2 Herausforderungen für den Personalbereich 2 Herausforderungen für den Personalbereich 2.1 Der Personalbereich als Business-Partner Die Personalabteilungen in den Unternehmen müssen in verschiedenen Phasen der Unternehmensentwicklung ganz unterschiedliche Herausforderungen bewältigen. So kommt es in einer Phase des Wachstums darauf an, die richtigen Mitarbeiter in ausreichender Zahl schnell rekrutieren zu können, bei Unternehmensübernahmen steht die Integration der Mitarbeiter sowie die kulturelle Integration im Mittelpunkt. In einer Phase des wirtschaftlichen Abschwungs leistet die Personalorganisation einen hohen Wertbeitrag, indem sie die geschaffenen Flexibilitätsreserven aktiviert und auf diese Weise die Stammbelegschaft schützt. Beispiele für eine Flexibilitätsreserve sind unter anderem das Element der Zeitarbeit, Kurzarbeitergeld, flexible Arbeitszeitkonten oder die Verlagerung von Aufgaben an externe Dienstleister. Ob der Personalbereich dabei als Business-Partner angesehen wird, der in hohem Maße aktiv die Veränderungen mitgestaltet oder ob er als Verwalter der Entscheidungen der Unternehmensführung angesehen wird, hat er dabei zu einem großen Teil selbst in der Hand. (Das zeigt auch Kapitel 3, in welchem der Zusammenhang zwischen der Wahrnehmung des Personalbereiches als BusinessPartner aus der Management-Perspektive und dem Anteil externer Dienstleistungen anhand einer Fremdwahrnehmungsanalyse dargestellt wird.) Wichtige Kriterien, die eine HR-Organisation als strategischen Partner oder Business-Partner ausmachen, betreffen die HR-Strategie, die HR-Organisation sowie die Effizienz der Prozesse. HR als strategischer Partner In der Literatur existiert der Begriff des Personalverantwortlichen als Strategic Partner schon lange: Er wurde stark von Dave Ulrich geprägt und bereits seit Ende der 1990er Jahre diskutiert. Auch andere Begriffe wie Business-Partner beschäftigen sich mit der 16 2 Herausforderungen für den Personalbereich Frage, in welchem Maße die Personalverantwortlichen in den Unternehmen die geschäftliche Entwicklung des Unternehmens aktiv prägen, an strategischen Entscheidungen beteiligt sind und auf Augenhöhe mit der Geschäftsleitung beziehungsweise dem Vorstand agieren. Die Definition des amerikanischen Forschers Lawler beschreibt die Rolle der Personalabteilung als Strategic Partner beispielsweise in der Form, dass das Personalwesen an der Formulierung der Unternehmensstrategie beteiligt ist und auf dieser Basis die Personalstrategie sowie deren Umsetzung an die Unternehmensstrategie anpasst. Wesentliche Kriterien für die Eigenschaft des Personalbereichs als strategischer Partner sind unter anderem: 앫 eine hohe Dienstleistungs- und Kundenorientierung, 앫 ein hoher Anteil konzeptioneller und strategischer Personalaufgaben, 앫 Umsetzung einer Personalstrategie, welche die geschäftlichen Ziele des Unternehmens unterstützt, 앫 Aufbau einer effizienten HR-Organisation. HR-Strategie Ob ein Personalbereich als Business-Partner wahrgenommen wird, hängt in hohem Maße davon ab, wie umfassend und durchgängig die Personalstrategie gestaltet ist (HR-Strategie), wie nachhaltig die Personalverantwortlichen diese umsetzen und wie die Erfolge der Maßnahmen intern vermarktet werden. Auch wenn eine Personalstrategie viele verschiedene Dimensionen von der Mitarbeiterrekrutierung bis zur Führungskräfteentwicklung enthält, lassen sich vier Lebenszyklus-Phasen im Unternehmen identifizieren, die innerhalb der Strategiedimensionen zu einer unterschiedlichen Gewichtung des Bedarfs führen. Phasen der Unternehmensentwicklung und Prioritäten für die Personalorganisation (siehe auch Kapitel 4) sind: 17 2 Herausforderungen für den Personalbereich 앫 Starkes Wachstum: Mitarbeiterrekrutierung in großer Zahl 앫 Wachstum in Experten-Funktionen: Hohe Qualifizierungs- und Profilierungsanforderungen 앫 Übernahmen von Unternehmen oder Unternehmensteilen: Mitarbeiter-Integration und Unternehmenskultur 앫 Restrukturierung/Mitarbeiterabbau: Interne scheibe, Outplacement-Beratung und Transfer Job-Dreh- Wie in anderen Bereichsstrategien spielt inzwischen die Eigenleistungsquote auch in der Personalstrategie eine wachsende Rolle. Denn die spezifischen Anforderungen, die in den genannten Unternehmensentwicklungsphasen an den Personalbereich gestellt werden, erfordern eine Skalierbarkeit der Leistungen, die aus eigener Kraft kaum bewältigt werden kann. Gleichzeitig gilt es, die Personalverwaltungskosten zu reduzieren. Hier spielen auf HR-Prozesse spezialisierte Dienstleister ihre große Stärke aus, da sie in Bezug auf die Skalierbarkeit deutlich mehr Ressourcenflexibilität aufweisen und ihren Kunden damit eine hohe Flexibilität ermöglichen, die in der eigenen Organisation nur bedingt realisierbar wäre. Wie wichtig eine Flexibilitätsreserve für die Unternehmen ist, hat die Finanz- und Wirtschaftskrise in 2008 und 2009 deutlich gezeigt. HR-Organisation In den vier Phasen der Unternehmensentwicklung »Starkes Wachstum«, »Wachstum in Experten-Funktionen«, »Übernahmen von Unternehmen oder Unternehmensteilen« sowie »Mitarbeiterabbau« kommt der Personalorganisation (HR-Organisation) als Umsetzungsorgan der Personalstrategie eine zentrale Bedeutung zu. Hier gilt es, in der Balance zwischen Eigenleistung und externen Dienstleistungen den für das eigene Unternehmen richtigen Mix zu finden und kontinuierlich weiter zu entwickeln. Ein Beispiel: Ein Unternehmen will einen neuen Standort in Deutschland aufbauen. Die Personalorganisation hat mit der Rekrutierung einen externen Partner beauftragt, der das Bewerbermanagement abwickelt, weil die internen Ressourcen mit der 18 2 Herausforderungen für den Personalbereich hohen Zahl der zu bearbeitenden Bewerbungen in dem gegebenen Zeitraum bis zum Anlauf der Produktion überfordert wären. Ohne diesen externen Partner bestünde die Gefahr, dass der Personalbereich aufgrund der personellen Überlastung in der Wachstumsphase zu einer Wachstumsbremse wird. Für die Personalverantwortlichen kommt es daher darauf an, zu analysieren: 앫 Welche Aufgaben in der Personalarbeit sind besonders wertschöpfend für das Unternehmen? 앫 Welche Leistungen sollten nur intern erbracht werden? 앫 Welche Leistungen können zeitweise (Projektgeschäft) oder dauerhaft (Managed Service, HR Business Process Outsourcing) durch externe Dienstleister schneller und skalierbarer bei mindestens gleicher Qualität erbracht werden? Für die HR-Organisation bedeutet eine Reduzierung der eigenen Leistungstiefe die Notwendigkeit, zusätzliche Steuerungskompetenz aufzubauen. Denn anders als in einer hierarchisch orientierten und durch Mitarbeiterführung geprägten Organisation kommt es bei der Steuerung von externen Dienstleistern stärker auf Kompetenzen wie Berichtsanalyse, SLA-Management und Vertragsverhandlungen an. In der Praxis zeigt sich, dass Unternehmen, die sich im Rahmen ihrer Personalstrategie aktiv mit dem Thema Business Process Outsourcing auseinander setzen, viele der Kriterien erfüllen, die an einen Business-Partner gerichtet werden. BPO-Fähigkeit entwickeln Da für die zunehmenden Aufgaben in den meisten Fällen keine zusätzlichen Mitarbeiter für den Personalbereich eingestellt werden können, gehen die Zusatzaufgaben in der Praxis oft zu Lasten der strategischen Personalarbeit bei den Personalverantwortlichen und den Personalreferenten. In Folge dieser hohen Belastungen mit administrativen Aufgaben gerät das Handeln immer mehr zur Reaktion, obwohl sich die Verwaltungsaufgaben mit einem guten 19 2 Herausforderungen für den Personalbereich Reportingmechanismus auch mit deutlich reduziertem zeitlichen Aufwand steuern lassen. Abb. 1: Entwicklung der Zeitbudgets für strategische Personalaufgaben Für die strategischen Personalaufgaben mit hoher Wertschöpfung für den Unternehmenserfolg bleibt in vielen Unternehmen zu wenig Zeit. Ein Personalverantwortlicher, der sich als Business-Partner definiert, wird in dieser Situation ein klares Ziel formulieren: Entlastung schaffen von den Verwaltungstätigkeiten und Freiraum gewinnen für die strategischen Aufgaben durch Auslagerung von Teilen der Personaladministration sowie der Lohn- und Gehaltsabrechnung an einen externen Dienstleister. Werden beispielsweise vier oder fünf Personalsachbearbeiter durch den Dienstleister übernommen, kann durch die Einsparung beim BPO fast kostenneutral eine Stelle für einen Personalreferenten geschaffen werden. Der Unterschied für das Unternehmen ist substanziell. Denn es sind gerade die strategischen Aufgaben, die einen hohen Wertbeitrag für den Unternehmenserfolg leisten. 20 2 Herausforderungen für den Personalbereich Ein Praxisbeispiel: Bei einem Unternehmen gehen in Folge der Finanz- und Wirtschaftskrise die Aufträge zurück. Ab diesem Zeitpunkt müssen viele Aufgaben parallel bearbeitet werden. Viele Unternehmen haben in dieser Situation mit einem Bündel von Maßnahmen reagiert: 앫 Reduzierung der Produktion 앫 Abbau von Überstunden 앫 Beantragung von Kurzarbeitergeld 앫 Freistellung der Zeitarbeitskräfte Die Frage, wie schnell ein Unternehmen die geeigneten Maßnahmen umsetzen kann, hängt dabei unter anderem davon ab, ob bereits Erfahrungswerte bzgl. Themen wie »Beantragung von Kurzarbeitergeld« im Hause vorhanden sind. Ist das nicht der Fall, müssen zunächst die gesetzlichen Anforderungen und Formalitäten analysiert werden, damit der Antrag auch erfolgreich gestellt werden kann. In einem solchen Fall kann die Zusammenarbeit mit einem HR-BPO-Partner bei der Umsetzung wichtige Zeit einsparen helfen, denn der HR-BPO-Partner sollte über entsprechende Kompetenzen im Hause verfügen, so dass die Beantragung ohne Verzögerung durchgeführt werden kann. Diese gewonnene Zeit können die Personalverantwortlichen für die Kommunikation mit der Geschäftsführung sowie den betroffenen Mitarbeitern nutzen, und damit das Vertrauen und die Motivation der Belegschaft auf einem höheren Niveau stabilisieren. Aber auch in Zeiten des Unternehmenswachstums gewinnt der Personalbereich durch Verlagerung von Verwaltungsprozessen Freiraum für die strategischen Aufgaben. Beispiel Personalbeschaffung: Angesichts des strukturellen Fach- und Führungskräftemangels in Deutschland ist die Rekrutierung zu einem Dauerthema geworden. Zukünftig dürfte die Rekrutierung von Nachwuchs- und Führungskräften, genau wie die Entwicklung und Bindung dieser Leistungsträger, jedoch noch stärker in den Fokus der Unternehmens- und Standortstrategien rücken. Dass sich die Rekrutierungs21
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