Die Uferschnepfe (Limosa limosa) – ein stark gefährdeter Schnepfenvogel Die zu den Limikolen gehörende Uferschnepfe ist ein langbeiniger, großer Watvogel mit langem, geraden Schnabel. Bei einer Körperlänge von etwa 40 cm erreichen Männchen ein Gewicht bis zu 400 g, die etwas größeren Weibchen bis zu 500 g. Im Brutkleid sind Oberseite, Kopf, Hals und Brust rotbraun, der Unterbauch ist weiß, wobei wie bei so vielen Vogelarten die Männchen intensiver gefärbt sind als die Weibchen. Im Ruhekleid herrscht vom weißen Bauch abgesehen eine graue Färbung vor. Sowohl zur Brutzeit als auch im Winter ist der Schwanz weiß mit schwarzer Endbinde. Die Füße sind dunkel gefärbt und der Schnabel ist rosa mit dunkler Spitze. Die Flügelspannweite beträgt etwa 75cm. Wegen ihres wie „greta-greta“ klingenden Rufes wird sie landläufig auch Greta genannt. Die Uferschnepfe kann bis zu 18 Jahre alt werden und ist von Island bis Sibirien verbreitet. Das Hauptüberwinterungsgebiet liegt in Westafrika. Da sie sich hauptsächlich von Würmern, aber auch Insekten und Schnecken ernährt, ist sie auf stocherfähigen Boden angewiesen. Deshalb besiedelt sie Feuchtwiesen und Moore so wie Watten und Marschen im Küstenbereich. Wie auch andere Wiesenvögel bevorzugt sie als Lebensraum weite, offene Landschaften mit keinen oder nur wenigen, die Sicht einschränkenden Bäumen oder Hecken, damit sie Fressfeinde schon von Weitem erkennen kann. Im Alter von zwei Jahren sind die Vögel geschlechtsreif. Sie führen eine monogame Saisonehe. Während der Balz vollführt das Männchen imposante Flugspiele: Steiler Aufstieg mit folgendem senkrechten Absturz, Taumelflug oder Pendelflug, bei dem der Körper um die Längsachse rollt, sind typisch für dieses als Ausdrucksflug bezeichnete Balzverhalten. Im April werden dann die vier olivgrünen bis braunen, mit dunkleren Flecken versehenen Eier in eine Nestmulde im Gras gelegt. Das Gelege wird von Männchen und Weibchen 22-24 Tage bebrütet und die Jungen, welche von beiden Eltern gemeinsam geführt werden, verlassen als typische Nestflüchter das Nest innerhalb eines Tages nach dem Schlüpfen. Gleichzeitig wird das Nistrevier aufgegeben und die Familie wandert im Biotop umher bis die Jungen nach gut einem Monat flügge sind. Bald danach wird das Brutrevier verlassen und schon ab Juli beginnt der Wegzug. In der Roten Liste Niedersachsens und auch der Bundesrepublik Deutschland wird die Uferschnepfe als „vom Aussterben bedroht“ geführt. In den letzten Jahrzehnten und insbesondere in den letzten 10-15 Jahren sind die Bestände dramatisch eingebrochen. In Holland, wo etwa 90% des westeuropäischen Bestandes leben, hat sich die Population in diesem Zeitraum mehr als halbiert. Auch einige Beispiele aus dem Emsland belegen diesen Negativtrend. Nach Zählungen von ehrenamtlichen Mitarbeitern des „Arbeitskreises Feuchtwiesenschutz in Westniedersachsen“ (AKFW) brüteten in den Leher Wiesen 1987-1991 noch etwa 25 Paare, im letzten Jahr waren es noch zwei. Im Wacholderhain Haselünne und in der Tinner Dose, wo 1987 noch jeweils 5 Paare beobachtet werden konnten, ist der Bestand seit Jahren erloschen. In der Südraddeniederung wurden in den Jahren 1987-1989 noch deutlich über 100 Paare gezählt. 2008 waren es noch 23. Im Melmmoor bei Esterwegen hat man auch heute noch die Möglichkeit Uferschnepfen in größerer Zahl zu beobachten. Vom Naturschutzbund (NABU) werden dort regelmäßig Exkursionen angeboten. Was sind nun die Ursachen für den starken Rückgang der Uferschnepfenpopulation? Zuallererst ist hier, wie bei anderen Tier- und Pflanzenarten auch, die Zerstörung des Lebensraumes durch den Menschen zu nennen. Insbesondere Grünlandumbruch und Entwässerungsmaßnahmen spielen hier eine Rolle. Auch Eindeichungen und Flußbegradigungen führen zu einem Verschwinden von Feuchtwiesen, auf die die Uferschnepfen als Biotop angewiesen sind. Viele Gelege werden bei der Bewirtschaftung der Wiesen zerstört (Walzen, frühe Mahd, Düngung Viehtritt). Außerdem tragen Jagddruck auf den Zugwegen und Verluste durch Beutegreifer, vor allem den Fuchs, zu einer Gefährdung der Art bei. Auch Todesfälle durch Verkehr und Freileitungen sind zu nennen. Wenn dem Bestandsrückgang der Uferschnepfen entgegengewirkt werden und der Trend umgekehrt werden soll, muss also einiges passieren. Vordringlich sind Erhalt und Neuschaffung des artspezifischen Biotops, also von Feuchtwiesen. Wiedervernässung von Mooren und extensive Grünlandbewirtschaftung sind weitere Maßnahmen. Da auf Grund der Veränderungen in der Landwirtschaft der Anteil an Flächen mit Dauergrünland immer mehr zurückgeht, sind im Rahmen der „Cross Compliance“-Vorgaben (Einhaltung von Mindeststandards in den Bereichen Umwelt- Tier und Verbraucherschutz) der EU-Agrarreform auch Regelungen zum Erhalt von Dauergrünland beschlossen worden. Danach müssen die Länder einen weiteren Umbruch von Grünland dann verbieten bzw. genehmigungspflichtig machen, wenn der Anteil an Dauergrünland in ihrem Bundesland gegenüber dem Referenzjahr 2003 um 5% abgenommen hat. Im nordwestlichen Niedersachsen werden auch auf Kreisebene Anstrengungen unternommen, den Lebensraum Feuchtwiese zu erhalten. So haben die Landkreise Emsland und Cloppenburg Flächen an der Südradde gekauft, um durch Extensivierung den Lebensraum für Uferschnepfen und andere Wiesenvögel zu erhalten und zu verbessern. Beide Landkreise haben durch die Anlage von Blänken dort wichtige Feuchtbiotope geschaffen. Weitere Blänken wurden auf Initiative des „Arbeitskreises Feuchtwiesenschutz in Westniedersachsen“ mit Unterstützung der Niedersächsischen Umweltstiftung und der Umweltstiftung WeserEms angelegt. Auf manchen in anderen Gebieten gelegenen Flächen, die nicht im Besitz der öffentlichen Hand sind, wird zum Wohle der Wiesenbrüter Vertragsnaturschutz betrieben, d.h. die bewirtschaftenden Landwirte verpflichten sich bestimmte Bewirtschaftungsauflagen (späte Mahd, Beweidung mit geringer Tierzahl, eingeschränkte Düngung) einzuhalten und erhalten dafür eine Entschädigung. Als erfolgreich hat sich auch ein an Marka und Mittelradde etabliertes Gelegeschutzprogramm erwiesen. Diese Kooperation zwischen Landwirten, der Universität Osnabrück und amtlichem und ehrenamtlichem Naturschutz, welche auf eine Initiative des damaligen emsländischen Naturschutzbeauftragten Prof. Düttmann zurückgeht, funktioniert folgendermaßen: Sollen Flächen landwirtschaftlich bearbeitet werden, werden diese vorher nach Gelegen durchsucht, gefundene Gelege markiert und bei der Bewirtschaftung geschont. Dafür erhält der Landwirt eine Prämie. Hiervon profitiert natürlich nicht nur die Uferschnepfe sondern auch die anderen Wiesenlimikolen Kiebitz, Brachvogel, Rotschenkel und Austernfischer. Abschließend kann man nur hoffen, dass diese Maßnahmen ausreichen, den Bestandsrückgang der Uferschnepfe und anderer Wiesenbrüter zumindest zu stoppen. Text und Fotos: Erhard Nerger
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