Gleicher Lohn für alle

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AKTUELLES
22%
SO GROSS WAR LAUT
STATISTISCHEM BUNDESAMT IM JAHR 2013 DER
GENDER PAY GAP, ALSO
DER GEHALTSUNTERSCHIED ZWISCHEN
FRAUEN UND MÄNNERN,
IN DEUTSCHLAND.
GRUNDLAGE DER
BERECHNUNG IST DER
DURCHSCHNITTLICHE
BRUTTOSTUNDENVERDIENST VON MÄNNERN.
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UNTER DEN
EUSTAATEN IST DIE LOHNLÜCKE FÜR FRAUEN NUR
IN ESTLAND, ÖSTERREICH
UND TSCHECHIEN NOCH
HÖHER.
IN SLOWENIEN HINGEGEN
VERDIENEN FRAUEN NUR
3 %, IN MALTA 5 % UND
IN POLEN 6 % WENIGER
ALS MÄNNER.
„GÄBE ES EINEN EQUAL
PAY DAY BEIM RUHRVERBAND, WÄRE DIESER
AM 1. JANUAR.“
MARTINA STAHLBERG-HÄUSLER
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AKTUELLES
EQUAL PAY?
NA LOGISCH!
Equal Pay Day heißt der internationale Aktionstag für gleiche Bezahlung von Männern und Frauen. Das Datum ist
von Land zu Land verschieden: Je größer der Gehaltsunterschied zwischen den Geschlechtern, desto später im Jahr
liegt der Equal Pay Day. In Deutschland wird es 2016 der
19. Märzsein. Doch wann wäre eigentlich Equal Pay Day
beim Ruhrverband?
Aufgrund der tarifvertraglichen Vorgaben sollte es keine Entgeltdiskriminierung geben. Aber ist das auch wirklich
so? Unter anderem aus der Gleichstellungsstelle kam der Anstoß, das Thema
von unabhängiger Stelle prüfen zu lassen. Eine vom Ruhrverband eingesetzte
Arbeitsgruppe untersuchte daraufhin
gemeinsam mit der Wirtschaftswissenschaftlerin und Soziologin Dr. Andrea
Jochmann-Döll, die mit Unterstützung der Hans-Böckler-Stiftung im
Jahr 2010 die Prüfmethode eg-check
(www.eg-check.de) entwickelt hat, und
der Rechtsanwältin Gisela Ludewig die
Gehaltsstruktur des Unternehmens. Zur
Arbeitsgruppe gehörten Beschäftigte aus
dem Zentralbereich Personal und Organisation, zwei Regionalbereichen, dem
Instandhaltungsmanagement sowie die
Gleichstellungsbeauftragte und Mitglieder des Personalrats.
Der eg-check besteht aus einem
„Werkzeugkasten“ von Prüfinstrumenten, die einzeln oder kombiniert eingesetzt werden können, um Entgeltbestandteile auch bei unterschiedlichen
unternehmensspezifischen Regelungen
vergleichbar zu machen. Beim Ruhrverband waren es beispielsweise die Tätigkeitsanforderungen und Eingruppierungen, die die Mitglieder der Arbeitsgruppe
gespannt abwarten ließen, wie sich daraus eine eindeutige Bewertung ergeben
sollte.
Anhand vorgegebener Fragen überprüfte die Arbeitsgruppe den Tarifvertrag
(TV-WW/NW), die Entgeltordnung zum
Manteltarifvertrag mit den Eingruppierungsbeispielen und den Beispielkatalog
des Ruhrverbands. Gefragt wurde beispielsweise, ob das Bewertungssystem
zur Eingruppierung ausschließlich objektive und sachliche Differenzierungskriterien wie „Verantwortung für eine
Kläranlage über 100.000 EW“ oder
auch eher wertende Beschreibungen wie
etwa „hochwertige Tätigkeiten“ enthält.
Im Ergebnis konnten zwar einzelne Bestimmungen identifiziert werden, die
sich – etwa durch die Übernahme von
Formulierungen bei der Übertragung
von BAT-Regelungen in den TV-WW/
NW – unterschiedlich auf männliche
und weibliche Beschäftigte auswirken
können. Im Fazit fanden sich in den untersuchten Regelwerken des Ruhrverbands jedoch keine Anhaltspunkte für
eine unmittelbare Diskriminierung.
Im direkten Paarvergleich wurden
Tätigkeiten gleicher Eingruppierung
verglichen, die einen großen Teil der
Tätigkeiten des Verbandes repräsentieren. Verglichen wurde erstens die Personalsachbearbeiterin mit dem Betriebsmeister, zweitens die Chemielaborantin
mit der Fachkraft für Abwassertechnik
und drittens die Gruppenleiterin in der
Verwaltung mit dem Betriebsgruppenleiter. Dabei ging es jedoch nicht um
einzelne Beschäftigte, sondern um den
Vergleich zwischen überwiegend weiblich (z.B. Personalsachbearbeitung) und
überwiegend männlich besetzten Tätigkeitsbereichen (z.B. Betriebsmeister). In
die Bewertung flossen Kriterien notwendiges Fachwissen und Berufserfahrung,
Verantwortung für MitarbeiterInnen,
Geld und Sachwerte sowie körperliche
und psychische Belastungen ein. In der
Auswertung ergaben sich bei allen drei
Vergleichspaaren keine wesentlichen
Unterschiede, was die Prüferinnen zur
Aussage veranlasste: „Für gleichwertige
Tätigkeiten von Frauen und Männern in
dieser Stichprobe wird gleiches Entgelt
gezahlt.“
Die Einstiegsfrage ist damit beantwortet: Gäbe es einen Equal Pay Day
beim Ruhrverband, wäre dieser am 1.
Januar! Gleichwertige Arbeit ist beim
Ruhrverband gleich viel wert – und zwar
nicht nur unabhängig davon, ob Frauen oder Männer die Tätigkeit ausüben,
sondern auch unabhängig davon, ob der
Arbeitsplatz in der Verwaltung oder im
technischen Bereich angesiedelt ist.
Aus der Überprüfung der tariflichen
Regelungen ergibt sich für den Ruhrverband der Auftrag, bei Fortschreibungen
von Tarifvertrag und anderen Vereinbarungen dem Grundsatz des Gender
Mainstreamings noch stärkeres Gewicht
zu verleihen und beispielsweise die Auswirkung wertender Beschreibungen und
Formulierungen auf die Geschlechter zu
überprüfen. Denn gerade bei der notwendigen Sensibilisierung für diese nicht auf
den ersten Blick erkennbare mittelbare
Diskriminierung sehen die Prüferinnen
die Tarifvertragsparteien in der Pflicht. J
MARTINA STAHLBERG-HÄUSLER
Der jährliche Equal
Pay Day macht auf das
Gehaltsgefälle zwischen
Frauen und Männern
aufmerksam. Foto: Inga
Haar/BPW Germany e.V.