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PPP 2014/2015
Fenja Graff
Pate: Peter Weiß
Zuerst einmal muss ich sagen: Ich hatte mit Sicherheit kein perfektes Jahr. Aber wer hat das schon?
Ich meine, ich hatte eine tolle Gastfamilie im wunderschönen Fort Collins, Colorado und auch
meine untypische, amerikanische High School war mit Sicherheit ein Erlebnis, dass nicht viele
Austauschschüler erfahren können. Doch im Großen und Ganzen fühlt es sich doch an wie ein Jahr
wie jedes andere. Bevor man ins Ausland geht hat man immer diese Vorstellungen, dass alles
anders sein wird, vielleicht sogar, dass alles besser sein wird. Doch war es das für mich wirklich?
Denn es hat sich nicht wirklich so angefühlt. Ich habe mir in einem Jahr ein zweites Zuhause
geschaffen, was sich manchmal schwierig, aber auch manchmal wie das normalste auf der Welt
gestaltet hat. Zurückblickend habe ich wohl einfach gelebt und von diesem Leben zu erzählen und
meine Erfahrungen von diesem Leben zu teilen, das ist der Grund warum ich diesen Bericht
schreibe.
Schon seit ich klein war hatte ich den Wunsch die Welt um mich herum zu entdecken. Ich war
schon immer abenteuerlustig, doch auch schon immer meinen Grenzen bewusst. Als ich von vielen
Leuten gehört hatte, dass sie ihre Abenteuerlust auch auf der anderen Seite des großen Teichs
auslebten, war das meine erste Motivation das auch machen zu wollen. Und meine große Chance
war das PPP Stipendium des deutschen Bundestags. Nachdem ich Monatelang meine Zweifel
gehabt hatte, dass ich überhaupt Chancen hatte das Stipendium zu bekommen, war dann im
Dezember der Moment gekommen in den ich erfuhr, dass ich schon in der letzten Runde war. Und
ein paar Wochen später kam auch schon der Anruf von Herr Weiß' Büro um mich zu einem
Gespräch mit ihm einzuladen. Auch nach diesem Gespräch hatte ich noch große Zweifel ob ich die
richtige Person für das Stipendium war. Doch wie es sich herausstellte war ich das aus der Sicht
von Herr Weiß wofür ich auch heute noch extrem dankbar bin, denn ohne das Stipendium hätte ich
so viele tolle Erfahrungen und Erlebnisse einfach verpasst.
Diese Erlebnisse und Erfahrungen, von denen ich spreche sind zum einen die, die ich mit meiner
amerikanischen Familie hatte und zum anderen die, die ich alleine bzw. mit anderen Menschen in
meinem Umfeld gemacht habe. Die Erlebnisse mit meiner Gastfamilie waren die
abwechslungsreichsten und aufregendsten, die ich je hatte, denn sich ein ganzes Leben in nur
einem Jahr aufzubauen erforderte für mich eine große Spontanität, um einfach loszufahren um
etwas zu erleben, was ich mit meiner Gastfamilie auf vielen Roadtrips und Ausflügen in mehr als 15
Staaten, zahlreichen Nationalparks und den schönsten Landschaften der USA machte. Und auch
die abenteuerlichen Erlebnisse, die die ich mit meiner amerikanischen Schule hatte, waren
Erlebnisse fürs Leben, doch mehr dazu später. Doch worauf ich hinaus will ist, das ich zwar sehr
besondere Erlebnisse hatte, doch diese waren keineswegs so bedeutend wie die Erfahrungen, die
ich während meines Jahres gesammelt habe. Diese sammelte ich nicht nur in außergewöhnlichen
Situationen sondern während meines alltäglichen Lebens in den USA. Die erste, und
wahrscheinlich für mich bedeutendste Erfahrung, die ich machte, war die eine Schwester zu
haben. Ich hatte in Deutschland mein Leben lang nur einen älteren Bruder gehabt und mir immer
gewünscht noch einen Schwester zu haben, die für mich wie meine beste Freundin sein würde.
Doch all das kam etwas anders als erwartet. Ich hatte zwar eine große Schwester, die gerne meine
beste Freundin gewesen wäre und ich ihre, doch wir waren zu verschieden, um unsere Freizeit
miteinander zu verbringen zu können, denn unsere unterschiedlichen Interessen machten es uns
schwer etwas zu finden, was wir zusammen machen wollten und auch den Interessen, die wir
teilten, konnten und wollten wir nicht gemeinsam nachgehen, da wir uns einfach andauernd
gegenseitig auf die Nerven gingen. Meiner Schwester passte es nicht wenn ich meine Meinung
äußerte, weil sie meist nicht meiner Meinung war, und auch nicht wenn ich dann mal nichts sagte,
denn dann hieß es ich sei zu still und würde nie meine Meinung äußern. Dies führte zwischen uns
oft zu Konflikten. Meine Gastmama gab ihr Bestes zwischen uns beiden zu vermitteln, doch
zwischen zwei genervten Jugendlichen zu vermitteln würde selbst ich nicht machen wollen, denn
es kommt, zumindest in unserem Fall, nichts dabei heraus. Wir lösten das ganzen dann dadurch,
dass wir uns einfach aus dem Weg gingen, was dann mit sich brachte, dass wir die Zeit, die wir
miteinander Verbrachten, freiwillig miteinander verbrachten und es sogar richtig genossen. Dies
war wahrlich eine der wichtigsten Erfahrungen für mich, die mich auch mit Sicherheit für den Rest
meines Lebens begleiten wird. Eine weitere wichtige und für mich neue Erfahrung war es ein
alleinerziehende Mutter zu haben. Denn in Deutschland war ich schon immer besser mit meinem
Papa zurechtgekommen, da wir uns einfach so ähnlich sind, dass wir uns blind verstehen. Jetzt nur
eine Mutter zu haben, die einen bevor man sie am Flughafen getroffen hat noch nie gesehen
hatte, geschweige denn einen blind versteht, war anfangs sehr schwer. Ich war gewohnt, dass
meine Eltern wussten wie es mir geht nur wenn sie mir ins Gesicht sahen. Und jetzt wurde plötzlich
von mir erwartet, dass ich alle meine Gefühle kommunizierte, dass ich meine Meinung zu allem
und jedem teilte und alle meine Gedanken laut aussprach. Doch wie sollte ich das tun als ein
Mensch, der immer nur daran denkt anderen keine Umstände zu machen. Wie sollte ich meiner
Gastmama von meinen Sorgen und Problemen erzählen, wenn ich nicht wollte, dass sie sich
Sorgen machte. Doch nach ein paar Monaten des Schweigens über meine Probleme meinerseits,
hatte meine Gastmama mich schon so gut kennengelernt, dass auch sie mich blind verstehen
konnte. Sie wusste über alles Bescheid auch wenn ich es ihr nicht direkt gesagt hatte und sah mir
an wenn ich Heimweh hatte. Sie wusste genau wann ich einfach mal Zeit für mich brauchte und
wann ich Gesellschaft brauchte, wann ich reden wollte und wann ich einfach still ihre Gesellschaft
genießen wollte. Sie war immer für mich da und dafür bin ich so Dankbar wie für nichts anderes,
das mir in diesem Jahr passiert ist. Dass ein Mensch, der mich gerade erst kennengelernt hatte
mich so gut kennt war eine Faszination, sowie eine Stütze für mich, die mir durch gute sowie
schlechte Zeiten geholfen hat. Eine weitere Stütze für mich war mein Gastopa, der immer für mich
da war, wenn ich mal Zuhause herauskomme musste. Er war immer um mich besorgt und
verstand, wenn ich etwas brauchte. Er war der, der für mich da war wenn ich mich mal wieder mit
meiner Gastschwester gestritten hatte und von meinem ersten Tag in den USA an, sah er mich wie
seine leibliche Enkelin und auch jetzt, da ich schon wieder seit einiger Zeit in Deutschland bin
schreibe ich noch fast täglich mit ihm.
Meine Schule in den USA war wahrscheinlich das Beste was mir passieren konnte. Ich war auf einer
Expeditionary Learning School, was wahrscheinlich vergleichbar mit einer deutschen
Waldorfschule ist. Das heißt meine Schule hatte eine Fokus auf praktischem Lernen und dem
Miteinander der gesamten Schule. Die High School an sich hatte nicht mehr als 200 Schüler und 9
Lehrer, jedoch gehörten ein Kindergarten, eine Grundschule sowie eine Middle School auch zur
Polaris Expeditionary Learning School dazu. Die High School besaß nur einen Gang von dem 8
Klassenimmer und Sporthalle und Bücherei abgingen, was – wie meine Erdkunde -und
Geschichtslehrerin und mein Mathelehrer dachte- die perfekten Bedingungen für Limbo zwischen
den Unterrichtsstunden bot und die ganze Schule musste mitmachen. Durch Aktionen wie diese,
viele Ausflüge und Diskussionen in großen Gruppen, sowie den sogenannten 'Intensives' wurde
die Gruppengemeinschaft der gesamten Schule gestärkt und somit Mobbing und Ausgrenzung
einzelner Schüler vorgebeugt. Intensives sind wie Projektwochen, die dreimal im Jahr stattfinden,
bei denen man sich ein Projekt aussucht, das man während dieser Woche macht. Ich habe mich für
einen Photoworkshop im Grand Tetons und Yellowstone Nationalpark, Skifahren in den Rocky
Mountains und Camping im Curt Gowdy Nationalpark entschieden, wobei ich viele neue
Freundschaften geschlossen habe und die Zeit mit meinen amerikanischen Freunden genossen
habe, während wir zusammen so einige Abenteuer erlebt haben. Diese Intensive Wochen waren
für mich so etwas wie ein Ausgleich dazu, dass meine amerikanische Schule aufgrund der
niedrigen Schülerzahlen keine Sportteams oder Clubs hatte. Doch hierdurch habe ich viele andere
Leute außerhalb meiner Schule kennengelernt, da ich im örtlichen Recreation Center Kurse belegt
habe und auch viel ehrenamtliche Arbeit geleistet habe. Ich habe mindestens einmal im Monat
ehrenamtlich Frühstück und Mittagessen für Obdachlose ausgegeben und geholfen verschiedene
Benefizveranstaltungen zu Organisieren um der Obdachlosenhilfsorganisation die nötigen Mittel
zu bieten, die sie brauchten um der stetig zunehmenden obdachlosen Bevölkerung in Fort Collins,
der Stadt in der ich im letzten Jahr gelebt habe, helfen zu können.
Abschließend kann ich sagen: Ich hatte ein imperfektes, perfektes Jahr. Ich hatte viele
Herausforderungen, deren Überwindung mir Erfahrungen und Erkenntnisse fürs Leben gebracht
haben. Ich habe mich verändert, bin über mich hinaus gewachsen, habe mich selbst
kennengelernt, mir neue Ziele gesetzt und ein zweites Zuhause gefunden in dem für den Rest
meines Lebens immer ein Platz für mich frei sein wird. Für diese einmalige Gelegenheit kann ich
mich nicht genug bedanken. Zum einen bei Peter Weiß, der als mein Paten-Abgeordneter des
Bundestages die finale Entscheidung getroffen hat, dass ich mit dem PPP Stipendium ein Jahr in
den USA verbringen darf und zum anderen bei meinen beiden Familien. Zum einen bei meiner
deutschen Familie, die mich von Anfang an unterstützt hat und zum anderen bei meiner
amerikanischen Familie, dafür dass sie mein Jahr perfekt gemacht haben. Und zuletzt bei allen
Leuten von AFS, dass sie mich so gut vorbereitet, betreut, alles für mich organisiert und mich
unterstützt haben.
Wandern: Gesagt wurde mir, dass meine Gastfamilie jedes Wochenende wandern geht...
… gemacht haben wir es drei mal.
Meine Ankunft am Flughafen in Denver: Meine Gastschwester sagt ich sehe auf dem Bild aus wie eine
5 Jährige und ängstlich wie ein kleiner Welpe.
Zum Abschied habe ich noch High Fives von der gesamten Schule bekommen.
Ich und meine Freunde bei Polaris Games (Ein Tag an dem die ganze Schule bei verschiedenen Spielen
gegeneinander antritt)
Der Teamgeist der Schule
Prom 2015