3 Postvertriebsstück • Deutsche Post AG „Entgelt bezahlt“ März 2016 • 66. Jahrgang Das Kraftfahrt-Bundesamt „Wir punkten mit Verkehrssicherheit“ mit dbb seiten VBOB – Verband der Beschäftigten der obersten und oberen Bundesbehörden Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, das Jahr 2016 ist aus gewerkschaftspolitischer Sicht ein besonderes Jahr für unsere Mitglieder und Mandatsträger. Im Jahr 2016 enden die vier- beziehungsweise zweijährigen Amtszeiten der Personalvertretungen und der Jugend- und Auszubildendenvertretungen. In der Bundesverwaltung finden deshalb vom 1. März bis 31. Mai Neuwahlen für die jeweiligen Gremien statt. In diesen Zeitraum fällt außerdem die Einkommensrunde öffentlicher Dienst für den Bund und die Kommunen. Diese beiden Top-Ereignisse erfordern von unseren Mitgliedern neben den hohen sonstigen dienstlichen Anforderungen ein zusätzliches Engagement im ersten Halbjahr 2016. Herzlichen Dank für Ihre Unterstützung! Die Vorbereitungen zu den Personalratswahlen laufen auf vollen Touren; Beschlüsse zur Verselbstständigung wurden gefasst, die Wahlvorstände haben sich konstituiert, die Wahlen sind terminiert. Die ersten von uns mit Spannung erwarteten Wahlen finden bereits am 2. und 3. März in den Bundesministerien des In neren und für Wirtschaft und Energie und ihren jeweiligen Geschäftsbereichen statt. Wir sind sehr gespannt auf die Ergebnisse. Die Herausforderungen für die Personalräte werden auch in der kommenden Wahlperiode immens sein. Das Dauerthema Flüchtlinge/Asylbewerber mit seinen vielfältigen Ausprägungen, der weitere Ausbau der IT-Konsolidierung im Bund, die anstehende Entscheidung zur künftigen Rechtsform des zum 1. Januar 2016 gegründeten ITZ Bund, Überlegungen für eine ressortübergreifende Konsolidierung bereits bestehender Dienstleistungszentren für die Bereiche Bezüge/Entgelte und Beihilfe stehen auf der Agenda. Dieses Bündel an wichtigen Maßnahmen soll, was die Beteiligung/Einbindung der Interessenvertretung angeht, auf der völlig unzureichenden Basis des hoffnungslos veralteten Bundespersonalvertretungsgesetzes umgesetzt werden. Deshalb mein Appell an alle Wahlberechtigten: In schwierigen Zeiten brauchen wir starke Personalvertretungen! Gehen Sie zur Wahl! Tragen Sie zu einer hohen Wahlbeteiligung bei! Statten Sie Ihre Personalräte für die Verhandlungen mit den Dienststellen mit einem Mandat „auf Augenhöhe“ aus! Der dbb beamtenbund und tarifunion hat in seiner Sitzung am 18. Februar 2016 seine Forderungen für die Einkommensrunde 2016 beschlossen. Das verabschiedete Forderungspaket für die am 21. März 2016 an gewohnter Stelle in Potsdam startende arifrunde können Sie im Innenteil dieser Ausgabe nachlesen. SeiT tens des VBOB sind wir sehr zufrieden, dass viele unserer bereits in der letzten Ausgabe veröffentlichten Forderungen auch Aufnahme in die gemeinsame Verhandlungsliste von dbb und ver.di gefunden haben. Wir erwarten vom Bundesinnenminister die Einhaltung der in Köln auf der dbb Jahrestagung gemachten Zusage nach zügigen Verhandlungen. Dies bedingt konkrete Verhandlungen ab der ersten Verhandlungsrunde auf der Basis eines fairen und ergebnisorientierten Angebots. Die Beschäftigten in der Bundesverwaltung haben in schwierigen Zeiten mit ständig neuen Aufgaben unter der Last der unsäglichen linearen Stellenkürzungen viel geleistet und sich als zuverlässiger Stabilitätsfaktor für unser Gemeinwesen erwiesen. Unsere Kolleginnen und Kollegen erwarten aufgrund der glänzenden Wirtschaftsdaten sowie der hohen zusätzlichen Steuereinnahmen des Bundesfinanzministers für ihr Engagement zu Recht eine wertschätzende Teilhabe an dieser positiven Entwicklung. Es handelt sich um eine gemeinsame Einkommensrunde mit Forderungen für Tarifbeschäftigte, Auszubildende und Anwärter sowie für Beamte und Versorgungsempfänger. Die Tarifrunde ist erst mit der Zusage des Bundesinnenministers beendet, die Ergebnisse der Einigung zeit- und wirkungsgleich auf die Beamten und Versorgungsempfänger zu übertragen. Der VBOB wird sich aktiv an Aktionen der dbb tarifunion zur Durchsetzung unserer angemessenen Forderungen beteiligen. Ich bitte schon jetzt in gelebter Solidarität um rege Beteiligung an den öffentlichen Aktionen. Denn eine sichtbare Präsenz unserer Mitglieder erhöht den Druck auf unsere Verhandlungspartner. Der VBOB hat sich in den letzten Wochen bewusst nicht öffentlich zum Thema Berlin-Bonn geäußert und Medienanfragen abschlägig beschieden. Das heißt aber nicht, dass wir uns im Bundesvorstand nicht mit diesem Thema intensiv beschäftigt haben. Wir sind im regelmäßigen Austausch mit der für dieses Thema zuständigen Ministerin Barbara Hendricks, dem Bonner Oberbürgermeister Ashok-Alexander Shridharan, mit Landrat Sebastian Schuster sowie den Bundestagsabgeordneten der Region. Ich möchte an dieser Stelle kurz über den aktuellen Sachstand informieren: Die Bundesministerien sind inzwischen aufgefordert, einen erweiterten Fragebogen zur Erhebung der teilungsbedingten Aufwendungen bis Anfang April mit den ressortspezifischen Daten zu füllen und an das BMUB zurückzusenden. Die Angaben der Ressorts sollen eine Grundlage für den beabsichtigten Statusbericht der Beauftragten der Bundesregierung für den Berlin- Umzug bilden; ergänzend ist eine (vom BMUB noch nicht näher spezifizierte) Onlinebefragung zur Effektivität und Effizienz der Arbeitsteilung Bonn – Berlin vorgesehen. In einem für Mitte März 2016 terminierten Gespräch mit dem Leiter des Arbeitsstabes Berlin-Bonn werden wir um detailliertere Informationen zur Onlinebefragung bitten. Mit freundlichen Grüßen Ihr > VBOB Magazin | März 2016 3 Verband der Beschäftigten der obersten und oberen Bundesbehörden VBOB << Editorial VBOB – Verband der Beschäftigten der obersten und oberen Bundesbehörden << Das Kraftfahrt-Bundes-amt (KBA) als moderner Verkehrssicherheits-dienstleister4–6 << Einkommensrunde 2016: Wir fordern linear sechs Prozent! 6 << Jahresauftaktveranstaltung im BMZ VBOB-Bundesvorsitzender und BMZ-Staatssekretär nehmen Chancen und Herausforderungen des Jahres 2016 ins Visier 8 << Trotz enger Terminlage – Gespräch mit Staatssekretär Klaus-Dieter Fritsche 9 << VBOB unterzeichnet „Charta der Vielfalt“ 10 << Neuwahlen in der Fachgruppe Bundesministerium des Innern (BMI) 11 << Neujahrstreffen der Ruheständler 11 << Aufruf des Bundesvorstandes zu den Personalratswahlen 2016 12 << Wir gratulieren 12 << dbb Verband der Beschäftigten der obersten und oberen Bundesbehörden 4 << Tarifforderung zur Einkommensrunde 2016: Sechs Prozent sind konsequent << Branchentage zur Einkommensrunde 2016: Bezahlung verbessern, Wertschätzung erhöhen 14 << Einkommensrunde 2016: Eine Frage der Wertschätzung 16 << Bundesfernstraßen: Auftragsverwaltung erhalten 18 << die andere meinung: Der Arbeitsmarkt hält viele Flüchtlinge aus 20 << Kongress neueVerwaltung: Zukunft Digitale Arbeit 22 << Glosse: Mitreden kann jeder 23 << Mindestlohn: Neue Aufgaben für den öffentlichen Dienst 24 << Antirassismus-Arbeiter Ansgar Drücker (IDA e. V.): Angst ist ein schlechter Ratgeber 28 << Arbeitsagentur Bad Hersfeld-Fulda – Maßnahmen für Flüchtlinge: Zukunftsschmiede 30 << Einkommensteuer: Kalte Progression 38 << Malta und die Flüchtlingsproblematik: Keine Chance im „Zufluchtsort“ 40 << Cyberterrorismus: Gefahr oder Chimäre? 42 << Frauen im Top-Management in öffentlichen Unternehmen: Integrierte Gleichstellungspolitik 46 13 << Impressum Herausgeber des VBOB Magazins: Bundesvorstand des Verbandes der Beschäftigten der obersten und oberen Bundesbehörden e.V. im dbb (VBOB). Dreizehnmorgenweg 36, 53175 Bonn. Telefon: 0228.9579653. Telefax: 0228.9579654. E-Mail: [email protected]. Internet: www.vbob.de. Hauptstadtbüro Berlin. Friedrichstraße 169, 10117 Berlin. Telefon: 030.40816900. Telefax: 030.40816930. E-Mail: [email protected]. Bundesvorsitzender: Hartwig Schmitt-Königsberg. Redaktion: AnneKatrin Hoffmann, Friedrichstraße 169, 10117 Berlin. Telefon: 030.40816900. Telefax: 030.40816930. Fotos: VBOB, fotolia, Titelbild: KBA Herausgeber der dbb Seiten: Bundesleitung des dbb beamtenbund und tarifunion – Bund der Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes und des privaten Dienstleistungssektors – Friedrichstraße 169, 10117 Berlin. Telefon: 030.4081-40. Telefax: 030.4081-5598. Internet: www.dbb.de. Chefredaktion: Dr. Walter Schmitz. Redaktion: Christine Bonath, Jan Brenner. Fotos: VBOB, MEV und fotolia. Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird der Einfachheit halber nur die männliche Form verwendet. Sämtliche Personen- und Berufsbezeichnungen gelten jedoch gleichermaßen für alle Geschlechter. Bezugsbedingungen: Das VBOB Magazin erscheint zehnmal im Jahr und wird allen VBOB-Mitgliedern im Rahmen der Mitgliedschaft gegen Beitrag geliefert. Der Abonnementspreis für Nichtmitglieder beträgt 29,90 Euro jährlich inkl. 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Anzeigenschluss: 6 Wochen vor Erscheinen. Herstellung: L.N. Schaffrath GmbH & Co. KG DruckMedien, Marktweg 42–50, 47608 Geldern. ISSN 1437-997X > VBOB Magazin | März 2016 Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) als moderner Verkehrssicherheitsdienstleister Ganz hoch im Norden liegt die zum Geschäfts bereich des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur gehörende Bundesoberbehörde, welche sich mit fast allen Fragen rund um das Kraftfahrzeug befasst. „Wir punkten mit Verkehrssicherheit“, lautet der Wahlspruch für die Behörde an der Flensburger Förde, nur wenige Kilometer entfernt von der dänischen Grenze. Nach der Gründung der Behörde im Jahre 1951 hat das KBA seit 1961 seinen Dienstsitz in der Fördestadt und seit 1990 einen weiteren Dienstsitz in Dresden, wo die Aufgaben und Räumlichkeiten des ehemaligen Kraftfahrtechnischen Amtes der DDR in die Organisation der Oberbehörde integriert wurden. Das Kraftfahrt-Bundesamt hat vier Abteilungen, die sich mit unterschiedlichen Aufgaben befassen: Die Zentralen Dienste mit dem allgemein bekannten Verwaltungsaufbau, dazu ein sehr großes und leistungsstarkes IT-Referat mit 132 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie die Familienkasse des BMVI für den gesamten Geschäftsbereich des Verkehrsressorts. Die Abteilung 2 mit den teilweise europaweit agierenden Zentralen Registern, von denen das bekannteste sicherlich das Fahreignungsregister (FAER) – so heißt die Verkehrssünderkartei seit 1. Mai 2014 offiziell – ist. Mehr als neun Millionen Verkehrsteilnehmer sind derzeit auffällig und werden im Rahmen der geltenden Tilgungsfristen im FAER gespeichert. Noch höher ist die Anzahl der eingetragenen Kraftfahrzeuge im ZFZR, dem Zentralen Fahrzeugregister. Hier werden aktuell mehr als 80 Millionen Pkw, Lkw, Krafträder, Arbeitsmaschinen mit den dazugehörigen Halterdaten vorrätig gehalten. Seit dem 1. Januar 1999 wird jeder neu ausgegebene Kartenführerschein im Zentralen Führerscheinregister (ZFER) KBA << Inhalt < < Nur mit den in Flensburg hergestellten und personalisierten Karten können sich Berufskraftfahrer, Kontrolleure, Polizisten und Mitarbeiter von Kfz-Werkstätten in den Kontrollgeräten legitimieren. KBA VBOB – Verband der Beschäftigten der obersten und oberen Bundesbehörden Die Abteilung 4 sorgt für den technischen Anteil im Kreislauf der Verkehrssicherheit der Bundesrepublik Deutschland. Eine große Anzahl von Ingenieuren sorgt dafür, dass Fahrzeugtypen und Fahrzeugteile nur dann in den Straßenverkehr gelangen, wenn sie die Normen der EURichtlinien beziehungsweise StVZO erfüllen. Der Bogen spannt sich von der allgemeinen Typgenehmigung bis hin zu Konformitätsüberprüfungen (CoP-P) und der Konformität der Produktion (CoP-Q). Darüber hinaus ist das Kraftfahrt-Bundesamt gemäß Produktsicherheitsgesetz als Marktüberwachungsbehörde für den Straßenfahrzeugbereich bestellt. Zur Bewältigung all dieser Aufgaben stehen dem KBA mit dem aktuellen Haushalt 703 Planstellen und Stellen zur Verfügung. Um seine Aufgaben wahrnehmen zu können, existieren im KBA außerdem insgesamt 110 befristete Arbeitsverhältnisse überwiegend ohne Sachgrund. Aufgrund familienfreundlicher Arbeitszeitmodelle mit mehr als 70 Varianten beschäftigt die Bundesoberbehörde mit Stand vom 1. Februar 2016 insgesamt 785 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer (davon 40 Auszubildende in sechs Ausbildungsberufen) sowie 146 Beamtinnen und Beamte. Bereits wenige Jahre nach der Gründung des VBOB im Bund < < Im Fahreignungsregister (FAER), dem früheren Verkehrszentralregister, werden von Amts wegen Meldungen an die Fahrerlaubnisbehörden wegen Erreichens von Punktschwellen weitergegeben. Im Hintergrund sieht man die Aktenwände mit den Papiereintragungen der „Verkehrssünder“, die bald nur noch vollautomatisiert vorrätig gehalten werden. wurde auch im KBA eine Fachgruppe ins Leben gerufen, welche über die letzten Jahre immer mehr Mitglieder gewinnen konnte und auch in der Personalratsarbeit die Mehrheiten aufgrund des guten Wahlergebnisses erstmalig stellen konnte. Mittlerweile ist mindestens jeder Dritte im Hause auch Mitglied im VBOB und mit dieser Quote nimmt die Fachgruppe im Vergleich einen Spitzenplatz ein. << Branchentag im KBA Vor allem aus diesem Grund hat der dbb beamtenbund und tarifunion am 10. Februar einen ihrer Branchentage im Kraftfahrt-Bundesamt organisiert, um die Beschäftigten an der Basis zu den bevorstehenden Tarifverhandlungen zu informieren und deren Vorstellungen zur Meinungsbildung mitzunehmen. Der Einladung des Fachgruppenvorstandes folgten viele organisierte Tarifbeschäftigte und Beamte. Der Fachgruppenvorsitzende Norbert Haack übernahm die Moderation der Veranstaltung und leitete eine kurze Vorstellungsrunde ein. Danach bat er zunächst den stellvertretenden Bundesvorsitzenden des dbb und Fachvorstand Beamtenpolitik, Hans- Ulrich Benra, um ein Statement zur Tarifrunde für den Bund und die Kommunen im März/ April 2016. Dieser gab einen Abriss auf die in der Tarifunion diskutierten Grundforderungen und Vorhaben, insbesondere auf die Auswirkungen der jüngsten Rechtsprechung zu Sockelbeträgen in der Beamtenbesoldung. Der dbb strebt zur Vermeidung solch eines Abschlusses und den unterschiedlichen Auswirkungen auf den Tarifbereich und die Statusgruppe der Beamtinnen und Beamten deshalb eine prozentuale Erhöhung an. Im Anschluss hatte der VBOBBundesvorsitzende Hartwig Schmitt-Königsberg die Gelegenheit, die Position des VBOB > VBOB Magazin | März 2016 5 Verband der Beschäftigten der obersten und oberen Bundesbehörden Das Kraftfahrt-Bundesamt erstellt aus seinen Registern auch viele statistische Auswertungen. Dafür sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Abteilung 3 zuständig. Die Produktauswahl aus den Bereichen Fahrzeugstatistiken, Kraftfahrerstatistiken und Kraftverkehrsstatistiken ist vielfältig. Herauszuheben sind sicherlich die Fahrzeugneuzulassungen, die jeden Monat wieder von vielen Interessierten – insbesondere den Fahrzeugherstellern – erwartet werden. Genauso interessant sind sicherlich auch die Statistiken zu der Anzahl der Fahrerlaubniserteilungen nebst der Art und Menge der Fahrerlaubnismaßnahmen gegen auffällige Fahrzeugführer. Eine Besonderheit sind die Statistiken über die Güterbeförderung deutscher Lastkraftwagen und das Verkehrsaufkommen insgesamt, deren Daten durch gesonderte Erhebungen ermittelt werden. Eine Vielzahl der Statistiken wird sowohl auf deutscher als auch auf europäischer Ebene bereitgestellt und für verkehrspolitische Entscheidungen abgefordert. Neben den Standardveröffentlichun- gen werden auch noch Individualauswertungen gegen Kostenerstattung durchgeführt. Windmüller digital r egistriert, um dem auch länderübergreifenden Führerscheintourismus entgegenzuwirken und sicherzustellen, dass jeder Fahrzeugführer nur einen Führerschein in seinem Besitz hat. Seit der Einführung des digitalen Fahrtenschreibers in Nutzfahrzeugen führt das KBA darüber hinaus das Zentrale Kontrollgerätkartenregister (ZKR). VBOB – Verband der Beschäftigten der obersten und oberen Bundesbehörden deutlich zu machen. Unter Bezugnahme auf die Rede des Bundesinnenministers Dr. Thomas de Maizière auf der dbb Jahrestagung 2016 erhofft er sich einen guten und schnellen Tarifabschluss in den kommenden Wochen. Gleichzeitig erwartet er von den Verhandlungspartnern künftig eine deutliche Reduzierung befristeter Verträge ohne Sachgrund im öffentlichen Dienst, von denen auch das KBA viel zu stark betroffen ist. Norbert Haack bat die Teilnehmerinnen und Teilnehmer dann, ihre persönlichen Vorstellungen an die Tarifrunde zu plakatieren, und die Stellwände der Tarifunion wurden mit Schlagwörtern reichlich beklebt. Hierbei kamen die unterschiedlichsten Forderungen zutage, welche diskutiert und von den Gästen aus Berlin kommentiert wurden. Beispielsweise seien genannt: spürbare lineare Erhöhung, Einschnitte bei der usatzversorgung (VBL) verhinZ dern, Einführung der Erfahrungsstufe 6 für die Entgeltgruppen 9 bis Ü15, Rücknahme der Erhöhung der Arbeitszeit der Beamtinnen und Beamten, Abschaffung des § 18 TVöD (Leistungsentgelt) und Einarbeitung dieser Beträge in die Tabellen sowie zeit- und inhaltsgleiche Übertragung der Tarifeinigung auf die Beamtinnen und Beamten sowie Versorgungsempfänger. Die rege Beteiligung, die interessanten Diskussionen sorgten für einen gelungenen Branchentag, von dem die Vertreter des dbb und des VBOB reichlich Anregungen für die Forderungsfindung in der Sitzung der Bundestarifkommission am 18. Februar 2016 mitnehmen konnten. Nach gut 100 Minuten schloss der Fachgruppenvorsitzende die Veranstaltung und verabschiedete die Teilnehmer und Gäste. N. Haack Einkommensrunde 2016: Wir fordern linear sechs Prozent! Verband der Beschäftigten der obersten und oberen Bundesbehörden 6 Die Einkommensrunde 2016 wird am 21. März in gewohnter Umgebung in Potsdam starten. Die Verhandlungen für rund 2,1 Millionen Tarif beschäftigte von Bund und Kommunen werden wie in den letzten Tarifrunden auf Arbeitnehmerseite von dbb und ver.di geführt. Bei den Vorgesprächen der Tarifgremien von dbb und ver.di, die am 18. Februar in Berlin stattfanden, wurden gemeinsame Forderungen formuliert und beschlossen. Eine der Kernforderungen ist eine lineare Erhöhung der Tabellenentgelte um sechs Prozent. Hier findet sich die Forderung des VBOB, der gegenüber dem dbb 5,5 Prozent lineare Erhöhung gefordert hatte, gut wieder. << Wie sind die Aussichten? Die Wirtschaft boomt weiterhin und die Staatskassen sind durch steigende Steuereinnahmen gefüllt. Der Aufschwung wird sich laut Sachverständigenrat auch in 2016 fortsetzen. Prognostiziert wird ein Anstieg des Bruttoinlandsprodukts von 1,6 Prozent. Die gute gesamtwirtschaftliche Ausgangslage wird von einem stabilen Arbeitsmarkt gestützt; so erfasste man 2015 erstmals mehr als 43 Millionen Erwerbstätige. > VBOB Magazin | März 2016 << Die Voraussetzungen sind also nicht schlecht! Auch wenn die Ausgaben – aber eben auch die Aufgaben – der öffentlichen Verwaltung vor dem Hintergrund der ak tuellen globalen Krisen steigen werden, ist hier genügend Raum, um den öffentlichen Dienst entsprechend seinem Beitrag nicht nur am wirtschaftlichen Erfolg teilaben zu lassen, sondern auch entsprechend seiner Leistung zu honorieren. In Anlehnung an das politische Versprechen „Wir schaffen das“ ist es gerade der öffentliche Dienst, der nicht nur berechtigterweise sagen kann – sondern sagen muss: „Wir machen das!“ Und nicht nur in Anbetracht der aktuellen Herausforderungen sind die Forderungen mit Augenmaß beschlossen worden! Der Trend steigender Sozialversicherungsbeiträge – besonders im Hinblick auf die Gesundheitsausgaben – setzt sich weiter fort. Stichworte seien hier Zusatzbeiträge zur gesetzlichen Krankenversorgung oder die bereits feststehenden Anstiege der Beiträge zur Pflegeversicherung zum 1. Januar 2017. Ebenso deutet sich eine beschleunigte Inflationsrate von 1,2 Prozent in Deutschland an, so der Sachverständigenrat. Es geht aber auch um die Sicherstellung der Aufgabenwahrnehmung in der Zukunft. Keiner wird im Hinblick auf die demografische Entwicklung bestreiten, dass attraktive Beschäftigungsbedingungen notwendig sind. Dies gilt in besonderem Maß für die Nachwuchsförderung, also den Bereich der Ausbildung im öffentlichen Dienst. Hier wurden nach intensiver Diskussion folgende Haupt forderungen formuliert: die Erhöhung der Auszubildendenund Praktikantenentgelte um 100 Euro monatlich; die Angleichung des Urlaubsanspruchs auf 30 Tage und unbefristete Übernahme für alle Auszubildenden. Es geht aber auch um den tariflichen Ausschluss sachgrundloser Befristungen, um Kontinuität und Erfahrung zu erhalten. Nach den Ergebnissen einer aktuellen Studie vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung bei der Bundesagentur für Arbeit liegt die Befristungsquote im Arbeitnehmerbereich beim Bund bei 11,3 Prozent. Von einer vonseiten der Arbeitgeber her immer wieder aufgestellten Behauptung, dass die Vereinbarung befristeter Arbeitsverhältnisse im öffentlichen Dienst die absolute Ausnahme sei, kann da wohl kaum noch die Rede sein. Da sich die seit Frühjahr 2015 galoppierende Aufgabendynamik fortsetzen wird, soll der Tarifabschluss für zwölf Monate gelten. Selbstredend ist auch die zeit- und inhaltsgleiche Übertragung des Tarifergebnisses auf den Beamtensowie den Versorgungsbereich Bestandteil der Forderungen. Die Tarifforderungen in Bezug auf die Beschäftigten des Bundes im Einzelnen: >> Lineare Erhöhung der Tabellenentgelte um sechs Prozent >>Nachwuchsförderung konkret gestalten: • Erhöhung der Auszubildenden-/Praktikantenentgelte um 100 Euro monatlich • Unbefristete Übernahme aller Auszubildenden • Vollständige Übernahme von Reisekosten zu einer auswärtigen Berufsschule oder zu überbetrieblichen Ausbildungsmaßnahmen • 30 Tage Urlaub für Auszubildende >>Laufzeit: zwölf Monate >>Tariflicher Ausschluss sachgrundloser Befristungen >>Verlängerung der Regelungen zur Altersteilzeit >>Zeit- und wirkungsgleiche Übernahme für Beamtinnen und Beamte sowie Versorgungsempfängerinnen und Versorgungsempfänger. uc VBOB – Verband der Beschäftigten der obersten und oberen Bundesbehörden Jahresauftaktveranstaltung im BMZ VBOB-Bundesvorsitzender und BMZ-Staatssekretär nehmen Chancen und Herausforderungen des Jahres 2016 ins Visier Die VBOB-Fachgruppe im BMZ lud am 25. Januar zu einem Fachgespräch mit Staatssekretär Kitschelt und dem VBOB-Bundesvorsitzenden Schmitt- Königsberg in den Berliner Dienstsitz des Bundesministeriums für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit (BMZ) ein. Augenmerk der Veranstaltung, die per Videokonferenz auch in den Dienstsitz Bonn übertragen wurde, richtete sich auf die Herausforderungen und Chancen des Jahres 2016 für BMZ und VBOB. > VBOB Magazin | März 2016 kommt zur rechten Zeit, da am 7. März 2016 im BMZ Personalratswahlen anstehen. Gegenwärtig sind fünf der elf Personalratsvertreter VBOB-Mitglieder. Es wäre schön, diese beachtliche Präsenz weiter auszubauen. Entwicklungspolitische Herausforderungen 2016 Staatssekretär Kitschelt ging in seinem Vortrag auf die bereits erreichten Ziele des Vorjahres ein. Strategisch wichtiges Datum war der 1. Juli 2015, an dem das Bundeskabinett den Regierungsentwurf für den Haushalt 2016 und den Finanzplan bis 2019 beschlossen hat. Die Bundesregierung erhöhte die Ausgaben für die Entwicklungszusammenarbeit in den nächsten Jahren deutlich – allein der Haushalt des BMZ wird dieses Jahr um 880 Millionen Euro auf 7,42 Milliarden Euro steigen. Dies stellt den höchsten Etat und den größten Zuwachs in absoluten Zahlen seit ten, das Jahr 2016 lieben“ werden. Anschließend ging der redegewandte Staatssekretär Kitschelt auf die Grüne Woche, die Jahrestagung der Asiatischen Entwicklungsbank, das Habitat Forum Berlin, den Weltzukunftskongress, die G20-Präsidentschaft sowie das „Weißbuch Entwicklungspolitik“ ein, die nur einige Meilensteine darstellen, die das BMZ in diesem Kalenderjahr passieren wird. Der Veranstaltung schloss sich ein Zusammensein mit Snacks und Getränken an, bei dem der Bundesvorsitzende noch auf zahlreiche Fragen profunde Antworten geben konnte, und so einen wesentlich Beitrag Fachgruppe BMZ (2) Verband der Beschäftigten der obersten und oberen Bundesbehörden 8 Die gut besuchte Veranstaltung, an der rund 60 Personen teilnahmen, war gleich in zweifacher Weise eine überzeugende Visitenkarte des VBOB: Einerseits konnte der Bundesvorsitzende wichtige Themen wie die Tarifverhandlungen für Bund und Kommunen, das Dienstrechtsneuordnungsgesetz, die Entgeltordnung sowie die einzelnen Aspekte des Bonn-Berlin-Gesetzes öffentlichkeitswirksam thematisieren. Andererseits konnte die Fachgruppe die Jahresauftaktveranstaltung dazu nutzen, mit der Umsetzung des vom Vorstand mit den Mitgliedern gemeinsam erarbeiteten Konzepts einer offensiveren Öffentlichkeitsarbeit zu beginnen. Wichtiger Bestandteil der Strategie ist, durch die Öffnung von Veranstaltungen auch für Nichtmitglieder, über Inhalte neue Mitglieder zu werben. Zeitgleich soll das „Wir-Gefühl“ vitalisiert werden. Der Ansatz zeigte als Impuls erfreuliche Wirkung, denn zahlreiche interessierte Tarifbeschäftigte und Beamte traten nach der Veranstaltung dem VBOB bei. Mittlerweile sind fast 15 Prozent der Belegschaft des BMZ VBOB-Mitglieder. Die Formel Veranstaltungen mit „übergreifenden Inhalten und TOPReferenten“ zu kombinieren, erscheint Erfolg versprechend zu sein. Der Mitgliederzuwachs << < < Die Berliner Runde im direkten Gespräch mit den Bonner Kollegen per Videokonferenz. << Personalratswahlen 2016 In der Meldefrist sind beim Wahlvorstand im BMZ vier Wahlvorschläge für die Gruppe der Beamten und ein Wahlvorschlag für die Gruppe der Tarifbeschäftigten eingegangen. Dies bedeutet bei der Gruppe der Beamten erstmals eine Listenwahl und bei der Gruppe der Tarifbeschäftigten weiterhin eine Personenwahl. Um sich von den anderen Listen, die Namen wie „Frischer Wind“ oder „unabhängige Liste“ tragen, abzuheben, wählte die Fachgruppe den Zusatz „VBOB – WirFürEuch!“) Gründung des Ministeriums dar. Die Bundesregierung geht damit weiterhin einen gewichtigen Schritt auf das Ziel zu, jährlich 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens (ODAQuote) für die Entwicklungszusammenarbeit bereitzustellen. Dieses Ziel wurde beim Gipfel auf Schloss Elmau von den Staats- und Regierungschefs der G 7 bekräftigt. 2016 beschrieb Kitschelt als das „Umsetzungs-Jahr“. Fachgruppenvorsitzender Khalatbari, der den Abend moderierte, merkte an, dass dann wohl „diejenigen, die das Jahr 2015 moch- leistete, um neue Mitglieder für den VBOB zu gewinnen. In Bonn, wo die Veranstaltung per Videokonferenz übertragen wurde, übernahm der stellvertretende Vorsitzende Peter Schlemminger die Moderation. Neben dem Themenschwerpunkt des Abends wurde auch das Engagement von Peter Köchling gewürdigt, der nach langen Jahren des Fachgruppenvorsitzes auch weiterhin dem VBOB mit seiner Expertise als Beisitzer erhalten bleibt. B. Khalatbari VBOB VBOB – Verband der Beschäftigten der obersten und oberen Bundesbehörden < < Staatssekretär Klaus-Dieter Fritsche (rechts hinten im Bild) und Peter Rath (rechts vorne im Bild) im Gespräch mit den Vertretern des VBOB. Es bestand Einvernehmen, den Gesprächsfaden bei neuem Sachstand wieder aufzunehmen. Trotz enger Terminlage Bundesvorsitzender Hartwig Schmitt-Königsberg und der stellvertretende Bundesvorsitzende Olaf Lüdtke bedankten sich bei Staatssekretär Fritsche, dass er trotz der engen Terminlage dem VBOB sehr kurzfristig für ein Gespräch zur Verfügung stand. Im direkten Anschluss an die Personalversammlung im Bundeskanzleramt wurde am 22. Januar 2016 in nun schon gewohnt offener und konstruktiver Gesprächsatmosphäre der Dialog mit Staats sekretär Fritsche fortgesetzt. Erstmals nahm MinR Peter Rath, neuer Leiter des Haushalts- und Personalreferates in der Abteilung 6, an dieser Runde teil. Ein Schwerpunkt der Arbeit des Bundesnachrichtendienstes liegt in der Aufklärung des islamistisch motivierten internationalen Terrorismus. Die Gesprächsteilnehmer waren sich einig, dass Deutschland auch durch die ausgezeichnete Arbeit der Sicherheitsbehörden Bundesamt für Verfassungsschutz (im Inland) und Bundesnachrichtendienst (im Ausland) bisher von Anschlägen durch Kommandos des islamistisch motivierten internationalen Terrors verschont blieb. Deshalb ist es unabdingbar, den Sicherheitsbehörden ausreichende Ressourcen, und zwar Personal und insbesondere IT-Technik, zur Verfügung zu stellen. Auch die Nachwuchsgewinnung für die Sicherheitsbehörden rückt wieder stärker in den Fokus. Um in Konkurrenz mit anderen Arbeitgebern bei der Suche nach den „besten Köpfen“ nicht ins Hintertreffen zu geraten, ersuchten die Vertreter des VBOB Staatssekretär Fritsche um Unterstützung für Ihren Vorschlag, den Anwärterinnen und Anwärtern für die Laufbahnen des mittleren und des gehobenen Dienstes als Anreiz bei der Personalge winnung für die zunehmend risikobehaftetere Tätigkeit künftig eine Zulage in Form einer Sicherheitszulage oder Ähnliches anzubieten. Nach langwierigen und intensiven Verhandlungen ist das Verfassungsschutzgesetz im November letzten Jahres in Kraft getreten. Die Gesprächsteilnehmer haben im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens eng und sehr vertraulich zusammengearbeitet und begrüßten, dass mit dem neuen Gesetz die Position des BfV – auch in der Zusammenarbeit mit den Länderbehörden – maßgeblich gestärkt wurde und vor allem Rechtssicherheit und -klarheit für den Einsatz von V-Leuten geschaffen wurden. Ein weiteres Thema beschäftigte in den letzten Wochen die Personalvertretung im BND. Die Novellierung der nicht mehr in die heutige Zeit passenden Sondervorschriften für den Bundesnachrichtendienst (§ 86 BPersVG) ist auf einem guten Weg. Die letzten Hürden wurden in guter Zusammenarbeit aller Beteiligten unter aktiver Einbindung des VBOB aus dem Weg geräumt. Die Kabinettbefassung im 1. Quartal 2016, Befassung im Bundestag einschließlich der Beratung in den Ausschüssen sowie im Bundesrat sind terminiert. Das Inkrafttreten der Novelle ist nach den Parlamentsferien vorgesehen. Mit der Novelle der Sondervorschriften für den BND geht eine erhebliche Verbesserung der Rechtssituation für den Personalrat, und damit auch für die Beschäftigten einher. Der Umzug von Pullach in den Neubau in der Chausseestraße in Berlin mit all seinen Begleiterscheinungen belastet die Kolleginnen und Kollegen im BND in besonderem Maße. Staatssekretär Fritsche informierte über den Stand der Planungen und bat um Verständnis, dass er immer noch keinen belastbaren Umzugstermin nennen könne. Ein Termin werde erst dann öffentlich genannt, wenn sichergestellt sei, dass er auch eingehalten werden kann. hsk > VBOB Magazin | März 2016 9 Verband der Beschäftigten der obersten und oberen Bundesbehörden Fortsetzung des Dialogs mit dem Beauftragten für die Nachrichtendienste des Bundes, Staats sekretär Klaus-Dieter Fritsche, zu Themen der Sicherheitsbehörden BfV und BND. VBOB – Verband der Beschäftigten der obersten und oberen Bundesbehörden Der Bundesvorstand hat in seiner Sitzung am 15. Februar 2016 die Charta der Vielfalt unterzeichnet. Hierzu konnten wir Aletta Gräfin von Hardenberg als Geschäftsführerin der Charta und die Projektleiterin Corina Christen als Gäste im dbb forum begrüßen. Unser Bundesvorsitzender schritt zur Tat und unterzeichnete die bereits vorab von der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration, Aydan Özoğuz, unterschriebene Urkunde. Der Bundeshauptvorstand hatte in seiner Sitzung am 13./14. November 2015 einstimmig den Beitritt zur Charta der Vielfalt beschlossen. fen, das frei von Vorurteilen ist. Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sollen Wertschätzung erfahren – unabhängig von Geschlecht, Nationalität, ethnischer Herkunft, Religion oder Weltanschauung, Behinderung, Alter, sexueller Orientierung und Identität. „Mit unserem Motto ,JUNG und ALT – VIELFALT als CHANCE. JETZT!‘ auf dem Bundesvertretertag 2014 haben wir uns mit Schwerpunkt auf die Altersstruktur und den demografischen Wandel ein genau solches Programm auf die Fahnen VBOB Verband der Beschäftigten der obersten und oberen Bundesbehörden 10 Die Charta wurde im Dezember 2006 von vier Konzernen ins Leben gerufen. Mehr als 2 300 Unternehmen und öffentliche Einrichtungen haben sie bereits unterzeichnet und kontinuierlich kommen neue Unterzeichner hinzu. Die Initiative mit dem Ziel der Förderung von Vielfalt in Unternehmen und Institutionen hat die Bundeskanzlerin als Schirmherrin. Die Initiative will die Anerkennung, Wertschätzung und Einbeziehung von Vielfalt in der Arbeitskultur in Deutschland voranbringen. Organisationen sollen ein Umfeld schaf- > VBOB Magazin | März 2016 Brenner VBOB unterzeichnet „Charta der Vielfalt“ < < Die Geschäftsführerin der Charta der Vielfalt, Gräfin von Hardenberg, freut sich über den „Neuzugang“ VBOB. geschrieben“, so der VBOBBundesvorsitzende Hartwig Schmitt-Königsberg am Rande der Unterzeichnung. Die Geschäftsführerin der Charta der Vielfalt, Frau von Hardenberg, überreichte die Urkunde auf der Sitzung des Bundesvorstandes und zeigte sich sehr erfreut über den Zuwachs im Netzwerk der Charta. „Wenn wir von Vielfalt in der Verwaltung sprechen, geht es keineswegs darum festzustellen, dass die eine Personengruppe etwas besser kann, als die andere. Wichtig ist die vorurteilsfreie Zusammenarbeit aller Beschäftigten zum Vorteil für die Organisation“, so Gräfin von Hardenberg. Es geht gerade nicht um die Alleinstellung und das Hervorheben des Einzelnen mit seinen spezifischen, sich aus seiner Persönlichkeit, Alter oder Herkunft ergebenden Fähigkeiten und Vorzüge. Es geht um die Optimierung des Zusammenspiels unterschiedlichster Charaktere mit diversen kulturellen und persönlichen Hintergründen im Arbeitsalltag. Jeder bringt ihm eigene Besonderheiten mit, die im Team akzeptiert, genutzt und als Gewinn betrachtet werden. Optimierte Arbeitsergebnisse, gesteigerte Kundenorientierung oder höhere Flexibilität und damit ein erfolgreicheres Verwaltungshandeln erbringt nicht der eine Kollege oder die eine Kollegin, sondern das vielfältige Team. Das ist ein Prozess, der „von oben“ angestoßen werden muss, der eines neuen Bewusstseins und auch der Steuerung bedarf. Eine Unterzeichnung der Charta der Vielfalt kann hier der erste Schritt sein. Auf der Homepage der Charta kann man die Liste der Unterzeichner einsehen. Wählt man hier „Öffentlicher Sektor/Bund“ aus, erhält man lediglich 26 Suchergebnisse. Da ist noch viel Luft nach oben! Mit der Unterzeichnung hat sich der VBOB auf dem Papier zu den Inhalten der Charta bekannt, jetzt freuen wir uns auf die weitere praktische Auseinandersetzung mit dem Thema! In diesem Zusammenhang möchten wir gleich auf den 4. Deutschen Diversity-Tag, am 7. Juni 2016 hinweisen. Weitere Informationen finden Sie hierzu auf www.deutscherdiversity-tag.de. st VBOB – Verband der Beschäftigten der obersten und oberen Bundesbehörden Im November 2015 hat die Fachgruppe 16 im BMI Berlin einen neuen Fachgruppenvorstand gewählt. Die erste Herausforderung für den neuen Vorstand sind die Personalratswahlen im März, bei denen sich die VBOBKandidaten ein gutes Abschneiden wünschen. Parallel dazu hat sich der Vorstand vorgenommen, die Fachgruppe noch aktiver zu gestalten und sowohl die persönlichen Kontakte als auch die inhaltliche Arbeit zu intensivieren. Im Fokus der inhaltlichen Arbeit werden die Vorstellungen der Mitglieder für ein zeitgemäßes Arbeitsumfeld stehen. Gemeinsam mit den Mitgliedern sollen auch Problemfelder in der täglichen Arbeit identifiziert, aufbereitet und transportiert werden. Dies umfasst sowohl die Vereinbarkeit der beruflichen Tätigkeit mit den Anforderungen von Familie oder Pflege, aber auch konkrete ablauforganisatorische Verbesserungen im Arbeitsalltag des BMI sollen gemeinsam mit den Personalratsmitgliedern des VBOB thematisiert werden. Im Lauf diesen Jahres will der Vorstand den persönlichen Zusammenhalt der Fachgruppe stärken. Hierzu wird es gemeinsame Mittagsveranstaltungen geben, aber auch eine gemeinsame Abendveranstaltung ist Marion Felchner Neuwahlen in der Fachgruppe Bundesministerium des Innern (BMI) < < Der neue Vorstand der Fachgruppe des VBOB im BMI-Berlin: Nils Stützle, Ulrike Schäfer, Sascha Titze, Dr. Karlheinz Stöber, Christian Engel, Evelyn Woite, Arne Schlatmann, Marion Felchner (von links) ngedacht. Der neue Vorstand a hofft auf einen regen Austausch mit den Mitgliedern der Fachgruppe und freut sich auf seine Aufgaben in der Gemeinschaft des VBOB. K. Stöber 11 Verband der Beschäftigten der obersten und oberen Bundesbehörden Neujahrstreffen der Ruheständler Bei einem sehr gut besuchten Neujahrsempfang der Senioren/ -innen und deren Partner der Fachgruppe Bundeskriminalamt Wiesbaden konnte die Vorsitzende der Fachgruppe, Brigitte Becker, nicht nur die Anwesenden, sondern auch den Vertreter der Mitglieder des VBOB im Ruhestand, Joachim Politis, sehr herzlich begrüßen. In einer kurzen Einführung berichtete die Vorsitzende über einige aktuelle Themen aus dem BKA und aus der Vorstandsarbeit der Fachgruppe. Die Ausführungen des Kollegen Politis betrafen weitgehend die Änderungen im Beihilferecht, zukünftig zu erwartende Änderungen in der Zuständigkeit der Beihilfestellen, Einkommensrunde 2016, Probleme und Personalfragen beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) und ging noch auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur amtsangemessenen Alimentation ein. Richard Steinheimer Seitens der Fachgruppe BKA wurde angeregt, dringend die Broschüren zur Pflegeversicherung und den Ratgeber für den Trauerfall zu aktualisieren. Dies, so Politis, werden wohl durch eine Neuauflage einer Broschüre durch den dbb realisiert. Joachim Politis konnte die zahlreichen Fragen zum Beihilferecht ausführlich beantworten und hierbei zeigte sich auch, wie wichtig dieser Gedankenaustausch mit einem Vertreter des Bundesvorstandes des VBOB ist. D. Schäfer > VBOB Magazin | März 2016 VBOB – Verband der Beschäftigten der obersten und oberen Bundesbehörden Aufruf des Bundesvorstandes zu den Personalratswahlen 2016 Brenner << Wir gratulieren im März Mit einer Urkunde und der silbernen Ehrennadel werden für 25 jährige Mitgliedschaft im VBOB geehrt: VBOB Fachgruppe Bundes ministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (13) Heribert Braun Dietmar Meyer VBOB Fachgruppe Bundes ministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (14) Karlheinz Lange Frank Stephan VBOB Fachgruppe Bundes rechnungshof (19) Dr. Horst-Dieter Ritter VBOB Fachgruppe Bundesamt für Verfassungsschutz (23) Helmut Braun Horst Casper Hans-Peter Görres Dieter Jacobs Eugen Dirk Menden Dr. Eckart Schmeel > VBOB Magazin | März 2016 Norbert Schumacher Dieter Ziewers VBOB Fachgruppe Bundes verwaltungsamt (24) Dagmar Wißkirchen VBOB Fachgruppe Bundesamt für Kartographie und Geodäsie (28) Brigitte Heidrich-Winkelhahn VBOB Fachgruppe Bundes gerichtshof (36) Andreas Weisenburger VBOB Fachgruppe KraftfahrtBundesamt (37) Sonja Sontowski VBOB Fachgruppe Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BVV) (41) Heinrich Prein VBOB Fachgruppe EisenbahnBundesamt/Bundeseisenbahnvermögen (44) Iris Rudolph VBOB Fachgruppe Bundes verwaltungsamt Hamm (48) Markus Rengel Mit einer Urkunde für 40 jährige Mitgliedschaft im VBOB werden geehrt: VBOB Fachgruppe Bundes ministerium für Wirtschaft und Energie (05) Dr. Günter Waschke VBOB Fachgruppe Bundesministerium des Innern Bonn/Der Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (06) Günther Tiffert VBOB Fachgruppe Bundesministerium für Arbeit und Soziales (08) Fritz Schütte VBOB Fachgruppe Bundes ministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (13) Peter Züll VBOB Fachgruppe Bundes netzagentur (53) Manfred Bäumer Mit einer Urkunde und der silbernen Ehrennadel werden für 50 jährige Mitgliedschaft im VBOB geehrt: VBOB Fachgruppe Deutscher Bundestag/Bundesrat (01) Konrad Bruns VBOB Fachgruppe Bundes ministerium des Innern Bonn/ Der Beauftragte der Bundes regierung für Kultur und Medien (06) Rainer Franz Es ist uns eine besondere Ehre, folgendem Mitglied für die VBOB Fachgruppe Bundesamt für Verfassungsschutz (23) Hermann Begon 60 VBOB Fachgruppe Bundessozialgericht/Bundesarbeitsgericht (35) Jürgen Wenzel VBOB Fachgruppe Bundesamt für Verfassungsschutz (23) Walter Voß jährige Mitgliedschaft in diesem Jahr mit einer rkunde zu gratulieren: U Fotolia – © Konstiantyn Verband der Beschäftigten der obersten und oberen Bundesbehörden 12 dbb 2016 Sebastian Hänel Einkommensrunde < Die Forderung im Detail Sechs Prozent sind konsequent Russ, der die am 21. März 2016 in Potsdam beginnenden Tarifverhandlungen für den dbb führen wird, betonte, dass die Forderung „konsequent“ sei: „Sowohl hinsichtlich der Erwartungen der Beschäftigten als auch mit Blick auf eine zukunftstaugliche Personalpolitik.“ Russ weiter: „Die Flüchtlingssituation hat allen gezeigt, wie wichtig ein motivierter, funktionsfähiger und personell angemessen ausgestatteter öffentlicher Dienst ist. Dafür gibt es aber jede Menge Handlungsbedarf, bei der generellen Bezahlung genauso wie bei der Übernahmezusage für die Auszubildenden. Wenn wir die Arbeitsbedingungen insgesamt, vor allem aber für Berufseinsteiger, nicht spürbar verbessern – indem wir zum Beispiel die Befristung stark zurück fahren –, werden wir unseren Personalbedarf bald nicht mehr decken können. Ergebnis wären weitere Leistungseinschränkungen des Staates. Wir brauchen aber mehr Staat, nicht weniger.“ Marco Urban Der dbb will in der Einkommensrunde 2016 für die Beschäftigten von Bund und Kommunen signifikant höhere Einkommen durchsetzen. Das unterstrich der Zweite Vorsitzende des dbb, Willi Russ, auf einer Pressekonferenz am 18. Februar 2016 in Berlin. < dbb Vize Willi Russ (rechts) und der ver.di-Vorsitzende Frank Bsirske stellten die gemeinsame Einkommensforderung der Gewerkschaften auf einer Pressekonferenz in Berlin vor. < Stabile Staatseinnahmen Die Staatseinnahmen seien generell stabil, sie müssten allerdings gerecht und aufgaben orientiert verteilt werden: „Die Wirtschaft boomt und die Staatskassen sind so gut gefüllt wie lange nicht. Auch das hat viel mit der Leistungsfähigkeit des öffentlichen Dienstes zu tun. Die Kolleginnen und Kollegen fordern jetzt ihren fairen Anteil am wirtschaftlichen Erfolg ein – das ist nur recht und billig und gilt für Arbeitnehmer und Beamte gleichermaßen. Deshalb fordern wir natürlich die zeit- und inhaltsgleiche Übertragung der Tarifeinigung auf die Beamten und Versorgungsempfänger.“ < Entgeltordung regeln Außerdem stünden in Potsdam wichtige strukturelle Fragen zur Klärung an. Russ: „Wir erwarten, dass die Entgeltordnung für den kommunalen Bereich endlich unter Dach und Fach gebracht wird.“ Im Vorfeld der Pressekonferenz zur Einkommensforderung hat- Die gemeinsame Forderung von dbb und ver.di sieht neben einer linearen Erhöhung der Tabellenentgelte um sechs Prozent Nachwuchsförderung vor. So sollen die Auszubildenden- und Prak tikantenentgelte um 100 Euro monatlich erhöht werden. Darüber hinaus sollen alle Auszubildenden unbefristet übernommen werden. Weitere Kernpunkte sind die vollständige Übernahme von Reisekosten zu einer auswärtigen Berufsschule oder zu überbetrieblichen Ausbildungsmaßnahmen sowie 30 Tage Urlaub für Azubis. Der Tarifvertrag soll eine Laufzeit von zwölf Monaten haben und die zügige Einführung einer neuen Entgeltordnung im kommunalen Bereich enthalten. Darüber hinaus fordern dbb und ver.di den tariflichen Ausschluss sachgrundloser Befristungen, die Verlängerung der Regelungen zur Altersteilzeit, Gesundheitsschutz für Flughafenfeuerwehren sowie die zeit- und wirkungsgleiche Übernahme für Beamtinnen und Beamte sowie Versorgungsempfänger. te die Bundestarifkommission (BTK) des dbb im dbb forum berlin getagt und sich eingehend mit den wirtschaftlichen Rahmendaten beschäftigt. Einen ausfürlichen Bericht zur BTK-Sitzung und weitere Einzelheiten zur Einkommensforderung finden Sie ab Seite 16. > VBOB Magazin | dbb seiten | März 2016 13 aktuell Tarifforderung zur Einkommensrunde 2016: Cornelia Krüger dbb < Teilnehmerinnen und Teilnehmer der dbb Branchentage diskutierten in Bonn ... Branchentage zur Einkommensrunde 2016: Bezahlung verbessern, Wertschätzung erhöhen aktuell 14 Im Januar und Februar 2016 hat der dbb seine Reihe von Branchentagen im Vorfeld der Einkommensrunde 2016 fortgesetzt und den Beschäftigten ein Forum geboten, ihre Vorstellungen zur Forderungsfindung zu artikulieren. Es wurde deutlich, dass eine bessere Bezahlung für die Beschäftigten an erster Stelle steht. Klar wurde aber auch: Höhere Einkommen können nur der Anfang sein, um den öffentlichen Dienst zu einem attraktiveren Arbeitgeber zu machen. Im Bonner Stadthaus trafen sich Beschäftigte aus dem Sozial- und Erziehungsdienst, der allgemeinen Verwaltung, aus dem technischen Bereich, Hausmeister, Mitarbeiter aus Schulsekretariaten, der Abfallwirtschaft, von der Straßenreinigung, aus Bäderbetrieben, Garten- und Landschaftsbau und aus dem Gesundheitsdienst am 26. Januar 2016. „Jede Berufsgruppe soll zu Wort kommen, bevor wir unser gewerkschaftliches Forderungspaket schnüren“, machte Andreas Hemsing, stellvertretender Vorsitzender der dbb Bundestarifkommission und Vize der komba gewerkschaft, deutlich. So vielschichtig wie die Arbeitsbedingungen seien auch die Erwartungen. „Aber Einigkeit besteht in dem Anspruch auf mehr Wertschätzung der Arbeit, die die kommunalen Beschäftigten Tag für Tag zuverlässig leisten.“ Schon vor Beginn des Flüchtlingszustroms nach Deutschland sei die Personaldecke gerade in den Kommunen vielfach auf Kante genäht gewesen. „Egal ob Erstaufnahme, vorläufige Unterbringung oder Anschlussunterbringung und vor allem Integration in die Gesellschaft – die Kommunen sind jetzt an allen Stellen unmittelbar von der Flüchtlingsbewegung betroffen. Eigentliche Aufgaben bleiben liegen oder können nur rudimentär erledigt werden. Mit diesem Druck steigt auch die Belas- > VBOB Magazin | dbb seiten | März 2016 tung für die Beschäftigten“, so Hemsing. Schon heute sei klar, dass diese zusätzlichen Belastungen kein kurzfristiges, vorübergehendes Phänomen sein werden. < Kommunalverwaltung: Ganz nah dran „Nirgendwo erleben Bürgerinnen und Bürger staatliche Dienstleistungen so direkt wie vor Ort in den Kommunen – etwa im Bürger- oder Grünflächenamt oder bei der Verund Entsorgung. Deshalb muss hier dringend wieder investiert werden“, sagte der Zweite Vorsitzende und Fachvorstand Tarifpolitik, Willi Russ, am 26. Januar 2016 in Weiden in der Oberpfalz. In den vergangenen Jahren hätten viele Kommunen sparen müssen, viele Leistungen seien weggefallen oder privatisiert und damit langfristig teurer geworden, erklärte Russ. „Das war ein Irrweg. Heute sehen wir die Ergebnisse: In den Schulen bröckelt der Putz von der Decke, die Schlaglöcher in den Straßen werden immer größer und die Wartezeiten in den Bürgerämtern länger. Wenn wir das nicht ändern, werden die Menschen das Vertrauen in den Staat verlieren.“ Notwendig seien Investitionen in die Infrastruktur und in das Personal. Um Fachkräfte und Nachwuchs gewinnen zu können, müsse der öffentliche Dienst attraktiver werden: „Die Kommunen müssen erkennen, dass die anstehende Einkommensrunde wegweisend für sie wird. Es geht nicht nur um höhere Einkommen. Es geht auch darum, mit einer Entgeltordnung endlich moderne, faire und transparente Beschäftigungsbedingungen zu etablieren“, so Russ. < BA: Beschäftigte fordern ihren Anteil Beschäftigte der Bundesagentur für Arbeit (BA) diskutierten im Rahmen der dbb Branchentage am 28. Januar 2016 in Düsseldorf. Die BA ist mit mehr als 100 000 Beschäftigten der größte Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes, nimmt tarifrechtlich allerdings eine Sonderstellung ein: Es gibt einen zwischen Gewerkschaften und BA ausgehandelten Haustarifvertrag, der die Besonderheiten berücksichtigt. Insbesondere beinhaltet der Tarifvertrag ein fein ausverhandeltes System zur Eingruppierung. „Die Ein- stroms mit stetig steigenden Vermittlungszahlen konfrontiert werden: „Es darf nicht vergessen werden, dass hinter der Arbeit Menschen stehen, nicht nur Kennzahlen. Wenn die BA das Ziel hat, immer effektiver zu werden, stellt sich eine Frage: Wo bleibt die Anerkennung? Wenn auf BA-Seite Prozesse gestrafft und optimiert werden, erwarten wir, dass ein Teil der Effizienzgewinne an die Beschäftigten zurückfließt.“ „Es ist an der Zeit, dass sich die gute Arbeit der Kolleginnen und Kollegen auch in einem guten Einkommen widerspiegelt“, sagte der stellvertretende dbb Bundesvorsitzende und Fachvorstand Beamtenpolitik, Hans-Ulrich Benra, am 10. Februar 2016 in Flensburg. Für die Beschäftigten des KraftfahrtBundesamtes hätte darüber hinaus das Ende der Befristungspraxis hohe Priorität. Mit Friedhelm Windmüller < ... und in Flensburg. etwa 110 befristeten Arbeitsverhältnissen bei rund 750 Stellen nehme das Amt einen unrühmlichen Spitzenplatz in der Bundesverwaltung ein. Gegenüber den Beamtinnen und Beamten auf dem KBA-Branchentag bekräftigten Benra und der Bundesvorsitzende des Verbandes der Beschäftigten der obersten und oberen Bundesbehörden (VBOB), Hartwig Schmitt-Königsberg, dass die Einkommensrunde 2016 erst zu Ende sein wird, wenn das Ergebnis zeit- und inhaltsgleich auf Beamte und Versorgungsempfänger übertragen worden sei. < Krankenhauspersonal warnt vor Kollaps „Ohne spürbare Einkommensverbesserungen wird die Konkurrenzsituation auf dem Arbeitsmarkt für den Gesundheitsbereich wie für den ge- Peter Steffen kommensrunde 2016 ist dennoch von hoher Bedeutung für die BA-Beschäftigten“, erklärte Karl-Heinz Leverkus, stellvertretender Vorsitzender der dbb Bundestarifkommission. „Die Entgeltentwicklung ist jedes Jahr an die Ergebnisse der Verhandlungen gekoppelt. Für Besonderheiten oder Verhandlungsergebnisse, die nicht auf den Tarifvertrag der BA übertragbar sind, findet der dbb gleichwertige Lösungen.“ Seit Jahren befinde sich die BA strukturell im Umbau. Prozesse würden optimiert und Arbeitsabläufe gestrafft. „Das Selbstverständnis und das Vorgehen der BA sind die eines modernen Dienstleisters geworden, mit allem, was dazugehört. Umstrukturierungen und das Streben nach Effizienzsteigerungen gehören dazu“, erläuterte Leverkus und verwies darauf, dass die Beschäftigten im Zuge des anhaltenden Flüchtlingszu- < ... in Düsseldorf ... < Die Teilnehmer während des Branchentages 2016 in der KRH Psychiatrie in Wunstorf (Niedersachsen). samten öffentlichen Dienst noch schwieriger. Wir brauchen hier dringend eine deutliche Aufwertung“, fasste Karl-Heinz Leverkus die Forderung der Beschäftigten der KRH Psychiatrie am 3. Februar in Wunstorf zusammen. Es sei fachlich nicht zu begründen, warum Nachtarbeits- und Wochenendzuschläge im Krankenhaus niedriger sind als beispielsweise bei der Bundespolizei oder im Jugendamt. Mit den schwierigen Arbeitsbedingungen setzten sich am 1. Februar auch die Beschäftigten des Klinikums Dortmund kritisch auseinander und warnten vor einem Kollaps im Gesundheitswesen. „Die verfehlte Gesundheitspolitik der letzten Jahrzehnte hat Veränderungen nach sich gezogen, die weit am wirklichen Bedarf vorbeigehen“, kritisierte Andreas Hemsing. „Es wird mit dem Argument der knappen Kassen bewusst in Kauf genommen, dass eine adäquate Gesundheitsversorgung der Bevölkerung nicht mehr stattfinden kann. Die Beschäftigten sollen einerseits hoch qualifiziert, universell einsetzbar und grenzenlos belastbar sein, andererseits wird ihnen die entsprechende Anerkennung nicht zugestanden.“ Das zeige sich etwa in der geringen Entlohnung, der massiven Arbeitsverdichtung und münde schließlich in Arbeitsbedingungen, die die Gesundheit der Beschäftigten enorm schädigen. > VBOB Magazin | dbb seiten | März 2016 15 aktuell < ... in Weiden ... Lothar Drechsel Anestis Aslanidis dbb dbb Einkommensrunde 2016: Eine Frage der Wertschätzung Friedhelm Windmüller Zur Forderungsfindung für die am 21. März 2016 beginnende Einkommensrunde mit Bund und Kommunen waren dbb Bundesvorstand und dbb Bundestarifkommission (BTK) am 18. Februar 2016 im dbb forum berlin zusammengekommen. aktuell 16 < dbb Bundestarifkommission und dbb Bundesvorstand diskutierten vor der Abstimmung am 18. Februar 2016 im dbb forum berlin über das Forderungspaket. In den Beratungen wurden auf der Grundlage einer eingehenden Analyse der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung und der Rückmeldungen aus den Reihen der Beschäftigten, die der dbb in den vergangenen Monaten bei zahlreichen Branchentagen gesammelt hat, konkrete Forderungen an die Arbeitgeber entwickelt. Willi Russ, Zweiter Vorsitzender und Fachvorstand Tarifpolitik des dbb, will vor allem eine spürbare lineare Einkommenserhöhung durchsetzen: „Der öffentliche Dienst macht im Rahmen seiner ihm gegebenen Möglichkeiten einen verdammt guten Job – insbesondere aktuell unter dem Druck der großen Zahl an Schutzsuchenden in unserem Land. Das wollen wir auch im Rahmen der diesjährigen Einkommensrunde entsprechend gewürdigt sehen“, betonte Russ vor Beginn der Beratungen. < Struktur im Fokus Bei den Tarifverhandlungen wird es zudem um strukturelle Fragen gehen. Besonders auf den Nägeln brenne die nicht mehr akzeptable Befristungspraxis im öffentlichen Dienst. Laut einer neuen Studie des „Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung“ (IAB) liegt der Anteil befristeter Arbeitsverhältnisse bei den Arbeitnehmern im öffentlichen Dienst oberhalb von 15 Prozent und damit über der Privatwirtschaft. Vor allem jüngere Arbeitnehmer unter 35 Jahren werden danach häufig nur befristet eingestellt. „Dies ist keine Perspektive für junge Menschen, die zu Recht Verlässlichkeit und Planbarkeit erwarten, wenn sie sich für einen Arbeitgeber entscheiden. Diese Ergebnisse sollen in die Tarifforderungen einfließen“, sagte Russ. Weiteres Thema der diesjährigen Einkommensrunde wird die > VBOB Magazin | dbb seiten | März 2016 seit mehr als zehn Jahren verhandelte neue Entgeltordnung für die kommunalen Arbeitnehmer sein. „Selbstverständlich werden wir wieder darauf dringen, dass auch Beamte und Versorgungsempfänger beim Bund zeit- und inhaltsgleich von den verhandelten Ergebnissen profitieren“, unterstrich dbb Verhandlungsführer Russ. < Der öffentliche Dienst: Wichtiger denn je In der Begründung zur Einkommensforderung stellte die BTK klar, dass die Debatten, wie viel Staat sich das Land noch leisten kann oder will, verstummt seien. Der Konsens sei groß, wie seit Jahren nicht mehr: „Der öffentliche Dienst ist Stabilitätsfaktor, und die Bürger erwarten von der Politik, dass sie ihre Haushalte nicht weiter auf Kosten des öffentlichen Sektors saniert. Vielmehr besteht große Einigkeit, dass der öffentliche Dienst gestärkt werden muss, damit das schnell ausgesprochene ,Wir schaffen das‘ kein leeres Versprechen bleibt. Neben der hochwertigen Alltagsarbeit des öffentlichen Dienstes sind nahezu alle öffentlichen Bereiche auch von der aktuellen Integrationsarbeit betroffen“, heißt es in der Begründung der BTK. Gerade der öffentliche Dienst setze dieses Versprechen der Politik um und sagt: „Wir machen das!“ Um auch in Zukunft attraktive Arbeitsplätze anbieten zu können, müssten die Beschäftigten besser bezahlt werden. < Neue Entgeltordnung im kommunalen Bereich Seit über zehn Jahren gibt es den TVöD, allerdings fährt dieses Tarifmobil noch mit einem alten BAT-Motor. Im Rahmen der Einkommensrunde sollen die kommunalen Arbeitgeber auch über den Abschluss einer dbb < Spürbar mehr Einkommen Die Wirtschaft boomt und die Staatskassen sind gefüllt. Das hat viel mit dem öffentlichen Dienst und seiner starken Leistung zu tun. Der Wirtschaftsstandort Deutschland lebt von seinen verlässlichen Strukturen. Aus diesem Grund fordert der dbb angemessene Teilhabe am wirtschaftlichen Erfolg über den Inflationsausgleich hinaus. „In diesem Sinne ist unsere Forderung nach sechs Prozent weder bescheiden noch unbescheiden, sondern ganz einfach realistisch“, so die Mitglieder der BTK. Zudem soll der Tarifabschluss auch eine soziale Komponente enthalten. < Jugend fördern Weiter will der dbb in der Einkommensrunde auch ein Zeichen für die Jugendförderung im öffentlichen Dienst setzen. Die Jugend sei mobil und engagiert. Mit hoch motivierten und engagierten Kräften könnten die Herausforderungen des Landes auch in Zukunft gemeistert werden. Dazu müsse der öffentliche Dienst aber auch Perspektiven bieten, denn sonst sei die Jugend auch „mobil genug, woanders ihr Glück zu finden. Mit dem kostbaren ,Rohstoff‘ gut ausgebildeter und engagierter junger Menschen geht der öffentliche Dienst noch immer viel zu sorglos um. Noch immer wird der Wettbewerb mit der privaten Wirtschaft nicht wirklich geführt.“ In diesem Zusammenhang müsse die Befristungspraxis im öffentlichen Dienst geändert werden. < Beamte müssen Anschluss halten Die linearen Komponenten des Abschlusses sollen der BTK zur Folge zeit- und wirkungsgleich auf den Beamtenbereich übertragen werden. „Besser noch: Der Bundesinnenminister stellt gleich zum Verhandlungs In eigener Sache: Keine Rituale Die Forderung der Gewerkschaften für die Einkommensrunde 2016 mit Bund und Kommunen lag noch nicht auf dem Tisch, da mahnte Thomas Böhle im Vorfeld bereits Mäßigung und Zurückhaltung an. Auch ohne diesen Appell des Verhandlungsführers der kommunalen Arbeitgeber haben dbb und ver.di ein Forderungspaket mit Augenmaß geschnürt und eine lineare Anhebung der Einkommen um sechs Prozent gefordert. In diese Forderung sind sowohl die wirtschaftlichen Eckdaten als auch die in zahlreichen dbb Branchentagen von der Basis eingeholten Bedürfnisse und Erfordernisse eingeflossen. Sechs Prozent mehr werden Rückstand aufholen, Anschluss an die allgemeine Einkommensentwicklung sichern und überdies zur dringend notwendigen Attraktivitätsverbesserung beitragen, der es bedarf, um qualifizierte und motivierte Menschen in schwieriger Zeit zu einem Job im öffentlichen Dienst zu bewegen. Zur Bewältigung der Flüchtlingskrise, so erklärte Thomas Böhle seinen < Hintergrund Am 21. März 2016 starten in Potsdam die Verhandlungen über den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen (TVöD), von denen insgesamt knapp zwei Millionen Beschäftigte betroffen sind: 147 335 Arbeitnehmer des Bundes, 1 241 845 Arbeitnehmer der Kommunen, für die der TVöD direkte Auswirkungen hat, sowie 179 595 Beamte und 179 000 Versorgungsempfänger des Bundes, auf die der Tarifabschluss übertragen werden soll, um den Gleichklang der wirtschaftlichen und finanziellen Entwicklung im öffentlichen Dienst zu gewährleisten. Die wirkungsgleiche Übertragung betrifft nur die Bundesbeamten, da die Kommunalbeamten nach den jeweiligen Landesgesetzen besoldet und versorgt werden. Weitere Verhandlungstermine in Potsdam sind für den 11. und 12. April 2016 sowie den 27. und 28. April 2016 vorgesehen. Sollte es hier zu keiner Einigung kommen, gilt eine Schlichtungsvereinbarung zwischen Gewerkschaften, Bund und Kommunen. auftakt klar, dass die Bundesbeamten keine Bittsteller sind, sondern wichtiger Bestandteil e ines unteilbaren öffentlichen Dienstes. Die Teilhabe aller Beschäftigten des öffentlichen Dienstes an der wirtschaftlichen Entwicklung muss statusunabhängig erfolgen“, so die Delegierten. Eine relativ kurze Laufzeit des Tarifabschlusses von zwölf Monaten schaffe darüber hinaus Planungssicherheit und Reaktionsmöglichkeiten im Hinblick auf die derzeit sehr dynamische Belastungssitua tion des öffentlichen Dienstes vor dem Hintergrund des an- haltenden Flüchtlingszustroms. Mäßigungsappell, sei mehr Personal erforderlich, deshalb müsse ein Plus in der Einkommensrunde 2016 den allgemeinen Mehrkosten für diese Neueinstellungen untergeordnet werden. Doch das ist ein Trugschluss. ergebnisorientierte Einkommensrunde ist das Gebot der Stunde. Die Beschäftigten wollen weder demonstrieren noch streiken, sondern ihren Job machen und vor allem den Menschen in Not nach Kräften jede Hilfe zukommen lassen, die ihnen möglich ist. Bundesinnenminister Thomas de Maizière hat kundgetan, dass das Anliegen der Mitarbeiter im öffentlichen Dienst nach angemessener Lohnerhöhung berechtigt ist: „Dazu bedarf es keiner Verhandlungsrituale und keiner Streiks, nicht einmal Warnstreiks. Wir wissen auch so, die geleistete Arbeit zu würdigen.“ Zum Verhandlungsauftakt am 21. März in Potsdam wird sich zeigen, ob der Innenminister zu seinem Wort steht. sm Die von den politisch Verantwortlichen in Bund und Kommunen inzwischen einge sehene Notwendigkeit, die allgemeine Verwaltung ebenso zu verstärken wie die Bereiche innere Sicherheit, Erziehung und öffentliches Gesundheitswesen, wird nur gelingen, wenn durch eine angemessene Anhebung der Einkommen seitens der Arbeitgeber ein deutliches Zeichen der Wertschätzung gesetzt wird. Eine zügige, < Rituale abschaffen – zügig verhandeln! „Auf der Kölner Arbeitstagung des dbb Anfang Januar dieses Jahres sprach sich Bundesinnenminister de Maizière dafür aus, ohne Rituale zügig zu verhandeln. Da sind wir dabei, das finden wir gut“, bekräftigten die Mitglieder der BTK. Wenn die Arbeitgeber das ernst meinten, legten sie zum Verhandlungsauftakt am 21. März 2016 ein ergebnisorientiertes Angebot vor. > VBOB Magazin | dbb seiten | März 2016 17 aktuell modernen Entgeltordnung verhandeln, ohne die in vielen Bereichen kaum noch gut ausgebildete Kräfte eingestellt werden könnten. Das werde exemplarisch am eklatanten Personalmangel im Bereich des öffentlichen Gesundheitsdienstes deutlich. dbb Bundesfernstraßen: Auftragsverwaltung erhalten Friedhelm Windmüller Der dbb ist gegen eine Zerschlagung der Auftragsverwaltung, unterstützt aber Reformen in den Bereichen Planung, Finanzierung und Verfahren. Das machten die stellvertretenden Bundesvorsitzenden Kirsten Lühmann und Ulrich Silberbach am 4. Februar 2016 in einem Gespräch mit Vertretern der Bodewig-II-Kommission „Bau und Unterhaltung des Verkehrsnetzes“ in Berlin deutlich. Im Rahmen der Auftragsverwaltung planen, bauen und betreiben bislang die Länder die Bundesfernstraßen für den Bund. < Kurt Bodewig (links Mitte) beriet mit den stellvertretenden dbb Bundesvorsitzenden Ulrich Silberbach (3. von rechts) und Kirsten Lühmann (2. von rechts) sowie dem Bundesvorsitzenden der Fachgewerkschaft der Straßenund Verkehrsbeschäftigten (VDStra.), Siegfried Damm (rechts), über die Zukunft der Straßeninfrastruktur. Die Kommission unter Leitung des ehemaligen Bundesverkehrsministers Kurt Bodewig prüft und bewertet im Auftrag der Verkehrsminister der Länder aktuelle Untersuchungen zur Auftragsverwaltung und soll mögliche Konsequenzen für Länder und Kommunen aufzeigen. Der Bund hatte eine Bündelung der Aufgaben in einer bundeseigenen Gesellschaft vorgeschlagen. „Eine solche Bundesfernstraßengesellschaft und insbesondere die damit verbundene Änderung des Art. 90 Grundgesetz lehnen wir ab“, sagte Ulrich Silberbach. „Dadurch würden öffentliche Einrichtungen der Daseinsvorsorge in ihrem Bestand gefährdet. Das System der Auftragsverwaltung der Bundesstraßen und Autobahnen durch die Landes- straßenbauverwaltungen hat sich seit Jahrzehnten bewährt.“ Die dort Beschäftigten hätten trotz anhaltenden Personalabbaus stets kompetent und zuverlässig für Erhalt und Sicherheit der Bundesfernstraßen gesorgt. Es gehe nicht an, dass der Bund die Landesstraßenbauverwaltungen zuerst ka- puttgespart habe und ihnen nun mangelnde Effizienz vorwerfe. Durch einschneidende Veränderungen bei Bau und Unterhaltung von Bundesfernstraßen würde sich die Leistungsfähigkeit über Jahre hinweg verringern, gab Silberbach zu bedenken. „Auch bisherige Synergien beim Betriebsdienst, Auch Öffentlich-Private Partnerschaften (ÖPP), die von einer Bundesfernstraßengesellschaft nach Gutdünken als Standardmodell eingesetzt werden könnten, seien kein geeignetes Mittel. „Selbst der Bundesrechnungshof hat solche ÖPP für das Straßenwesen als intransparent und unwirtschaftlich klassifiziert“, so dbb Vize Silberbach. Der dbb warne deshalb vor einem Paradigmenwechsel hin zur faktischen Teilprivatisierung der Straßeninfrastruktur. „Dessen Risiken und Nebenwirkungen sind bisher nicht einmal ansatzweise durchdacht. Stattdessen fordern wir den Bund zu einer kreditfinanzierten Investitionsoffensive auf. Die würde Chancen eröffnen, die marode öffentliche Straßeninfrastruktur zum Nulltarif zu modernisieren.“ © hykoe – Fotolia.com aktuell 18 der für das gesamte Straßennetz zuständig ist, würden damit leichtfertig aufs Spiel gesetzt.“ Kirsten Lühmann sagte: „Es wäre mit dem Auftrag der öffentlichen Hand zur Daseinsvorsorge nicht zu vereinbaren, dass mögliche Privatisierungen von Bundesfernstraßen oder eine Beteiligung privater Anteilseigner an einer solchen Gesellschaft die parlamentarische Kontrolle des Bundes schmälern.“ < Die Bundesfernstraßen werden nach Art. 90 des Grundgesetzes im Auftrag des Bundes von den Ländern verwaltet. Die Auftragsverwaltungen nehmen die zugewiesenen Aufgaben als eigene Aufgaben wahr. Die Länder planen, bauen und betreiben Bundesfernstraßen für den Bund. Die Bundesregierung prüft derzeit die Schaffung einer Bundesfernstraßengesellschaft unter Beteiligung privater Anleger, wodurch die Straßenbauverwaltungen der Länder einen großen Teil ihrer Aufgaben verlieren würden. > VBOB Magazin | dbb seiten | März 2016 dbb Der Fall des Monats Besoldung: Ausgleichszulage für nach Berlin versetzte Landesbeamte ©Fxquadro – Fotolia.com Vermindert sich die Grundbesoldung eines Landesbeamten (etwa aus Nordrhein-Westfalen) durch die Versetzung in das Land Berlin, so steht ihm nach Auffassung des Verwaltungsgerichts Berlin (Az.: 36 K 225.14, Urteil vom 14. Juli 2015) eine Ausgleichszulage gemäß § 13 Abs. 2 Satz 1 des Bundesbesoldungsgesetzes (BBesG) in der Fassung der Bekanntgabe vom 6. August 2002 zu. § 13 Abs. 2 BBesG galt gemäß Art. 125 a GG bis 30. Juni 2011 und ist durch den neu eingeführten § 1 b Abs. 1 Nr. 1 des Landesbesoldungsgesetzes Berlin in das Berliner Landesrecht überführt worden. Hiernach erhalten Beamte eine Ausgleichszulage, wenn sich die Dienstbezüge des Beamten aus dienstlichen Gründen verringern. Ein aus dem Land NordrheinWestfalen in das Land Berlin versetzter Beamter, der als bester Kandidat aus einem Auswahlverfahren hervorgegangen ist, muss vom aufnehmenden Dienstherrn übernommen werden. Die anzunehmenden dienstlichen Gründe für die Versetzung ergeben sich ohne Weiteres aus der dem Grundsatz der Bestenauslese folgenden Entscheidung zugunsten des ausgewählten (Versetzungs-) Bewerbers. Das Verfahren konnte erfolgreich durch das Dienstleistungszentrum Ost geführt werden. Dem betroffenen Beamten konnten so Nachzahlungsbeträge von rund 20 000 Euro gesichert werden. Das Urteil ist rechtskräftig. ak < Info Der dbb gewährt den Einzelmitgliedern seiner Mitgliedsgewerkschaften berufsbezogenen Rechtsschutz. Zuständig dafür sind die Juristen in den dbb Dienstleistungszentren in Berlin, Bonn, Hamburg, Nürnberg und Mannheim. Das dbb magazin dokumentiert den „Fall des Monats“. > VBOB Magazin | dbb seiten | März 2016 dbb die andere meinung: Der Arbeitsmarkt hält viele Flüchtlinge aus Das neue Jahr fing auf dem Arbeitsmarkt scheinbar schlecht an. Mit der Meldung, die Arbeitslosenzahl sei im Januar hochgeschossen, um satte 239 000 gegenüber dem Dezember. Es lag nahe, das mit dem Flüchtlingsstrom zu verbinden. Doch war dieser Anstieg rein saisonal bedingt; im Jahresvergleich hatte die Zahl sogar um 110 000 abgenommen. Das deutsche Jobwunder hält unvermindert an. Kurzfristig entlasten die Flüchtlinge den Arbeitsmarkt sogar, denn für ihre Betreuung, die Verwaltung und für die Sicherheitsdienste werden jetzt überall Leute gesucht; ebenso als Lehrer und Kindergärtner. In den nächsten Jahren aber wird die Arbeitslosenzahl durch sie zunächst steigen. Um bis zu 200 000 schätzt man für 2016, was aber durch die ansonsten positive Entwicklung weitgehend wieder wettgemacht werden kann, sodass wahrscheinlich nur ein kaum merkliches Netto-Plus von 70 000 bleiben wird. 2017 sollen es mehr sein. Dann werden die Problem ernster. Es sind aber Übergangsprobleme. ©Daniel Ernst – Fotolia.com fokus 20 Wenn es Gefahren für den Arbeitsmarkt gibt, dann lauern sie in den schwächelnden Exportmärkten in China und anderen Schwellenländern. Oder im zusammenbrechenden Ölmarkt. Nicht aber im massiven Zuzug von Flüchtlingen. Auch die Rekordzahl von einer Million Zuzüglern allein in 2015 hat bisher keinerlei Spuren in der Statistik hinterlassen. Das wird zwar nicht komplett so bleiben, aber wenn es gut läuft, weitgehend. Der deutsche Arbeitsmarkt kann, so die Schätzung der Bundesagentur für Arbeit, jährlich 350 000 zusätzliche Arbeitskräfte verkraften – das wären praktisch alle arbeitsfähigen Flüchtlinge des letzten Jahres mit Aussicht auf einen längeren Aufenthaltsstatus gewesen. Arbeitsgenehmigungen für einfache Tätigkeiten noch während des Asylverfahrens erteilen. Denn die Leute wollen viel lieber arbeiten, als in Hallen herumzuhängen. Eine gleich mit dem Asylverfahren startende Betreuung durch die Bundesagentur für Arbeit, die es bisher nur in Pilotprojekten gibt, würde ebenfalls helfen. Noch ist das alles sowieso kein Thema. Noch sitzen die meisten Flüchtlinge in Notunterkünften fest. Erst kommt das langwierige Asylverfahren, dann der Integrationskurs, dann die Aus- und Fortbildung oder die Anerkennung des früher erworbenen Berufsabschlusses. Experten der Bundesagentur rechnen damit, dass allenfalls zehn Prozent der Betroffenen schon nach einem Jahr werden arbeiten können und dass es zehn Jahre dauern wird, bis 70 Prozent der Neubürger endlich in Jobs untergebracht sind. Hinter dieser Schätzung steckt auch eine ernüchternde Feststellung: Es sind eben nicht die Fachkräfte von morgen, es sind eher die von übermorgen. Und es sind beileibe nicht alles Fachkräfte, die da kommen. Hier liegt die wirkliche Herausforderung: Wie und wie schnell kann es gelingen, diese Menschen zu qualifi- > VBOB Magazin | dbb seiten | März 2016 zieren? Und wie viele Jobs gibt es für Unqualifizierte? Ein nennenswerter Teil von ihnen – geschätzt bis zu 300 000 – wird vielleicht in die Schwarzarbeit gehen, mindestens vorübergehend. Dieser Markt wird wieder wachsen. Man könnte die Arbeitsmarktintegration der Flüchtlinge allerdings an manchen Stellen mit politischen Maßnahmen beschleunigen. Nicht nur durch massive Anstrengungen für den schnellen Spracherwerb, sondern auch durch eine unbürokratischere Anerkennung von Qualifikationen. Hier tun sich Kammern und Behörden noch enorm schwer und übertreiben es beim Papierkram mitunter mit der deutschen Gründlichkeit. Auch könnte der Staat für bestimmte Flüchtlingsgruppen mit hoher Bleibewahrscheinlichkeit leichter Es wäre die Mühe wert. Denn Deutschland entkommt mit dem neuen Arbeitskräftereservoir für ein paar Jahre der demografischen Falle, in der andere europäische Länder, die sich dem Zuzug verweigern, knietief stecken. Dieser Zuzug in den deutschen Arbeitsmarkt ist zwar nicht problemlos, aber er ist eine Chance. Die Politik, die Wirtschaft, die Verwaltung, die gesamte Gesellschaft sollte diese Chance sehr konsequent nutzen. Und, wie die Kanzlerin gefordert hat, auch sehr flexibel. Werner Kolhoff < Der Autor ... ... (60) ist Korrespondent und Leiter des Hauptstadtbüros der „Berliner Medien Service GmbH“, die täglich 20 Regionalzeitungen in Deutschland mit Nachrichten, Analysen und Kommentaren über die Bundespolitik versorgt. Kolhoff war zuvor zwölf Jahre lang in leitenden Funktionen bei der „Berliner Zeitung“ tätig. Er begann seine journalistische Laufbahn beim Berliner „Tagesspiegel“. Zur Zeit des Mauerfalls war er von 1989 bis 1991 Sprecher des Berliner Senats und von 2002 bis 2006 als Gruppenleiter im Bundespresseamt zuständig für die Koordinierung der täglichen Pressearbeit und des Internetauftritts der Bundesregierung. Liebe Kolleginnen und Kollegen, 2016 ist ein „Superwahljahr“: Beim Bund, in den Jobcentern sowie in den Ländern Bayern, Berlin, Bremen, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Sachsen werden neue Personalräte und überwiegend auch neue Jugend- und Auszubildendenvertretungen gewählt. Damit ist ein Großteil der im öffentlichen Dienst Beschäftigten zur Wahl aufgerufen. Auch deshalb kommt den Personalratswahlen 2016 eine herausragende Bedeutung zu. Sie alle, liebe Kolleginnen und Kollegen, stellen mit Ihrem Einsatz die Handlungsfähigkeit unseres Staates sicher. Dies beweisen Sie gerade auch in diesen Monaten, in denen die Vielzahl der zu uns kommenden Menschen den Staat und seine Verwaltung vor enorme Herausforderungen stellt. Dabei werden die Grenzen Ihrer Belastbarkeit erreicht, ja nicht selten sogar überschritten. Qualitativ hochwertige Arbeit kann auf Dauer aber nur geleistet werden, wenn die Arbeitsbedingungen stimmen. Darum setzt sich der dbb ein für: > eine den Aufgaben angemessene Personalausstattung und eine damit zwingend einhergehende engagierte Nachwuchsgewinnung, > eine Teilhabe der Einkommensentwicklung an der positiven Konjunktur, > den Abbau von Mehrarbeit und Überstunden, > flexible Arbeitszeitregelungen, > einen effektiven Arbeits- und Gesundheitsschutz, > eine Förderung der Vereinbarkeit von Familie, Beruf und Pflege, > lebenslange Qualifizierung und Fortbildung, > einen Ausbau der Mitbestimmung für JAV und PR und > eine unbefristete Übernahme der Azubis und Anwärter/-innen Personalräte sind Ihre Ansprechpartner und Ihr Sprachrohr. Sie bündeln und vertreten Ihre Interessen gegenüber dem Dienstherrn und Arbeitgeber und stehen Ihnen in Ihrem dienstlichen Alltag kompetent mit Rat und Tat zur Seite, sei es für Sie als Person, sei es für die Gesamtheit der Beschäftigten. Ohne die Mitgestaltung der Personalräte ist eine erfolgreiche Durchsetzung guter Arbeitsbedingungen nicht denkbar. Es gilt, für die nächsten Jahre die Weichen für die Gestaltung der Rahmenbedingungen in den Dienststellen und damit für jeden einzelnen Beschäftigten vor Ort richtig zu stellen. Jugendliche und Auszubildende brauchen eine engagierte Stimme, die sich für ihre Interessen stark macht. Von der Qualität der Ausbildung bis zur Übernahme nach der Ausbildung kann eine Jugend- und Auszubildendenvertretung gemeinsam mit dem Personalrat Verbesserungen durchsetzen und Missstände abschaffen. Die Personalratsmitglieder und Jugend- und Auszubildendenvertreter der dbb Mitgliedsgewerkschaften haben bewiesen, dass sie große Qualitäten besitzen. Sie werden zudem von ihren Fachgewerkschaften und vom dbb als Dachverband unterstützt. Sie verfügen damit neben den aktuellen Fachkenntnissen auch über ein fundiertes Hintergrundwissen. Sie sind mit den Verhältnissen der jeweiligen Dienststelle auf das Beste vertraut. Diese Nähe ist unsere Stärke. Entscheiden Sie mit, wer als Personalratsmitglied in den nächsten Jahren auch Ihre Interessen gegenüber dem Arbeitgeber vertritt. Entscheiden Sie sich für eine sachliche und sachverständige Personalratsarbeit. Wählen Sie die Kandidatinnen und Kandidaten der dbb Gewerkschaften! Mit kollegialen Grüßen Klaus Dauderstädt Bundesvorsitzender Sandra Kothe Bundesvorsitzende dbb jugend dbb Kongress neueVerwaltung: Bonn Conference Center Management GmbH Zukunft Digitale Arbeit fokus 22 Unter dem Motto Zukunft Digitale Arbeit richtet der diesjährige E-Government-Kongress neueVerwaltung am 28. und 29. April 2016 im World Conference Center Bonn den Blick auf die aktuellen Veränderungen in Behörden und Dienststellen und zeigt anhand praktischer Beispiele auf, welche Lösungen und Erfahrungen bereits vorhanden sind. Die Digitalisierung schreitet unaufhaltsam voran und verändert über alle Branchen hinweg massiv die Arbeitswelt. Das Internet der Dinge, in dem Geräte eigenständig untereinander Daten austauschen, das Entstehen einer hochkomplex vernetzten Industrie 4.0, die Auswertung gigantischer Datenmengen in Echtzeit und die weltweite Verbreitung von Social Media treiben eine Dynamik an, deren Ende derzeit noch nicht zu erkennen ist. Social Media und mobile Datengeräte reagiert. Parallel hierzu werden derzeit die Wirkungen der E-Government-Gesetze von Bund und Ländern spürbar: Projekte zur Einbindung des neuen Personalausweises in Verwaltungsprozesse sind bereits erfolgreich realisiert, obwohl noch zahlreiche Probleme wie die vielfältigen Schriftformerfordernisse gelöst werden müssen. < Was bedeutet das für die öffentliche Verwaltung? < Neue Trends durch E-Government-Gesetze Nachdem die öffentliche Verwaltung einen großen Teil ihrer Aufgaben bereits per Computer, Netzwerk und Internet erledigt, zeigt sich seit geraumer Zeit auch, dass sie bereits auf neuere Entwicklungen wie E-Akte und digitale Prozesse Eine besondere Herausforderung verbindet sich mit der Einführung der E-Akte, die auf allen Ebenen von den Gesetzgebern in Bund und Ländern vorgegeben wird. Hierdurch dürfte in den kommenden Jahren die größte Veränderung in der öffentlichen Verwaltung entstehen, da sie die meisten Arbeitsplätze stark verändern wird. > VBOB Magazin | dbb seiten | März 2016 Antragsformulare können bereits jetzt so gestaltet werden, dass aus den Angaben des Antragstellers Metadaten, Zuständigkeiten, Mitzeichnungslisten oder Fristen generiert werden, die den Umlauf und die Ablage von Vorgängen in E-Akten automatisieren. Zugleich ist es hierdurch – nicht zuletzt für den Antragsteller – möglich, jederzeit den aktuellen Bearbeitungstand seines Antrages zu verfolgen. Auch die Einführung der E-Rechnung, die in vielen EULändern bereits eingesetzt wird, zieht eine erhebliche Reduzierung von Ressourcen und Kosten – die Fachhochschule für öffentliche Verwaltung NRW rechnet mit circa 25 Prozent – nach sich. < Personal im Fokus Im Ergebnis werden Fachverfahren und Standardverfahren zusammenwachsen, digitale Archive die Papierablage ersetzen. Effektive Suchprogramme erleichtern dann den Zugriff auf Dokumente, Vorgänge sowie Akten und Medienbrüche gehören damit der Vergangenheit an. < Der E-Government-Kongress neueVerwaltung setzt exakt an diesem Punkt an und zeigt auf, wie sich der Arbeitsplatz der Zukunft und damit auch die Aufgaben des Personals verändern werden. Die Bedeutung des Personals im Rahmen der digitalen Veränderungsprozesse unterstreicht Hannelore Kraft, NRW-Ministerpräsidentin und Schirmherrin der Veranstaltung in ihrem Grußwort: „Mit dem kommenden E-Government-Gesetz geht die Landesregierung einen weiteren großen Schritt auf den Weg zu einer effektiven, bürgerfreundlichen Verwaltung im digitalen Zeitalter. Elektronische Akte, Prozessoptimierung, IT-Sicherheit und Datenschutz – all das sind Themen, die weit über ihre technologischen Dimensionen hinaus reichen. Deshalb müssen und werden wir nicht allein in Technik, sondern ebenso in die Fähigkeiten unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter investieren.“ < Damit verbunden ist die Chance, dass sich das Personal stärker auf die komplexer werdenden fachlichen Aufgaben konzentrieren kann. Letztlich wird es darauf ankommen, dass die Beschäftigten und ihre Vertretungen verstärkt in die Entwicklungen einbezogen werden und sich kreativ mit den neuen Herausforderungen auseinandersetzen. Wie sich die Entwicklung zukünftig gestalten wird, hängt dabei in großem Maße auch davon ab, wie Verwaltung, Gewerkschaften und Politik mit ihrer Verantwortung für das Gemeinwesen mit dem Thema Digitalisierung umgehen. Kongress Zukunft Digitale Arbeit Frühbucherrabatt sichern und 100 Euro sparen Noch bis zum 15. März 2016 können sich Frühbucher zum Preis von 420 Euro für den Kongress neueVerwaltung anmelden. Danach beträgt die Teilnahmegebühr 520 Euro. Ausführliche Informationen zum Kongress und die Möglichkeit zur Onlineanmeldung finden Sie unter www.neue Verwaltung.de. Weitere Informationen erteilt: Maria Herkenhöner, Tel.: 0228. 81 93 171, m.herkenhoener@ dbbakademie.de. dbb Glosse: gleich Letzteres immer wieder behauptet wird. Im Zuge der Globalisierung geht es selbstredend gar nicht, wenn wir sprachlich außen vor bleiben. Um die ungehinderte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben sicherzustellen, sollten sich besonders Menschen in mittleren Jahren, also etwa zwischen 25 und 65, eine Liste anlegen und sich immer wieder die Bedeu- einem Pad (= Unterlage) ruht, das die Gleitfähigkeit des Zeigegeräts erhöht und das Abtasten erleichtert. Da Learning by Running (= Unterwegslernen) am besten entspannt klappt, genießen Sie einen „Coffee to go“ (= Kaffee zum Mitnehmen) und gönnen Sie sich einen Snack (= Zwischenmahlzeit). Haben Sie ihr digitales Vokabelheft im Griff, wissen Sie auf Anhieb, ob Sie einen Light-MidMorning-Snack, einen Breaktime-Snack, Lunchtime-Snack oder Midnight-Snack ordern sollten. Was uns noch fehlt, ist eine App (= Anwendungsprogramm für mobile Betriebssysteme), die – auf unser Datenverarbeitungsbrettchen oder Mobilfernsprechgerät installiert – das polyglotte Mitreden für jedermann zum Klacks beziehungsweise zum Klick werden lässt. Das wäre Inklusion in Reinkultur, zumindest was die Sprache betrifft. sm 23 finale Erinnern Sie sich auch mit Unbehagen an die leidigen Vokabeltests, die uns so manche Schulstunde vergällten? Aber von nichts kommt nichts: Ohne Verinnerlichung der entsprechenden Wortschätze bleibt es uns verwehrt, am inzwischen polyglotten (= mehrsprachigen) Leben teilzunehmen: Wir könnten weder mitreden noch verstünden wir Bahnhof, ob- Damit wären wir/Sie bereits bei den ersten Vokabeln, die aufgeschrieben und gelernt werden müssten: Tablet = elektronisches Datenverarbeitungsbrettchen mit Touchpad (= berührungsempfindliche Fläche zur Befehlseingabe). Bitte nicht mit Kaffeepads verwechseln wegen der möglichen Verbrühungsgefahr beim Berühren! Im Gegensatz zum Tablet ist zur Nutzung des Computers (= elektronische Datenverarbeitungsanlage) meistens eine „Maus“ notwendig, die nicht den kleinen grauen Nager meint, sondern ein Zeige- oder Eingabegerät bezeichnet, das wiederum auf ©pathdoc – Fotolia.com Mitreden kann jeder tung der lebensnotwendigen Idiome einpauken. Im Zeitalter der Massenkommunikation ist dazu keineswegs ein Vokabelheft vonnöten, sondern ein digitales Verzeichnis, abgespeichert auf dem Tablet oder dem Smartphone. > VBOB Magazin | dbb seiten | März 2016 Mindestlohn: spezial 24 Neue Aufgaben für den öffentlichen Dienst Aus gewerkschaftspolitischer Sicht ist der Mindestlohn eine gerechte Sache. Niemand sollte für Hungerlöhne arbeiten müssen. Seit 1. Januar 2015 gilt der gesetzliche Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde, für den die Gewerkschaften lange gekämpft haben. Befürchtungen, der Mindestlohn könnte Arbeitsmarkt und Konjunktur dämpfen, haben sich ein Jahr nach der Einführung nicht bewahrheitet. Die Probleme liegen anderswo. Auf einer Pressekonferenz zur Lage auf dem Arbeitsmarkt zog Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles am 5. Januar 2016 in Berlin eine weitgehend positive Bilanz: „Die Arbeitslosenquote ist weiter gesunken und mit Blick aufs Gesamtjahr waren in Deutschland so wenige Menschen ohne Arbeit wie seit 1991 nicht mehr. Besonders erfreulich ist mit plus 600 000 der erneute Zuwachs bei der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung im Vergleich zum Vorjahr“, erklärte Nahles. Die Arbeitsplätze in Deutschland seien so sicher wie nie. Das Risiko, eine sozialversicherungspflichtige Arbeit zu verlieren und arbeitslos zu werden, liege bei deutlich unter einem Pro- zent. „Zu dieser guten Entwicklung hat allen Unkenrufen zum Trotz auch die Einführung des Mindestlohns vor einem Jahr beigetragen: Er schafft Dynamik von geringfügiger Beschäftigung hin zu sozialversicherungspflichtiger Arbeit – und das besonders häufig in Niedriglohnbranchen.“ Ebenso ist die befürchtete Klagewelle wegen des Mindestlohns ausgeblieben. Vor dem Bundesarbeitsgericht sind kaum Klagen in der Sache anhängig, was nicht zuletzt auf die saftigen Bußgelder zurückzuführen ist, die auf Verstöße gegen den Mindestlohn stehen. Gerichtspräsidentin Ingrid Schmidt sagte der „Welt“ am > VBOB Magazin | dbb seiten | März 2016 10. Februar 2016: „Eine Klagewelle gibt es nicht [...] Der Mindestlohn wird gezahlt!“ Unter anderem dürfen Arbeitgeber ihren Angestellten nicht kündigen, weil sie das Gehalt nicht auf den Mindestlohn anheben wollen. Der Bundesgerichtshof wird darüber hinaus noch festlegen, welche Sonderzahlungen Arbeitgeber als Lohnbestandteile in den Mindestlohn einrechnen dürfen. Auch die Ende Januar 2016 vorgestellte Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung kommt zu positiven Ergebnissen: Der gesetzliche Mindestlohn nutze Millionen Beschäftigten. Vor allem in klassischen Niedriglohnbranchen seien die Verdienste kräftig gestiegen. Der positiven Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt habe der Mindestlohn unter dem Strich nicht geschadet. Es sei deutlich zu erkennen, dass die neue Bezahlungsuntergrenze das Lohngefüge in Deutschland verändert habe, aufgeholt hätten vor allem weniger gut qualifizierte Arbeitnehmer. Die Lohnentwicklung sei „wesentlich ausgeglichener“ geworden, schreiben die WSI-Forscher Marc Amlinger, Dr. Reinhard Bispinck und Dr. Thorsten Schulten. Auch wenn sich bislang noch nicht exakt sagen lasse, wie viele Menschen letztendlich vom Mindestlohn profitiert haben, so deuteten überdurchschnittlich hohe Steigerungen in klassischen Niedriglohnbranchen auf „erhebliche Effekte“ hin. Potenziell betroffen seien nach Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) zwischen 4,8 und 5,4 Millionen Beschäftigte, die im Jahr 2014 noch einen geringeren Stundenlohn als 8,50 Euro hatten. < Ostdeutsche profitieren Weitere Ergebnisse der Studie: 2015 sind die Bruttostundenlöhne von Voll- und Teilzeitbeschäftigten gestiegen, im dritten Quartal um 2 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal. In Ostdeutschland lag die Steigerung im Schnitt sogar bei 3,6 Prozent, in Westdeutschland bei 1,7 Prozent. Die stärksten Zuwächse erzielten ungelernte ©Monkey Business – Fotolia.com dbb dbb Auch die Tarifpolitik hat nach der WSI-Analyse dazu beigetragen, dass die unteren Lohngruppen weiter aufholen konnten. In mehreren Branchen, in denen es noch tarifliche Niedriglöhne unter 8,50 Euro gab, wurden höhere Verdienste bereits vor 2015 vereinbart. Die Gewerkschaften wollten damit niedrige Tarifentgelte an das Mindestlohnniveau heranführen, während die Arbeitgeberverbände auf die möglichst weitgehende Ausnutzung des Übergangszeitraums von zwei Jahren zielten. Zu den betroffenen Branchen zählen das Friseurgewerbe, die Fleischindustrie sowie der Bereich Land- und Forstwirtschaft und Gartenbau. Anfang 2015 lag der Anteil der Niedriglohngruppen unter 8,50 Euro in Tarifverträgen nur noch bei 6 Prozent. Durch weitere Tarifanpassungen konnte er im Laufe des Jahres 2015 auf 3 Prozent weiter reduziert werden, zeigt die Auswertung der Wissenschaftler. Die von vielen Ökonomen prognostizierten Jobverluste sind ausgeblieben, geht weiter aus der WSI-Analyse hervor. Die Beschäftigung hat im Gegenteil kontinuierlich zugenommen. Im Oktober 2015 gab es nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit 713 000 mehr sozialversicherungspflichtige Beschäftigte als im gleichen Monat des Vorjahres. Dies entspricht einem Zuwachs von 2,3 Prozent. In Ostdeutschland fiel das Plus mit 1,9 Prozent leicht geringer als in Westdeutschland mit 2,4 Prozent aus. Gerade in Branchen mit traditionell vielen Geringverdienern sind nach Einführung des Mindestlohns nicht nur die Verdienste, sondern auch die Zahl der Jobs kräftig gestiegen. Den größten Beschäftigungsaufbau verzeichnete mit 6,6 Prozent das Gastgewerbe, gefolgt von den Bereichen „sonstige wirtschaftliche Dienstleistungen“, Leiharbeit, Heime und Sozialwesen sowie Verkehr und Lagerei. Lediglich bei der Beschäftigung in der ostdeutschen Land- und Forstwirtschaft weist die Statistik einen geringen Rückgang in einer traditionellen Niedriglohnbranche aus. Allerdings könne dieser kaum auf den Mindestlohn zurückgeführt werden, so die Forscher. Denn gerade in diesem Bereich gilt ein Branchenmindestlohn unterhalb von 8,50 Euro. < Mindestlohn noch zu niedrig Vor dem Hintergrund der positiven Erfahrungen werde der- zeit über die Anhebung des Mindestlohns diskutiert, so das WSI. Diese soll erstmals Anfang 2017 erfolgen. Als Orientierungsgröße für die Empfehlung der Mindestlohnkommission gilt die Entwicklung der Tariflöhne in den Vorjahren. Nach dem Tarifindex des Statistischen Bundesamtes stiegen die Tariflöhne 2014 und 2015 insgesamt um 5,5 Prozent. Das heißt für den Mindestlohn: Er müsste auf etwa neun Euro angehoben werden. Darüber hinaus wäre zu prüfen, ob ein solches Mindestlohnniveau tatsächlich den im Gesetz geforderten „angemessenen Mindestschutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer“ gewährleistet, heißt es im WSIBericht. Für eine Abwägung sehen die Forscher verschiedene relevante Orientierungsmarken: So liegen die Mindestlöhne in Westeuropa derzeit alle oberhalb von neun Euro pro Stunde. Der französische Mindestlohn liegt sogar mehr als einen Euro über dem deutschen Niveau. Auch relativ betrachtet ist der deutsche Mindestlohn niedrig: Er entspricht weniger als 50 Prozent des Medianlohns in Deutschland. Nach gängiger Definition müsse er damit als „Armutslohn betrachtet werden“, schreiben die Wissenschaftler. In den Diskussionen um eine europaweit koordinierte Mindestlohnpoli- tik werde oft eine Untergrenze von 60 Prozent des Medianlohns im jeweiligen Land als „angemessen“ betrachtet. Für Deutschland würde dies eine Erhöhung auf mehr als zehn Euro bedeuten. Oberhalb dieser Marke liegen auch die meisten tariflich vereinbarten Branchenmindestlöhne. < Öffentlicher Dienst und Mindestlohn Was hat das mit dem öffentlichen Dienst zu tun, wo nach Entgelt- und Besoldungsgruppen bezahlt wird? Theoretisch dürfte der Mindestlohn hier gar kein Thema sein. „Das stimmt nicht ganz“, weiß Volker Geyer, Bundesvorsitzender der Kommunikationsgewerkschaft DPV (DPVKOM). „In den Postnachfolgeunternehmen Post, Postbank und Telekom spielt das Thema Mindestlohn in der Tat keine Rolle. Das kann für den gesamten Postmarkt jedoch nicht behauptet werden. Insbesondere im Bereich alternativer Zustelldienste verdienen die Beschäftigten oftmals weniger als den Mindestlohn.“ So seien dort viele Beschäftigte als Subunternehmer und Scheinselbstständige auf dem Postmarkt tätig. Für diese Gruppen gelte der gesetzliche Mindestlohn nicht. „Im Bereich der Call-Center wurde der gesetzliche Mindestlohn unseres Wissens > VBOB Magazin | dbb seiten | März 2016 25 spezial Vor allem in Dienstleistungsberufen hat sich die Bezahlung verbessert: Der ostdeutsche Einzelhandel, das Gastgewerbe, die Wach- und Sicherheitsdienste und „sonstige personennahen Dienstleistungen“, zu denen etwa Wäschereien und Frisöre gehören, verzeichneten kräftige Steigerungen. Im Gastgewerbe, das vom Mindestlohn am stärksten betroffen ist, stiegen die Verdienste um 2,9 Prozent, in Ostdeutschland sogar um 8,6 Prozent. Innerhalb des produzierenden Gewerbes wurde in der Fleischverarbeitung bis zum dritten Quartal ein Zuwachs von insgesamt 5,6 Prozent erreicht. ©jd-photodesign – Fotolia.com Frauen in Ostdeutschland mit 8,5 Prozent, bei Männern der gleichen Gruppe gab es ein Plus von 8 Prozent. dbb spezial 26 Auf der Habenseite sieht Geyer auch Telekom und Post gut aufgestellt, was den Zusammenhang vom Arbeitsmarkt und Mindestlohn betrifft: „Hier hat die Einführung des Mindestlohns zu keinen negativen Auswirkungen geführt. Das Gleiche kann auch für den Bereich der Call-Center konstatiert werden. Dort sind mehr sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze geschaffen worden und es werden nach wie vor Fachkräfte gesucht – trotz Mindestlohn.“ Kritisch sieht der Gewerkschafter allerdings Tendenzen, dass der Mindestlohn von Firmen „ausgetrickst“ wird, besonders in Betrieben ohne Betriebsrat: „Es ist davon auszugehen, dass der Arbeitgeber in Betrieben ohne Betriebsrat immer wieder versucht, die gesetzlich vorgeschriebene Zahlung des Mindestlohns durch Lohnkürzungen an anderer Stelle zu ,refinanzieren‘. Bezogen auf den Call-Center-Bereich bedeutet dies, dass eine Lohnerhöhung durch Einführung des Mindestlohns nicht eins zu eins in den Portemonnaies der Beschäftigten ankam, da gleichzeitig andere leistungsorientierten Vergütungsbestandteile gekürzt wurden. Diese Vorgehensweise ist sogar in den Betrieben zu beobachten, die einen Betriebsrat haben.“ Für die DPVKOM stehe jedoch fest, dass auch dort, wo keine betrieblichen Interessenvertreter vorhanden sind, Mindestlohn gezahlt werden müsse. Dessen ungeachtet stelle der Mindestlohn nur eine Mindestabsicherung dar. „Bessere Löhne und kontinuierliche Lohnerhöhungen werden am ehesten durch Tarifverträge erzielt, die von den Gewerkschaften ausgehandelt werden. Vor allem in der Call-Center-Branche, in der es keine Tarifverträge gibt, ist es daher überaus wichtig, dass sich die Beschäftigten in einer Gewerkschaft zusammenschließen – am besten natürlich in der DPVKOM“, empfiehlt Geyer. Im Großen und Ganzen jedoch sei der Mindestlohn eine Erfolgsgeschichte, an der die DPVKOM maßgeblich beteiligt war. Dennoch könne man ein gutes Gesetz noch besser machen, so Geyer: „Es muss gewährleistet werden, dass der Mindestlohn auch wirklich bei lingszustroms haben sie neben ihren historisch gewachsenen Aufgaben zu schultern. Auch die Umsetzung des Mindestlohns kontrolliert der Zoll. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hat dem Zoll im Januar 2015 1 600 gesetzlich vorgesehene, zusätzliche Stellen versprochen. Trotzdem gibt es immer wieder Begehrlichkeiten, Zollpersonal etwa zur Polizei zu verlagern oder für andere Aufgaben abzustellen. Dieter Dewes, Bundesvorsitzender ausgebildet werden. Diese Anwärterinnen und Anwärter stünden also auch für die Kontrolle des Mindestlohns noch gar nicht zur Verfügung. „Wir haben von Anfang an verlangt, das Zeitfenster der Ausbildung beim Zoll zu nutzen, um mehr Personal einzustellen“, so Dewes, der darauf hinweist, dass die ersten Nachwuchskräfte im mittleren Zolldienst nach zwei Jahren, im gehobenen Zolldienst erst nach drei Jahren in der Finanzkontrolle Schwarz- des BDZ Deutsche Zoll- und Finanzgewerkschaft, betont, dass die neuen Stellen für die Finanzkontrolle Schwarzarbeit nicht zuletzt auf Drängen des BDZ bewilligt worden sind: „Gefordert hatten wir die Einstellung von bis zu 2 500 weiteren Beschäftigten. Denn seit Inkrafttreten der Neuregelungen zum 1. Januar 2015 hat der Zoll mit der Finanzkontrolle Schwarzarbeit rund fünf Millionen Beschäftigungsverhältnisse mehr im Blick als zuvor. Die Bundesregierung hat die Warnungen vor immensen Personalfehlbeständen in diesem Arbeitsbereich viel zu lange ignoriert.“ Das neue Personal, dass zum 1. August 2015 eingestellt wurde, müsse zunächst arbeit tätig werden können. „Erhebt man den Anspruch, dass ab sofort die volle Aufgabenbandbreite ausgefüllt wird, kommt der Zuwachs also viel zu spät. Die ursprünglichen Planungen gingen davon aus, jährlich 320 statt bisher 160 Nachwuchskräfte in die Finanzkontrolle Schwarzarbeit zu lenken – also 50 Prozent mehr als bisher. Dieser Vorgang sollte sich solange wiederholen, bis die 1 600 neuen Beschäftigten da sind. Auch dann wäre das Personal erst in rund fünf Jahren komplett gewesen“, kritisiert der Gewerkschafter. Mit den Abordnungen in der Flüchtlingskrise seien aber auch diese Zahlen vorerst Makulatur, Personalaufwuchs in Jan Brenner mittlerweile flächendeckend eingeführt – allerdings gibt es auch hier noch Probleme bei der Umsetzung“, erklärt Geyer. den Beschäftigten ankommt. Außerdem ist es wichtig, dass die Zahlung des Mindestlohns nicht durch die Beschäftigung von Scheinselbstständigen umgangen wird. Hier muss der Gesetzgeber tätig werden. Darüber hinaus ist sicherzustellen, dass die Zahlung des Mindestlohns durch den Zoll überprüft wird und Verstöße gegen das Mindestlohngesetz geahndet werden.“ < Zoll im Fokus Die Kolleginnen und Kollegen vom Zoll sind viel beschäftigt: Die Erhebung der Kraftfahrzeugsteuer, die Kontrolle der Schwarzarbeit sowie Abordnungen im Zuge des Flücht- > VBOB Magazin | dbb seiten | März 2016 dbb der Finanzkontrolle Schwarzarbeit sei noch lange nicht abgeschlossen. < Fundierte Ausbildung dauert Von Tendenzen, frisches Personal im dreimonatigen Schnellverfahren einsatzfähig zu machen, wie es zum Beispiel bei der Polizei in der Ausbildung von Wachpolizisten geschieht, hält Dewes dennoch nichts: „Die Tätigkeit im Arbeitsbereich Finanzkontrolle Schwarzarbeit spezialisiert sich immer weiter – gerade auch aufgrund weiterer Ausnahmetatbestände, die der BDZ kritisiert. Die Kontrollen werden prüfungsund zeitintensiver. Angesichts einer immer komplexer werdenden Rechtslage sehen sich die Beschäftigten bei der Finanzkontrolle Schwarzarbeit erheblich steigenden fachlichen Anforderungen gegenüber.“ Das Rüstzeug für diese hochqualifizierte Arbeit könne nicht in einem „Crash-Kurs“ vermittelt werden. Entsprechende Überlegungen stünden beim Zoll allerdings auch nicht an. Dewes: „Die qualitativ hochwertige Ausbildung der Bundeszollverwaltung ist europaweit anerkannt, auch und gerade im Arbeitsbereich Fi- DER MINDESTLOHN In Europa längst Realität In den meisten Ländern der Europäischen Union ist der Mindestlohn bereits Realität. Die 8,50 € entsprechen 51% des mittleren Lohns. Damit befindet sich Deutschland im europäischen Mittelfeld. Frankreich 62 % Slowenien 60 % Portugal 58 % Ungarn 54% Belgien 51% Lettland 51% Deutschland 51% Irland 48 % 9,53€ 4,56€ 2,92€ 1,97€ 9,10€ 1,93€ 8,50€ Litauen 48 % 8,65€ 1,76€ Großbritannien 47 % 7,43€ Niederlande 47 % 9,11€ Polen 47 % Slowakei 47 % 2,31€ 2,02€ Rumänien 45% Spanien 44% Griechenland 43% 3,35€ Luxemburg 42% 11,10€ 2,13€ 2,01€ Estland Tschechien 36% 36% 1,14€ 3,91€ (Neu ab 1.1.2015) Im Mittel verdient ein Vollzeitbeschäftigter in Deutschland 2.889 € im Monat, das entspricht einem Stundenlohn von 16,70 € bei einer 40-Stunden-Woche. Somit liegt ein Mindestlohn von 8,50 € pro Stunde bei 50,9% des mittleren Lohns. EU-Länder mit gesetzlichem Mindestlohn EU-Länder ohne Mindestlohnregelung In 21 von 28 Mitgliedsstaaten der Europäischen Union erhalten Arbeitnehmer einen gesetzlichen Mindestlohn – Deutschland wird dann Nummer 22 sein. Nur Dänemark, Finnland, Italien, Österreich, Schweden und Zypern haben noch keinen Mindestlohn. Quelle: OECD; für Deutschland: Berechnungen des WSI auf der Grundlage von Daten der Beschäftigungsstatistik der Bundesagentur für Arbeit – Werte für 2012, Euro-Werte Stand Januar 2014 © Bundesministerium für Arbeit und Soziales 2014 nanzkontrolle Schwarzarbeit. Diesen Standard gilt es unbedingt zu halten.“ Einige der neuen jungen Kolleginnen und Kollegen, die ursprünglich zur Verstärkung der Finanzkontrolle Schwarzarbeit vorgesehen waren, gibt der Zoll derzeit an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) und die Bundespolizei ab, um bei der Bewältigung des Flüchtlingszustroms zu helfen. „Seit Oktober 2015 handelt es sich um eine zunächst befristete Abordnung von 320 Arbeitskräften“, erklärt Dewes. „Zusätzlich zu 50 Zöllnerinnen und Zöllnern, die das BAMF bei der Entscheidung über Asylanträge unterstützen, sind 233 weitere an das BAMF sowie 159 Zollvollzugsbedienstete zur Bundespolizei abgeordnet worden. Wenn in einer solchen Ausnahmesituation ein Arbeitsbereich wie die Finanzkontrolle Schwarzarbeit mit diesem personellen Mehrbedarf herangezogen wird, muss für die Zukunft feststehen, dass die Politik zu ihrem Wort steht und die Aufstockung dieses Bereichs im Interesse einer effizienten Kontrolle des Mindestlohns wieder ungehindert fortschreitet.“ Das sei parteiübergreifend gewollt und werde gewerkschaftlich eingefordert, zumal es sich um einen gesetzlichen Auftrag handle. br dbb Antirassismus-Arbeiter Ansgar Drücker (IDA e. V.): Angst ist ein schlechter Ratgeber Drücker: Angst würde uns lähmen und wohlüberlegte Schritte gegen diese Stimmung blockieren, aber Besorgnis und Strategien zur Auseinandersetzung mit rassistischen Vorurteilen sind auf jeden Fall angesagt. Wir beobachten nicht erst seit der kontroversen gesellschaftlichen Diskussion über die Flüchtlingspolitik, dass sich rassistische Einstellungen bis weit in die Mitte der Gesellschaft hinein breitmachen. Mit der AfD füllt eine Partei die rechtspopulistische Lücke im deutschen Parteiensystem, die mit plakativen und ebenso einfachen wie unrealistischen Forderungen auf viel Zustimmung stößt und sich zu einer Art politischem Arm der Pegida-Bewegung entwickelt hat. Dadurch ist eine gesellschaftliche Stimmung entstanden, die Rechtsextreme als Unterstützung für Brandanschläge auf Flüchtlingsunterkünfte wahrnehmen. Und das ist in der Tat besorgniserregend, denn das „wir“ in Deutschland umfasst nun auch eine Million neu nach Deutschland gekommener Menschen, die zwar einer weiterhin vorhandenen Willkommenskultur begegnen, aber eben auch zunehmend auf Vorurteile, Ausgrenzung und Ablehnung stoßen und täglich bedroht sind, Opfer von Übergriffen und Gewalttaten zu werden. Das ist das völlig falsche Signal an die übergroße Mehrheit der Neuen, die sich integrieren wollen. Dabei geht leider zunehmend auch der Blick für die Situation verloren, vor der die Menschen fliehen, und unser Mitgefühl droht zu schwinden. Die Geflüchteten des Jahres 2015 machen etwa ein Prozent der Bevölkerung aus und nicht alle sind Muslime, von einer Islamisierung des Abendlandes kann also keine Rede sein. Eher sind wir aufgerufen, den Islam als eine selbstverständlich auch in > VBOB Magazin | dbb seiten | März 2016 < Ansgar Drücker Deutschland praktizierte Religion wahrzunehmen, deren Glaubensgemeinschaften übrigens gegenüber den christlichen Kirchen strukturell eher benachteiligt sind. dbb magazin: Warum sagen in den laufenden Diskussionen und Gesprächen so viele Menschen „Ich bin kein Rassist, aber ...“? Drücker: Diese Formulierung ist fast immer der Anfang eines Satzes, der zu keinem guten Ende füh- ren kann. Sie geht etwa von einem Bild aus, dass man aufgrund einer vermeintlichen politischen Korrektheit, beispielsweise die Herkunft von Tätern, nicht offen ansprechen dürfe. Ganz im Gegenteil wird aber beispielsweise nach den Übergriffen in Köln in der Silvesternacht fast ausschließlich über die Herkunft der Täter statt über Sexismus und sexualisierte Gewalt und ihre Prävention oder über Drogen gesprochen. Geflüchtete werden massenweise als Täter verdächtigt, obwohl allenfalls einzelne beteiligt waren. Seit Jahresbeginn hat dies die Stimmung im Lande in gefährlicher Weise kippen lassen – und dies hat auch mit der geballten Verbreitung von Vorurteilen und Klischees über Geflüchtete und Menschen arabischer oder nordafrikanischer Herkunft zu tun. Jeder, der intensiver im Kontakt mit geflüchteten Menschen steht, weiß, wie unterschiedlich „die Neuen“ sind, die zu uns kommen, und wie falsch die sowohl in den Medien als auch in Alltagsgesprächen kommunizierten Stereotype sind. Wer diese Formulierung benutzt, ©Franz Pfluegl – Fotolia.com spezial 28 dbb magazin: Eine Partei, die Schüsse auf Flüchtende aus kriegs- und krisengeschüttelten Ländern für gerechtfertigt hält. Tausende Demonstrierende gegen eine angebliche „Islamisierung des Abendlandes“. Obergrenzen gegen Willkommenskultur. Muss uns diese Stimmung in Deutschland Angst machen? Jan Brenner Ansgar Drücker ist Geschäftsführer des Informations- und Dokumentationszentrums für Antirassismusarbeit e. V. (IDA). IDA ist das Dienstleistungszentrum der Jugendverbände für die Themenfelder (Anti-)Rassismus, (Anti-)Rechtsextremismus und Migrationspädagogik. Auch die dbb jugend ist IDA-Mitglied. dbb magazin: Was raten Sie insbesondere jungen Menschen, die sich angesichts der vielen Menschen, die in Deutschland aktuell Zuflucht suchen, Sorgen machen? Drücker: Mein eigenes Sicherheitsgefühl erhöhe ich am wirkungsvollsten, wenn ich mich mit etwas vertraut mache, hier mit der neuen Zusammensetzung der Bevölkerung – denn es sind vor allem sehr unterschiedliche und vielfältige Menschen gekommen, die ganz überwiegend offen, kontaktfreudig und an unserer Gesellschaft interessiert sind. Integration ist eine Aufgabe, die sich auch an die sogenannte Mehrheitsgesellschaft rich- dbb jugend magazin Sechs Prozent plus, 100 Euro mehr und 30 Urlaubstage für Azubis, unbefristete Übernahme und zeit- und inhaltsgleiche Übernahme des Tarifergebnisses für den Beamtenbereich – mit diesen Kernforderungen zieht auch die dbb jugend in die Einkommensrunde für den öffentlichen Dienst von Bund und Ländern. „Das ist fair und angemessen – und die Arbeitnehmer sollten sich hüten, uns mit dem Verweis auf die finanziellen Belastungen durch die Zuwanderung mit einer mageren ‚symbolischen‘ Tariferhöhung abzuspeisen“, schreibt dbb jugend-Chefin Sandra Kothe im Editorial der März-Ausgabe von t@cker, dem dbb jugend magazin. Gerade die Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes zeigten derzeit in beeindruckender Weise Einsatz, um die großen _0XBJ1_tacker tet, die sich öffnen muss für die Neuen und sie unterstützen muss. Die Menschen, die zu uns kommen, sind ja nicht bessere oder schlechtere Menschen. Sie kommen allerdings zum großen Teil aus Ländern mit Krieg, Verfolgung und Diskriminierung und sehnen sich nach einer Gesellschaft, in der ihre Grundrechte gewährleistet sind. Die beste Prävention sind daher eine schnelle Integration durch Sprachkurse, berufliche Integration und schließlich auch persönliche online _3_2016_Titel. pdf; s1; (210.00 x 297.00 mm); 24.Feb 2016 08:19:10; PDF-CMYK für Prinerg y; L. N. Schaffra th DruckM edien Ausgabe dbb jugen d magazin für junge Stadt Aache n: 3 2016 leute im öff entlichen die nst Kommunale s Flüchtlin gsmanage ment Hauruck – und Herz mit Hirn 12 Gegen Gew alt: Mehr Resp ekt Beschäftigte für 2 5 Nachwuchs-T raining: Gewerkschaf t? Lern‘ ich! 17 Rassismus: Wissen, wov on man redet 19 dbb jugend hamburg: Kritik an „Ste inzeitAusbildun g“ Endlich meh r Freiraum Exklusive – Machen Mitgliedsv orteile auf Sie Ihr Zuhause zur Wohlfühloa Seite 23 se! Kontakte zwischen „Alten“ und „Neuen“, die für die vielen informellen Lernerfahrungen im Alltag so wichtig sind. Und wer sich als junger Mensch Sorgen um seine berufliche Zukunft macht: Gerade im öffentlichen Dienst und im öffentlich geförderten Bereich entstehen derzeit reichlich neue Arbeitsplätze aufgrund der erhöhten Einwanderung nach Deutschland – also eher eine Chance als ein Grund zur Angst für offene junge Menschen. 22 Einkommensr unde: 6 Prozent und fristete Übe unbernahme herausgeber: dbb jugend Herausforderungen der Zuwanderung zu schaffen – nachzulesen in der t@ckerstory: „Hauruck – mit Hirn und Herz“ lautet die Devise der Aachener Stadtverwaltung beim Flüchtlingsmanagement, „und es ist ein beeindruckendes Beispiel dafür, was die Kolleginnen und Kollegen des öffentlichen Dienstes seit Monaten für Höchstleistungen vollbringen, um die Schutzsuchenden aufzunehmen, unterzubringen und zu integrieren“, so Kothe. Neben Wissenswertem rund um das aktuelle Thema Rassismus und weiteren Einzelheiten zur anstehenden Einkommensrunde gibt es im t@cker wie immer allerlei News und Infos aus den Reihen der dbb jugend. Einfach reinsurfen unter www.tacker-online.de! > VBOB Magazin | dbb seiten | März 2016 29 spezial läuft oft noch vor der eigentlich auf der Hand liegenden Herausforderung davon, dass wir jetzt alle gefordert sind, unser Zusammenleben mit den Neuen zu organisieren und praktisch zu gestalten – und dabei sind Angst und Vorurteile keine guten Ratgeber. dbb Arbeitsagentur Bad Hersfeld-Fulda – Maßnahmen für Flüchtlinge: Zukunftsschmiede fokus 30 Vor vier Monaten startete die Arbeitsagentur Bad Hersfeld-Fulda ein „Willkommensprogramm“ für Flüchtlinge aus Kriegs- und Krisengebieten, die es nach Osthessen verschlagen hat. Unterstützt von Pädagogen und externen Praktikern begleiten Arbeitsvermittler und Berufsberater die Schutzsuchenden schrittweise in ein neues Leben. Ihre Angebote sollen den Entwurzelten helfen, eine Zukunft zu schmieden, die sie für den Arbeitsmarkt qualifiziert: der Anfang eines weiten Weges. Monika Fischer hört zu. Zuerst haben die Gäste das Wort, die an diesem Donnerstag der Einladung ins BiZ, das Berufsinformationszentrum der Arbeitsagentur Bad Hersfeld-Fulda, gefolgt sind. Monika Fischer hat die 15 Frauen und Männer gebeten, sich kurz vorzustellen. Sie sollen ihren Namen nennen, ihr Alter, das Land, aus dem sie geflohen sind, welchen Beruf sie in ihrer Heimat ausübten und welcher Beschäftigung sie in Deutschland nachgehen möchten. Mohamad eröffnet die Runde: „Ich komme aus Syria. Ich bin 22 Jahre alt. Ich habe als Englischlehrer für kleine Kinder gearbeitet. Ich möchte studieren“, sagt er auf Deutsch. Sein Nachbar, 23, ebenfalls Syrer und wie die gesamte Gruppe Teilnehmer eines von der Arbeitsagentur finanzierten, achtwöchigen Deutschkurses, der in diesen Tagen zu Ende geht, hat in der Heimat ein Maschinenbaustudium begonnen. Er möchte es in Deutschland fortsetzen. Aischa ist 36, war Schneiderin in Syrien und möchte als Modedesignerin arbeiten. Ein anderer, 46, hatte in Syrien ein Kleidergeschäft, würde als Verkäufer arbeiten. Der 30-jährige Kurdischlehrer, der mit Frau und vier Kindern aus dem Irak geflohen ist, möchte zuerst gut Deutsch lernen, sich dann weiter orientieren. Weitere (Wunsch-)Berufe der – bis auf die 21-jährige Eritreerin Sara – aus Syrien und dem Irak stammenden < „Was haben Sie in Ihrer Heimat gearbeitet?“ Die Leiterin des BiZ in Fulda, Monika Fischer, bietet Geflüchteten erste Einblicke in den deutschen Arbeitsmarkt. > VBOB Magazin | dbb seiten | März 2016 dbb und Medien noch nach Athen schauten, haben wir in der Arbeitsverwaltung gesagt, wir müssen von der anderen Seite kommen. Soziale Integration geht nur über Bildung und Beruf. Deshalb müssen wir die Menschen rasch in unserem System erfassen und mit ihnen arbeiten. Wir können nicht warten, bis alle anerkannt sind.“ Menschen sind: Taxifahrer, Friseurin, Lkw-Fahrer, Raumpflegerin, Ingenieur, Lehrer, Kfz-Mechaniker, Verkäufer. Acht Wochen Sprachkurs reichen freilich nicht, Nachfragen der Berufsberaterin zu beantworten oder komplexere Sachverhalte zu verstehen. Als Monika Fischer aus dem Füllhorn der rund 3 200 in Deutschland anerkannten Ausbildungsberufe Beispiele wählt, um sie eingehender vorzustellen und später die Nutzung der Berufsinformationsportale der Bundesagentur für Arbeit präsentiert, übersetzt die Deutschdozentin, die ihre Schülern ins BiZ nach Fulda begleitet hat, ins Englische. Ex-Englischlehrer Mohamad übersetzt aus dem Englischen ins Arabische. Waldemar Dombrowski zieht Zwischenbilanz. „Die Gruppeninformationsveranstaltungen im BiZ richten sich an Flüchtlinge, die bereits ein paar Deutschkenntnisse erworben haben. Wir holen alle Teilnehmer unserer Deutschkurse ins BiZ. Sie werden dort auch von einem Arbeitsvermittler zu ihren beruflichen Interessen befragt und zu einem späteren Zeitpunkt zum individuellen Beratungsgespräch in unser neues Arbeitsmarktbüro eingeladen“, erläutert Waldemar Dombrowski, der Chef der Arbeitsagentur Bad HersfeldFulda. Natürlich führten diese Gespräche nicht zur sofortigen Vermittlung einer Stelle, schränkt Dombrowski ein, der auch Bundesvorsitzender der dem dbb angehörenden „vbba – Gewerkschaft Arbeit und Soziales“ ist. „Wir verfolgen einen präventiven Ansatz: Wir wollen so früh wie möglich Kontakt zu den Flüchtlingen aufbauen. Bereits im letzten Jahr, als Politik Die Regelung trat nach Veröffentlichung im Bundesgesetz- Der Transport der Informationen durch drei Sprachen ist zeitraubend, stellt aber sicher, dass auch die sprachlich weniger Versierten mitkommen. Denn auch sie sollen die Chance nutzen können, die moderne Infothek des BiZ im Anschluss an Fischers Vortrag zu erkunden, wo sie mithilfe des BiZ-Teams oder eigenständig mehr über Berufsbilder und Bewerbungsmodalitäten erfahren. > VBOB Magazin | dbb seiten | März 2016 31 fokus < „Wir wollen so früh wie möglich Kontakt zu den Flüchtlingen aufbauen.“ Waldemar Dombrowski, Chef der Arbeitsagentur Bad Hersfeld-Fulda, und Agenturbereichsleiterin Lisa Moises. Die Entscheidung, die Bundesagentur für Arbeit (BA) und ihre regionalen Dienststellen in den Integrationsprozess einzubeziehen, regelt – wie alle Aufgaben der Arbeitsverwaltung – das Dritte Sozialgesetzbuch (SGB III). Dort verfügt der aktualisierte § 421: „Die Agentur für Arbeit kann die Teilnahme von Ausländerinnen und Ausländern, die eine Aufenthaltsgestattung besitzen und bei denen ein rechtmäßiger und dauerhafter Aufenthalt zu erwarten ist, an Maßnahmen zur Erlangung erster Kenntnisse der deutschen Sprache fördern, wenn dies zu ihrer Eingliederung notwendig ist und der Maßnahmeeintritt bis zum 31. Dezember 2015 erfolgt“. dbb < „Welche Schmerzen kennt Ihr noch?“ Förderschullehrerin Sabine Wittig vermittelt im Deutschkurs Alltagswissen ... fokus 32 blatt am 24. Oktober 2015 in Kraft. „Wir hatten Vorabinformationen, dass wir Sprachkurse als Ersatzvornahme anbieten dürften, um das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zu entlasten – und haben rechtzeitig den Landkreis sowie die infrage kommenden Bildungsträger ins Boot geholt“, erzählt Waldemar Dombrowski. Eigentlich sei das ja keine Aufgabe der Arbeitsvermittlung, fügt er hinzu. „Aber wir haben das hinbekommen: Am 4. und 7. November starteten die ersten beiden Kurse.“ Dann ging es zügig weiter. Bis Ende Dezember 2015 wurden in den Landkreisen Fulda und Bad Hersfeld-Rotenburg von der Arbeitsagentur insgesamt 33 Deutsch-Einstiegskurse mit 706 Teilnehmerinnen und Teilnehmern realisiert. Mitte März 2016 werden die letzten beendet sein – Fortsetzung nicht vorgesehen. Zwischenzeitlich hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) das Angebot an Integrationskursen jedoch ausgeweitet. „Auch wenn die Organisation der Kurse eine On-top-Aufgabe für uns war: Die Befristung der Maßnahme ist dennoch bedauerlich, wenn man den Nutzen bedenkt, den die Flüchtlinge daraus ziehen“, sagt Dombrowski. „Die Menschen erleben, dass wir sie unterstüt- zen und bleiben dem Angebot treu“, bekräftigt Bereichsleiterin Lisa Moises. „Wir könnten die Kurse als Auftragsaufgabe mit zusätzlichem Personal und Steuermitteln weiter durchführen. Aber – und das habe ich nachfragenden Abgeordneten gesagt – das muss die Politik entscheiden“, ergänzt der Agenturchef. Sabine Wittig lässt lesen. 24 Augenpaare versenken den Blick ins Lehrbuch. Ahmad atmet tief durch: „Guten Tag, mein Name ist Tom Becker. Ich hatte die ganze Nacht Zahnschmerzen. Kann ich für heute einen Termin haben?“. Saif übernimmt den Part der Sprechstundenhilfe: „Sie können heute Abend um 18 Uhr vorbeikommen, bitte bringen Sie Ihre Versichertenkarte mit.“ Ahmad: „Die habe ich immer dabei.“ „Danke“, sagt Sabine Wittig, der Zeigefinger ihrer rechten Hand schnellt in die Höhe – vermittelt der Gruppe ein „Achtung – jetzt kommt etwas Neues.“ Es folgt ein Frageund Antwort-Spiel: „Welche Schmerzen kennt ihr noch?“ Jetzt recken sich die Hände der Schüler. Sie waren im Dezem- < ... und überwindet mithilfe ihrer Gesten Verständnislücken. > VBOB Magazin | dbb seiten | März 2016 ber in ihrer in einem kleinen Dorf in der Rhön gelegenen Flüchtlingsunterkunft gefragt worden, ob sie Interesse an einem Einsteigersprachkurs haben. Sie sind seit 11. Dezember 2015 an jedem Wochentag im Dorfgemeinschaftssaal erschienen, um zu lernen. Fünf Tage je acht Stunden, ergibt hochgerechnet auf die achtwöchige Kursdauer 320 Stunden: Eine unschätzbar wertvolle Gelegenheit, nicht nur die Sprache zu lernen, sondern wichtige Informationen über das Alltagsleben in Deutschland und die Umgangsformen der Deutschen aufzunehmen. Veranstalter des Kurses, in dem Sabine Wittig gerade den menschlichen Körper und die Liste möglicher Schmerzen durchnimmt, ist das Weiterbildungszentrum (WBZ) Rübsam. Das auf die fachspezifische Weiterbildung, insbesondere im handwerklich-technischen Bereich, spezialisierte Unternehmen gehört zu den 16 Bildungsträgern, die einen Sprachkurs nach § 421 SBG III durchführen. An diesem Tag ist die Gruppe mit zwei Bussen in die WBZZentrale ins nordöstlich an Fulda angrenzende Petersberg gebracht worden. Dort sollen sie am Nachmittag auch die Lernwerkstatt kennenlernen. Geschäftsführerin Susanne Hartmann wird die Gelegenheit nutzen, die Entwicklung der „Schüler“ weiter zu verfolgen. Ihre Aufgabe ist es, in Zusammenarbeit mit den Dozentinnen ein erstes „Profiling“, eine Bewertung anzufertigen, die hilft, individuelle Fähigkeiten und Begabungen zu identifizieren, um folgende Förderangebote der Arbeitsagentur passgenauer zuschneiden zu können. An den anderen Tagen findet der Unterricht im Dorf der Flüchtlinge in der Rhön statt. Das rief wiederum die in der Nachbarschaft ansässige Sabine Wittig auf den Plan. dbb Doch was passiert, wenn der gut strukturierte Alltag nach Auslaufen des Kurses wieder vom ereignislosen Einerlei in den Unterkünften abgelöst wird? Darüber mag Sabine Wittig nicht spekulieren. „Viele verbringen die unausgefüllten Stunden dann wohl wieder in den Gemeinschaftsräumen vor dem Fernseher.“ Sie hat aber auch von einem Kurs gehört, den die Lehrerin weiterführt, auf ehrenamtlicher Basis. Martin Vogel und Rebecca Schad sind vorbereitet. Er, Arbeitsvermittler in Diensten der Arbeitsagentur Bad Hersfeld-Fulda mit interkultureller Zusatzausbildung, und sie, Mitarbeiterin des vom Landkreis Fulda betriebenen kommunalen Job-Centers mit Auslandserfahrung, bilden ein Kompetenzteam der besonderen Art. Sie engagieren sich – jeweils im Auftrag und Interesse ihres Dienstherrn – im neuen Arbeitsmarktbüro, um die nahtlose Betreuung ihrer Kunden mit Migrationsschicksal sicherzustellen. „Jeder Flüchtling, der in Deutschland einen Asylantrag stellt, ändert im Laufe des Verfahrens seinen Status und wechselt damit auch den Leistungsträger“, erklärt Rebecca Schad. „Solange sich eine Person noch im laufenden Asylverfahren befindet, beziehungsweise eine Ablehnung erhalten hat, aber < „Wir reichen uns bei einem Statuswechsel die Akte einfach über den Tisch.“ Arbeitsmarktbüro-Mitarbeiter Rebecca Schad und Martin Vogel verteilen die Zuständigkeit zwischen Arbeitsagentur und Kreisjobcenter. nicht rückgeführt werden kann, ist die Arbeitsagentur zuständig“, ergänzt Martin Vogel. „Sobald ein Asylgesuch anerkannt ist, hat der oder die Betreffende Anspruch auf Grundsicherung, und die wird wiederum aus Mitteln der steuerfinanzierten kommunalen Job-Center gezahlt“, führt Rebecca Schad die Erklärung fort. In der Vergangenheit sei es bei diesen Übergängen von einem Leistungsträger zum anderen häufig zu unerwünschten Unterbrechungen in der Betreuung gekommen, erklären sie. Unter dem Eindruck des anhaltenden Flüchtlingszustroms, der 2015 mehr als 2 000 Schutzsuchende nach Osthessen gebracht hat, sei am 7. Dezember 2015 die Idee der Arbeitsmarktbüros – ein zweites wurde im Nachbarkreis Bad Hersfeld-Rotenburg eingerichtet – kurzerhand umgesetzt worden: „Durch die räumliche Gemeinsamkeit lässt sich viel bürokratischer Aufwand sparen“, sind sich beide einig. „Wir reichen die Akte bei einem Statuswechsel sozusagen nur über den Tisch.“ Darüber hinaus sind Rebecca Schad und Martin Vogel vormittags auf Publikumsverkehr eingestellt. Vogel empfängt etwa die Teilnehmer der Gruppeninformationsveranstaltungen aus dem BiZ zur Beratung. Dass wenige Tage nach Eröff- > VBOB Magazin | dbb seiten | März 2016 33 fokus „Eigentlich wollte ich ein Sabbatjahr machen“, erzählt die studierte Förderschullehrerin, „weil ich ehrenamtlich in der Flüchtlingshilfe engagiert bin, und es in der Rhön zu wenig Lehrer gibt, bin ich eingesprungen.“ Wittig lobt den Fleiß und die Disziplin ihrer Schüler, die keine Unterrichtsstunde versäumen, die Hausaufgaben erledigen und noch abends in der Unterkunft weiterlernen: „Das ist eine gemischte Gruppe, darunter Studenten, Ausgebildete und Menschen ohne Beruf. Sogar ein Analphabet ist dabei. Er hat am härtesten zu kämpfen, aber er ist entschlossen zu lernen und kann meinem inklusiven Unterricht gut folgen.“ Wichtig ist der jungen Frau auch zu betonen, dass die männlichen und muslimisch geprägten Syrier, Iraker und Afghanen im Kurs ihr respektvoll begegnen. „Ich habe mich zu keinem Zeitpunkt auch nur ansatzweise sexuell bedrängt gefühlt. Ich habe sogar mit ihnen über die Ereignisse in der Silvesternacht in Köln gesprochen. Alle waren beschämt.“ dbb nung des Arbeitsmarktbüros die ersten Kunden aus eigenem Antrieb bei ihnen vorbeikamen, hat den eingeschlagenen Weg der Zusammenarbeit rasch bestätigt. fokus 34 Leheng Kassem nimmt seine Zukunft selbst in die Hand. Im Herbst 2014 flüchtete Leheng Kassem mit seinem zwei Jahre jüngeren Bruder aus Syrien über die Balkanroute. Im November 2014 stellten sie ihren Asylantrag. Und da sich das Warten auf eine Entscheidung auch mit Eigeninitiative vertreiben lässt, begann Leheng Kassem für sich allein Deutsch zu lernen. Anfang 2015 stieg er in Hofbieber, wo er untergebracht ist, in einen Bus und fuhr ins Arbeitsmarktbüro nach Fulda. „Er stand einfach vor der Tür und fragte, ob ich ihm ein Praktikum im medizinischen Bereich vermitteln könnte“, berichtet Martin Vogel. „Als ich ihn fragte, wie er denn von unserem neuen Service erfahren hat, antwortete er mit einem Satz, den ich wortwörtlich in Erinnerung habe: ,Wenn wir fragen, es gibt Antworten.‘ “ Der junge, aber schon erfahrene Arbeitsvermittler, der wie alle Mitglieder seines Berufsstandes gute Kontakte zu den Arbeitgebern und Bildungsinstituten der Region pflegt, ermöglichte Leheng Kassem die Teilnahme an der Maßnahme „Perspektiven für Flüchtlinge“, die auch ein Praktikum beinhaltet. Das Klinikum Fulda willigte ein, Leheng Kassem als Praktikanten anzunehmen. Als Martin Vogel Leheng Kassem im Klinikum besucht, hat er vier von sechs Wochen Praktikum hinter sich – und weiß, dass er am richtigen Platz ist: „Ich habe in Syrien drei Monate Medizin studiert. Ich möchte so gut Deutsch sprechen, dass ich hier wieder studieren kann“, sagt er fließend. Zuerst würde er gern eine Lehre im Krankenpflegebereich beginnen. „Ich habe noch viele Probleme mit der Grammatik“, räumt der Deutsch-Autodidakt ein. „Ich habe leider nicht so viel Kontakt mit deutschen Leuten wie nötig, um besser zu sprechen“, fügt er leise hinzu. Die Patienten der Inneren Station haben den freundlichen jungen Mann mit dem wachen Blick rasch ins Herz geschlossen, erzählen die Krankenschwestern. Und Claudia Venus von der Pflegedienstleitung des Klinikums Fulda betont gegenüber Martin Vogel, dass sie in dem großem Krankenhaus durchaus gute Chancen für eine spätere Beschäftigung des Syrers sieht. „Zuerst muss er natürlich seine Sprache und Qualifikation verbessern. Wenn er das geschafft hat, könnten wir ihn gut auch als Dolmetscher einsetzen. Wir haben immer mehr Patienten, die sich nur auf Arabisch richtig verständlich machen können.“ „Ich werde Sie nach Ende des Praktikums wieder ins Arbeitsmarkbüro einladen“, sagt Arbeitsvermittler Vogel beim Abschied zu Kassem. „Dann schauen wir, was wir als nächstes für Sie tun können.“ < „Wir werden sehen, was wir als nächstes für Sie tun können.“ Vermittler Martin Vogel pflegt gute Kontakte zu den Arbeitgebern der Region. Für Waldemar Dombrowski sind Erfolgsgeschichten wie die von Leheng Kassem ein Beleg, dass Flüchtlinge in nicht allzu ferner Zukunft auf dem ersten Arbeitsmarkt vermittelt werden können. „Gerade in Regionen wie hier in Osthessen, in der viele Lehrstellen mangels Bewerbern nicht mehr besetzt werden, könnten sie helfen, die demografische Entwicklung abzumildern“, sagt der Chef der Arbeitsagentur Bad HersfeldFulda. „Wir dürfen uns aber nichts vormachen: Ohne berufliche und schulische Bildung ist keine Integration möglich. Und bis das bei den Flüchtlingen erreicht ist, die wir jetzt schon in unserem System haben, werden in vielen Fällen mehrere Jahre vergehen. “ Text: Christine Bonath Fotos: Jan Brenner < Info < „Ich möchte so gut deutsch sprechen, dass ich hier weiter Medizin studieren kann.“ Leheng Kassem aus Syrien hat auf dem Weg zum Praktikum im Klinikum Fulda viel Eigeninitiative gezeigt. > VBOB Magazin | dbb seiten | März 2016 Die Arbeitsagentur Bad Hersfeld-Fulda unterhält Standorte in Fulda, BadHersfeld und Bebra sowie eine Außenstelle in Hünfeld und beschäftigt insgesamt 350 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Als Dienststelle der Bundesagentur für Arbeit ist sie zuständig für gesamt Osthessen. Ihre Aufgaben sind im Sozialgesetzbuch SGB III Arbeitsförderung niedergelegt. Sie zielen unter anderem darauf, den Arbeitsmarkt durch Förderung, Vermittlung und Beratung auszugleichen. Anfang November 2015 startete zudem eine Reihe von Informations- und Bildungsangeboten, mit denen Flüchtlinge Schritt für Schritt für den deutschen Arbeitsmarkt qualifiziert werden sollen. dbb Endlich mehr Freiraum: Machen Sie Ihr Zuhause zur Wohlfühloase Wie wäre es beispielsweise mit einer kleinen Wellnessoase im ehemaligen Kinderzimmer? Einem herrlichen Wintergarten oder neuen Energiesparfenstern? Die Gründe für eine Modernisierung sind vielfältig. Mal steht ein Plus an Wohlfühlatmosphäre im Vordergrund, mal soll in energiesparende Maßnahmen investiert werden. < Sparen mit Perspektive Bausparen ist gut geeignet, um langfristig ganz bequem Wohnwünsche zu erfüllen. Das dbb vorsorgewerk arbeitet seit 2008 mit der Wüstenrot Bausparkasse zusammen, um Einzelmitgliedern aller Landesbünde und Mitgliedsgewerkschaften des dbb beamtenbund und tarifunion und ihren Angehörigen mit attraktiven und speziell rabattierten Angeboten den Einstieg ins Bausparen und günstige Bau- beziehungsweise Modernisierungsfinanzierungen zu ermöglichen. Seit einigen Wochen bietet Wüstenrot mit sei- nen neuen Bauspartarifen beispielsweise in der Tarifvariante Komfort mit 1 Prozent sogenannten gebundenen Sollzinssatz den unternehmensgeschichtlich niedrigsten Darlehenszinssatz an. für sämtliche Wüstenrot „Wohnspartarife“ verbrieft; jedes Mitglied hat somit einen eindeutig formulierten Anspruch auf Ersparnis der halben Abschlussgebühr. < Sichern Sie sich diesen Zinssatz für kommende Modernisierungsvorhaben. Bau- beziehungsweise „Wohnsparen“, wie Wüstenrot seine neuen Tarife nennt, punktet zudem mit Flexibilität, schnellen Zuteilungszeiten und der Möglichkeit, jederzeit Sondertilgungen für das Bauspardarlehen leisten zu können. < Exklusiver Mitgliedsvorteil Mitglieder der dbb Fachgewerkschaften und ihre Ehegatten, Lebenspartner und Kinder sparen 50 Prozent der Abschlussgebühr beim Abschluss eines Bausparvertrages. Wichtig: Dieser Mitgliedsvorteil ist in den Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge (ABB) Die 20-Prozent-Formel Bausparen ist auch bestens geeignet, um regelmäßig anfallende Modernisierungen zu finanzieren. Denn Sie haben auch die Möglichkeit, einen Bausparvertrag zu teilen und sich die Bausparsumme in Tranchen auszahlen zu lassen. Je nach Bausparsumme und der gewählten Tarifvariante besteht die Möglichkeit der Teilung sogar mehrfach. Als Richtwert sollte die Bausparsumme zur Modernisierungsvorsorge circa 20 Prozent des Immobilienwerts betragen. < Anschlussfinanzierung Übrigens: Auch im Hinblick auf Ihre Anschlussfinanzierung ist das „Wohnsparen“ über Wüstenrot ideal. So können Sie sicher sein, dass nach Ablauf der Zinsbindung keine böse Überraschung auf Sie zukommt. Wenn es mal schnell gehen muss und Sie sofort mit der Modernisierung loslegen möchten, bietet das Wüstenrot Wohndarlehen eine Finanzierung, die individuell auf Ihre Bedürfnisse zugeschnitten ist: So können Sie wählen, ob Sie konstante Raten vom Anfang bis zum Ende bevorzugen oder ob Sie es flexibel mögen – dann können Sie die Raten jederzeit kostenlos anpassen. Weitere Vorteile des Wohndarlehens: > Attraktive Konditionen > Sondersparzahlungen > Sondertilgungen während der Bauspardarlehenszeit jederzeit und in beliebiger Höhe. dbb Mitglieder und ihre Angehörigen profitieren bei der Baufinanzierung von einem attraktiven Zinsvorteil in Höhe von 0,15 Prozent-Punkten. ks < Info Sie wollen sich alle Vorteile sichern? Informieren Sie sich gerne bei den Kolleginnen und Kollegen der Kundenbetreuung des dbb vorsorgewerk. Diese sind montags bis freitags in der Zeit von 8 bis 18 Uhr unter 030.40816444 für Sie erreichbar. Gerne wird Ihnen auch eine kompetente Beratung vor Ort vermittelt. Fragen Sie den Bausparund Finanzierungsexperten von Wüstenrot nach den vom dbb vorsorgewerk empfohlenen Produkten und exklusiven Vorteilen für dbb Mitglieder. Weitere Informationen finden Sie unter www.dbb-vorsorgewerk.de. > VBOB Magazin | dbb seiten | März 2016 35 spezial © Photographee.eu – Fotolia.com Wohnwünsche verändern sich im Laufe der Zeit: Kinder werden größer und ziehen aus, die Bedürfnisse der Eltern wandeln sich – ergreifen Sie die Chance und passen Sie auch Ihre Immobilie den veränderten Lebenssituationen an. Einkommensteuer: Kalte Progression spezial 38 Der Begriff der kalten Progression wird oft v erwendet – doch was bedeutet er wirklich? Die Erklärung funktioniert nicht ohne die Darlegung einiger grundlegender Begriffe aus der Steuertariflehre. Der deutsche Einkommen steuertarif verläuft progressiv. Das bedeutet, dass der Steuerpflichtige nach Leistungsfähigkeit besteuert wird. Vereinfacht gesagt, muss derjenige, der mehr Einkommen erzielt, auch mehr Steuern zahlen. Und zwar nicht nur absolut, sondern auch relativ im Vergleich zum erzielten Einkommen. Konkret: Bis zu einem Jahresverdienst von 8 652 Euro (Grundfreibetrag 2016) wird keine Steuer fällig. Hiermit will der Gesetzgeber das Existenzminimum eines jeden Steuerpflichtigen gewährleisten. Diesen Bereich nennt man dementsprechend auch Nullzone. Über 8 652 Euro beginnt der Eingangssteuersatz mit 14 Prozent und steigt bis auf 42 Prozent ab einem Einkommen von 53 666 Euro und bleibt dann vorerst konstant. (Darüber hinaus existiert für zu versteuernde Einkommen ab 250 000 Euro die sogenannte Reichensteuer. In diesem Bereich ist ein um drei Prozentpunkte höherer Spitzensteuersatz zu zahlen.) Wegen dieser relativ niedrigen Grenze sind viele Einkommensbezieher im mittleren Einkommensbereich bereits vom Spitzensteuersatz betroffen. Zur Verdeutlichung nehme man ein Einkommen von 65 000 Euro, davon werden 8 652 Euro nicht besteuert. Der Verdienst über 8 652 Euro bis 53 665 wird mit Steuersätzen zwischen 14 und knapp 42 Prozent belegt (Progressionszone). Für den Anteil ab 53 666 Euro, das wären im konkreten Beispiel 2 682 Euro, steigen die Steuersätze nicht mehr an, sondern verbleiben bei 42 Prozent (Proportionalzone). << Grenz- und Durchschnittssteuersatz Zwei Begriffe seien jetzt noch eingeführt. Die Grenzsteuerund die Durchschnittssteuerbelastung. Unter ersterer versteht man die Steuerbelastung, die eintritt, wenn man einen > VBOB Magazin | dbb seiten | März 2016 Euro mehr als ursprünglich verdient. Als Beispiel mag die Progressionszone im Steuertarif gelten. Mit jedem Euro Mehrverdienst verändert sich die Steuerbelastung und nicht nur absolut, sondern auch relativ. Unter der Durchschnittssteuerbelastung versteht man die gesamte Steuerbelastung im Verhältnis zum (zu versteuernden) Einkommen. Nun zum eigentlichen Gegenstand der Ausführungen, der sogenannten kalten Progression: Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der wirtschaftlichen Entwicklung hat hierzu folgende treffende Aussagen vorgenommen: „Es handelt sich somit um Mehrbelastungen der Bürger, die dann auftreten, wenn die Grenzen des Einkommensteuertarifs trotz steigenden Preisniveaus unverändert bleiben. Wegen des progressiven Tarifs führt dies dazu, dass Einkommenssteigerungen in Höhe der Preissteigerungsrate zu höhe- ren Durchschnittssteuersätzen führen. So erhöhen sich die staatlichen Einnahmen relativ stärker, selbst wenn die Wirtschaft preisbereinigt nur mit geringen Raten wächst.“ Zur Verdeutlichung: Man gehe von einer einprozentigen Inflationsrate und einer gleich hohen Gehaltserhöhung aus. In diesem Fall wird der Vorteil der Lohnerhöhung durch die progressive Besteuerung überkompensiert, obwohl der Steuerpflichtige tatsächlich über keine höhere Leistungsfähigkeit verfügt. Volkswirtschaftlich gesehen verliert der Arbeitnehmer durch die ungerechtfertigt hohe Besteuerung durch den Staat den Anreiz, ein höheres Einkommen zu erzielen. Durch das nominal höhere Einkommen steigt die Steuerbelastung relativ stärker, die Durchschnittsbelastung steigt und die Kaufkraft sinkt. Der Sachverständigenrat hatte in seinem Jahresgutachten 2013/2014 errechnet, dass für Steuerpflichtige mit mittleren © bluedesign - Fotolia.com dbb Mit dem Gesetz zum Abbau der kalten Progression und Anpassungen von Familienleistungen hat der Gesetzgeber nunmehr auf die anhaltende Diskussion reagiert und der Bundesrat hat dem Gesetz am 10. Juli 2015 zugestimmt. Zum Ausgleich der zumindest in 2014 und 2015 entstandenen kalten Progression wurde ab dem Jahr 2016 der Tarifverlauf um die kumulierte Inflationsrate der beiden Jahre in Höhe von 1,48 Prozent entsprechend verschoben. Auch in Zukunft soll eine Anpassung erfolgen. Es bleibt jedoch abzuwarten, ob Grenzsteuersatz in Prozent 42 % 14 % 0 € 8 652 € in Jahren, in denen der Anpassungsbedarf größer sein wird, die Bereitschaft zur Tarifkorrektur weiterhin vorhanden ist. Dies gilt insbesondere für konjunkturell schlechtere Zeiten. 53 656 € Weiterhin wurde – wie erwähnt – mit dem Gesetz der Grundfreibetrag zur Gewährleistung der Freistellung des Existenz minimums auf 8 652 Euro an gehoben. Darüber hinaus zu versteuerndes Einkommen in € urden mit dem Gesetz der w Kinderfreibetrag, das Kindergeld, der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende und der Kinderzuschlag für Geringverdiener angehoben. rh 39 spezial Einkommen (50 000 Euro/Jahr) die jährliche Belastung durch die kalte Progression seit der letzten Tarifanpassung (2010) in 2014 bei 772 Euro im Jahr gelegen hat. Bei einem Einkommen bis 80 000 Euro stieg die Belastung auf 938 Euro. Infografik: dbb dbb > VBOB Magazin | dbb seiten | März 2016 Myriam Thyes dbb Malta und die Flüchtlingsproblematik: Keine Chance im „Zufluchtsort“ spezial 40 Am 18. und 19. Januar 2016 besuchte eine dreiköpfige Delegation des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (EWSA) das Europäische Asylunterstützungsbüro in Valletta, das gemeinsam mit der Europäischen Kommission und weiteren EU-Agenturen die Einrichtung der Hotspots in Griechenland und Italien koordiniert. Die EWSA-Delegation sprach mit dem maltesischen Innenminister, mit dem UNHCR und einer Reihe von in der Flüchtlingshilfe engagierten Nichtregierungsorganisationen. Ein Flüchtlingslager, das Open Centre von Marsa, wurde besichtigt, das Hauptquartier der Migrant Offshore Aid Station besucht. Ein Fazit des Besuchs: Malta, dessen Name im Phönizischen „Zufluchtsort“ bedeutet, muss alles daransetzen, jede Art von Hilfe für Migranten zu gewähren. Ahmed ist ein 21-jähriger Somalier. Er wirkt intelligent und sympathisch, vielleicht einen Tick zu erwachsen für sein Alter. Ahmed kam vor drei Jahren in einer seeuntauglichen Nussschale nach Malta. Sein Englisch – neben Maltesisch die offizielle Landessprache der kleinen Inselgruppe – ist hervorragend. Ahmed betreibt einen Radiosender für Migranten und wird hierbei von einem Verein für Flüchtlinge unterstützt. Der Radiosender leistet einen Beitrag, den Mangel an Information zu lindern, den Flüchtlinge und auch die Hilfsorganisationen beklagen. „Ich will hier mein Leben aufbauen“, sagt Ahmed, „ will die Werte der Bewohner dieser schönen Insel teilen und verteidigen.“ So positiv wie Ahmed wirken indes nicht alle Migranten, die sich in der Inselhauptstadt aufhalten. Im Gewerbegebiet von Valletta erregen Gruppen schwarzafrikanischer Männer an einigen Straßenkreuzungen Argwohn. Doch die, die am Straßenrand warten, sind keine Verbrecher, sondern Tagelöhner. Sie schuften ohne jeden Schutz auf Baustellen und Feldern, in Fabrik- oder Lagerhallen. Die „Kriminellen“ sitzen in den heranfahrenden Pick-ups und Lastwagen: Malteser, die unter den Asylsuchenden oder bereits abgelehnten Migranten kräftige Hände für schwierige Arbeit suchen. Die Folgen sind fatal. Während die EWSA-Delegation sich auf Malta aufhielt, brach auf einer Baustelle ein Gerüst ein. Ein Iraker stürzte aus dem dritten Stock ab und starb wenige Stunden später im Krankenhaus. Gegen den Geschäftsführer der Baufirma wird nun ermittelt. Ein anderer > VBOB Magazin | dbb seiten | März 2016 Flüchtling wurde kurz zuvor von einem herunterfallenden Kranteil in der Hafenanlage erschlagen. Doch nicht alle Arbeitgeber beschäftigen illegal Flüchtlinge. Die Regierung hat den Arbeitsmarkt für Flüchtlinge geöffnet, Arbeitserlaubnisse werden ausgestellt, dennoch bleiben die bürokratischen Hürden für arbeitsuchende Migranten laut örtlicher Handelskammer hoch. < Aufnahmelager statt Gefängnis Das Open Centre in Marsa ist ein Aufnahmelager für Flüchtlinge, das die Regierung betreibt. Die Flüchtlinge fristen wie andernorts in Europa ein Leben auf engstem Raum. Nur scheint einem die Armut der Bewohner noch rascher ins Auge zu springen. Pritschen aus Metall und hohe Spinde reihen sich in den Schlafräumen aneinander. Ein Mann wäscht draußen eine Pfanne unter einem rostigen Wasserhahn. Und doch, erfahren die EWSA-Beobachter, ist die Lage der Flüchtlinge besser als noch vor einem Jahr. Denn bis 2015 nahmen die maltesischen Behörden Asylsuchende, die ohne Visum einreisten, in Haft. Inzwischen führte internationaler Druck zum Umdenken, und es darf davon ausgegangen werden, dass die rudimentär wirkende Versorgung, die das Open Centre leistet, weit besser ist als die Zustände in den maltesischen Gefängnissen. Derzeit beherbergt das Lager nur etwa 100 Flüchtlinge. Seit einem Jahr kämen kaum noch Flüchtlingsboote nach Malta, berichtet der Repräsentant des dbb Ohne Aufenthaltsstatus kein legales Leben Sobald die Geflüchteten das Lager verlassen, sind sie auf sich selbst gestellt. Dann gibt es kein Zurück mehr in die staatliche Obhut, so die Politik der Regierung. Wie andernorts springt auch hier die engagierte Zivilgesellschaft in die Bresche. Ein großes Problem bleibt die Gesundheitsversorgung. Asylsuchende und anerkannte Flüchtlinge haben Zugang, abgelehnte Bewerber, die oftmals nirgendwohin rückgeführt werden können, erhalten nur noch eine Notversorgung, müssen den Arzt aus eigener Tasche bezahlen. Überhaupt ist der Aufenthaltsstatus der abgelehnten Flüchtlinge ein weit größeres Problem als der Arbeitsmarktzugang: Ohne entsprechenden Titel gibt es kein Bankkonto, keinen Kredit, keine soziale Sicherheit. „Die Menschen leben im Limbus, im äußersten Kreis der Hölle“, sagt eine Helferin in Anspielung auf die katholische Theologie. Doch nicht alle Flüchtlinge, die kommen, sind identitäts- und mittellos. Gut 90 Prozent der etwa 2 000 Asylbewerber, die Malta 2015 erreichten, reiste regulär mit Visum im Flugzeug oder einer Fähre in den Inselstaat. Und es gibt noch eine dritte Kategorie von Migranten, die anders als die Bootsflüchtlinge und die regulär Einreisenden von der Regierung mit offenen Armen empfangen werden. Malta wirbt seit Jahren damit, dass Drittstaatsangehörige die maltesische Im Gespräch mit Innenminister Carmelo Abela wird deutlich, wie schwierig der Spagat ist, den die maltesische Regierung wagen muss. Einerseits ist Valletta bestrebt, bessere Voraussetzungen für eine Integration der bleibenden Flüchtlinge zu schaffen. Die Schwarzarbeit soll durch Arbeitserlaubnisse bekämpft werden. Die grundlegende Frage des rechtlichen Status der Flüchtlinge bleibt aber weitgehend unbeantwortet, weil die Regierung ihr kleines Land offenbar als Transitzone auf dem Weg nach Deutschland und Schweden sieht. < Plädoyer für gemeinsame Asylpolitik Europas Im Inselstaat mit seinen 420 000 Einwohnern ist Aufnahmekapazität jedenfalls kein abstraktes Thema. Dazu ist die Regierung in Valletta allzu offensichtlich bemüht, jeden Anschein zu vermeiden, Flüchtlinge – zumindest mittellose – seien auf Malta willkommen. Deutschland oder andere reiche EU-Staaten hätten einen Magneten eingeschaltet und die Fluchtbewegung in Gang gesetzt, zeigt sich der Innenminister überzeugt. Diese „Pull-Factors“, die Anzugskräfte, seien aber nicht so wichtig wie die „Push-Factors“, Krieg, Hunger und Elend in Syrien, Libyen und anderswo. Abela plädiert daher für eine gemeinsame europäische Asylpolitik mit einem permanenten Verteilmechanismus. Noch nicht anfreunden kann sich der Minister hingegen mit dem Gedanken einer europäischen Grenzschutztruppe. Da gebe es hinsichtlich der staatlichen Souveränität einige offene Fragen. < Können die Hotspots funktionieren? 2014 nahm das Europäische Asylunterstützungsbüro (EASO) seine Arbeit in der maltesischen Hauptstadt auf. Das EASO versucht, die technischen Voraussetzungen für ein einheitliches europäisches Asylsystem zu schaffen. Aktuell unterstützt das Büro die Kommission, Frontex und die Mitgliedstaaten Griechenland und Italien bei der Errichtung sogenannter Hotspots, jener Erstaufnahmelager, die an den Außengrenzen für die Rückkehr von Kontrolle und Ordnung sorgen und der Ausgangspunkt für die Verteilung der Flüchtlinge auf die EU sein sollen. Der erste Hotspot in Griechenland sei einsatzbereit, weitere vier folgten in den kommenden Wochen, erklärt der kommissarische EASODirektor José Carreira nicht ohne Stolz, aber auch ohne jede Illusion: Sollten die Mitgliedstaaten sich nicht auf einen gemeinsamen Verteilungsmechanismus einigen, können die Hotspots nicht funktionieren. Hinzu kommt, dass dem Unterstützungsbüro die Unterstützung fehlt. 200 Asylexperten hatten die Mitgliedstaaten dem EASO für 2015 zugesagt. 30 waren bis Ende Januar 2016 da. < Probleme werden am runden Tisch diskutiert David de Bernadin und seine Mitstreiter der Migrant Offshore Aid Station (MOAS) wollen von Politik und politischen Ansichten erst gar nichts wissen. MOAS ist eine vor allem aus der Schweiz finanzierte Nichtregierungsorganisation, die Seenotrettung betreibt. Mit zwei Booten, 40 und 56 Meter lang, haben sie bereits 12 000 Flüchtlinge aus Seenot gerettet. Die von Malta aus koordinierten Aktionen finden aktuell vor allem in der Ägäis statt. Die unpolitische Haltung der Seenotretter erlaubt ihnen, mit allen Behörden der Mittelmeeranrainer vertrauensvoll zusammenzuarbeiten. Handeln wollen jetzt auch die Engagierten in der maltesischen Zivilgesellschaft. Ein runder Tisch von Vertretern der Vereine und Verbände, darunter auch Arbeitgeberverbände, Gewerkschaften und die Kirche, ist auf Initiative des maltesischen EWSA-Mitglieds Stefano Mallia zusammengekommen. Sie vereinbarten, sich fortan regelmäßig zu treffen, um die Themen Migration und Integration in Malta voranzubringen. Das anderthalbtätige Marathonprogramm der EWSA-Delegation auf Malta zeigt: Die Herausforderungen sind groß, die Probleme größer. Es gibt sie zwar, die Menschen und Institutionen, die sich weiter für Humanität und für europäische Zusammenarbeit einsetzen. Ein großes Hindernis bei der Bewältigung der Migrationskrise bleibt jedoch der alltägliche Rassismus. „Ich möchte Teil dieser Gesellschaft sein, im Bus bleibt der Platz neben mir aber meist frei“, sagt Ahmed, der Somalier. Sein altes Land hat er verloren, ein neues noch nicht gefunden. cm < Info Delegationen des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (EWSA) haben von Dezember 2015 bis Januar 2016 zwölf Mitgliedstaaten bereist, um sich ein Bild von den Herausforderungen der Flüchtlingskrise zu machen. Der EWSA wird den Institutionen und den Mitgliedstaaten in Kürze einen Bericht vorlegen, der sowohl Mut machende Beispiele als auch kritische Entwicklungen aufzeigen soll. Der EWSA ist ein beratendes EU-Organ, das darauf abzielt, die europäische Zivilgesellschaft und die Sozialpartner in die Rechtsetzung einzubinden. > VBOB Magazin | dbb seiten | März 2016 41 spezial < Staatsangehörigkeit und damit einen EU-Pass kaufen können. Mit 600 000 Euro Bargeld und dem Kauf eines Grundstücks im Wert von mindestens 300 000 Euro ist dabei, wer über die nötigen Mittel verfügt. Auf diese Weise wurden nicht wenige ehemalige Gefolgsleute des Gaddafi-Regimes innerhalb kürzester Frist zu EU-Bürgern. ©maspartame – Fotolia.com Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen (UNHCR), Jon Hoisaeter. 2013 waren allein im Sommer 2 000 Bootsflüchtlinge angelandet. Vermutlich bringe die italienische Marine inzwischen fast alle Flüchtlinge aufs europäische Festland. Die Situation sei jedoch hochdynamisch, sagen Hoisaeter und seine Kollegin Mireille Mifsud. Es könnten jederzeit wieder mehr Boote kommen. ©Dan Race – Fotolia.com dbb Cyberterrorismus: Gefahr oder Chimäre? Die Börsen in Frankfurt, London und Paris implodieren von einer Sekunde auf die andere mitten im laufenden Handel. Finanztransaktionen in Billionenhöhe laufen ins Leere. Konten sind gelöscht. Es ist kein kurzer Blackout, die elektronischen Handelssysteme sind irreparabel zerstört. Schutzmechanismen versagen. Staaten werden von jetzt auf gleich zahlungsunfähig. Es folgen Unruhen, Anarchie und Bürgerkrieg. Eine einzige Cyberattacke hat ganz Europa destabilisiert und ins Chaos stürzen lassen. Ist der digitale Supergau eine reale Gefahr oder lediglich das Ergebnis allzu lebhafter Fantasie? finale 42 Reale Akte von Cyberterrorismus auf staatliche Einrichtungen sind bislang kaum dokumentiert. Lediglich zwei besorgniserregende Fälle ereigneten sich. In Estland legte ein Hackerangriff 2007 die Regierungsnetze für zwei Wochen lahm. Die Urheberschaft des Angriffs ist bis heute nicht geklärt, unter anderem, weil der oder die Angreifer ihre Attacke über gekaperte Privatrechner aus 76 Ländern gesteuert hatten. In Frankreich brachte eine Cyberattacke des Islamischen Staats (IS) 2015 den Sendebetrieb des Fernsehsenders TV5 Monde für Stunden zum Erliegen. Weiter kaperten die Terroristen die sendereigene Internetseite, die Facebookund Twitter-Accounts sowie die mobile Website, um dort IS-Propaganda zu verbreiten. Bei dem Angriff wurden die Systeme des Senders stark beschädigt. So abstrakt derartige Angriffe letztlich bleiben, so unscharf sind auch die Einschätzungen von Fachleuten, was Cyberterrorismus eigentlich sei. Die einen wähnen die Welt bereits mitten im Cyberkrieg aus Kleinkriminalität, Sexualdelikten, Drogengeschäften, Finanzmanipulationen, Spionage und terroristisch motivierten Aktionen, während die anderen sich noch um Begriffsdefinitionen bemühen. Macht es einen Unterschied, ob sich ein pickliger, frustrierter Computernerd in die Systeme des Pentagon hackt oder ein Dschihadist? Wo verläuft die Grenze zwischen „einfacher“ Cyberkriminalität und Terrorismus? < Kulturtechnik in Gefahr Abseits von Definitionsfragen steht fest, dass die moderne Zivilisation mittlerweile auf elektronischer Datenverarbeitung basiert, und damit – aus welchen Beweggründen auch immer – angreifbar ist. Es gibt heute keine lebenswichtigen Infrastrukturen mehr, die nicht über elektronische Netzwerke gesteuert werden. Von der Bahn über Kraftwerke, Verkehrsleitsysteme und Logistik bis hin zu den Finanzmärkten hängt die ganze Welt an der digitalen Strippe, ist vernetzt und damit gefährdet für Manipulationen. Das musste unter anderem der Deutsche Bundestag erfahren, > VBOB Magazin | dbb seiten | März 2016 dessen Netzwerk 2015 durch einen Hackerangriff in die Knie gezwungen wurde. Auslöser war eine relativ simple, getarnte E-Mail, mit der Kriminelle einen Trojaner ins hausinterne Netz eingeschleust und teils vertrauliche Daten abgezweigt hatten. Die Hintergründe sind bis heute nicht geklärt, im Januar 2016 hat die Bundesanwaltschaft den Fall übernommen und ermittelt wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit. Blut vergossen wurde aufgrund von Cyberattacken bisher zwar keines. Wenn aber EU-weit viele Unternehmen und staatliche Einrichtungen in ihren Kernaufgaben von digitalen Netzen und Infrastrukturen abhängen, bedeutet das, dass IT-Vorfälle durch Beeinträchtigung von Dienstangeboten und Unterbrechung von Geschäftsvorgängen massive Auswirkungen haben können. Hinzu kommt, dass mit der Entwicklung des Binnenmarkts der EU viele Netzund Informationssysteme grenzüberschreitend arbeiten. Ein IT-Vorfall in einem Land kann Auswirkungen auf andere Länder und sogar auf die gesamte EU haben. Sicherheitsvorfälle können auch das Vertrauen der Verbraucher in Onlinezahlungssysteme und IT-Netze untergraben. < Europäischer Weg ... Daher stehen Internetkriminalität und Cyberterrorismus auf der Agenda europäischer Sicherheitsbehörden. Die Verhandlungsführer des EU-Parlaments, des Ministerrats und der EU-Kommission haben sich auf neue Bestimmungen zur Cybersicherheit geeinigt. Der Binnenmarktausschuss hat am 14. Januar 2016 darüber abgestimmt und die Bestimmungen beschlossen. Zu einem späteren Zeitpunkt müssen die EUAbgeordneten die Regeln im Plenum annehmen, damit diese in Kraft treten können. Bereits am 18. Dezember 2015 hatte der Ausschuss der Ständigen Vertreter (AStV) bei der EU ein informelles Abkommen mit dem Europäischen Parlament über die ersten Regeln vorge- Vattenfall/Kathrin Rößler dbb < Kraftwerk in Sachsen: Energieinfrastrukturen sind lebenswichtig und müssen vor Angriffen geschützt werden. finale 44 schlagen, um die Sicherheit von Netzen und Informationssystemen in der EU zu stärken. Die daraus hervorgegangene Netzund Informationssicherheitsrichtlinie (NIS) soll die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten erhöhen und Sicherheitsverpflichtungen für Betreiber von Diensten der Daseinsvorsorge wie Energie, Verkehr, Gesundheit und Finanzen ebenso berücksichtigen wie Anbieter kommerzieller digitaler Dienstleistungen. Die Sicherheitsanforderungen in der Daseinsvorsorge sollen höher sein, weil deren Störung direkte Auswirkungen auf Gesellschaft und Wirtschaft haben können. Konkret könnte zum Beispiel eine Cyberattacke auf das Stromnetz eines EU-Landes direkte Auswirkungen auf andere Länder haben, weil das Gleichgewicht zwischen den Stromnetzen im europäischen Verbundsystem, die jeweils nur eine bestimmte Last verkraften können, aus den Fugen gerät. Fällt ein Stromnetz in Spanien flächendeckend aus, ist der enthaltene Strom nicht plötzlich „weg“. Stattdessen verteilt sich die Energie schlagartig auf andere Netze und sorgt für Lastspitzen, die das dortige Stromnetz ebenfalls zusammenbrechen lassen. Eine Kettenreaktion entsteht. < ... mit nationaler Umsetzung Daher soll jedes EU-Land nationale Behörden benennen, die mit der Umsetzung der Sicherheitsstrategie betraut werden. Das gesamte Gesetzgebungsverfahren soll im Frühjahr 2016 abgeschlossen sein. Ist die Richtlinie letztlich in Kraft ge- treten, haben die EU-Mitgliedstaaten 21 Monate Zeit, die erforderlichen nationalen Vorschriften zu erlassen. Weitere sechs Monate später müssen die öffentlichen Versorger festgelegt sein, die unter die Richtlinie fallen sollen. Insgesamt soll durch diese Maßnahmen die Widerstandsfähigkeit gegenüber Cyberangriffen erhöht und Cyberkriminalität eingedämmt werden. Am Ende des Prozesses soll eine einheitliche europäische Cyberraumstrategie stehen. EU-Berichterstatter Andreas Schwab (MdEP) sagte dazu gegenüber dem Informationsdienst des Europäischen Parlaments: „Ein europäischer Ansatz ist nötig, da viele unserer Infrastrukturen ineinander verzahnt sind. Wenn wir diese grenzüberschreitenden Infrastrukturen nicht auf europäischer Ebene schützen, dann begeben wir uns in Schwierigkeiten.“ Es gehe dabei nicht um alle Bestandteile der Infrastrukturen, sondern nur um die digitalen Dienste. Zudem seien auch nur bestimmte Bereiche betroffen. Von den Mitgliedstaaten erwartet Schwab, dass die jeweilige Gesetzgebung die entsprechenden Infrastrukturen abdeckt. Weiter sehe die Richtlinie eine Reihe von Verpflichtungen für die Betreiber in den betroffenen Bereichen vor. Sie müssten widerstandsfähige Systeme schaffen: „Die Richtlinie legt Sicherheitsverpflichtungen nicht nur für die Betreiber kritischer Infrastrukturen, sondern auch für die Anbieter digitaler Dienste fest. Wir sprechen hier von Suchmaschinen, Onlinemarktplätzen und Cloud-Computing-Diensten. > VBOB Magazin | dbb seiten | März 2016 Auch wenn diese nicht direkt kritische Infrastrukturen betreffen, so sind sie dennoch von großer Bedeutung.“ < < Buchtipp Joachim Jakobs: Vernetzte Gesellschaft – vernetzte Bedrohungen Mehr Sicherheit für Bürger Zwar verfügten die Anbieter bereits über Schutzvorkehrungen gegen Cyberangriffe. Darüber hinaus sollen sie Sicherheitsvorfälle den zuständigen nationalen Behörden gemeldet werden. „Nicht jeder einzelne Vorfall muss gemeldet werden, sondern nur schwerwiegende Zwischenfälle. Der Arbeitsaufwand bleibt also gering“, erklärt Schwab. Mittlerweile hat das Bundesministerium des Innern das Mitte 2015 verabschiedete IT-Sicherheitsgesetz dahingehend konkretisiert, welche Dienstleistungen aus den Bereichen Energie, Wasser, Informationstechnik Telekommunikation und Ernährung in ihrer Bedeutung für die Allgemeinheit als kritisch anzusehen sind und die Konkretisierung zur Stellungnahme an die Bundesländer und Unternehmensverbände gesandt. Unter anderem sollen Stromerzeuger mit einer Leistung ab 420 Megawatt und Nahrungsmittelproduzenten mit einem Ausstoß von 334 000 Tonnen pro Jahr als kritisch eingestuft werden. Insgesamt wären von der erweiterten Meldepflicht für Cyberangriffe 650 Anlagen betroffen. Der finanzielle Mehraufwand für die Firmen wird auf rund drei Millionen Euro pro Jahr geschätzt. Letztlich sollen auch Bürgerinnen und Bürger von der Richtlinie profitieren. „Viele Dienste, die die Bürger in Anspruch nehmen, wie das Energie-, Verkehrsund Bankensystem, sind in steigendem Maße digitalisiert. Wir sind hier von Strukturen abhängig, die die reibungslose Funktionsfähigkeit dieser Dienste möglich machen. Wenn wir nun diese Strukturen sicherer und widerstandsfähiger machen, dann entstehen auch direkte Vorteile für die europäischen Bürger“, so Schwab. br Wie gefährlich ist die fortschreitende Vernetzung der Welt für den Einzelnen, für die Gesellschaft, das Staatswesen und die Wirtschaft? Sind Firmen, Behörden und Institutionen ausreichend gegen Cyberangriffe gewappnet? Diese Fragen beleuchtet der Fachjournalist für Datenschutz und IT-Themen, Joachim Jakobs, in seinem neuesten Buch. Zwar kann der Autor kein Patentrezept zur Umgehung der Gefahren ausstellen. Dennoch lohnt die Lektüre, die aufgrund der unzähligen miteinander zu verwebenden Details Schwindel erregen kann, besonders für alle, die bislang allzu sorglos mit der digitalen Welt umgehen, und das nicht nur im Privaten. Auch dem Staat und seinen Organen sowie der Politik attestiert Jakobs Nachholbedarf in Sachen IT-Sicherheit. An unzähligen, belegten Beispielen digitaler Sicherheitspannen verdeutlicht er, wie die zunehmende Verdichtung von Informationen und Daten aus allen Bereichen des Lebens mehr und mehr zum Sicherheitsproblem für die Allgemeinheit wird, das neue und vor allem konsequente Regeln erfordert. Zumal in einer vernetzten Welt selbst die Grenzen zwischen Angreifern und Opfern verschwimmen, während die Bedrohung mit der technischen Leistungsfähigkeit wächst. Das Buch ist im Cividale Verlag erschienen und als E-Book (ISBN: 978-3-94521915-7; 11,99 Euro) und gedruckt (ISBN: 978-3-945219-16-4; 21,90 Euro) erhältlich. dbb Frauen im Top-Management in öffentlichen Unternehmen: contrastwerkstatt - Fotolia Erforderlich ist eine integrierte Gleichstellungspolitik, die öffentliche Unternehmen einbezieht spezial 46 In der öffentlichen Wirtschaft sind Frauen im Top-Management kaum zu finden. Das zeigt eine aktuelle Studie des Instituts für Public Management der Universität Leipzig. Danach sind nicht einmal 16 Prozent der Top-Managementposten der öffentlichen Betriebe mit Frauen besetzt. Die dbb bundesfrauenvertretung hat den Herausgeber der Studie, Professor Dr. Ulf Papenfuß, gefragt, wie gut das Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst tatsächlich ist und was nötig ist, um Spitzenfrauen ins TopManagement der öffentlichen Unternehmen zu befördern. ? Herr Prof. Dr. Papenfuß, für Ihre Studie haben Sie die TopManagementorgane von 69 Städten und 1 552 öffentlichen Unternehmen untersucht. Warum ist der Blick auf die kommunalen Unternehmen in der Debatte um die weiblichen Führungskräfte so wichtig? Papenfuß: In den Städten beziehungsweise Kommunen arbeiten im Bundesdurchschnitt über 50 Prozent der von der öffentlichen Hand Beschäftigten außerhalb der sogenannten Kernverwaltung. Öffentliche Unternehmen besitzen eine Vorbildfunktion in der Diskussion, und Politik und öffentliche Verwaltung können hier entsprechend den von der Politik formulierten Zielen direkt Einfluss nehmen. Die Repräsentation von Frauen in TopManagementorganen ist von besonderem Interesse, da zentrale Unternehmensentscheidungen bei der öffentlichen Aufgabenerfüllung in diesen > VBOB Magazin | dbb seiten | März 2016 getroffen oder zumindest entscheidend geprägt werden. Daher sollte gerade bei öffentlichen Unternehmen nicht überproportional über die Aufsichtsräte, sondern genauso über die Top-Managementorgane diskutiert werden. ? Im Städtevergleich können nur wenige Städte, etwa Gera, Berlin und Offenbach am Main, einen weiblichen Führungsanteil von knapp über 30 Prozent vorweisen. In Städten wie Trier, Jena und Ludwigshafen gibt es gar keine Frauen in TopManagementpositionen. Wie erklären Sie die großen Unterschiede? Papenfuß: Städte gehen mit dem Thema offenkundig sehr unterschiedlich um: Auf den verschiedenen Ebenen in Politik, Verwaltung und Unternehmen scheinen sehr unterschiedliche Faktoren eine Rolle zu spielen, wie Personalentwicklungs- und Besetzungsmodelle, Zeitpläne und Zielgrößen mit unterschiedlicher Verbindlichkeit, verschiedenartige gleichstellungspolitische Ansätze, Unterschiede in den Kulturen in den Städten und Unternehmen, verschiedene Förderprogramme, Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Anteil von Frauen an der Erwerbsquote sowie auch Unterschiede im Engagement und in den Fähigkeiten bei verantwortlichen Einzelakteuren. dbb ? Warum greifen einige Regelungen aus dem Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern bei den öffentlichen Unternehmen nicht richtig? Papenfuß: Teilweise hat der Gesetzgeber für einige Unternehmen in der Privatwirtschaft Anforderungen formuliert, diese aber nicht für öffentliche Unternehmen umgesetzt. Zum Beispiel ist im Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst in § 76 des Aktiengesetzes (AktG) vorgesehen, dass der Vorstand für den Frauenanteil in den beiden Führungsebenen unterhalb des Vorstandes Zielgrößen festlegt und diese veröffentlicht. Jedoch greifen diese Regelungen für die allermeisten öffentlichen Unternehmen nicht. Und hier geht es nur um eine Berichtspflicht und Transparenz, keine Quote. Verstärkt durch die Befunde der Studie stellt sich umso mehr die drängende Frage, ob die Anwendung dieser Regelung aus § 76 AktG nicht identisch in die Satzung von öffentlichen Unternehmen aufgenommen werden sollte beziehungsweise ein protokollierter Gesellschafterbeschluss zur Anwendung scheidungsträger zu erhalten, aber die Abgabe und Veröffentlichung einer Entsprechenserklärung mit Kurzbegründung ist klar verbindlich. ? ? Inwiefern können öffentliche Unternehmen die Besetzung von Führungspositionen überhaupt selbst steuern? Papenfuß: Die Besetzung der Top-Managementorgane erfolgt durch die öffentliche Hand als Gesellschafter und durch die Aufsichtsräte. Hier ist die Politik vertreten und kann entsprechend Einfluss nehmen. Eine entscheidende Rolle spielen auf kommunaler Ebene die Oberbürgermeister/-innen. Auf den weiteren Führungsebenen sind die Unternehmen verantwortlich, wobei der Aufsichtsrat Zustimmungsvorbehalte für einige Führungspositionen nutzen könnte. Es gibt verschiedene konzeptionelle Ansatzpunkte wie zum Beispiel Stadtratsbeschlüsse, Aufnahme von öffentlichen Unternehmen in Gleichstellungskonzepte und -berichte, gezielte Fördermaßnahmen, entsprechende Regelungen in Public Corporate Governance Kodizes mit verbindlichem Comply-orExplain-Mechanismus oder Zielvereinbarungen mit den Top-Managementorganen beim Abschluss oder der Verlängerung von Anstellungsverträgen in Bezug auf die weiteren Führungsebenen. ? Wie funktioniert die Steuerung über einen Public Corporate Governance Kodex mit verbindlichem Comply-or-ExplainMechanismus? Papenfuß: Ein Public Corporate Kodex (PCGK) ist eine Zusammenstellung von Grundsätzen verantwortungsvoller Steuerung, Leitung und Überwachung öffentlicher Unternehmen. Von den Empfehlungen eines PCGK können die Unternehmen situationsgerecht abweichen, sind dann aber verpflichtet, dies jährlich in einer sogenannten Entsprechenser- Was ist Ihrer Ansicht nötig, um auch in der öffentlichen Wirtschaft mehr Frauen in Top-Managementpositionen zu bringen? < Professor Dr. Ulf Papenfuß klärung zu begründen und die stattdessen gewählte Lösung nachvollziehbar zu erläutern. Die Entsprechenserklärungen sind auf der Unternehmenshomepage zu veröffentlichen. Dieser Mechanismus von „comply or explain“ (Anmerkung der Redaktion: „befolge oder erkläre“) ist, gerade aufgrund der besonderen Verantwortung öffentlicher Unternehmen, relevant und bietet viele Chancen. Die Abgabe der Entsprechenserklärung sollte – wie zunehmend praktiziert – in der Unternehmenssatzung festgeschrieben werden und zudem ein protokollierter Gesellschafterbeschluss hierzu erfolgen. Bei der Befolgung einzelner Empfehlungen besteht bewusst Flexibilität, um den erforderlichen Gestaltungsspielraum für Ent- Papenfuß: Für die öffentliche Wirtschaft müssen wir die Ursachen, die zur Unterrepräsentation von Frauen in den verschiedenen Bereichen führen, noch differenzierter verstehen. Diese Ergebnisse müssen wir noch transparenter diskutieren. Im Städtevergleich sollten die Konzepte und Maßnahmen zu Ausgestaltung und tatsächlichen Effekten konkret verglichen werden. Gleichstellungspolitik darf nicht nur auf Kernverwaltung schauen, erforderlich ist eine integrierte Gleichstellungspolitik, die öffentliche Unternehmen einbezieht. An einigen Stellen braucht es auch noch mehr Bewusstsein und Engagement, um die Potenziale auszuschöpfen. Und zentral ist, in allen Bereichen über Qualifikation, Chancengerechtigkeit und Potenziale für die Daseinsvorsorge stets faktenbasiert mit belastbaren Daten zu diskutieren. Die Fragen stellte Birgit Strahlendorff. < Info Die Studie „Frauen in Top-Managementorganen öffentlicher Unternehmen: Ein deutschlandweiter Städtevergleich“ nimmt 69 Städte und 1 552 öffentliche Unternehmen in den Blick. Die besten Ergebnisse hinsichtlich des Frauenanteils in Führungspositionen erzielten die Städte Gera mit 33,3 Prozent, Berlin mit 32,4 Prozent und Offenbach am Main mit 31,3 Prozent. Am Ende der Rangliste der Städte mit mehr als zehn öffentlichen Unternehmen in puncto Top-Managerinnen stehen Jena, Ludwigshafen, Trier und Völklingen. Dort sind gar keine Frauen in Spitzenpositionen zu finden. Auf Bundesländerebene schnitten die öffentlichen Betriebe vor allem in Niedersachsen (9,9 Prozent), Bayern (8,7 Prozent) und Rheinland-Pfalz (5,8 Prozent) hinsichtlich der Anzahl weiblicher Führungskräfte schlecht ab. Deutlich bessere Ergebnisse können Berlin (32,4 Prozent), Bremen (25,2 Prozent) und Mecklenburg-Vorpommern (20,5 Prozent) vorweisen. Im Branchenvergleich stehen die Betriebe im Bereich Gesundheit und Soziales (33,1 Prozent) sowie in den Krankenhäusern (29,1 Prozent) deutlich besser da als etwa Stadtwerke (3 Prozent) und die Abfall- und Entsorgungswirtschaft (5,5 Prozent). > VBOB Magazin | dbb seiten | März 2016 47 spezial Die dbb bundesfrauenvertretung sieht vor allem in der Führungskultur vieler öffentlicher Betriebe starke Defizite. „Hier erwarten wir nicht nur mehr Engagement seitens der Politik. Die Betriebsleitungen selbst sind jetzt gefragt. Mit zielführenden Konzepten zur Führungskräfteentwicklung und mehr Transparenz bei der Besetzung von Leitungspositionen müssen die Weichen für eine zeitgemäße Unternehmensführung neu gestellt werden“, sagte Helene Wildfeuer, Vorsitzende der dbb bundesfrauenvertretung, am 1. Februar 2016. erfolgt. Auf jeden Fall sollte die Regelung als Empfehlung auch in alle Public Corporate Governance Kodizes aufgenommen werden. Universität Leipzig < Statement
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