Goldbergs Thema des Monats

Goldbergs Thema des Monats
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Lieber Lotterie und Lose als solide Investments?
Gerade hat sich der Nuklearunfall von Fukushima zum fünften
Mal gejährt. Besonders in Deutschland protestierten damals die
Bürger gegen die weitere Nutzung atomarer Energie, weil sie
davon ausgingen, dass die Risiken für Unfälle dieser Größenordnung höher seien, als dies in der Wissenschaft bis dahin angenommen wurde. Tatsächlich kann es sein, dass Atomkraftwerke
nicht ausreichend gegen Erdbeben, gegen Flugzeugabstürze
oder terroristische Attacken geschützt sind. Dennoch bleibt die
Wahrscheinlichkeit einer Atomkatastrophe äußerst gering. Aber
unter dem Eindruck der damaligen Ereignisse erschien den Bürgern das Risiko für eine ähnliche Katastrophe hierzulande ausgesprochen hoch. In Deutschland stieg die Nachfrage nach
Geigerzählern und Schutzausrüstungen; sogar die Bundesregierung sah sich damals zu einer dramatischen Kehrtwende in ihrer
Atompolitik gezwungen.
Die Einschätzung von Wahrscheinlichkeiten spielt bei der Beurteilung von Finanzmärkten und deren Risiken ebenfalls eine wesentliche Rolle. Aber auch im Alltag kann eine Fehleinschätzung
etwaiger Chancen und Risiken fatale Folgen haben. So wundert
es nicht, dass die wohl wichtigsten Begründer der Behavioral
Economics, Daniel Kahneman und Amos Tversky, dem Konzept
unterschiedlich wahrgenommener Wahrscheinlichkeiten im
Rahmen ihrer Arbeiten einen großen Stellenwert einräumten.
Denn normalerwiese sollte ein Entscheider eine Gewinn- bzw.
Verlustwahrscheinlichkeit von 50 Prozent auch als fifty-fifty-
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Chance bewerten. Und eine Gewinnwahrscheinlichkeit von
rund eins zu 140 Millionen – das entspricht etwa der Chance,
sechs Richtige mit Superzahl im Lotto zu tippen – so gering
einschätzen, wie sie es tatsächlich ist. Während jeder Homo
oeconomicus Lottospiele auf Grund ihrer schlechten Ausschüttungsquote ablehnen würde, spielen an jedem Wochenende
Millionen Menschen ungebrochen Lotto, mit immer derselben
Hoffnung: irgendwann den großen Jackpot zu knacken. Genauso bereitwillig schließen sie teils überteuerte Versicherungen gegen Risiken ab, die als extrem gering gelten dürfen.
Wie Wahrscheinlichkeiten in der Realität bewertet werden, soll
das folgende, wenngleich extreme Beispiel veranschaulichen.
So stelle man sich vor, man sei in eine ziemlich ausweglose
Lage geraten und sehe sich gezwungen, „Russisches Roulette“
zu spielen. Bei diesem Glücksspiel mit eventuell tödlichem
Ausgang hält sich der Spieler einen Revolver an den Kopf, von
dessen sechs Kammern eine mit der todbringenden Patrone
gefüllt sei. Wie viel Prozent Ihres Vermögens würden Sie dafür
opfern, dass diese eine Patrone aus dem Revolver entfernt
wird? Die meisten Menschen antworten auf diese Frage, dass
sie einen großen Teil ihres Vermögens, wenn nicht sogar alles,
was sie besitzen, dafür hergeben würden. Nun stelle man sich
vor, dass vier der sechs Kammern mit Patronen gefüllt sind.
Was wäre man bereit zu zahlen, damit von den Kammern statt
vier nur drei mit Patronen bestückt werden? Hier fallen die
Wahrscheinlichkeiten
Neben der Bewertung von Gewinnen
und Verlusten spielt an den Finanzmärkten die Wahrnehmung von Wahrscheinlichkeiten eine wichtige Rolle
Was würden Sie bevorzugen? Eine
1:1000-Chance, 5000 € zu gewinnen
oder einen sicheren Gewinn von 5 €. In
verschiedenen Versuchen zeigte sich,
dass sich eine deutliche Mehrheit für
die riskante Alternative entscheidet
Wie sähe es bei einem 1:1000 Risiko
aus, 5000 € zu verlieren oder stattdessen einen sicheren Verlust von 5 € in
Kauf zu nehmen? Eine große Mehrheit
würde sich risikoscheu verhalten und
eine Versicherungsprämie vorziehen
In beiden Fällen zeigt sich eine Überbewertung von geringen Wahrscheinlichkeiten
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Wahrscheinlichkeiten und deren Wahrnehmung
Antworten in der Regel ganz anders aus. „Viel weniger als im
ersten Fall“ oder „gar nichts“.
Tatsächlich wird in beiden Fällen die Wahrscheinlichkeit, zu
überleben, jeweils um ein Sechstel erhöht. Doch im ersten Fall
bedeutet das Entfernen der einen Patrone so etwas wie eine
Überlebensgarantie, während sich im zweiten Fall das Risiko zu
sterben, „lediglich“ von vier Patronen (4/6) auf drei Patronen
(3/6) verringert. Eigentlich hätte man nach der klassischen Entscheidungstheorie für jede Patrone denselben Preis bezahlen
müssen. In der Realität sind die Menschen jedoch geneigt, für
Sicherheit wesentlich mehr Geld zu bezahlen als für eine bloße
Veränderung der Wahrscheinlichkeiten in gleicher Größenordnung.
Bei jeder Entscheidung ergeben sich hinsichtlich der Einschätzung von Wahrscheinlichkeiten zwei extreme Referenzpunkte:
Unmöglichkeit und Sicherheit, null (für Verluste) und 100 Prozent (für Gewinne). Dabei zeigt sich, dass der Veränderung einer
Wahrscheinlichkeit von eins auf null Prozent bzw. von 99 Prozent auf absolute Sicherheit wesentlich mehr Gewicht verliehen
wird als der Veränderung einer mittleren Wahrscheinlichkeit, etwa von 49 auf 50 Prozent, die kaum wahrgenommen wird.
Deshalb mögen viele Menschen Spiele oder Investments besonders gerne, die mit einer extrem geringen Chance auf sehr hohe
Gewinne versehen sind, aber ansonsten eigentlich enttäuschen-
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de Resultate liefern: Lottospiele, der Kauf von günstig aussehende Optionen, Aktien oder Anleihen von Unternehmen, die
kurz vor der Pleite stehen etc. Und das alles nur, weil Menschen nun einmal dazu neigen, die noch so gering erscheinende Aussicht auf einen großen Geldsegen deutlich zu überschätzen.
Interessanterweise fühlen sich andererseits Anleger von regelmäßigen, zufriedenstellenden Ergebnissen, verbunden mit der
sehr geringen Wahrscheinlichkeit eines extremen Verlusts, oft
nicht sonderlich angezogen. Diese statistische Verteilung von
Gewinnen und Verlusten findet man vor allen Dingen bei
Aktien, insbesondere Substanzwerten, und bei Staatsanleihen
vor. Und obwohl bei diesen Wertpapieren moderate Gewinne
recht häufig auftreten, besteht das minimale Risiko eines
Desasters, dessen Eintrittswahrscheinlichkeit überproportional
stark wahrgenommen wird.
Die Neigung vieler Anleger, bestimmte Derivate oder lotterieähnliche Investments zu bevorzugen, drückt sich natürlich
auch im Preis aus. So verlockend etwa notleidende Wertpapiere mit der Chance auf riesige Gewinne aussehen mögen,
schneiden sie in der Regel unterdurchschnittlich ab. Genauso
wie der allwöchentliche Lotto-Schein, mit der unverwüstlichen
Hoffnung auf den Jackpot, gemessen am zu erwartenden
Gewinn immer viel zu teuer sein wird.
Folgen
Gewinne und Verluste werden von einem veränderbaren Bezugspunkt aus
wahrgenommen. Dieser liegt bei der
Wahrnehmung von Wahrscheinlichkeiten bei 0 Prozent für Verluste und
100 Prozent für Gewinne. Erstere sollen
möglichst überhaupt nicht und letztere
auf jeden Fall eintreten
Daher nehmen Menschen Veränderungen von Wahrscheinlichkeiten in der
Nähe dieser Bezugspunkte besonders
stark wahr; eine Erhöhung von 49 auf
50 Prozent spielt indes kaum eine Rolle
Die winzige Chance, auf einmal superreich zu werden (Jackpot), wird überbewertet. Das Gleiche gilt aber auch für
das Risiko, durch ein extremes Lebensereignis alles zu verlieren – um dieses
auszuschließen (Versicherung) wird oft
überproportional viel Geld bezahlt
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Zur Person
Joachim Goldberg kennt die Märkte aus den
unterschiedlichsten Perspektiven – aus der des Händlers oder
auch des Analysten. Mit seinen regelmäßigen TV-Auftritten,
Pressebeiträgen, Präsentationen und den publizierten Büchern
hat er sich als führender Experte auf dem Gebiet der
… zur Kurzvita
Behavioral Finance etabliert.
Was ist Behavioral Finance?
Im Gegensatz zur klassischen Ökonomie stellt die Behavioral
Finance das Verhalten der Akteure in den Mittelpunkt. Sie
beobachtet wie Marktteilnehmer Informationen auswählen
und verarbeiten und fragt konsequenterweise auch nach den
daraus resultierenden Entscheidungen.
… mehr
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Rechtliche Hinweise
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Dieses Dokument ist lediglich eine unverbindliche Stellungnahme der Firma Goldberg &
Goldberg, Inhaber Joachim Goldberg, zu den Marktverhältnissen und den
angesprochenen Anlageformen zum Zeitpunkt der Herausgabe der vorliegenden
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Thema des Monats“ können Sie der Kurzerläuterung „Goldbergs Wochenausblick &
Goldbergs Thema des Monats“ unter wgz-zertifikate.de entnehmen.
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