Bote der Urschweiz - Meyerhans in den Regierungsrat

ZENTRALSCHWEIZ
Bote der Urschweiz | Donnerstag, 17. März 2016
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«SVP und CVP verteidigen ihre Sitze»
WAHLEN Am Wochenende
wählen die Schwyzer eine
neue Regierung und ein neues
Parlament. Laut Politexperte
Iwan Rickenbacher dürfte
auch ein Hardliner den Sprung
in die Regierung schaffen.
Wer holt sich den Sitz: Andreas Meyerhans oder Michael Stähli?
Der bekanntere Mann, insbesondere auch
im inneren Kantonsteil und auch aufgrund seiner kulturellen und historischen
Tätigkeiten, ist Andreas Meyerhans. Ich
nehme an, er wird die Nase leicht vorn haben.
MIT IWAN RICKENBACHER
SPRACH MATTHIAS STADLER
Iwan Rickenbacher, das Wahlwochenende steht bevor. Doch zuerst ein Blick
zurück: Wie haben Ihrer Meinung
nach die Schwyzer Regierung und das
Parlament ihre Arbeit in den letzten
vier Jahren gemacht?
Das Schwyzer Kantonsparlament gehört
zu den polarisiertesten, die es in der Zentralschweiz gibt. Es ist schwierig, neue Lösungen für die Finanzlage zu finden. Die
Regierung ist zwar geeinter, als man meint.
Sie versucht, gemeinsame Lösungen zu
finden. Sie weiss aber, dass sie mit ihren
Vorschlägen im Parlament einige Schwierigkeiten hat und ist darum wohl eine Spur
zu vorsichtig.
Wieso geraten sich in Schwyz Parlament und Regierung immer wieder in
die Haare? Beide Räte haben ja eine
Mehrheit von SVP und FDP. Sollte das
nicht zu Harmonie führen?
Da spielt der Reflex der Schwyzerinnen
und Schwyzer gegen jegliche Art von Obrigkeit eine Rolle. Sobald jemand in die
Regierung gewählt wird, ist er in einer anderen Welt. Und Schwyzerinnen und
Schwyzer sind gegenüber Behördenvorschlägen und Obrigkeit jeder Art sehr
skeptisch. Das hängt mit der Geschichte
des Kantons zusammen. Das hängt auch
mit der hohen Gemeindeautonomie zusammen, sodass regierungsrätliche Vorlagen sehr kritisch begutachtet werden –
und das widerspiegelt sich im Parlament.
Die Dominanz der SVP im Kanton
Schwyz ist so gross wie in keinem
anderen Kanton. Warum tickt der
Kanton Schwyz so konservativ?
Die SVP hat 1992 mit der EWR-Abstimmung das konservative Element, welches
es im Kanton Schwyz immer gegeben hat,
Der Schwyzer
Politexperte Iwan
Rickenbacher (72)
in seinem Büro in
Brunnen, direkt
am Vierwaldstättersee.
Bild Philipp Schmidli
früher aber von der CVP und der FDP bedient wurde, abgeholt. Sie trat als radikalste
Gegnerin gegen den EWR und gegen eine
Annäherung an die Europäische Union an.
Dies fand bei vielen Schwyzern Anklang.
sie Konkurrenz, weil im Kanton Schwyz
viele Korporationen existieren. Die
meisten haben sich die Sorge um die Umwelt auf die Fahnen geschrieben, so zum
Beispiel die Oberallmeindkorporation
Schwyz, welche in der Bewirtschaftung
ihrer Alpen und Wälder, aber auch bei den
erneuerbaren Energien, vorbildlich wirkt.
Zudem haben die bürgerlichen Parteien
ein stark landwirtschaftliches Element und
Bauern, die heute vermehrt auf naturnahe
Produktion setzen. Es war immer ein grünes Element vorhanden.
Auf der anderen politischen Seite ist
die SP schwach. Aber noch schwächer
sind die Grünen mit nur einem Sitz
im Kantonsrat. Woran liegt das?
Die SP hat gezeigt, dass es durchaus Raum
gibt für ein Protestpotenzial, wenn wichtige Fragen von den
etablierten Kräften
nicht bewirtschaftet
Kommen wir zum
werden. Das war nach
«Die Schwyzer haben kommenden Wahldem Zweiten Welteinen Reflex gegen
krieg die soziale Frage
wochenende. Wer
– der Kanton Schwyz
wird Ihrer Meinung
jede Art von
nach als Sieger aus
war sehr arm, die soObrigkeit.»
zialen Vorsorgewerke
den RegierungsratsI WA N R I C K E N B AC H E R
wahlen hervorgehen?
wie die AHV waren erst
Ich gehe davon aus,
am Entstehen. Dadurch wollte man ein
dass die Bisherigen
soziales Gewissen in der Regierung. Die gewählt werden. Und ich vermute, dass an
Geschichte der letzten fünfzig Jahre zeigt der Parteizusammensetzung im Regieaber, dass hier grosse Fortschritte erzielt rungsrat nichts geändert wird. Das heisst,
wurden und dass zumindest für die jetzige die SVP wird ihren dritten Sitz und die CVP
Generation die sozialen Fragen keine vor- ihren zweiten Sitz verteidigen.
dringlichen Fragen sind. Die Grünen haben theoretisch ein Protestpotenzial, das
Die Linken versuchen, mit zwei Kandidaten – Paul Furrer von der SP und
sie bewirtschaften können. Aber da haben
Birgitta Michel Thenen von den Grünen – wieder in die Regierung zu
kommen. Sie schaffen es gemäss Ihrer
Prognose demnach nicht?
Linke Regierungsräte haben momentan in
der ganzen Zentralschweiz offensichtlich
keine Konjunktur. So hat die SP beispielsweise im Kanton Uri Mühe, den linken Sitz
zu verteidigen. In den vergangenen vier
Jahren, seit die SP keinen Regierungsrat
mehr im Kanton Schwyz stellt, ist es ihr
nicht gelungen, sich stark in Szene zu
setzen.
Mit René Bünter ist ein Hardliner Kandidat der SVP. Er kritisiert Finanzvorsteher Kaspar Michel (FDP) immer
wieder. Nun haben SVP und FDP ein
Päckli geschnürt. Vergrault das die
FDP-Wähler nicht? Oder anders gefragt: Ist Bünter nicht zu radikal für
FDP-Wähler?
Es kann sein, dass ein Teil der FDP-Wähler
René Bünter nicht auf die Liste setzt. Aber
ich gehe trotzdem davon aus, dass es ihm
für eine Wahl reicht.
Die CVP geht mit drei Kandidaten ins
Rennen. Sie sagen, Regierungsrat Othmar Reichmuth hält seinen Sitz, und
die CVP kann den zweiten Sitz mit
einem neuen Kandidaten verteidigen.
Wie sieht es mit dem Kantonsrat aus:
Ist da mit grossen Verschiebungen zu
rechnen?
Überall in den Kantonen, in denen das
neue Wahlverfahren – der Doppelte Pukelsheim – eingeführt worden ist, waren
die Verschiebungen gering. Wenn es Verschiebungen gegeben hat, fanden sie zugunsten kleinerer Parteien statt. Es kann
also sein, dass Grüne, Grünliberale und
die SP leicht zulegen. Ich rechne mit Verschiebungen von etwa fünf Sitzen.
Die Grünliberalen treten zum ersten
Mal mit mehreren Kandidaten an.
Kann die Partei Fuss fassen?
Bis jetzt hatte sie einen Sitz. Ich glaube
nicht, dass sie einen grossen Erfolg haben
wird. Vielleicht kommt noch ein Sitz
hinzu.
Die FDP hat mit ihrer Parteipräsidentin Petra Gössi eine national bekannte Politikerin. Kann sie als Zugpferd
dienen und der FDP zu mehr Stimmen
verhelfen?
Petra Gössi ist in diesem Wahlkampf diskret aufgetreten. Man spricht von ihr im
Zusammenhang mit dem nationalen Parteipräsidium. Das vermag da und dort etwas zu bewirken. Petra Gössi kann zu
einer gewissen Mobilisierung in ihrem
Heimatbezirk Küssnacht führen.
Berater und Politiker
LAUFBAHN mst. Iwan Rickenbacher
(72) ist Kommunikationsberater. Der
Schwyzer amtete zwischen 1988 und
1992 als Generalsekretär der CVP.
Er ist Honorarprofessor an der Universität Bern im Bereich Politikwissenschaften. Rickenbacher ist zudem Verwaltungsratsmitglied der
Tamedia und präsidierte bis Ende
2015 den Stiftungsrat der Journalistenschule MAZ in Luzern.
Eine Steuererhöhung kommt vorderhand nicht in Frage
URI Das grosse Plus von 21,1
Millionen bringt Uri nicht nur
Vorteile. Doch es schafft ein
Polster, das der Kanton gut
gebrauchen kann.
FLORIAN ARNOLD
Es ist fast schon ein unheimlicher
Gewinn, den der Kanton Uri erwirtschaftet hat: Die Rechnung 2015 schloss
mit einem Plus von 21,1 Millionen
Franken ab. «Der Regierungsrat ist
glücklich, ein so positives Resultat vorzulegen», sagte der abtretende Finanzdirektor Josef Dittli bei seiner voraussichtlich letzten Rechnungspräsentation vor den Medien. Budgetiert
gewesen war ein Plus von 4,5 Millionen.
Durch das gute Ergebnis schoss der
Selbstfinanzierungsgrad nun auf 166
Prozent. Seit 2012 ist dieser nie mehr
unter 100 Prozent gefallen. Unter dem
Strich verfügt der Kanton Uri nun über
ein Nettovermögen von 93 Millionen
Franken.
zuführen, darunter auch einige gut
Betuchte, die sich aber nicht nur in
Andermatt niedergelassen haben.»
Weitere nennenswerte Abweichungen
beim Ertrag waren: Anteil Ertrag Verrechnungssteuer (+0,6 Mio.); Überführung freie Mittel Amt für Betrieb Nationalstrassen (+1,5 Mio.); Globalbeiträge
Hauptstrassen (+0,8 Mio.); Marktwertanpassungen Wertschriften im Finanzvermögen (+0,5 Mio.); Gebühren Amt
für Grundbuch (+0,4 Mio.); Wasserzinsen und Entschädigungen (–1,4 Mio.);
Erbschafts- und Schenkungssteuern
(–0,4 Mio.); Bussen und Geldstrafen
Staatsanwalt (–0,5 Mio.); Erträge aus der
Leistungsvereinbarung für das Schwerverkehrszentrum (–0,5 Mio.)
Und so sieht es auf der Ausgabenseite aus: Ergänzungsleistungen AHV/
IV (–1,2 Mio.); neue Regionalpolitik,
Umsetzung Programm Kanton Uri (–1,1
Mio.) sowie Umsetzung Programm San
Gottardo –0,6 Mio.); Wirtschafts-, Regional- und Tourismusentwicklung (–1,0
Mio.); Beitrag an ausserkantonale Institutionen der Behindertenhilfe (–0,6
Mio.); Beitrag an Spitex Uri (–0,4 Mio.)
Unterhalt Seelisbergstrasse (–0,4 Mio.);
Stipendien (–0,4 Mio.); Kantonsanteil
an innerkantonale Spitalbehandlungen
(+1,1 Mio.); Veränderung Rückstellung
Ruhegehälter Regierungsräte (+0,8
Mio.); Kantonsspital Uri (+0,7 Mio.);
private Fachschulen (+0,5 Mio.); ausserkantonale Spitalbehandlungen (+0,5
Mio., netto).
Auch die Investitionsrechnung schloss
besser ab. Investiert wurden folgende
Beträge: Kantonsstrassen 8,0 Mio.; Nationalstrassen 1,2 Mio.; Hochwasserschutz 6,0 Mio., Forst 4,4 Mio., Gewäs-
Steuereinnahmen klar gestiegen
Zu erklären ist das gute Ergebnis 2015
damit, dass der Kanton 10,4 Millionen
mehr eingenommen und 6,2 Millionen
weniger ausgegeben hat als budgetiert.
Auf der Einnahmenseite schlug die
doppelte Gewinnausschüttung der Nationalbank von insgesamt 5,9 Millionen
Franken zu Buche. Angewachsen sind
aber auch die Steuereinnahmen. Gegenüber dem Budget wurden 4,3 Millionen
zusätzlich eingenommen, 3,7 davon bei
den natürlichen Personen. «Es wurde
ganz einfach mehr Einkommen und
Vermögen versteuert», sagte Dittli. «Dies
ist auch auf einige Neuzuzüge zurück-
Die doppelte Gewinnausschüttung der Nationalbank trug
massgeblich zum guten Ergebnis bei.
Keystone/Peter Klaunzer
serschutz 3,0 Mio., Landwirtschaft 2,7
Mio., Hochbauten 1,6 Mio., MatterhornGotthard-Bahn 1,4 Mio., Naturgefahren
1,1 Mio., Natur- und Heimatschutz 0,9
Mio., Revitalisierungsmassnahmen 1,6
Mio., Turnhalle Hagen: 0,8 Mio.; Kantonsspital 0,8 Mio.; kleinere Investitionen insgesamt 3,2 Mio.
Sparen bleibt das grosse Thema
Eines ist klar: Vor dem Hintergrund
dieses Abschlusses kommt vorderhand
keine Steuererhöhung in Frage. «Das
könnte man mit so einem guten Ergebnis einfach nicht erklären», gibt Dittli
zu. Somit wird die Regierung von ihrem
Finanzplan abweichen, der eine Steuererhöhung schon ab 2017 vorsah.
Trotz allem ist aber vorgesehen, den
eisernen Sparkurs weiter zu verfolgen.
«Wir stehen vor grossen Investitionen»,
erklärt Dittli. «In den kommenden Jahren werden wir rund 130 Millionen
benötigen.» Das gute Ergebnis und das
hohe Nettovermögen seien aber die
ideale Ausgangslage, um die drohende
Verschuldung im Zusammenhang mit
den Grossinvestitionen möglichst gering
zu halten.
Der gute Rechnungsabschluss ist aber
nicht nur als ein Segen für den Kanton
zu betrachten. Denn die 21,1 Millionen
Plus werden bei den NFA-Geberkantonen nicht unbeachtet bleiben. Die Konsequenz wird sein, dass Uri auf längere Frist weniger Geld aus dem Ressourcenausgleich erhält. Dittli rechnet
damit, dass bis 2019 (jährlich) bis zu
15 Millionen weniger in den Kanton Uri
fliessen werden. Und auch die Energiepolitik entwickelt sich zum Nachteil von
Uri. Es zeichnet sich ab, dass die Wasserzinsen – eine der grössten Einnahmequellen des Kantons – ab 2019 sinken
werden. «Diese Mindereinnahmen können wir nur ausgleichen, indem wir
weiterhin sparen», so Dittli.