Leider ist es mir aufgrund der
Sondersitzung im Deutschen Bundestag nicht möglich, heute hier zu sein. Dem deutschen Botschafter in Prag, Herrn Dr. von Loringhoven danke ich herzlich für die Einladung.
Ich möchte die Gelegenheit auch nutzen und gerade der Landesversammlung der
Deutschen in Böhmen, Mähren und Schlesien für ihren Einsatz zur Bewahrung des
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kulturellen Erbes der deutschen Minderheit in der Tschechischen Republik zu danken.
Die deutsche Minderheit sieht ihre Zukunft in der tschechischen Gesellschaft und
bringt sich über die Landesversammlung aktiv in das wirtschaftliche, gesellschaftliche,
kulturelle und politische Leben der Tschechischen Republik ein. Sie hilft damit, weitere kulturelle und zivilgesellschaftliche Brücken zwischen Deutschland und der Tschechischen Republik zu bauen. Diesem Ziel dient in gleicher Weise auch die Arbeit des
Kulturverbandes der Bürger deutscher Nationalitäten in der Tschechischen Republik.
Ich würde es daher sehr begrüßen, wenn die bereits bestehenden Kooperationen zwischen Landesversammlung und Kulturverband weiter ausgebaut werden würden.
Die Bundesregierung hat die deutsche Minderheit in der Tschechischen Republik in
den vergangenen Jahren wirksam unterstützt und wird ihr auch zukünftig ein verlässlicher Partner sein.
Alleine das Bundesministerium des Innern unterstützte die deutsche Minderheit in
der Tschechischen Republik zwischen den Jahren 1990 und 2014 aus dem Bundeshaushalt mit ca. 14,295 Millionen Euro. In diesem Jahr stellt das Bundesministerium
des Innern für die Förderung der deutschen Minderheit in der Tschechischen Republik rund 460.000 Euro zur Verfügung.
Die Schwerpunkte der Unterstützung liegen dabei in der Bezuschussung von Betriebsund Personalkosten des Dachverbandes und der Begegnungsstätten sowie der mit der
Durchführung von gemeinschaftsfördernden Maßnahmen verbundenen Programmkosten.
Das Ziel unserer Förderung ist vorrangig die Aufrechterhaltung einer unabdingbar
notwendigen dauerhaft vorhandenen Minderheitenverbandsstruktur. Damit wird
auch zur Funktionsfähigkeit der Begegnungsstätten als Orte gemeinschaftsfördernder
Begegnungen der jeweiligen deutschen Minderheit untereinander und mit ihrem
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Umfeld beigetragen. Hierdurch wird die Identität der deutschen Minderheit mit dem
Ziel der gleichzeitigen Öffnung ins Umfeld gestärkt. Ohne eine solche Struktur droht
nicht nur die Wahrnehmung der deutschen Minderheit in der Tschechischen Republik als relevante Größe in der jeweiligen Bevölkerung verloren zu gehen. Vielmehr
würde auch der Hilfengewährung zugunsten der deutschen Minderheit die logistische, kommunikative und operative Grundlage entzogen werden.
Ein weiterer Förderschwerpunkt liegt im Bereich der Wirtschaftshilfen. Bei den Wirtschaftshilfen handelt es sich um Ausstattungshilfen - zum Beispiel für Maschinen und
Geräte - für kleine und mittelständische Betriebe und Unternehmen in Handwerk,
Gewerbe und Landwirtschaft. Die Wirtschaftshilfen werden von einer Wirtschaftsstiftung - der Bohemia Troppau o.p.s. - als rückzahlbare Kredite vergeben. Die Kreditrückzahlungen, sogenannte Rückflussmittel, verbleiben als revolvierender Fonds bei
der Stiftung und werden größtenteils wieder zur Kreditvergabe verwendet. Bei den
Investitionshilfen wird auch das Umfeld der deutschen Minderheit in angemessenem
Umfang mit einbezogen. Arbeitsplätze in den jeweiligen Regionen werden lang- und
mittelfristig gesichert und neue Arbeitsplätze geschaffen. Die Wirtschaftshilfen tragen
daher auch zur Stärkung der Regionen bei.
Daneben wird auch in der Tschechischen Republik der Jugend, insbesondere im Hinblick auf den Fortbestand der deutschen Minderheit, ein besonderer Stellenwert beigemessen. Die Förderung der Jugendarbeit der deutschen Minderheit dient dabei in
erster Linie der Identitätsfindung und -stärkung der Jugendlichen. Die Jugend muss
als künftiger Träger kultureller Identität gestützt werden. Es freut mich daher sehr,
dass in diesem Jahr das Internationale Jugendsommercamp, das vom 12. bis 25. Juli in
Reitendorf stattgefunden hat, auch mit finanzieller Unterstützung des Bundesministeriums des Innern durchgeführt werden konnte. Ich habe die Schirmherrschaft für
diese wunderbare Veranstaltung - an der neben Jugendlichen aus der Tschechischen
Republik auch Jugendliche aus der Slowakei, Polen, Rumänien und der Ukraine teilgenommen haben - gerne übernommen, da sie das unerlässliche Ziel verfolgt, das
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Gemeinschaftsgefühl der Jugendlichen zu stärken und deren Austausch und Kontakt
untereinander zu befördern.
Insgesamt hat die Arbeit auch bei der tschechischen Regierung hohe Anerkennung
gefunden, was unter anderem im Oktober letzten Jahres darin zum Ausdruck kam,
dass sie für die Jahrestagung der Landesversammlung den Festsaal des Palais‘ Czernin,
wo das Außenministerium seinen Sitz hat, zur Verfügung stellte.
Eine deutsche Minderheit, die ihre Identität pflegt, vor allem durch das Praktizieren
der deutschen Sprache, ihrer Tradition und ihres reichen kulturellen Erbes, wirkt als
authentischer Botschafter deutscher Kultur und Lebensweise und befördert ein auf
Verständigung gerichtetes Zusammenleben mit ihrem Umfeld. Deshalb möchte ich
Sie mit der Zuversicht, dass es uns gemeinsam gelingt, noch stabilere Brücken zwischen Deutschland und der Tschechischen Republik zu bauen, ermutigen, Ihren Weg
im Dienste der Völkerverständigung unbeirrt weiter zu gehen.
In diesem Sinne wünsche ich allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern heute einen
regen Gedankenaustausch, lebhafte Diskussionen und bereichernde Begegnungen.“
3.67. 25-jähriges Jubiläum der Gebietsgesellschaft der Deutschen "Wiedergeburt" Pawlodar
Am 22.08.2015 fanden in Kasachstan an verschiedenen Orten, u.a. Stadt Aksu, Stadt
Ekibastus, Stadt Pawlodar, die Feierlichkeiten statt. Leider konnte ich an diesen nicht
teilnehmen und übermittelte mein persönliches schriftliches Grußwort:
„Sehr geehrter Herr Ruf,
sehr geehrte Mitglieder und Freunde der Assoziation der Gebietsgesellschaft der
Deutschen „Wiedergeburt“ in Pawlodar,
sehr geehrte Gäste der Jubiläumsfeierlichkeiten,
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der heutige Tag bietet allen Anlass zur Freude und zur Dankbarkeit. Ich bedaure sehr,
dass es mein Terminplan nicht zuließ, an den Jubiläumsveranstaltungen persönlich
teilzunehmen. Nichtsdestotrotz möchte ich Ihnen zum 25. Jubiläum der Gebietsgesellschaft der Deutschen "Wiedergeburt" in Pawlodar ganz herzlich gratulieren.
Ich möchte diese Gelegenheit nutzen, um die hervorragende und vorbildhafte Arbeit
Ihrer Gebietsgesellschaft zu würdigen. Wie mir berichtet wurde, ist die Gesellschaft
"Wiedergeburt" in Pawlodar mit ihren 21.000 Angehörigen der deutschen Minderheit
eine der aktivsten Gründer der Assoziation der gesellschaftlichen Vereinigungen der
Deutschen Kasachstans (AgVDK).
Es ist mir bekannt, dass viele deutschstämmige Unternehmer gesellschaftlich aktiv
sind und Verantwortung für die Interessen der deutschen Minderheit übernehmen.
Besonders hervorheben möchte ich die beispielhafte enge Zusammenarbeit mit kasachischen staatlichen Strukturen, wie den Akimaten der Stadt und des Gebietes
Pawlodar.
Die Gesellschaft "Wiedergeburt" in Pawlodar zeichnet sich durch eine hohe Aktivität
und eine gute Qualität in der Durchführung der Projekte aus, darunter vor allem auch
der Projekte, die durch das BMI-Programm in den Bereichen ethnokulturelle Arbeit,
Jugend, Spracharbeit, Selbstorganisation, Eliteförderung und soziale Arbeit unterstützt werden. Durch ihr gutes Projektmanagement und insbesondere beispielhafte
Fürsorge vor allem für die Erlebnisgeneration haben auch sie zum Ansehen der
AgVDK in Kasachstan und auch bei internationalen Partnern bedeutend beigetragen.
Die Mitglieder und Aktiven der Gesellschaft "Wiedergeburt" Pawlodar sind unter den
Gründern der AgVDK hoch angesehen und fungieren aufgrund ihrer Autorität auch
als Berater für andere Wiedergeburtsgesellschaften. Insgesamt können Sie mit Stolz
eine absolut positive Bilanz Ihrer gesellschaftlichen Arbeit ziehen.
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In den letzten 25 Jahren hat die deutsche Minderheit in Kasachstan – sowie alle Menschen in diesem Land – eine schwierige Umbruchsituation nach dem Wegfall des
kommunistischen Systems bewältigen müssen. Viele sind ausgereist – nach Deutschland oder zu Verwandten nach Russland. Aber die Entwicklung in Kasachstan, insbesondere im wirtschaftlichen Bereich, gibt Anlass zu Optimismus.
Deshalb gilt mein Appell den in Kasachstan als Angehörige der deutschen Minderheit
leben-den Menschen: Helfen Sie weiterhin mit beim Aufbau eines demokratischen
und sozialen Rechts-staates in Ihrem Land, in dem es sich lohnt, für sich und seine
Kinder eine Lebensperspektive zu entwickeln! Die deutsche Bundesregierung wird
dabei weiter an Ihrer Seite stehen und sie nach Kräften unterstützen.“
3.68. Interview zur Lage der deutschen Minderheit in der Ukraine
Seit meinem Amtsantritt im Januar 2014 bin ich insgesamt schon vier Mal in die Ukraine gereist, um vor Ort mit Vertretern der dortigen deutschen Minderheit die drängenden Fragen, die sich auch aus dem russisch-ukrainischen Konflikt ergeben zu besprechen.
Zur Lage der deutschen Minderheit in der Ukraine gab ich dem "Deutschen Ostdienst"
ein ausführliches Interview, das in der Ausgabe 57. Jahrgang/ Nr. 04/2015 erschienen
ist.
Zum Interviewbeitrag inkl. ukrainischer und russischer Übersetzung gelangen Sie
hier: http://www.aussiedlerbeauftragter.de/SharedDocs/Interviews/AUSB/DE/dodinterview-zur-deutschen-minderheit-in-der-ukraine.html
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3.69. 250-Jahrfeier der deutschen Gemeinde Billed im Banat
Vom 28. bis 30. August 2015 feierte die Gemeinde Billed im Banat/Rumänien ihr 250jähriges Jubiläum. Unter den jetzt 3.500 Einwohnern leben ca. 100 Angehörige der
deutschen Minderheit. Sie sind im Deutschen Forum organisiert, die Hilfsbedürftigen
werden über die Sozialstation des Hilfswerks der Banater Schwaben versorgt. Die Feierlichkeiten wurden gemeinsam mit der rumänischen Gemeindeverwaltung und rumänischen Mehrheitsbevölkerung organisiert.
Ich selbst hatte Billed im September 2014 besucht und die Sozialstation besichtigt.
Anlässlich der 250 Jahrfeier übermittelte ich mein persönliches schriftliches Grußwort:
„Als Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten freue ich mich sehr, dass die heutigen Bewohner gemeinsam mit den Nachkommen der deutschen Siedler der Gemeinde Billed im Banat heute das 250- jährige Jubiläum des Bestehens Ihrer Gemeinde feiern. Hierzu möchte ich Ihnen meine herzlichsten Grüße und Glückwünsche übermitteln.
Im Rahmen meiner Reise ins Banat im September letzten Jahres hatte ich Gelegenheit,
auch die Sozialstation Billed zu besuchen. Der Besuch war für mich sehr interessant
und hat mich nachhaltig beeindruckt, insbesondere auch das Engagement des Hilfswerks der Banater Schwaben e.V., das als Mittlerorganisation des Bundesministeriums
des Innern in Billed für die Sozialstation zuständig ist. Seit nun mehr als 20 Jahren
werden von der dortigen Sozialstation hilfsbedürftige Deutsche in ambulanter Pflege
versorgt. Es war für mich eine besondere Freude zu sehen, wie den dort lebenden
pflegebedürftigen Angehörigen der deutschen Minderheit ein Lebensabend mit viel
Fürsorge und Herzenswärme ermöglicht wird. Eine solche Versorgung ist insbesondere für diejenigen ohne Nachkommen oder andere Verwandte wichtig.
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Die Sozialstation wurde wie die weiteren Einrichtungen der Adam-MüllerGuttenbrunn - Stiftung im Banat aus Bundesmitteln errichtet und ausgestattet. Sie
wird jährlich vom Bund mit ca. 26.000 € bezuschusst.
Besonders danken möchte ich heute der Familie Csonti und ihrem Team, die die Sozialstation Billed betreuen: Ihnen allen danke ich bei dieser Gelegenheit sehr für Ihre
engagierte und herzliche Arbeit, die ohne Ihren ganz persönlichen Einsatz so nicht
möglich wäre.
Immer wieder bin ich bei meinen Besuchen in Rumänien beeindruckt vom Selbstbehauptungswillen der deutschen Volksgruppe und ihrer Zuversicht, die Zukunft in
Rumänien zu meistern. Dass es ein positives Miteinander von Deutschen und Rumänen gibt, zeigt die heutige 250-Jahrfeier in Billed: Es freut mich besonders, dass die
deutsche Minderheit in Billed gemeinsam mit den rumänischen Gemeindevertretern
die Jubiläumsfeierlichkeiten gestaltet.
250 Jahre sind seit der Gründung der deutschen Gemeinde Billed vergangen. Dahinter
steht eine historisch bemerkenswert lange Zeit der dortigen deutschen Volksgruppe,
die das wirtschaftliche, gesellschaftliche, kulturelle und politische Leben in der Region
maßgeblich mitgestaltet hat. Die ersten deutschen Kolonisten kamen in der theresianischen Siedlungsphase bereits am 21. Oktober 1765 nach Billed. Anfangs siedelten
sich hier 252 deutsche Familien an. Der Ort entwickelte sich dann im Laufe der Zeit zu
einem blühenden Schwabendorf. 1889 verzeichnete Billed den historischen Höchststand an Einwohnern: 5410 Einwohner- davon 5254 Deutsche. Im Zuge der Auswanderungswelle nach Amerika Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts verließen über tausend Personen Billed. Anschließend kamen die schrecklichen Ereignisse
des Zweiten Weltkriegs, Deportation, Verschleppung und Aussiedlung. Von den heute
ca. 3500 Einwohnern sind ca. 100 Deutsche.
Neben der sehr wichtigen Brückenfunktion zu Deutschland sieht die deutsche Volksgruppe ihren Platz in der Mitte der rumänischen Gesellschaft. Dies zeigt auch die heuSeite 221
tige Festveranstaltung. Die deutsche Minderheit bringt sich konstruktiv und nachhaltig in das politische, wirtschaftliche, gesellschaftliche und kulturelle Leben ein.
Die deutsche Volksgruppe in Rumänien leistet in einem Europa der Vielfalt, was nicht
nur Harmonie, sondern auch Meinungsverschiedenheiten und Auseinandersetzungen
bedeuten kann, einen positiven Beitrag zum Einigungsprozess in Europa. Die Deutschen in Rumänien sind Botschafter der guten deutsch-rumänischen nachbarschaftlichen Beziehungen und damit auch Vorbild für andere nationale Minderheiten in Europa.
Das vielfältige Festprogramm der 250-Jahrfeier im August drückt auch die Pflege des
Brauchtums der Banater Schwaben aus: Die Eröffnung der Heimatausstellung, der
Festumzug der Trachtengruppen, Kulturabend, um nur einige Programmpunkte zu
nennen, versprechen sehr abwechslungsreiche und interessante Festtage.
Mein besonderer Dank richtet sich an alle, die dieses besondere Jubiläum ermöglicht
und organisiert haben.
Ganz herzlich danken möchte ich auch Herrn Peter Krier, der sich seit vielen Jahren
für die Belange der Banater Schwaben sehr aktiv auf kultureller und sozialer Ebene
einsetzt. Er war und ist ehrenamtlich in zahlreichen gemeinnützigen Organisationen
und Verbänden tätig. Als heutiger Ehrenvorsitzender im Vorstand des Hilfswerks der
Banater Schwaben e.V. ist er dem Banat intensiv verbunden. Als Ehrenvorsitzender
der Heimatortsgemeinschaft Billed in der Landsmannschaft der Banater Schwaben
e.V. übt Peter Krier eine wichtige Brückenfunktion zum heutigen Billed aus.
Für ihn als gebürtigen Billeder ist auch diese 250-Jahrfeier mit Sicherheit eine Herzensangelegenheit. Zugleich ist dieses besondere Fest ein Stück Belohnung und Anerkennung für seine unermüdliche Arbeit im Sinne der Banater Schwaben im Allgemeinen und konkret der deutschen Gemeinde Billed - getreu seinem Motto: "Was du
kannst, das tue".
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Ich wünsche Ihnen allen herzlich schöne Festtage! Gerade im Blick auf die 250 Jahre
des Bestehens der deutschen Gemeinde Billed bin ich zuversichtlich, dass die deutsche
Minderheit in Rumänien noch lange Bestand haben wird.“
3.70. 10. Deutsch-Kirgisische Regierungskommission in Berlin
In Berlin fand die 10. Sitzung der "Deutsch-Kirgisischen Regierungskommission" statt,
die sich mit den Angelegenheiten der deutschen Minderheit in der Kirgisischen Republik befasst. Sie wurde vom Botschafter der Kirgisischen Republik, Erines Otorbaev,
der zuvor Vizeaußenminister des Landes gewesen war, und mir, als Beauftragtem der
Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, geleitet.
Die Gespräche waren für beide Seiten ein Erfolg. Beide Länder betonten ihr Interesse,
den noch rund 8.600 deutschstämmigen Bürgern in der Kirgisischen Republik eine
dauerhafte Lebensperspektive dort bieten zu können. Dazu gehört neben einer angemessenen wirtschaftlichen und sozialen Perspektive auch die Möglichkeit der Bewahrung der deutschen kulturellen Identität. Beide Seiten begrüßten ausdrücklich, dass
viele deutschstämmige Bürgerinnen und Bürger der Kirgisischen Republik den
Wunsch haben, auch in Zukunft in ihrer angestammten Heimat leben zu wollen. Ich
betonte, dass ungeachtet dessen auch die Möglichkeiten der Aussiedlung in die Bundesrepublik Deutschland erhalten bleiben, sofern der Wunsch hierzu besteht. Der
Deutsche Bundestag hat hierfür im Herbst 2013 die rechtlichen Möglichkeiten im
Sinne der Familienzusammenführung verbessert.
In meinem Eingangsstatement ging ich zunächst auf die positive Entwicklung seit der
vorangegangenen Regierungskommission ein, die im August 2014 in der kirgisischen
Hauptstadt Bischkek stattgefunden hatte. Bereits im November konnte der VizePremierminister und Vorsitzende des Rates der Deutschen in der Kirgisischen Republik, Valeri Dill, auf meine Einladung zur Jahrestagung der Arbeitsgemeinschaft Deut-
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scher Minderheiten reisen und bei dieser Gelegenheit Gespräche u.a. mit BundestagsVizepräsident Johannes Singhammer, Bundesentwicklungsminister Dr. Gerd Müller
und Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt führen, auf denen insbesondere Fragen der Energie, der Landwirtschaft und der Ernährung erörtert wurden. Die
vereinbarte Ausstellung "Deutsche in der Geschichte Kirgisistans" wurde im Herbst
2015 vom Kirgisischen Historischen Museum mit finanzieller Förderung u.a. des Bundesministeriums des Innern, der Deutschen Botschaft Bischkek, des Goethe-Instituts
und der Konrad-Adenauer-Stiftung realisiert. Aus Anlass des Besuches von Staatspräsident Almasbek Atambaev in Berlin, wo dieser auch zu Gesprächen mit Bundespräsident Joachim Gauck und Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel zusammentraf, wurde
sie in den Räumen der Deutschen Gesellschaft der Öffentlichkeit vorgestellt; ab November 2015 wird sie im Museum für russlanddeutsche Kulturgeschichte in Detmold
zu sehen sein.
Botschafter Otorbaev hob die Bedeutung der in der Kirgisischen Republik lebenden
Deutschen für die Wirtschaftsbeziehungen zwischen beiden Ländern hervor. Mit der
Unterstützung für die deutsche Volksgruppe im Land gingen auch Maßnahmen für
die Stärkung der Rolle der deutschen Sprache im Bildungssystem einher, die an alle
Bürger gerichtet seien. Der Botschafter betonte, dass diese Politik auch die uneingeschränkte Unterstützung von Präsident Atambaev genieße.
Gruppenaufnahme im Bundeshaus, Berlin
Quelle: BMI
Im Jahr 2014 waren aus Mitteln des Bundesministerium des Innern zur Unterstützung
der Deutschen Volksgruppe in der Kirgisischen Republik Haushaltsmittel in Höhe von
insgesamt 554.920 Euro zur Verfügung gestellt worden. Sie verteilten sich zu gut 60
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Prozent auf soziale Hilfen für Bedürftige, weiter auf Unterstützungen für die Arbeit an
den deutschen Begegnungszentren und – stätten, für die Jugendarbeit, für die Stärkung der Verbandsstrukturen und für die Förderung der künftigen Elite der Volksgruppe. Zwölf aktive Mitglieder der Jugendorganisation erhielten Stipendien für ein
Studium an einer kirgisischen Hochschule. Aus Haushaltsmitteln des Auswärtigen
Amtes wurden kulturelle Maßnahmen, wie die Präsentation der oben genannten Ausstellung „Deutsche in der Geschichte Kirgisistans“ in den Regionen des Landes, gefördert. Für 2015 ist eine Bundesförderung in ähnlicher Höhe vorgesehen.
Es ist ein bewährter Grundsatz der Hilfenpolitik der Bundesregierung für die deutschen Minderheiten in Mittel-, Ost- und Südosteuropa und in den Nachfolgestaaten
der früheren Sowjetunion, dass die jeweiligen Selbstorganisationen sowie deren Jugendorganisationen fest eingebunden sind. An der diesjährigen Regierungskonferenz
nahmen daher auch die stellvertretende Vorsitzende des Volksrates der Deutschen in
der Kirgisischen Republik, Margarita Kopteva, sowie der Jugendvertreter des Volksrates, Nikolay Schmidt, teil. Frau Kopteva berichtete von der umfangreichen Arbeit der
im Volksrat zusammengeschlossenen Organisationen auf dem Gebiet der Sozialarbeit
und der Kulturpflege, hierbei vor allem über die Förderung der deutschen Sprache.
Von dieser Arbeit profitiert zum Teil immer auch die nichtdeutsche Bevölkerung.
Frau Kopteva bezeichnete die deutsche Volksgruppe als „Brücke der Freundschaft“
zwischen Deutschland und der Kirgisischen Republik, deren Fundamente bereits Anfang der 90er Jahre gelegt worden seien. Auch die Veranstaltungen der Jugendvertretung des Volksrates stehen allen jungen Bürgern der Kirgisischen Republik offen. Neben Kulturveranstaltungen liegt hierbei der Schwerpunkt auf Fördermaßnahmen zur
Verbesserung der Deutschkenntnisse. Im Volksrat sollen in der nächsten Zeit Jugendliche, die sich in der praktischen Arbeit bewährt haben, zur Übernahme verantwortungsvoller Aufgaben im Mutterverband motiviert werden.
Zu den Regionen, in denen die deutsche Volksgruppe traditionell stark vertreten ist,
gehört auch die Stadt Tokmok und ihre Umgebung. Dort hat das von einem aus Kirgi-
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sien stammenden Deutschen geführte baden-württembergische Unternehmen
Steinert Industries in den letzten Jahren große Investitionen vorgenommen und viele
Arbeitsplätze geschaffen. Der stellvertretende Bürgermeister von Tokmok, Zhyrgalbek
Shamyraliev, konnte von einer sehr aktiven deutschen Volksgruppe in seiner Stadt
berichten, wo es auch ein Gymnasium mit vertieftem Deutschunterricht gibt.
Auf meine Einladung nahm an einer Sitzung der deutsch-kirgisischen Regierungskommission erstmals auch der Bundesvorsitzende der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland, Waldemar Eisenbraun, teil. Für mich als Bundesbeauftragten sind
die in ihren angestammten Heimatgebieten verblieben Deutsche ebenso wie die aus
diesen Gebieten stammende, heute in der Bundesrepublik Deutschland lebenden
Deutschen geborene Brückenbauer in den jeweiligen bilateralen Beziehungen.
Botschafter Otorbaev und ich sowie die Vertreter des Volksrates und der Bundesvorsitzende der Landsmannschaft der Russland vereinbarten, dass die bisherige erfolgreiche Zusammenarbeit um Kooperationen auf den Gebieten Wirtschaft, Technologie
und Bildung ergänzt werden soll. Bereits im Rahmen der nächsten Sitzung der Regierungskommission, die 2016 in Bischkek stattfinden wird, sollen hierzu Programmpunkte ausgearbeitet werden.
Intensiv wurde auf der Regierungskommission die Zukunft des Deutsch-Kirgisischen
Hauses in Bischkek erörtert. Das Deutsch-Kirgisische Haus in Bischkek ist seit 1998 zu
einem Zentrum des kulturellen und politischen Lebens der deutschen Minderheit in
der Kirgisischen Republik sowie zu einem Symbol der deutsch-kirgisischen Freundschaft und Zusammenarbeit geworden. Vor kurzem ist ein Vertrag zur unbefristeten
und unentgeltlichen Nutzung mit dem Volksrat der Deutschen abgeschlossen worden, der eine dauerhafte Nutzung des Gebäudes ermöglicht. Die Regierungskommission hat klargestellt, dass dies die Nutzung durch die Stiftung der deutschen Volksgruppe in der Kirgisischen Republik "Deutscher Humanitärer Hilfsfonds" für medizinische und soziale Zwecke mit einschließt. Ziel ist, dass das Gebäude auch für soziale
und medizinische Dienstleistungen genutzt werden kann, die neben der deutschen
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Minderheit auch bedürftigen nicht deutschstämmigen kirgisischen Staatsbürgern zugutekommen. Margarita Kopteva als Vertreterin des Volksrates betonte, dass durch
die jetzt hergestellte Rechtssicherheit lange Zeit aufgeschobene Investitionen vorgenommen werden können.
An der Regierungskommission nahmen von deutscher Seite neben Mitarbeitern des
BMI weiter noch Carsten Wilms und Annika Engels (Auswärtiges Amt), Klaus Faßbender (Bundesverwaltungsamt) sowie Nina Liebig und Dr. Annegret Westphal (Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit) teil. Das Bundesministerium des Innern
war durch Dr. Thomas Herzog, Dr. Alexander Schumacher, Gabriele Roth und Marianne Teupen vertreten.
Zusammenfassend kann ich betonen, dass die sozialen und medizinischen Dienstleistungen in den Sozialstationen in der Kirgisischen Republik das Herzstück der sozialen
Arbeit für die deutschstämmigen, aber auch anderen kirgisischen Bürger darstellen.
Diese Arbeit muss fortgeführt und intensiviert werden. Ein weiterer Schwerpunkt der
deutschen Hilfen wird in der Unterstützung der deutschstämmigen Bürgerinnen und
Bürger der Kirgisischen Republik beim weiteren Aufbau ihrer Verbandsstrukturen
liegen. Wir wünschen uns, dass die deutschstämmige Bürger der Kirgisischen Republik gemeinsam mit den von dort in der Bundesrepublik Deutschland ausgesiedelten
Deutschen als Brücke zwischen unseren Ländern dienen.
Botschafter Otorbaev betonte: "Die Deutschen Kirgisistans leisteten und leisten einen
großen Beitrag zur Entwicklung des Landes. Wir stellen gerne eine erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen den Regierungen der Kirgisischen Republik und der Bundesrepublik Deutschland fest, wobei die Bürger Kirgisistans deutscher Nationalität, die
eine lebendige Brücke für die Entwicklung der Beziehungen zwischen beiden Ländern
im sozial-ökonomischen Bereich und für die Vertiefung der Kontakte auf dem Gebiet
der Kultur, der Bildung und der Jugend- und Studentenaustausche sind, Unterstützung leisten. Wir nutzen die Gelegenheit und sprechen der deutschen Bundesregierung unseren Dank für die stetige Unterstützung und die Hilfe für die Deutschen in
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Kirgisistan aus und hoffen, dass unsere erfolgreiche Zusammenarbeit fortgesetzt
wird."
3.71. Antrittsbesuch bei der AGDM-Koordinierungsstelle in
Berlin
Genau einen Monat nach der Einrichtung der AGDM Koordinierungsstelle in Berlin
habe ich diese besucht und wurde von Geschäftsführerin Éva Adél Pénzes und Praktikantin Timea Szöke herzlich begrüßt.
Bundesbeauftragter Koschyk mit Timea Szöke und Geschäftsführerin Éva Adél Pénzes
Quelle: BMI
Frau Szöke ist Studentin der Politologie an der renommierten deutschsprachigen
Andrássy-Universität in Budapest und absolviert im Rahmen dieses Studiums ihr
Praktikum als Stipendiatin des ungarischen Ministeriums für Humanressourcen, das
auch für Fragen der deutschen Minderheit in Ungarn zuständig ist. Seit meinem
Amtsantritt im Januar 2014 bin ich schon mehrfach mit dem Minister für Humanressourcen, Zoltán Balog, zusammengetroffen, erst am 21. August war der Minister auch
auf meine Einladung Gast bei den 12. Bayreuther Kulturgesprächen.
In der AGDM-Geschäftsstelle besprach ich mit den Vertreterinnen der AGDM vor allem den Planungsstand für die AGDM-Jahrestagung, die vom 10. bis 12. November in
Berlin stattfinden wird.
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3.72. Denkmal für die 1945 hingerichteten sudetendeutschen
Bürger in Spindlermühle/Špindlerův Mlý
Am 7. September wurde das Denkmal zur Erinnerung an die 1945 hingerichteten sudetendeutschen Bürger in Spindlermühle / Špindlerův Mlý eingeweiht. Zu diesem
Anlass übermittelte ich mein persönliches schriftliches Grußwort:
Als Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten übermittle ich allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern am ökumenischen Versöhnungsgottesdienstes in der Kirche des Hl. Petrus in Spindlermühle/Špindlerův
Mlýn sowie an der Enthüllung des Denkmals am Veraweg zur Erinnerung an die im
Mai / Juni 1945 hingerichteten sudetendeutschen Bürger in Spindlermühle/Špindlerův Mlýn meine herzlichen Grüße.
Mein besonderer Dank gilt Allen, die sich für die Errichtung dieses Denkmals und den
heutigen Versöhnungsgottesdienst eingesetzt haben, insbesondere Frau Hana Jüptnerova.
Nicht nur Zukunft braucht Erinnerung, auch Versöhnung braucht Erinnerung. Ein
jüdisches Sprichwort fasst dies sehr gut mit den Worten zusammen: "Das Geheimnis
der Versöhnung ist die Erinnerung!"
Die gemeinsame und zeitweise sehr leidvolle Geschichte, die Tschechen und Deutsche
verbindet, hat bis heute schmerzende Wunden hinterlassen.
Das unsägliche Leid, das Tschechen und Deutsche wechselseitig erleiden mussten, hat
diese aber nicht daran gehindert, Verständigung und Versöhnung immer wieder aufs
Neue zu suchen. Die Sudetendeutschen haben inzwischen eine Vielzahl von Kontakten zu den Menschen aufgebaut, die heute in ihrer angestammten Heimat leben.
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In den letzten Jahren haben Tschechen und Deutsche immer stärker vorgelebt, dass
Verständigung und Versöhnung möglich sind.
Die heutige Enthüllung des Denkmals für die im Mai / Juni 1945 hingerichteten sudetendeutschen Bürger in Spindlermühle / Špindlerův Mlýn steht nicht nur im Geiste
der Charta der Heimatvertriebenen vom 5. August 1950, in der feierlich auf Rache und
Vergeltung verzichtet wurde, sondern ist auch Ausdruck einer gelebten Versöhnung
zwischen den aus ihrer Heimat vertriebenen Sudetendeutschen und dem tschechischen Volk. Dies verdient größten Dank und höchste Anerkennung!
3.73. Deutsch-Usbekische Regierungskommission erfolgreich
abgeschlossen
In Berlin fand am 4. September 2015 die 8. Sitzung der "Deutsch-Usbekischen Regierungskommission" statt, die sich mit den Angelegenheiten der deutschen Volksgruppe in der Republik Usbekistan befasst. Sie wurde vom Stellvertretenden Innenminister
der Republik Usbekistan, Bachodir Kurbanov, und mir, als Beauftragten der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, geleitet.
Bei den Gesprächen wurde das Interesse beider Länder betont, den noch rund 10.000
deutschstämmigen Bürgern Usbekistans eine dauerhafte Lebensperspektive in Usbekistan zu bieten. Gegenstand der gemeinsamen Erörterungen waren insbesondere
Fragen der Kultur-, Bildungs- und Jugendpolitik sowie die Fortsetzung der sozialen
Programme für die deutsche Minderheit in Usbekistan. Beide Seiten begrüßten ausdrücklich, dass die meisten deutschstämmigen Bürgerinnen und Bürger der Republik
Usbekistans den Wunsch haben, auch in Zukunft in Usbekistan leben zu wollen. Während 1992 noch knapp 4.000 Spätaussiedler nach Deutschland kamen, so waren es im
Jahr 2014 nur noch 47 Personen.
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Vize-Innenminister Kurbanov und Bundesbeauftragter
Koschyk unterzeichnen das Kommuniqué
Quelle: BMI
In den vergangenen 23 Jahren sind insgesamt etwa 27.000 Deutsche aus Usbekistan
nach Deutschland übergesiedelt. Gemeinsam mit den in Usbekistan verbliebenen
Deutschen sind sie wichtige Brückenbauer zwischen beiden Ländern. Deshalb wurde
zur diesjährigen Regierungskommissionssitzung neben der stellvertretenden Vorsitzenden des republikanischen Kulturzentrums der Deutschen in Usbekistan, Elena
Mironova, und dessen Jugendvertreter Dimitriy Vitkin zum ersten Mal auch der Bundesvorsitzende der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland, Waldemar Eisenbraun, als Gast eingeladen. Ihre Aufgabe als wichtige Bindeglieder wurde auch im gemeinsamen Kommuniqué festgeschrieben, ebenso wie die Förderung der Vernetzung
der deutschen Volksgruppe in der Republik Usbekistan mit anderen deutschen Gemeinschaften in Mittel-, Ost- und Südosteuropa und insbesondere auch in den Nachfolgestaaten der früheren Sowjetunion.
Vor 25 Jahren wurde das Kulturzentrum der Deutschen Usbekistans "Wiedergeburt"
gegründet. Dieses Ereignis wird mit zahlreichen Feierlichkeiten in Usbekistan gewürdigt. So wurde vom 22. - 24. Mai 2015 in Fergana ein Deutsches Tanzfestival ausgerichtet; weitere Feierlichkeiten sind für den Herbst geplant. Ich dankte dem KoVorsitzenden Vize-Innenminister Bachodir Kurbanov ausdrücklich für die geleistete
umfangreiche Unterstützung für die genannte Feier in Fergana.
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Der usbekische Co-Vorsitzende Vize-Innenminister Bachodir Kurbanov dankte der
deutschen Seite für die in der Vergangenheit gewährten Hilfen und betonte die Bereitschaft der usbekischen Regierung, auch in Zukunft ihren eigenen Beitrag zur Unterstützung der deutschen Minderheit in Usbekistan zu leisten.
Im Jahr 2014 waren aus Mitteln des Bundesministeriums des Innern zur Unterstützung der Deutschen Volksgruppe in der Republik Usbekistan in Höhe von insgesamt
242.000 Euro zur Verfügung gestellt worden. Einen bedeutenden Aufwuchs konnte
die Förderung der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen verzeichnen, für die mit
nunmehr 28.100 Euro gut 40 Prozent mehr Haushaltsmittel zur Verfügung standen als
noch 2013. Aus Mitteln des Auswärtigen Amtes erhielt die deutsche Volksgruppe in
der Republik Usbekistan 17.000 Euro insbesondere für die Sprachfördermaßnahmen.
Für 2015 ist seitens der Bundesregierung eine Förderung in ähnlicher Höhe vorgesehen.
Vize-Innenminister Bachodir Kurbanov wurde – neben den bereits erwähnten Vertretern der deutschen Volksgruppe in der Republik Usbekistan Elena Mironova und Dimitriy Vitkin – auf der Sitzung der Regierungskommission vom Botschafter der Republik Usbekistan in der Bundesrepublik Deutschland, Dr. Durbek Amanov, sowie
Noyob Achmedjanov (Außenministerium), Timur Atadjanov (Innenministerium),
Nasriddin Muchammadiev (Direktor des Internationalen Kulturzentrums der Republik Usbekistan), Chamid Karimov (Vorsitzender Roter Halbmond in Usbekistan) und
dem Botschaftsmitarbeiter Anvar Khidirov begleitet.
An der Regierungskommission nahmen von deutscher Seite neben Mitarbeitern des
BMI weiter noch Carsten Wilms und Annika Engels (Auswärtiges Amt), Klaus Faßbender (Bundesverwaltungsamt) sowie Nina Liebig und Dr. Annegret Westphal (Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit teil. Das Bundesministerium des Innern
war durch Dr. Thomas Herzog, Dr. Alexander Schumacher, Gabriele Roth und Marianne Teupen vertreten.
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Das Kommuniqué in deutscher und russischer Sprache finden Sie als Download unter:
http://www.aussiedlerbeauftragter.de/SharedDocs/Kurzmeldungen/AUSB/DE/deuts
ch-usbekische-regierungskommissionssitzung.html
3.74. 20-Jahre ifa-Entsendeprogramm
Das ifa-Entsendeprogramm feierte am 10. September 2015 sein zwanzigjähriges Bestehen. Aus diesem Anlass lud das ifa Vertreter der deutschen Minderheiten, aktuelle
und ehemalige Teilnehmer/-innen des Entsendeprogramms und Gäste aus Politik
und Zivilgesellschaft zur feierlichen Jubiläumsveranstaltung nach Berlin ein.
Insbesondere wurde über die Bedeutung der Zivilgesellschaften gesprochen, die mit
Unterstützung der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik in den Transformationsländern Ost- und Südosteuropas einen großen Beitrag zum friedlichen Zusammenleben in Europa leisten können. Die Deutschen Minderheiten eignen sich aufgrund ihrer besonderen Kompetenz als Brückenbauer, ihrer Erfahrungen in beiden Kulturen,
also sowohl der eigenen, Deutschen, als auch jener der heimatlichen Mehrheitsgesellschaft, ideal als Partner. Dieses Potenzial hat das ifa erkannt und handelt erfolgreich
im Sinne der Völkerverständigung.
20. Jahre ifa-Entsendeprogramm
Quelle: Hans Scherhaufer
Gemeinsam mit dem Beauftragten für Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik im
Auswärtigen Amt, Prof. Dr. Alexander Thomas, Experte für interkulturelle Zusammenarbeit, der ehemaligen ifa-Entsandten Dr. Ulrike Butmaloui diskutierte ich über
das Potential des Entsendeprogramms und die Förderung deutscher Minderheiten in
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Mittel-, Ost- und Südosteuropa und den Staaten der GUS. Wir thematisierten die
Chancen und den Bedarf für das Know-How aus der Förderung der deutschen Minderheiten nach Deutschland ebenso wie die Zusammenarbeit mit den Alumni des
Programms.
Die aktuellen Entsandten stellten ihre Projekte vor und die Jubiläumsgäste nutzten
die Gelegenheit sich auszutauschen und zu vernetzen.
3.75. Deutschsprachiger Kindergarten „Kinderwelt“ in Temeswar feiert sein 15-jähriges Jubiläum
Das Jubiläumsfest am 19. September 2015 und alle angebotenen Aktivitäten standen
unter dem Motto "KINDER IN BEWEGUNG". Eingeladen waren alle Eltern und Kinder, aber auch ehemalige Kita-Familien, alle Partnerinstitutionen, die Deutsche Botschaft und das Deutsche Konsulat Temeswar, das Deutsche Kulturzentrum, der Deutsche Wirtschaftsklub, das Deutsche Staatstheater Temeswar, Vertreter der lokalen Behörden und der lokalen Medien. Ich übermittelte zu diesem Anlass mein persönliches
schriftliches Grußwort:
„Zu Ihrem 15-jährigen Jubiläum möchte ich Ihnen auf diesem Weg herzlichst gratulieren und Ihnen die besten Glück- und Segenswünsche im Namen der Bundesregierung übermitteln.
Ich habe mich sehr gefreut, dass ich Frau Zipple Rahmen meines kürzlich erfolgten
Besuchs im Banat und Siebenbürgen Anfang August dieses Jahres kennenlernen und
vom großen Erfolg und guten Funktionieren des deutschsprachigen Kindergartens
"Kinderwelt" erfahren durfte. Die deutsche Sprache ist ein zentrales Element der Identität der deutschen Minderheit. Der Wunsch der deutschen Minderheit, die deutsche
Sprache zu beherrschen, um sich mit der eigenen Kultur und Geschichte befassen zu
können, ist nach wie vor lebendig. Auch oder insbesondere die Enkelgeneration hat
diesen Wunsch.
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Gruppenfoto der Kinderwelt, Temeswar
Quelle: Kinderwelt Temeswar
In meiner Funktion als Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und
nationale Minderheiten setzte ich mich deshalb stark dafür ein, dass die deutsche
Sprache schon im Kindesalter erlernt und dadurch viele Möglichkeiten für die Zukunft eröffnet werden. Diese Möglichkeiten sind auch Anreiz für rumänische Kinder,
die deutsche Sprache zu erlernen. Die deutsche Minderheit und rumänische Mehrheitsbevölkerung ergänzen sich sehr gut, sie arbeiten und leben wunderbar zusammen.
Sprache verbindet nicht nur Menschen unterschiedlicher Herkunft und Kultur weltweit, sondern die gemeinsame Sprache ist der Baustein gesellschaftlicher Verständigung und des Zusammenhalts.
Ihren Ansatz, die Kreativität, Kooperations- und Kommunikationsfähigkeiten in verschiedenen Sprachen zu fördern, kann ich nur unterstützen und sie weiter dazu ermutigen, genau da weiterzumachen. Ihre guten Erfahrungen und positiven Rückmeldungen der Lehrer, bestätigt durch die guten Erfolge in der Lenauschule, in die die
meisten ihrer Kinder wechseln, zeigen das.
Getreu Ihrem Motto "Kinder in Bewegung" zu ihrem 15-jährigen Jubiläum darf ich Sie
dazu ermutigen, nicht Stehenzubleiben, sondern Bewährtes beizubehalten, einen
wachsamen Blick nach vorne zu haben und auch Neuem, Modernen oder Anderem
offen zu begegnen. In diesem Sinne wünsche Ihnen heute fröhliche Stunden!
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Euch, liebe Kinder, viel Spaß beim gemeinsamen Spiel sowie Selbstvertrauen und
Freude beim Erlernen der deutschen Sprache.
In herzlicher Verbundenheit wünsche ich Ihnen eine schöne Jubiläumsveranstaltung
mit guten Gesprächen!“
3.76. II. Festival der deutschen Kultur im Hultschiner Ländchen vom 15. bis 19. September 2015
Bereits zum zweiten Mal veranstaltet das Begegnungszentrum Hultschin das Festival
der deutschen Kultur im Hultschiner Ländchen. Es wird durch das Bundesministerium des Innern gefördert.
Das nur 286 km² umfassende Hultschiner Ländchen war das einzige Gebiet, das 1920
vom Deutschen Reich an die neu entstandene Tschechoslowakei abgetreten wurde.
Zuvor hatte es zu preußischen Provinz Oberschlesien gehört.
Leider war es mir nicht möglich, persönlich teilzunehmen. Ich übermittelte deshalb
mein persönliches schriftliches Grußwort:
„Als Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten freue ich mich sehr, dass Sie in diesem Jahr erneut zusammengekommen sind, um
generationsübergreifend die kulturellen Werte der deutschen Volksgruppe in der
Tschechischen Republik zu feiern. Denn einer der größten Stärken Europas ist seine
kulturelle Vielfalt. Diese Vielfalt will das geeinte Europa nicht gefährden, sondern
schützen. Mit Ihrer besonderen Identität haben Sie, sehr geehrte Angehörige der deutschen Volksgruppe, unübersehbare, Europa bereichernde Spuren hinterlassen und
damit zum Erhalt des europäischen Schatzes sehr beigetragen. Umso mehr erfreut es
mich, dass Ihr diesjähriges Festival auch mit finanzieller Unterstützung des Bundesministeriums des Innern durchgeführt werden konnte.
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Bei meinen Besuchen in der Tschechischen Republik habe ich immer wieder die positive Lebenskraft und den Selbstbehauptungswillen der deutschen Volksgruppe gespürt, die Ihr Wirken zum Nutzen und Wohle der gesamten Bevölkerung entfaltet.
Die deutsche Volksgruppe in der Tschechischen Republik hat nicht nur eine wichtige
Brückenfunktion zu Deutschland, sondern bringt sich insbesondere durch die Landesversammlung der Deutschen in Böhmen, Mähren und Schlesien und den Kulturverband der Bürger deutscher Nationalität in der Tschechischen Republik in das wirtschaftliche, gesellschaftliche, kulturelle und politische Leben in der Tschechischen
Republik ein. Damit leisten die Angehörigen der deutschen Minderheit in der Tschechischen Republik als Botschafter der guten deutsch-tschechischen nachbarschaftlichen Beziehungen in einem Europa der Vielfalt einen aktiven, ganz konkreten Beitrag
zum europäischen Einigungsprozess.
Diesen weiter fortzuführen, ist und bleibt ein wichtiges Anliegen der Bundesregierung. Daher bekennen sich die die Bundesregierung tragenden Parteien auch im aktuellen Koalitionsvertrag vom November 2013 weiter zu ihrer besonderen Verantwortung für die deutschen Minderheiten, nicht nur in der Tschechischen Republik, sondern in ganz Mittelost- und Südosteuropa sowie den Nachfolgestaaten der Sowjetunion.
Die Bundesregierung hat die deutsche Minderheit in der Tschechischen Republik in
den vergangenen Jahren wirksam unterstützt und wird ihr auch zukünftig ein verlässlicher Partner sein.
Zwischen 1990 und 2014 unterstützte alleine das Bundesministerium des Innern die
deutsche Minderheit in der Tschechischen Republik mit Mitteln in Höhe von ca.
14,295 Millionen Euro. In diesem Jahr stellt das Bundesministerium des Innern für die
Förderung der deutschen Minderheit in der Tschechischen Republik rund 460.000
Euro zur Verfügung.
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Die Schwerpunkte der Unterstützung liegen dabei zum einen in der Bezuschussung
von Betriebs- und Personalkosten des Dachverbandes und der Begegnungsstätten wie beispielsweise der in Hultschin - sowie der mit der Durchführung von gemeinschaftsfördernden Maßnahmen verbundenen Programmkosten. Zum anderen konzentrieren sich die Hilfen auf den Bereich der Wirtschaftshilfen, d.h. Ausstattungen
(Maschinen und Geräte) in Handwerk, Gewerbe, Dienstleistungen und Landwirtschaft
sowie die verbandspolitische Aus- und Fortbildung im Jugendbereich. Zudem kommt
der humanitären Hilfe als individuelle Unterstützung besonders Bedürftiger - vor allem der älteren Generation - besondere Bedeutung zu.
Die Bundesregierung will auf dieser guten Basis aufbauend ihre Hilfen- und Förderpolitik weiterentwickeln. Ich habe es daher sehr begrüßt, dass der Deutsche Botschafter in Prag, Dr. Arndt Freiherr Freytag von Loringhoven, erst vor vier Wochen die Vertreter der deutschen Minderheiten und die Mittlerorganisationen in der Tschechischen Republik zu einem Forum nach Prag eingeladen hat. Leider konnte ich wegen
einer Sondersitzungs des Bundestages nicht selbst teilnehmen, mir wurde aber berichtet, dass die Veranstaltung auf eine sehr gute Resonanz gestoßen ist.
Ich möchte Sie nachdrücklich ermutigen, den eingeschlagenen Weg im Dienste der
Völkerverständigung weiter zu gehen.
In diesem Sinne wünsche ich Ihrem diesjährigen Festival einen fröhlichen und erfolgreichen Verlauf mit vielen interessanten Gesprächen über das kulturelle Leben der
deutschen Minderheit in der Tschechischen Republik!“
3.77. Diskussion mit deutsch-ukrainischer Jugendgruppe im
Bundesministerium des Innern
Im Bundesministerium des Innern besuchte mich Ende September 2015 eine deutschukrainische Jugendgruppe zu einer vom Dresdner Bundestagsabgeordneten Arnold
Vaatz vermittelten Diskussionsrunde.
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Bundesbeauftragter Koschyk im Kreis der ukrainischen
und deutschen Jugendlichen
Quelle: BMI
Die Gruppe war im August zusammen im westukrainischen Lemberg/Lwiw gewesen
und hielt sich im September in Dresden auf. Organisiert wird die Jugendbegegnung
vom Politischen Jugendring Dresden e.V.
Diskutiert wurde besonders intensiv die Lage der nationalen Minderheiten in der Ukraine, darunter auch die Situation für die etwa 33.000 in der Ukraine lebenden Deutschen. Die Jugendlichen interessierten sich aber auch für die aktuelle politische Situation in der Ukraine und die deutsch-ukrainischen Beziehungen. Außerdem stellten
Sie Fragen zur aktuellen Herausforderung der nach Deutschland kommenden Flüchtlinge sowie zu den jüngst gefassten politischen Beschlüssen hierzu.
Unter den ukrainischen Teilnehmern waren auch junge Angehörige der deutschen
Minderheit in der Ukraine, darunter auch die Vorsitzende der Lemberger Organisation Diana Liebert.
3.78. V. Kulturfestival der Deutschen Minderheit in Polen ein
voller Erfolg
Am 26. September 2015 nahm ich am 5. Kulturfestival der deutschen Minderheit in
Polen teil, das in der Jahrhunderthalle in Breslau stattfand und mit einer feierlichen
Messe, die von Erzbischof Marian Gołębiewski (Erzdiözese Breslau) und Bischof
Andrzej Czaja (Diözese Oppeln) zelebrierte, in der St. Maria auf dem Sande Kirche beSeite 239
gann das V. Kulturfestival der Deutschen Minderheit in Polen im historischen Breslau
(polnisch: Wrocław).
Die theologischen und politischen Akzente, die vom Bischof der Diözese Oppeln
Andrzej Czaja in dessen Predigt in der Kirche Maria am Sande sowie vom Vorsitzenden des Verbandes der deutschen sozial-kulturellen Gesellschaften in Polen (VdG),
Bernard Gaida, bei der Eröffnung des V. Kulturfestivals am 26. September 2015 gesetzt
worden sind, kann ich nur würdigen.
Einzug der Kinder der Deutschen Fußballschule,
Chronstau, in die Jahrhunderthalle
Quelle: BMI
Ich bin dem Oppelner Bischof Andrzej Czaja und dem VdG-Vorsitzenden Bernard
Gaida sehr dankbar, dass sie in ihren Ansprachen auch zu dem in Polen sehr kontrovers diskutierten Thema der Flüchtlingsaufnahme klar Stellung genommen haben.
Damit wurde deutlich, dass die deutsche Minderheit in Polen weit über den "eigenen
Tellerrand" hinausblickt und sich ihrer Mitverantwortung für europäische Solidarität
bei der Bewältigung des Flüchtlingsansturms sehr bewusst gezeigt hat. Ich bin dem
Oppelner Diözesanbischof Czaja und dem Vorsitzenden des Verbandes der deutschen
sozial-kulturellen Gesellschaften in Polen, Bernard Gaida, sehr dankbar, dass sie zu
dem Flüchtlingsthema mutig und engagiert Stellung bezogen haben. Dieses Bekenntnis zur christlichen Nächstenliebe und europäischen Solidarität verdient Dank und
Anerkennung!"
Seite 240

Die Predigt von Andrzej Czaja finden Sie hier:
http://www.aussiedlerbeauftragter.de/SharedDocs/Downloads/AUSB/DE/Pol
en/predigt-von-bischof-czaja.html?nn=3791990

Die Eröffnungsrede des Vorsitzenden des Verbandes der deutschen SozialKulturellen Gesellschaften in Polen, Bernard Gaida, finden Sie hier:
http://www.aussiedlerbeauftragter.de/SharedDocs/Downloads/AUSB/DE/Pol
en/gu%C3%9Fwort-gaida-V-minderheitenfestival.html?nn=3791990

Mein Grußwort als Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und
nationale Minderheiten finden Sie hier:
http://www.aussiedlerbeauftragter.de/SharedDocs/Reden/AUSB/DE/redekulturfestival.html?nn=3791990
Im Anschluss wurde das mit über 7.000 Besuchern, sehr erfolgreiche Kulturfestival in
der historischen Jahrhunderthalle in Breslau mit zahlreichen Grußworten eröffnet.
Neben den Organisatoren, der Vorsitzenden der Deutschen Sozial-Kulturellen Gesellschaft in Breslau, Frau Renata Zajączkowska, und dem Vorsitzenden des Verbandes
der deutschen sozial-kulturellen Gesellschaften in Polen, Herrn Bernard Gaida, hielten auch der deutsche Botschafter in Warschau, Herr Rolf Nikel und ich in meiner
Funktion als Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale
Minderheiten, persönlichn Grußworte.
Wir übermittelten die Grüße des Bundesaußenministers, Dr. Frank-Walter Steinmeier, der gemeinsam mit dem polnischen Außenminister, Grzegorz Schetyna, die
Schirmherrschaft für das Kulturfestival übernommen hat. Für die Rebublik Polen
überbrachte Minister Stanisław Huskowski sein persönliches Grußwort.
Beim V. Kulturfestival wirkten über 300 Künstler mit und begeisterten mit ihren
Tanz-, Gesang- und Showeinlagen das Publikum in der vollgefüllten Jahrhunderthalle.
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Ein traditionelles, modernes und abwechslungsreiches Programm begeisterte die
7.000 Besucher. Star des Abends war Andy Borg, der nicht nur mit Witz und Charme
für gute Stimmung sorgte, sondern auch die Liebe zu Schlesien in seinen Liedern zum
Ausdruck brachte.
An über 25 Informationsständen konnten sich die Besucher über Engagement in
Minderheitenfragen, Angebote der Minderheitenvertreter, -verbände und gesellschaften sowie über Geschichte und Gegenwart der Beziehungen von Deutschland und Polen informieren.
Zum Thema "Die Deutschen in Polen während der Nachkriegszeit - von Zwangsumsiedlungen und "Entdeutschung" bis zur Legalisierung der Deutschen Minderheit“
wurde in einer Begleitveranstaltung diskutiert.
Symbol der gegenseitigen Anerkennung der Deutschen Minderheit und der Mehrheitsbevölkerung Polens war nicht nur die gemeinsame polnische und deutsche
Schirmherrschaft, sondern auch das symbolische gemeinsame Singen der polnischen,
deutschen und europäischen Nationalhymnen: "Wir sind deutscher Abstammung,
leben in Polen und haben ein europäisches Verständnis" so die einleitenden Worte des
Moderators Konrad Wacławczyk, der gemeinsam mit Co-Moderatorin Ewa Stolz das
Publikum informativ und spannend durch das V. Kulturfestival führte.
3.79. Kulturelle Großveranstaltung der Landesversammlung
der Deutschen in Böhmen, Mähren und Schlesien im
Kulturzentrum Novodvorská
An der diesjährigen kulturellen Großveranstaltung der Landesversammlung der Deutschen in Böhmen, Mähren und Schlesien am 2. Oktober 2015 konnte ich leider nicht
persönlich teilnehmen. Ich grüßte alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer in Form
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eines schriftlichen Grußwortes sehr herzlich und übermittelte Ihnen die besten Wünsche der Bundesregierung.
„Gerne hätte ich als Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten an Ihrem traditionellen Treffen teilgenommen, leider ist mir dies
jedoch wegen bereits seit langem vereinbarter Termine nicht möglich.
„Ich freue mich sehr, dass Sie am heutigen Tag generationsübergreifend kulturelle
Werte leben und erleben dürfen. Die kulturelle Vielfalt der deutschen Volksgruppe
hat mich bei meinen bisherigen Reisen in die Tschechische Republik immer wieder
aufs Neue begeistert und ich habe dabei stets gespürt, welche grundsätzliche Bedeutung der Traditionspflege, verbunden mit zeitgemäßen Elementen, allen Lebensbereichen zukommt.
Für die freundschaftlichen Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland
und der Tschechischen Republik kommt Ihnen, den Angehörigen der deutschen Minderheit in der Tschechischen Republik, eine ganz besondere Bedeutung zu. Ihre
Kenntnisse der Sprache und Kultur beider Länder macht Sie seit jeher zu natürlichen
Brückenbauern zwischen unseren beiden Gesellschaften. Neben dieser wichtigen Brückenfunktion sieht die deutsche Volksgruppe ihren Platz in der Mitte der tschechischen Gesellschaft und bringt sich engagiert in das politische, wirtschaftliche, gesellschaftliche und kulturelle Leben ein. Die heutige Gelegenheit möchte ich daher nutzen, um der Landesversammlung der Deutschen in Böhmen, Mähren und Schlesien
für ihren herausragenden Einsatz für die Völkerverständigung zu danken. Erwähnen
möchte ich in diesem Zusammenhang auch die wertvolle Arbeit des Kulturverbandes
der Bürger deutscher Nationalitäten in der Tschechischen Republik. Ich würde es sehr
begrüßen, wenn die bereits bestehenden Kooperationen zwischen Landesversammlung und Kulturverband weiter ausgebaut werden würden.
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Die Bundesregierung hat die deutsche Minderheit in der Tschechischen Republik in
den vergangenen Jahren wirksam unterstützt und wird ihr auch zukünftig ein verlässlicher Partner sein.
Alleine das Bundesministerium des Innern unterstützte die deutsche Minderheit in
der Tschechischen Republik zwischen den Jahren 1990 und 2014 aus dem Bundeshaushalt mit ca. 14,295 Millionen Euro. Alleine in diesem Jahr stellt das Bundesministerium des Innern für die Förderung der deutschen Minderheit in der Tschechischen
Republik voraussichtlich über 500.000 Euro zur Verfügung.
Ich freue mich sehr, dass wir in diesem Jahr viele Zeichen dafür sehen, dass die jahrzehntelangen Bemühungen auf beiden Seiten um Dialog, Verständigung und Versöhnung zunehmend Früchte tragen. Im Februar dieses Jahres hat die Sudetendeutsche
Landsmannschaft durch die Änderung Ihrer Satzung sowie durch ihre heimatpolitische Grundsatzerklärung Anlässe zu Missverständnissen ausgeräumt. Vor wenigen
Wochen brachte der Stadtrat der Stadt Brünn sein Bedauern über die brutale Vertreibung seiner früheren Mitbürger in der „Brünner Erklärung“ zum Ausdruck. Wenige
Tage zuvor hatte sich mit dem per Videobotschaft zugeschalteten stellvertretenden
Ministerpräsidenten Pavel Bělobrádek erstmals in der Geschichte der Sudetendeutschen Tage ein Mitglied der Regierung der Tschechischen Republik an die in Augsburg
versammelten Teilnehmer gewandt sowie kurz darauf im Beisein des Bayerischen
Staatsministers Dr. Ludwig Spänle und dem Bundesvorsitzenden der Sudetendeutschen Landsmannschaft Bernd Posselt das Sudetendeutsche Haus in München besucht.
Die tschechische Ministerin Michaela Marksová besuchte am 16. Juli die Gedenkveranstaltung zum 65. Jahrestag des Wiesbadener Abkommens vom 4. August 1950. Das
alles sind Zeichen der Ermutigung. Anfang September wurde nach einem feierlichen
Gottesdienst in Spindlermühle / Špindlerův Mlýn ein Denkmal zur Erinnerung an die
im Mai und Juni 1945 hingerichteten sudetendeutschen Bürger eingeweiht.
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In diesem Sinne wünsche ich Ihrer diesjährigen kulturellen Großveranstaltung einen
erfolgreichen Verlauf mit bereichernden Eindrücken und anregenden Gesprächen
über das kulturelle Leben der deutschen Minderheit in der Tschechischen Republik.“
3.80. 13. Sitzung der Deutsch-Kasachischen Regierungskommission
Am 6. Oktober fand in Astana die 13. Sitzung der Deutsch-Kasachischen Regierungskommission statt, die sich mit den Angelegenheiten der ethnischen Deutschen der
Republik Kasachstan befasst. Die Sitzung wurde vom zuständigen Stellvertretenden
Minister für Auswärtige Angelegenheiten der Republik Kasachstan, Herrn Dr. Alexey
Volkov und mir als Beauftragtem der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten geleitet.
Die Mitglieder der 13. Deutsch-Kasachischen
Regierungskommission für die Angelegenheiten
der Deutschen Minderheit in Kasachstan im
Kasachischen Außenministerium
Quelle: BMI
Im Abschlusskommuniqué der 13. Sitzung der Deutsch-Kasachischen Regierungskommission für die ethnischen Deutschen der Republik Kasachstan zog die Kommission eine positive Bilanz der im Jahr 2015 durchgeführten Fördermaßnahmen zugunsten der Kasachstandeutschen. Sie stellte fest, dass die Unterstützung insbesondere in den Bereichen Kultur-, Jugend-, Sprach- und Begegnungsstättenarbeit einen we-
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sentlichen Beitrag zur weiteren ethnokulturellen Entwicklung der Kasachstandeutschen geleistet hat. Die gemeinsame Arbeit zur Unterstützung der ethnischen Deutschen der Republik Kasachstan soll fortgesetzt werden, wobei sich die Fördermaßnahmen dabei auf die sozial-ökonomischen, kulturellen und bildungsbezogenen Bereiche konzentrieren sollen und auch andere Bürger der Republik Kasachstan einbeziehen können.
Ich erklärte, dass ich tief beeindruckt davon sei, welche Wertschätzung Kasachstan
seinen Minderheiten entgegenbringt. Dass sämtliche nationale Minderheiten einmal
jährlich unter dem Vorsitz des Staatspräsidenten zusammenkommen, zeigt deutlich,
dass die nationalen Minderheiten auf der einen Seite als integraler Bestandteil des kasachischen Volkes angesehen werden, aber auf der anderen Seite auch in ihrer Unterschiedlichkeit - ihren Sprachen, Traditionen und Gebräuchen - gefördert werden. Ich
würdigte auch, dass in der diesjährigen Vollversammlung die deutsche Minderheit im
Fokus stand und Leo Schick, einer der Pioniere der Selbstorganisation der Deutschen
Minderheit in Kasachstan, von Präsident Nursultan Narsabajew für seine engagierte
Mitarbeit ausgezeichnet wurde.
Die Beziehungen zwischen Deutschland und Kasachstan sind für mich von gegenseitigem Vertrauen geprägt und profitieren zum einen davon, dass seit 1992 rund 930.000
deutschstämmige Bürger aus Kasachstan ein neues Zuhause in der Bundesrepublik
Deutschland gefunden haben, zum anderen aber auch davon, dass nach wie vor
182.000 Deutsche in Kasachstan leben. Es liege daher auch künftig im beiderseitigen
Interesse, der deutschen Volksgruppe eine dauerhafte Lebensperspektive in Kasachstan zu bieten. Dazu gehört neben einer angemessenen wirtschaftlichen Perspektive
und sozialen Sicherheit auch die Möglichkeit der Bewahrung ihrer kulturellen Identität. Es sollte unser gemeinsames Ziel bleiben, die Lebensbedingungen der Bürgerinnen
und Bürger deutscher Volkszugehörigkeit in Kasachstan so zu gestalten, dass sie zum
einen dauerhaft eine aktive Rolle in der kasachischen Zivilgesellschaft einnehmen
können. Zum anderen sollte es ihnen möglich sein, die wichtige Funktion als zusätzli-
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che Brücke der Freundschaft und Zusammenarbeit zwischen unseren Ländern auszufüllen.
Ich verwies in diesem Zusammenhang darauf, dass sich zur Zeit eine Wissenschaftlich-praktische Konferenz in Astana mit dem Titel "Ethnisch Deutsche Kasachstans:
Eine Brücke zwischen Astana und Berlin", damit beschäftigt, wie die "Brückenfunktion" der Kasachstandeutschen weiter ausgebaut werden kann. Dem Ziel des Brückenbaus zwischen beiden Staaten dienen auch die Partnerschaften zwischen der deutschen Minderheit in Kasachstan und dem Verband der deutschen Jugend Kasachstans
auf der einen und dem Jugend- und Studentenring der Deutschen aus Russland und
der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland auf der anderen Seite.
Auch im Bereich der Förderung der Hochschul- und Berufsausbildung gibt es interessante Partnerschaften. So sollen demnächst junge Menschen aus der deutschen Minderheit gesucht werden, die eine Ausbildung im Bereich der Alten- und Krankenpflege absolvieren möchten. Ein Teil dieser Ausbildung soll an den Euro-Schulen in Bitterfeld-Wolfen absolviert werden.
In ihrem Abschlusskommuniqué der 13. Sitzung der Deutsch-Kasachischen Regierungskommission betonte die Kommission, dass das Potential der Menschen kasachstandeutscher Abstammung in Deutschland und der in Kasachstan verbliebenen Deutschen künftig stärker für den weiteren Ausbau der bereits guten Beziehungen zwischen Deutschland und Kasachstan genutzt werden soll, insbesondere für die kulturellen Beziehungen, den zivilgesellschaftlichen Dialog und die wirtschaftliche Zusammenarbeit.
Die Regierungskommission begrüßte in ihrem Abschlusskommuniqué ausdrücklich
auch die Bereitschaft der Bürger der Republik Kasachstan deutscher Volkszugehörigkeit, ihren Lebensmittelpunkt auch künftig in Kasachstan zu wahren. In diesem Zusammenhang hoben beide Seiten die Bedeutung der Weiterentwicklung ihrer ethnokulturellen Identität auch für die Zukunft hervor.
Seite 247
Ich hob die Bedeutung der "Ethnokulturellen Arbeit" hervor, um die deutsche Minderheit in der kasachischen Gesellschaft sichtbar zu machen. So ist im Arbeitsfeld
"Ethnokulturelle Arbeit" in diesem Jahr auch ein höherer Mittelansatz vorgesehen, um
das Kulturfestival zu finanzieren, das in Almaty stattgefunden hat. Im Rahmen der
deutschen Kulturwoche gab es zudem verschiedene Veranstaltungen, u.a. den Gesangswettbewerb "Neue Namen" oder eine Ausstellung mit Werken deutschstämmiger Künstler aus den Museen Pawlodar, Taraz und Karaganda und zum Abschluss ein
Weinfest.
Des Weiteren unterstrich die Regierungskommission die besondere Bedeutung des
deutschen Sprachunterrichts für die weitere Entwicklung der wirtschaftlichen Beziehungen und den kulturellen und wissenschaftlichen Austausch zwischen beiden Staaten.
Ich verwies darauf, dass derzeit in 15 Regionen Kasachstans Sprachkurse und -zirkel
für Kinder, Jugendliche und Erwachsene gefördert werden. Sie zielen neben dem Erlernen der deutschen Sprache auch auf die Förderung und Bewusstmachung der deutschen Identität. Zu weiteren Förderungsmaßnahmen gehören Stipendien für
Deutschkurse in Deutschland und der Einsatz von Sprachassistenten in den Projekten
der regionalen Wiedergeburtsgesellschaften.
Neben der Pflege der deutschen Sprache ist auch der Bereich "Bildung und Ausbildung" von zentraler Bedeutung. Die Kommission begrüßte in ihrem Abschlusskommuniqué ausdrücklich die Maßnahmen, die jungen ethnischen Deutschen eine qualitativ hochwertige Ausbildung ermöglichen und sowohl der deutschen Minderheit als
auch der Republik Kasachstan zugutekommen.
Der Bereich "Bildung und Ausbildung" wurde gegenüber 2014 deutlich um gut
100.000 € erhöht. In dieses Arbeitsfeld fallen die „Zentren für Vorschulkinder“, die auf
die frühe Förderung deutschstämmiger Kinder ausgerichtet sind, aber auch die "Schulen für fakultative Bildung", die es seit 2009 jungen Leuten ermöglichen, sich durch
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zusätzlichen Unterricht auf die universitären Aufnahmeprüfungen und ein Universitätsstudium vorzubereiten. Weiter werden junge Studenten, die sich in den regionalen
Wiedergeburtsgesellschaften engagieren, gezielt mit Stipendien unterstützt. Ich betonte, dass diese Projekte ausgesprochen wichtig sind, um einerseits jungen Menschen
in Kasachstan eine gute Lebensperspektive zu geben, andererseits aber auch die Organisation der deutschen Minderheit zu stärken und aktive Mitglieder zu gewinnen und
zu binden. Ohne eine Jugend, die sich für ihre kulturellen Wurzeln interessiert, in das
Leben der Selbstorganisation eingebunden ist und es später aktiv gestalten kann, ist
die Zukunft der deutschen Minderheit in Kasachstan als eigene Volksgruppe in Gefahr.
Ein weiteres wichtiges Förderfeld sind die Unterstützungsleistungen im sozialen Bereich. Gerade denjenigen gegenüber, die in der entbehrungsreichen Zeit der staatlichen Repressionen ihre Gesundheit opfern mussten, ohne sich anschließend eine gesicherte Existenz aufbauen zu können, muss unsere besondere Solidarität gelten. Für
diese vielfältigen Aktivitäten stehen in diesem Jahr erneut über 450.000 Euro zur Verfügung. Zu der genannten Fördersumme kommen noch die in Zusammenarbeit mit
dem Deutschen Roten Kreuz organisierten medizinischen Hilfen im Gegenwert von
knapp 180.000 Euro. Diese Leistungen werden über die vier großen Sozialstationen in
Astana, Karaganda, Kokschetau und Kostanai, acht Apotheken und die über 50 Begegnungsstätten und ihren Filialen angeboten. Von den Leistungen profitieren nicht nur
die ethnischen Deutschen, sondern auch andere Bürger aus der Nachbarschaft.
In ihrem Abschlusskommuniqué hob die Kommission der weiteren Entwicklung der
Partnerschaften der zivilgesellschaftlichen Einrichtungen in Kasachstan und in
Deutschland eine hohe Bedeutung für die Entstehung und Ausweitung partnerschaftlicher Beziehungen zwischen den Regionen Kasachstans und Deutschlands zu, die von
beiden Seiten besonders unterstützt werden sollen.
Neben der guten Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Minderheitenschutzes spiegele
sich die positive Entwicklung in den Beziehungen zwischen Deutschland und KasachSeite 249
stan auch in den Wirtschaftsbeziehungen wieder. Kasachstan sei der wichtigste Partner der deutschen Wirtschaft in Zentralasien: Der Handel mit Kasachstan steht für 85
% des deutschen Handelsvolumens mit dieser Region und für 66 % der deutschen Exporte nach Zentralasien. Dass die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und Kasachstan immer wichtiger werden, zeige die Vielzahl der Veranstaltungen
zu diesem Thema, wie beispielsweise der "Tag der Wirtschaft Kasachstans", der auf
Einladung des Vizeministers der Republik Kasachstan für Investitionen und Entwicklung, Herr Albert Rau und der Deutschen Bank am 20. März in Frankfurt/Main stattgefunden hat oder die 9. deutsch-kasachische Regierungsarbeitsgruppe Wirtschaft
und Handel am 9. Juni 2015 in Karaganda, bei der u.a. die Rahmenbedingungen für
Investitionen, das Investitionsklima sowie bilaterale Kooperationen im Innovations-,
Energie-, Agrar-, Gesundheits- und Umweltbereich besprochen wurden. Auch wird
Deutschland 2017 an der Weltausstellung in Kasachstan teilnehmen. Das Thema der
EXPO 2017 „Energien der Zukunft: Maßnahmen für weltweite Nachhaltigkeit“ werde
neue Impulse für die etablierten Wirtschaftsbeziehungen zwischen beiden Ländern
setzen.
In dem unterzeichneten Kommuniqué der Kommission sprach man sich dafür aus, im
Rahmen der EXPO 2017 in Astana auf die Geschichte der Deutschen in Kasachstan
aufmerksam zu machen und ihre Rolle und Bedeutung in der kasachischen Gesellschaft und Wirtschaft sowie beim Aufbau von Beziehungen nach Deutschland hervorzuheben.
Das Abschlusskommuniqué in deutscher Sprache finden Sie hier:
http://www.aussiedlerbeauftragter.de/SharedDocs/Downloads/AUSB/DE/Kasachstan
/dt-kasachische-regierungskommission-2015-deutsch.html?nn=3791990
Das Abschlusskommuniqué in russischer Sprache finden Sie hier:
http://www.aussiedlerbeauftragter.de/SharedDocs/Downloads/AUSB/DE/Kasachstan
/dt-kasachische-regierungskommission-2015-russisch.html?nn=3791990
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3.81. Deutsches Unternehmerengagement in Kasachstan
Am zweiten Tag meines Kasachstanbesuches habe ich am 7. Oktober 2015 die Gedenkstätte und das Museum auf dem Gelände des ehemaligen Fraueninternierungslager
Alshir in Akmol bei Astana besucht. Gemeinsam mit den begleitenden Mitgliedern des
Deutschen Bundestages Karin Strenz, Stephan Mayer, Heinrich Zertik und Dr. Philipp
Lengsfeld und weiteren Delegationsmitgliedern war ich tief beeindruckt von der Gedenkstätte, in der vor allem während der stalinistischen Zeit in der Sowjetunion tausende Frauen aber zum Teil auch Kinder interniert waren, darunter auch zahlreiche
Russlanddeutsche Frauen.
Der Gedenkstein der Bundesrepublik Deutschland im ehemaligen FrauenInternierungslager in Akmol in
Kasachstan, in dem auch viele
russlanddeutsche Frauen und
Kinder grausam gelitten haben
Quelle: BMI
Neben der Gedenkstätte und einer Gedenkwand mit allen Namen der inhaftierten
Frauen vermittelt das sehr ansprechend gestaltete Museum einen vertiefenden Einblick in die Auswirkungen der stalinistischen Schreckensherrschaft in Kasachstan.
Zum Ende der Sowjetunion hatte sich der damals in Akmol tätige Russlanddeutsche
Agrarfachmann Johannes Scharf als erster für ein öffentliches Erinnern an die in Akmol, dem früheren Dorf Malinowka, inhaftierten Frauen ausgesprochen.
Heute bemühen sich der aus Kasachstan stammende Unternehmer Alexander Lorenz
und dessen Partner Maxim Boshko darum, die nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion am Boden liegende Kolchose unter privatwirtschaftlichen Bedingungen wieSeite 251
der mit Leben zu füllen und damit an das erfolgreiche Wirken des deutschen Agrarexperten Johannes Scharf anzuknüpfen. Alexander Lorenz und Maxim Boshko haben
bereits erhebliche Summen in die Verbesserung des Weizenanbaus, der Futtermittelherstellung sowie der Geflügelzucht investiert. Die Delegation zollte der unternehmerischen Tätigkeit von Alexander Lorenz und Maxim Boshko höchsten Respekt und
Anerkennung.
In der Katholischen Kathedrale von Astana trafen wir mit den beiden Ordensschwestern Madlen und Maria zusammen, die einen Überblick über die aktuelle Lage der Katholiken in Kasachstan gaben. Heute gibt es in der Republik Kasachstan vier Bistümer,
in denen nicht nur katholische Priester sondern auch zahlreiche Ordensfrauen engagiert wirken. Allein im Bistum Astana gibt es neben 35 Priestern 60 Ordensschwestern
die in der Gemeindearbeit sozial, caritativ tätig sind.
Der evangelisch-lutherische Bischof Juri Nowgorodow legte uns die Lage der evangelisch-lutherischen Kirche in Kasachstan dar. Derzeit plant die evangelisch-lutherische
Kirche im Herzen von Astana einen Kirchenneubau der von dem der deutschen Minderheit angehörenden Vizeminister für Investitionen und Entwicklung Albert Rau,
aber auch von dem russlanddeutschen Agrarunternehmer Alexander Lorenz großzügig unterstützt wird.
Im kasachischen Parlament trafen wir mit Mitgliedern des kasachischen Parlaments
zusammen, die allesamt nationalen Minderheiten angehören. Darunter die zur deutschen Minderheit gehörenden Abgeordneten Jegor Kappel und Olga Kikolenko. Bei
diesem Abgeordnetendialog standen vor allem die Minderheitenpolitik und die Ergebnisse der 13. Sitzung der Deutsch-Kasachischen Regierungskommissionssitzung
vom Vortag, sowie die deutsche OSZE Präsidentschaft 2016 im Mittelpunkt. Deutschland wird bei seiner OSZE Präsidentschaft der Minderheitenpolitik einen Schwerpunkt einräumen.
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Zum Abschluss des zweiten Besuchstages nahm die Delegation am Empfang zum 25.
Jahrestag der Deutschen Einheit in Astana teil, bei der der deutsche Botschafter, Dr.
Guido Herz und Vizeminister Albert Rau den guten Zustand der deutsch-kasachischen
Beziehungen würdigten.
3.82. Im Gespräch mit Angehörigen der deutschen Minderheit in Usun-Agasch und Kaskelen
Im Rahmen meines Kasachstanbesuches habe ich gemeinsam mit den begleitenden
Mitgliedern des Deutschen Bundestages, Stephan Mayer, Heinrich Zertik und Dr. Philipp Lengsfeld, sowie weiteren Delegationsmitgliedern auch den Heimatort des aus
Kasachstan stammenden Bundestagsabgeordneten Heinrich Zertik, Usun-Agasch,
besucht und mich dort mit Angehörigen der deutschen Minderheit getroffen.
Besuch der Mittelschule UsunAgasch/Kasachstan
Quelle: BMI
Usun-Agasch ist eine Kommune und ein administratives Zentrum im Rayon Shambyl
des Verwaltungsgebietes Almaty in Kasachstan sowie das administrative Zentrum des
Usyn-Agascher Landbezirks. Die Einwohnerzahl liegt bei 33.000. Die Entfernung zu
Almaty beträgt 43 km. Im Dorf Usun-Agasch leben nur noch 80 deutschstämmige
Einwohner, weshalb es keine Selbstorganisation der deutschen Minderheit gibt.
Aus dem Gesamtförderprogramm des Bundesministeriums des Innern findet hier
deswegen nur die soziale Betreuung statt. Die soziale Arbeit wird durch den ethnokulSeite 253
turellen Verein der Deutschen des Verwaltungsgebietes Almaty "Wiedergeburt" geleistet, dessen Vorsitzende Ljudmila Nabokowa ist; stellvertretende Vorsitzende ist
Jelena Popowa. Die Koordinatorin der Sozialprojekte ist Ljudmila Prossekowa, die Koordinatorin der Begegnungsstätte ist Jelena Nikolajewna Kess und die Koordinatorin
der Sprachkurse ist Swetlana Schubina.
Ich war tief beeindruckt von der sozialen Arbeit, die vom ethnokulturellen Verein der
Deutschen des Verwaltungsgebietes Almaty "Wiedergeburt“ geleistet wird, als mir
Frau Olessja Klimenko und Frau Elena Popowa die "Aktion Winterhilfe" und das Verfahren zur Übergabe von Lebensmittelpaketen vorstellten. Insgesamt werden in
Usyn-Agasch 20 Bedürftige versorgt, darunter Behinderte, Rentner, die als Opfer stalinistischer Repressionen minimale Renten beziehen, und kinderreiche Familien. Diese Menschen erhalten jedes Jahr Lebensmittelpakete. Eine Medizinische Hilfe erfolgt
in Form stationärer Behandlungen in der Dr. Kraisman-Klinik in Taldykorgan, die
medizinische Ausrüstung aus Fördergeldern des Bundesinnenministeriums erhält.
Medikamente und medizinische Hilfsmittel werden auf Rezept kostenlos durch die
Apotheke des Deutschen Hauses zur Verfügung gestellt.
Im Evangelischen Bethaus in Usun-Agasch hatten wir auch die Gelegenheit, mit Angehörigen der deutschen Minderheit eine kurze Andacht zu halten.
Neben Usun-Agasch besuchte ich auch die Stadt Kaskelen, die sich rund 20 km westlich der ehemaligen Hauptstadt Almaty befindet besucht, um sich mit Angehörigen
der deutschen Minderheit auszutauschen. Begleitet wurde ich neben den Delegationsteilnehmern und deutschen Diplomaten des Generalkonsulats Almaty auch von der
Vorsitzenden des ethnokulturellen Vereins der Deutschen des Verwaltungsgebietes
Almaty "Wiedergeburt", Frau Ljudmila Nabokowa und Frau Valentina Eichel, Sozialarbeiterin für die deutsche Minderheit.
Bei meinem Treffen mit den Angehörigen der deutschen Minderheit erklärte ich, dass
es mir immer sehr wichtig ist, persönlich ins Gespräch zu kommen und so einen unSeite 254
verfälschten Eindruck davon zu bekommen, wie die Deutschstämmigen in Kasachstan leben und welche Sorgen und Nöte sie haben, zu deren Linderung ich vielleicht
beitragen kann.
Ich verwies darauf, dass in der am 6. Oktober stattgefunden Regierungskommissionssitzung die deutsche Seite und die kasachische Seite festgestellt haben, dass es nach
wie vor im beiderseitigen Interesse liegt, der deutschen Volksgruppe eine dauerhafte
Lebensperspektive in Kasachstan zu bieten. Dazu gehört neben einer angemessenen
wirtschaftlichen Perspektive und einer Unterstützung in sozialen Fragen auch die
Möglichkeit der Bewahrung ihrer kulturellen Identität. Es ist daher das gemeinsame
Ziel, die Lebensbedingungen der Bürgerinnen und Bürger deutscher Volkszugehörigkeit in Kasachstan so zu gestalten, dass sie zum einen dauerhaft eine aktive Rolle in
der kasachischen Zivilgesellschaft einnehmen können. Zum anderen sollte es ihnen
möglich sein, die wichtige Funktion als zusätzliche Brücke der Freundschaft und Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Kasachstan auszufüllen. Ich erklärte, dass
mir der Ausbau der Beziehungen zwischen den nach Deutschland Ausgesiedelten und
den Deutschen in Kasachstan besonders am Herzen liegt. Gerade die in den letzten
Jahren aufgebauten Partnerschaftsbeziehungen zwischen Organisationen der Deutschen in Kasachstan und Einrichtungen der nach Deutschland Ausgesiedelten sind
heute ein lebendiges Zeugnis dieser Brückenfunktion zwischen unseren Staaten.
Deutschland unterstützt seit vielen Jahren die deutsche Minderheit in Kasachstan.
Erfreulicherweise konnte der Finanzumfang des deutschen Förderprogramms in den
letzten Jahren stabil gehalten werden. Die Unterstützungsleistungen aus Deutschland
liegen in einer Größenordnung von 1,7 Mio. Euro pro Jahr.
Zum Abschluss des Besuchstages in Kasachstan haben wir uns mit den kasachstandeutschen Unternehmern Waldemar Wegelin und Waldemar Isaak getroffen, die heute in Kasachstan sehr erfolgreich sind.
Das Unternehmen von Waldemar Isaak, die WEA Company Group verbindet auf dem
logistischen Wege den europäischen Markt mit den Märkten der GUS-Staaten und
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dem asiatischen Markt. Schwerpunkte sind Transporte zwischen Europa und Russland, Kasachstan und China. Gemeinsam Waldemar Isaak besuchte man die Niederlassung des deutschen Logistik-Unternehmens TKA Intertrans in Almaty.
Das Unternehmen von Waldemar Wegelin produziert hingegen Wein und weinhaltige Getränke, Fruchtsäfte sowie Gemüsekonserven.
3.83. Informationsaustausch mit den Regionalvorsitzenden
der Assoziation der gesellschaftlichen Vereinigungen
der Deutschen Kasachstans 'Wiedergeburt" und dem Akim von Almaty, Bauirschan Bajbek
Treffen mit Vertretern der „Assoziation der gesellschaftlichen
Vereinigungen der Deutschen
Kasachstans ‚Wiedergeburt'“
(AgVDK)
Quelle: BMI
Am letzten Tag meines Besuches in Kasachstan habe ich mich mit allen Regionalvorsitzenden der Assoziation der gesellschaftlichen Vereinigungen der Deutschen Kasachstans "Wiedergeburt'" (AgVDK) getroffen und mich ausführlich über die Unterstützungsleistungen der Bundesrepublik für die noch in Kasachstan lebende deutsche
Minderheit ausgetauscht. An dem Gespräch nahmen auch der Deutsche Botschafter in
Kasachstan, Dr. Guido Herz, der stellv. Botschafter Jonny Klein, die zuständigen Mitarbeiter des Bundesinnenministeriums und der Deutsche Gesellschaft für InternatioSeite 256
nale Zusammenarbeit (GIZ) sowie die beiden Bundestagsabgeordneten Heinrich Zertik und Dr. Philipp Lengsfeld teil.
In Almaty führte ich auch ein Gespräch mit dem "Akim“ (Oberbürgermeister) von
Almaty, Bauirschan Bajbek, der in Lübeck studierte und als Diplomat am Generalkonsulat in Frankfurt und an der kasachischen Botschaft tätig war. Auch machte er sich
als stellv. Leiter der Präsidialkanzlei verdient.
Gemeinsam diskutierte man Möglichkeiten eines weiteren Ausbaus der bilateralen
Zusammenarbeit, u.a. auch im universitären Bereich. Bereits im Jahr 1999 wurde in
Almaty die Deutsch-Kasachische Universität mit dem Ziel der Ausbildung von Fachkräften nach deutschem Vorbild gegründet. Die Privatuniversität hat rund 600 eingeschriebenen Studierenden im Wintersemester 2014/15. Träger ist der Fonds "DeutschKasachische Zusammenarbeit in der Ausbildung". Auch diskutierte man Möglichkeiten einer kulturellen Wiederbelebung des deutschen Theaters. In Almaty führte ich
auch ein Gespräch mit der Leiterin des Goethe-Instituts, Frau Barbara von Münchhausen.
Als Vorsitzender der Deutsch-Koreanischen Parlamentariergruppe des Deutschen
Bundestages nutzte ich meinen Besuch in Kasachstan auch, um ein Gespräch mit dem
Vizepräsidenten der Koreanischen Vereinigung in Kasachstan, Herrn Sergey Eogay, zu
führen. Dabei tauschte man sich über die Lage der rund 100.000 Angehörigen der koreanischen Minderheit in Kasachstan aus.
Als zentraler Anlaufpunkt für die Angehörigen der deutschen Minderheit in Kasachstan hat sich seit 1994 das Deutsche Haus in Almaty entwickelt. Dieses deutschkasachische Haus ist in zwei Jahrzehnten zu einem Symbol der deutschkasachischen Zusammenarbeit geworden, das ich im Rahmen meiner Kasachstanreise besuchte. Vor dem
Deutschen Haus in Almaty befindet sich ein eindrucksvoller Gedenkstein mit der Inschrift in deutscher und russischer Sprache "Den Deutschen gewidmet, die Krieg, Vertreibung und Not zum Opfer fielen".
Seite 257
Tief beindruckt waren alle Delegationsteilnehmer von der Skisprungschanze, die das
Panorama von Almaty prägt. Zur Anlage gehören zwei kleinere Schanzen, eine Mittelschanze, eine Normalschanze und eine Großschanze. Der Skisprungschanzenkomplex
wurde für die 2011 stattfindenden Asienspiele in 2- jähriger Planungs- und Bauzeit
errichtet. Das Architekturbüro Schertel aus Warmensteinach, das von Dipl. Ing. Univ.
Architekt Werner Schertel geleitet wird, erbrachte bei diesem Schanzenprojekt die
Generalplanerleistung. Unterstützt wurde das Projekt von dem Russlanddeutschen
Andrej Kratz aus Regensburg.
Skisprungschanze von Almaty
Quelle: Koschyk
3.84. Arbeitsgespräch mit dem ukrainischen Botschafter, S.E.
Dr. Andrij Melnyk
In Berlin bin ich am 19. Oktober 2015 mit dem Botschafter der Ukraine in der Bundesrepublik Deutschland, S.E. Herrn Dr. Andrij Melnyk, zu einem ausführlichen Arbeitsgespräch zusammengetroffen.
Ich berichtete dem Botschafter von meiner letzten Reise in die Ukraine, die ich Ende
Juni 2015 in die Karpatenukraine im Westen des Landes, gelegen im Herzen Europas
an den Grenzen zu Polen, der Slowakei, Ungarn und Rumänien, gemacht habe. Von
der ungebrochenen Vitalität der deutschen Minderheit zeugt dort u.a. ein attraktives
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deutschsprachiges Radio- und Fernsehprogramm des Senders "Tyssa", der in insgesamt acht Sprachen ausstrahlt.
Hartmut Koschyk MdB mit S.E. Herrn Dr. Andrij Melnyk
Quelle: BMI
Botschafter Melnyk dankte mir für mein Engagement für die deutsche Minderheit in
seinem Land und für die Ukraine insgesamt. Die ukrainische Regierung betrachte alle
Minderheiten als Bereicherung des Landes und möchte diese auch in schwierigen Zeiten fördern. In diesem Zusammenhang hob ich die Leistungen des Rates der Deutschen in der Ukraine unter ihrem jungen Vorsitzenden Wolodymyr Leysle hervor,
dessen Angebote wie Sprachkurse nicht nur von der deutschen Minderheit, sondern
von der gesamten Bevölkerung genutzt werden. Die deutsche Minderheit in der Ukraine stellt eine wichtige Brücke zwischen beiden Ländern und Völkern dar.
Weiterhin erörterten wir auch intensiv die Modalitäten für eine Wiederbelebung der
"Deutsch-Ukrainischen Regierungskommission in Angelegenheiten der in der Ukraine lebenden Personen deutscher Abstammung". Bereits 1997 wurde das Abkommen
zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Ukraine über die Zusammenarbeit
in Angelegenheiten der in der Ukraine lebenden Personen deutscher Abstammung
geschlossen. Gemäß diesem Abkommen wurden die Durchführung des Regierungsabkommens sowie die Abstimmung gemeinsamer Vorhaben und Maßnahmen der
Deutsch-Ukrainischen Regierungskommission für Angelegenheiten der deutschen
Minderheit übertragen.
Seite 259
3.85. Ryzsard Galla erneut für die Deutsche Minderheit im
polnischen Sejm
Bei den Parlamentswahlen in Polen hat die nationalkonservative Partei "Recht und
Gerechtigkeit" mit 37,6 Prozent die meisten Stimmen errungen und verfügt über voraussichtlich 232 der insgesamt 460 Parlamentssitze.
Gemeinsam mit dem Parlamentarischen Staatssekretär im Bundesministerium des
Innern, Dr. Günter Krings MdB, führe ich in meiner Funktion als Beauftragter der
Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten auf deutscher Seite die Verhandlungen des "Runden Tisches zu Fragen der deutschen Minderheit in
Polen und der polnischstämmigen Bürger und Polen in Deutschland". Im Hinblick auf
das 25jährige Jubiläum des deutsch-polnischen Nachbarschaftsvertrags im Jahr 2016
sprachen wir uns für eine nahtlose Fortsetzung der Verhandlungen aus.
Für dringend notwendige Verbesserungen des muttersprachlichen Unterrichts hat die
Deutsche Minderheit in Polen mit ihrer Bildungsstrategie eine hervorragende Grundlage geschaffen. Auch bei einem wichtigen Projekt für die polnischstämmigen Bürger
und Polen in Deutschland, der Sanierung des historischen Dom Polski in Bochum, das
künftig als zentrale Einrichtung für diese Gruppe dienen soll, ist man wesentlich vorangekommen.
Bundesbeauftragter Koschyk mit dem Sejm-Abgeordneten Ryszard
Galla
Quelle: Koschyk
Die Deutsche Minderheit in Polen ist zur Sejm-Wahl wieder mit einer eigenen Liste
angetreten und erreichte in etwa das Ergebnis der vorangegangen Parlamentswahlen.
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Vertreter der Deutschen Minderheit im polnischen Parlament wird wiederum der
Oppelner Ryszard Galla sein. Die wichtige politische Rolle der Deutschen Minderheit
in Polen unterstreicht auch der Erfolg ihres Kandidaten bei der Bürgermeisternachwahl in Groß Neukirch Polska Cerekiew, Piotr Kanzas, der mit knapp 57 % bereits den
ersten Wahlgang für sich entschied.
Ich gratulierte Ryszard Galla zu seinem Wiedereinzug in den Sejm. Dieser vierte
Wahlerfolg in Folge wäre nicht möglich gewesen, wenn sich Galla nicht während seiner zehnjährigen Mitgliedschaft im polnischen Parlament durch gute Arbeit das Vertrauen Ihrer deutschen Landsleute erworben hätte.
3.86. Antrittsbesuch von Emil Hurezeanu, Botschafter der
Republik Rumänien in Berlin
Anfang November 2015 habe ich den neuen Botschafter der Parlamentarischen Republik Rumänien in Berlin, S.E. Emil Hurezeanu, im Bundesministerium des Innern
zu einem Meinungs- und Informationsaustausch getroffen. Im Mittelpunkt des Gesprächs standen die vorbildliche Zusammenarbeit der Bundesrepublik Deutschland
mit der Republik Rumänien in Fragen der deutschen Minderheit sowie die konzeptionelle Weiterentwicklung des Minderheitenschutzes in Europa.
S.E. Emil Hurezeanu und Bundesbeauftragter Hartmut Koschyk
Quelle: BMI
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In die Regierungskommission sind auf rumänischer Seite auch die Vertreter der deutschen Minderheit in Rumänien sowie auf deutscher Seite die Vertreter der Landsmannschaften der Deutschen aus Rumänien einbezogen.
Die 18. Sitzung der Deutsch-Rumänischen Regierungskonferenz für die Angelegenheiten der deutschen Minderheit in Rumänien in Temeswar im August dieses Jahres
hatte Emil Hurezeanu bereits eng begleitet.
Die nächste Sitzung wird 2016 in Deutschland stattfinden. Botschafter Hurezeanu und
ich tauschten dazu erste inhaltliche und organisatorische Gedanken zur Weiterentwicklung und Optimierung der alljährlich stattfindenden Sitzung der deutschrumänischen Regierungskommission aus.
Wir versicherten einander, die gute Zusammenarbeit Deutschlands und Rumäniens
weiter auszubauen und zu stärken.
3.87. Deutscher Minderheit in Polen und ostdeutschen Landsmannschaften im Gespräch
Auf meine Initiative haben sich nach jeweils getrennten Beratungen im eigenen Kreis
der Vorstand des Verbandes der deutschen Sozial-Kulturellen Gesellschaften in Polen
(VdG) und Vertreter des "Ständigen Rates der ostdeutschen Landsmannschaften"
erstmals zu einem offiziellen Gespräch im Bundesinnenministerium in Berlin getroffen.
Mit der VdG-Spitze unter dem Vorsitz von Bernhard Gaida, der zentralen Selbstorganisation der deutschen Minderheit in Polen, besprach ich u.a. die Konsequenzen für
die Deutsche Minderheit in der Republik Polen aus dem Ergebnis der letzten Wahl
zum polnischen Sejm und Senat.
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Die Wahl-Liste der Deutschen Minderheit konnte den mit dem Wahlerfolg der Partei
Recht und Gerechtigkeit (PIS) einhergehenden "politischen Sturm", der die übrigen
Parteien erheblich schwächte und zum Teil sogar aus dem Parlament ausscheiden
ließ, sogar mit einem Stimmenzuwachs überstehen.
Quelle: BMI
Die deutsche Minderheit wird mit Ryszard Galla wieder einen Abgeordneten im Sejm
stellen. Er ist der einzige Vertreter einer nationalen Minderheit im polnischen Sejm.
Mit dem Ständigen Rat der ostdeutschen Landsmannschaften, also der Landsmannschaften mit aus den heute zur Republik Polen gehörenden Gebieten östlich von Oder
und Neiße stammenden Mitgliedern, beriet ich die aktuelle Diskussion über die Fortschreibung der Kulturarbeit gemäß § 96 des Bundesvertriebenengesetzes, die zu einer
Stärkung der Mitwirkung des BdV und seiner Landsmannschaften führen muss.
Der Ständige Rat der ostdeutschen Landsmannschaften verabredete mit dem VdG
einen engeren Meinungs-und Gedankenaustausch. Beide Seiten waren sich einig, dass
Ständiger Rat und VdG ihre unterschiedlichen Aufgaben jeweils eigenständig wahrnehmen müssen. Gemeinsame Interessen gibt es beispielsweise auf dem Gebiet der
Erhaltung und Pflege der deutschen Kultur und Geschichte in den Heimatgebieten
der deutschen Vertriebenen und der heimatverbliebenen Deutschen. Hier könnten
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gemeinsame Projekte mit Förderung der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien durchgeführt werden.
Von Seiten des VdG nahmen an dieser Begegnung neben dessen Vorsitzenden Bernhard Gaida noch die weiteren Vorstandsmitglieder Renata Zajączkowska, Rafał Bartek,
Roland Hau, Henryk Hoch, Marcin Lippa und Marek Psotta sowie die Geschäftsführerin Maria Neumann und die Referentin Anna Giza teil. Von Seiten des Ständigen Rates
nahmen Ulrich Bonk, Klaus Plaszczek, Stephan Rauhut und Sebastian Wladarz teil.
3.88. Web 3.0 & Mutimediale Vernetzung: Neue Perspektiven
und Herausforderungen für deutsche Medienmacher in
MOE, SOE und GUS
Als Auftaktveranstaltung der diesjährigen AGDM-Jahrestagung, die vom 9. bis
12. November 2015 in Berlin stattfand, habe ich den Dialog mit dem Institut für Auslandsbeziehungen (ifa), Medienvertretern und Verbänden der deutschen Minderheiten, fortgesetzt.
Gesprächsrunde am 9. November 2015 im Bundesministerium des Innern
Quelle: BMI
In einem ersten Rundtischgespräch im letzten Jahr wurde von führenden Verbandsspitzen der deutschen Minderheiten beschlossen, den digitalen Wandel in ihren Medien einzuleiten und diese Entwicklungen in den Verbänden zu diskutieren. Das ifa
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wurde mit der Initiierung eines Impulsprojektes beauftragt, welches in diesem Jahr
mit jungen web-affinen Journalisten der Medien der deutschen Minderheiten entwickelt und beim Runden Tisch vorgestellt wurde.
Hinter „Mind-Netz“ steht die Idee, die Print-und Online-Medien der Minderheiten
über bereits etablierte Online-Plattformen miteinander zu vernetzten. So werden bereits vorhandene und viel genutzte soziale Medien, der Minderheiten über facebook,
twitter und youtube weiter vernetzt und erreichen wesentlich mehr Menschen - auch
außerhalb der eigenen Minderheit.
Die Teilnehmer waren sich einig, dass Mind-Netz-relevante junge Zielgruppen in den
Ländern der Minderheiten und in Deutschland mit attraktiven Informationen erreicht. Nun gilt es, einen Träger und die notwendigen Ressourcen zu finden. Im Rahmen der sich anschließenden AGDM-Tage (Arbeitsgemeinschaft der deutschen Minderheiten) in Berlin wurde in den kommenden Tagen die Umsetzung des Projektes
weiter diskutiert.
Ich betonte im Gespräch die Notwendigkeit des Bewusstseinswandels vom klassischen Printmedium hin zur Präsenz der deutschen Minderheiten in Online-Bereich
und neuen Netzwerken, um sich untereinander besser zu vernetzen, neue Zielgruppen
in ihren Ländern zu erreichen sowie die Sichtbarkeit in Deutschland auszubauen. Urban Beckmann vom ifa unterstrich, dass mit dem digitalen Wandel auch flexiblere
Strukturen für Redaktionen erforderlich seien und auch attraktivere journalistische
Formate produziert werden müssten. Zu beiden Punkten wird das ifa mit Unterstützung des Auswärtigen Amtes professionelle Hilfe anbieten.
Otto Heinek, Vorsitzender der Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen, wies
neben der Bedeutung von ausgehandelten und kommunizierten Strategien auch auf
begleitende Maßnahmen hin. In Zusammenarbeit mit einer PR-Agentur könnte neben der starken Präsenz in den sozialen Medien auch die Mehrheitsgesellschaft effek-
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tiver erreicht werden - eine wichtige Vorbedingung für eine positive Wahrnehmung
der Minderheit.
Nach der Diskussion im Bundesministerium des Innern, die durch den deutschen
Medienexperten Helge Haas moderiert wurde, verständigten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Rundes Tisches darauf, die Impulse in die Redaktionen einzubringen und im nächsten Jahr zusammenzukommen, um die aktuellen Entwicklungen vorzustellen.
Parallel zum Rundtischgespräch fanden die ifa-Medientage für Journalisten der
deutschsprachigen Medien aus MOE, SOE und GUS in Berlin statt, die durch Fortbildungen zu Social-Media und Smartphone-Reporting den Weg zur Optimierung der
Online-Präsenz unterstützen.
Den Kampagnenfilm über "Mind-Netz" finden Sie hier:
https://www.youtube.com/watch?v=9Ge6AIlMexo
Am Gespräch haben teilgenommen:
• Urban Beckmann, Leiter der Abteilung Dialoge, Institut für Auslandsbeziehungen
• Koloman Brenner, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Minderheiten
• Martin Dzingel, Herausgeber LandesEcho, Landesversammlung der Deutschen in
Böhmen, Mähren und Schlesien
• Bernard Gaida, Vorsitzender des Verbandes der deutschen sozial-kulturellen Gesellschaften
• Karoline Gil, Leiterin des Bereichs Integration und Medien, Institut für Auslandsbeziehungen
• Philipp Hochbaum, Allgemeine Deutsche Zeitung für Rumänien
• Michael Gleich, Geschäftsführer / Seminarleiter Medientage-Strategieworkshop,
Culture Counts Foundation
• Helge Haas, Moderation Runder Tisch
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• Günther Rautz, Secretary General / Medienexperte, MIDAS
• Otto Heinek, Vorsitzender LDU
• Olga Martens, Stellvertretende Vorsitzende, Internationaler Verband deutscher Kultur
• Judit Klein, Freie Journalistin, ifa-Arbeitsgruppe Mind-Netz
• Bojan Krstulovic, Chefredaktion, Moskauer Deutsche Zeitung
• Rudolf Urban, Chefredaktion, Wochenblatt
• Alexandra Mostýn, Chefredaktion LandesEcho
• Laslo Mandler Gence, Vorsitzender, Nationalrat der deutschen Minderheit
• Anna German, IVDK
• Anja Walther, Sachbearbeitung und Titelverantwortung Minderheitenförderung
MOE/GUS, Auswärtiges Amt
• Aina Balasco, Verband der Deutschen in Lettland
3.89. Innenminister Reinhold Gall MdL empfängt Vertreter
deutscher Minderheiten in der Landesvertretung BadenWürttemberg
Der baden-württembergische Innenminister, Reinhold Gall MdL, hat die Vertreter der
Arbeitsgemeinschaft Deutscher Minderheiten (AGDM), die unter dem Dach der Föderalistischen Union Europäischer Volksgruppe organisiert sind, in der Landesvertretung Baden-Württemberg in Berlin herzlich empfangen.
In seiner Ansprache hob Innenminister Gall die besondere politische Verantwortung
hervor, die Deutschland und die Bundesländer gegenüber den deutschen Minderheiten in Mittelost- und Südosteuropa sowie den Nachfolgestaaten der Sowjetunion
wahrzunehmen haben. Das Land Baden-Württemberg stelle sich dieser Verantwortung vollumfänglich.
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Als Innenminister des Landes Baden-Württemberg sei es ihm eine besondere und
wichtige Herzensangelegenheit, den Dialog und die Zusammenarbeit mit den deutschen Minderheiten zu pflegen und zu stärken. Dabei beziehe er immer auch die
Landsmannschaften der Heimatvertriebenen und Aussiedler mit ein. Innenminister
Gall unternimmt diesbezüglich regelmäßig Reisen in die Heimatregionen der deutschen Minderheiten in Mittel- und Osteuropa und hat zuletzt die deutsche Minderheit
in Serbien besucht. Im August dieses Jahres haben Innenminister Gall und ich deutsche Minderheiten im Banat besucht. Auch der Bundesvorsitzende der Landsmannschaft der Banater Schwaben in Deutschland, Peter Leber, war Teilnehmer der Delegation von Innenminister Gall.
Gruppenaufnahme
in der
Landesvertretung
Baden-Württemberg
Quelle: BMI
In den Ansprachen hoben Gall und ich die besondere Brückenfunktion der deutschen
Minderheiten hervor. Als Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und
nationale Minderheiten betonte ich den gegenseitigen Mehrwert und das Zusammenleben, den sich die Bevölkerungsmehrheit und nationalen Minderheiten grenzüberschreitend und herkunftsunabhängig geben.
Stellvertretend für die AGDM dankte deren Vorsitzender Koloman Brenner Innenminister Gall und hob das Engagement des Landes Baden-Württemberg zugunsten der
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deutschen Minderheit in Mittel- und Osteuropa und in den Nachfolgestaaten der
früheren Sowjetunion hervor.
Innenminister Gall berichtete, dass Baden-Württemberg Gemischte Regierungskommissionen mit Ungarn, Kroatien, Rumänien, Bulgarien, Serbien und Tschechien unterhält, um die partnerschaftlichen und engen Beziehungen zwischen BadenWürttemberg und den Partnerländern zu vertiefen und um die Partnerländer auf ihrem Weg in die Europäische Union sowie im Nachgang dazu zu unterstützen.
Darüber hinaus fördert Baden-Württemberg - über die vom Land getragene Donauschwäbische Kulturstiftung - die Pflege der deutschen Kultur in Ungarn, Rumänien
sowie im ehemaligen Jugoslawien. Dies gilt vor allem für die noch heute von Donauschwaben bewohnten Gebiete und die dort lebenden Donauschwaben. Historisch
resultiert diese Schwerpunktsetzung nicht zuletzt aus der seit vielen Jahrzehnten bestehenden Patenschaft des Landes über die Donauschwaben. Gefördert werden insbesondere die Pflege der deutschen Sprache, die Aus- und Weiterbildung der Beschäftigten in deutschsprachigen Ausbildungsstätten und Einrichtungen, der kulturelle Austausch zwischen Vereinen, Verbänden, Gruppen und Kulturinstitutionen sowie die
grenzüberschreitenden Begegnungen von Schülern, Jugendlichen und Studenten.
3.90. Empfang für AGDM in der Botschaft Ungarns
Die Teilnehmer der 24. Jahrestagung der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Minderheiten waren nach der ersten Arbeitssitzung zu einem Empfang in der Botschaft der Republik Ungarn eingeladen. Die Geschäftsträgerin, Frau Gesandte Dr. Katalin Karsai,
verwies in ihrer Begrüßung darauf, dass die deutsche Minderheit in Ungarn mit rund
186.000 Mitgliedern die zweitgrößte der insgesamt 13 Minderheiten des Landes sei.
Über eine bloße Toleranz hinaus schreibt die ungarische Verfassung den Minderheiten die Rolle von "staatsbildenden Akteuren" zu, sie sind also zur Mitwirkung in Staat
und Gesellschaft aufgerufen.
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Ich dankte der Gesandten für die freundliche Aufnahme der Tagungsteilnehmer und
dankte Ungarn für dessen Einsatz für die deutsche Volksgruppe im Land, der vorbildlich sei. Dank der ungarischen Politik hätten die Ungarndeutschen, die aus der kommunistischen Diktatur stammende Angst, sich zu ihren sprachlichen und kulturellen
Wurzeln zu bekennen, verloren. Dies zeigt die Zunahme des Bekenntnisses der Ungarndeutschen zu ihrer deutschen Nationalität in den Volkszählungen seit 1990 bis
heute.
v.l.n.r. Bundesbeauftragter Hartmut Koschyk
MdB, Éva Adél Pénzes (Leiterin des AGDMKoordinierungsbüros), Koloman Brenner
(AGDM-Vorsitzender), Gesandte Dr. Katalin
Karsai (Geschäftsträgerin der ungarischen
Botschaft in Berlin), Hans Heinrich Hansen
(FUEV-Präsident) und Otto Heinek (Vorsitzender der Landesselbstverwaltung der
Ungarndeutschen)
Quelle: BMI
Der Vorsitzende der Föderalistischen Union Europäischer Volksgruppen, Hans Heinrich Hansen, erinnerte dankend an die Rolle Ungarns bei der Überwindung der Spaltung Europas im Epochenjahr 1989. Heute müsse er allerdings feststellen, dass das
Haus Europa „tiefe Risse“ erhalten hat. Für die Minderheiten Europas, zu denen immerhin ein Siebtel aller Europäer zählt, käme jetzt eine entscheidende Zeit: Entweder
gelingen jetzt substantielle Fortschritte im rechtlichen Minderheitenschutz und in der
praktischen Umsetzung oder das Thema würde für längere Zeit von der Agenda Europas verschwinden.
Der Vorsitzende der Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen, Otto Heinek, zog
eine positive Bilanz der Entwicklung der deutschen Volksgruppe im demokratischen
Ungarn seit 1989. Entscheidend für diese günstige Entwicklung sei die Gewährung der
kulturellen Autonomie gewesen, die sich vor allem auf die Bereiche Kultur und Bil-
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dung erstreckt. So gäbe es mittlerweile 350 Schulen für die ungarndeutsche Volksgruppe, viele in Trägerschaft der Selbstverwaltungen.
3.91. Fruchtbarer Gesprächsaustausch der AGDM mit Haushaltsberichterstattern für das Innenministerium und
das Auswärtige Amt
Am 10. November 2015 sind die Vertreter der in der Arbeitsgemeinschaft Deutscher
Minderheiten (AGDM) zusammengeschlossenen deutschen Minderheiten sowie die
Vertreter von deren Jugendorganisationen mit den jeweils für die Haushalte des Auswärtigen Amtes und des Bundesministeriums des Innern Berichterstattern der Koalitionsfraktionen zu einem fruchtbaren Informations- und Meinungsaustausch zusammengetroffen.
Von den 21 in der AGDM zusammengeschlossenen Selbstorganisationen der deutschen Minderheiten in Europa und den zentralasiatischen Nachfolgestaaten der
früheren Sowjetunion waren 19 vertreten. Der Vorsitzende der Föderalistischen Union Europäischer Volksgruppen (FUEV), Hans Heinrich Hansen, nutze die Gelegenheit,
die Notwendigkeit einer institutionellen Förderung für diesen Dachverband, in dem
auch die AGDM organisiert ist, darzulegen. Die Bedeutung der FUEV habe erst jüngst
die Anfrage des Auswärtigen Amtes, die Bundesregierung während des deutschen OSZE-Vorsitzes im Jahre 2016 zu unterstützen, unterstrichen. Bundesaußenminister Dr.
Frank-Walter Steinmeier hat hierfür die Minderheitenpolitik als einen der Schwerpunkt bestimmt. Die FUEV sei hierfür willens und fähig, die Unterstützung könne
jedoch nicht zum Nulltarif geleistet werden.
Ich pflichtete dieser Argumentation bei und merkte an, dass sich die Politik leider zu
sehr auf externe wissenschaftliche Expertise verlasse, anstatt mehr den reichen Erfahrungsschatz der nationalen Minderheiten und ihrer Organisationen zu nutzen.
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Gesprächsrunde im Deutschen Bundestag
Quelle: BMI
Die Haushaltsberichterstatterin der SPD-Fraktion für den Geschäftsbereich des Auswärtigen Amtes, Doris Barnett MdB, bestätigte die Wichtigkeit der Arbeit sowohl der
FUEV als auch der Selbstorganisationen der deutschen Minderheiten für den Minderheitenschutz in Europa und sicherte ihre weitere Unterstützung zu. Sie sprach sich
dafür aus, neben der Prüfung der institutionellen Förderung auch andere Möglichkeiten der Unterstützung für die FUEV gerade im kommenden Jahr 2016 zu suchen.
Der Sprecher der AGDM, der Ungarndeutsche Dr. Koloman Brenner, machte auf die
Förderung der muttersprachlichen Arbeit als die zentrale Aufgabe aller Selbstorganisationen deutscher Minderheiten aufmerksam. Die sprachliche Revitalisierung sei
jedoch ohne Hilfe aus der Bundesrepublik Deutschland nicht zu realisieren.
Der Berichterstatter der CDU/CSU-Fraktion, Alois Karl MdB, verwies auf die im letzten Jahr beschlossene zusätzliche Unterstützung für die Lehrerbezahlung im deutschsprachigen Schulwesen Rumäniens und stellte für das kommende Haushaltsjahr eine
Erhöhung der Mittel von 750.000 Euro auf 1 Mio. Euro in Aussicht. Karl sprach sich
dafür aus, dass der Haushaltsgesetzgeber bereits bei der Haushaltsaufstellung seinen
Wunsch nach einer verstärkten Berücksichtigung der Belange der deutschen Minderheiten bei der Arbeit des Goethe-Institutes und anderer Mittlerorganisationen zum
Ausdruck bringt.
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Die beiden Berichterstatter nutzen die Gelegenheit, sich bei den AGDM-Vertretern
aus erster Hand über die Lage der deutschen Minderheiten der deutschen Minderheiten in ihren Heimatländern zu informieren, wobei die aktuelle Situation in der Republik Polen nach der jüngsten Parlamentswahl besonders eingehend diskutiert wurde.
Im anschließenden Gespräch mit den beiden Berichterstattern der Koalitionsfraktionen für den Haushalt des Bundesministerium des Innern, Martin Gerster MdB und Dr.
Reinhard Brandl MdB, machten die AGDM-Vertreter und ich gemeinsam die Notwendigkeit der fortgesetzten Förderung für die im Sommer eingerichtete AGDMKoordinierungsstelle in Berlin deutlich. AGDM-Sprecher Dr. Koloman Brenner nannte sie einen "ganz wichtigen Schritt" für die Organisation und die anwesenden Vertreter führten zahlreiche konkrete Beispiele von Unterstützungen durch die Koordinierungsstelle an.
Aus dem Haushalt des Bundesministerium des Innern werden für Angehörige der
deutschen Minderheiten im östlichen Europa soziale und – in begrenztem Umfang –
Wirtschaftshilfen geleistet sowie identitäts- und verbandsstärkende Maßnahmen finanziert. Der Vorsitzende des Verbandes deutscher Sozial-Kultureller Gesellschaften
in Polen, Bernard Gaida, machte auf die Lage der Stiftung für die Entwicklung Schlesien aufmerksam.
Nach eingehender Diskussion der Lage der deutschen Minderheiten in ihren jeweiligen Heimatstaaten gaben die beiden Haushaltsberichterstatter ihrem Dank und ihrer
Anerkennung Ausdruck. Es würde noch viel zu wenig beachtet, dass die deutschen
Minderheiten zugleich immer auch Botschafter Deutschlands im Ausland seien und
hierbei eine hervorragende Rolle spielten. Die Abgeordneten Martin Gerster und Dr.
Reinhard Brandl verwiesen auf die strikten Regeln der Haushaltsdisziplin, die sich die
Haushaltspolitiker selbst auferlegt hätten. Dennoch wolle man sich bei den laufenden
Haushaltsberatungen für die deutschen Minderheiten stark machen.
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3.92. AGDM im Gespräch mit BKM-Gruppenleiter Ansgar
Hollah
Im Rahmen ihrer Jahrestagung habe ich die Vertreter der in der Arbeitsgemeinschaft
Deutscher Minderheiten (AGDM) zusammengeschlossenen Vertreter der deutschen
Minderheiten in Europa sowie in den zentralasiatischen Republiken der früheren
Sowjetunion mit dem für den Bereich "Geschichte und Erinnerung“ zuständigen
Gruppenleiter bei der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, Ministerialdirigenten Ansgar Hollah, zu einem gemeinsamen Meinungs- und Informationsaustausch eingeladen.
Bundesbeauftragter
Hartmut Koschyk MdB,
Gruppenleiter Ansgar
Hollah, AGDM-Sprecher
Dr. Koloman Brenner
Quelle: BMI
Im Zentrum des intensiven Informations- und Gedankenaustausches stand die Förderung des kulturellen Erbes der Deutschen im östlichen Europa gemäß § 96 Bundesvertriebenengesetz (BVFG). Hierzu haben sich CDU, CSU und SPD in ihrem Koalitionsvertrag von 2013 auf eine konzeptionelle Weiterentwicklung verständigt.
Der Vorsitzende des Verbandes deutscher Sozial-Kultureller Gesellschaften in Polen,
Bernard Gaida, machte darauf aufmerksam, dass die Selbstorganisationen deutscher
Minderheiten inhaltlich bereits jetzt sehr viel unternehmen, was genau der Zielsetzung des § 96 entspricht. Deshalb sei eine verbesserte Abstimmung und Zusammenarbeit geboten. Die stellvertretenden Vorsitzende des Internationalen Verbandes der
russlanddeutschen Kultur in Moskau und Vizepräsidentin der Föderalistischen Union
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Europäischer Volksgruppen, Olga Martens, verwies auf die intensiven Forschungsarbeiten zur russlanddeutschen Geschichte in der Russischen Föderation und anderen
Nachfolgestaaten der früheren Sowjetunion. Auch sie wünschte sich mehr Kooperation mit bundesdeutschen Stellen.
Gruppenleiter Ansgar Hollah bestätigte das große Potenzial, mittels der Kulturarbeit
nicht nur die deutschen Minderheiten in ihren Heimatländern zu unterstützen, sondern auch für die dortigen Mehrheitsgesellschaften etwas zu leisten. Deshalb sei der
Wunsch nach mehr Transparenz und Kooperation richtig und würde auch bei der
Weiterentwicklung der Konzeption der Kulturarbeit nach § 96 BVFG seinen Niederschlag finden. Gleichwohl würden die Fördermaßnahmen nach § 96 BVFG auch künftig vorwiegend im Inland angesiedelt sein.
Auch ich sprach mich für eine verstärkte Einbeziehung der Selbstorganisationen der
deutschen Minderheiten aus. Ein besonders gutes Beispiel hierfür sei das jüngst erschiene Band "Geschichte Oberschlesiens. Politik, Wirtschaft und Kultur von den Anfängen bis zur Gegenwart", die vom Bundesinstitut für die Kultur und Geschichte der
Deutschen im östlichen Europa gemeinsam mit dem Haus der Deutsch-Polnischen
Zusammenarbeit in Gleiwitz herausgegeben wurde und in dem durch verschiedene
Wissenschaftler aus Deutschland, Polen und der Tschechischen Republik unterschiedliche historische Sichtweisen nebeneinander vermittelt werden. Es dürfe aber nicht
sein, dass in wissenschaftlichen Konferenzen in Deutschland historische Fragen zu
den Heimatvertriebenen, Aussiedlern und in der angestammten Heimat verbliebenen
deutschen Minderheiten abgehandelt würden, ohne das vorhandene wissenschaftliche Expertise, die bei den Organisationen dieser Gruppen angesiedelt ist, genutzt
würde. Nach Vorlage der weiterentwickelten Konzeption der Kulturarbeit nach § 96
BVFG seien konkrete Abstimmungen notwendig, wie Vertriebene, Aussiedler und
deutsche Minderheiten einbezogen werden. Dieses gelte im Übrigen auch für die
Denkmalpflege in den deutschen Siedlungsgebieten im östlichen Europa.
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3.93. Intensive Diskussion über deutsches Auslandsschulwesen auf der AGDM-Jahrestagung
In Fortsetzung einer Auftaktveranstaltung im Juli 2015 diskutieren die Teilnehmer der
24. Jahrestagung der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Minderheiten (AGDM) gemeinsam mit mir und dem Vorsitzenden des Bundestags-Unterausschusses für Auswärtige
Kultur- und Bildungspolitik, Dr. Bernd Fabritius MdB, sowie Vertretern des Auswärtigen Amtes (AA), der Zentralstelle für das Auslandsschulwesen (ZfA), der Kultusministerkonferenz (KMK), des Pädagogischen Austauschdienstes der Kultusministerkonferenz (KMK-PAD) sowie des Weltverbandes für das Auslandsschulwesen (WDA) aktuelle Fragen des deutschen Auslandsschulwesen, insbesondere mit Blick auf die Bedürfnisse der deutschen Minderheiten in Europa und in den Nachfolgestaaten der früheren Sowjetunion.
Teilnehmer der AGDM-Jahrestagung mit Gernot Herrmann (KMK-PAD, 1.v.l.), Thilo Klingebiel (WDA, 4.v.l.),
Astrid Stefani (ZfA, 6.v.l.), Katrin Misera-Lang (AA,
10.v.l.), Dr. Bernd Fabritius MdB (9.v.r.), Maja Oelschlägel (KMK, 4.v.r), Bundesbeaufragter Hartmut Koschyk
MdB (2.v.r.)
Quelle: BMI
Kathrin Misera-Lang vom AA verwies auf die Initiative Initiative "Schulen: Partner der
Zukunft" (PASCH) von Bundesaußenminister Dr. Frank-Walter Steinmeier aus dem
Jahre 2008. Heute existieren bereits über 1.800 PASCH-Schulen. Maja Oelschlägel von
der KMK teilte mit, dass zurzeit rund 2.000 Lehrkräfte an Schulen in der Bundesrepublik Deutschland beurlaubt seien, um an einer Schule im Ausland zu unterrichten. Es
könnte allen Anforderungen entsprochen werden, allerdings würden die Lehrer auch
in Deutschland selbst immer mehr benötigt. Astrid Stefani von der ZfA berichtete
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über ein von der Telekom gefördertes Pilotprojekt in den Ländern Polen, Ungarn und
Rumänien, für angehende Fachlehrer in den sog. „MINT“-Fächern.
Der Vorsitzende des Unterausschusses für Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik, Dr.
Bernd Fabritius MdB, betonte, dass die deutschen Auslandsschulen lt. Gesetz in erster
Linie für die Bürger des Ziellandes eingerichtet worden sind. Deshalb ist es legitim,
auch die Bedürfnisse der dortigen nationalen Minderheiten einzubeziehen.
Seitens der Vertreter der deutschen Minderheiten wurde um die verstärkte Entsendung von Lehrkräften an die Schulen der Minderheiten gebeten. Es sei für die Kinder
und Jugendlichen von größter Bedeutung, dass sie auch in Kontakt mit Muttersprachlern erhalten.
Auf meinen Vorschlag verständigte man sich auf die Erstellung einer länderbezogenen Übersicht über die Ist-Situation und die Notwendigkeiten von zusätzlichem
Deutschunterricht durch muttersprachliche Lehrer, die auch eine strategische Planung für eine Verbesserung der Situation enthalten soll. MdB Dr. Bernd Fabritius
nahm die Anregung des Beauftragten, zu diesem Thema eine Anhörung im Unterausschuss für Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik durchzuführen, positiv auf.
3.94. Arbeitsgemeinschaft Deutscher Minderheiten zu Gast
beim Vizepräsidenten des Deutschen Bundestages
Mit Vizepräsident Johannes Singhammer sind die Vertreter der Arbeitsgemeinschaft
Deutscher Minderheiten (AGDM) am 12.11.2015 zu einem Gedanken- und Informationsaustausch im Deutschen Bundestag zusammengetroffen. Singhammer war sichtbar erfreut, "viele bekannte Gesichter" von Angehörigen der deutschen Minderheiten
wiederzusehen, die er im Rahmen von Auslandsreisen besucht habe. Der Vizepräsident brachte die große Verbundenheit des ganzen Deutschen Bundestages mit den
deutschen Minderheiten zum Ausdruck und ermutigte deren anwesenden Vertreter,
noch stärker als bisher den Kontakt zu deutschen Parlamentariern zu suchen.
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Bundesbeauftragter Hartmut Koschyk MdB,
Bundestags-Vizepräsident Johannes Singhammer, AGDM-Sprecher Dr. Kolomann Brenner,
Leiterin AGDM-Koordinierungsstelle Eva Adel
Penzes, FUEV-Präsident Hans Heinrich Hansen
Quelle: BMI
Der Sprecher der AGDM, Dr. Koloman Brenner, dankte Vizepräsident Singhammer
für den freundlichen Empfang und die guten Worte der Verbundenheit. Gerade Singhammer hätte sich in den vergangenen Jahren sehr für die deutschen Minderheiten
engagiert. Die Teilnehmer der AGDM sprachen gegenüber dem BundestagVizepräsidenten den Wunsch aus, dass möglichst bald im Paul-Löbe-Haus des Bundestages eine Ausstellung über die deutschen Minderheiten in Europa und den Nachfolgestaaten der früheren Sowjetunion gezeigt werde.
3.95. Arbeitsgemeinschaft Deutscher Minderheiten im Gespräch mit der Otto-Benecke-Stiftung
Am 12.11.2015 haben sich die Teilnehmer der 24. Jahrestagung der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Minderheiten (AGDM) mit Vertretern der Otto-Benecke-Stiftung
(OBS) getroffen, um die Möglichkeiten für eine Förderung von jungen Vertretern der
deutschen Minderheiten im östlichen Europa und in den Nachfolgestaaten der früheren Sowjetunion zu beraten. Der zuständige Referatsleiter der OBS, Hans-Georg Hiesserich, und seine Mitarbeiterin Dorothee Leufgen stellten das laufende Programm
YOU.PA (Young Potentials Academy) vor, mit dem gezielt herausragende junge Vertreter deutscher Minderheiten gefördert werden.
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Nach eingehender Diskussion der bisherigen Erfolge baten die AGDM-Vertreter die
OBS, eine Erweiterung des bisherigen Länderkreises (Polen, Rumänien, Slowakische
Republik, Tschechische Republik, Ungarn) um die baltischen Staaten sowie Slowenien,
Kroatien und Serbien zu prüfen.
Ich machte den Vorschlag, künftig neue Programmausschreibungen auch über die
neu eingerichtete AGDM-Geschäftsstelle zu verbreiten.
Informationen über das Programm YOU.PA finden Sie auf der Homepage der OBS:
http://www.obs-ev.de/programme/youpa/
3.96. AGDM & ifa treffen Bundesaußenminister Dr. FrankWalter Steinmeier
Gruppenaufnahme mit Bundesaußenminister Dr.
Frank-Walter Steinmeier und Michael Reiffenstuel,
Beauftragter für Auswärtige Kulturpolitik, Auslandsschulen und Netzwerk Deutsch
Quelle: BMI
Zur Beratung von Fragen der Unterstützung der deutschen Minderheiten im östlichen
Europa und in den Nachfolgestaaten der früheren Sowjetunion, die v.a. das Auswärtige Amt betreffen, sind die Vertreter der in der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Minderheiten (AGDM) zusammengeschlossenen Selbstorganisationen sowie deren Jugendvertreter mit führenden Beamten dieses Ressorts zusammengetroffen.
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Eindeutiger Höhepunkt dieser Beratungen war das Treffen mit Bundesaußenminister
Dr. Frank-Walter Steinmeier, der kurz zuvor im Deutschen Bundestag die Ziele der
Bundesregierung für den deutschen OSZE-Vorsitz im Jahr 2016 vorgestellt hatte.
Schon zuvor hatte Steinmeier erklärt, dass der Schutz der Rechte nationaler Minderheiten einer der Schwerpunkte des deutschen OSZE-Vorsitzes sein wird.
Zuvor hatte schon der Beauftragte des Auswärtigen Amtes für Auswärtige Kulturpolitik, Auslandsschulen und Netzwerk Deutsch, Vortragender Legationsrat I. Klasse Michael Reiffenstuel, die hohe Bedeutung unterstrichen, die das Auswärtige Amt der
Arbeit für die deutschen Minderheiten beimisst. Die doppelte Brückenfunktion deutscher Minderheiten – als Vermittler zwischen Heimatstaat und Deutschland sowie als
Akteur in zivilgesellschaftlichen Prozessen – würde immer wichtiger, weil sich die
Außenpolitik immer mehr von einer Außenpolitik der Staaten zu einer Außenpolitik
der Gesellschaften wandele, wie es der verstorbene Soziologe Ralf Baron Dahrendorf
formuliert hatte.
Der Sprecher der AGDM Dr. Koloman Brenner dankte Bundesaußenminister Dr.
Frank Walter Steinmeier für die Einladung ins Auswärtige Amt. Für eine Revitalisierung der deutschen Sprachkenntnisse bei den Angehörigen der deutschen Minderheiten seien wenigstens bilinguale Bildungsangebote notwendig. Hier seien die deutschen Minderheiten auf die Unterstützung durch die Bundesregierung angewiesen.
Brenner verwies darauf, dass die Angehörigen der deutschen Minderheiten Botschafter der deutschen Sprache und Kultur, ja Deutschlands, seien. Er hob auch die gute
Zusammenarbeit mit den nationalen autochthonen Minderheiten in Deutschland
hervor.
Karoline Gil vom Institut für Auslandsbeziehungen (ifa) stellte den Mitarbeitern des
Auswärtigen Amtes und den Vertretern der deutschen Minderheiten einen Vorschlag
vor, wie ein von der AGDM-Jahrestagung im Vorjahr angeregte Online-Portal zur effektiven Vernetzung der Medien der deutschen Minderheiten gestaltet werden könnte.
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Der Vorsitzende der Föderalistischen Union Europäischer Volksgruppen (FUEV), Hans
Heinrich Hansen, würdigte den Termin im Auswärtigen Amt als wichtige Einbeziehung in die Politik. Er sagte für die FUEV die Unterstützung beim deutschen OSZEVorsitz zu, falls dieser erbeten werde.
Die junge Ungarndeutsche Kinga Gáspar sprach im Namen aller anwesenden Jugendvertreter und betonte die Wichtigkeit von Möglichkeiten des Jugendaustausches, sowohl mit der Bundesrepublik Deutschland als auch untereinander. Viele junge Angehörige der deutschen Minderheiten seien bereit, sich in diesen zu engagieren. Renata
Trischler von der Deutschen Gemeinschaft in Kroatien sprach für die Selbstorganisationen der deutschen Minderheiten in Slowenien, Kroatien und Serbien und unterstrich, dass gerade die zahlenmäßig kleinen Minderheiten besonders auf die Unterstützung aus Deutschland angewiesen seien. Dringend benötigt würden zusätzliche
Sprachkurse, hier wünsche man sich mehr Unterstützung durch die Goethe-Institute.
Die stellvertretende Vorsitzende des Internationalen Verbandes der Deutschen Kultur,
Olga Martens, berichtete von der schwierigen Lage der Deutschen in Russland. Sie
hätten sowohl eine deutsche als auch eine russische Identität und sie wollten gerne
sowohl Deutschland als auch Russland loyal sein. Deshalb würde diese Gruppe sehr
unter der Abkühlung der deutsch-russischen Beziehungen leiden. Sie dankte der
Bundesregierung und der Deutschen Botschaft in Moskau für die bisher geleistete
Unterstützung und sprach sich für eine baldige Fortsetzung der Arbeit der deutschrussischen Regierungskommission aus. Der Vorsitzende des Rates der Deutschen in
der Ukraine, Wolodymyr Leysle, verwies auf die ebenfalls schwierige Situation für die
Deutschen in der Ukraine. Er konnte Bundesaußenminister Dr. Frank-Walter Steinmeier die aktuelle Nachricht überbringen, dass Premierminister Arseni Jazenjuk ukrainischerseits die Wiederaufnahme der Arbeit der deutsch-ukrainischen Regierungskommission zugunsten der deutschen Minderheit in der Ukraine angeordnet hat.
Deutscherseits habe ich deren Wiederbelebung immer wieder eingefordert.
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Ich dankte Bundesminister Steinmeier für die Einladung ins Auswärtige Amt und für
die Schwerpunktsetzung "Minderheitenpolitik" für den im nächsten Jahr anstehenden
deutschen Vorsitz in der OSZE. Dabei muss man sich auch um die Minderheiten
kümmern, denen es nicht so gut geht. Ich nannte dabei die Minderheit der Roma sowie Minderheiten, die in Spannungsgebieten leben. Die zivilgesellschaftliche, stabilisierende Rolle von Minderheiten darf aus meiner Sicht nicht unterschätzt werden.
3.97. Gespräch mit dem Generalsekretär des Verbandes der altösterreichischen Landsmannschaften in Österreich,
Norbert Kapeller
Nach meinem Besuch am 22. Juni 2015 im Wien, wo ich unter anderem auch das
"Haus der Heimat", den Sitz des Verbandes der deutschen altösterreichischen Landsmannschaften in Österreich (VLÖ), besucht habe, bin ich mit dem Generalsekretär des
Verbandes der altösterreichischen Landsmannschaften in Österreich Herrn Norbert
Kapeller in Berlin zu einem Gespräch zusammengetroffen.
v.l.n.r.: Bundesbeauftragter Hartmut Koschyk MdB, Generalsekretär Norbert Kapeller mit Ehefrau Bettina KapellerSchramm und Dr. Thomas Herzog
Quelle: BMI
Im Mittelpunkt des Gesprächs stand die derzeitige Situation der deutschsprachigen
Gemeinschaft in Slowenien. Sie ist bislang von slowenischer Seite noch nicht als Minderheit anerkannt.
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Ich berichtete Norbert Kapeller über meinen Austausch mit den zwei Vertretern aus
Slowenien, welche an der 24. Jahrestagung der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Minderheiten (AGDM) vom 9. bis 12. November in Berlin teilgenommen haben, und von
meinen bisherigen Kontakten in Laibach und mit dem Bundesministerium für Europa/Integration/Äusseres der Republik Österreich.
Weiterhin unterrichtete ich Norbert Kapeller darüber, dass ich im Jahr 2016 beabsichtige, die Republik Slowenien zu besuchen um mir selbst einen Eindruck über die Lage
vor Ort zu machen.
Ich war mir mit Norbert Kapeller einig, dass eine enge Abstimmung zwischen
Deutschland und Österreich erforderlich ist, um die minderheitenrechtliche Lage der
deutschsprachigen Gemeinschaft in Slowenien zu verbessern.
3.98. Pater Berno Rupp SDS erhält Bundesverdienstkreuz
Gruppenaufnahme mit Pater Peter Rupp auf der
Pater Paulus Farm in Bakowa
Quelle: BMI
Pater Berno Rupp wurde am 14.11.2015 mit dem Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet. Konsul Rolf Maruhn
würdigte in seiner Laudatio im Rahmen der Auszeichnung die Verdienste Pater
Bernos in besonderem Maße. Die Feierlichkeiten fanden in einem separaten Festakt
am 80. Geburtstag Pater Bernos statt.
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Auch ich gratulierte Pater Berno zu seinem 80. Geburtstag und der Auszeichnung mit
dem Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland.
Ich hatte Pater Berno im August dieses Jahres persönlich kennengelernt und das
Landwirtschaftsprojekt für Obdachlose in Bakowa, das er gemeinsam mit der Caritas
betreibt, besucht.
Mit seinen Initiativen leistet Pater Berno einen unbezahlbaren und wertvollen gesellschaftlichen Beitrag - das, was er hilfsbedürftigen Mitmenschen ermöglicht, ist in
keinster Weise selbstverständlich. Ich kann nur bekräftigen, dass er das Ansehen der
Bundesrepublik Deutschland in besonderem Maße fördert und einen herausragenden
Beitrag zu den deutsch-rumänischen Beziehungen leisten. Die Farm in Bakowa strahlt
Wohlfühlcharakter und Herzlichkeit aus. Es ist schön zu sehen, wie gerne die Menschen dort leben, Verantwortung übernehmen und gute Arbeit leisten."
Zum Beitrag des Deutschen Konsulats in Temeswar gelangen Sie hier:
http://www.temeswar.diplo.de/Vertretung/temeswar/de/02/Ereignisse/2015/Pater__
Berno.html
3.99. Antrittsbesuch des neuen Botschafters der Republik Ungarn in Berlin, S.E. Dr. Peter Györkös
Unmittelbar nach seiner Berufung zum Botschafter der Republik Ungarn in Berlin im
November 2015 hat mich S.E. Dr. Peter Györkös den zu einem Meinungs- und Informationsaustauch im Bundesministerium des Innern getroffen.
Im Vordergrund stand die gute Entwicklung der Lage der deutschen Minderheit in
Ungarn, die sich durch beispielhafte Selbstverwaltungsstrukturen auszeichne. Ich
würdigte insbesondere auch das große Engagement der deutschen Minderheitenvertreter Ungarns für die deutschen Minderheiten insgesamt. Mit Éva Adél Pénzes, die
das Büro der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Minderheiten (AGDM) in Berlin leitet
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und dem AGDM-Vorsitzenden Koloman Brenner, bringe sich die deutsche Minderheit
in Ungarn engagiert und vorbildlich in die gesamte Gemeinschaften der deutschen
Minderheit in Europa und den GUS-Staaten ein.
Im Rahmen der AGDM-Jahrestagung, die vom 9-12.November 2015 in Berlin stattfand, wurden die Minderheitenvertreterinnen und -vertreter in der Ungarischen Botschaft von der Geschäftsträgerin, Gesandte Dr. Katalin Karsai, empfangen. Hierfür
dankte ich auch Botschafter Györkös recht herzlich.
Botschafter der Republik Ungarn in Berlin, S.E.
Dr. Peter Györkös, mit Bundesbeauftragtem
Koschyk
Quelle: BMI
Seit 1992 bildet der Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Ungarn über freundschaftliche Zusammenarbeit und Partnerschaft in Europa
eine wichtige Grundlage der bilateralen Beziehungen und ist Ausdruck für die gute
Entwicklung in Minderheitenfragen.
Zum diesjährigen Redebeitrag des Bundesbeauftragten anlässlich des zentralen Gedenktages zur Erinnerung an die Vertreibung und Verschleppung der Ungarndeutschen in Bogdan/Dunabogdány am 18.1.2015 gelangen Sie hier:
http://www.aussiedlerbeauftragter.de/SharedDocs/Reden/AUSB/DE/rede-koschykzentraler-gedenktag-budapest.html?nn=3791990
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3.100. Besuch der Delegation der Kommission des rumänischen Parlaments für die Auslandsrumänen
Ende November 2015 habe ich die Delegation der Kommission des rumänischen Parlaments für die im Ausland lebenden Rumänen zu einem Meinungs- und Informationsaustausch getroffen.
Ich stellte bei diesem Besuch meine drei Aufgabenbereiche – Aussiedler, autochthone
nationale Minderheiten in der Bundesrepublik Deutschland, deutsche Minderheiten
in Europa und den Nachfolgestaaten der früheren Sowjetunion – vor. Insbesondere
hob ich dabei die "mustergültige Zusammenarbeit" der deutschen und der rumänischen Regierung für die Belange der deutschen Minderheit in Rumänien hervor, die
durch eine jährlich tagende gemeinsame Regierungskommission eine stabile Grundlage gefunden hat.
Der Leiter der Delegation, der Abgeordnete Mircea Dolha, in dessen Wahlkreis historische deutsche Siedlungsgebiete liegen, betonte das traditionell gute Verhältnis der
Rumänen und der nationalen Minderheiten untereinander. Heute noch würden deutsche Friedhöfe in Orten, die von den Deutschen mittlerweile verlassen seien, von Rumänen gepflegt.
Ich verwies auch auf das Engagement der deutschen Minderheit für die RomaMinderheit in Rumänien und berichtete über meinen jüngsten Besuch im siebenbürgischen, früher von Deutschen und überwiegend von Roma bewohnten Radeln/Roadeş, wo die Peter-Maffay-Stiftung das "Tabaluga-Haus" für traumatisierte
Kinder eingerichtet hat.
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Gruppenaufnahme im BMI, Berlin
Quelle: BMI
Ich war mir mit den rumänischen Abgeordneten einig, dass aus Rumänien stammende Arbeitskräfte in Deutschland einen Anspruch auf angemessene Entlohnung, legale
Arbeitsverhältnisse und gesetzmäßigen Arbeitnehmerschutz haben und verwies auf
meine frühere Zuständigkeit als Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen für den Zoll, der auch zur Verfolgung illegaler Beschäftigung eingesetzt wird.
3.101. Besuch von S.E. Dr. phil. habil. Andrzej Czaja, Bischof
von Oppeln/Opole, in Berlin
Im Bundesinnenministerium in Berlin bin ich mit dem Bischof von Oppeln/Opole,
S.E. Dr. phil. habil. Andrzej Czaja zu einem Informations- und Meinungsaustausch
zusammengekommen. Der Bischof wurde begleitet vom Diözesan-Beauftragten für
die deutschsprachige Seelsorge, Dr. Piotr Tarlinski, dem Direktor der Finanz- und
Wirtschaftsabteilung der Diözese, Prälat Ginter Żmuda, sowie seinem Persönlichen
Sekretär Joachim Kobienia.
Ich informierte meine Gäste aus Oberschlesien über den Stand der Verhandlungen
des "Runden Tisches zu Fragen der deutschen Minderheit in Polen und der polnischstämmigen Bürger und Polen in Deutschland".
Seite 287
auf der Reichstagskuppel des Deutschen Bundestages,
v.l.n.r.: Prälat Ginter Żmuda, Pfr. Dr. Piotr Tarlinski,
Bundesbeauftragter Koschyk, Bischof Dr. Andrzej Czaja,
Bischöflicher Sekretär Joachim Kobienia
Quelle: BMI
Bischof Czaja gab mir einen Überblick über die Seelsorge der katholischen Kirche für
die ebenfalls mehrheitlich katholische deutsche Minderheit in seiner Diözese. Die
Menschen in der europäischen Kernregion Oberschlesien hätten eine "offene, aufgeschlossene Identität", die all ihre angestammten Bewohner unabhängig von ihrer ethnischen Zugehörigkeit einbezöge. Ich verwies auf die Botschaft Papst Johannes Pauls
II. zum Weltfriedenstag am 1. Januar 1989 – "Frieden schaffen, Minderheiten achten!"
–, wonach die Achtung der Minderheiten "[…] als der Prüfstein für ein harmonisches
gesellschaftliches Zusammenleben und als Beweis für die von einem Land und seinen
Einrichtungen erreichte gesellschaftliche Reife angesehen werden [müsse]."
Bischof Czaja und ich waren uns einig, dass ausgehend vom jüngst feierlich begangenen 50. Jahrestages des historischen Briefwechsels zwischen der deutschen und der
polnischen Bischofskonferenz im Jahre 1965 im nächsten Jahr auch aus Anlass 25. Jahrestag des deutsch-polnischen Vertrags über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit an die positive Entwicklung in den Beziehungen zwischen beiden Ländern erinnert wird. Dabei hat auch die katholische Kirche in beiden Ländern
eine wichtige Rolle gespielt, nämlich bei der Seelsorge für die deutsche Minderheit in
Polen sowie für die Vertriebenen und Aussiedler in Deutschland, aber auch für die
polnische Diaspora in Gestalt der Polnischen Katholischen Missionen in Deutschland.
Seite 288
3.102. Im Dialog mit jungen Politiker, Wissenschaftlern und
Journalisten aus der Ukraine und der Republik Moldau
Im Rahmen ihrer Winterschule "Ein permanentes Konfliktpotenzial? Der Umgang mit
Sprache(n) und Minderheiten in der Ukraine und der Republik Moldau" am MoldovaInsitut an der Universität Leipzig besuchten mich die Teilnehmer aus der Republik
Moldau und der Ukraine zu einem Meinungs- und Informationsaustausch.
Zuvor hatte die Gruppe bereits im ukrainischen Czernowitz/Tscherniwzi, der moldauischen Hauptstadt Chişinău sowie in Comrat, der Hauptstadt der autonomen Region
Gagausien im Süden Moldawiens, Veranstaltungen besucht.
Ich stellte zunächst meine drei Hauptaufgabengebiete – Aufnahme und Integration
von Aussiedlern, nationale Minderheiten in Deutschland sowie deutsche Minderheiten im östlichen Europa und in den Nachfolgestaaten der früheren Sowjetunion vor.
Mit einem Besuch bei der sorbischen Minderheit hatten die Teilnehmer bereits an
einem praktischen Beispiel erfahren, wie internationale und bilaterale Vereinbarungen, Bundes- und Landesrecht bei der Umsetzung des Minderheitenschutzes ineinander greifen.
Bundesbeauftragter Koschyk mit der Delegation aus der
Ukraine und der Republik Moldau im Deutschen Bundestag
Quelle: Koschyk
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer interessierten sich insbesondere für die Lage
der deutschen Minderheiten in der Ukraine und in der Republik Moldau. Ich infor-
Seite 289
mierte über das Engagement des Bundesministeriums des Innern und des Auswärtigen Amtes für die rund 33.000 Angehörigen der deutschen Minderheit in der Ukraine.
Mit Blick auf die rund 2.000 Deutschen, die in der Republik Moldau leben, brachten
die anwesenden Vertreter mir und der gesamten Regierungsseite, aber auch der Seite
der kommunalen Ebene ein Interesse an einem stärkeren Kontakt zum Ausdruck.
3.103. Meinungs- und Informationsaustausch mit Vertretern
der deutschen Minderheit nach der Parlamentswahl in
Polen
In Oppeln bin ich am 4. Dezember 2015 mit Vertretern der deutschen Minderheit zusammengetroffen, um mich nach den Parlamentswahlen in Polen im Oktober dieses
Jahres, aus denen die nationalkonservative Oppositionspartei Recht und Gerechtigkeit
(PiS) als stärkste Kraft hervorging, vor Ort ein Bild über die Lage der deutschen Minderheit zu machen.
Nach den Parlamentswahlen in Polen wurde u.a. die Zuständigkeit für nationale Minderheiten vom Ministerium für Verwaltung und Digitalisierung an das polnische Innenministerium übertragen.
Die Deutsche Minderheit in Polen war zur Sejm-Wahl wieder mit einer eigenen Liste
angetreten und erreichte in etwa das Ergebnis der vorangegangenen Parlamentswahlen. Vertreter der Deutschen Minderheit im polnischen Parlament ist erneut der Oppelner Ryszard Galla. Nachdem der polnische Präsident Andrzej Duda (PiS) sein Veto
gegen die durch das vorherige Parlament angenommene Novellierung des polnischen
Minderheitengesetzes eingelegt hat, tauschte ich mich gemeinsam mit Abgeordneten
Galla darüber aus, welche Chancen für eine Verbesserung des Minderheitengesetzes in
Polen bestehen. Auch informierte ich mich über die künftige Arbeit der Kommission
für nationale Minderheiten im polnischen Sejm.
Seite 290
Mein Interview mit dem „Wochenblatt“ zum Ausgang der polnischen Parlamentswahlen finden Sie hier:
https://www.koschyk.de/international/koschyk-im-interview-mit-demwochenblatt-der-zeitung-der-deutschen-in-polen-senkung-derminderheitenstandards-nicht-im-polnischen-interesse-23880.html
Mit dem Vorsitzenden des Verbandes der deutschen Sozial-Kulturellen Gesellschaften
in Polen (VdG), Bernard Gaida, und dem Vorsitzenden der Sozial-Kulturellen Gesellschaft der Deutschen im Oppelner Schlesien, Rafał Bartek, tausche ich mich in Vorbereitung des Arbeitstreffens, zur Umsetzung der Ergebnisse des Runden Tisches vom
26. Februar 2015, aus.
Auch tauschte ich mich mit Vertretern des Bundes der Jugend der Deutschen Minderheit in Polen aus. Der Bund der Jugend der deutschen Minderheit in Polen ist sehr gut
in die Organisation der Gesamtstruktur der polnischen Jugendverbände integriert und
stellt mit Melanie Raczek die stellvertretende Vorsitzende des Polnischen Rates der
Jugendvereine.
Im Mittelpunkt des Gespräches stand die Frage nach neuen Strategien, um jungen
Leuten, die selbst nicht in Jugendgruppen der deutschen Minderheit organisiert sind
oder sich nicht in Jugendgruppen organisieren wollen, ein Angebot zu bieten. Der
Bund der Jugend der deutschen Minderheit in Polen will dabei neue Wege gehen. So
ist beispielsweise ein Seminar mit deutschstämmigen Jugendlichen aus der Ukraine
zum Thema "Poetry slam" geplant. Der Bund der Jugend der deutschen Minderheit
hat in der Vergangenheit bereits selbst schon erfolgreich "Poetry Slam" Wettbewerbe
veranstaltet.
Zur Internetseite des Bundes der Jugend der Deutschen Minderheit in Polen gelangen
Sie über folgenden Link: http://www.bjdm.eu/de/indexde.php
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Bei meinem Besuch in der Redaktion der Zeitung "Wochenblatt, der Zeitung der
Deutschen in Polen" informierte ich mich über die Bemühungen die mediale Präsenz
der deutschen Minderheit durch die Verbindung von Printmedien, Radio- und Fernsehsendungen und dem Internet zu stärken. Ziel dabei ist es nicht nur den Zusammenhalt der deutschen Minderheit zu stärken, sondern auch die polnische Mehrheitsbevölkerung über die deutsche Minderheit in Polen zu informieren.
Zur Internetseite der Zeitung "Wochenblatt, der Zeitung der Deutschen in Polen" gelangen Sie hier: http://wochenblatt.pl/
3.104. Im Gespräch mit dem kirgisischen Botschafter Otorbaev
Am 15. Dezember 2015 bin ich mit dem Botschafter der Kirgisischen Republik, S.E.
Herrn Erines Otorbaev, sowie der Gesandten Ainura Tursumabaeva zu einem Gedanken- und Informationsaustausch zusammengetroffen, der an die am 2. September
2015 erfolgreich abgeschlossene Deutsch-Kirgisische Regierungskonferenz für die
Angelegenheiten der Deutschen in der Kirgisischen Republik anschloss.
Bundesbeauftragter Koschyk mit
Botschafter Erines Otorbaev
Quelle: BMI
Zunächst ging es im Gespräch um die vom Bundesministerium des Innern geförderte
Wanderausstellung "Deutsche in der Geschichte Kirgistans", die gemeinsam vom Kirgisischen Historischen Museum Bischkek, der Kirgisischen Botschaft in Berlin und der
Landsmannschaft der Deutschen aus Russland realisiert wurde und sehr erfolgreich
Seite 292
angenommen wird. Derzeit wird die Ausstellung im Museum für russlanddeutsche
Kulturgeschichte in Detmold gezeigt, die auch in 2016 auch eine Bundesförderung
erhalten wird.
Ein weiterer Schwerpunkt des Gesprächs war die Intensivierung der Zusammenarbeit
auf dem Gebiet der Berufsausbildung, insbesondere in den Bereichen Bergbau und
Landwirtschaft. Wir vereinbarten, hierzu auch weiterhin in einem engen Gesprächskontakt zu bleiben.
3.105. Wiederaufnahme der Arbeit der deutsch-russischen Regierungskommission
Im Bundesministerium des Innern in Berlin habe ich Ende Dezember 2015 erste Gespräche mit dem Leiter der Föderalen Agentur für Nationalitätenangelegenheiten der
Russischen Föderation (FAN), S.E. Igor Barinow, geführt. Barinow war im April dieses
Jahres als Leiter der neu geschaffenen Agentur berufen worden.
S.E. Igor Barinow und Bundesbeauftragter
Hartmut Koschyk im Bundesministerium des
Innern
Quelle: BMI
Bei der Zusammenkunft wurde Barinow vom Gouverneur der Oblast Omsk Viktor
Nasarow, dem Leiter der Abteilung für Innenpolitik und bilaterale Beziehungen an
der Russischen Botschaft in Berlin Georgi Starikowitsch, der Leiterin des Protokollreferats der FAN Anna Poleschawaja, der stv. Referatsleiterin der FAN Nadjeschda Pant-
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schenko und dem Mitarbeiter des russischen Außenministeriums Alexandr Nadjeschdin begleitet. Als Mitglieder der russischen Delegation waren auch der Vorsitzende
und die stv. Vorsitzende der Selbstorganisation der Deutschen in der Russischen Föderation, des Internationalen Verbandes der Deutschen Kultur, Heinrich Martens und
Olga Martens mit nach Berlin gereist.
Auf deutscher Seite nahmen neben mir und den zuständigen Mitarbeitern des Bundesministeriums des Innern und des Auswärtigen Amtes auch mein Amtsvorgänger,
Parlamentarischer Staatssekretär a.D. Dr. Christoph Bergner MdB, der stv. Vorsitzende
des Auswärtigen Ausschusses Franz Thönnes sowie der erste russlanddeutsche Bundestagsabgeordnete in der deutschen Parlamentsgeschichte, Heinrich Zertik MdB, an
den Beratungen teil. Zur deutschen Delegation gehörten daneben auch der Bundesvorsitzende der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland, Waldemar Eisenbraun, sowie der Ko-Vorsitzende des Jugend- und Studentenrings der Deutschen aus
Russland e.V., Waldemar Weiz.
Gruppenaufnahme im BMI
Quelle: BMI
Wichtigstes Ergebnis der Beratungen ist die Vereinbarung, im Frühjahr 2016 wieder
eine Sitzung der deutsch-russischen Regierungskommission für die Angelegenheiten
der Russlanddeutschen abzuhalten. Nachdem 2013 die letzte Sitzung in Berlin stattgefunden hatte, verhinderten die gesamtpolitischen Umstände und die Neuorganisation
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der Zuständigkeiten innerhalb der russischen Regierung seitdem die turnusgemäße
Einberufung der Regierungskommission.
Auf Anregung des Gouverneurs der Oblast Omsk, Viktor Nasarow, soll die Eröffnung
des neuen Russisch-Deutschen Hauses in Omsk im Frühjahr 2016 mit der nächsten
ordentlichen Sitzung der Regierungskommission in dieser Stadt verbunden werden.
Dieses Kultur- und Geschäftszentrum ist eine gemeinsame Initiative der Oblastverwaltung, die das Haus mietfrei für 45 Jahre zur Verfügung gestellt hat, und der Selbstorganisation der Deutschen und wurde vom Bundesministerium des Innern im Jahr
2015 mit rund 136.000 € zwecks Renovierung und Ausstattung gefördert. Als Reaktion
auf die erstmalige Wahl eines Nicht-Deutschen zum Landrat im Deutschen Nationalkreis Asowo möchte Gouverneur Nasarow durch gezielte Nachwuchsförderung mehr
Deutsche für Aufgaben in der kommunalen Verwaltung qualifizieren. Ich dankte dem
Gouverneur für die große Sensibilität in Fragen der deutschen Bevölkerung seines
Gebiets und bot Unterstützung durch begleitende Fortbildungsmaßnahmen in
Deutschland an.
Die sachorientierte Beratung fand in einer freundschaftlichen und vertrauensvollen
Atmosphäre statt. Im Anschluss kamen die Teilnehmer am Abend noch zu einem Informations- und Gedankenaustausch zusammen, an dem auch der Vorsitzende der
deutsch-russischen Parlamentariergruppe im Deutschen Bundestag, Bernhard Kaster
MdB, sowie der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Stephan
Mayer MdB, sowie der zuständige Referatsleiter des Bundeskanzleramtes, VLR I Knut
Abraham, teilnahmen.
Seite 295
4. Spätaussiedler und Vertriebene
4.1.
THW leistet einen wichtigen Beitrag zur Aussiedlerintegration
Der Präsident der Bundesanstalt Technisches Hilfswerk (THW), Albrecht Broemme,
und ich sind uns einig, dass das THW in Deutschland mit seinen rund 80.000 ehrenamtlichen Mitstreitern einen wichtigen Beitrag zur Integration der nach Deutschland
kommenden Spätaussiedler aus der ehemaligen Sowjetunion leistet.
Harmut Koschyk und Albrecht Broemme
Quelle: BMI
THW-Präsident Broemme berichtete mir, dass zugewanderte Russlanddeutsche sich
bereits ehrenamtlich im THW engagieren und somit einen wertvollen Beitrag für den
Zivil- und Katastrophenschutz in Deutschland leisten.
Das Mitwirken von russlanddeutschen Spätaussiedlern im THW stellt einen wichtigen
Beitrag zur gesellschaftlichen Integration. Dies gelte besonders für jugendliche Spätaussiedler, für die das umfangreiche Jugendangebot des THW eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung bedeutet. THW-Präsident Broemme und ich vereinbarten weitere gezielte Anstrengungen zu unternehmen, damit russlanddeutsche Aussiedler sich in
Zukunft noch stärker im THW engagieren. Weitere Informationen zum Thema "THW:
Mitmachen & Unterstützen" finden Sie hier: http://www.thw.de/DE/MitmachenUnterstuetzen/mitmachen-unterstuetzen_node.html
Seite 296
4.2.
Im Gespräch mit dem Sprecher der Landsmannschaft
Ostpreußen
In Berlin bin ich Ende Januar 2015 mit dem Sprecher der Landsmannschaft Ostpreußen, Stephan Grigat, zu einem Informations- und Gedankenaustausch zusammengetroffen.
Der Beauftragte der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, Hartmut Koschyk
MdB, gemeinsam mit dem Sprecher der Landsmannschaft Ostpreußen, Stephan Grigat
Quelle: BMI
Die Landsmannschaft Ostpreußen ist die gesellschaftliche und politische Vertretung
der Deutschen, die im Zweiten Weltkrieg aus der früheren preußischen Provinz Ostpreußen geflohen sind bzw. danach von dort vertrieben worden sind. Das Gebiet verteilt sich heute auf drei Staaten: Der südliche Teil mit dem Ermland und Masuren gehört zu Polen, dort gibt es auch heute noch eine starke deutsche Minderheit. Nördlich
davon liegt das heute zur Russischen Föderation gehörende Gebiet Königsberg/Kaliningrad. Ganz im Norden gehört die jenseits des gleichnamigen Flusses gelegene Region Memel/Klaipeda zu Litauen.
Die Landsmannschaft Ostpreußen unterhält in der im südlichen Ostpreußen gelegenen Allenstein/Olsztyn und im litauschen Memel/Klaipeda jeweils ein Verbindungsbüro, um die noch in Ostpreußen lebenden Deutschen besser unterstützen zu können.
Kulturelles Zentrum für die deutsche Minderheit im Ermland und in Masuren ist das
Kopernikus-Haus in Allenstein, das vom Freistaat Bayern gefördert wird. Auch in die
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russische Exklave Königsberg bestehen gute Kontakte, die etwa in der regelmäßigen
Organisation des Deutsch-Russischen Forums ihren Ausdruck finden.
Mit dem Landsmannschaftssprecher Grigat erörterte ich besonders intensiv die Situation des deutschsprachigen Unterrichtsangebots für Angehörige der Deutschen Minderheit. Auch im Vergleich mit anderen Regionen Polens wie etwa Oberschlesien besteht hier noch großer Nachholbedarf. Die Situation des deutschsprachigen Schulwesens in ganz Polen war u.a. Thema eines für Ende Februar 2015 in Warschau durchgeführten Rundtischgesprächs mit der polnischen Regierung, das deutscherseits vom
Parlamentarischen Staatssekretär im Bundesministerium des Innern Dr. Günter
Krings und mir geleitet wird.
Weiterer Gesprächspunkt waren die Möglichkeiten für deutsche Staatsangehörige mit
Wohnsitz außerhalb Deutschlands, an Bundestagswahlen teilzunehmen. Ich sicherte
zu, durch geeignete Informationsmaßnahmen dazu beizutragen, dass möglichst viele
Wahlberechtigte ihr Wahlrecht auch tatsächlich ausüben können.
4.3.
In Erinnerung an das Deportations-Schicksal der Deutschen aus Südosteuropa vor 70 Jahren
Am 17. Januar 2015 habe ich an der zentralen Gedenkveranstaltung zur Deportation
der Deutschen aus Südosteuropa teilgenommen, die in Ulm stattfand.
Die Gedenkveranstaltung wurde vom Haus der Begegnung Ulm gemeinsam mit dem
Donauschwäbischen Zentralmuseum, dem Institut für deutsche Kultur- und Geschichte Südosteuropas an der Ludwig-Maximilians-Universität München und sechs
Landsmannschaften der Vertriebenen durchgeführt.
Nachdem die Rote Armee im Herbst 1944 nach Westen vorgerückt war, begann im
Januar 1945 die Deportation von zivilen Personen zur Zwangsarbeit in die Sowjetunion. 120.000 Deutsche waren davon betroffen; ein Viertel von ihnen sollte nicht aus
Seite 298
den Lagern zurückkehren. Anlässlich des 70. Jahrestages stand im Mittelpunkt der
Begegnung die Frage des Umgangs mit dieser historischen Hypothek: Welche Lehren
ziehen wir aus dieser Geschichte, was nehmen wir an und geben wir weiter?
Der emeritierte Erzbischof von Freiburg, Dr. Robert Zollitzsch, der 1938 als Volksdeutscher ("Donauschwabe") im nordserbischen Filipovo geboren wurde, hat seine Erinnerungen an das Weihnachtsfest 1944 in einer ergreifenden Rede geschildet: "Im Dezember des zu Ende gegangenen Jahres fragte mich ein Reporter des "Mannheimer
Morgen", wie ich als Schüler Weihnachten gefeiert habe. Ich war froh, dass er mich
nicht fragte, wie ich als Kind Weihnachten gefeiert hatte. […]“. Erzbischof em. Dr. Robert Zollitzsch berichtet vom Hadern mit Gott, der Hoffnung und dem Versuch des
Vergessens.
Quelle: Sathmarer Stiftung
(vorne, von links): Hartmut Koschyk MdB, Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten; Hon.-Prof. Dr. Konrad Gündisch, kommissarischer Direktor des Instituts für deutsche Kultur und Geschichte
Südosteuropas an der Ludwig-Maximilians-Universität München; Dr. Bernd Fabritius MdB, Präsident des Bundes der
Vertriebenen, Bundesvorsitzender des Verbandes der Siebenbürger Sachsen in Deutschland; Christian Glass, Direktor
des Donauschwäbischen Zentralmuseums Ulm; Reinhart Guib, Bischof der Evangelischen Landeskirche A.B. in Rumänien; Dr. Robert Zollitsch, emeritierter Erzbischof von Freiburg, ehemaliger Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz; Erwin Josef Tigla, Vorsitzender des Demokratischen Forums der Banater Berglanddeutschen; Peter-Dietmar Leber, Bundesvorsitzender der Landsmannschaft der Banater Schwaben; Helmut Berner, Bundesvorsitzender des Verbandes der Sathmarer Schwaben und Oberwischauer Zipser
Ich bin sehr dankbar, dass ich an der Gedenkveranstaltung hier im Haus der Begegnung, Ulm teilnehmen durfte. Ich danke den Veranstaltern und insbesondere den Be-
Seite 299
troffenen, dass Sie die Kraft und den Mut gefunden haben, heute über das Erlebte zu
berichten und Ihre Hoffnung und neue Zuversicht mit uns geteilt haben.
4.4.
Gedenkfeier der Sudetendeutschen Landsmannschaft
zum Tag des Selbstbestimmungsrechts in Stuttgart
Alljährlich wird am 4. März der Sudetendeutschen gedacht, die am 4. März 1919 bei
einer friedlichen Demonstration für die Verwirklichung des Selbstbestimmungsrechts
getötet wurden. Im Sudetendeutsches Haus in Stuttgart fand die Gedenkfeier des
Bundesverbandes der Sudetendeutschen Landsmannschaft statt.
v. l. n. r: Alt-Stadträtin Bärbel Häring, Christoph Zalder, Konrad Epple
MdL, der Sprecher der Südmährer,
Franz Longin, die ehemalige Landtagspräsidentin Christa Vossschulte,
Bundesbeauftragter Hartmut Koschyk MdB, Stadträtin Iris Ripsam,
SL-Landesobmann Klaus Hoffmann,
Herbert Preisenhammer, Martin
Preisenhammer und Gerhard Ehrlich
Quelle: Sudetendeutsche Landsmannschaft
Am Dienstag, dem 4. März 1919 demonstrierten auf gemeinsame Initiative der Sozialdemokraten und der Deutschnationalen die Menschen in zahlreichen Städten des
tschechoslowakischen Grenzgebiets friedlich gegen die Nichtzulassung zu den Wahlen zur Provisorischen Nationalversammlung der Republik Deutschösterreich im Februar 1919 und gegen die Eingliederung in die Tschechoslowakei. Dabei kamen 52
Deutsche und zwei tschechoslowakische Polizisten ums Leben, 104 Menschen wurden
verwundet.
In meiner Funktion als Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und
nationale Minderheiten hielt ich die Gedenkrede in Stuttgart. In meiner Rede betonte
Seite 300
ich die Wichtigkeit, dass der ‘Tag der Selbstbestimmung’ uns zu Frieden und Verständigung mahnt. Das – vielleicht für viele selbstverständliche – friedliche Zusammenleben in der Europäischen Union ist angesichts der Geschichte ein Glücksfall. Noch vor
70 Jahren herrschte in Europa Hass, Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung. Deutschland schien für immer geächtet, Europa für immer geteilt. Niemand hätte zu hoffen
gewagt, dass – ein seit nunmehr 25 Jahren geeintes – Deutschland und die Tschechische Republik heute Partner in der Europäischen Union sind. Die europäische Integration weiter zu befördern, ist und bleibt daher ein wichtiges Anliegen der Bundesregierung. Die Rahmenbedingungen im immer enger zusammenrückenden Europa
waren noch nie so gut wie heute.
Meinen vollständigen Redebeitrag finden Sie hier:
http://www.aussiedlerbeauftragter.de/SharedDocs/Reden/AUSB/DE/gedenkfeiersudetendeutsche-landsmannschaft.html
4.5.
Rede beim Berliner Landesverband der Vertriebenen
e.V.
In Berlin fand am 2. März 2015 eine Veranstaltung des Berliner Landesverbandes der
Vertriebenen e.V. zum Thema „Probleme der Integration von Spätaussiedlern in Berlin“ statt, bei der ich in meiner Funktion als Beauftragter der Bundesregierung für
Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten referiert habe.
Der Berliner Landesverband der Vertriebenen ist ein Landesverband des Bundes der
Vertriebenen.
In meiner Rede betonte ich unter anderem, wie stolz wir auf die heutige junge Generation der Russlanddeutschen sein können. Sie fallen durch ihren Bildungseife auf.
23 Prozent der 16 bis 20jährigen besuchen die gymnasiale Oberstufe. 28 Prozent der 20
bis 30jährigen haben einen Fachhochschul- oder Hochschulabschluss. Besonders geSeite 301
lobt habe ich die jungen Frauen mit ihrem deutlichen Trend zu höheren Bildungsabschlüssen. Studien des Berlin Instituts von 2009 und 2014 sowie eine Analyse von Daten und Forschungsergebnissen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge von
2013 bestätigen: Die Aussiedler nähern sich immer mehr den Einheimischen an.
Wie viele Spätaussiedler und ihre Familien genau in Berlin leben, ist nicht exakt belegbar, da zusätzlich zu den nach Berlin Zugeteilten auch Spätaussiedler aus anderen
Bundesländern nach Berlin gezogen sind. Russlanddeutsche konzentrieren sich in
bestimmten Stadtbezirken wie Marzahn-Hellersdorf, Spandau, TempelhofSchöneberg und Lichtenberg. Das ist kein Zeichen von Abschottungsbestrebungen.
Familie und Freundeskreis haben bei Aussiedlern einen hohen Stellenwert und so
wohnen sie gern nah beieinander. Hinzu kommt, dass es in Stadtbezirken wie Marzahn-Hellersdorf zum Einreisezeitpunkt bezahlbare große Wohnungen gab.
Meinen vollständigen Redebeitrag finden Sie hier:
http://www.aussiedlerbeauftragter.de/SharedDocs/Reden/AUSB/DE/rede-berlinerlandesverband-der-vertriebenen.html
Zum Internetauftritt des Berliner Landesverbandes der Vertriebenen e.V. gelangen Sie
hier: http://www.bdv-bln.de/index.html
4.6.
Tag der Wirtschaft Kasachstans in Frankfurt am Main
Am 20. März 2015 präsentierte der stellvertretende Minister für Investitionen und
Entwicklung, Albert Rau, das staatliche Programm für die wirtschaftliche Entwicklung
Kasachstans in den Jahren 2015 bis 2019. Zu dieser Veranstaltung wurden insbesondere auch Unternehmer russlanddeutscher Herkunft eingeladen.
Ich war mit Vize-Minister Rau, der der deutschen Minderheit in Kasachstan entstammt, im Rahmen meines Besuchs in der kasachischen Hauptstadt Astana Anfang
2015 zusammengetroffen. Bei der Begegnung wurden die Möglichkeiten der deutsch-
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kasachischen Zusammenarbeit vor allem auf dem Gebiet der Wirtschaft und der beruflichen Bildung sowie die Einbeziehung der deutschen Minderheit in Kasachstan
und der aus Kasachstan stammenden Deutschen in der Bundesrepublik Deutschland
erörtert. Die Veranstaltung in Frankfurt dient nicht zuletzt auch dem Zweck, diesen
Dialog jetzt zu verbreitern.
Bundesbeauftragter Hartmut Koschyk MdB und Heinrich Zertik MdB gemeinsam mit dem Vizeminister für
Investition und Entwicklung, Albert Rau, Staatssekretär Beibut Atamkulov und Botschafter Dr. Guido Herz
bei seinem Besuch in Kasachstan
Quelle: Büro Koschyk MdB
Mein Grußwort finden Sie hier:
http://www.aussiedlerbeauftragter.de/SharedDocs/Reden/AUSB/DE/rede-frankfurttag-der-wirtschaft-kasachstans.html
4.7.
Einladung des Vereins Freundschaft-Druschba e. V. im
Landkreis Lippe
In Detmold fand am 23. März 2015 eine Informationsveranstaltung des Vereins
Freundschaft-Druschba e. V. statt, dessen 1. Vorsitzender der aus Kasachstan stammende russlanddeutsche Bundestagsabgeordnete Heinrich Zertik ist. Der Einladung
des Vereins bin ich gerne gefolgt und ich habe in meiner Funktion als Beauftragter der
Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten zum Thema „Aussiedlerpolitik der Bundesregierung“ referiert.
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Der Verein Freundschaft-Druschba e. V. (Freundschaft = russisch: Druschba) wurde im
Jahr 2000 mit Unterstützung des Kreises Lippe, seiner Städte und Gemeinden gegründet. Derzeit hat der Verein fünf Koordinationsstellen (in Schieder, Detmold, Kalletal,
Oerlinghausen und Bad Salzuflen) sowie 14 Anlaufstellen mit ehrenamtlichen Ansprechpartnern vor Ort in Städten und Gemeinden im Kreis Lippe, an die sich Aussiedler / Migranten mit ihren Problemen wenden und beraten lassen können.
In meiner Rede betonte ich den festen Willen der Aussiedlerinnen und Aussiedler,
sich in unsere Gesellschaft einzubringen, was ihnen immer besser gelingt. Sie orientieren sich nicht an anderen Zuwanderern, sondern ganz klar an den Deutschen ohne
Migrationshintergrund. Das bestätigen Studien des Berlin Instituts von 2009 und 2014
sowie eine Analyse von Daten und Forschungsergebnissen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge von 2013. Auf die heutige junge Generation der Russlanddeutschen können wir stolz sein. Sie fallen durch ihren Bildungseifer auf. 23 Prozent der
16 bis 20jährigen besuchen die gymnasiale Oberstufe. 28 Prozent der 20 bis 30jährigen
haben einen Fachhochschul- oder Hochschulabschluss. Besonders zu loben sind ich
die jungen Frauen mit ihrem deutlichen Trend zu höheren Bildungsabschlüssen.
Den Einsatz von MdB Zertik habe ich in diesem Zusammenhang auch gewürdigt. Sein
Wirken ist mittlerweile weit über die Grenzen Ihres Landkreises hinaus bekannt geworden. Ich erinnere nur an einen ganzseitigen Artikel in der Süddeutschen Zeitung
vom 10. September 2014, der über eine ganze Reihe erfolgreicher Russlanddeutscher
berichtet, die in Deutschland auf den Gebieten der Politik, der Wirtschaft, der Kultur
und des Sports Hervorragendes leisten, und dabei mit Ihrem Heinrich Zertik einsteigt.
Für die Integration der Russlanddeutschen als Ganzes wird ganz knapp resümiert:
Eine Erfolgsgeschichte.
Meinen vollständigen Redebeitrag finden Sie hier:
http://www.aussiedlerbeauftragter.de/SharedDocs/Reden/AUSB/DE/koschykdruschba-detmold.html;jsessionid=5D75B5188F5185BCA1E3B1CE3472AD11.2_cid287
Seite 304
Zum Internetauftritt des Vereins des Vereins Freundschaft-Druschba e. V. gelangen
Sie hier: http://www.freundschaft-druschba.de/
4.8.
Im Gespräch mit Helene Fischer im Deutschen Bundestag
Im Deutschen Bundestag habe ich gemeinsam mit dem in Kasachstan geborene Heinrich Zertik MdB und dem Parlamentarischen Staatssekretär beim Bundesminister der
Finanzen, Steffen Kampeter MdB, die russlanddeutsche Künstlerin Helene Fischer
getroffen. Begleitet wurde sie von ihrem Manager Uwe Kanthak.
v.l.n.r.: PSt Kampeter MdB,
Helene Fischer, BA Koschyk
MdB, Zertik MdB im Deutschen
Bundestag
Quelle: Büro Koschyk MdB
In dem Gespräch mit Helene Fischer ging es um die vorbildliche Integration der Russlanddeutschen in die Gesellschaft. Durch ihren Fleiß und ihre Zielstrebigkeit leisten
Russlanddeutsche einen erheblichen Beitrag zu wirtschaftlichen, wissenschaftlichen
und kulturellen Entwicklung und unserem gesellschaftlichen Zusammenleben in
Deutschland. In dem Gespräch wurde deutlich, dass die Deutschen aus Russland
durch ihre 250-jährige Geschichte eine Bereicherung für unser Land, aber auch für die
Beziehungen zu ihren Herkunftsländern sind.
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Die Künstlerin Helene Fischer wurde als Kind einer russlanddeutschen Familie im
sibirischen Krasnojars geboren. Ihre Großeltern waren Schwarzmeerdeutsche, die
1941 nach Sibirien deportiert wurden. 1988 war sie mit ihren Eltern und ihrer Schwester nach Rheinland-Pfalz ausgesiedelt. Als vielseitig begabte Unterhaltungskünstlerin
die sich zu ihrer russlanddeutschen Herkunft öffentlich bekennt, trägt Helene Fischer
dazu bei, die positive Wahrnehmung von Deutschen aus Russland zu fördern. Gemeinsam mit den Vertretern der Russlanddeutschen und Heinrich Zertik bin ich
Helene Fischer als Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten dankbar dafür, dass sie vorbildhaft für gelungene Integration und
einen großartigen künstlerischen Erfolg steht. Helene Fischer, die ihre Lieder auch in
russischer Sprache singt, ist ein überzeugendes Beispiel dafür, wie bereichernd junge
Deutsche aus Russland für unser Land sind. Ihr Weg soll auch anderen Menschen verschiedener Herkunft Mut machen und Ansporn sein, in Deutschland Fuß zu fassen
und ihren Weg selbstbewusst zu gestalten!
Die russlanddeutsche Sängerin und Entertainerin Helene Fischer zählt mit über fünf
Millionen verkauften Tonträgern zu den erfolgreichsten Schlagersängern Deutschlands. Bei der zurückliegenden Verleihung des deutschen Musikpreises ECHO gewann
Helene Fischer in den Kategorien "Deutschsprachiger Schlager" und "Album des Jahres" ("Farbenspiel"). Nach ihrem ersten Bambi 2013 erhielt Helene Fischer am 13. November 2014 im Theater am Potsdamer Platz erneut den begehrtesten deutschen Medienpreis. Mit ihrer ausdrucksstarken Stimme, ihrer überwältigenden Live-Präsenz
und ihrem außerordentlichen Talent, die Emotionen und Gefühle ihrer Lieder dem
Publikum zu übermitteln, hat sich Helene Fischer in die Herzen zahlloser Mitbürger
gesungen.
Seite 306
4.9.
Jahresempfang des Bundes der Vertriebenen mit Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel
Der Bund der Vertriebenen (BdV) und dessen Präsident Dr. Bernd Fabritius MdB luden auch in diesem Jahr wieder zahlreiche Vertreter aus Politik und Gesellschaft zum
traditionellen Jahresempfang ein.
Der Bund der Vertriebenen ist der Zusammenschluss der in 20 Landsmannschaften,
16 Landesverbänden und 4 angeschlossenen Mitgliedsorganisationen organisierten
Vertriebenen, Aussiedler und Spätaussiedler.
Er ist der einzige repräsentative Verband der rund 15 Millionen Deutschen, die infolge
Flucht, Vertreibung und Aussiedlung in der Bundesrepublik Deutschland Aufnahme
gefunden haben und noch finden.
Anwesend war auch ich als Bayreuther Bundestagsabgeordneter und Beauftragter der
Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, ehemaliger Bundesvorsitzender der Schlesischen Jugend sowie von 1987 bis 1991 Generalsekretär des
Bundes der Vertriebenen.
v.l.n.r. Bundeskanzerlin Merkel, BdV-Präsident Fabritius, BA Koschyk und VdG-Vorsitzender Gaida
Quelle: Patrick Lindthaler
Der BdV vertritt die Interessen der deutschen Vertriebenen, Aussiedler und Spätaussiedler. Präsident ist seit November 2014 Dr. Bernd Fabritius MdB. Der 49-jährige RuSeite 307
mäniendeutsche trat die Nachfolge von Erika Steinbach an, die sich nach 16 Jahren an
der Spitze des BdV zurückzog.
Es war der erste Jahresempfang des neuen Verbandspräsidenten Dr. Bernd Fabritius
MdB. Fabritius nannte Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel MdB eine "verlässliche
Partnerin", die sich klar für die Belange des Bundes ausspreche. Zugleich bat er weiterhin um Unterstützung aus Politik und Gesellschaft. Der in diesem Jahr erstmals
begangene Gedenktag für die Opfer von Flucht und Vertreibung am 20. Juni sei ein
bedeutender Schritt, sagte Fabritius. Die hohen Flüchtlingszahlen zeugten davon, dass
die Arbeit und das diesjährige Leitwort des Bundes "Vertreibungen sind Unrecht gestern wie heute" brandaktuell seien. Fabritius würdigte in seiner Ansprache auch mich
als Beauftragten der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten: „Sein Einsatz und sein Wirken sei für die Mitglieder des Bundes der Vertriebenen
von großer Bedeutung“, so Fabritius.
Bundeskanzlerin Merkel hat in ihrer Rede anlässlich des BdV-Jahresempfanges an das
Leid der vertriebenen Deutschen nach Ende des Zweiten Weltkrieges erinnert. Diese
Schicksale seien heute Auftrag und Mahnung, künftigen Generationen ein solches
Leid zu ersparen, betonte Merkel auf dem Jahresempfang des Bundes der Vertriebenen in Berlin.
Das Schicksal der Vertriebenen werde unvergessen bleiben, betonte Merkel weiter.
Deshalb sei es wichtig, dass die gesellschaftliche Anerkennung von Vertreibungsschicksalen regelmäßig in einem Gedenktag Ausdruck findet. Er werde zum ersten
Mal am 20. Juni begangen.
"Wir rufen das Leid durch den Verlust von Heimat und von Angehörigen in Erinnerung, das auf dem Weg ins Ungewisse millionenfach durchlebt wurde. Bundeskanzlerin Merkel: "Und wir würdigen, was Vertriebene für den Wiederaufbau Deutschlands
in den Nachkriegsjahren geleistet haben."
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Mit dem Gedenktag stärke die Bundesregierung die öffentliche und politische Wahrnehmung der Themen Flucht und Vertreibung, erklärte die Kanzlerin. "Wir rufen das
Leid durch den Verlust von Heimat und von Angehörigen in Erinnerung, das auf dem
Weg ins Ungewisse millionenfach durchlebt wurde. Und wir würdigen, was Vertriebene für den Wiederaufbau Deutschlands in den Nachkriegsjahren geleistet haben."
Auch Alt-Bundespräsident Christian Wulff, die Kulturstaatssekretärin Monika Grütters MdB sowie die Bundesminister Alexander Dobrindt MdB und Dr. Gerd Müller
MdB nahmen an der Veranstaltung teil.
4.10. Informationsaustausch mit Stephan Rauhut im BMI
Im Bundesministerium des Innern habe ich mich Anfang Mai 2015 mit dem Bundesvorsitzenden der Landsmannschaft Schlesien, Stephan Rauhut, zu einem Informations- und Meinungsaustausch getroffen.
Koschyk mit Rauhut, Bundesvorsitzender der
Landsmannschaft Schlesien
Quelle: BMI
Ich informierte Rauhut über die jüngsten Beratungen mit der polnischen Regierung
am "Runden Tisch" in Warschau betreffend die Belange der deutschen Minderheit in
Polen. Weiter stellte ich die Maßnahmen vor, mit denen die Bundesregierung in diesem Jahr die Angehörigen der deutschen Minderheit in Schlesien fördert, so das 20.
Schlesienseminar auf Schloss Groß Stein im September.
Seite 309
Rauhut nutzte die Gelegenheit, mir die Kulturarbeit der Landsmannschaft Schlesien
vorzustellen, die seit jeher breit und auch grenzüberschreitend angelegt ist und in deren Rahmen sich eine enge Zusammenarbeit mit Einrichtungen der deutschen Minderheit, aber auch mit anderen Kulturinstitutionen in Schlesien entwickelt hat. In diesem Zusammenhang wurde auch über die Bundesförderung für die Kulturarbeit der
Landsmannschaft Schlesien gesprochen, die nach Auffassung des Bundesvorsitzenden
Rauhut der Bedeutung der historischen Kulturlandschaft Schlesien für die deutsche
und europäische Geschichte nicht angemessen ist.
4.11. BdV-Präsident Fabritius MdB feiert 50. Geburtstag
Der Präsident des Bundes der Vertriebenen und stellv. Vorsitzende der Gruppe der
Vertriebenen, Flüchtlinge und Aussiedler der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Dr.
Bernd Fabritius MdB, feierte am 14. Mai 2015 seinen 50. Geburtstag.
Dr. Bernd Fabritius MdB und Hartmut Koschyk MdB
Quelle: Archiv Koschyk
Durch sein beispielhaftes Engagement als Mitglied des Deutschen Bundestages, als
Vorsitzender des Unterausschusses für Auswärtige Kultur und Bildungspolitik, als
Mitglied des Auswärtiger Ausschusses, als Mitglied des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe, aber auch als erster stellvertretender Vorsitzender der
Gruppe der Vertriebenen, Aussiedler und deutsche Minderheiten der CDU/CSUBundestagsfraktion, als stellvertretender Vorsitzender der Deutsch-Rumänische Parlamentariergruppe, als Mitglied der Deutsch-Kanadischen Parlamentariergruppe und
der Parlamentariergruppe USA und als Mitglied der Interparlamentarischen Union
Seite 310
hat sich Dr. Fabritius, große Verdienste um unser Land erworben, was größten Dank
und höchste Anerkennung verdient.
Persönlich habe ich ihm für eine stets vertrauensvolle und menschlich angenehme
Zusammenarbeit zu danken. Als Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten und früherer Generalsekretär des Bundes der Vertriebenen dankte ich ihm ganz besonders für seinen Einsatz als Präsident des Bundes
der Vertriebenen, als Bundesvorsitzender des Verbandes der Siebenbürger Sachsen in
Deutschland, als Präsident der Föderation der Siebenbürger Sachsen in aller Welt, als
Mitglied im Sudetendeutschen Rat e.V. sowie als stellvertretender Landesvorsitzender
der Union der Vertriebenen und Aussiedler und als Mitglied im Bundesvorstand der
Ost- und Mitteldeutschen Vereinigung der CDU/CSU.
Auch würdigte ich seinen Einsatz als Mitglied im Vorstand des Deutsch-Rumänischen
Forums, als Vizepräsident der Stiftung Bavaria-Romania für Soziale Assistenz, als Prof.
Univ. Asoc. An der Universität "Lucian Blaga" in Hermannstadt sowie als Lehrbeauftragter für Prozessrecht an der Fachhochschule der Sächsischen Verwaltung Meißen.
4.12. Prof. Dr. Manfred Kittel wird mit dem Menschenrechtspreis der Sudetendeutschen Landsmannschaft ausgezeichnet
Prof. Dr. Manfred Kittel, Historiker und Gründungsdirektor der Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung, wurde am 22.5.2015 mit dem renommierten Menschenrechtspreis der Sudetendeutschen Landsmannschaft ausgezeichnet.
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Hartmut Koschyk mit Prof. Dr. Manfred Kittel
Quelle: Archiv Koschyk
Hierzu gratulierte ich ihm herzlich:
„Durch die Verleihung dieses Preises treten Sie in einen eindrucksvollen Kreis ehrwürdiger bisheriger Preisträger wie Emily Schindler, Alfred de Zayas und David
Vondráček. Ein wesentliches Charakteristikum dieser Auszeichnung ist, dass sie nicht
in einem strikten jährlichen oder zweijährigen Turnus verliehen wird, sondern nur
dann, wenn es einen angemessenen Anlass gibt.
Und solch einen Anlass gibt es heute. Durch die terminliche Verbindung mit dem 66.
Sudetendeutschen Tag an diesem Wochenende und dadurch mit dem diesjährigen
Motto ‘Menschenrechte ohne Grenzen’ hat diese Auszeichnung noch einmal eine besondere Hervorhebung erfahren.
Der Menschenrechtspreis der Sudetendeutschen Landsmannschaft wurde an Sie explizit wegen Ihrer "Verdienste um die wissenschaftliche Aufarbeitung der menschenrechtswidrigen Vertreibungen in Europa" verliehen. Sie haben sich bereits sehr früh in
Ihrer politischen und vor allem wissenschaftlichen Laufbahn verschiedenen Aspekten
der jüngeren deutschen Geschichte gewidmet. Die universale Gültigkeit von Menschenrechten war und ist für Sie hierbei Leitbild und Verpflichtung zugleich.
Dabei haben Sie auch schmerzlich erfahren müssen, dass gerade der Bezug auf die von
Gott verliehenen und deshalb unveräußerlichen Menschenrechte zum Teil heftigste
Abwehrreaktionen auslösen kann. Sie haben sich immer mutig dieser Auseinandersetzung gestellt und dabei keine Bereiche ausgespart. So haben Sie mit Ihrem bemer-
Seite 312
kenswerten und wirkungsmächtigen Buch "Vertreibung der Vertriebenen" auf die
Verdrängung des Schicksals der deutschen Heimatvertriebenen in der Gesellschaft der
Bundesrepublik Deutschland hingewiesen.
Ihre Leistungen als Gründungsdirektor der Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung
werden ganz gewiss Bestand haben und von einer späteren, unvoreingenommenen
Generation von Historikern eine angemessene Würdigung erfahren.“
4.13. 66. Sudetendeutscher Tag in Augsburg
In Augsburg finden am 23. und 24. Mai 2015 die Feierlichkeiten zum 66. Sudetendeutschen Tag statt. Der diesjährige Sudetendeutsche Tag stand unter dem Motto „Menschenrechte ohne Grenzen“.
In meinem Grußwort betonte ich, dass mit dem Motto „Menschenrechte ohne Grenzen“ sich die Sudetendeutsche Landsmannschaft zu einer wirksamen Minderheitenschutzpolitik in Europa bekennt. Die Bundesregierung misst in ihrer politischen Arbeit dem Schutz der Menschenrechte eine ganz zentrale Bedeutung zu. 70 Jahre nach
Ende des Zweiten Weltkrieges und im Gedenkjahr zum 25. Jahr der Deutschen Einheit
konnte es daher nur begrüßt werden, dass die Losung des Sudetendeutschen Tages
2015 die Menschenrechte in den Mittelpunkt der Festveranstaltung gestellt hat.
Ich habe die Gelegenheit auch dazu genutzt und der Sudetendeutschen Landsmannschaft für ihren Einsatz als "geborene Brückenbauer" im Dienste der Völkerverständigung gedankt. Nicht zuletzt durch die Änderung Ihrer Satzung sowie die heimatpolitische "Grundsatzerklärung der Sudetendeutschen Landsmannschaft" im Februar dieses Jahres, hat sie nochmals Ihren festen Willen bekräftigt, auch zukünftig ein entscheidender Mitgestalter der deutsch-tschechischen Beziehungen zu sein.
Seite 313
Mein Grußwort in Gesamtlänge finden Sie hier:
http://www.aussiedlerbeauftragter.de/SharedDocs/Reden/AUSB/DE/koschyk-beimsudetendeutschen-tag.html
4.14. 66. Heimattreffen der Deutschhauser und Mauzendorfer
am 6. Juni 2015 in Lichtenfels
Am 66. Heimatkreistreffen der Deutschhauser und Mauzendorfer habe ich sehr gerne
teilgenommen.
Die oberfränkische Stadt Lichtenfels hat vor 30 Jahren die Patenschaft über den Heimatkreis für die nordmährischen Gemeinde Deutschhause (tschech. Huzová) übernommen und eine Heimatstube eingerichtet.
Die alljährlichen Heimattreffen in Lichtenfels, der Patenstadt der seinerzeitigen sudetendeutschen Orte Altendorf am Oderknie und Deutschhause, füllen die Gemeinschaft mit Leben, Dialog und Begegnung. Beim 66. Heimattreffen war eine besondere
Gelegenheit, der Stadt Lichtenfels für Ihr Bekenntnis zu den deutschen Heimatvertriebenen Danke zu sagen, denn heuer jährt sich Ihre Patenschaft, zu der auch der Unterhalt einer Heimatstube gehört, zum dreißigsten Mal. Die langjährige Verbundenheit mit Lichtenfels kommt auch darin zum Ausdruck, dass seit nunmehr 50 Jahren
ein Gedenkstein hier aufgestellt ist.
Meine vollständige Rede finden Sie hier:
http://www.aussiedlerbeauftragter.de/SharedDocs/Reden/AUSB/DE/koschyk-66tesheimattreffen-der-deutschhauser-und-mauzendorfer.html
Seite 314
4.15. Erzbischof Brauer beim Evangelischen Kirchentag in
Stuttgart
Den Erzbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Russland, Dietrich Brauer,
habe ich beim Deutschen Evangelischen Kirchentag in Stuttgart getroffen.
Als Erzbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Russland ist Brauer "Geistlicher Leiter" des Bundes der Evangelisch-Lutherischen Kirchen in Russland, der Ukraine, in Kasachstan, Mittelasien und im Südlichen Kaukasus.
Gemeinsam mit Erzbischof Brauer erörterte ich die aktuelle Lage der evangelischen
Kirche in der Russischen Föderation sowie den Nachfolgestaaten der ehemaligen
Sowjetunion. Die evangelische Kirche in Russland, sowie in Teilen der Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion war mit Informationsständen beim Deutschen
Evangelischen Kirchentag in Stuttgart vertreten.
Hartmut Koschyk gemeinsam mit dem Erzbischof der EvangelischLutherischen Kirche in Russland, Dietrich Brauer
Quelle: Koschyk
Erzbischof Brauer wirkte auf verschiedenen Podiumsdiskussionen des Kirchentages
mit. Ich würdigte die vor Kurzem erfolgte Berufung von Erzbischof Brauer in den Rat
für religiöse Angelegenheiten beim russischen Präsidenten Putin. Damit ist für die
evangelische Kirche in Russland eine neue wichtige Dialogebene mit der russischen
Führung einerseits und den anderen Religionsgemeinschaften andererseits entstanden. Auch dankte ich Erzbischof Brauer für die gute Zusammenarbeit der evangelischen Kirche Russlands und den Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion mit
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den dort lebenden deutschen Minderheiten, die zum erheblichen Teil evangelischen
Glaubens sind.
4.16. Gewinner des Wettbewerbs „Lebendige Brücken“
Gemeinsam mit Kirchenpräsident i.R. Helge Klassohn prämierten wir die Gewinner
des Wettbewerbs "Lebendige Brücken" beim 35. Deutschen Evangelischen Kirchentag
am 5.6.2015 in Stuttgart.
Klassohn und ich hatten für den Wettbewerb der Aussiedlerseelsorge der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) die Schirmherrschaft übernommen. Menschen,
die durch ihre Aussiedlung mehrere Heimaten in sich tragen, sind oft in besondere
Weise "Brückenbauende".
Der Wettbewerb "Brückenschlag" zeichnet Projekte aus, die unterschiedliche Menschen und Welten verbinden. Die Aussiedlerseelsorge der Evangelischen Kirche in
Deutschland (EKD) für die Integration von Aussiedlern wurde 1977 mit der Einrichtung der Konferenz für Aussiedlerseelsorge in der heutigen Form institutionalisiert.
Wir dankten allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern für das große Engagement und
den hohen persönlichen Einsatz, ohne den solche Projekte nicht möglich wären. Mit
großer Freude wurden die Auszeichnungen beim Deutschen Evangelischen Kirchentag überreicht.
Seite 316
Siegerfoto beim evangelischen Kirchentag
2015 in Stuttgart
Quelle: Bundesarbeitsgemeinschaft Evangelische Jugendsozialarbeit e. V. (BAG EJSA)
1. Preis mit 1.500 €: Projekt „One-way der evangelischen Kirche Heilbronn“
2. Preis (1.000 €): Begegnungstage für Aussiedler der Landeskirche Sachsen
3. Preis (500 €): Verein Mostik e.V. Deggendorf
Mit einem Sonderpreis von je 200 € wurden folgende Projekte ausgezeichnet:

Cafe Rabe

Projekt-Elternteilhabe
Meinen vollständigen Redebeitrag zum Wettbewerb finden Sie hier:
http://www.aussiedlerbeauftragter.de/SharedDocs/Reden/AUSB/DE/statementgewinnerehrung-lebendige-bruecken.html?nn=3791990
4.17. Bundesinnenminister trifft BdV-Präsident Fabritius
Bundesinnenminister Dr. Thomas de Maizière traf sich gestern mit mir gemeinsam zu
einem Meinungsaustausch mit dem Präsidenten des Bundes der Vertriebenen (BdV),
Dr. Bernd Fabritius MdB.
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Bundesinnenminister de Maizière und Beauftrager
Koschyk mit der BdV-Spitze Fabritius und Schuck
Quelle: BMI
Dabei ging es in erster Linie um den Gedenktag für die Opfer von Flucht und Vertreibung, der am 20. Juni 2015 das erste Mal begangen wurde. BdV-Präsident Fabritius
und Minister de Maizière würdigten, dass bei diesem Gedenktag für die Opfer von
Flucht und Vertreibung wesentlich des Schicksals der deutschen Heimatvertriebenen
gedacht wird. Minister de Maizière betonte, dass durch diesen Gedenktag die dramatische Vertreibung von fast 15 Mio. Deutschen aus ihrer Heimat einen festen Platz im
historischen Gedächtnis Deutschlands erhalten werde.
Weitere Themen des Gesprächs waren Würdigung und Anerkennung des schweren
Schicksals deutscher Zwangsarbeiter. Minister de Maizière lobte das ehrenamtliche
Engagement im Bereich von Aufnahme und Integration durch Betreuer aus dem Kreis
der Vertriebenen, Aussiedler und Spätaussiedler. Auch für die Zukunft wurde ein enger Austausch zu den Themen des BdV vereinbart.
4.18. Im Gespräch mit dem Vorsitzenden der Landsmannschaft und des Hilfswerkes der Banater Schwaben
Den neuen Vorsitzenden des Hilfswerkes der Banater Schwaben e.V., Dipl.-Ing. Nikolaus Rennon, habe ich am 17. Juni 2015 zu einem Meinungs- und Informationsaustausch im Bundesministerium des Innern empfangen.
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BA Hartmut Koschyk MdB mit Peter-Dietmar Leber,
Nikolaus Rennon und Dr. Thomas Herzog
Quelle: BMI
Begleitet wurde Rennon bei seinem Antrittsbesuch vom Vorsitzenden der Landsmannschaft der Banater Schwaben e.V., Peter-Dietmar Leber.
Rennon wurde im Oktober 2014 zum neuen Vorsitzenden gewählt und trat die Nachfolge des bisherigen Vorsitzenden, Peter Krier, an. Krier engagiert sich seit langem für
die Unterstützung von notleidenden und älteren Banater Schwaben und wird dem
Hilfswerk als Ehrenvorsitzender erhalten bleiben.
Das Hilfswerk unterhält ein Seniorenheim in Ingolstadt und fünf weitere Einrichtungen, darunter Sozialisationen und Altenheime im Banat (Rumänien) und wird vom
Bundesministerium des Innern gefördert.
Ich wünsche dem neuen Vorsitzenden des Hilfswerkes der Banater Schwaben, Nikolaus Rennon, für seine wichtige Aufgabe im Dienst der christlichen Nächstenliebe alles Gute und danke Peter Krier für seine langjährige und aufopferungsvolle Arbeit als
Vorsitzender. In den Einrichtungen des Banater Hilfswerks wird gute und wichtige
Arbeit geleistet. Ohne das persönliche, ehrenamtliche Engagement vieler Banater
Schwaben wären diese vielfältigen Hilfeleistungen nicht möglich. Davon konnte ich
mich bei meinen Besuchen im Banat persönlich überzeugen.
Im Vordergrund des Gesprächs standen die Hilfenmaßnahmen des Bundesministeriums des Innern für die vom Hilfswerk betriebenen Einrichtungen.
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Weiteres Thema war die im Juli bevorstehende Sitzung der 18. deutsch-rumänischen
Regierungskommission, die den Austausch mit der rumänischen Regierung für die
Belange der deutschen Minderheit in Rumänien gewährleistet.
Neben der Bundesregierung fördert die rumänische Regierung Maßnahmen der deutschen Minderheit. Die Sitzung gibt die Gelegenheit, aktuelle Fragen der Minderheitenförderung mit der rumänischen Seite zu besprechen und notwendige Maßnahmen zu
beschließen. Peter-Dietmar Leber, Vorsitzender der Landsmannschaft der Banater
Schwaben e.V., sicherte seine Teilnahme an der Sitzung zu.
4.19. Spätaussiedlerbeirat tagt in Berlin
Unter meinem Vorsitz fand am 18. Juni 2015 im neuen Dienstgebäude des Bundesministeriums des Innern die jährliche Sitzung des neuberufenen Beirates für Spätaussiedlerfragen statt.
Das Gremium, das sich aus 16 Vertretern der Länder, der Vertriebenenorganisationen,
der Kirchen, der kommunalen Spitzenverbände, der Wohlfahrtsverbände und der
Spitzenorganisationen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer zusammensetzt, hat die
Aufgabe, die Bundesregierung sachverständig in Fragen der Aufnahme und Integration von Spätaussiedlern zu beraten.
Der Spätaussiedlerbeirat wird gemäß Erlass des Bundesministers des Innern vom 3.
Mai 2005 jeweils für vier Jahre berufen und vom Beauftragten der Bundesregierung
für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten geleitet.
Koschyk leitet Sitzung des Spätaussiedlerbeirats
Quelle: BMI
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Ich, ergänzt durch Berichte der Mitarbeiter der zuständigen Unterabteilung M II des
Bundesministeriums des Innern und des Bundesverwaltungsamtes, referierte über die
Auswirkungen der im Herbst 2013 in Kraft getretenen Änderungen des Bundesvertriebenengesetzes.
Ausführlich diskutiert wurde auch die Situation der deutschen Minderheit in der Ukraine, insbesondere auf der Krim und in der umkämpften Ostukraine. Ich hatte im
Februar bei einem Aufenthalt in Kiew erreicht, dass durch ein enges Zusammenwirken zwischen der Deutschen Botschaft Kiew, dem zuständigen Bundesverwaltungsamt in Köln und dem Rat der Deutschen in der Ukraine für aussiedlungswillige Deutsche aus den von Kriegshandlungen betroffenen Gebieten ein deutlich beschleunigtes
Verfahren angeboten wird.
Ich hob aber zugleich hervor, dass es bei allem akut gebotenen humanitären Einsatz
auch darum gehen muss, für diejenigen Deutschen, die in der Ukraine bleiben wollen,
gute Perspektiven zu erhalten. Für dieses Ziel stehe ich in engem Kontakt mit der ukrainischen Regierung, die zwischenzeitlich seinen Wunsch nach Wiederbelebung der
jahrelang ausgesetzten deutsch-ukrainischen Regierungskommission für Angelegenheiten der in der Ukraine lebenden Personen deutscher Abstammung aufgegriffen
hat.
4.20. Im Gespräch mit dem Bundesvorsitzenden der Landsmannschaft der Oberschlesier, Klaus Plaszczek
Im Bundesinnenministerium in Berlin habe ich den Bundesvorsitzenden der Landsmannschaft der Oberschlesier, Klaus Plaszczek, Ende Juni 2015 zu einem Meinungsund Informationsaustauch empfangen.
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v.l.n.r.: Klaus Plaszczek, Bundesvorsitzendet der Landsmannschaft der Oberschlesier, Bundesbeauftragter
Koschyk MdB und Sebastian Wladarz, Leiter der Geschäftsstelle der Landsmannschaft
Quelle: Koschyk
Dabei dankte mir Plaszczek ausdrücklich für meinen Einsatz für das ehrende Andenken an den langjährigen Sprecher der Landsmannschaft und Präsidenten des Bundes
der Vertrieben, Dr. Herbert Czaja. Czaja war in den letzten Monaten wiederholt entgegen den historischen Tatsachen eine Sympathie für die Nationalsozialisten unterstellt
worden.
Im Zentrum des Gesprächs, an dem auch der Leiter der Geschäftsstelle der Landsmannschaft Sebastian Wladarz teilnahm, stand die Kulturarbeit der Landsmannschaft.
Ich sicherte meine volle politische Unterstützung für die Bestrebungen der Landsmannschaft der Oberschlesier wie auch des gesamten Bundes der Vertriebenen zu, bei
der Durchführung der Vertriebenenkulturarbeit wieder mehr konzeptionelle und finanzielle Eigenständigkeit, auch in Gestalt eigener Kulturreferenten, zu erhalten.
Ein weiterer Schwerpunkt des Informations- und Gedankenaustausches waren die
Möglichkeiten für eine noch bessere Zusammenarbeit der Landsmannschaften aus
Herkunftsgebieten, die im heutigen Polen liegen, sowie der jeweiligen Selbstorganisationen der deutschen Minderheiten vor Ort in Polen.
Ich regte hierfür regelmäßige Konsultationen zwischen diesen Landsmannschaften
und dem Verband der deutschen Sozial-Kulturellen Gesellschaften in Polen an. Die
Vertreter der Landsmannschaft der Oberschlesier informierten mich über ihre laufenden Vorhaben, vor allem in Oberschlesien selbst.
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Ich nutzte Gelegenheit, die Vertreter der Landsmannschaft über den Stand der Beratungen des Runden Tisches zu Fragen der Förderung der deutschen Minderheit in
Polen und der polnischstämmigen Bürger und Polen in Deutschland und hierbei insbesondere über die Situation im deutschsprachigen Schulwesen zu informieren.
4.21. Bundesverwaltungsamt veröffentlicht Jahresstatistik
2014 über „Spätaussiedler und ihre Angehörigen“
Im Jahr 2014 kamen insgesamt 5.649 Spätaussiedler bzw. deren Familienangehörige
nach Deutschland, fast alle aus der ehemaligen Sowjetunion. Die Statistik gibt profund
Auskunft über die Verteilung nach Herkunftsstaaten, aufnehmenden Bundesländern,
Anspruchsgrundlage nach Bundesvertriebenengesetz, Altersstruktur, Berufsausbildung und Religion.
Die nach Deutschland zuziehenden Russlanddeutschen sind in ihrer Altersstruktur
deutlich jünger als die alteingesessene Wohnbevölkerung in Deutschland: 77,9 % sind
jünger als 45 Jahre, dieser Anteil liegt bei der Gesamtbevölkerung nur bei rund 50 %.
Der Anteil der Personen, die 65 Jahre und älter sind, beträgt bei den neu nach
Deutschland kommenden Spätaussiedlern lediglich 3,9 Prozent gegenüber rund 21
Prozent bei der alteingesessenen Bevölkerung.
Zu den Zahlen erklärte ich: "Die Altersstruktur der zuziehenden Spätaussiedler hilft
uns, den demographischen Wandel abzufedern. Fast alle erwerbsfähigen Spätaussiedler, die jetzt zu uns kommen, verfügen über eine abgeschlossene Berufsausbildung,
sehr viele in technischen und handwerklichen Berufen. In Zeiten des bereits einsetzenden Fachkräftemangels ist das eindeutig ein Gewinn für unser Land. Die Bundesregierung wird die Integration unserer neuen Mitbürger durch geeignete Fördermaßnahmen begleiten."
Auch in 2015 hält der verstärkte Zuzug von Spätaussiedlern in die Bundesrepublik
Deutschland an. Von Januar bis Juni wurden im zentralen Grenzdurchgangslager
Seite 323
Friedland insgesamt 2.368 Spätaussiedler registriert, im Vergleichszeitraum des Vorjahres kamen 2.310 Deutsche aus dem östlichen Europa und den Nachfolgestaaten der
ehemaligen Sowjetunion an.
Die gesamte Jahresstatistik können Sie hier abrufen:
http://www.bva.bund.de/SharedDocs/Downloads/DE/BVA/Staatsangeh%C3%B6rigk
eit/Aussiedler/Statistik/J_Jahresstatistik2014.pdf?__blob=publicationFile&v=2]
4.22. 32. Bundestreffen der Landsmannschaft der Deutschen
aus Russland
Unter dem Motto "Deutsche aus Russland – hier und heute. Von Hilfesuchenden zu
Leistungsträgern" fand am 4. Juli 2015 in der Stuttgarter Liederhalle das 32. Bundestreffen der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland statt. Der Schirmherr des
32. Bundestreffens war der Ministerpräsident des Bundeslandes Baden-Württemberg
Winfried Kretschmann.
Bundesvorsitzender Waldemar Eisenbraun,
Bürgermeister Andreas Friedrich, Albina
Nazarenus-Vetter und Heinrich Hörnschemeyer
Quelle: Koschyk
Im Rahmen der Veranstaltung nahmen Bürgermeister Andreas Friedrichs und Heinrich Hörnschemeyer, Leiter der Landesaufnahmebehörde Niedersachsen, den Katharinen-Preis für die Gemeinde Friedland und das Grenzdurchgangslager in Stuttgart
entgegen. Der Preis wurde von der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland in
Erinnerung an Zarin Katharina II. gestiftet, die mit ihrem Manifest vom 22. Juli 1763
Ausländer zur Einwanderung nach Russland einlud.
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Der Katharinen-Preis wird an Persönlichkeiten und Einrichtungen der Politik, des
Geisteslebens oder der Wirtschaft verliehen, die sich besondere Verdienste um die
Russlanddeutschen in der Sowjetunion, ihren Nachfolgestaaten und in Deutschland
erworben haben.
Nach dem Festakt und der Verleihung des Katharinen-Preises an die Gemeinde und
das Grenzdurchgangslager Friedland fand ein reichhaltige Kulturprogramm mit Musikern, Sängern und weiteren Akteuren der Orts- und Kreisgruppen der Landsmannschaft sowie des Jugendverbandes der Landsmannschaft statt.
Meine Rede finden Sie hier:
http://www.aussiedlerbeauftragter.de/SharedDocs/Reden/AUSB/DE/redebundestreffen-landsmannschaft-deutsche-aus-russland.html?nn=3791990
4.23. Egerlandtag im Egerland-Kulturhaus in Marktredwitz
Seit über 40 Jahren pflegen die heimatvertriebenen Egerländer in Marktredwitz ihre
Traditionen. Vom 10. bis 12. Juli 2015 haben sie zum Egerland-Tag eingeladen; Die
Veranstaltung stand unter dem Motto „Heimat Egerland – Zukunft gemeinsam gestalten“. Als Beauftragte der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten habe ich für die Bundesregierung an der Veranstaltung teilgenommen.
In meinem Grußwort erklärte ich, dass die Heimatvertriebenen und die in der angestammten Heimat verbliebenen Deutschen die geborenen Brückenbauer für die Beziehungen zwischen Deutschland und den Ländern im östlichen Europa seien. Dieses
gelte auch für die Sudetendeutschen und die Angehörigen der deutschen Minderheit
in der Tschechischen Republik. Die Egerländer haben auch nach dem schmerzlichen
Erlebnissen von Flucht und Vertreibung Ihre Heimat stets als Auftrag begriffen. Wörtlich sagte ich u.a.:
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„Sowohl durch den lebendigen Austausch mit den tschechischen Egerländern und
den in der angestammten Heimat verbliebenen Landsleuten als auch mit der Durchführung vielfältiger kultureller und verständigungspolitischer Veranstaltungen haben
Sie tragfähige Fundamente für die Verständigung und Versöhnung zwischen den
Menschen auf beiden Seiten der zwischenzeitlich nicht mehr trennenden Grenze errichtet. Ich möchte daher die heutige Gelegenheit nutzen und hier auch der Sudetendeutschen Landsmannschaft für ihren Einsatz als „geborene Brückenbauer“ im Dienste der Völkerverständigung danken. Nicht zuletzt durch die Änderung ihrer Satzung
sowie die heimatpolitische „Grundsatzerklärung der Sudetendeutschen Landsmannschaft“ im Februar dieses Jahres, wurde nochmals der feste Willen bekräftigt, auch
zukünftig ein entscheidender Mitgestalter der deutsch-tschechischen Beziehungen zu
sein. Sie werden heute als Brückenbauer nach wie vor gebraucht.“
Meinen vollständigen Redebeitrag finden Sie hier:
http://www.aussiedlerbeauftragter.de/SharedDocs/Reden/AUSB/DE/koschykegerland.html
4.24. Grundsatzurteil zum Bundesvertriebenengesetz zur
Frage der sog. "Höherstufung"
Das Bundesverwaltungsgericht hat am 16. Juli 2015 mit einem Grundsatzurteil über
die Frage der sog. "Höherstufung" entschieden, die sich seit dem Inkrafttreten des 10.
Gesetzes zur Änderung des Bundesvertriebenengesetzes im September 2013 vermehrt
gestellt hatte. Mit diesem Gesetz waren die Bedingungen für eine Aufnahme als Spätaussiedler erleichtert worden; so mussten z.B. die für eine Aufnahme als Spätaussiedler geforderten Deutschkenntnisse nicht mehr unbedingt "familiär" erworben worden
sein. Mehrere Tausend Personen, die teils schon vor vielen Jahren nicht als Spätaussiedler, sondern als Angehörige von Spätaussiedlern nach Deutschland gekommen
waren, hatten die Auffassung vertreten, dass auch auf sie das neue Recht Anwendung
Seite 326
finden müsse. Das hätte ihnen nachträglich zum Erwerb der Spätaussiedlereigenschaft
und damit zur Fremdrentenberechtigung verholfen.
Das Bundesverwaltungsgericht hat nunmehr letztinstanzlich mit seinem Urteil klargestellt, dass sich die Rechtsstellung der Spätaussiedler immer nach dem Recht im
Zeitpunkt der Übersiedlung richtet und hat sich damit der vom Bundesministerium
des Innern und Bundesverwaltungsamt stets vertretenen Rechtsansicht angeschlossen. Für die Entstehung des Spätaussiedlerstatus kommt es damit grundsätzlich auf
die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Übersiedlung nach Deutschland an.
Ich begrüßte das Urteil voll und ganz. Persönlich kann ich die Enttäuschung der Betroffenen nachvollziehen. Ich bin aber froh, dass jetzt Rechtsklarheit hergestellt ist.
Der Deutsche Bundestag wollte 2013 in erster Linie die Zusammenführung von Familien und hierfür die Aufnahme von noch in den Vertreibungsgebieten Lebenden erleichtern. Vielen wird die Möglichkeit zur Ausreise in die Bundesrepublik Deutschland ermöglicht. Niemand wird im Übrigen durch das neue Recht schlechter gestellt
als zuvor. Für die bereits nach Deutschland Übergesiedelten ändert sich durch das Gesetz von 2013 nichts.
Die Pressemeldung des Bundesverwaltungsgerichts finden Sie hier:
http://www.bverwg.de/presse/pressemitteilungen/pressemitteilung.php?jahr=2015&
nr=61
4.25. Engagement für Integration für zugewanderte Neubürger in Goslar
Auf Einladung der Arbeitsgruppe EfI besuchte ich gemeinsam mit Oberbürgermeister
Dr. Oliver Junk am Donnerstag, den 13. August 2015, das Gemeindehaus im Stadtteil
Jürgenohl. Auch der örtliche Bundestagsabgeordnete der CDU, Dr. Roy Kühne, war
der Einladung gefolgt.
Seite 327
Bundesbeauftragter
Hartmut Koschyk
MdB, der Oberbürgermeister der Stadt
Goslar, Dr. Oliver
Junk, und direkt vor
diesem die Vorsitzende
der Bürgerinitiative
EfI Galina Gerhart mit
Mitgliedern der Bürgerinitiative ‘EfI –
Engagement für Integration‘.
Quelle: EfI
Zahlreiche ehrenamtlich engagierte Goslarer Bürger hatten sich auf Einladung der
Vorsitzenden Galina Gerhart eingefunden und gestalteten einen gleichermaßen
kurzweiligen wie informativen Abend. Neben der Vorstellung der Vereinsarbeit waren
es Tanz- und Gesangsdarbietungen, welche die Gäste aus der Politik besonders begeisterten. Auch hatten die Vereinsmitglieder ein ansprechendes "interkulturelles Buffet"
vorbereitet.
Die Initiative "Engagement für Integration (EfI)" beschäftigt sich seit Jahren mit allen
Aspekten der Integration zugewanderter Neubürger in Goslar. Ausgangspunkt war die
Integration von Spätaussiedlern. Inzwischen kümmert sich die Initiative um Zuwanderer jeder Art. Im Mittelpunkt steht der Erwerb der deutschen Sprache z. B. durch
Sprachcafés sowie eine regelmäßige Sonntagsschule für Kinder und Jugendliche. Zur
Vereinstätigkeit gehören aber auch die Begleitung bei Behördengängen und die partnerschaftliche Begleitung von Zuwanderern durch so genannte Integrationslotsen.
Eine besondere Note erhält der Verein durch viele Gemeinschaftsveranstaltungen
sowie Kulturfahrten. So besuchten die Vereinsmitglieder Städte wie München, Dresden, Paris oder Prag.
Im Hinblick auf eine angestrebte Berlinreise sagten Bundestagsabgeordneter Dr. Roy
Kühne und ich unsere Unterstützung bei der Durchführung und Ausgestaltung der
Fahrt inklusive eines Reichstagsbesuchs sowie eines Besuchs im Bundesministerium
des Innern zu.
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Die Arbeit der Initiative EfI kann ich als beispielgebend und vorbildlich beschreiben:
Ich erlebe bei meinen Besuchsreisen durch Deutschland viele Ansätze von zeitgemäßer Integrationsarbeit. Der Einsatz der vielen ehrenamtlich tätigen Mitbürger und
Mitbürgerinnen in der Goslarer Initiative EfI unter der rührigen Vorsitzenden Galina
Gerhart ist herausragend und beeindruckend.
Oberbürgermeister Dr. Oliver Junk hob den hohen Stellenwert dieser ehrenamtlichen
Initiative hervor: "Willkommenskultur braucht Goslar nicht neu zu erlernen, Willkommenskultur gehört in Goslar zu den Kernkompetenzen."
Bundestagsabgeordneter Dr. Roy Kühne berichtete über die Integrationsarbeit für
Aussiedler im Nordhauser Teil seines Wahlkreises und regte eine engere Zusammenarbeit beider Initiativen an.
4.26. Gedenken an Herbert Hupka zum 100. Geburtstag
Am 15. August 2015 wäre der Politiker, Publizist und engagierte Vertriebenensprecher
Dr. Herbert Hupka 100 Jahre alt geworden.
Visitator Dr. Joachim Giela, BA Hartmut Koschyk MdB, VdG-Vorsitzender
Bernhard Gaida und Stephan Rauhut,
Bundesvorsitzender der Landsmannschaft Schlesien
Quelle: Koschyk
Dies nahmen die Landsmannschaft Schlesien unter ihrem Bundesvorsitzenden Stephan Rauhut, die Sudetendeutsche Landsmannschaft unter ihrem Sprecher und Bun-
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desvorsitzenden Bernd Posselt, der Verband der Deutschen Gesellschaften in der Republik Polen unter dem Vorsitz von Bernhard Gaida sowie ich als Beauftragter der
Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, zum Anlass, nach
München zu zwei Gedenkveranstaltungen einzuladen.
Den Auftakt bildete eine Kranzniederlegung am Grab Herbert Hupkas auf dem
Münchner Ostfriedhof. Die Landsmannschaft Schlesien, der Verband Deutscher Gesellschaften in der Republik Polen, die Ost- und Mitteldeutsche Vereinigung von CDU
und CSU und ich ehrten Herbert Hupka mit Kränzen und Blumengebinden. Stephan
Rauhut, Bernhard Gaida und ich sprachen Worte des Gedenkens. Der Visitator für die
Priester und Gläubigen der früheren Erzdiözese Breslau, die Grafschaft Glatz und das
ehemalige Generalvikariat Branitz, Dr. Joachim Giela hielen eine kurze Andacht.
In der Heilig Geist Kirche in der Münchner Innenstadt zelebrierte Visitator Dr.
Joachim Giela gemeinsam mit dem aus Lauban/Niederschlesien stammenden früheren Bayreuther Dekan Siegbert Keiling eine Eucharistiefeier zum Gedenken an Herbert Hupka, bei der auch heimatkirchliche Lieder gesungen wurden, wie z.B. das Hedwigs-Lied. In seiner Predigt erinnerte Visitator Dr. Joachim Giela an die tiefe Glaubensüberzeugung des langjährigen Bundesvorsitzenden der Landsmannschaft Schlesien, der nach der Demokratisierung Polens zahlreiche Besuche nach Schlesien unternommen habe und beispielsweise der Wiederaufstellung des historischen Eichendorff-Denkmals in seiner Heimatstadt Ratibor beiwohnte.
Stephan Rauhut, Bernd Posselt, Bernhard Gaida und ich würdigten im Anschluss an
den Gedenkgottesdienst das Lebenswerk von Dr. Herbert Hupka als Parlamentarier,
Bundesvorsitzender der Landsmannschaft Schlesien und Vizepräsident des Bundes
der Vertriebenen, Präsident des Ostdeutschen Kulturrates sowie als schaffensreicher
Publizist zu schlesischen und gesamtdeutschen Themen.
Auch an den vorbildlichen Einsatz Hupkas für die deutsche Volksgruppe in Polen, die
deutsch-polnische Verständigung sowie das schlesische Geschichts- und Kulturerbe
Seite 330
wurde erinnert. Durch seine zahlreichen Besuche in seiner schlesischen Heimat und
ganz Polen habe Hupka sich auch viel Anerkennung und Respekt bei Teilen von Politik und Gesellschaft Polens erworben. Die Ehrenbürgerwürde seiner Heimatstadt Ratibor ist hierfür ein eindrucksvolles Symbol.
Zum Leben und Wirken von Herbert Hupka habe ich einen Artikel geschrieben, den
Sie als Download hier finden:
http://www.aussiedlerbeauftragter.de/SharedDocs/Kurzmeldungen/AUSB/DE/hupka
-100-geburtstag.html
4.27. Besuch mit Bundesinnenminister Dr. Thomas de Maizière im Grenzdurchgangslager Friedland
Bundesinnenminister Dr. Thomas de Maizière hat Ende August 2015 das Grenzdurchgangslager Friedland besucht. Begleitet wurde der Bundesinnenminister vom niedersächsischen Innenstaatssekretär Stephan Manke, dem Vorsitzenden der SPDBundestagsfraktion, Thomas Oppermann und mir als Beauftragtem der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten.
v.l.n.r.: BA Hartmut Koschyk, Innenstaatssekretär von
Niedersachsen, Stephan Manke, BM Thomas de Maizière, SPD-Fraktionsvorsitzender, Thomas Oppermann,
Heinrich Hörnschemeyer, Leiter der Einrichtung Friedland, Andreas Friedrichs, Bürgermeister Friedland und
Bernhard Reuter, Landrat im Landkreis Göttingen
Quelle: BMI
Neben den aktuellen Fragen und Herausforderungen, die mit der in dieser Höhe noch
nie dagewesene Zahlen von Asylbewerbern und Flüchtlingen verbunden sind, informierte sich Bundesinnenminister Dr. de Maizière auch über die Aufnahme und das
Seite 331
Verfahren für die in Deutschland ankommenden Spätaussiedler. Bundesinnenminister de Maizière und ich führten dazu persönliche Gespräche mit den Mitarbeiterinnen
und Mitarbeitern des Bundesverwaltungsamtes sowie gerade angekommenen Aussiedlerinnen und Aussiedlern aus der Ukraine, Kasachstan und der Russischen Föderation. Die Aussiedler aus der Ukraine, die überwiegend aus der umkämpften Region
in der Ostukraine stammen, bestätigten, dass das Antragsverfahren auch in diesen
Regionen derzeit reibungslos laufe.
An den Gesprächen in der Dienststelle des Bundesverwaltungsamtes (BVA) in Friedland nahmen auch dessen Präsident Christoph Verenkotte mit leitenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des BVA sowie Vertreter des niedersächsischen Innenministeriums teil.
Auf dem Gelände des ehemaligen Grenzdurchgangslagers Friedland befindet sich neben der Außenstelle des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) und der
Erstaufnahmeeinrichtung (EAE) des Landes Niedersachsens auch die einzige noch
verbliebene Erstaufnahmeeinrichtung des Bundes für Aussiedler.
Am 14. September 2013 ist das Zehnte Gesetz zur Änderung des Bundesvertriebenengesetzes (10. BVFGÄndG) in Kraft getreten, mit dem die Zusammenführung bislang
getrennter Spätaussiedlerfamilien erleichtert wurde. Dadurch hat sich auch die Zahl
der Anträge und Zuzüge nach Deutschland deutlich erhöht und im Vergleich von
2013 zu 2014 mehr als verdoppelt: Im Jahr 2013 wurden 2 429 Spätaussiedler und deren Familienangehörige aufgenommen, in 2014 waren es 5 649 Personen. Bis einschließlich Juli 2015 kamen 2 907 Personen.
Die Überbelegung und Notlösungen fordern auch von den neu ankommenden Spätaussiedlern, ihren Familienangehörigen und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern
vor Ort eine hohe Belastbarkeit - auch wenn deren Zahl im Vergleich zur Asyl- und
Flüchtlingszahl gering erscheint. So mussten auch im Aussiedlerbereich die Kapazität
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an Betten erhöht und teilweise auf andere Unterbringungsmöglichkeiten, wie z.B. Hotels, zurückgegriffen werden.
Bundesinnenminister de Maiziere und ich dankten den Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BVA für ihren engagierten Einsatz bei der Aufnahme deutscher Spätaussiedler.
Die Gemeinde Friedland wurde nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges durch das
dort errichtete Grenzdurchgangslager in der ganzen Welt bekannt. Im September
1945 errichtete die britische "Military-Governments Det. 201 (R)“ an der Grenze zu der
sowjetischen und der amerikanischen Besatzungszone ein Flüchtlingslager. Anfangs
fanden die Menschen Unterkunft in Zelten und sog. "Nissenhütten"; wegen der Überschwemmungsgefahr begann man im Oktober 1945 mit dem Aufbau des Lagers an
seinem heutigen Standort.
Das Land Niedersachsen errichtet nun in Friedland die Errichtung eines Museums, das
im März 2016 eröffnet und zum generationenübergreifenden Dialog und Diskurs zu
den Themen Flucht, Vertreibung, Migration und Integration einladen soll. Auch hierzu haben sich Bundesinnenminister de Maizière und ich vor Ort umfassend informiert. In den Beratungen für den Bundeshaushalt 2016 konnte die Gewährung eines
Bundeszuschusses in Höhe von 10 Mio. Euro erreicht werden.
4.28. Tag der Heimat 2015 in Leverkusen
Der Bund der Vertriebenen veranstaltet 2015 den Tag der Heimat in Leverkusen zum
66. Mal. Der Tag der Heimat ist der zentrale Gedenktag, der in Deutschland an die Opfer von Flucht und Vertreibung nach dem Zweiten Weltkrieg erinnert.
Seite 333
Bundesbeauftragter Koschyk MdB
Quelle: BdV
Es war mir eine Ehre, die Gedenkrede in meiner Funktion als Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, zu sprechen.
Ich begann damit, dass das Jahr 2015 im Zeichen des Gedenkens an das Ende des
Zweiten Weltkrieges vor 70 Jahren steht. Die Erinnerung und Auseinandersetzung mit
dem schweren Schicksal aller Vertriebenen und Flüchtlinge, die nach dem Zweiten
Weltkrieg die Last der Verantwortung Deutschlands für die grauenhaften Verbrechen
des Dritten Reichs in besonderer Weise tragen mussten, ist gerade in diesem Jahr von
herausragender Bedeutung. Der Tag der Heimat ist dem Gedenken all jener Menschen
gewidmet, die durch die zerstörerische Macht des Hasses und der Vergeltung aus ihren angestammten Lebensbezügen gewaltsam herausgerissen wurden, ‚die umherirrten, und den Weg zur wohnlichen Stadt nicht fanden, wie der Psalmist schreibt. Dabei
ist der ‚Tag der Heimat‘ zugleich wie kein anderer dazu geeignet, uns vor Augen zu
führen, welchen bedeutsamen Beitrag Sie, die Vertriebenen, für unser Land geleistet
haben.
Meinen vollständigen Redebeitrag finden Sie hier:
http://www.aussiedlerbeauftragter.de/SharedDocs/Reden/AUSB/DE/gedenkveransta
ltung-bdv-leverkusen-tag-der-heimat.html
Seite 334
4.29. Besuch des Oberschlesischen Landesmuseums in Ratingen
Anfang September 2015 habe ich das seit 1983 bestehende Oberschlesische Landesmuseum in Ratingen / Hösel besucht.
Plaszczek, Bundesvorsitzender der Landsmannschaft der Oberschlesier und Vorstandsmitglied der Stiftung Haus Oberschlesien,
Bundesbeauftragter Hartmut Koschyk MdB, der Kurator der Ausstellung über Oberschlesien im 1. Weltkrieg, Frank Mäuer, Peter
Beyer MdB, Stiftungsrat der Stiftung Haus Oberschlesien und Dr.
Stephan Kaiser, Direktor des Oberschlesischen Landesmuseums
und geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Stiftung Haus
Oberschlesien
Quelle: BMI
Dieses Museum hat es sich zur Aufgabe gemacht, das dingliche Kulturgut der früheren
deutschen Provinz Oberschlesien zu sammeln, zu bewahren, auszuwerten und auszustellen. Ziel der Museumskonzeption ist es, der gesamten Öffentlichkeit ein Bild von
der Geschichte und Kultur der schlesischen Region zu vermitteln und dabei auch über
das heutige Polen und Tschechien zu informieren. Das Museum arbeitet dabei im
Geist der Völkerverständigung und der guten deutsch-polnisch-tschechischen Nachbarschaft. Es wird vom Land Nordrhein-Westfalen gefördert, das seit 1964 Partnerland für die Oberschlesier ist. Träger ist die 1970 gegründete Stiftung Haus Oberschlesien, eine Stiftung privaten Rechts.
Bei meinem Besuch im oberschlesischen Landesmuseum wurde ich vom Museumsdirektor Dr. Stephan Kaiser und dem Kurator der Ausstellung über Oberschlesien im 1.
Weltkrieg, Frank Mäuer, sowie vom Bundesvorsitzenden der Landsmannschaft der
Oberschlesier, Klaus Plaszczek, und dem CDU-Bundestagsabgeordneten Peter Beyer
empfangen. Dr. Stephan Kaiser ist zugleich geschäftsführendes Vorstandsmitglied der
Stiftung Haus Oberschlesien, dem auch Klaus Plaszczek angehört. MdB Peter Beyer
gehört dem Stiftungsrat der Stiftung Haus Oberschlesien an.
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Das Oberschlesische Landesmuseum hat mit zahlreichen Museen und Kultureinrichtungen in den schlesischen Landesteilen Polens und der Tschechischen Republik vertragliche partnerschaftliche Beziehungen, so mit dem schlesischen Museum in Kattowitz, dem schlesischen Landesmuseum in Troppau, der Universitätsbibliothek Breslau
oder Woiwodschaftsbibliothek Oppeln. Ich war von der derzeit im Oberschlesischen
Landesmuseum gezeigten Ausstellung über Oberschlesien im 1. Weltkrieg sehr angetan. Diese beleuchtet die Auswirkungen des 1. Weltkriegs auf die oberschlesische Provinz sehr eindrucksvoll. Auch bin ich von der grenzüberschreitenden Kooperation des
Museums mit Museen, Kultur- und Wissenschaftseinrichtungen in Polen und der
Tschechischen Republik sehr beeindruckt. Die grenzüberschreitende Arbeit des oberschlesischen Landesmuseums mit Partnereinrichtungen in Polen und der Tschechischen Republik ist beispielhaft und leistet einen hervorragenden Beitrag für die Verständigung mit unseren östlichen Partnern.
Diese grenzüberschreitende Kulturarbeit wirkt auch identitätsstiftend für das kulturelle Bewusstsein in den schlesischen Landesteilen Polens und Tschechiens, gerade
auch im Hinblick auf die dort lebenden Angehörigen der deutschen Minderheit. Ich
sprach mich für eine intensive Einbeziehung der musealen und kulturellen Einrichtungen der Vertriebenen und Aussiedler in Deutschland sowie der deutschen Minderheiten in Mittel- und Osteuropa und der ehemaligen Sowjetunion in die derzeit laufende Diskussion über die Fortentwickelung der Kulturkonzeption gemäß § 96 des
Bundesvertriebenengesetzes aus. Die Fortschreibung dieser Konzeption durch Bundesregierung und Bundestag darf nicht über die Köpfe der diese Kulturregionen repräsentierenden Menschen erfolgen. Bei der Bewahrung und Fortentwickelung des
Kultur- und Geschichtserbes der Vertriebenen, Aussiedler und deutschen Minderheiten in Mittel- und Osteuropas sowie der ehemaligen Sowjetunion müsse ein partizipatorischer und kein patriarchalischer Ansatz verfolgt werden. Bundesregierung und
Bundestag sollten mit den musealen und kulturellen Einrichtungen der Heimatvertriebenen und Aussiedler sowie der deutschen Minderheiten "partnerschaftlich und
auf Augenhöhe" zusammenarbeiten. Dies gebietet auch der Respekt vor dem großarSeite 336
tigen ehrenamtlichen Engagement tausender Ehrenamtlicher in der Kulturarbeit der
Vertriebenen, Aussiedler und deutschen Minderheiten.
4.30. Begegnungstag für Aussiedler der ev. luth. Landeskirche
Sachsens in Schneeberg am 12.9.2015
Ich bedaure sehr, dass ich der freundlichen Einladung zum Aussiedlertag der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens nicht nachkommen konnte und übermittelte deshalb mein persönliches schriftliches Grußwort:
"Vielfalt entdecken" - unter dieses Motto haben Sie den heutigen Begegnungstag gestellt. Dazu haben Sie sich mit dem Ort Schneeberg einen sehr passenden Ort ausgesucht, wo die Kultur der Russlanddeutschen auf die Traditionen des Erzgebirges trifft.
Gerade hier sind Begegnungen und Gespräche möglich, die zum Aufspüren des Neuen
ebenso einladen wie zum landsmannschaftlichen Erleben des Eigenen und Vertrauten.
Vielfalt als Quelle des Austauschs, der Erneuerung und der Bereicherung ist für den
Menschen von grundlegender Bedeutung. Und doch darf Vielfalt nicht mit Beliebigkeit und wertebezogener Gleichgültigkeit verwechselt werden. Richtig verstanden
schafft Vielfalt einerseits Raum und Freiheit für die Entfaltung des Anderen, des
Fremden und ermöglicht doch andererseits, die eigene Identität gerade in der Begegnung und Auseinandersetzung mit dem Anderen und Fremden zu erkennen und zu
bewahren.
Gerne erinnere ich mich an den diesjährigen Deutschen Evangelischen Kirchentag, bei
dem ich als Schirmherr gemeinsam mit Kirchenpräsident i.R. Helge Klassohn die Gewinner des Wettbewerbs "Lebendige Brücken" prämieren konnte. Dabei ist mir bewusst geworden, dass gerade Menschen, die durch ihre Aussiedlung mehrere Heimaten in sich tragen, oft in besonderer Weise "Brückenbauende" sind.
Seite 337
In diesem Zusammenhang möchte ich auf das bekannte lateinische geflügelte Wort
hinweisen, dass das amerikanische Staatssigel und die Münzen und Dollarscheine der
Vereinigten Staaten von Amerika ziert: "E pluribus unum", was übersetzt "aus vielen
eines" bedeutet. Bei allen Unterschieden in der Migrationsgeschichte unserer Länder,
die es fraglos gibt: Wir teilen den Wunsch, der mit diesem Ausspruch verbunden ist,
dass Menschen verschiedenster Herkunft, Kultur und Religion sich in unserem Land
integrieren, das ihnen trotz aller Unterschiedlichkeit Heimat sein soll. Und doch:
Heimat ist nicht nur der Ort, an dem man lebt; Heimat bedeutet stets auch Zugehörigkeit zu Menschen, zu einer Region, zu einer Kultur, zu einer Landschaft. Heimat hat
somit stets eine geographische, kulturelle und religiöse Dimension. Wer weiß das besser als Sie? Sie mussten nach Ihrer Aussiedlung den Verlust Ihrer angestammten Heimat verkraften und gleichsam waren Sie gezwungen, sich ein neues Leben in fremder
Umgebung aufbauen.
Sie haben sich auf Ihre neue Umgebung eingelassen und sich der Zukunft zugewandt;
Sie haben diese zu Ihrem neuen Zuhause werden lassen und dabei zugleich die Heimat Ihrer Väter und Ihrer Kindheit weiterhin im Herzen getragen.
Den soeben zitierten lateinischen Ausspruch, der dem säkularen Wunsch Ausdruck
verleiht, Vielfalt nicht als Trennung und Spaltung, sondern als Einheit wahrzunehmen, ist bereits bei den Kirchenvätern präsent: So heißt es bei Augustinus: "Gott schuf
den Menschen als einzigen und einzelnen, jedoch nicht, um ihn ohne menschliche
Gemeinschaft zu belassen, sondern um ihm dadurch nur umso stärker die Einheit der
Gemeinschaft selbst und das Band der Eintracht zu empfehlen." Hier geht es um die
überindividuelle Gemeinschaft aller Menschen überhaupt, genauer gesagt um die
Wiederherstellung der ursprünglichen Einheit des Menschengeschlechts. Es ist die
Barmherzigkeit Gottes, wie Augustinus an anderer Stelle formuliert, die mit dem Feuer seiner Liebe in Jesus Christus die Menschen wieder zu Einem machte, was zuvor
zersplittert war. Und so ist es gerade auch unser christlicher Glaube, der uns eint, auch
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wenn wir auch aus unterschiedlichen Regionen, Ländern und Kulturkreisen hier versammelt sind.
Glaube und Heimat, davon bin ich tief überzeugt, sind, wenngleich nicht ausschließlich, so doch in besonderem Maße identitätsstiftend. Sie machen uns zu dem, was wir
sind. Ich bin überzeugt, dass Identität und Heimat zusammen mit dem Glauben einen
harmonischen Dreiklang bilden; fehlt einer der drei Töne, klingen die Laute nicht
mehr harmonisch zusammen. Die Menschen suchen in der heutigen globalisierten
und immer unübersichtlicher erscheinenden Welt nach Orientierung und ihrer eigenen Identität. Religiöse Verwurzelung bietet in jedem Fall Halt und Orientierung, gerade für Menschen, die sich nach dem Verlassen ihrer angestammten Heimat in einer
zunächst fremden Umgebung ein neues Zuhause erwerben müssen.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen einen begegnungsreichen und erfüllenden Tag in
Vielfalt.
4.31. "Ostdeutscher Markttag" am Tag der Heimat 2015 in
Bonn
Alljährlich begeht der Bund der Vertriebenen (BdV) in der Bundesstadt Bonn den traditionellen "Tag der Heimat" mit einem ökumenischen Gottesdienst und einem "Ostdeutschen Markttag", bei dem sich die dem BdV angeschlossenen Landsmannschaften
auf dem Bonner Marktplatz mit Kultur, Literatur und kulinarischen Spezialitäten präsentieren. Der diesjährige Tag der Heimat fand am 20. September 2015 statt. Es war
mir eine große Ehre teilnehmen und ein Grußwort sprechen zu dürfen.
Den Auftakt des "Tag der Heimat" bildete ein ökumenischer Gottesdienst in der Altkatholischen Namen- Jesu-Kirche in der Bonner Innenstadt, der von dem Evangelischen
Altbischof in der schlesischen Oberlausitz, Klaus Wollenberger, dem Erzbischof emeritus der Diözese Oppeln, Prof. Dr. Alfons Nossol, und dem Pfarrer der Altkatholischen
Kirchengemeinde in Bonn, Michael Schenk, eindrucksvoll gestaltet wurde.
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In diesem Gottesdienst wurde auch dem 100. Geburtstag des langjährigen Vorsitzenden der Landsmannschaft Schlesien, Dr. Herbert Hupka, gedacht, dem die Stadt Bonn
bis zu seinem Tode zur zweiten Heimat geworden ist.
Beim "Ostdeutschen Markt" konnte der Vizepräsident des Bundes der Vertriebenen,
Stephan Rauhut, der zugleich Bundesvorsitzender der Landsmannschaft Schlesien ist,
den neugewählten Oberbürgermeister der Stadt Bonn, Ashok-Alexander Sridharan,
begrüßen, der sich bereits in seinem Wahlkampf als Sachwalter der Anliegen der Vertriebenen und Aussiedler bekannt hatte.
Ich dankte in meiner Rede dem Bund der Vertriebenen und seinen Landsmannschaften, dass sie mit ihrem bundesweiten Beraternetzwerk für Fragen der Integration von
Spätaussiedlern auch bei der Aufnahme und Integration der jetzt ankommenden Bürgerkriegsflüchtlinge mit Rat und Tat zur Seite stehen.
Meinen vollständigen Redebeitrag finden Sie hier:
http://www.aussiedlerbeauftragter.de/SharedDocs/Reden/AUSB/DE/redeostdeutscher-markttag.html
4.32. Filmpremiere "Poka – Heißt Tschüss auf Russisch" in
Berlin
Kasachstan Anfang der 90er Jahre: In Deutschland ist die Mauer gefallen, in der Sowjetunion sorgt Gorbatschows Glasnost-Politik für große Umbrüche. Als Folge bricht
eine Vielzahl deutscher Aussiedler nach Deutschland auf. Dazu gehört auch die Familie von Alexander Weber, die von Kasachstan in die Heimat ihrer Vorfahren zurückkehren will.
Seite 340
V.l.n.r.: Thomas Papst (Schauspieler), Anna Hoffmann (Regisseurin), Jelena Schmal (Schauspielerin), Nina Liebig (GIZ),
Bundesbeauftragter Hartmut Koschyk MdB
Quelle: BMI
Alexanders Sohn Georg (Pawlo Pascha Antonow) freut sich, sein kleines kasachisches
Dorf zu verlassen und in den vermeintlich goldenen Westen nach Deutschland zu
emigrieren. Seine Liebe zur Tochter des Sowchos-Vorsitzenden, Lena (Natalia Belitski),
wird dadurch jedoch auf eine harte Probe gestellt. Als Lena schwanger wird, entschließen sie sich zur Heirat und gemeinsamen Übersiedlung nach Deutschland.
Aus diesem Stoff hat die aus Kasachstan stammende Regisseurin Anna Hoffmann den
cineastisch hervorragenden und sehr einfühlsamen Film "POKA - heißt Tschüss auf
Russisch" geschaffen, der den Förderpreis der DEFA-Stiftung auf dem 24. Filmkunstfest Mecklenburg-Vorpommern 2014 erhielt und auf dem Film Festival Cottbus 2014
als bester Jugendfilm ausgezeichnet wurde. Er ist mit dem ZDF koproduziert und soll
2016 bundesweit ausgestrahlt werden.
Die vom Bundesministerium des Innern mit der Durchführung des Programms "Förderung der deutschen Minderheit in den Ländern der ehemaligen Sowjetunion" beauftragte Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) hatte in
Berlin zu einer Vorab-Vorführung des Films und einer anschließenden Diskussion
eingeladen.
Der Film leistet einen ganz bedeutsamen Beitrag zur künstlerischen Aufarbeitung der
jüngeren und gesamtdeutschen Geschichte. Er belegt, dass die Aufnahme und Integration der Aussiedlerinnen und Aussiedler nicht nur einen sozialen und einen wirtschaftlichen, sondern auch einen kulturellen Aspekt besitze, der unverzichtbar sei.
Seite 341
Der Film ist zudem der Beweis, dass aus den Reihen seit den späten 1980er Jahren verstärkt in die Bundesrepublik Deutschland ausgewanderten Deutschen starke künstlerische Persönlichkeiten herausgewachsen seien, die – gemeinsam mit Vertretern aus
den Bereichen Wirtschaft und Gesellschaft – heute zu den wichtigsten Brückenbauern
zwischen ihren Herkunftsländern und Deutschland zählen.
Die bei der Diskussion anwesende Regisseurin Anna Hoffmann hob hervor, dass es ihr
auch darum gegangen sei, die besondere russlanddeutsche Identität, die mit einer
selbstverständlichen, lebendigen Bilingualität verbunden ist, authentisch zum Ausdruck zu bringen. Mit der Hilfe von großartigen Schauspielerinnen und Schauspielern
ist ihr dieses ohne Zweifel gelungen.
Der Film spart auch kritische Aspekt der Lebenswirklichkeit und die Eingewöhnungsschwierigkeiten von Aussiedlern nicht aus. Dieses wurde in der Diskussion am Beispiel der nur oftmals nicht erfolgten Anerkennung von Berufsabschlüssen auch vom
Publikum aufgegriffen. Dazu räumte ich ein, dass hier anfangs große Fehler gemacht
und ein wertvolles Potenzial verschenkt wurde. Die Politik hat jedoch mit dem Berufsanerkennungsgesetz von 2012 diese Fehlentwicklung zwischenzeitlich korrigiert.
Ich verwies auf eine gemeinsame Fachveranstaltung des Bundesministeriums des Innern und des Bundesministeriums für Bildung und Forschung am Folgetag, das genau
diesem Thema gewidmet war.
4.33. Anerkennung der Berufsabschlüsse von Aussiedlern
weiterhin auf der politischen Tagesordnung
Aussiedler sind verglichen mit anderen Zuwanderungsgruppen bereits vor ihrer Einreise in die Bundesrepublik Deutschland in der Regel beruflich gut qualifiziert. Allerdings stellt die notwendige Anerkennung der Berufsabschlüsse in Deutschland eine
Hürde dar, so dass gut ausgebildete Aussiedler in der Vergangenheit vielfach keinen
oder nur einen Beruf mit geringeren Qualifikationsanforderungen fanden. Dadurch
Seite 342
wurde wertvolles Potenzial verschenkt. Die Anerkennung beruflicher Abschlüsse von
Aussiedlern wurde in bestimmten Fällen bereits in der Vergangenheit durch einschlägige Bestimmungen des Bundesvertriebenengesetzes (BVFG) erleichtert.
Spätaussiedler profitieren seit April 2012 auch vom Gesetz zur Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen, das sich allerdings nur auf die Berufe bezieht, die durch
rechtliche Vorgaben des Bundes geregelt sind.
Betreffend die konkrete Umsetzungen der gesetzlichen Vorgaben habe ich mich mit
Vertretern des Bundes der Vertriebenen und besonders betroffener Landsmannschaften und dem Parlamentarische Staatssekretär im Bundesministerium für Bildung und
Forschung (BMBF), Stefan Müller MdB, zu einem Fachgespräch mit Vertreterinnen
und Vertretern zuständiger Behörden, Fachexperten und Verbänden im Bundesministerium des Innern getroffen. Ich wies in meiner Begrüßung darauf hin, dass ich seit
meinem Amtsantritt als Aussiedlerbeauftragter immer wieder auf praktische Probleme bei der Berufsanerkennung hingewiesen worden sei, und dankte dem Staatssekretär Müller für dessen spontane Zusage für ein entsprechendes Fachgespräch.
Gerade vor dem Hintergrund wieder wachsender Zuzugszahlen hat dieses Thema zusätzliche Aktualität gewonnen. Aber nicht nur die neu hinzuziehenden Spätaussiedler
stellen für das zunehmend unter Fachkräftemangel leidende Deutschland eine große
Chance dar. Auch die hier bereits seit längerem lebenden Aussiedler verfügten häufig
noch über nicht genutzte Qualifikationen. Vor diesem Hintergrund betonte ich, dass
wir es uns nach wie vor nicht leisten können, auf dieses teilweise brachliegende Potenzial von Spätaussiedlern zu verzichten, vor allem im Bereich der pädagogischen
Berufe.
Seite 343
v.l.n.r.: Dr. Manfred Michel (BMI), Bundesbeauftragter Hartmut Koschyk MdB, Parl. Staatssekretär Stephan Müller MdB, Ralf Maier (BMBF), Maja
Rentrop-Klewitz (BMBF), Heinrich Zertik MdB
Quelle: BMI
Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesministerium für Bildung und Forschung, Stefan Müller MdB, unterstrich zu Beginn seines Einführungsvortrages, dass
das Anerkennungsgesetz vom 1. April 2012 einen Paradigmenwechsel markiert, nämlich weg von der Perspektive, dass Migranten grundsätzlich Unterstützung bräuchten,
und hin zum Blick auf deren Fähigkeiten und Potenziale. Ziel des Anerkennungsgesetzes sei es, den Menschen mit ausländischen Qualifikationen die Chance zur Nutzung derselben auf dem deutschen Arbeitsmarkt zu geben. Durch das Anerkennungsgesetz wurde im Bereich der Dualen Berufsausbildung ein Anspruch auf individuelle
Prüfung der Gleichwertigkeit von ausländischen Berufsabschlüssen mit inländischen
Referenzqualifikationen geschaffen. Die genauen Vorgaben für diese Gleichwertigkeitsverfahren, die durch die zuständigen Kammern – Industrie- und Handelskammern, Handwerkskammern – durchzuführen sind, finden sich im gleichzeitig verabschiedeten Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz. Zudem änderte der Bund 60 Berufsgesetze für die Berufe, in denen der Berufszugang durch den Bund geregelt wird.
Zu diesen zählen beispielsweise die Gesundheitsberufe. Eine wichtige Neuerung des
Anerkennungsgesetzes ist weiter, dass auch Berufserfahrung berücksichtigt werden
kann, um ein festgestelltes Qualifikationsdefizit auszugleichen. Außerdem müssen in
den reglementierten Berufen die konkreten Qualifizierungsmaßnahmen aufgezeigt
werden, die für eine vollwertige Anerkennung notwendig sind.
Für Spätaussiedler bringt das Anerkennungsgesetz keinen Nachteil, im Gegenteil: Der
einschlägige § 10 des BVFG bleibt ausdrücklich weiterhin anwendbar, Spätaussiedler
Seite 344
können im nicht reglementierten Bereich zwischen beiden Verfahren wählen. Seit
dem Inkrafttreten des Anerkennungsgesetzes wurden allein nach diesem bis Ende
2014 insgesamt rund 44.000 Anträge gestellt. Von den beschiedenen Verfahren endeten rund 78 % mit einer vollen Gleichwertigkeit, nur 3,6 % wurden abgelehnt, in den
übrigen Fällen wurde eine teilweise Gleichwertigkeit festgestellt. Das Bundesinstitut
für Berufsbildung in Bonn erstellt im Auftrag des BMBF jedes Jahr einen Bericht über
die Umsetzung des Anerkennungsgesetzes. Dieser Monitoringprozess dient dazu,
Stärken und Schwachstellen der Umsetzung frühzeitig zu ermitteln und weitere Verbesserungen anzustoßen.
Die Ergebnisse des Monitorings hätten gezeigt, dass gute Informations- und Beratungsstrukturen eine zentrale Bedeutung für das Anerkennungsverfahren besitzen.
Zentral für den Erfolg des Anerkennungsgesetzes sind außerdem Qualifizierungsmaßnahmen. Häufig benötigen die Antragstellenden weitere Qualifikationen, um die
volle Anerkennung zu erreichen. Im Rahmen des Förderprogramms IQ (Integration
durch Qualifikation) wird der Ausbau eines angemessenen Angebots von Qualifizierungsmaßnahmen gefördert. Hierfür und für die Ausweitung des Beratungsangebots
werden während der nächsten vier Jahre aus Mitteln des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales und dem Europäischen Sozialfonds insgesamt 188 Mio. Euro bereitgestellt. Rund 120 Maßnahmen werden bundesweit gefördert. Nicht zuletzt ist der
effiziente und einheitliche Vollzug der Anerkennungsregeln ein zentrales Erfolgskriterium. Besonders bewährt hat sich dabei eine Bündelung der Strukturen wie etwa
durch die IHK FOSA (Industrie- und Handelskammer Foreign Skills Approval) in
Nürnberg.
Auch bei der Zusammenarbeit der Bundesländer, die für die Mehrzahl der Fälle der
Anerkennung von Berufsabschlüssen zuständig sind, tut sich etwas: 2016 wird eine
zentrale Gutachtenstelle für die Gesundheitsberufe bei der Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen (ZAB) eingeführt. Staatssekretär Müller sprach sich auch dafür
Seite 345
aus, auch die Anerkennungsverfahren für pädagogische Berufe bei der ZAB zu bündeln.
Von den angereisten Fachexperten stellte zunächst Daria Braun von der Zentralen
Erstanlaufstelle Anerkennung Berlin (ZEA) der Otto-Benecke-Stiftung die Anerkennungsberatung in der Praxis vor. Die Leistungen der ZEA umfassen die Erstinformation und Erstberatung für Personen, die einen Antrag auf Anerkennung einer im Ausland erworbenen Qualifikation stellen möchten. Weiterhin ist sie eine Servicestelle für
Beratungsfachkräfte der Regelinstitutionen und von Multiplikatorinnen und Multiplikatoren, die bei Bedarf Schulungen und Informationsveranstaltungen wahrnehmen können. Außerdem vertritt die ZEA das IQ (Integration durch Qualifizierung)
Netzwerk Berlin in der IQ Fachstelle Anerkennung und sichert so den Wissenstransfer
zu den Teilprojekten, die Verfahrensbegleitung und Anerkennungscoaching leisten.
Sie baut mit zuständigen Stellen und anderen relevanten Institutionen, beispielsweise
Jobcentern im Hinblick auf Beratung von Anerkennungssuchenden, Kooperationsstrukturen auf. Dokumentation und Auswertung der Erstberatungen und Verfahrensbegleitungen bei der beruflichen Anerkennung sowie von Unterstützungsleistungen
nach Verfahrensabschluss sind Teil eines professionellen Monitorings, das der Prozessgestaltung dient.
Daria Braun stellte die beiden Hauptgruppen unter den Spätaussiedlern vor, für die
jeweils unterschiedliche Beratungsansätze gefunden werden müssten. Die eine Gruppe ist in ihrer Mehrzahl 35 bis 55 Jahre alt und ihre Berufsausbildung liegt schon längere Zeit zurück und ist oftmals dem deutschen Referenzabschluss nicht völlig adäquat. Dieses wird jedoch oft durch Erfahrungen, die während der Berufstätigkeit erworben werden konnte, zumindest teilweise ausgeglichen. Die zweite Gruppe ist unter 35 Jahre alt und hat erst kürzlich erworbene Berufsabschlüsse, die deutschen
gleichwertig sind. Oftmals mangele es hier jedoch an der Berufserfahrung, die aber in
Praktika nachgeholt werden könne. Speziell zur Unterstützung der Spätaussiedler
schlug Daria Braun eine enge Kooperation mit der Landsmannschaft der der Deut-
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schen aus Russland vor, was deren Geschäftsführer Ernst Strohmaier, der Bundestagsabgeordnete kasachstandeutscher Herkunft, Heinrich Zertik, und Gisela Schewell vom
Bund der Vertriebenen ausdrücklich unterstützten.
Auf besonders große Schwierigkeiten stößt immer wieder die Anerkennung von Abschlüssen in pädagogischen Berufen. Elisabeth Sonnenschein von der Zentralstelle für
ausländisches Bildungswesen in Bonn (ZAB) stellte hierzu zunächst die diesbezüglichen Ausbildungssysteme in der früheren Sowjetunion und in deren Nachfolgestaaten dar. Obwohl dort im Lehramtsstudium der Fokus auf die pädagogische Ausbildung und nicht auf die wissenschaftliche Qualifikation gelegt wird, unterrichteten die
Lehrer zumeist nur in einem Fach. Dieses macht die Anerkennung in Deutschland
schwierig, da zumeist mindestens zwei Fächer gefordert sind. Die Landesbeauftragte
für Heimatvertriebene und Spätaussiedler der Hessischen Landesregierung, Margarete
Ziegler-Raschdorf, warb für eine pragmatische Handhabung in dieser Frage. Auch viele in Deutschland ausgebildeten Lehrer würden de facto nur ein Fach unterrichten.
Die Nutzung dieses dringend benötigten Potenzials müsse im Vordergrund stehen.
Der aus Kasachstan stammende Bundestagsabgeordnete Heinrich Zertik warb dafür,
Spätaussiedler mit pädagogischen Berufsabschlüssen bei der schulischen Eingliederung der jetzt ankommenden Flüchtlinge verstärkt einzusetzen.
Andreas Dieckmann vom Ministerium für Wissenschaft und Wirtschaft des LandesSachsen-Anhalt, gab für die deutschen Bundesländer einen Erfahrungsbericht über
die Anerkennung im Ausland erworbener Berufsabschlüsse ab. In den letzten Jahren
hätte eine Umorientierung von der Defizitorientierung zu Chancenorientierung stattgefunden. Selbst wenn das Anerkennungsverfahren keine oder nur eine teilweise
Gleichwertigkeit mit der für einen deutschen Referenzberuf erforderlichen Qualifikation ergibt, sind sofort die Möglichkeiten zum Ausgleich aufzuzeigen. Dieser könne
etwa durch Berufserfahrung und/oder durch sonstige Qualifikationen oder aber
durch Anpassungs- bzw. Ausgleichsmaßnahmen wie Praktika oder Weiterbildung
erfolgen.
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Einen weiteren thematischen Schwerpunkt des Fachgesprächs bildete der Bereich der
handwerklichen und gewerblichen Bildung. Daniel Wörndl vom Institut der Deutschen Wirtschaft in Köln stellte die Berufsausbildung in Deutschland und in den
Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion vergleichend vor. Im Unterschied zu
Deutschland mit seiner betrieblich basierten Berufsausbildung, die durch Berufsschulunterricht ergänzt wurde, herrschte in der Sowjetunion eine vollzeitschulische
Berufsausbildung mit Betriebspraktika vor. Zudem gab es keine geregelte Aufstiegsfortbildung, sondern nur innerbetriebliche Weiterbildungen. Daike Witt vom Zentralverband des Deutschen Handwerks sprach über die Anerkennungspraxis speziell
im Handwerk. Gerade für das Handwerk mit seiner hohen Kundenorientierung seien
gute Deutschkenntnisse bei den Beschäftigten sehr wichtig. Der Anerkennungswunsch seitens der Spätaussiedler sei nicht nur durch verbesserte Chancen bei der
Arbeitssuche bestimmt, die Anerkennung des erlernten und ausgeübten Berufsstärke
auch das Selbstwertgefühl. Bemerkenswerterweise seien ältere Berufsabschlüsse im
östlichen Europa und in der Sowjetunion wegen ihrer besseren Dokumentation leichter auf Gleichwertigkeit zu prüfen. Problematisch hingegen seien neuere Abschlüsse,
hier müssten Informationen über neue Ausbildungsgänge eingeholt werden, zudem
fehle wegen der starke Verschulung der Ausbildungsgänge häufig die Berufspraxis Das
Handwerk habe sog. „Leitkammern“ bestimmt, die jeweils für eine bestimmte Region
die Prüfung der Abschlüsse übernehme.
Die Anerkennung in den gewerblich-technischen Berufen der IHK-FOSA (Foreign
Skills Approval) stellte deren Geschäftsführerin Heike Klembt-Kriegel vor. Den Spätaussiedlern käme bei der Anerkennung ihrer Berufe zugute, dass die Ausbildungsordnungen in der Sowjetunion relativ gut beschrieben worden sind und sowohl der Ausbildungs- als auch der berufliche Werdegang i.d.R. durch das Arbeitsbuch sehr gut
dokumentiert seien.
Nach einer ausgiebigen Diskussion der Vorträge fasste ich resümierend zusammen,
dass insbesondere bei pädagogischen Berufen angesichts des großen Bedarfs, aber
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auch aus Respekt vor der Lebensleistung der zugezogenen Fachleute ein großer Handlungsbedarf bestehe. Der Staat sollte den Pädagogen noch mehr konkrete Angebote
machen.
Ich brachte den Wunsch zum Ausdruck, dass bei der mit der Berufsanerkennung verbundenen Beratung noch mehr als bisher auch der Weg in die Selbstständigkeit aufgezeigt wird. Er habe als Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und
nationale Minderheiten mittlerweile viele erfolgreiche Unternehmeraus den Reihen
der Spätaussiedler kennengelernt, die mit ihren Aktivitäten heute lebendige Brücken
von Deutschland in ihre Herkunftsländer sind.
Ich sicherte zu, dass das Thema "Berufsanerkennung bei Spätaussiedlern" weiterhin
ein wichtiger Schwerpunkt in meiner Arbeit als Aussiedlerbeauftragter sein wird.
4.34. Tag der neuen Heimat in der Düsseldorfer Staatskanzlei
Jedes Jahr stellt die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen Beispiele für die gelungene Integration von Spätaussiedlern in der Düsseldorfer Staatskanzlei vor.
Die diesjährige Festansprache habe ich am 27.11.2015 gehalten. Dabei sagte ich wörtlich u.a.:
„Vor zwei Jahren hatte das Ministerium eine Studie zur gelungenen Integration der
rund 620.000 Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedler vorgestellt. Danach lag etwa
deren Erwerbstätigenquote mit 75,1 Prozent deutlich über der der Gesamtbevölkerung (69,5 Prozent). Thematischer Schwerpunkt des "Tags der neuen Heimat" war im
Jahr 2015 die Integrationskraft des Sports. Darüber wurde in einer Talkrunde mit russlanddeutschen Sportlerinnen und Sportlern gesprochen.
Zuvor luden der Aussiedlerbeauftragte der Evangelischen Kirche von Westfalen und
der Beauftragte der Deutschen Bischofskonferenz für die Gläubigen aus der GUS unter dem Titel "Brücken bauen" zu einem Ökumenischen Gottesdienst ein.
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Es war für mich ein große Ehre, am "Tag der neuen Heimat" in Düsseldorf teilzunehmen. In meiner Festansprache habe ich hervorgehoben, dass die Integration der Aussiedler für die Bundesregierung eine Erfolgsgeschichte ist. Endlich scheint das auch in
der öffentlichen Wahrnehmung angekommen zu sein.
[…]
Die Bundesregierung ließ und lässt die Spätaussiedler jedoch nicht allein und begleitet
sie mit einer Reihe von Maßnahmen, um es ihnen zu erleichtern, sich rasch und vollständig in Deutschland einzuleben. Der Besuch eines Integrationskurses – bestehend
aus 600 Stunden Sprachkurs sowie 60 Stunden Orientierungskurs – ist nach dem
Bundesvertriebenengesetz für Spätaussiedler kostenlos.
[…]
Ein besonders gutes Beispiel für die Integration von Spätaussiedlern ist das bundesgeförderte Programm „Integration durch Sport“. Längst wird es nicht mehr nur für
Spätaussiedler angeboten. Auch sind Spätaussiedler nicht nur "Konsumenten" bei diesem Angebot. Vielmehr gehören Deutsche aus Russland seit über 25 Jahren zu den
Aktivsten in den Sportgruppen; viele geben als Übungsleiter Ihr Können weiter.
Gerade hat das Bundesinnenministerium das Programm "Integration durch Sport" für
Asylbewerber und Geduldete geöffnet, um ihnen Beschäftigungsangebote in Form
von Sport und Bewegung zu machen. Ich bin mir sicher, dass wir auch im Umgang
mit den neuen Zielgruppen auf die Erfahrungen und tatkräftige Hilfe der Spätaussiedler bauen können.
Untersuchungen belegen, dass Spätaussiedler die Integrationsverantwortung nicht
der Mehrheitsgesellschaft, sondern überwiegend sich selbst zuschreiben. Sie haben
den festen Willen, sich in unsere Gesellschaft einzubringen. Maßnahmen des Staates
können diese Aktivitäten zwar unterstützen. Ohne ihr eigenes Tun gäbe es allerdings
die Erfolgsgeschichte der Spätaussiedler nicht.
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Eine 2013 erstellte wissenschaftliche Analyse des Bundesamtes für Migration und
Flüchtlinge bestätigt, dass die Deutschen aus Russland im Verhältnis zu ihrer relativ
kurzen Aufenthaltsdauer ausgesprochen gut in Deutschland integriert sind.
Auch in der öffentlichen Wahrnehmung ist inzwischen klar: Die meisten Deutschen
aus Russland sind in ihrer neuen Heimat angekommen und als zu uns gehörende
Nachbarn angenommen. Für unser Zusammenleben ist es wichtig, dass Sie hier bei
uns, unter uns und mit uns ihre neue Heimat gefunden haben oder noch finden!
Und auch in den Medien sind nun zunehmend Erfolgsgeschichten zu finden: über
herausragende Sportler, Künstler, Wissenschaftler, darunter Nobelpreisträger, die als
Vorbilder für die gesamte Gesellschaft gesehen werden.
Soll das heißen, dass der Bund aufgrund dieser Erfolgsgeschichte in seinen Integrationsbemühungen nachlassen kann und sich nur auf die aktuellen stark integrationsbedürftigen Zielgruppen der Neuzuwanderer konzentrieren soll?
Die Antwort ist ein klares NEIN!
Für ganz wichtig halte ich, die Spätaussiedler in ihrer Identität als Deutsche zu bestärken. Dafür hat der Bund speziell für Spätaussiedler die sogenannte ergänzende Maßnahme nach § 9 Abs. 4 Bundesvertriebenengesetz als Zusatzangebot konzipiert.
[…]“
Die vollständige Rede finden Sie hier:
http://www.aussiedlerbeauftragter.de/SharedDocs/Reden/AUSB/DE/koschyk-tagder-heimat-NRW.html
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4.35. Podiumsdiskussion der Deutschen Gesellschaft e.V. bei
der Veranstaltung „70 Jahre nach Kriegsende - Russlanddeutsche gestern und heute“
Im Rahmen der Veranstaltung "70 Jahre nach Kriegsende – Russlanddeutsche gestern
und heute", die von der Deutschen Gesellschaft e.V. in Kooperation mit der Vertretung des Freistaates Thüringen beim Bund, des Bundesministeriums des Innern und
der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland organisiert wurde, nahm ich in
meiner Funktion als Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, nach meinem einleitenden Grußwort an der Podiumsdiskussion
"Russlanddeutsche in Deutschland – Herausforderungen und Ziele" teil.
Mit mir diskutierten unter der Moderation von Prof. Dr. Victor Dönninghaus, stellv.
Direktor am Institut für Kultur und Geschichte der Deutschen in Nordosteuropa in
Lüneburg, der Botschafter der Russischen Föderation in Deutschland, S.E. Wladimir
Grinin, der Bundesvorsitzende der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland,
Waldemar Eisenbraun, sowie die Leiterin des Museums für russlanddeutsche Kulturgeschichte Detmold, Dr. Katharina Neufeld.
v. l. n. r.: Bundesbeauftragter
Hartmut Koschyk MdB, S.E.
Botschafter Wladimir Grinin,
Landsmannschaftsvorsitzender Waldemar Eisenbraun,
Museumsleiterin Dr. Katharina Neufeld, Moderator Prof.
Dr. Victor Dönninghaus
Quelle: BMI
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Ich bekräftigte zu Beginn der Podiumsdiskussion die Politik der Bundesregierung,
dass es auch künftig die persönliche Entscheidung eines jeden einzelnen Russlanddeutschen sein soll, nach Deutschland auszusiedeln oder in seiner Heimat zu verbleiben. In beiden Fällen werde die Bundesregierung in Übereinstimmung mit dem Willen des Bundestages Unterstützung leisten. Die Integration der Aussiedlerinnen und
Aussiedler in ihrer neuen Heimat ist eine Erfolgsgeschichte. Der Fokus der öffentlichen Diskussion verschiebt sich mehr und mehr von den Fragen der Integration hin
zur wachsenden Bedeutung der Brückenfunktion, welche sowohl die Russlanddeutschen in Deutschland, organisiert in der Landsmannschaft und anderen Vereinigungen, als auch die in der Heimat verbliebenen Angehörigen der deutschen Minderheiten in Russland und in den anderen Nachfolgestaaten der früheren Sowjetunion mit
ihren jeweiligen Selbstorganisationen mittlerweile ausüben.
Auf meine ausdrückliche Zustimmung stieß die Aussage von Botschafter Wladimir
Grinin, dass Integration nicht Assimilation bedeuten sollte. Unter Verweis auf zahlreiche Beispiele in Kultur, Wissenschaft und Wirtschaft bezeichnete auch der Botschafter
die Integration der Aussiedlerinnen und Aussiedler als insgesamt erfolgreich. Deutsche wie russische Unternehmen würden sehr stark von den Russlanddeutschen mit
ihren Sprachkenntnissen und ihrem Verständnis für beide Kulturen profitieren. Botschafter Grinin plädierte daher nachdrücklich für ein verbessertes Russisch-Angebot
an deutschen Schulen, damit auch nachgeborene Russlanddeutsche ihre russischen
Sprachkenntnisse pflegen und weiterentwickeln können.
Der Vorsitzende der Landsmannschaft Waldemar Eisenbraun stellte in den letzten
Jahren eine deutlich positivere Wahrnehmung der Russlanddeutschen in der bundesrepublikanischen Gesamtöffentlichkeit fest. Deshalb könne sich die Landsmannschaft
nun, nachdem sie sich nicht mehr länger unbegründeter Vorwürfe zu erwehren habe,
noch stärker der Vernetzung und der Brückenfunktion zuwenden. Eine stabile Brücke
benötigte allerdings starke Pfeiler, die fest in der Erde verankert seien. Für die Aussiedlerinnen und Aussiedler sei dieses die Bundesrepublik Deutschland.
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Museumsleiterin Dr. Katharina Neufeld betonte den Wert der historisch-politischen
Bildungsarbeit gerade für die nachgeborenen Aussiedlergenerationen, die nur noch
von Erzählungen der Großeltern von den früheren Lebensbedingungen ihrer Vorfahren in der Sowjetunion erfahren. Das von ihr geleitete Museum für russlanddeutsche
Museum in Detmold stelle die besondere, gleichzeitige Bikulturalität der Russlanddeutschen, die sowohl in der deutschen wie auch in der russischen Kultur wurzelten,
dar und habe somit ein Alleinstellungsmerkmal in der ganzen Welt.
Neufeld dankte meinem Parlamentskollegen Heinrich Zertik und mir für unsere Unterstützung für die für den Bundeshaushalt 2016 erstmalig bewilligte Bundesförderung für das Museum in Höhe von je 200.000 Euro in den kommenden Jahren.
4.36. Zum 100. Geburtstag von Dr. Herbert Hupka
Zum Gedenken an Dr. Herbert Hupka hat der Schlesierverein München e.V. am 7. Dezember 2015, dem 100. Geburtstag von Hupka, zu einer Veranstaltung in das Haus des
Deutschen Ostens in München eingeladen. In diesem Rahmen habe ich über das „Leben und Nachwirken eines Vertriebenenpolitikers – Zum 100. Geburtstag von Dr.
Herbert Hupka“ gesprochen. Als früherer Bundesvorsitzender der Schlesischen Jugend und Generalsekretär des Bundes der Vertriebenen kannte ich Hupka aus nächster Nähe.
Zu meinem Redebeitrag gelangen Sie hier:
https://www.koschyk.de/wp-content/uploads/2015/12/HP-151207-Rede-überHupka-HdO-München.pdf
Herbert Hupka, 1915 auf Ceylon geboren, wuchs im oberschlesischen Ratibor (heute
Racibórz, Polen) auf. Er studierte Germanistik, Geschichte und Geographie in Halle
und Leipzig. Wegen der der jüdischen Herkunft seiner Mutter wurde er diskriminiert.
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1939 zur Wehrmacht eingezogen, wurde er 1943 inhaftiert und stellte in dieser Zeit
seine mediaevistische Dissertation fertig. Nachdem seine Mutter im Januar 1944 in das
Konzentrationslager Theresienstadt deportiert worden war, wurde er als "wehrunwürdig" aus dem Heer entlassen und kehrte nach Ratibor zurück.
Bundesbeauftragter Koschyk gemeinsam mit
Dr. Herbert Hupka
Quelle: Archiv Koschyk
Nach Kriegsende gelang es ihm, seine Mutter in Theresienstadt zu finden, und mit ihr
nach München zu kommen. Dort begann seine Karriere als Radioredakteur. In der
Vertriebenenpolitik spielte Hupka eine wichtige Rolle. Drei Jahrzehnte war er Präsident der Landsmannschaft Schlesien, außerdem wirkte er als Vorsitzender des Ostdeutschen Kulturrates und Vizepräsident des Bundes der Vertriebenen. Als Mitglied
des Deutschen Bundestages von 1969 bis 1987 positionierte er sich deutlich gegen
Ostpolitik der Bundesrepublik unter Willy Brandt und lehnte die Oder-Neiße-Grenze
ab. Dies machte ihn im linken politischen Lager unbeliebt und führte 1972 zum
Wechsel von der SPD zur CDU.
1985 kam es zum Konflikt mit Bundeskanzler Helmut Kohl, als Hupka das Schlesiertreffen unter das Motto "40 Jahre Vertreibung – Schlesien bleibt unser" stellen wollte.
Kohl sagte daraufhin seine Gastrede ab, das Motto wurde in "Schlesien bleibt unsere
Zukunft in einem Europa freier Völker" umgeändert. Nach der Wende von 1989 engagierte sich für die deutsch-polnische Aussöhnung. Seine Geburtsstadt Ratibor ernennte ihn zum Ehrenbürger. Nach seinem Tod 2006 wurde er in München beigesetzt.
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4.37. Treffen im Sudetendeutschen Haus in München mit
dem Sprecher der Sudetendeutschen Volksgruppe und
dem Bundesvorsitzenden der Sudetendeutschen
Landsmannschaft
Im Sudetendeutschen Haus in München bin ich Anfang Dezember 2015 mit dem
Sprecher der Sudetendeutschen Volksgruppe und dem Bundesvorsitzenden der Sudetendeutschen Landsmannschaft, Bernd Posselt, zusammengetroffen, um mich über
aktuelle Anliegen der Sudetendeutschen auszutauschen.
An dem Gespräch nahm auch der Vorstandsvorsitzende der Sudetendeutschen Stiftung, Dr. Ortfried Kotzian und der Bundesgeschäftsführer der Sudetendeutschen
Landsmannschaft, Christoph Lippert, teil.
Bundesbeauftragter Koschyk
gemeinsam mit Bernd Posselt
und Dr. Ortfried Kotzian
Quelle: BMI
Im Mittelpunkt des Gesprächs stand die Förderung der deutschen Minderheit in
Tschechien durch die Bundesregierung. Ich berichtete von meinem Vor-OrtBesuchen in Tschechien, um mir ein Bild über die Lage der deutschen Minderheit zu
machen. Ich drückte meinen Dank für die Unterstützung der "Landesversammlung
der Deutschen in Böhmen, Mähren und Schlesien" aus, die als Dachorganisation regionaler und örtlicher Verbände der deutschen Minderheit in der Tschechischen ReSeite 356
publik mit Sitz in Prag vorbildliche Arbeit leistet. Heute sind in der Landesversammlung 22 selbstständig registrierte Verbände der heimatverbliebenen Deutschen und 15
Begegnungszentren angeschlossen. Gleiches gilt für den "Kulturverband der Bürger
deutscher Nationalität in der Tschechischen Republik", der heute 1325 Mitglieder in
23 Grundorganisationen, die sich vor allem in Nordböhmen befinden, umfasst. Ich
würdigte die gute Zusammenarbeit zwischen der Sudetendeutschen Landsmannschaft und beiden Verbänden sowie der Sudetendeutsche Stiftung, die 1970 gegründet
wurde.
Seit 1992 unterstützt das Bundesinnenministerium verständigungspolitische Maßnahmen der Vertriebenen zur Förderung des friedlichen Miteinanders mit den Völkern Ostmittel-, Ost- und Südosteuropas und entspricht damit der mehrfach bekräftigten Aufforderung des Deutschen Bundestages, die deutschen Heimatvertriebenen
in das Werk der europäischen Aussöhnung und Verständigung einzubeziehen. Auch
würdigte ich in diesem Zusammenhang die aktive Teilnahme sudetendeutscher Organisationen, wie auch der Ackermann-Gemeinde und der Seliger-Gemeinde.
Ebenfalls tauschte ich mich über die Förderung des kulturellen Erbes der Deutschen
im östlichen Europa gemäß § 96 Bundesvertriebenengesetz (BVFG) aus. Hierzu haben
sich CDU, CSU und SPD in ihrem Koalitionsvertrag von 2013 auf eine konzeptionelle
Weiterentwicklung verständigt. Ich erklärte, dass ich mich für eine verstärkte Einbeziehung der Selbstorganisationen der deutschen Minderheiten ausspreche. Nach Vorlage der weiterentwickelten Konzeption der Kulturarbeit nach § 96 BVFG seien konkrete Abstimmungen notwendig, wie Vertriebene, Aussiedler und deutsche Minderheiten einbezogen werden.
Bei meinem Besuch im Sudetendeutschen Haus habe ich mich auch in das Kondolenzbuch für den mit 86 Jahren verstorbenen langjährigen Bayerischen Staatsminister,
ehemaligen Sprecher der Sudetendeutschen Volksgruppe und Bundesvorsitzenden
der Sudetendeutschen Landsmannschaft, Franz Neubauer, eingetragen. In meiner
Amtszeit als Generalsekretär des Bundes der Vertriebenen habe ich eng und vertrauSeite 357
ensvoll mit dem langjährigen Bayerischen Staatsminister, ehemaligen Sprecher der
Sudetendeutschen Volksgruppe und Bundesvorsitzenden der Sudetendeutschen,
Franz Neubauer, zusammengearbeitet. Franz Neubauer, der aus dem Egerland
stammt, hat zeitlebens die Anliegen der Heimatvertriebenen vertreten, in der historischen Umbruchsphase 1989/90 zielstrebig auf die Wiedervereinigung Deutschlands
und Europas hingearbeitet und nach der Deutschen Wiedervereinigung Brücken zum
tschechischen Volk geschlagen. Sein Wirken war stets von den Gedanken getragen,
lebendige Brücken von Deutschland aus zu unseren deutschen Landsleuten, vor allem
im Sudetenland, aber auch in Mittel- und Osteuropa zu erhalten.
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5. Weiterführende Informationen
Newsletter des Aussiedlerbeauftragten:
Bleiben Sie auf dem neuesten Stand und abonnieren Sie den Newsletter unter
www.aussiedlerbeauftragter.de
Auf www.aussiedlerbeauftragter.de finden Sie aktuelle Informationen und Terminhinweise, Publikationen und weiteres Bildmaterial sowie alle Redebeiträge in ungekürzter Fassung.
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Impressum
Herausgeber
Der Beauftragte der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten
Bundesministerium des Innern
Alt-Moabit 140
10557 Berlin
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www.aussiedlerbeauftragter.de
Redaktion
Der Beauftragte der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten im Bundesministerium des Innern
Bildnachweis
Deckblatt: Gruppenaufnahme mit Bundesinnenminister Dr. Thomas de Maizière und
Bundesbeauftragtem Hartmut Koschyk MdB bei der Veranstaltung „HeimatIdentität-Glaube“ am 12. November 2015 im BMI, Quelle: BMI
Vorwort, Portraitfoto: Quelle: Henning Schacht
Stand
Dezember 2015
Seite 360