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Waffenschmuggler Vlatko V. offenbar hoch verschuldet | Manuskript
Waffenschmuggler Vlatko V. offenbar hoch verschuldet
Bericht: Arndt Ginzel, Martin Kraushaar
Die bayerische Haftanstalt Traunstein. Seit 05. November sitzt Vlatko V. dort in
Untersuchungshaft. Bei der Kontrolle seines VW-Golfs auf der A8 bei Rosenheim hatten
Beamte einen brisanten Fund gemacht.
Ludwig Waldinger, Bayerisches Landeskriminalamt:
Es waren also insgesamt in diesem Auto verbaut zahlreiche Maschinenpistolen, Revolver,
Pistolen, Sprengstoff und zwei Handgranaten.
Von den Waffen habe er nichts gewusst. Er sei unterwegs nach Paris, den Eifelturm
besichtigen, soll er anfangs ausgesagt haben. Seither schweigt Vlatko V. Jetzt wird
ermittelt, ob es Verbindungen zu den Anschlägen gibt.
Wer ist der Mann und was trieb ihn zum Waffenschmuggel? Mehr als 2.000 Kilometer
liegen zwischen Paris und dem Balkanstaat Montenegro. Wir fahren nach Podgorica.
Möchten mehr über 51-Jährigen und seinem Hintergrund erfahren. Die Recherche führt
uns zu einem kleinen Ort nahe der Hauptstadt. Aus diesem Dorf soll er stammen. Mit
unserem Übersetzer fragen wir uns durch. Zeigen dem Betreiber eines Straßencafés ein
Foto von Vlatko V. Tatsächlich kennt er ihn, hat inzwischen von der Verhaftung gehört.
Nachbar:
Er hat jahrelang Viehzucht betrieben. Er war ein sehr ruhiger Typ. Er ist der Letzte in diesem
Land, von dem man denke würde, dass er so etwas macht. Ich kann es nicht glauben.
Irgendein großer Kummer hat ihn dazu getrieben.
Gleich um die Ecke das Haus der Familie. Der Bruder zeigt uns das Zimmer, in dem Vlatko
an den Wochenenden wohnte. Persönliche Dinge eines Mannes, der mit einem
Waffenarsenal durch Europa fuhr. Dass knapp zehn Tage nach der Verhaftung in Bayern
und zwei Tage nach den Anschlägen von Paris noch keine Ermittler da waren, erstaunt
selbst Zeljko.
Frage: Wann hat sich die Polizei bei Ihnen gemeldet?
Zeljko: Niemand ist hier vorbeigekommen, niemand hat sich gemeldet.
Zeljko hat im Nachgang den Automietvertrag seines Bruders erhalten. Es ist der VW Golf,
in dem Kriegswaffen und Sprengstoff entdeckt wurden.
Reporter: Konnte er das bezahlen?
Zeljko V.: Ja, das ist bezahlt worden. Er hat seinen Lohn in diesem Monat bekommen, 800
Euro.
Wie frühzeitig es schon konkrete Planungen gab, zeigt dieses Datum: 15. Oktober. Damals
ließ sich Vlatko neue Papiere für die Reise ausstellen.
Hinweis: Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt und darf nur für den privaten Gebrauch des Empfängers
verwendet werden. Jede Verwertung ohne Zustimmung des Urheberberechtigten ist unzulässig.
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Weiter unten der mutmaßliche Zeitraum der Fahrt: Angemietet wurde der Golf am 02.,
vereinbarte Rückgabe war am 09. November. Dass sein Bruder überhaupt auf Reise war,
erfuhr Zeljko einen Tag nach dem Abgabetermin durch die Autovermietung.
Zeljko V.: Die sind hier am 10. gekommen, um nachzufragen und uns zu kontaktieren. Erst
dann wurde uns klar, dass er nicht da ist.
Zeljko erzählt uns, die Autovermietung sei misstrauisch geworden, nachdem sich ein
anonymer Anrufer erkundigt habe, was mit dem Golf und Vlatko geschehen sei. Offenbar
wartete jemand dringend auf die Lieferung. Es sind nur noch drei Tage bis zu den
Anschlägen in Paris.
Auf dieser Weinplantage arbeitete Vlatko. An manchen Tagen sogar 21 Stunden. Unter der
Woche schlief er gleich in Podgorica.
Wir biegen in einen Armenviertel der Hauptstadt ein. Ganz in der Nähe treffen wir seine
Tante. Sie zeigt uns die Unterkunft. Im Inneren ist alles so, wie es verlassen wurde.
Während anderswo die Terrorermittlungen auf Hochtouren laufen, war hier noch kein
Polizist. Nirgends finden sich Hinweise auf einen Mann mit islamistischen Hintergrund.
Auch deutet nichts auf ein Waffenversteck hin - Ein professioneller Waffenschieber oder
Mafiapate würde sicher besser leben. Unübersehbar hingegen ist etwas ganz anderes:
Tante: Das hat er heute früh bekommen. Das ist eine Wasser- und das eine Stromrechnung.
Rechnungen über Rechnungen. Wasser Schulden bis Oktober: 1213 Euro. Bei der
Stromrechnung sind es 1.840 Euro. Hinzu kommen noch Privatkredite. Zum Beispiel dieser
Schuldschein: 200 Euro. Vlatkos Lebenssituation scheint prekär.
Auf der Weinplantage verdiente er als Saisonarbeiter in guten Zeiten rund 800 Euro im
Monat. Neben Rechnungen überall weggeworfene Wettscheine und Quotenübersichten
für Sportwetten. Aufgeschlagen der 02. November, Vlatkos Abreisetag. Ganz klar: Der
Mann war verschuldet. Doch woher hatte er dann das Geld für den Golf und den Sprit?
Wer hat das Ganze finanziert?
Fragen, die sich eigentlich auch Ermittlungsbeamte stellen müssten. Nach den Anschlägen
in Paris umso dringender. Wir suchen weiter und finden Vlatkos Adressbücher mit vielen
Kontakten. Auch diese Dokumente hat zu diesem Zeitpunkt noch kein Ermittler
ausgewertet.
Warum hat Vlatko versucht Waffen zu schmuggeln, seine Angehörigen sind ahnungslos.
Tante: Nur er weiß es. Das Beste wäre, er würde reden.
Die nächste Station unserer Recherche ist die Autovermietung, ein paar Straßen weiter.
Mit Informationen hält man sich hier zurück. Immerhin erfahren wir, dass Vlatkos
angemieteter Golf weder über ein Navigationsgerät verfügte, noch, dass er eins dazu
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gebucht hatte. Das bayerische Landeskriminalamt wiederum gibt an, auf dem Navi des
Montenegriners eine Adresse in Paris gefunden zu haben.
Irgendwer hat die Waffen im Golf versteckt. Wurde Vlatko auch das Navi ausgehändigt?
Von wem?
Auf dem Weg zum Innenministerium in Podgorica. Wir bitten um ein Interview, telefonisch
teilt man uns später mit, dass man sich nicht äußern will. Gern hätten wir gewusst, warum
bis jetzt wichtige Zeugen nicht befragt, Unterlagen nicht beschlagnahmt wurden.
Zeit war genug.
Auf Anfrage teilt uns das LKA Bayern mit, dass das Bundeskriminalamt ohne Verzug am 6.
November Interpol in Montenegro von Vlatkos Verhaftung informiert hatte.
Zurück zu Zeljko. Eines möchten er und seine Frau uns noch auf den Weg geben: Einen
Brief für Vlatko.
Zeljko V.: Ich bitte Dich, was geschehen ist, ist geschehen. […] Hilf Dir selbst, erzähle der
Polizei in Deutschland, was du weißt - es gibt keine Geheimnisse.
Übrigens, wenige Stunden nach unserem Interview muss Zeljko plötzlich zur Polizei und
aussagen.
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